Winter Der Winter hat viele gute Seiten. Eine davon ist der Fasching, den ich als Kärntnerin natürlich schätze. Früher einmal war er für uns „ganz normale“ Leute die einzige Möglichkeit, den „Besseren“ auf heitere Weise so richtig die Meinung zu sagen. Im Fasching war viel mehr erlaubt als zu anderen Zeiten. Wie dankbar müssen wir sein, dass wir heutzutage ein ganzes Jahr lang für unsere Rechte eintreten können. Wir leben in einem wunderbaren Land, in dem man (meistens) sagen kann, wie einem zumute ist. Es geht uns gut. Es geht uns besser als den meisten anderen Menschen. Das hat für mich nicht zuletzt damit zu tun, dass wir uns mit dem beschäftigen, was diese Welt lebenswert, farbenprächtig, duftend und heilend macht: mit den Wildpflanzen. Wie außen – so innen oder Wie innen – so außen – lautet eines der Lebensgesetze. Lassen wir uns doch gerade 2017 besonders von unseren wunderbaren heimischen und eingebürgerten Pflanzen inspirieren. Leben wir mit ihnen, genießen wir ihre Fülle. Die Impulse, die gerade von unserem Kräuterverein – und damit auch von dir – ausgehen, entscheiden über die Qualität der Außenwelt, in der wir leben. Die Natur ist unsere Num- mer 1. Noch liegt sie scheinbar im Winterschlaf. Doch es tut sich bereits etwas. Christrose, Winterschneeball, Hamamelis und Haselnuss zeigen mit ihrem Blühen, wie nahe der Frühling ist. Bald schon wird sich der erste Winterling durch die Schneedecke arbeiten und uns zeigen – schau her, das Licht ist auf dem Vormarsch. Es soll dich ein Jahr lang begleiten, wünscht sich deine Bundesleiterin Sieglinde Salbrechter Gesundheitsbote 1 – 2017 1 Blaue Stunde … nennt man die Zeit zwischen Tag und Abend – die Dämmerung – in der man sich besonders im Winter zurechtkuschelt. Wie schön, wenn es dann bereits nach Frühling duftet. Jetzt in allen Gärtnereien und Blumenhandlungen in Fülle zu haben: Hyazinthen. Sie waren Großmutters Lieblingspflanzen, kamen für kurze Zeit ein wenig aus der Mode und sind jetzt wieder beliebt wie eh und je. Ihr Blau beruhigt die Nerven, der Duft erhellt die Stimmung. Wer die Zwiebeln erst jetzt in einem nicht zu warmen Raum in Schalen setzt, hat in wenigen Wochen herrliche Blüten, die sich ziemlich genau 3 Wochen halten. 2 Freunde naturgemäßer Lebensweise Ist die Blüte zu Ende, die Blätter vergilben und einziehen lassen – auch nicht mehr gießen. Dann für das nächste Jahr in Sand eingeschlagen lagern oder direkt in den Garten pflanzen. Hyazinthen sind mehrjährig und kommen immer wieder, sie sind winterhart. Will man sie aber wieder in der Wohnung blühen las- Gesundheitsbote 1 – 2017 3 Hyazinthen selten gießen und niemals direkt auf die Zwiebel. Zeigen sich die ersten grünen Spitzen, darf die Hyazinthe auf die Fensterbank. Jetzt häufiger mit Wasser versorgen, das Substrat darf nie zu trocken werden. Tischdekoration aus Blüten Einfachen Draht zu einem Kreis schließen oder beliebige Kranzvariante aus Holz oder Stroh nehmen. Hyazinthenblüten mit Bindfaden darüberwickeln. Mit etwas Spitze dekorieren – hier könnte man auch ein Kärtchen einstecken. Das ist eine besonders liebevolle Dekoration zum Beispiel für ein Geburtstagskind (jetzt sind die Wassermänner, später die Fische an der Reihe) – zu beiden passt die Farbe BLAU. sen, dann braucht die Zwiebel trotzdem einen kleinen Kälteschock, ohne den geht es nicht. 4 Freunde naturgemäßer Lebensweise Eine weitere Möglichkeit ist es, die einzelnen Hyazinthenblüten auf einem dünnen Draht einfach aufzufädeln – so hat man Tischkärtchen. Die Hyazinthe Hyacinthus orientalis gehört in die Familie der Spargelgewächse und ist mit den Traubenhyazinthen Muscari eng verwandt. Für Tiere ist die Pflanze giftig, für den Menschen wegen ihrer Scharfstoffe hautreizend. In der Türkei werden Hyazinthenblüten in Öl angesetzt und dieses Öl dann für die Hautverschönerung verwendet. Zwiebelscheiben, auf die Haut aufgelegt, sollen übermäßigen Haarwuchs verhindern – diese Anwendung kennt man aus orientalischen Ländern. Dem ätherischen Öl sagt man nach, in der Duftlampe besonders beruhigend zu wirken. Gesundheitsbote 1 – 2017 5 Chicorée In der Jahreszeit, in der es draußen kalt ist und wir gemütliche Stunden im Haus verbringen, sind frische Kräuter und Gemüse vom Garten schon etwas Besonderes. Eine Gemüsesorte, von der wir im Winter laufend frisch ernten können, sind die Chicoréesprossen – auch unter dem Namen Brüssler Spitzen bekannt. Während in Frankreich, Belgien und in den Niederlanden sich diese Nutzpflanze als Rohkostsalat oder Gemüse großer Beliebtheit erfreut, ist sie bei uns eher selten zu sehen und wird noch seltener im eigenen Garten angebaut, obwohl die Kulturführung relativ anspruchslos ist. Allgemeines zu Botanik und Inhaltsstoffen von Chicorée: Der Salat gehört zu der Pflanzenfamilie der Korbblütler (Asteraceae), ist 2-keimblättrig, Selbstbefruchter, eine Langtagspflanze (braucht den Langtag, um von der vegetativen in die generative Phase überzutreten). Die Blüte ist wie für Asteraceae typisch ein Körbchen, bestehend aus vielen Einzelblüten. Die Frucht ist eine Achäne, eine Sonderform der Nüsschen. Die grüne Blattfarbe resultiert aus dem hohen Chlorophyllgehalt – bei Lichtmangel zerfällt dieser Stoff bzw. wird nicht gebildet und es kommt folglich zum Vergilben der Blätter. Dies ist beim Bleichen von Endiviensalat bzw. 6 Freunde naturgemäßer Lebensweise beim Treiben von Chicorée erwünscht. Chicorée ist ein Vertreter der Gattung Cichorium. Die Wegwarte (Cichorium intybus) ist der Vorfahre aus dem züchterisch Chicorée, Endivien, Zuckerhut und Radicchio entstanden sind. Sie ist bei vielen Menschen, vor allem älteren Leuten, als Zichorie bekannt. Daraus wurde früher Ersatzkaffee, der Zichorienkaffee hergestellt. In Frankreich und der Schweiz wird er heute noch als Kaffeegewürz benutzt. Die Heilkraft der Wegwarte und ihre Verwendung als Gemüse waren schon den Griechen (400 v. Chr.) bekannt. Karl der Große ließ später (um 800 n. Chr.) auf den Krongütern seines Reiches Wegwarte als Gemüse und Heilkraut anbauen. Treibchicorée wurde Mitte des 19. Jhs. in Brüssel erstmals vermarktet. Die Pflanze selbst ist zweijährig. Im ersten Jahr bildet sie oberirdisch eine große Rosette, deren Blätter denen des Löwenzahnes ähnlich sehen. Unterirdisch entsteht eine große Pfahlwurzel. Erst im zweiten Jahr entwickelt sich eine „Knospe“, die sich weiter zum Blühspross mit wechselblättriger Blattstellung entwickelt und eine Höhe von ca. 1,5 m erreicht. Die Blüte besteht ausschließlich aus Zungenblüten (Röhrenblüten fehlen) und ist hellblau gefärbt. Bei Verletzung tritt aus der Pflanze ein weißer Milchsaft aus. Bei der Zichorie wird zwischen Salatzichorie und Wurzelzichorie unterschieden. Aus der Wurzelzichorie (C. intybus L. var. Sativum) wird der Zichorienkaffee gewonnen. Zu den Salatzichorien gehören die Treibzichorie, der Radicchio, der Zuckerhut, der Endiviensalat und die Blattzichorie/ Catalogna. An gesunden Inhaltsstoffen sind vor allem die Bitterstoffe und Ballaststoffe erwähnenswert. Die Bitterstoffe sind keine einheitliche Stoffgruppe – das Gemeinsame ist, dass sie bitter schmecken, und sie gehören zu den sekundären Inhaltsstoffen. Die Pflanze produziert sie oft zum Zwecke des Fraßschutzes. Bitterstoffe wirken beim Menschen stark appetitanregend in niedriger Dosis, ein vermehrter Speichelfluss setzt ein, die Magensekretion nimmt zu, die Verdauungsdrüsen (Galle, Leber, Bauchspeicheldrüse) werden aktiviert, die Darmperistaltik nimmt zu und es kommt zu einer allgemeinen Tonisierung, auch die Kontraktionskraft des Herzens wird gesteigert. Kulturführung: Das Saatgut erhält man in Kleinmengen unter anderem in vielen Gartencentern und Baumärkten – hier ist vom Biosaatgut bis zur F1-Hybride alles verfügbar. Als Aussaattermin im Freiland wird Anfang bis Ende Mai empfohlen, wenn es draußen keine Fröste mehr gibt. Bei Gesundheitsbote 1 – 2017 7 zu früher Aussaat kann es vermehrt zur Schosserbildung kommen. Die Samen werden mit einem Reihenabstand von ca. 30 cm ausgesät und später in der Reihe auf 30 cm ausgedünnt. Gesät wird flach mit 1 – 1,5 cm Tiefe und danach werden die Samen leicht mit Erde bedeckt. Anstelle der Direktsaat gelingt die Jungpflanzenanzucht ebenso. Hierfür werden Multitopfplatten mit Anzuchterde befüllt und mit lauwarmem Wasser angegossen. Nun kommt mittig in jeden Zapfen ein Saatkorn. Den Abschluss bildet eine ganz feine Schicht Sand, um eine durchgehende Befeuchtung in der Keimphase zu gewährleisten und ein gleichmäßiges Aufgehen sicherzustellen. Nun kann die Multitopfplatte noch mit Klarsichthülle umwickelt werden, so entsteht ein Treibhausklima welches das Keimen fördert. Sobald die Keimblätter sichtbar werden, wird die Klarsichtfolie wieder entfernt. Die ersten Tage bis zum Keimen bleiben die Multitopfplatten am besten im Haus. Ab Mitte Mai, wenn es 8 Freunde naturgemäßer Lebensweise draußen schon wieder warm ist, mögen die Jungpflanzen es gerne, für ein paar Stunden im Freien (windgeschützt und nicht in der direkten Sonne) zu stehen wodurch sie stark und widerstandsfähig werden. Ende Mai, wenn die Jungpflanzen nun schon stark sind, werden sie ausgesetzt – gleich wie bei der Direktsaat mit einem Zeilenabstand von 30 cm und in der Zeile ebenfalls mit 30 cm. Der Boden selbst soll sehr feinkrümelig sein, damit sich die Pfahlwurzel gut entwickeln kann und im besten Fall eine schöne, lange, breite Pfahlwurzel ohne viel Nebenwurzeln entsteht. An Nährstoffbedarf ist die Pflanze relativ genügsam. Ein zu hoher Stickstoffgehalt im Boden wirkt sich sogar negativ aus. So bildet die Pflanze bei hohen Stickstoffmengen im Boden viel mehr Blattgrün und verwendet weniger Kraft für die Wurzelbildung. Es kommt zu einem verspäteten Vegetationsabschluss und auch die Wurzel selbst ist später bei der Zichorientreiberei viel anfälliger gegenüber Fäulnis. Wachstumsphase im Sommer: Sobald die Jungpflanzen am Feld eine stattliche Größe haben, brauchen sie kaum Zuwendung von uns. Sie sind sehr genügsam. Wenn der Regen ausbleibt, sind sie dankbar, ein wenig gegossen zu werden, und anfangs ist das Unkraut zwischen den Jungpflanzen zu entfernen. Der Bestand wächst jedoch sehr rasch und schließt sich schnell, sodass andere Pflanzen zwischen dem Chicorée kaum eine Chance haben. Praktisch an den Chicoréepflanzen ist ihre Widerstandsfähigkeit. Relativ selten finden Läuse oder andere Insekten die Pflanze anziehend. Auch von Pilz- und Bakterienkrankheiten bleibt sie meist verschont. Gesundheitsbote 1 – 2017 9 Wurzelernte: Nach 22–24 Wochen kann die Wurzel geerntet werden. Die Pflanzen werden aus der Erde herausgezogen. Das grüne Laub in einer Höhe von ca. 2–3 cm stehen gelassen, damit der Vegetationskegel unverletzt bleibt. Kranke und unförmige Pfahlwurzeln werden ausgelesen und zu lange Wurzeln auf eine Länge von ca. 20 cm reduziert. Möglichst eng werden die Wurzeln nun in eine Kiste geschlichtet. Sie sind nun fast frei von Erde, ein eigener Waschvorgang findet nicht statt. Die Zwischenräume werden mit Kiessand leicht aufgefüllt, die Wurzeln müssen jedoch nicht vollständig mit Kies bedeckt sein. 10 Freunde naturgemäßer Lebensweise