«Königsklang ist dann, wenn der Turm bebt» K U L T U R

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KULTUR
D i e n s t a g , 2 5. O k to b e r 2 0 1 6
Uraufführung romanischer
Lieder in Ilanz und Vella
Der Projektchor kontra.cant gibt zwei Konzerte mit
romanischen Liedern in Ilanz und Vella. (ZVG)
Jazz Club Chur: Bonbones
treffen auf Twobones
KONZERT Der Jazz Club Chur gastiert morgen
Mittwoch, 26. Oktober, um 20 Uhr in der Aula des
Schulhauses Stadtbaumgarten an der Gäuggelistrasse 10 in Chur. Auf dem Programm steht ein
Konzert des Jazzquintettes Twobones zusammen
mit den beiden jungen japanischen Posaunistinnen
Bonbones. Im Jahr 1986 gründete Paul Haag (*1942)
zusammen mit dem Tessiner Danilo Moccia (*1956)
das Jazzquintett Twobones. Zum 30-jährigen Bestehen der Band gehen die Twobones – Paul Haag
(Posaune), Danilo Moccia (Posaune), Peter Madsen
(Piano), Lorenz Beyeler (Bass) und Daniel «Booxy»
Aebi (Schlagzeug) – zusammen mit den beiden japanischen Posaunistinnen Yuu Uesugi und Itsumo
Komano, den Bonbones, auf Tournee.
In den 30 Jahren ihres Bestehens haben die
Twobones gemäss Mitteilung zahlreiche Konzerte
im In- und Ausland gegeben sowie sechs CDs veröffentlicht. Die Band wurde im Jahr 2011 als eine der
fünf besten Schweizer Bands für den Swiss Jazz
Award am Festival Ascona nominiert. (BT)
K U LT U R NO T I Z
Stephen Simmons singt in der «Werkstatt»
Beim Folk Club Chur ist morgen Mittwoch,
26. Oktober, um 20 Uhr Stephen Simmons zu Gast.
Der Americana-Musiker lebt seit vielen Jahren
in East Nashville und gilt als fester Bestandteil
der dort abseits vom Mainstream aktiven
Alt-American-Szene. Der mit einer poetisch kraftvollen Handschrift und einer warmen Baritonstimme gesegnete Singer/Songwriter ist schon mehrfach in vertraulicher Clubatmosphäre in Europa
aufgetreten. Das Konzert des Folk Club Chur findet
in der Kulturbar «Werkstatt» statt.
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«Königsklang ist dann,
wenn der Turm bebt»
K U LT U R NAC H R I C H T E N
KONZERTE Unter dem Projektnamen «Las stagiuns – die Jahreszeiten» werden jugendliche Singbegeisterte aus ganz Graubünden unter der Leitung
von Flavio Bundi am Samstag, 29. Oktober, um
20 Uhr in der katholischen Kirche Ilanz und am
Sonntag, 30. Oktober, um 17 Uhr in der Kirche Pleif
in Vella konzertieren. Dabei gelangen 13 romanische Neukompositionen zur Uraufführung. Sämtliche Werke stammen aus der Feder von Flavio Bundi. Die Texte zu den Liedern stammen von bekannten romanischen Poeten wie Flurin Darms, Donat
Cadruvi oder auch Riget Bertogg.
Roter Faden des Konzerts bilden vier vertonte
Texte von Arnold Spescha über die vier Jahreszeiten. Die Gedichte «Primavera – Frühling», «Stad –
Sommer», «Atun – Herbst» und «Unviern – Winter», entstammen allesamt dem neusten Werk von
Spescha «Ei catscha dis – Der Tag bricht an» (2016).
Ausgangspunkt sämtlicher Gedichte ist die Natur,
von der Spescha dann jeweils auf den Menschen
schliesst. Musikalische Intermezzi mit Klavier und
Cello (Niklaus von Arb) umrahmen die Chorpräsentationen.
Der Chor kontra.cant freut sich laut Mitteilung
darüber, die romanische und bündnerische Gesangskultur auch dieses Jahr ausserhalb des Kantons Graubünden präsentieren zu dürfen. Wie bereits die letzten zwei Jahre gastierte kontra.cant daher auch dieses Jahr mit dem Konzertprogramm
am vergangenen Sonntag in Interlaken.
Der Projektchor kontra.cant, für die Konzertreihe «cant da nadal» im Herbst 2012 gegründet, besteht aus motivierten und musikbegeisterten Sängerinnen und Sängern aus ganz Graubünden. Die
Chormitglieder sind zwischen 16 und 40 Jahre alt.
Der Projektchor soll es jungen Erwachsenen ermöglichen, innerhalb von kurzer Zeit ein vielfältiges
Konzertprogramm einzustudieren. (BT)
B ü n d n e r Ta g b l a tt
Menschen mit Handicap erwecken in «Der Klangturm» eine sterbende Insel wieder zum Leben. Am Samstag war
Premiere des besonderen Stücks in der Postremise Chur – mit berührenden Momenten.
G
wesen sei. «Vor drei Monaten habe
ich noch nicht gedacht, dass wir dahin kommen, wo wir heute sind.»
Intensive Proben während des
ganzen Jahres und das Vertrauen
in die Schauspielerinnen und
Schauspieler hätten sich jedoch
ausbezahlt. Wer also gänzlich unvorbereitet zu den Vorstellungen
kommt, braucht etwas Zeit, um in
die besondere Geschichte eintauchen zu können.
▸ CORNELIUS RAEBER
Gespanntes Warten auf den Beginn
der Vorführung. Halbdunkel, Stille.
Vereinzelt tuscheln Zuschauer, da
und dort knarrt ein Stuhl. Hat das
Stück schon angefangen, gehört die
Aufmerksamkeit erheischende Stille schon dazu? Schliesslich ist «Der
Klangturm» ein Theater für alle Sinne. Die Auflösung folgt später. Dann
doch Wassergeplätscher, bläuliches
Dämmerlicht, Lichtspiegelungen
an den Wänden, Klangquallen umtanzen den imposanten Turm auf
der Klanginsel Meridia, den Bühnenbildner Hugo Zumbühl geschaffen hat.
Die Suche nach dem Königsklang
Fantastisch-komplexe Geschichte
«Ob es den Königsklang überhaupt
gibt?», fragt sich Klangpflückerin
Letra (Stephanie Stalder), die den
Quallen zusammen mit ihrer Kollegin Mina (Madlaina Gaudenz) Töne
abnimmt. Der Klangturm mit
Klangmeister Marto (Silvio Rauch)
muss ja gefüttert werden, zumal
nach siebeneindrittel Jahren wiedermal das Klangturmspektakel ansteht und bis dann alles harmonisch
im Lot sein soll. Aber etwas geht
schief auf der lichtarmen und beinahe verwaisten Insel. Der einst
von der Insel verbannte Dezibel
(Gabriel Crucitti) kehrt zurück und
will den Klang- zum Leuchtturm
machen. Dabei richtet er vorübergehend ein gehöriges Durcheinander an und bewirkt, dass die Quallen nicht mehr auftauchen – und
darum auch keine Klänge mehr für
den Klangturm liefern.
Aber seine Absicht ist klar: Die
bedrohten Seegänger (Emerita
Scherrer, Roger Item), die ebenfalls
Quallenhirte sind, sollen die Insel
erhellen, ihre wunderschönen Segel
ausbreiten und damit den Klangquallen die nötige Dunkelheit und
die erhoffte Rettung bringen. Die
Insel Meridia mit ihrem Turm muss
mit neuem Leben erfüllt werden.
Zuerst muss aber noch Klangmeister Marto besänftigt werden, der die
Insel unter seiner Kontrolle hat.
Dies gelingt der in Dunkelheit lebenden Dimodra (ebenfalls Madlai-
Mit viel Witz und Charme: Das Theaterstück «Der Klangturm –
ein Theater für alle Sinne» verwandelt zurzeit die Bühne der Churer Postremise
in die Klanginsel Meridia. (FOTOS YANIK BÜRKLI)
Bevor es jedoch zu einem harmonischen Ende kommt, spielt sich das
Ensemble mit Witz und Charme
durch die Geschichte mit Tiefgang.
Es wird getanzt, am gefährlich hohen Turm geklettert und über das
Leben philosophiert. Klangbotschafterin Letra und Dimoda singen
mit natürlich schönen Stimmen die
von Robert Grossmann vertonten
und am Piano von Mauro Ursprung
begleiteten Lieder.
Die Turmwächter Mifa und Dore
treiben derweil ihre Spässchen,
handeln nebenbei mit Klängen und
haben auch sonst fast alles im Griff
– nur von Licht haben die beiden
keine Ahnung. Und leider fehlt vom
Königsklang noch jede Spur. Dieser
fliegt den Protagonisten aber unter
Einbezug des Publikums im letzten
Lied doch noch zu … und steht als
Synonym für einen offenen und lebendigen Turm, der für alle ein Zuhause ist. «Königsklang ist dann,
wenn der Turm belebt ist», erklärte
Todisco nach der Aufführung. Oder
wie es Procap-Präsident Ilario Bondolfi in seinen Dankesworten auch
ausdrückte: «Ob du nichts hörst
oder nichts siehts spielt keine Rolle
– auf das Fühlen kommt es an.»
Panne dient der Einstimmung
Apropos Stille und gespanntes Warten zu Beginn des Stücks: Das
Soundsystem hatte tatsächlich
einen Hänger und musste durch die
Techniker (Anselm Caminada, Valentin Kessler) neu aufgestartet
werden – als besinnliche Einstimmung auf das knapp einstündige
und berührende Stück diente die
Stille aber wunderbar.
na Gaudenz in einer Doppelrolle)
mit ihren singenden Augen.
Soweit die fantastisch-raffinierte und komplexe Geschichte, die da
Autor Vincenczo Todisco entwickelt
hat, und die gemäss Regisseurin
Justina Derungs auch nicht ganz
leicht für die Bühne umzusetzen ge-
Weitere Aufführungen «Der Klangturm» in der Postremise Chur:
Samstag, 29.10., 20 Uhr, Sonntag,
30.10., 15 Uhr, Samstag, 5.11., 20 Uhr
und Sonntag, 6.11., 15 Uhr.
Wenn zwei Extreme aufeinandertreffen
Das Ensemble ö! widmet seine aktuelle Saison dem Thema «Schach als Musik». Morgen Mittwoch, 26. Oktober, findet
das zweite Saisonkonzert unter dem Titel «64 – zwischen A1 und H8» im Theater Chur statt.
Im zweiten ö!-Programm, das morgen Mittwoch, 26. Oktober, um 20
Uhr (Einführung um 19.30 Uhr) im
Theater Chur stattfindet, treffen gemäss Mitteilung zwei Extreme aufeinander: Zum einen findet sich
hier die absolute Durchstrukturierung, beim Schach also zum Beispiel die Struktur des Brettes und
die genaue Funktion jeder Figur.
Andererseits das absolut «Fluide»,
also alles, was sich zwischen den festen Strukturen befindet und weder
sicht- noch greifbar ist, wie beispielsweise alle Möglichkeiten des
nächstfolgenden gegnerischen Zuges. Exemplarisch vereint Anton
Webern (1883–1945) diese zwei Gegensätze in seinem Streichquartett
op. 28. Hier prallt die kühle und fast
nicht mehr zu überbietende Strenge
seiner Interpretation der Zwölftontechnik auf hochemotionale Intervallexpressivität, die zwischen zwei
Tönen entsteht. Weberns op. 28 ist
das älteste Werk des Abends und
bildet die Ausgangslage für die weiteren Kompositionen.
Alle neueren Werke, die um das
Streichquartett herum programmiert sind, stammen von italienischen Komponisten: Franco Donatoni (1927–2000), Giacinto Scelsi
(1905–1988), Vittorio Montalti
(*1984) und Salvatore Sciarrino
(*1947). Ins Konzert integriert ist ein
kurzer schachtheoretischer Beitrag
von Urs Grazioli, dem schachspielenden und sängerisch tätigen Altphilologen. (BT)
Verbindet Schach und Musik: der künstlerische Leiter des Ensemble ö!,
David Sontòn Caflisch. (FOTO OLIVIA ITEM)
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