Die Sterne lügen nicht-sie schweigen

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Bernd Harder
Die Sterne
lügen nicht –
sie schweigen
scanned 2004
corrected 09/2008
Welche sachlichen Argumente kann man gegen
Esoterik, Aberglauben, Okkultismus und Paranormales anführen? Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse dazu? Welche Tests wurden durchgeführt, um
bloße Behauptungen von Tatsachen zu unterscheiden? Und was sagt die Bibel? Ein informatives
Buch, das seriöse Antworten auf oft gestellte Fragen
gibt.
ISBN: 3-7655-3778-0
Verlag: Brunnen Verlag Gießen
Erscheinungsjahr: 2004
Umschlaggestaltung: Georg Design, Münster
Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!
Buch
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„Gott spricht auch durch die Sterne zu uns.“
„Seelenwanderung war einst Kirchenlehre.“
„Es gibt ein 6. und 7. Buch Moses.“
„Jesus war in Wahrheit ein Außerirdischer.“
„Der Bibel-Code sagt die Weltgeschichte voraus.“
„Wer heilt, hat Recht!“
Immer wieder wird man im Freundes- und Bekanntenkreis mit solchen Behauptungen konfrontiert.
Doch die eigene Glaubensgewissheit bietet oft nicht
genügend Diskussionsgrundlage. Welche sachlichen
Argumente kann man gegen Esoterik, Aberglauben,
Okkultismus und Paranormales anführen? Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse dazu? Welche Tests wurden durchgeführt, um bloße Behauptungen von Tatsachen zu unterscheiden? Und was sagt die Bibel? –
Ein informatives Buch, das seriöse Antworten auf oft
gestellte Fragen gibt.
Autor
Bernd Harder, Zeitschriften-Redakteur. WeltbildMagazin, Katholische Nachrichten-Agentur (kna),
Wellfit. Chefredakteur der medizinischen Fachzeitschrift IgeL-aktiv. Zahlreiche Buchveröffentlichungen.
Vorstandsmitglied der Gesellschaft für wissenschaftliche Untersuchungen von Parawissenschaften.
Die Sterne lügen nicht –
sie schweigen
67 entzauberte Esoterik-Mythen
VERLAG GIESSEN BASEL
© 2004 Brunnen Verlag Gießen
www.brunnen-verlag.de
Lektorat: Carsten Schmidt und Ralf Tibusek
Umschlagmotiv: Thomas Georg (Digital Composing)
Umschlaggestaltung: Georg Design, Münster
Satz: Ursula Dahmen
Herstellung: Ebner und Spiegel, Ulm
ISBN 3-7655-3778-0
Inhalt
Vorwort ..................................................... 13
Aberglaube ................................................. 16
1. „Glaube und Aberglaube sind rein subjektiv. An
Gott zu glauben ist genauso abergläubisch wie
dreimal auf Holz zu klopfen.“ ...............................16
Amulette .................................................... 18
2. „Ein Amulett oder einen Talisman zu tragen ist
doch dasselbe wie z.B. eine ChristophorusPlakette im Auto.“ ....................................................18
Astrologie .................................................. 20
3. „Astrologie ist eine uralte
Erfahrungswissenschaft.“ .........................................20
4. „Man muss unterscheiden zwischen seriöser
Astrologie und Scharlatanen, die mit primitiven
Zeitungshoroskopen Geld machen wollen.“ ....26
5. „Mein Horoskop stimmt immer.“ .......................27
6. „Viele große Gelehrte glaubten an die
Astrologie.“ .................................................................29
7. „Welcher Natur der astrologische
Zusammenhang zwischen ‚Oben‘ und ‚Unten‘
ist, lässt sich mit dem heutigen Wissensstand
vorerst nicht entscheiden. Warum sollte man die
Astrologie ablehnen, nur weil es (noch) keine
Erklärung dafür gibt?“ .............................................30
8. „Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur
geneigt.“ ......................................................................32
9. „Die Sterne lügen nicht.“ .......................................34
10. „Astrologie ist anerkannte Lebenshilfe.“ ............35
11. „Mir hilft Astrologie!“ .............................................36
12. „Die Astrologie fördert ein globales,
ganzheitliches Denken, während die
Naturwissenschaftler nur ein völlig überholtes,
mechanistisches Weltbild verteidigen.“ ..............38
13. „Gott spricht durch die Sterne zu uns.“ .............41
14. „Man kann Astrologie auch christlich
betreiben.“ ..................................................................43
15. „In der Bibel spielen die Sterne eine
heilsgeschichtliche Rolle.“ .....................................45
16. „Um Astrologie zu verstehen und beurteilen zu
können, muss man sich jahrelang damit
beschäftigt haben. Ein Nicht-Astrologe ist zu
einem Urteil darüber gar nicht fähig.“ ................47
Außerirdische ............................................. 48
17. „Die Kirche verheimlicht gemeinsam mit den
Regierungen die Existenz von Außerirdischen,
weil das ihr ganzes Weltbild und damit ihre
Macht zum Einsturz bringen würde.“ ................48
Aura .......................................................... 51
18. „Man kann die Aura eines Menschen sehen und
sogar fotografieren und mit diesen Bildern
Krankheiten feststellen.“ .........................................51
Astronautengötter ....................................... 56
19. „Die Götter waren Astronauten.“ ........................56
20. „Der Stamm der Dogon in Afrika verfügt über
unerklärliches astronomisches Wissen.“..............60
Der Bibel-Code .......................................... 62
21. „In der Bibel sind alle großen Ereignisse
verschlüsselt vorausgesagt.“ ....................................62
Channeling ................................................. 66
22. „Wir können mit Gott, Engeln, Außerirdischen,
aufgestiegenen Meistern und höheren
Wesenheiten kommunizieren – via
Channeling.“ ..............................................................66
23. „Gott und Jesus haben einigen Channel-Medien
neue Evangelien geoffenbart.“ ..............................69
24. „Channeling-Botschaften sind nachprüfbar
richtig.“ ........................................................................73
25. „Channeling ist Lebenshilfe, Channel-Medien
sind spirituelle Lehrer.“ ...........................................74
Christus ..................................................... 76
26. „Jesus war nicht Gottes Sohn, sondern ein
Erleuchteter.“ .............................................................76
Engel ......................................................... 80
27. „Engel sind eigenständige kosmische
Intelligenzen.“............................................................80
28. „Die Engel-Botschafterin Alexa Kriele
informiert uns darüber, wie es im Himmel
aussieht.“ ....................................................... 82
Der „Fluch“ des Pharao .............................. 85
29. „Der Fluch des Tutenchamun brachte vielen
Menschen den Tod.“ ...............................................85
Feuerlauf .................................................... 86
30. „Feuerlaufen ist ein Beweis für die Macht des
menschlichen Geistes über die Materie.“ ...........86
Freitag, der 13. ........................................... 88
31. „Freitag, der 13. ist ein Unglückstag.“................88
32. „An Freitagen, die auf einen 13. fallen, passieren
mehr Unfälle.“ ...........................................................89
Geistheilung ............................................... 90
33. „Geistheiler wirken nach dem Vorbild Jesu.“ ..90
34. „Wer heilt, hat Recht.“ ..........................................93
35. „Der Placebo-Effekt wirkt nicht bei kleinen
Kindern und nicht bei Tieren.“ ............................95
Geistiges Potenzial ...................................... 96
36. „Wir nutzen nur zehn Prozent unseres geistigen
Potenzials.“ .................................................................96
Hexen ........................................................ 98
37. „Für die Hexenverfolgung des Mittelalters und
der Frühen Neuzeit war allein die Kirche
verantwortlich.“ ........................................................98
38. „Am Hexenbesen wird die Welt genesen.“ ......99
39. „Ein Liebeszauber ist doch etwas Gutes.“........102
40. „Hexen wollen Ihren Kunden nur helfen.“ ....103
Hildegard von Bingen ............................... 104
41. „Durch die Hildegard-Medizin heilt Gott
selbst.“ ........................................................................104
Intuition................................................... 107
42. „Intuition ist alles.“.................................................107
Mond ....................................................... 109
43. „Wir alle kommen aus dem Wasser – also
unterliegen wir auch den mondbewegten Fluten
und Gezeiten.“ ........................................................109
Moses ...................................................... 111
44. „Es gibt ein 6. und 7. Buch Mose.“ ..................111
New Age .................................................. 113
45. „Wir leben im Wassermann-Zeitalter.“ ...........113
46. „Der Mensch muss seine eigene Göttlichkeit
erkennen.“ ................................................................116
47. „New Age und Esoterik werden die Welt
verändern.“ ...............................................................118
Nostradamus ............................................ 121
48. „Nostradamus war der größte Prophet aller
Zeiten.“ .....................................................................121
49. „Nostradamus hat den Tod von Heinrich II.
vorausgesehen.“ .......................................................123
50. „Nostradamus hat Hitler prophezeit.“ ..............124
Papstweissagungen .................................... 125
51. „Der übernächste Papst nach Johannes Paul II.
ist der letzte.“ ...........................................................125
Parapsychologie ........................................ 127
52. „Parapsychologie ist eine anerkannte
Wissenschaft“ ...........................................................127
53. „In Freiburg kann man Parapsychologie
studieren.“ .................................................................130
54. „Wenn jemand vor 200 Jahren etwas von
‚fernsehen‘ oder ‚telefonieren‘ gesagt hätte, hätte
ihm auch keiner geglaubt.“ ..................................132
Positiv denken .......................................... 134
55. „Positiv denken löst alle Probleme.“ .................134
Reinkarnation/Seelenwanderung ................ 136
56. „Die Lehre von der Wiedergeburt war bis 553
n. Chr. offizieller Bestandteil der christlichen
Religion.“ .................................................................136
57. „Es gibt unumstößliche Beweise für die
Wiedergeburt.“ ........................................................139
Satanismus ............................................... 143
58. „Das Christentum hat versagt und ist völlig
unbrauchbar.“ ..........................................................143
59. „Es ist doch ganz egal, ob ich an Gott oder an
den Teufel glaube.“ ................................................144
60. „Die Welt wird immer schlechter. Es ist besser,
sich gleich auf die Seite des Bösen zu stellen.“
.....................................................................................146
61. „Der Satanismus vertröstet nicht auf später,
sondern verspricht sofortige Befriedigung aller
Bedürfnisse.“ ............................................................146
Ufos......................................................... 150
62. „Jesus Christus war in Wahrheit der
Außerirdische Ashtar Sheran.“ ............................150
Wahrsager ................................................ 154
63. „Wahrsager haben ihre außergewöhnlichen
Fähigkeiten von höheren Mächten erhalten.“ 154
Wissenschaft ............................................. 157
64. „Die Kritiker können ja auch nicht beweisen,
dass Astrologie, Wahrsagen etc. nicht
funktioniert.“ ...........................................................157
65. „Wissenschaftliche Erkenntnisse sind doch nur
die Irrtümer von morgen.“ ..................................158
66. „Es kann doch jeder glauben, was er möchte.“
.....................................................................................159
Zufall....................................................... 161
67. „Es gibt keine Zufälle.“ .........................................161
Verwendete und zitierte Literatur: .............. 163
Vorwort
Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor?
In einer x-beliebigen Nachmittagstalkshow tritt eine
selbst ernannte „Hexe“ auf.
Sie glaube an „Tod und Wiedergeburt“, sagt sie. Einer ihrer Gesprächspartner ist Geistlicher. Als er einen
kritischen Einwand macht, bricht es geradezu aus der
„Hexe“ heraus: Die Lehre von der Reinkarnation – also
von der Wiedergeburt der Seele in einem anderen Körper – sei doch bis ins Jahr 553 hinein Teil der christlichen Lehre gewesen. Erst bei einem Konzil in Konstantinopel hätten „ein paar Tattergreise“ alle Stellen und
Hinweise darauf aus der Bibel gestrichen.
Der Pfarrer ist ratlos, die Moderatorin sowieso. Und
Sie zu Hause am Bildschirm?
Bei einer Hochzeitsfeier unterhalten sich zwei der
Gäste an Ihrem Tisch über die Predigt des Pfarrers. Der
eine erzählt etwas von einem „neuen Evangelium“, das
er kürzlich in einem Esoterik-Buchladen gekauft habe.
Der andere gibt zu erkennen, dass er sich intensiv mit
„christlicher Astrologie“ beschäftigt und überzeugt ist,
dass Gott durch die Sterne zu den Menschen spreche.
Was können Sie tun? Sich einmischen? Höflich, aber
bestimmt darauf hinweisen, dass das Aberglaube in
christlichem Gewand ist?
Ja – aber wie?
Oft fühlen wir uns bei solchen Gesprächen unbehaglich. Wir spüren, dass solche Behauptungen und Ideen
13
aus den Bereichen Esoterik und Okkultismus Mythen
sind und außerdem den christlichen Glauben verwässern
oder sogar vollständig den biblischen Aussagen widersprechen. Zugleich aber fehlt uns nicht selten das nötige
Sachwissen, um als ernst zu nehmender Diskussionspartner akzeptiert zu werden.
Um es gleich vorweg zu nehmen: In diesem Buch geht
es nicht darum, Esoterik, Aberglauben und „Paranormales“ gleichzusetzen mit Bindungen an eine dunklen
Welt. Nicht die seelischen, spirituellen und körperlichen
Gefahren von esoterischen Praktiken und Okkultismus
oder „okkulte Belastung“ stehen im Mittelpunkt. Auch
nicht die Frage, ob sich hinter der Welle des Irrationalismus ein Angriff des Teufels, eine satanische Verschwörung, verbirgt.
Dieses Buch bietet auch keine Patentrezepte gegen
den Einfluss gott- und menschenfeindlicher Mächte.
Vielmehr ist die Absicht von „Die Sterne lügen nicht –
sie schweigen“, Sie mit typischen esoterischen und
abergläubischen Überzeugungen, Thesen und Phrasen
bekannt zu machen – und Ihnen überzeugende Gegenargumente an die Hand zu geben. Denn nur abwertende oder gar dämonisierende Bemerkungen zu diesem
Themenkreis führen in Gesprächen mit religiös nicht
gebundenen und der Kirche fern stehenden Freunden,
Bekannten und Kollegen in aller Regel kaum weiter.
Außerdem: „Zu meinen, man könne das Wirken des
Teufels eindämmen, indem man Verbotslisten mit Dingen erstellt, die ‚okkult belasten‘, ist eine bloße Ver14
harmlosung des Bösen“, warnt der evangelische Theologe Dr. Hansjörg Hemminger zu Recht. „Die Macht des
Verdrehers und Verderbers von Anfang an ist verborgen
hinter den unzähligen Schäden der gottlosen Menschenwelt.“
Aus diesem Grund finden Sie auf den folgenden Seiten knapp und in komprimierter Form wissenschaftliche
Fakten und biblische Wahrheiten gegen „Übersinnliches“ und Unsinniges. Damit Sie jedem Gespräch darüber gewachsen sind.
15
Aberglaube
1. „Glaube und Aberglaube sind rein
subjektiv. An Gott zu glauben ist genauso abergläubisch wie dreimal auf
Holz zu klopfen.“
Gegenfrage: Was ist der Unterschied zwischen Witz und
Aberwitz?
Wer witzig ist, trifft das Richtige. Wer aberwitzig ist,
erhebt einen falschen Anspruch und macht sich meist
lächerlich.
Auf die obige Behauptung bezogen heißt das: Natürlich trifft es zu, dass „Aberglaube“ zu allen Zeiten und
Kulturen, ja sogar regional unterschiedlich definiert
wurde und wird. Aber: Wenn wir eine Idee oder eine
esoterische Praktik als Aberglaube bezeichnen, prüfen
wir immer zugleich das, was wir bei sorgfältiger Betrachtung des Wissensstandes unserer Kultur jeweils „objektiv“ wissen können und was nicht.
Aus diesem Grund ist es eben nicht derselbe „Aberglaube“, auf einen Talisman oder aber auf Gott zu vertrauen.
Ob es Gott gibt oder die Seele unsterblich ist, können
wir objektiv betrachtet nicht wissen – aber auch nicht vernünftig widerlegen. Dagegen wissen wir heutzutage recht
gut, dass von einem Glückspfennig keine geheimnisvollen
überirdischen „Kräfte“ oder „Schwingungen“ ausgehen
und dass an einem Freitag, dem 13., eben nicht mehr Unfälle passieren als sonst – denn dazu gibt es einwandfreie
wissenschaftliche und statistische Untersuchungen.
16
Es stimmt, „Glaube“ und „Aberglaube“ mögen subjektiv sein. Aber sie sind durchaus nicht beliebig.
Durch unsere Kenntnisse der Natur ist uns klar, dass
bestimmte Zeichen und Gesten (wie etwa das Kreuzen
der Finger oder ein besonderer Kugelschreiber bei der
Klausur) die Ereignisse, auf die sie gerichtet werden,
unmöglich beeinflussen können.
Anders gesagt: Wenn der aktuelle Stand des logischen
und wissenschaftlichen Denkens unserer Zeit ergibt, dass
ein Fluorit-Heilstein kein „Kraftfeld“ aussendet, das etwa
Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer heilen kann,
dann ist dies mitnichten eine rein „subjektive“ Erkenntnis, die man einfach anzweifeln dürfte.
Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir
nicht wissen und auch gar nicht wissen können – aber
mit Fug und Recht glauben.
Und es gibt Dinge, über die wir genau Bescheid wissen – und die wider bessere Einsicht trotzdem von vielen
Menschen geglaubt werden.
Und genau das ist Aberglaube.
17
Amulette
2. „Ein Amulett oder einen Talisman zu
tragen ist doch dasselbe wie z.B. eine
Christophorus-Plakette im Auto.“
Nein. Talisman, Maskottchen und Amulett haben im
Wesentlichen alle die gleiche Funktion: Sie sollen für den
Besitzer Unheil abwenden und Glück bringen – den Sieg
für die Fußballmannschaft, eine gute Note in der MatheArbeit oder einen Geschäftserfolg. Diese Gegenstände
weisen auf ein fast technisches Machbarkeitsdenken hin.
Oder anders gesagt: auf einen „Glauben, dass …“
Ihre Träger versuchen, sich geheimnisvoller und ungewöhnlicher Kräfte zu bedienen, um auf direktem Weg
ein unmittelbares Ziel oder einen nahe liegenden Zweck
zu erreichen.
Das zeigt sich z.B. dann, wenn ein Fußballer bei einem wichtigen Spiel wie gelähmt agiert, weil seine
„Glücksschuhe“ gerade beim Schuster sind. Oder wenn
eine Mannschaft die Schuld an einer Niederlage allein
der Tatsache zuschreibt, dass zuvor im Bus die „richtige“
Sitzordnung nicht eingehalten wurde. Oder wo Menschen glauben, dass ohne einen bestimmten Gegenstand,
ohne eine bestimmte Handlung der Erfolg gar nicht
mehr möglich ist. Sie verlieren die innere Sicherheit, die
ein gesundes Selbstbewusstsein verleiht. Das Amulett,
das dazu dienen soll, ihr Selbstbewusstsein zu stützen,
untergräbt es in Wirklichkeit.
Bei Christen dagegen steht der „Glaube an …“ im
Vordergrund.
18
Eine Christophorus-Plakette oder ein Fischaufkleber
am Auto ersetzen weder gute Reifen und Bremsen noch
eine verantwortliche Fahrweise. Diese Zeichen sollen
uns vielmehr daran erinnern, dass wir an Gottes Heil
und Hilfe glauben, und sie sind ein öffentliches Bekenntnis zu diesem Glauben.
19
Astrologie
3. „Astrologie ist eine uralte Erfahrungswissenschaft.“
„Erfahrungswissen“ kann wahr sein – muss es aber nicht.
Diese Frage stellt sich aber bei der Astrologie eigentlich gar nicht. Denn sie basiert nicht einmal auf „Erfahrung“ (getestetes Wissen aus Beobachtung).
Zunächst: Verlieren sich die Ursprünge der Astrologie in einem mysteriösen, vorzeitlichen Dunkel, wie oft
behauptet wird? – Keineswegs.
Wir wissen über die Entstehung der Sterndeutung
und ihre Entwicklung recht gut Bescheid: Die klassische
Astrologie ist kaum älter als das Christentum, das erste
bekannte Horoskop ist auf das Jahr 410 v. Chr. datiert,
die altbabylonischen Astralmythen sind lediglich primitive Vorformen.
Viel entscheidender aber ist: Astrologische Deutungsregeln beruhen weder auf „Erfahrungen“ noch auf systematischen Himmelsbeobachtungen nach einer wissenschaftlichen Methodik. Tatsächlich sind sie am Schreibtisch entstanden – und zwar nach einem sturen Schematismus, der sich naive Analogieschlüsse aufgrund der
Namen der jeweiligen Gestirne zu Nutze macht.
Das lässt sich am Beispiel des Planeten Pluto sehr gut
zeigen: Obwohl der neunte Planet unseres Sonnensystems erst 1930 entdeckt wurde, waren die Astrologen
schon kurze Zeit später mit ihren Entsprechungen zur
Hand: Die zufällige Namensgebung Pluto (nach dem
20
griechischen Gott der Unterwelt) führte zu folgender
Charakteristika: Gewalt, Skrupellosigkeit, Verbrechen,
Erdbeben, Vulkanausbrüche und Ähnliches mehr.
Hätte man nicht eigentlich annehmen sollen, dass die
astrologische Zunft erst einmal einen kompletten PlutoUmlauf um die Sonne abwartet und etwaige Einflüsse
des neu entdeckten Himmelskörpers auf uns Menschen
und auf das irdische Geschehen genau beobachtet und
protokolliert?
Das hätte allerdings 248 Jahre gedauert. Zu lange anscheinend für die Anhänger des astrologischen Weltbildes, denen es um kaum mehr als eine vage symbolische
Bedeutung der „Himmelslichter“ geht – und nicht um
Erfahrungs- oder gar Fachwissen.
Der Okkultismus-Experte der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften
(GWUP), Wolfgang Hund, hat dieses und eine ganze
Reihe von weiteren, sehr einleuchtenden Beispielen für
die Unwissenschaftlichkeit der Astrologie zusammengetragen:
Was wäre, wenn die alten Römer den rötlich schimmernden Mars nicht nach ihrem Kriegsgott benannt hätten, sondern stattdessen nach dem Liebesgott Eros?
Wären damit schlagartig sämtliche mit dem Himmelskörper verknüpften Horoskope sanftmütig geworden?
Oder: An einem schönen, klaren Abend können wir
am Himmel rund 2000 Sterne beobachten. Da nicht alle
Sterne gleichzeitig über dem Horizont stehen, vergrößert sich die Anzahl der Sterne, die wir mit bloßem Auge sehen können, auf etwa 6000. Zählt man nun noch
21
die Sterne hinzu, die wir nicht wahrnehmen können,
weil sie zu dunkel sind, dann geht ihre Zahl allerdings in
die Milliarden.
Für die Astrologen sind aber nur 150 Sterne von Bedeutung – nämlich jene, die auf dem so genannten Tierkreis liegen (das ist der scheinbare „Weg der Sonne“ am
Himmel im Verlauf eines Jahres).
Wieso? Auch auf diese Frage bleiben die Astrologen
eine überzeugende Antwort schuldig.
Oder: Was sehen wir, wenn wir mit bloßem Auge
zum nächtlichen Sternenhimmel hinaufsehen?
Nur viele helle Punkte – nicht aber die getreue Abbildung eines bekannten Objekts oder einer Figur. Nur
die schöpferische Fantasie der Sterndeuter verbindet einzelne Sterne am Firmament assoziativ zu einer „Waage“,
einem „Skorpion“ oder einem „Fisch“. Mittlerweile
tragen mehr als 90 dieser so genannten Sternbilder einen
Namen. Dafür ist die Internationale Astronomische
Union zuständig, also Wissenschaftler.
Für die Astrologen aber zählen wiederum nur jene
zwölf Sternbilder auf dem Tierkreis: die „Tierkreiszeichen“, denen sie eine anschaulich-mythologische Bedeutung zuschreiben. Und wiederum ignorieren sie dabei die Tatsache, dass Sternbilder bloß optische Projektionen sind. Die dazu gezählten Sterne bilden nicht
wirklich eine Einheit mit einer komplexen und wirkmächtigen inneren Struktur, sondern sind unvorstellbar
weit voneinander entfernt, ohne innere Verbundenheit –
und ohne jeden Einfluss auf die Eigenschaften von
„Waage“ –, „Skorpion“ – oder „Fische“-Geborenen.
22
Außerdem: Die zwölf Sternbilder am Himmel, die
zur Geburtsstunde der Astrologie vor rund 2000 Jahren
auf der scheinbaren Sonnenbahn, der so genannten Ekliptik, zu sehen waren und daher zu den „Tierkreiszeichen“ bestimmt wurden, sind längst weitergewandert.
Aufgrund der Anziehungskräfte von Sonne und Mond
torkelt die Erde ähnlich wie ein Kreisel durchs All. Das
bedeutet zugleich, dass sich die Erdachse langsam, aber
stetig verschiebt. Somit verändert sich in gleichem Maße
die Ausrichtung der Erdoberfläche auf das Firmament –
und damit auch auf die zu den Sternbildern zusammengefassten Fixsterne.
Das heißt: Wenn wir heute zum Himmel blicken,
haben wir ganz andere „Himmelsgegenden“ vor Augen
als die Menschen zur Zeit vor Christi Geburt. Die zwölf
Sternbilder mit den Tierkreisnamen (also Widder, Stier,
Zwilling, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion,
Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische) sind in den
vergangenen zwei Jahrtausenden um etwa 30 Grad vorgerückt.
So hat heute der „Zwilling“ dem „Stier“ Platz gemacht. Und wo vor 2000 Jahren das Sternbild der „Jungfrau“ zu sehen war, befindet sich jetzt der „Löwe“. Und
das bedeutet zugleich, dass ein angeblich leichtfertiger
„Zwilling“ nach dem heutigen Stand der Gestirne eigentlich ein ernsthafter „Stier“ ist, und eine vermeintlich sorgenvolle „Jungfrau“ eher ein selbstbewusster „Löwe“.
Die Astrologie aber blendet die so genannte Erdpräzession (die besagte Verschiebung der Erdachse) völlig
aus. Konkret bedeutet das: Der Tierkreiszeichenring,
23
den die Astrologen bis in die heutige Zeit hinein ihren
Zeichnungen und Horoskopdeutungen zu Grunde legen, deckt sich nicht mehr mit den echten Sternbildern
am realen Sternenhimmel, sondern er entspricht einer
antiken Betrachtung.
Wieso? Weil ein einmal festgelegtes und somit vertrautes (aber längst veraltetes) Weltbild anscheinend
mehr zählt als naturwissenschaftliche Tatsachen.
Ähnliches gilt für den geheimnisvollen „Schicksalsimpuls“, der angeblich von den Sternen auf uns Menschen
ausgehen soll. Kein Wissenschaftler behauptet, dass wir
Menschen isoliert, ohne Beziehung zum Kosmos, leben.
Aber gerade die nachgewiesenen Zusammenhänge wie
z.B. Sonnenaktivität, Gezeiten etc. sind weder von Astrologen entdeckt worden noch spielen sie im astrologischen Lehrsystem auch nur die geringste Rolle.
Keine der vier bekannten Grundkräfte (Gravitation,
Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung/Radioaktivität) ist in der Lage, die komplexe Struktur der menschlichen Erbanlagen bzw. Charakter und
Wesenszüge zu formen oder auch nur zu beeinflussen.
Konkret bedeutet das: Die Planeten sind nicht elektrisch geladen und können daher keine weit reichenden
Wirkungen ausüben. Das von ihnen ausgehende elektromagnetische Signal – also das Licht, das wir sehen –,
kommt (neben vielen anderen Gründen) nicht in Frage,
weil nach astrologischer Lehre auch die Planeten wirken
sollen, die zum Geburtszeitpunkt unter dem Horizont
stehen und daher gar nicht gesehen werden können.
Die Gravitationswirkung ist viel zu klein und unspe24
zifisch. Die Anziehungskraft zwischen einem Säugling
und der im Kreißsaal anwesenden Hebamme ist rund
eine Million Mal größer als die Gravitation der Planeten
unseres Sonnensystems – denn die Anziehung hängt
vom Abstand zwischen zwei Massen ab und sinkt drastisch mit der Entfernung der beiden Objekte.
Die so genannte starke und schwache Wechselwirkung regelt die Verhältnisse in den Atomkernen; sie
wirkt jedoch nur auf ganz kurze Entfernungen, sozusagen nur, wenn die Elementarteilchen sich fast berühren.
Das heißt: Kein wie auch immer gearteter „kosmischer
Reiz“ wirkt sich mit geradezu gesetzmäßiger Notwendigkeit auf das zukünftige menschliche Schicksal aus.
Oder: Wann ist ein Mensch eigentlich „geboren“? Ist
nicht der Zeitpunkt der genetischen Ausstattung, also die
Befruchtung, viel entscheidender als die Geburt? Wenn
tatsächlich die Gestirne an der Bildung des menschlichen
Wesens mitwirken würden – müssten sie dann nicht
schon dem ungeborenen Fötus im Uterus ihren „Stempel“ aufdrücken, fragt sich Wolfgang Hund zu Recht.
Rund 240 Menschen auf der Welt sind exakt zum
selben Zeitpunkt auf die Welt gekommen. Wieso aber
wird nicht jeder zum Dichterfürsten, der ein ähnliches
Geburtshoroskop hat wie Johann Wolfgang von Goethe?
Umgekehrt teilen viele Menschen dasselbe Schicksal,
z.B. Tod bei einer Massenkatastrophe, haben aber nicht
das gleiche Horoskop.
Was ist für den Lebensweg zweier Menschen wohl
bedeutsamer: Das gemeinsame Geburtshoroskop? Oder
die Lebensumstände, in die sie hineingeboren werden?
25
4. „Man muss unterscheiden zwischen
seriöser Astrologie und Scharlatanen,
die mit primitiven Zeitungshoroskopen Geld machen wollen.“
Zwischen „seriöser“ Astrologie und „Vulgärastrologie“
zu differenzieren, ist reine Rhetorik und führt keinen
Schritt weiter. Denn der Unterschied zwischen einem
detaillierten „persönlichen“ Horoskop und einem vierzeiligen Zeitungshoroskop liegt lediglich im Grad der
Kompliziertheit. Individuelle astrologische „Persönlichkeitsanalysen“ und Daseinsdeutungen beziehen sehr viel
mehr Daten des Klienten mit ein, die die „kosmische
Situation“ zum Zeitpunkt seiner Geburt möglichst exakt
wiedergeben und ein „tiefgründiges Bild der menschlichen Natur“ zeichnen sollen; es wird mehr gerechnet,
verglichen, analysiert etc.
Doch dieses gewaltige Regelgebäude mit zahllosen
Abstraktionen, Zuordnungen und Deutungselementen
sagt rein gar nichts darüber aus, wie seriös das zugrunde
gelegte Wissen ist.
„Seriosität“ ist folglich kein brauchbares Unterscheidungsmerkmal. Zumal sich wohl ausnahmslos jeder Astrologe für „seriös“ hält – und die „Unseriösen“ sind
immer die anderen.
Man muss eigentlich fragen, ob es auch nur eine einzige Variante astrologischer Deutungskunst gibt, die
„funktioniert“. Gibt es überhaupt einen nachweisbaren
Zusammenhang zwischen der Gesamtsymbolik eines
Horoskops und einem entsprechenden Geschehen auf
der Erde bzw. mit einem Individuum?
26
Dazu
wurden
mehr
als
500
empirischwissenschaftliche Studien von Astrologie-Anhängern wie
Astrologie-Kritikern durchgeführt: von Mathematikern,
Psychologen, Soziologen, Astronomen und Medizinern.
Die Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass die von
der Astrologie angenommenen Beziehungen zwischen
den Menschen und den Gestirnen nicht bestehen – die
grundlegende astrologische Hypothese also falsch ist.
Der so genannte Mars-Effekt des Franzosen Gauquelin (der herausgefunden haben wollte, dass bestimmte
Planeten-Konstellationen herausragende Angehörige
bestimmter Berufe – z.B. Sportler – hervorbrachten), ist
mittlerweile von Experten vielfach nachgeprüft und als
wissenschaftlich wertloser Datenselektionsprozess entlarvt worden.
5. „Mein Horoskop stimmt immer.“
Mag sein. Doch das ist noch lange kein Beweis für die
Stimmigkeit astrologischer Diagnose und Prognose.
Auch mit einem falschen bzw. willkürlich gewählten
Geburtsdatum bekommt man von Astrologen ein erstaunlich „stimmiges“ Horoskop erstellt. Das haben zahlreiche wissenschaftliche Tests ergeben.
So bot einmal ein vermeintlicher Astrologe per Zeitungs-Annonce ein kostenloses persönliches Horoskop
feil. Viele Leser forderten eines an. Auf Nachfrage erklärten später 94 Prozent der Kunden, dass sie sich in
seiner Deutung sehr treffend charakterisiert sähen. 90
Prozent von ihnen fanden diese Einschätzung sogar von
Freunden und Verwandten bestätigt.
27
Allerdings war der „Astrologe“ in Wahrheit ein Astrologie-Kritiker. Keiner der Interessenten hatte tatsächlich eine individuelle Persönlichkeitsanalyse erhalten –
sondern jeder den wortgleichen Text.
Das Geheimnis solch geheimnisvoller Treffsicherheit
liegt in uns selbst: Wir akzeptieren nur allzu bereitwillig
eine Beschreibung unserer Person als zutreffend, auch
und gerade wenn diese nur aus vagen, uneindeutigen
und relativierenden Aussagen besteht, die auf fast alle
Menschen zutreffen: „Sie haben ein großes künstlerisches Talent, aber vielleicht leben Sie es nicht aus und
wissen auch gar nicht darum. Sie sind objektiv, tolerant
und stets bereit, etwas Neues zu lernen …“ – Wer
möchte das nicht gerne über sich hören?
Astrologen verstehen es sehr gut, das Selbstbild ihrer
Klienten zu manipulieren und den Eindruck zu erwecken, dass ihre Analysen tief schürfend und spezifisch
sind. Aber welche Aussagekraft hat ein Satz wie: „Im Juli
ist besonders der Ausgleich im Privatleben wichtig“? Gar
keine. Denn wann ist der Ausgleich im Privatleben nicht
wichtig?
Horoskope und astrologische „Gutachten“ schöpfen
aus dem selben Regelkanon, denselben Standardwerken,
denselben Fachzeitschriften – oder schreiben schlicht
voneinander ab. Jede „astrologische Konstellation“ ist
unendlich ausdeutbar und kann auf jede Person und Situation zurechtkonstruiert werden. Nicht umsonst greifen die Sterndeuter auf Sterne, Planeten, Tierkreiszeichen, „Häuser“, „Primär–“ und „Sekundärdirektionen“,
„Transite“, „Aszendenten“, „Mondaspekte“, „General28
signifikatoren“, „Zeitregenten“, „Eklipsen“, „Halbsummen“, „Rückläufigkeiten“, „Harmonieaspekte“, „Deklinationsparallelen“ und vieles, vieles mehr zurück.
6. „Viele große Gelehrte glaubten an die
Astrologie.“
Na und? Käme irgendein heutiger Astronom auf den
Gedanken, sich auf den bedeutenden antiken Wissenschaftler Ptolemäus und dessen Vorstellungen zu berufen, um moderne Forschungsergebnisse und Hypothesen
abzusichern? – Ganz gewiss nicht.
Verweise auf „Autoritäten“ entbinden nicht von eigenen Belegen und Argumenten. Außerdem ist das Gegenteil genauso richtig: Viele große Gelehrte glaubten
nicht an die Astrologie. Und viele von den Astrologen
angeführte „Kronzeugen“ wie Newton und Einstein
haben sich in Wahrheit nie für die Astrologie ausgesprochen, bei anderen kommen Halbwahrheiten ins Spiel:
Johannes Kepler war im 17. Jahrhundert von astrologischen Gedankengängen nicht unbeeinflusst, verstand sich
aber im fortgeschrittenen Lebensalter, als das Messbare
und Wissenschaftliche in den Vordergrund traten,
durchaus nicht mehr als „Astrologe“ im damaligen oder
heutigen Sinne. Berühmt wurde Keplers Zitat von der
Astrologie als „närrisches Töchterlein der Astronomie“.
Die Versuche des bedeutenden Psychoanalytikers
Carl-Gustav Jung, Astrologie statistisch zu belegen, gingen negativ aus.
1975 unterzeichneten die Nobelpreisträger Konrad
Lorenz, Linus Pauling und Jacques Monod sowie 189
29
führende Fachkollegen eine Erklärung, in der sie die
Astrologie eindeutig als „wissenschaftlich haltlos“ bezeichnen.
Und nicht nur Wissenschaftler, sondern die meisten
Menschen konnten sich zu allen Zeiten Schicksals- und
Lebensbewältigung auch ohne Astrologie und Horoskop
vorstellen.
7. „Welcher Natur der astrologische Zusammenhang zwischen ‚Oben‘ und
‚Unten‘ ist, lässt sich mit dem heutigen Wissensstand vorerst nicht entscheiden. Warum sollte man die Astrologie ablehnen, nur weil es (noch)
keine Erklärung dafür gibt?“
Es sind gar nicht fehlende Erklärungen, gegen die sich
kritische Einwände richten. Vielmehr können Astrologen nicht einmal beweisen, dass es die behaupteten Zusammenhänge überhaupt gibt.
Kritiker haben zwischen 1990 und 2000 jeweils zu
Silvester nachgeprüft, ob die Vorhersagen prominenter
Astrologen für die vergangenen zwölf Monate eingetroffen waren. Fazit: Nur vier Prozent der insgesamt 803
konkreten Prognosen hatten sich erfüllt.
Und diese blamable „Erfolgsquote“ relativiert sich
noch einmal: Die wenigen Treffer hatten sich fast ausschließlich auf den Ausgang von Wahlen oder Sportwettkämpfen bezogen, den man mit einer statistischen
Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent auch richtig raten
kann.
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Auch das sehr bekannte Buch „Die Akte Astrologie“,
für das der Ex-Playboy Gunter Sachs „Millionen geprüfter Daten“ (Klappentext) auswertete, ist völlig irrelevant.
Neun Bereiche nahm Sachs unter die Lupe: Heiraten,
Scheidungen, Singles, Krankheiten, Selbstmorde, Studium, Beruf, Straftaten und Autofahren. Und überall
fand er statistisch auffällige Zusammenhänge, die er
leichtfertig dem Einfluss der Sterne zuschreibt.
Außer Acht lässt der studierte Mathematiker und Lebemann dabei, dass aus dem umfangreichen Zahlenmaterial nicht einfach eine ursächliche astrologische Beziehung zwischen zwei Ereignissen gefolgert werden kann.
Den zahlreichen Alternativ-Erklärungen schenkt
Sachs (bewusst oder wegen fehlender Kenntnisse?) keinerlei Beachtung.
Ein Beispiel: „Zwillinge“ glauben laut Sachs weniger
an die Astrologie als Personen anderer Tierkreiszeichen.
Wieso? – Weil es eine Buchreihe mit zwölf AstroGeschenkbänden gibt und sich der Band für den „Zwilling“ seltener verkauft als die übrigen.
Doch was sagt diese Beobachtung aus? – Rein gar
nichts.
Viel nahe liegender ist doch die Folgerung, dass das
Verlegenheitsgeschenk zum Geburtstag in der nebligen
Jahreszeit eher ein Astro-Büchlein ist, im Juni (Tierkreiszeichen „Zwilling“) jedoch zum Reiseführer für
den Urlaub oder zum Ferienschmöker gegriffen wird.
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8. „Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt.“
Ja was denn nun? „Machen“ die Sterne etwas? Oder
„machen“ sie nichts?
So wie dieser Satz schon in sich falsch ist, so stellt
auch seine inhaltliche Aussage nur den plumpen Versuch
einer Immunisierungs-Strategie dar.
Viele Astrologen glauben sich jedweder Kritik entziehen zu können, indem sie ihr Fach zu einem rein symbolischen Denksystem erklären, das nur „subjektiv“ oder
„intuitiv“ erfasst werden könne. Doch das sind leere
Worthülsen.
Ähnlich könnte man argumentieren: „Fliegende Kühe sind deshalb unsichtbar, weil sie sich auf einer höheren Schwingungsebene befinden. Höhere Schwingungsebenen gibt es, weil wir sonst die fliegenden Kühe ja
sehen könnten.“ So der Soziologe Edgar Wunder von
der „Gesellschaft für Anomalistik“ (GfA). Und er holt
im Detail noch weiter aus: Der Rückzug auf die angebliche wissenschaftliche Unüberprüfbarkeit der Astrologie
gelinge aus mehreren Gründen nicht:
Wie schon gesagt, wird die Astrologie von ihren Kritikern nicht deswegen abgelehnt, weil die behaupteten
Zusammenhänge kausal nicht erklärbar sind, sondern
weil diese offenkundig gar nicht existieren.
Die Behauptung, Astrologie sei lediglich eine Art
„Philosophie“, sagt immer noch nichts über deren
Stimmigkeit aus. Daher kann auch die Argumentation
nicht überzeugen, es gehe z.B. gar nicht um das reale
Sternbild Steinbock am Himmel, sondern lediglich um
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eine „Inspiration“ oder Projektion – konkret um das
(innerseelische) „Steinbock“-Thema, das für die Grundstimmung „empfindsame Beharrlichkeit“ stehe.
Gleiches gilt für folgende Thesen:
Es seien gar nicht die Bewegungen der Planeten und
auch keine physikalisch messbare Kraft für den Wirkmechanismus der Astrologie verantwortlich. Vielmehr zeigten diese Bewegungen uns in jedem Moment eine „Gestalt“, die es zu entschlüsseln gelte. Die Sternenwelt sei
lediglich als eine Art Anzeiger für universelle Muster zu
verstehen, an dem sich festgelegte kosmische Gesetzmäßigkeiten ablesen ließen.
Na und? Eigentlich klingt das noch unwahrscheinlicher.
Auch „Symbolsysteme“, „Philosophien“, „andere
Denkweisen“, „geistige Prinzipien“, „analoge Sichtweisen“, „akausale Synchronitäten“, „Strukturentsprechungen“ etc. können irrig oder falsch sein.
Bezeichnenderweise sind sich die Astrologen darüber
selbst nicht einig. Denn die Sterndeuterei mit ihren vielen komplizierten und sich selbst widersprechenden Gesetzen zerfällt heute in zahllose unterschiedliche Systeme,
Schulen und Strömungen wie etwa „psychologische
Astrologie“, „symbolistische Astrologie“ oder „wissenschaftlich-physikalische Astrologie“.
Astrologie ist mitnichten eine Glaubenssache, weil sie
eindeutige Wahr/Falsch-Aussagen macht, also Tatsachenbehauptungen aufstellt. Ein „Jupiter im 11. Haus“ etwa
sagt nach Ansicht der (klassischen) Astrologen etwas über
die Freunde und Bekannten der betreffenden Person aus.
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Würde nun ein anderer Astrologe das Gegenteil behaupten, so hätte er nur aus seiner eigenen Sicht heraus Recht.
Für die meisten seiner Kollegen würde er eindeutig einer
„falschen“ Denkweise anhängen.
Das heißt: Da in der Astrologie eine unübersehbare
Vielzahl von Überzeugungen existiert, gibt es überhaupt
keine Instanz, die anerkannterweise bestimmen oder
festlegen könnte, was „symbolisch“ gemeint ist und was
nicht, welcher Astrologe „seriös“ und welcher „unseriös“ arbeitet.
Wunders Tipp: Stellen Sie in einer Diskussion einem
Astrologie-Anhänger die Frage, wie denn nun zwischen
„wahren“ und „falschen“ Denksystemen in der Astrologie (also zwischen „intuitiver“, „transpersonaler“ Astrologie auf der einen und „klassischer“ Astrologie auf der
anderen Seite) unterschieden werden kann. Sehr wahrscheinlich wird er aus lauter Verlegenheit wissenschaftliche und statistische Belege für die Sterndeutung anführen – womit er sich selbst widerspricht, denn soeben hat
er noch behauptet, dass die Astrologie eben nicht nach
wissenschaftlich greifbaren Kriterien funktioniert.
9. „Die Sterne lügen nicht.“
Stimmt. Denn wer gar nichts sagt, kann schließlich auch
nicht lügen.
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10. „Astrologie ist anerkannte Lebenshilfe.“
Angenommen, den Astrologen wären die Sterne
schnuppe und sie würden sich darauf beschränken, Amateurpsychologen zu sein, die ihren Kunden aus einer
aufgearbeiteten Alltagserfahrung heraus vernünftige Ratschläge geben – dann könnte man dieser Behauptung
womöglich mit einigen Einschränkungen zustimmen.
Das ist aber eben in aller Regel nicht der Fall.
In einem Psychotherapie-Führer liest man daher auch
die ernste Warnung: „Astrologische Deutungen haben
nachweislich unzählige Male Ratsuchenden geschadet
und sie so beeinflusst, dass es zu einer gefährlichen Krise
kam … Astrologische Psychologie ist weder zur Therapie seelischer Störungen noch als Möglichkeit zur
Selbsterkenntnis geeignet.“
Wieso ist das so?
Weil man auch aus einem „persönlichen“ Geburtshoroskop oder einer „individuellen astrologischen Persönlichkeitsanalyse“ letztendlich doch nur das herausliest,
was der eigenen Selbsteinschätzung schmeichelt. Die
selbstkritische Wahrheit über sich oder gar seinen „Wesenskern“ findet man darin nicht.
Daher hat ein Horoskop auch als „Meditationsbild“,
„Lebensskript“, „Seelenlandkarte“ oder „Verstehenshilfe
zur Selbsterkenntnis“ kaum einen praktischen Wert.
Womöglich fördert und verfestigt es sogar noch ein falsches Bild, das man von sich oder anderen hat.
Zweifellos sehen sich viele Astrologen in geistiger
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Redlichkeit als eine Art Psychologe oder Psychotherapeut. Das Problematische daran ist: Auch wenn sie ihre
Auskünfte sehr flexibel und nur als Anregung formulieren, sprechen sie doch jedem Ratsuchenden aufgrund
bestimmter Gestirnskonstellationen bestimmte Charaktereigenschaften zu. Und da Astrologen selbst an die
unbedingte methodische Zuverlässigkeit der Sterndeutung glauben, erkennen sie in der Regel nicht die sehr
engen Grenzen von diesen beeinflussenden suggestiven
Verfahren.
Auch die hohe Erwartungshaltung der Klienten an
die „Geheimwissenschaft“ Astrologie ist denkbar ungünstig für einen Beratungs- oder gar Therapieerfolg.
Denn viele Menschen fordern von Astrologen genaue
Prognosen für die Zukunft und konkrete Handlungsanweisungen. Sie wollen keine verschwommenen Mythologeme hören, sondern trachten nach Wunschbefriedigung und versuchen auf illusionäre Weise Unsicherheit
und drohendes Leid zu vermeiden.
11. „Mir hilft Astrologie!“
Gewiss: Persönliche Erfahrungen sollten wir keinesfalls
vorschnell „wegerklären“ oder Astrologie- und EsoterikAnhängern von Vorneherein absprechen.
So genannte Evidenzerlebnisse (das heißt: der Eindruck, es müsse da auf jeden Fall etwas Wahres dran sein)
sind durchaus ernst zu nehmen – als das, was sie sind.
Nämlich als Beschreibung eines subjektiven Zustands,
der ebenso „wahr“ oder „falsch“ ist wie „Ich esse gerne
Tomaten“ oder „Ich mag Gruselfilme“. Berichte von
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Evidenzerlebnissen beginnen meistens mit „Ich habe
selbst erlebt …“, „Ich weiß, dass …“ oder „Es ist doch
bekannt, dass …“.
Natürlich hat jeder von uns schon einmal etwas geglaubt, von dem er heute weiß, dass es nicht stimmt. Das
kann etwas ganz Banales sein (dass Kalkutta am Ganges
liegt), etwas sehr Abstraktes, z.B. dass alle mathematischen Probleme „aufgehen“, also lösbar sind oder etwas
aus unserer Kindheit – etwa dass es den Osterhasen
wirklich gibt.
Subjektive Gewissheit, Glaube und Überzeugung
schützen eben nicht vor Irrtum. Gefühle oder Intuition
sind zwar überaus wichtig – „aber fehlbar“. Darauf weist
der Soziologe Edgar Wunder nachdrücklich hin. Denn
persönliche Erfahrungen werden stark geprägt z.B. von
den Bedingungen, unter denen wir etwas wahrgenommen haben, von unseren Überzeugungen, Einstellungen,
Hoffnungen, Erwartungen.
Angenommen, jemand erzählt Ihnen, dass er bei
Vollmond schlecht schläft. Wie wahrscheinlich ist dieses
Erlebnis auch unter der Voraussetzung, dass die Hypothese „Vollmond“ gar nicht stimmt?
Anders gesagt: Wie oft schläft der Betroffene auch
dann schlecht, wenn kein Vollmond ist? Oder könnte es
sein, dass sich derjenige durch seinen festen Glauben an
die Macht des Mondes selbst darauf programmiert hat,
schlecht zu schlafen?
In den allermeisten Fällen sind astrologische oder esoterische Evidenzerlebnisse durch solche psychologischen
Mechanismen zu erklären.
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Warum aber halten Astrologie-Fans dennoch an solchen Astral-Mythen fest? Weil dem psychologischen
Erklärungsansatz der emotionale Wert für sie fehlt.
Edgar Wunder: „Esoterik, Okkultes und Pseudowissenschaften haben fast immer eindeutige Antworten, wo Wissenschaftler
auf langwierige Untersuchungen und komplizierte Studien verweisen müssen, bei denen am Ende vielleicht auch kein hundertprozentig sicheres Ergebnis herauskommt.
Stellen Sie bei einem Meinungsstreit um Astrologie und
Esoterik den Beteiligten die entscheidende (und verblüffende)
Frage: Was müsste eigentlich passieren, dass du deine bisherige
Meinung änderst und der Gegenseite Recht gibst?
Und halten Sie selbst eine persönliche Antwort darauf parat!“
12. „Die Astrologie fördert ein globales,
ganzheitliches Denken, während die
Naturwissenschaftler nur ein völlig
überholtes, mechanistisches Weltbild
verteidigen.“
Gegenfragen: Was hat ganzheitliches, „neues“ Denken
mit astrologischem Unsinn zu tun? Ist Fortschritt nur
durch Flucht in eine Scheinwelt möglich? Sollen wir am
besten den Verstand verlieren, um unsere Grenzen erkennen und wahrnehmen zu können?
Fraglos bringt das Aufblicken zum sternübersäten
Nachthimmel in jedem gefühlsoffenen Menschen jene
Saiten der Seele zum Klingen, die auf Weite und Tiefe
gestimmt sind. Und nicht zuletzt strahlt das Firmament
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die symbolträchtige Bedeutungsfülle des Eingebettetseins
unserer irdischen Daseinsform in die Ganzheit des Kosmos aus.
Doch viele Astrologie-Gläubige gehen an dieser Stelle
noch weiter: Weil ihr Objektiv stets auf die Totale gerichtet ist, tanzt alles den kosmischen Reigen: Menschen, Zivilisationen, Planeten … Die Vielfalt der Wesen und Dinge geht in einem großen Ganzen auf. Wie
oben, so unten. Alles hängt irgendwie zusammen, ist
universell verflochten.
Mechanistisch-materialistische Verengung durch naturwissenschaftliches Denken oder Spiritualität dank Astrologie und Esoterik – ist das tatsächlich die richtige Alternative?
Echte Mystiker wie etwa Teresa von Avila oder Ignatius
von Loyola hielten es so: Nicht „Intuition statt Reflexion.“
Sondern: „Intuition mit Reflexion“ (siehe auch 42).
Anders formuliert: Wissenschaft ohne Intuition
kommt zu nichts. Aber Intuition ohne Wissenschaft verliert sich schnell in leichtgläubigem Sehnsuchts- und
Wunschdenken.
Vermutlich ist es sogar so, dass Naturwissenschaftler
„mehr Mut zur Metaphysik“ haben als die meisten Astrologen und Esoteriker.
Wieso, erklärt der Wiener Mathematik-Professor Harald Rindler: „Weil wir viele Erfahrungen beim Lösen
komplexer Probleme gemacht haben, indem wir abstrakte Ideen fanden und anwandten, die mit den konkreten
Fragen scheinbar gar nichts zu tun hatten.“
Formeln sind oft klüger als ihre Erfinder. Sie machen
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Aussagen über die reale Welt und nicht über Fantasiegebilde – und sie werden früher oder später in nachträglicher Reflexion an dieser realen Welt gemessen, das heißt
überprüft.
Ein bloßer „Eindruck“ von etwas (vom Sternenhimmel z.B.) ist dagegen kein ausreichender Beleg, um eine
Behauptung als gesetzmäßigen Zusammenhang akzeptieren zu können.
Und so bleibt der oben angeführte Einwand kein Argument für die Astrologie, sondern allenfalls ein frommer Wunsch. Eine Art Glaubensbekenntnis der Astrologie-Fans, das hochtrabend auch unter dem Schlagwort
„Paradigmenwechsel“ zusammengefasst wird.
Die Welt der Astrologie stellt keine Verheißung dar.
Sie ist zwar facettenreich und verwirrend verzweigt, aber
kein bisschen „geheimnisvoll“ und faszinierend. Ihre
Anhänger benutzen den Weltraum als Projektionsfläche
eigener Strebungen und Ängste.
Dabei benötigen wir gewiss keinen mystisch-astralen
Symbolismus, um beispielsweise zu erkennen, dass die
Menschheit kein Sonderrecht im Universum zur Ausbeutung und Vernichtung von Natur, Umwelt und ihrer
selbst genießt. Wir brauchen lebensbejahenden Optimismus und Forschergeist zur besseren Gestaltung der
Gesellschaft.
Wie schreibt der Jesuitenpater Bernhard Grom:
„Wir werden die Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft
mit der guten alten Vernunft lösen müssen. Gepaart mit der
ethischen Fantasie des Guten und der illusionslosen Hoffnung
des Glaubens.“
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13. „Gott spricht durch die Sterne zu
uns.“
Wieso heißt es dann z.B. im Katechismus der Katholischen Kirche: „Hinter Horoskopen, Astrologie usw.
verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, Geschichte und letztlich über die Menschen sowie der
Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen.“ Weil Astrologie in Wahrheit überkommener
Aberglaube ist.
Christen vertrauen in ihren Zukunftsängsten nicht auf
die Sterne, sondern auf den liebenden Vater, der alle
Geschicke in seiner Hand hält und sie seinen Geschöpfen zum Besten dienen lässt. Wegweisung holen sie sich
nicht aus dem Horoskop, sondern aus dem Wort der
Schrift. Und dort finden wir die Warnungen:
„Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie
und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche
Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte
der Welt, nicht auf Christus, berufen.“ (Kol. 2,8)
Oder:
„Du hast dir große Mühe gemacht mit deinen vielen
Beratern; sollen sie doch auftreten und dich retten, sie,
die den Himmel deuten und die Sterne betrachten, die
dir an jedem Neumond verkünden, was kommt. Wie
die Spreu werden sie sein, die das Feuer verbrennt … So
geht es all deinen Zauberern, um die du dich seit deiner
Jugend bemüht hast.“ (Jes. 47,13-15)
Oder:
„Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder
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seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt,
zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene
um Rat fragt. Denn jeder, der so etwas tut, ist dem
Herrn ein Gräuel. Du sollst ganz und gar bei dem Herrn,
deinem Gott, bleiben.“ (5. Mose 18,10-15)
Wohlgemerkt: In diesen Texten geht es keineswegs
um die Abwehr einer überragenden Gefahr oder eines
„Feindbildes“, auch nicht um eine pauschale Astrologieverdammung. Sondern: „Gott hat mit uns in der Taufe
einen Bund der Liebe geschlossen“, erklärt der evangelische Theologe Dr. Hansjörg Hemminger. Und weiter:
„Wir haben das Vorrecht und die Freiheit, uns im
Gebet an Gott selbst zu wenden. Da ist es lieblos, ja eine
Schande, wenn wir versuchen, an unserem Vater im
Himmel vorbei einen Blick auf jenseitige Geheimnisse
zu werfen … Wir sollten nicht versuchen, die Grenzen
dieses irdischen Lebens eigenmächtig zu überschreiten
und uns unsichtbare Bereiche an Gott vorbei dienstbar
zu machen. Selbst wenn wir uns – in seltenen Fällen –
dabei nicht nur selbst täuschen, werden wir nichts gewinnen und viel verlieren, nämlich das Vertrauen in
unseren Gott.“
Wo Menschen sich undurchsichtigen Sternenmächten
unterwerfen und sich ängstlich bemühen, ihre Zeichen
zu beachten und ihre Forderungen zu erfüllen, sind sie
deren Sklave geworden und haben die von Christus errungene und geschenkte „herrliche Freiheit der Kinder
Gottes“ (Röm. 8,21) aufgegeben und verspielt.
42
14. „Man kann Astrologie auch christlich
betreiben.“
In der Tat gibt es eine kleine Zahl von Theologen, die
sich aus persönlichem Interesse diesem Thema zugewandt haben. Fairerweise muss man aber dazu sagen,
dass es der „christlichen Astrologie“ zumeist nicht um
einen simplen Sternenkult geht. Große Mystiker und
Kirchenlehrer wie Hildegard von Bingen und Thomas
von Aquin und zeitgenössische Autoren wie Gerhard
Voss, Alfons Rosenberg oder Adolf Köberle sahen und
sehen in den „Schicksalsmächten“ der Sternbewegungen
keine selbstständigen Kräfte, die den Menschen retten
oder vernichten können. Auch die Sterne seien ein
Werkzeug Gottes. Die „Botschaften“, die ihre Konstellationen übermitteln, stünden in seinem Dienst.
Astrologie sei somit als „Glaubenshilfe“ zu verstehen
– nämlich um herauszufinden, „wie Gott mich gemeint
hat“ und wie er eine bestimmte Lebenssituation „gemeint“ hat.
So schreibt der Benediktinerpater Gerhard Voss in
seinem Buch „Astrologie christlich“:
„Ein Horoskop hat seinen Wert als Meditationsbild.
Es kann dem Horoskopeigner helfen, sich selbst besser
zu begreifen und so innerhalb der vorgegebenen Grenzen die ureigensten Möglichkeiten zu erkennen, wie
auch die Schwierigkeiten, die es aufgrund dieser Grenzen zu bewältigen gilt.“
Die Himmelskörper bilden in der „christlichen Astrologie“ eine Art Bezugsrahmen, der Hinweise auf The43
men liefern soll, die zu einer gewissen Zeit anstehen.
Wie eine Art Spiegel also, der unser Gesicht nicht eigenständig entwirft und gestaltet, sondern eben nur ein
Abbild davon liefert.
Das Horoskop wird als Wegweiser verstanden, aber
nicht als Weg. Offenkundig wollen astrologiegläubige
Theologen, wie auch sich „modern“ gebende Astrologen, auf diese Weise das Dilemma zwischen den vorherbestimmten „Schicksals-Gesetzen“ der Astrologie und
der gottgegebenen menschlichen Willensfreiheit lösen.
Ob es möglich und sinnvoll ist, „mit Hilfe der im astrologischen Denken überlieferten archetypischen Bilderwelt die fatalen intellektualistischen und moralischen
Verflachungen des christlichen Glaubens zu überwinden“, wie der evangelische Pfarrer und Autor Siegfried
Böhringer es sich vorstellen kann, sei dahingestellt.
Jedenfalls ist auch den Vertretern einer selbst gebastelten „christlichen Astrologie“ der Vorwurf nicht zu ersparen: Sie können ihr Fachgebiet keinesfalls biblisch begründen. Und sie klammern sämtliche wissenschaftlichen
Erkenntnisse der vergangenen 2000 Jahre aus – darunter
nicht zuletzt jene, dass Astrologie auch unter psychologischen Aspekten weder als Lebenshilfe noch zur persönlichen Selbstvergewisserung zu gebrauchen ist, sondern im
Gegenteil selbst ein erhebliches psychohygienisches
Problem unserer Zeit darstellt.
Immerhin hat auch Gerhard Voss bei seiner Beschäftigung mit der Sternlesekunst erkannt:
„Wer sich in Kreisen umsieht, die mit betontem Ernst
astrologische Prognostik betreiben, wird sehr oft auf Zei44
chen zwanghafter, unerlöster Abhängigkeit stoßen, wenn
bei allem und jedem im Leben die Sterne befragt werden
… Die Gefahr, abhängig zu werden, ist nur allzu leicht
gegeben. Darum ist es auch nötig, auf die Voraussetzungen, Grenzen und Gefahren der Astrologie aus der Sicht
der Theologie einzugehen … Es ist für das Selbstverständnis des Christen in der Welt entscheidend, diesen kosmischen Aspekt des christlichen Glaubens nicht aus dem Auge zu verlieren: Der Erlöser des Menschen, Jesus Christus,
ist die Mitte des Kosmos und der Geschichte.“
15. „In der Bibel spielen die Sterne eine
heilsgeschichtliche Rolle.“
Beim Evangelisten Matthäus lesen wir:
„Als Jesus zur Zeit des König Herodes in Bethlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten
nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der
Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ (Mt. 2,2-4)
Ist diese Passage ein Zeugnis für die Astrologie? Nein.
„Sterndeuter“ waren bis ins späte Mittelalter hinein
zugleich Astronomen und Astrologen. Beides war nicht
zu trennen, da die Wissenschaft den Aufbau der Himmelskörper noch nicht beschreiben konnte. Aber je
mehr die Erkenntnisse der Wissenschaft wuchsen, umso
unhaltbarer und unsinniger wurde astrologisches Gedankengut. Heute ist Astronomie die wissenschaftliche Erforschung des Weltalls und Astrologie der zu einem System entwickelte Glaube an einen Einfluss der Gestirne
auf den Menschen.
45
Aber zurück in die Zeit von Christi Geburt: Der
„Stern von Bethlehem“ (vermutlich eine seltene JupiterSaturn-Konjunktion, das heißt, beide Planeten standen
im selben Längengrad dicht beisammen) war kein
„Wunderstern“, er nahm mitnichten irgendeinen astrologischen Einfluss auf das Geschehen. Und schon gar
nicht legte er Persönlichkeit und Zukunft von Jesus
Christus fest.
„Sein Stern“, wie Matthäus schreibt, war ein außergewöhnliches Zeichen, mit dem Gott die drei Weisen
aus dem Morgenland nach Bethlehem rief. Theologen
meinen: Um damit zu verdeutlichen, dass sein Sohn der
Heiland und Erlöser aller Menschen sei und nicht nur
der Israeliten.
Mit anderen Worten: In der Bibel werden „Sonne,
Mond und Sterne als Offenbarungsorte und Sinnzeichen
der göttlichen Macht und Gegenwart erlebt“, erklärt der
evangelische Theologe Siegfried Böhringer. Und nicht
nur zu Beginn des Neuen Testaments, auch im letzten
Buch spielen Sterne eine Rolle, nämlich in der Berufungsvision des Sehers Johannes: „Als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter, und mitten unter den
Leuchtern einen, der wie ein Mensch aussah … In seiner
Rechten hielt er sieben Sterne.“ (Offb. 1,12-16)
Doch damit sind eben genau nicht mehr die am
Himmel sichtbaren sieben Planeten der Antike (und
nach vorchristlichem astrologischem Verständnis sieben
„Götter“) gemeint – sondern die „Engel der sieben Gemeinden“ als himmlische Urbilder der Kirche.
Die genannten Annäherungen der Evangelisten und
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Propheten an Motive der Astrologie erhalten im biblischen Kontext kein Eigengewicht, sondern werden eher
beiläufig und illustrativ eingefügt, als Allgemeingut der
damaligen Zeit und Welt.
Siegfried Böhringer sagt dazu:
„Eine Zustimmung zur astrologischen Theorie oder Praxis
lässt sich dem Bibelwort nicht entnehmen … Astrologiefreundliche wie Astrologie-gegnerische Christen müssen darauf
verzichten, einzelne Bibelstellen zur eigenen Verteidigung oder
zur Bekämpfung des Gegners zu verwenden. Dazu ist der
biblische Wortlaut definitiv nicht geeignet.“
16. „Um Astrologie zu verstehen und beurteilen zu können, muss man sich
jahrelang damit beschäftigt haben. Ein
Nicht-Astrologe ist zu einem Urteil
darüber gar nicht fähig.“
Dies soll also heißen: Jeder, der sich intensiv mit Astrologie beschäftigt, kommt automatisch zum Glauben daran?
Anscheinend können Astrologie-Fans sich den umgekehrten Fall gar nicht vorstellen: Dass Menschen nicht
an Horoskope glauben, gerade weil sie sich eingehend
damit beschäftigt haben.
Astrologie-Kritiker wissen aber durchaus, wovon sie
reden.
Und sogar ohne detaillierte Kenntnis der zahllosen,
sich selbst widersprechenden astrologischen Deutungsregeln kann man beurteilen, ob die Ergebnisse, zu denen
Astrologen anhand dieser Regeln gelangen, zutreffend
sind oder nicht.
47
Außerirdische
17. „Die Kirche verheimlicht gemeinsam
mit den Regierungen die Existenz
von Außerirdischen, weil das ihr ganzes Weltbild und damit ihre Macht
zum Einsturz bringen würde.“
Warum sollte sie? „Mit Erlösung ist der ganze Kosmos
gemeint, und nicht nur diese Erde“, stellt z.B. der Sprecher der Diözese München-Freising, Winfried Röhmel,
kurz und bündig klar. Auch die Deutsche (katholische)
Bischofskonferenz erklärte bereits, dass die katholische
Theologie durch intergalaktisches Leben „nicht tangiert“
werde. Die Bibel schließe nicht aus, dass es Leben außerhalb der Erde geben könnte. Selbst der Schöpfungsbericht spreche von „Himmel und Erde“ und meine
damit den ganzen Kosmos. Die Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) hat zu extraterrestrischem Leben
noch keine Stellungnahme abgegeben.
Aus jüdischer Sicht gibt es dem Landesrabbiner zufolge in Gottes Schöpfung durchaus Dinge, die der Mensch
noch nicht entdeckt hat: Wenn Außerirdische gefunden
würden, dann seien sie Teil der Welt und ihre Entdeckung dann auch der Wille Gottes.
Zwar gibt es einige Zeitgenossen, die meinen, längst
schon seien Außerirdische entdeckt, ja ihre Vertreter
liefen bereits getarnt über unsere Erde, und die Regierungen hielten diese Erkenntnisse geheim, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Das ist aber schlicht
barer Unsinn.
48
Die Entdeckung von Funkbotschaften außerirdischer
Zivilisationen ließe sich ebenso wenig verbergen wie die
Landung oder der Absturz eines außerirdischen Raumschiffs. Denn in kürzester Zeit gäbe es eine so große
Anzahl von Mitwissern, dass kein Geheimdienst der
Welt alle diese Zeugen unbemerkt zum Schweigen veranlassen könnte.
Und selbst wenn es geheime Verschwörungen zwischen Außerirdischen, Kirchen und Regierungen mit
nur wenigen Mitwissern gäbe: Uns Menschen fällt es
schwer, etwas für sich zu behalten. Und es gibt viele
eigennützige Leute, die neidisch werden. Oder die aus
ihrem Wissen Kapitel schlagen wollen. Auf diese Weise
kommt meist doch irgendwann alles ans Licht.
Die Astronomen selbst haben bereits ihr Vorgehen im
Falle der Entdeckung außerirdischer Signale hoch entwickelter Zivilisationen abgestimmt. Es besteht Einigkeit
darüber, dass eine solche Entdeckung zunächst aufs
Sorgfältigste überprüft werden muss. Die etwas umständlich formulierte Empfehlung lautet „Declaration of Principles Concerning Activities Following the Detection of Extraterrestrial Intelligence“ (etwa: Erklärung zur Vorgehensweise in
Verbindung mit der Entdeckung außerirdischer Intelligenz).
Erst nachdem mehrere astronomische Institute die
Entdeckung unabhängig voneinander bestätigen, sollen
die astronomische Gemeinschaft und dann die Behörden
informiert werden. Erst dann erfolgt die Unterrichtung
der Weltbevölkerung. Das zeigt, dass die Radioastronomischen Institute viel mehr Sorge haben, sich mit einer
„sensationellen“ Falschmeldung über die Entdeckung
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Außerirdischer zu blamieren, als dass sie sich Gedanken
über eine Verschleierung machen.
Verschwörungstheorien – wie die von den bereits gelandeten Außerirdischen – sind ein Resultat des Vertrauensverlustes in verschiedene Instanzen wie Kirche,
Wissenschaft oder Staat. Sie bauen „alternative“ Scheinwirklichkeiten auf: Etwas könnte wahr sein – also muss
es wahr sein.
Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass die Wahrheit
durchaus nicht „irgendwo da draußen“ liegt (wie in der
Mystery-Serie „Akte X“), sondern einigen Zeitgenossen
einfach nur viel zu langweilig ist.
50
Aura
18. „Man kann die Aura eines Menschen
sehen und sogar fotografieren und mit
diesen Bildern Krankheiten feststellen.“
Heilige werden auf Gemälden oft mit einem „Heiligenschein“ dargestellt. Manchmal umgibt dieser Lichtkranz
auch den ganzen Körper, dann wird er als „Aureole“
bezeichnet. Keine Frage: Von großen Persönlichkeiten
geht etwas aus. Vermutlich sind „Heiligenscheine“ und
Aureolen in der christlichen Kunst ein Symbol für diese
Ausstrahlung, also für die besondere „Aura“ der dargestellten Personen.
In der heutigen Esoterik jedoch werden unbegriffene
Erfahrungen nicht selten zur vermeintlich greifbaren
Realität. So genannte „Aura-Heiler“ z.B. behaupten,
um jeden Menschen herum eine Art Schutzhülle wahrzunehmen, die in den Farben des Regenbogens leuchte.
Für den Laien hält der Esoterik-Fachhandel sogar spezielle „Aura-Brillen“ bereit. Auch mittels „KirlianFotografie“ soll die wölken- oder lichtkranzförmige Aura sichtbar gemacht werden können.
Bei diesem Verfahren, das 1937 von dem russischen
Forscherpaar Valentina und Semjon Kirlian entwickelt
wurde, wird der Aufnahmegegenstand direkt auf Filmmaterial oder Fotopapier gelegt und mit einem Pol eines
Hochfrequenzgenerators verbunden, während der andere Pol an einer Metallplatte unter dem lichtempfindlichen Material anliegt.
51
Leitet man nun hohe, aber ungefährliche Elektronenemissionen auf Hand, Fuß oder Kopf eines Menschen,
strahlt Energie von diesen Körperteilen auf die Fotoplatte ab. Das Ergebnis ist eine Entladung in der Form einer
Funken-Korona, die durch einen Entwicklungsprozess
sichtbar gemacht werden kann.
Dieses Abbild deuten Esoteriker als feinstoffliche
„Lebenskraft“ oder „Biolumineszenz“ oder „Ätherleib“.
Formen und Farben der Koronarentladung sollen
Krankheiten und Gemütszustände anzeigen. „AuraHeiler“ wollen nach der Diagnostik mit ihren Händen
Energie auf die „Aura“ des Klienten übertragen und auf
diese Weise den „Energiezustand“ korrigieren.
Was ist davon zu halten?
Zunächst: Das Ergebnis der hochfrequenten „AuraFotografie“ hängt nicht im Mindesten von der Verfassung
des Patienten ab, sondern von Film, Unterlage, Anpressdruck, Belichtungszeit, Spannung und Frequenz, Hautdurchblutung, Schweißabsonderung und Luftfeuchtigkeit.
Skeptikern sind auch von eingefrorenen und sogar mumifizierten Körperteilen eindrucksvolle Aufnahmen von
umgebenden „vitalen“ Farbwolken gelungen.
„Aura-Fotografie“, wie sie heute auf Esoterikmessen
angeboten wird, funktioniert noch sehr viel einfacher:
Aufgenommen werden die Bilder mit speziellen Sofortbildkameras und einem einfachen Trick: einer Doppelbeleuchtung.
Nach Aufnahme eines Porträts vor schwarzem Hintergrund wird das Bild der angeblichen „Aura“ durch
das Licht mehrerer farbiger Lämpchen produziert, die
52
seitlich dicht vor dem Kameraobjektiv angebracht sind.
Deren Helligkeit wird individuell gesteuert durch die
elektrischen Widerstände, die man mittels Elektroden an
den Fingern der Versuchsperson misst.
Was man daraus über die Befindlichkeit ablesen kann,
bleibt der Fantasie des „Aura-Spezialisten“ überlassen.
Beurteilen wir das „Aura-Sehen“ – exemplarisch für
viele ähnliche Behauptungen und Methoden – doch
einmal nach den gleichen Kriterien wie nicht-esoterische
Verfahren und Mittel der Medizin und Psychotherapie:
- Gibt es Wirksamkeitsnachweise? Möglichst auch
durch Beobachtungen an Klienten, die behandelt wurden (Versuchsgruppe) und anderen, die ohne ihr Wissen
nicht behandelt wurden (Kontrollgruppe). Und wenn
Wirksamkeitsnachweise existieren – für welche Beschwerden? Klare Antwort: Nein.
Dass es keinerlei Beweise für die „Körperaura“ gibt,
kann sogar jeder selbst testen. Zum Beispiel auf einer der
zahlreichen Esoterik-Messen. Die „Diagnose“ von zwei,
drei oder noch mehr „Aura-Beratern“, die aus Form
und Farbzusammensetzung der angeblichen „Lebensenergie“ Rückschlüsse auf körperliche und seelische
Störungen ziehen wollen, widerspricht sich regelmäßig
unmittelbar nacheinander bei ein- und demselben Patienten völlig. Die Vorstellung von der sichtbaren „Körperaura“ ist also rein spekulativ.
- Kann man das Verfahren in eine wissenschaftlich
plausible Theorie einordnen? Klare Antwort: Nein.
Der Theologe und Esoterik-Experte Bernhard Grom
erklärt, wieso nicht:
53
„Die Idee einer universalen Lebensenergie mag als vorwissenschaftlicher Versuch einer Welterklärung Respekt verdienen, doch
widerspricht sie unserem heutigen Wissen. Sie vermischt zwei
grundlegend verschiedene Energieformen miteinander: die Energie, die die Physik erforscht und definiert als die Fähigkeit eines
Systems, Arbeit zu leisten, und die seelischen Kräfte, d.h. Bedürfnisse, Motive, Interessen und Ideale, die die Psychologie
untersucht. Den Unterschied zwischen diesen beiden Energieformen erfahren wir deutlich bei körperlichen Tätigkeiten. Wenn wir
beispielsweise mit großer ‚Energie‘ einen Garten anlegen, ist
dieser Gestaltungswille etwas ganz anderes als die körperliche,
kinetische Energie (Bewegungsenergie), mit der wir den Boden
umgraben; etwas anderes auch als die elektrische Energie, mit der
wir den Rasenmäher oder die Wegbeleuchtung betreiben.
Unser Gestaltungswille – sozusagen die psychische Energie
– verwandelt sich nicht in kinetische und elektrische Energie,
sondern greift als ganz andere, mentale Ursache in das System
dieser Naturkräfte ein, die von anderen Quellen gespeist werden
– etwa von Verbrennungsprozessen unseres Körpers oder von
Kraftwerken.
Es wäre eine Missachtung dieses wesentlichen, qualitativen
Unterschieds, würde man physikalische Energie und psychischgeistige Impulse in ein kosmisches Energiefeld auflösen, dessen
Ebenen sich lediglich graduell durch verschiedene ‚Schwingungen‘ oder Dichtegrade unterscheiden … Wir können nicht mit
bloßer Geistes- und Willenskraft Krankheiten heilen, Wüsten
bewässern oder gefährliche Radioaktivität abbauen. Wenn man
es trotzdem versucht, wendet sich das Sehnsuchtsdenken vollends von der Wirklichkeit ab und entschwebt ins Märchenreich
der Imagination und Magie.“
54
- Besteht die Neigung und Gefahr, Klienten von einer notwendigen fachlichen Behandlung durch einen
ausgebildeten Mediziner oder Psychotherapeuten abzuhalten bzw. diese zu verzögern?
Klare Antwort: Ja.
Immer wieder kommt es bei dubiosen esoterischen
Diagnose-Verfahren vor, dass eine bestehende Krankheit
gar nicht erkannt und daher nicht fachgerecht behandelt
wird. Kranke können leicht für gesund und Gesunde für
krank erklärt werden.
Harmlos erscheinen Methoden wie „Aura-Heilung“
und Ähnliches nur, solange keine notwendigen Maßnahmen versäumt werden.
Bei vielen Krankheiten sind „harte“ Therapien einfach erforderlich, und es kann verhängnisvoll sein, nur
„sanft“ zu behandeln.
55
Astronautengötter
19. „Die Götter waren Astronauten.“
Das Manna in der Bibel (2. Mose 16ff) wurde von einer
radioaktiven Maschine produziert, die Raumfahrer aus
dem All Moses überreichten.
Eine von Außerirdischen gezündete Atombombe
löschte Sodom und Gomorrha (1. Mose 19,24) aus.
Und der Geist Gottes, der in 1. Mose 1,2 über dem
Wasser schwebt, war ein riesiges, rundes Ufo.
Das sind nur drei der zahllosen bizarren Behauptungen der so genannten Prä-Astronautik. Deren Anhänger
vertreten kurz gesagt die These: „Die Götter waren
Astronauten“ – die durch genetische Experimente das
Leben auf der Erde hervorgebracht und den frühen
Hochkulturen ihr überlegenes Wissen vermittelt haben
sollen.
Der Wortführer unter den Prä-AstronautikSchreibern ist der ehemalige Schweizer Hotelier Erich
von Däniken. Immer wieder wird der Bestseller-Autor
auch vor die Fernsehkamera gebeten. Bei RTL z.B.
durfte er ein TV-Special mit dem Titel „Die BibelConnection“ präsentieren. Darin erzählte Däniken den
staunenden Zuschauern unter anderem, schon der Prophet Hesekiel habe hautnah die Landung eines Raumschiffs miterlebt und „Kontakt mit humanoiden Göttern“ gehabt.
Den „Beweis“ liefere Hesekiel 1,4-7:
„Ich schaute, und siehe, ein Sturmwind kam von Norden
und eine große Wolke, rings von Lichtglanz umgeben, und
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loderndes Feuer, und aus seinem Innern, aus der Mitte des
Feuers, leuchtete es hervor wie Glanzerz. Mitten aus ihm heraus wurde etwas sichtbar, das vier lebenden Wesen glich, und
also war ihr Aussehen: Sie hatten Menschengestalt. Vier Gesichter hatte ein jedes und ebenso vier Flügel. Ihre Füße waren
gerade und ihre Fußsohlen wie die Sohle eines Kalbes, und sie
leuchteten wie der Glanz von geglättetem Erz.“
Später ist vom „Lichtglanz des Herrn“ die Rede (Hes.
10,4), vom „Rauschen der Flügel des Cherub“ (Hes.
10,5) und von mysteriösen Rädern (Hes. 10,9).
Ist das „die eindrückliche Begegnung mit einem
Fluggerät, das vom Himmel kam“, wie der PräAstronautik-Enthusiast Ulrich Dopatka in seiner „Erichvon-Däniken-Enzyklopädie“ vermutet?
Mitnichten.
In Hesekiels Verkündigung spielen sinnbildliche
Handlungen, ausführlich beschriebene Visionen und
Gleichnisse eine große Rolle. Seine Visionen leiten der
Thematik und den verwendeten Bildern nach zur späteren apokalyptischen Literatur über.
Für den alttestamentlichen Propheten ist Gott der
Transzendente und absolut Heilige, und die Geschichte
Israels eine einzige Kette von Verfehlungen gegen Gottes Heiligkeit, die seinen Zorn und seine Strafe über
Israel bringen.
Aber nicht nur bei Hesekiel wollen Däniken und seine Anhänger neuzeitliche technische Sachverhalte wiedergefunden haben – auf nichts gestützt außer auf eigenwillige Textumdeutungen.
Bibeltexte sowie uralte Mythen und Sagen gelten
57
„Prä-Astronautik-Forschern“ als wortwörtlich interpretierbare Reportagen. Und so wird dann aus jeder Himmelfahrt gleich eine Weltraumreise, und aus den schier
übermenschlichen Kräften der Helden der Gebrauch
einer Waffe, die nicht von dieser Welt ist.
Daneben bauen Däniken und Co. steinzeitliche Felsmalereien und antike monumentale Bauwerke wie die
Pyramiden, die Statuen auf der Osterinsel oder prähistorische Tempel auf Malta in ihre Theorie von den Astronautengöttern ein, die sie mit Erkenntnissen der Astronomie, Science-fiction-Fantasien und Elementen des
Reiseromans bedenkenlos vermischen.
Allerdings stellt sich die Frage: Warum ist noch niemand auf die Idee gekommen, die Kathedrale von
Chartres oder den Parthenon mit außerirdischen Wesen
in Verbindung zu bringen?
Die Antwort ist ganz einfach: Weil wir über diese
Zeugnisse der Vergangenheit bestens Bescheid wissen.
Prä-Astronautik-Anhänger dagegen wühlen bevorzugt in
den Überresten solcher Kulturen, die uns keine verständlichen Aufzeichnungen ihres Alltags und ihrer Geschichte hinterlassen haben – z.B. die altamerikanischen
Indianervölker. Das macht es ihnen leicht, etwa in den
großflächigen indianischen Scharrzeichnungen der südamerikanischen Nazca-Ebene „Landebahnen von außerirdischen Raumschiffen“ zu erblicken. Solche Deutungen stellen indes reine Vermutungen dar.
Ihre Argumente entnehmen Prä-Astronautiker dem
Fundus vermeintlich ungeklärter archäologischer Rätsel.
58
Diese vermeintlichen Rätsel bestehen aber nur dann,
wenn die wissenschaftlich gesicherten Fakten rund um
den betreffenden Fund oder die historische Stätte völlig
ausgeblendet werden.
Die Astronautengötter-Sucher sind lupenreine Pseudowissenschaftler. Sie betrachten prähistorische Ruinenstädte, Pyramiden, Megalithe oder Statuen wie eine leere
Leinwand, die sie mit ihren eigenen Fantasien und
Wunschvorstellungen ganz neu bemalen – auch wenn
das so entstandene Bild völlig schief hängt.
Dänikens Astronautengötter werden umso unglaubwürdiger, je genauer man die Fakten prüft. So behaupten Prä-Astronautiker etwa, auf der Grabplatte des
Maya-Herrschers Pacal sei eindeutig ein „Raumfahrer“
verewigt. Archäologen dagegen wissen, dass die unzähligen Bildelemente dieser Darstellung auch – in anderer
Zusammenstellung – auf Dutzenden anderer Grabplatten
vorkommen und dort recht eindeutig als Elemente der
Maya-Mystik zu erkennen sind.
Mittlerweile nennen sich die Prä-Astronautik-Fans
lieber „Paläo-SETI-Forscher“. Das klingt schön wissenschaftlich, ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie
bewusst den Stand seriöser wissenschaftlicher Erkenntnis
ignorieren und stattdessen an Mythen stricken.
In seinem TV-Beitrag „Die Bibel-Connection“ führte Däniken zum Beispiel vor, wie mit Schallwellen eine
Mauer zum Einsturz gebracht werden kann. Ganz so,
wie in dem biblischen Buch Josua der Mauerfall von
Jericho beschrieben wird.
„Doch wer konnte damals schon etwas von der zer59
störerischen Kraft des Schalls wissen?“, orakelt der Verfasser von „Erinnerungen an die Zukunft“ bedeutungsschwer.
Aha. Und vor der Entdeckung der Schwerkraft
schwebten alle Menschen in der Luft. Oder wie?
20. „Der Stamm der Dogon in Afrika
verfügt über unerklärliches astronomisches Wissen.“
Hier haben wir es mit dem so genannten Sirius-Rätsel
zu tun – und damit mit dem Haupt-Argument der PräAstronautik schlechthin.
Der Hintergrund: Der hellste Stern an unserem
Nachthimmel, Sirius, hat einen Begleitstern, der mit
bloßem Auge nicht zu sehen ist und erst Mitte des 19.
Jahrhunderts von Astronomen entdeckt wurde.
Sehr viel früher jedoch soll der westafrikanische Dogon-Stamm bereits von diesem Himmelskörper (Sirius
B) gewusst haben. Denn: Ein besonderes Fest zu Ehren
eines „unsichtbaren Sterns“, die Sigui-Feier, werde von
den Dogon alle 50 Jahre begangen. Das entspricht genau
der Umlaufzeit von Sirius B um Sirius A.
Mehr noch: Die Eingeborenen nennen den verborgenen Sirius-Begleiter „po tolo“, kennen angeblich seine
exakte Umlaufbahn und -zeit und wissen darüber hinaus
auch über die Jupiter-Monde und die Saturn-Ringe Bescheid.
Erich von Däniken folgert daher in einem seiner Bücher: „Da die Dogon-Neger behaupten, sie hätten ihr
Wissen von einem Gott namens Nommo, liege ich doch
60
wohl mit meiner Annahme richtig, dass dieser Herr
Nommo ein außerirdischer Besucher gewesen ist.“
Nicht unbedingt.
Alles, was Däniken und seine Mitstreiter über die
Dogon wissen, stammt aus der Feder eines französischen
Anthropologen namens Marcel Griaule, der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts den Stamm in Afrika
erforschte. Die Mythen und Überlieferungen der Dogon
stellen sich in Griaules Schilderungen außergewöhnlich
komplex dar.
Däniken und andere Sensationsautoren picken sich
auch hier wieder nur jene Punkte heraus, die ihre
Wunschträume von den Astronautengöttern zu belegen
scheinen. So lässt er z.B. unter den Tisch fallen, dass das
„Sigui-Fest“ in Wahrheit alle 60 Jahre stattfindet. Auch
schreiben die Dogon dem Sirius die Farbe rot zu – tatsächlich aber schimmert er am Nachthimmel bläulich.
Die Sonne, der Sirius und andere Sterne haben bei
den Dogon eine tiefe symbolische Bedeutung; astronomisches Spezialwissen kann man da mit etwas Fantasie
zwar hineindeuten – muss es aber wahrhaftig nicht.
Seriöse Wissenschaftler gehen davon aus, dass Afrikareisende den Dogon ein bescheidenes astronomisches
Wissen vermittelt haben, das in die Mythen und Rituale
des Stammes einfloss. Eine Quelle hierfür könnte eine
astronomische Expedition um den Ungarn Istvan Guman gewesen sein, der 1893 mehrere Wochen in Westafrika zubrachte, um mit Teleskopen und anderen Instrumenten eine Sonnenfinsternis zu beobachten.
61
Der Bibel-Code
21. „In der Bibel sind alle großen Ereignisse verschlüsselt vorausgesagt.“
Der dritte Weltkrieg hätte eigentlich im Jahr 2000 ausbrechen sollen. Vielleicht geschieht dies aber auch erst
2006. Ausgelöst wird er jedenfalls durch einen atomaren
Terror-Anschlag auf Jerusalem. Zur völligen Zerstörung
der Erde kommt es dann aber erst 2010. In jenem Jahr
wird ein gigantischer Komet mit unserem Planeten kollidieren.
Wo das steht? In der Bibel.
Das jedenfalls behauptet der amerikanische Journalist
und Buchautor Michael Drosnin – der schon für den 13.
September 1996 einen „atomaren Holocaust“ für Israel
angekündigt hatte. Natürlich findet man in der Heiligen
Schrift keine Wörter wie „Weltkrieg“, „Atombombe“
oder „Terrorismus“. Für Drosnin ist das kein Problem.
„Die Bibel ist nicht bloß ein Buch, sondern auch ein
Computerprogramm“, schreibt der ehemalige „Washington Post“-Reporter in seinem Weltbestseller „Der
Bibel-Code“. „Erst in Stein geritzt, dann handschriftlich
auf Pergamentrollen festgehalten und schließlich in
Buchform gedruckt, wartete sie auf die Erfindung des
Computers. Nun sind wir in der Lage, sie so zu lesen,
wie es immer beabsichtigt war.“
Tatsächlich?
Nur an einer Stelle in der Heiligen Schrift ist die Rede davon, dass ein Buch entsiegelt, im übertragenen Sinn
also ein Code geknackt wird. Und diese Verse (Offenba62
rung 5,1-14) handeln nicht von einem Journalisten namens Michael Drosnin.
Stattdessen heißt es dort: Nur einer „im Himmel oder
auf der Erde oder unter der Erde“ ist würdig und ermächtigt, die Siegel dieses Buches zu lösen – nämlich das
Lamm, das geschlachtet wurde und lebt.
„Noch Aktuelleres als Jesus Christus und noch Detaillierteres als das, was er schon angekündigt und zu tun
angemahnt hat, ist der Welt demnach nicht gegeben.
Leider. Gott sei Dank“, kommentiert das Fachblatt „Bibel-Report“ Drosnins angebliche Dekodierungskünste.
Und was den Weltuntergang 2010 angeht: Was die
Bibel tatsächlich zum Ende der Zeiten sagt, kann jeder
nachlesen. Etwa im Markus-Evangelium: „Doch jenen
Tag und jene Stunde kennt niemand. Auch nicht die
Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur
der Vater.“ (Mk. 13,32)
Was also hat es mit dem „Bibel-Code“ des USAutors auf sich?
Wenig mehr als Geschäftemacherei.
Lassen wir noch einmal die Experten vom „BibelReport“ zu Wort kommen:
„Drosnin gibt die 304805 hebräischen Buchstaben
(nur die Konsonanten sind gemeint, da es im Hebräischen keine Vokale gibt und die Silben somit mehrdeutig sind; Anm. d. Autors), aus denen die fünf Bücher
Mose – Pentateuch – bestehen, hintereinanderweg ohne
Wort- oder sonstige Zwischenräume in den Computer
ein. Nun wird dem Computer ein Stichwort vorgegeben, das er aus dieser Textmasse herausfinden soll. Bei63
spielsweise der Name des 1995 ermordeten israelischen
Ministerpräsidenten Jizchak Rabin.
Zusammenhängend und als solchen findet der Computer diesen Namen natürlich nicht. Jedoch, und das ist
nun der geheimnisvolle Witz des Verfahrens: Er findet
ihn, wenn er jeweils einen oder zwei oder fünf oder 18
oder 1000 Buchstaben überspringt und den jeweils zweiten oder dritten oder sechsten oder 19. oder 1001.
Buchstaben aneinander reiht …
Irgendwann ist dann das gesuchte Stichwort gefunden.
Im Fall von Jizchak Rabin muss man nur jeweils 4772
Buchstaben überspringen, dann hat man ihn.
Wenn man diese Konsonanten dann liest (man muss
jeweils darauf achten, wie herum es Sinn ergibt) und
dabei die Vokale ergänzt, dann ergibt das den Namen
Jizchak Rabin.
Welch ein Wunder!“
Drosnins „Bibel-Code“ ist also bloß ein fortlaufender
Strang von Buchstaben, der sich auf dem Computerbildschirm oder ausgedruckt zu einem riesigen monolithischen Buchstabenblock verdichtet, in dem angeblich
Wörter versteckt sind – waagerecht, senkrecht oder diagonal. Und wie bei einem Kreuzworträtsel wird jedes
gefundene Wort vielfach gekreuzt von anderen Wörtern
oder Wortfolgen. Diese sollen dann angeblich offenbaren, in welche Zusammenhänge das Suchwort gestellt
werden muss.
Kennedys Ermordung wie Clintons Präsidentschaft,
die Mondlandung wie das verheerende Erdbeben im
64
japanischen Kobe, die Nahost-Kriege wie das Attentat
auf Jizchak Rabin samt dem Namen des Täters – all das
und noch viel mehr hat Drosmn mit der angedeuteten
Suchmethode und viel Kombinationstalent der Bibel
abgerungen.
Und er hat Recht: Es gibt den „Bibel-Code“.
„Seinen, meinen, irgendeinen. Jeder kann ihn sich so
zurecht basteln, wie er möchte“, amüsiert sich der Historiker und Papyrologe Professor Carsten Peter Thiede.
Als am 13. September 1996 der „atomare Holocaust“
in Israel ausblieb, zeigte sich Michael Drosnin nach eigenem Bekunden „erleichtert, aber auch ratlos“. Seine
nachgeschobene Erklärung: „Die Antwort scheint darin
zu liegen, dass es in der Zukunft nicht nur diese eine,
sondern viele Möglichkeiten gibt … Wir bestimmen den
Verlauf der Ereignisse nach unserem Willen. Insofern
stehen wir dort, wo wir uns schon immer befunden haben.“
Aha, so ist das also.
Vielleicht sollte er künftig lieber mit Kaffeesatz oder
Bleigießen experimentieren.
Richtig scheint da schon eher der Forscher Carsten
Peter Thiede zu liegen. Er entnahm der Bibel genau
nach Drosnins Pseudo-Verfahren die berückend schlichte Botschaft: „Der Code hält dumm.“
65
Channeling
22. „Wir können mit Gott, Engeln, Außerirdischen, aufgestiegenen Meistern
und höheren Wesenheiten kommunizieren – via Channeling.“
„Channeling“ (gesprochen „Tschännelling“) ist eine
modische Form der Geisterbefragung. Der Unterschied
zum Tisch- oder Gläserrücken:
„Statt in einem verdunkelten Séanceraum zu sitzen
und einander an den Händen zu halten, besteht Channeling daraus, 600 Dollar für einen Sitzplatz in einem gut
beleuchteten Saal hinzulegen und Gurus zu lauschen, die
von Geistreichtum und Weisheit bedeutender Persönlichkeiten predigen, die vor bis zu 35000 Jahren verschieden sind“, bemerkt der amerikanische Aberglauben-Aufklärer James Randi lapidar.
Konkret geht das so vor sich: Ein „Medium“ versetzt
sich in Trance und fungiert angeblich als geistiger Kanal
(englisch: Channel) für außer- und übermenschliche
Wesen. Deren Einsprechungen gibt es unmittelbar und
wortreich mit eigener Stimme wieder, nicht ohne sich
dabei selbst eindrucksvoll in Szene zu setzen.
Beispiele gefällig?
„Viele Gedanken und Gefühle erreichen mich, wenn
ich möchte, höre ich hin, und es sind Wesen wie ich.
Die Menschen in ihren Körpern kommen mir vor wie
eingesperrt und blind. Ich war auch in diesem Gefängnis
und habe gesucht, mich gesehnt, gekämpft – den ewigen
Kampf, die ewige Suche nach Liebe …“
66
Dieser ungelenke Biedersinn soll von der 1997 tödlich verunglückten Prinzessin Diana stammen – behauptet jedenfalls ein gewisser Douglas P. Webson in dem
Taschenbuch-Schmöker „Diana lebt!“. Dass die Aussagen der verblichenen „Königin der Herzen“ in ihrer
diffusen Vagheit eher an einen Schlagertext erinnern,
scheint überzeugte Channeling-Fans nicht zu stören.
Das österreichische „Kanal-Arbeiter-Duo“ Mirabelle
und René Coudris rühmt sich, mit Marilyn Monroe,
John F. Kennedy und Carl Gustav Jung in Kontakt zu
stehen. Sogar zu toten Außerirdischen haben die beiden
einen heißen Draht. So interviewten sie zum Beispiel
vier Aliens, die beim Absturz ihres Raumschiffs in der
Wüste von Neu Mexiko ums Leben gekommen sein
sollen:
René und Mira: „Warum habt ihr so einen großen Kopf in
Relation zu uns?“
Antwort: „Haben mehr Gehirnmasse.“
Rene und Mira: „Und was bedeuten eure viel kleineren
Ohren?“
Antwort: „Brauchen sie kaum – wegen Telepathie.“
Rene und Mira: „Eure Augen sind …“
Antwort: „Müssen gehen! Medium kann Kontakt nicht
weiter verkraften.“
Rene und Mira: „Warum denn?“
Antwort: „Ihm wird schlecht …“
Ob die Übelkeit eine unmittelbare Folge der an „Rotkäppchen und der böse Wolf“ erinnernden Simpelei von
Rene und Mira war, blieb leider unbeantwortet. Ebenso
67
wie die Frage, warum beim Channeling überwiegend
einleuchtende und sympathische Lehren zur Sprache
kommen, nie aber wirklich neue und bahnbrechende
Erkenntnisse.
Eine geschäftstüchtige Frau namens J. Z. Knight aus
dem US-Bundesstaat Washington etwa leiht „Ramtha
dem Erleuchteten“ Lippen und Stimmbänder. „Ramtha“ ist angeblich 35000 Jahre alt und hat sein irdisches
Dasein als Krieger zugebracht. Und was erfahren wir
von ihm? Jedenfalls nichts, wofür es sich lohnte einen
körperlosen „Meister“ zu bemühen.
Wo genau hat Ramtha gelebt? Wie war das Klima zu
seiner Zeit? Welche Gesellschaftsordnung gab es? Fehlanzeige.
Ist das womöglich deswegen so, weil sein „Kanal“
zum Diesseits, Mrs. Knight, von solchen Dingen keine
Ahnung hat?
Denn die meisten Psychologen sind sich darüber einig, dass hinter den Einflüsterungen der vermeintlich
„Höheren“ unbewusste, verdrängte oder abgespaltene
Anteile des eigenen Seelenlebens der „Medien“ stecken.
Channeling, erklärt der Münchner Psychologe Colin
Goldner, beruht auf einer Art Trance, die entweder per
Selbst- oder Fremdhypnose oder durch eine bestimmte
Atemtechnik namens Hyperventilation hervorgerufen
wird.
Pausenloses, beschleunigtes Atmen führt durch einen
Abfall der Kohlendioxid-Spannung im Blut und durch
eine massive Störung des Säure-Basen-Haushaltes zu
Schwindel und Bewusstseinsstörungen. Zugleich verengt
68
sich die Wahrnehmung, und eine enorme Fantasietätigkeit setzt ein.
So genannte Halbtrance-Medien halten den Kontakt
zu einer Verbindungsperson aufrecht, deren suggestive
Einflüsterungen und Anweisungen sie aufnehmen und in
ihre Fantasiekonstrukte einbauen. „Volltrance-Medien“
sind sich ihrer „Durchsagen“ meist nicht bewusst – weisen allerdings durchweg die charakteristischen Symptome schwerer schizophrener Persönlichkeitsstörungen auf,
ist Goldner überzeugt.
Wenn die gechannelten Mitteilungen tatsächlich verschiedenen „Energiepersönlichkeiten“ der geistiggöttlichen Welt entstammen, warum enthalten sie dann
statt Kuriosem und banalen moralischen „Einsichten“
keine wirklich brauchbaren Informationen?
Warum ermöglichen sie z.B. keine archäologischen
Entdeckungen? Warum erzählt uns Alexander der Große
nicht, wo sich sein Grab befindet? Warum diktieren uns
die großen Philosophen Sophokles, Demokrit oder Aristarch ihre verloren gegangenen Bücher nicht neu? Von
einem Heilmittel gegen Aids oder der Konstruktionsformel für den Wasserstoffmotor ganz zu schweigen.
23. „Gott und Jesus haben einigen Channel-Medien neue Evangelien geoffenbart.“
„Gespräche mit Gott“, „Ein Kurs in Wundern“, „Das
Wassermann-Evangelium“, „Gott sprach zu mir“ – so
oder so ähnlich heißen „gechannelte“ Bücher, mit denen „die Jesusstimme Fehlinterpretationen seiner Bot69
schaft im Christentum aufklären will“, wie etwa die USAutorin Helen Schucman behauptet.
Ihr „Kurs in Wundern“ – angeblich über Hördiktat
von Jesus empfangen – ist ein Bestseller nicht nur in der
Esoterik-Szene. Auch viele noch nicht wirklich entschiedene Christen lassen sich von den vermeintlichen
Neuoffenbarungen faszinieren. In manchen deutschen
Städten haben sich sogar Studiengruppen zum gegenseitigen Austausch und zur Vertiefung des Selbststudienprogramms gebildet.
Doch mit dem Gott der Bibel haben diese „neuen
Evangelien“ erkennbar wenig zu tun. Stattdessen handelt
es sich um lupenreine Produkte der New-Age-Bewegung
und des kommerziellen Esoterik-Marktes. Denn im Mittelpunkt der „Talk-Shows mit dem Höchsten“ steht ausschließlich der Mensch und seine Selbstverwirklichung.
Das Alte und Neue Testament gelten darin als überholte, ergänzungsbedürftige Teilwahrheiten, die nicht
ungeschickt entchristlicht und verweltlicht sowie dem
aktuellen Zeitgeist angepasst werden. Darüber hinaus
entnehmen die Autoren wie aus einem Steinbruch allen
großen religiösen Traditionen einzelne Teile und überführen sie in ein angebliches „Größeres“.
Die populärsten Neuoffenbarungen sind:
- „Das Wassermann-Evangelium von Jesus dem
Christus“ von Levi H. Dowling:
Jesus wird hier als Suchender dargestellt, der in Indien, Tibet, Persien, Ägypten und Griechenland von
„spirituellen Meistern“ ausgebildet wird und schließlich
von ihnen den „Christus-Grad“ verliehen bekommt.
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- „Gespräche mit Gott“ von Neale Donald
Walsch: Der amerikanische Ex-Journalist und RadioModerator will zwischen 1992 und 1995 mehr als 1000
Seiten von Gott selbst diktiert bekommen haben.
Walsch erklärt Bibel und Religion für überflüssig und
erhebt stattdessen die Gefühle und Gedanken des Menschen zur alleinigen Richtschnur.
Seine Selbstvergötzung des Menschen gipfelt im dritten Band in einer Umformulierung des Vaterunsers:
„Meine Kinder, die ihr im Himmel seid, geheiligt ist
euer Name. Euer Reich ist gekommen, und euer Wille
wird geschehen wie auf der Erde, so im Himmel …
Denn euer ist das Reich und die Macht und die Herrlichkeit, in alle Ewigkeit. Amen.“
- „Ein Kurs in Wundern“ von Helen Cohn
Schucman: Auch die amerikanische Psychologin Helen
Cohn Schucman vermittelt ihren Lesern ein rein
anthropozentrisches Weltbild, in dem „der Himmel hier
und jetzt“ sei: „Es gibt keinen anderen Ort.“
Außerdem lehrt ihr Kurs in bedrängendem Sprachstil,
dass Sünde im Sinne der Trennung von Gott nur ein
Produkt der wahnhaften Einbildung des Egos ist. In
Wahrheit gäbe es Sünde nicht und habe es sie nie gegeben.
Schucman: „Du bist eigentlich ein Heiliger, nur ist
dir dies nicht bewusst, und dementsprechend lebst du
nicht danach.“
Mit anderen Worten: In den esoterischen „Evangelien“ geht es schlicht um offenen oder verdeckten
Hochmut, um ein Ego-Denksystem.
71
Das heißt: Gott ist nicht tätig in der Zeit, der Mensch
ist allein in der Lage, sein Leben zu bewältigen, wenn er
nur seine spirituellen Fähigkeiten und seine Intuition
schult.
Genau darin sieht der Theologe Dr. Matthias
Pöhlmann, Leiter der Evangelischen Zentralstelle für
Weltanschauungsfragen (EZW), den großen Erfolg
solcher Texte begründet: Weil hier dem Menschen
„der technische Fortschrittsglaube in neuem Gewand“
begegne.
Solche profan-magischen Lebensentwürfe aber könnten einer Entwicklung Vorschub leisten, die den Menschen und seine Möglichkeiten hoffnungslos überschätzt,
ihn seiner Geschöpflichkeit beraubt und ihn zu einem
unpersönlichen, beziehungslosen Göttlichen „transformieren“ möchte.
Außerdem berge die Konzentration auf das eigene Ich
und dessen spirituelle Überhöhung die Gefahr, dass man
andere Menschen aus dem Blick verliert.
Jesus selbst hat mit dem Bibelwort „Noch vieles habe
ich euch zu sagen, doch ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn
aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die
Wahrheit einführen“ (Joh. 16,12f.) der Gemeinde den
Heiligen Geist zugesagt – aber gewiss keine neuen Mitteilungen für „erleuchtetere“ Generationen, wie Neuoffenbarungs-Anhänger mitunter behaupten. Denn dieser
Geist erinnert gerade an das, was der historische Jesus
gesagt hat und was die Jünger bezeugen (Joh. 14,26;
15,27).
Dieses Zeugnis ist der Maßstab um zu beurteilen, ob
72
sich ein heute Ergriffener und Erleuchteter zu Recht
oder zu Unrecht auf den Geist Jesu beruft.
Um es ganz klar zu sagen:
„Dem neutestamentlichen Glauben ist Übermittlung der
göttlichen Gnade durch Medien und Trance völlig fremd. Dem
Christen erschließt sich der Zugang zu Gottes Gnade durch die
Glaubensverbundenheit mit Jesus Christus. Irgendwelche ‚Medien‘ sind dazu nicht nötig …
In jeder Zeit scheint es eben die Seher und Schwärmer zu
geben, die den alten Stoff des Glaubens und der Religion für
sich und andere so bearbeiten wollen, dass er stimmig wird,
stimmig für ihre Zeit und für sich selbst. Die Selbstoffenbarung
Gottes in Jesus Christus ist dagegen auf den ersten Blick nie
wirklich stimmig, und eben darum fordert sie seit zweitausend
Jahren jede Zeit neu zur Begegnung mit Gott heraus.
Pointiert, aber nicht ohne Grund könnte man sagen, dass
das Evangelium von Jesus Christus zwar nie plausibel werden
kann, aber gerade deshalb immer neu wird. Während die Neuoffenbarungen immer plausibel sind und darum rasend schnell
veralten.“
Walter Schmidt
24. „Channeling-Botschaften sind nachprüfbar richtig.“
Die meisten gechannelten „Offenbarungen“ sind weder
neu noch originell, sie enthüllen nichts, was nicht auch
den normal zugänglichen Quellen des Wissens und der
Erkenntnis entnommen werden kann, oder beziehen sich
auf abgehobene „spirituelle“, „kosmische“ oder „jenseitige“ Vorgänge, die sich jeder Nachprüfung entziehen.
73
Mitunter aber prophezeien Channel-Medien auch
ganz konkrete Ereignisse – die freilich nie eintreffen.
Einige Beispiele: Der Amerikaner Edgar Cayce (von
seinen Anhängern „der schlafende Prophet“ genannt)
kündigte für die 1960er das Wiederauftauchen des versunkenen Kontinents Atlantis und die vollständige
Christianisierung Chinas an. Des weiteren sagte er für
die Jahrtausendwende eine Reihe von welterschütternden Naturkatastrophen voraus.
Besagter „Ramtha der Erleuchtete“ channelte seinem
Sprachrohr J. Z. Knight einen großen Krieg für das Jahr
1985, in den die USA verwickelt sein würden. Außerdem sollte gleichzeitig in der Türkei eine Pyramide entdeckt werden, deren Fundament „bis zum Mittelpunkt
der Erde“ reiche.
Das von dem bekannten Gabelverbieger Uri Geller
gechannelte Geistwesen „Hoova“ sagte für „bald nach
1972“ eine Ufo-Invasion voraus.
Die selbst ernannte „spirituelle Erdenweltführerin“
Ruth Norman (die sich „Uriel“ nennt) datierte dieses
Ereignis auf das Jahr 2001.
Die Chefin der deutschen „Fiat Lux“-Sekte, Uriella
alias Erika Bertschinger, die schon mehr als 500 Offenbarungen von Jesus Christus erhalten haben will, drohte
für 1998 mit einem „Überfall der Russen“, einem Weltkrieg und einem verheerenden Kometeneinschlag.
25. „Channeling ist Lebenshilfe, ChannelMedien sind spirituelle Lehrer.“
Ganz im Gegenteil.
74
„Für psychisch instabile Menschen kann der Umgang
mit Channeling-Medien hoch gefährlich werden“, warnt
das „Forum Kritische Psychologie“.
Unabhängig davon, dass die als Durchsagen aus dem
Jenseits verkauften Halluzinationen von der gläubigen
Kundschaft als sakrosankte Verhaltensmaßnahmen gewertet werden, könne allein schon die vermeintliche
Kontaktaufnahme mit irgendwelchen Geistern oder höheren Mächten zu fatalen Folgen führen: Noch Tage,
Wochen und Monate nach dem Channeling sind massive Orientierungsstörungen bis hin zu einem Abgleiten in
psychotische Wahnvorstellungen beobachtet worden.
Fazit der Experten: Die zahllosen Channel-Medien,
die im deutschsprachigen Raum ihren zweifelhaften
Dienst als Lebensberater oder spirituelle Lehrer anbieten,
seien durchweg „Fälle für die Psychiatrie und/oder die
Staatsanwaltschaft.“
75
Christus
26. „Jesus war nicht Gottes Sohn, sondern ein Erleuchteter.“
So wie die Esoterik andere Evangelien verkündet, propagiert sie auch eine Vielzahl verschiedener „Christusse“.
Der Weltanschauungsexperte Hans-Jürgen Ruppert
macht vor allem zwei Hauptformen esoterischer
Christusvorstellungen aus: Jesus als Symbol und als Lehrer. Als Symbol repräsentierte der „Christus“ bzw. „Jesus“:
- „Spirituelles Wachstum“, ein „neues, erweitertes Bewusstsein“;
- Christus erscheint in diesem symbolischen Sinn auch als
„höheres (göttliches) Selbst“ des Menschen – dem modernen Ausdruck für den alten gnostischen „göttlichen
Wesenskern“ im Menschen;
- Kreuz und Auferstehung Jesu werden zu Symbolen für
psychologische Erfahrungen von „Wiedergeburt“, die der
Einzelne mit Hilfe esoterischer Praktiken „nachvollziehen“ soll. Alles was der Rationalismus jemals an Hypothesen über Jesu Erdenwirken, Tod und Auferstehung
aufgestellt hat – von der Ablehnung der Gottessohnschaft
bis zur Scheintodhypothese – trifft man auch im esoterischen Schrifttum.
Wird die Einheit zwischen Gott und Jesus bestritten, wird Jesus vornehmlich als Lehrer eines „geheimen Wissens“ gesehen:
- Als „Eingeweihter“, „aufgestiegener Meister“, „Weltenlehrer“ usw. ist er nur ein höher entwickelter Mensch, der
76
die Vollendung auch erst nach vielen Wiederverkörperungen erreicht.
- Verbreitet ist die Vorstellung, Jesus habe die Kreuzigung
überlebt – so z.B. auch in Franz Alts esoterisch angehauchtem Bestseller „Jesus – der erste neue Mann“.
- Bei manchen Autoren trifft man auch auf die These, Jesus sei nach überlebter Kreuzigung in Indien gestorben,
wo er zuvor schon – zwischen dem 12. und 29. Lebensjahr – „geheimes Wissen“ und asiatische Spiritualität
kennen gelernt haben soll.
- Auch der Grund für die Hinrichtung Jesu am Kreuz
wird in eine bestimmte Richtung umgedeutet: Nach biblischer Überlieferung war es in erster Linie der Vollmachtsanspruch Jesu, der als Gotteslästerung betrachtet wurde.
In der Esoterik-Literatur wird zur Begründung häufig
die These aufgestellt, Jesus hätte eine „Geheimlehre“ gehabt, die er veröffentlichte bzw. er hätte den „göttlichen
Funken“ im Menschen gelehrt.
Was wird aus dieser Auflistung deutlich?
Die Art, wie Esoteriker die Person Jesu gegen den
historischen Kontext der Bibel umdeuten und ihn daraus
entreißen, ist unbekümmert bis rücksichtslos.
Und: Jeder Esoterik-Autor, der sich außerhalb der
Wirkungsgeschichte des biblischen Christus stellt, gestaltet „seinen Christus“ gemäß subjektiver Interessen oder
bestimmter Machtkonstellationen als „höhere Erkenntnis“ oder „neue Offenbarung“.
Dahinter steckt zum Teil wohl die Absicht, die Bibel
als alleinige Norm des christlichen Glaubens außer Kraft
77
zu setzen. Denn die spirituell ausgerichtete Esoterik ist
sehr viel weniger „tolerant“ als oft behauptet wird. Im
Gegenteil, sie erhebt sogar einen „radikal inklusiven Absolutheitsanspruch“ (Bernhard Grom), dem zufolge ihre
Offenbarungen und ihr Erkenntnisweg den bestmöglichen Zugang zum „Geistig-Göttlichen“ bieten. „Andersgläubige“ haben dagegen nicht das richtige „Feeling“ oder den „Durchblick“.
Der christliche Glaube sei schädlich und müsse abgeschafft werden, um einem „neuen Zeitalter“ den Weg
frei zu machen. Denn alle Religionen und Traditionen
seien nur Ausdruck der einen, allumfassenden Wahrheit.
Und in jeder von ihnen sei lediglich der „wahre Kern“
der esoterischen Weisheit enthalten.
Auch weniger radikale Anhänger sehen in der Esoterik die „Weltreligion der Zukunft“; eine Art interreligiöse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit
und der Religionen, die schließlich in der globalen
„Ökumene des Wassermann-Zeitalters“ aufgehen soll.
Andere Autoren huldigen wohl eher dem Mammon
und ringen mit ihrer angeblich „wahren Lehre Jesu“ um
Einfluss und wirtschaftlichen Gewinn auf dem Markt der
Religionen.
Die Taktik der Verkünder von esoterischen Christusbildern ist dabei nicht ungeschickt: Statt eine total neue
Lehre zu verbreiten ergänzen, schmälern oder nachahmen sie das wahre Wort Gottes. Christus sei zwar
„wichtig“, aber nicht der einzige Mittler, weswegen
man seine Anbetung und Verehrung „nicht übertreiben“
dürfe.
78
Genau davor aber warnt die Heilige Schrift eindringlich. Im zweiten Brief an die Korinther (11,3-4) schreibt
Paulus:
„Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange mit ihrer Arglist
Eva betrog, so auch eure Gedanken verdorben und von der
Einfalt Christus gegenüber abgezogen werden. Wenn nämlich
irgendwer kommt und einen anderen Jesus verkündet, den wir
nicht verkündet haben, oder ihr einen anderen Geist empfangt,
den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium
…“
Wie aber kann man nun das Echte vom Falschen unterscheiden?
So, wie man echtes Geld von Falschgeld unterscheidet: Wer das Imitat erkennen soll, muss die Wahrheit
genau kennen.
Das wichtigste „Echtheitskriterium“ für Christen ist
daher der im Evangelium redende und wirkende Christus selbst, dem „alle Gewalt gegeben ist im Himmel und
auf Erden“ (Matth. 28,18).
79
Engel
27. „Engel sind eigenständige kosmische
Intelligenzen.“
Engel werden ohne den Schutz der Metaphysik von der
Werbung, von Filmemachern und Rockbands vereinnahmt – und natürlich auch von der Esoterik.
Doch Bücher wie „Engel. Die kosmische Intelligenz“
oder „Du kannst mit Engeln sprechen“ stehen nicht im
Dienst religiöser Erfahrung, sondern einer diffusen und
kommerziell sehr einträglichen „Wiederverzauberung“
der erklärbar gewordenen Welt.
Theologen sehen in Engeln (von griechisch angelos =
Bote) die begleitende, helfende und tröstende Allgegenwart Gottes verkörpert. In der Heiligen Schrift treten sie
uns an mehr als 200 Stellen als Gesandte, Botschafter
und Werkzeuge des Dreieinen entgegen, als metaphorische Verdichtung der begleitenden, tröstendvergewissernden und helfenden Nähe Gottes.
Allerdings mahnt die Bibel auch sehr deutlich, diese
guten Mächte nicht eigenständig zu würdigen, da alle
Ehre dem über den Kosmos erhöhten Auferstandenen
gebührt: „Keiner soll euch den Siegespreis aberkennen, indem
er sich in Demut und Engeldienst gefällt, sich mit Visionen
wichtig macht, und sich nicht an das Haupt hält, von dem aus
der gesamte Leih versorgt und zusammengehalten wird und so
sein göttliches Wachstum empfängt.“ (Kol. 2,18-19)
In esoterischen Engel-Schriften dagegen wird dieses
biblische Zeugnis überspielt durch ein verfügbares, aus80
geklügeltes Denksystem, erfüllt von „Strahlungen“ und
„Kraftfeldern“.
Viele Autoren lösen die Engel aus dem biblischen
Zeugnis heraus und erheben sie zu greifbaren und
dienstbaren Wesen – die darüber hinaus mitunter auch
zu Teilen eines „kosmischen Bewusstseins“ stilisiert
werden und mit weiteren „Geistern“ das ganze Universum als einen einzigen lebendigen Organismus bilden.
Diese Vorstellung ist reine Astralmystik.
Nach christlicher Lehre wird der Kosmos von Christus selbst gelenkt und regiert. Die Engel vertreten zwar
das Geheimnis göttlicher Heiligkeit; immer aber bringen
sie zugleich den Menschen Gottes Herrlichkeit nahe und
rufen zur Anbetung des Schöpfers von Himmel und Erde auf.
Das heißt: Sie vermitteln eine Beziehung zwischen
Gott und uns Menschen, und in ihnen konkretisiert sich
das Wirken des dreieinigen Gottes; sie sind aber keine
Lieferanten eines „kosmischen Bestell-“ oder Wunscherfüllungs-Service, wie in einigen esoterischen Darstellungen.
Natürlich gibt es die menschliche Erfahrung von
unerwarteter Hilfe und Rettung. Ebenso wissen wir um
das Wirken Gottes auf „Erden wie im Himmel“, im
„Sichtbaren und Unsichtbaren“ – und eine vernünftige
Mittelposition zu finden zwischen dem rationalen Erklären einerseits und dem glaubenden Verstehen anderseits
ist nicht immer ganz leicht.
Aber statt an zeitgeistige Esoterik-Literatur sollten wir
uns im Hinblick auf das Glaubensmysterium Engel wohl
81
eher halten „an die Beter, an die Kinder und an die Künstler, die den stereoskopischen Blick für die Transzendenz des
Alltags, für das Unsichtbare im Sichtbaren, für das Geheimnis
des Lebenkönnens haben.“
Walter Sparn
28. „Die Engel-Botschafterin Alexa Kriele
informiert uns darüber, wie es im
Himmel aussieht.“
Die studierte Psychologin und Philosophin Alexa Kriele
behauptet seit 1994, Botschaften von Engeln zu empfangen. Sie bietet „Engelstunden“ an, in denen sie Ratsuchenden wie eine „Simultan-Dolmetscherin“ Mitteilungen des Himmels übersetzt. Außerdem schreibt sie Bücher. Ihre Reihe „Wie im Himmel so auf Erden. Einführung in die christliche Engelkunde“ ist auf fünf Bände angelegt. Darin finden sich stellenweise enge Bezüge
zur Bibel, aber auch offenkundiger Nonsens wie „EngelOffenbarungen“ über das Leben „unserer Naturgeister“:
„Naturgeister mögen lieber Trickfilme: dies entspricht
ihnen eher. Walt Disney war ein Beauftragter der Naturgeister und stand in Kontakt mit ihnen. Wenn du mit
deinem Naturgeist einen Walt-Disney-Film anschaust,
dann sitzt er gespannt da und du langweilst dich: ein
netter Ausgleich.“
Kinderkrankheiten führt Frau Kriele auf das Einwirken von Engeln und Naturgeistern zurück.
Biblisch mehr als fragwürdig sind „Hintergrundinformationen“ wie diese, dass Josef Eremit geworden sein
82
soll, als Jesus 20 Jahre alt war. Oder dass Christus die
Welt gar nicht erlöst, sondern nur die Voraussetzungen
dafür geschaffen habe. Oder dass Gott Maria Magdalena
nachträglich in den himmlischen Kreis der zwölf Jünger
Jesu berufen habe.
Alexa Kriele ist mit Martin Kriele, dem ehemaligen
Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen, verheiratet. Dieser spielt bei der schriftlichen Endfassung der „Engel-Durchsagen“ anscheinend
eine wesentliche und nicht unproblematische Rolle.
So soll der „Engel der Ehe und Familie“ Alexa Kriele
offenbart haben: „Der Himmel erwartet allerdings, dass
die Kinder aus einer nicht-ehelichen Partnerschaft gesichert werden und dass sich weder Vater noch Mutter
der Verantwortung für sie entziehen. Aus diesem Grund
billigt er die sozialen und rechtlichen Regelungen, die
auf Eheschließung auch dort drängen, wo die Menschen
eigentlich nicht zu einer Ehe verbunden sind.
Das hat für ihn also weder sakramentale noch prinzipiell moralische, sondern praktische Gründe: Es geht
z.B. um die Sicherung der Kinder, um die Nachweisbarkeit der Abstammung und Herkunft, um vermögensrechtliche und erbrechtliche Gesichtspunkte, um die
Frage der Personensorge.“
Wie die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) zu Recht feststellt, klingt das
allerdings eher nach einem Gesetzeskommentar denn
nach einer Botschaft des Himmels – so, als habe „der
Jurist Kriele den Engeln etwas auf die Sprünge geholfen“.
83
Sofern kein bewusster Betrug vorliegt, müsse sich die
selbst ernannte Engel-Botschafterin zumindest wohl den
Vorwurf eines so genannten Erfahrungsfundamentalismus gefallen lassen: Was Frau Kriele erlebt haben will
(dahingestellt, ob real oder eingebildet), wird zur objektiven Wahrheit erklärt.
Tatsache ist jedoch, dass Alexa Krieles „Engelkunde“
von typischen esoterischen Phantastereien wie der
„Akasha-Chronik“ (ein angeblich immaterieller kosmischer Gedächtnisspeicher), Naturgeistern, einer mysteriösen weißen Bruderschaft oder eines himmlischen
„Hohen Rates“ nur so wimmelt.
Daran ändert auch die intensive Verwendung christlicher Begrifflichkeiten nur wenig.
84
Der „Fluch“ des Pharao
29. „Der Fluch des Tutenchamun brachte
vielen Menschen den Tod.“
Das stimmt nicht.
Der Fluch des Pharaos, der angeblich in kurzer Zeit,
dafür aber um so unbarmherziger all die Archäologen
eines unnatürlichen Todes sterben ließ, die 1923 bei der
Öffnung des Grabes des vergessenen Königs Tutenchamun zugegen waren – er ist kaum mehr als eine Legende
und der Traum von spekulierenden Sachbuchautoren.
Die Tatsachen: Jene 25 direkt an der Graböffnung beteiligten Archäologen erreichten ein Durchschnittsalter
von 70 Jahren, während eine Kontrollgruppe von elf
Personen, die sich zur gleichen Zeit in Ägypten befanden, aber nicht an den Ausgrabungen beteiligt waren, es
auf ein Durchschnittsalter von 75 Jahren brachte.
Der angebliche Fluch hatte also die Sterbedaten nicht
statistisch bedeutsam beeinflusst, wie im Jahr 2002 der
australische Mediziner Mark Nelson im British Medical
Journal detailliert ausführte.
Die Idee eines „Fluchs“ beruht auch gar nicht auf antiken ägyptischen Quellen; Grabräuber wurden zwar wegen
Diebstahls, jedoch nicht wegen Grabschändung angeklagt.
Der „Fluch des Pharaos“ entspringt der phantastischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Den Wortlaut der
angeblichen, tatsächlich aber nie existierenden Inschrift
im Grab des Pharaos („Der Tod kommt auf schnellen
Flügeln zu dem, der das Grab des Pharao berührt“)
dachte sich z.B. die Schriftstellerin Marie Corelli für eine
gespenstische Mumien-Geschichte aus.
85
Feuerlauf
30. „Feuerlaufen ist ein Beweis für die
Macht des menschlichen Geistes über
die Materie.“
Feuerlaufen ist ein heißer Tipp in der Esoterik- und Psychoszene. Nach stundenlanger Einstimmung überqueren
die Teilnehmer barfuß einen Glutteppich von einigen
Metern Länge, ohne sich zu verbrennen. Diese Erfahrung, etwas „Unmögliches zu schaffen“, soll sich positiv
auf die Bewältigung sämtlicher Alltagsprobleme auswirken.
Wieso haben dann z.B. die Kicker von Bayer Leverkusen trotz einiger Feuerlauf-Seminare unter Trainer
Christoph Daum in den vergangenen Jahren die
deutsche Meisterschaft regelmäßig verspielt? Weil das
Ganze wenig mehr als glühender Unfug ist.
Aus physikalischer Sicht ist ein schadloses Überqueren
der Holzglut auch ohne jedes pseudo-spirituelle Brimborium möglich. Holzasche weist nämlich nur eine sehr
geringe spezifische Wärme auf. Das heißt: Sie speichert
weniger Hitze als andere Materialien. Würden die
Feuerläufer stattdessen in eine heiße Bratpfanne treten,
könnte sie auch eine tagelange „mentale“ Vorbereitung
nicht vor schwersten Verletzungen bewahren.
Das Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie im
bayerischen Seewiesen hat aufgedeckt: Unsere Füße heizen sich beim Kontakt mit Holzkohle oder Holzasche
auf höchstens 100 Grad auf, was die schützende Hornhaut problemlos verkraftet – vorausgesetzt, die Feuerläu86
fer gehen zügig über die Glut und heben bei jedem
Schritt die blanken Sohlen spätestens nach weniger als
einer Sekunde wieder vom Boden ab.
Eine Selbstüberwindung ist der Feuerlauf trotzdem allemal – ein Beweis für „übernatürliche Kräfte“ oder für
die „Macht“ unserer Gedanken jedoch nicht.
Auch als Motivationsschub für den Alltag taugt das
Ritual kaum. Denn wer kann schon über einen längeren
Zeitraum die Erinnerung daran immer wieder so plastisch heraufbeschwören, dass sich das kurze seelische
Strohfeuer jedes Mal aufs Neue einstellt?
Außerdem geht die Sache manchmal auch gründlich
daneben.
Immer wieder liest man von Unfällen bei FeuerlaufSeminaren – so zum Beispiel unlängst in einer Ferienanlage in Portugal. Falsches Holz (Eiche), eine zu dicke
Holzschicht und ein ungeeigneter Untergrund (Lehm)
führten zu schweren Verbrennungen dritten Grades an
den Füßen der Teilnehmer.
Mit „Geist über Materie“, „Willenskraft“ etc. hat
Feuerlaufen also erkennbar wenig zu tun. Sondern mit
höchst bodenständigen physikalischen Gesetzmäßigkeiten.
87
Freitag, der 13.
31. „Freitag, der 13. ist ein Unglückstag.“
Nach neuesten Umfragen bereitet dieses Datum rund
einem Drittel der Deutschen ein flaues Gefühl in der
Magengegend.
Wieso eigentlich? Volkskundler sehen in „Freitag,
den 13.“ nicht mehr als einen neumodischen KunstTermin wie Muttertag oder Halloween, der vor allem
von den Massenmedien aufgebauscht wird. Und das erst
seit nicht allzu langer Zeit: Am 13. Mai 1927 kam es in
den USA zu einem verheerenden Kursrutsch an der
Börse. Er ist als „schwarzer Freitag“ in die Geschichte
eingegangen.
Und 1970 geriet die amerikanische Raumkapsel
Apollo 13 am Freitag, den 13. April, in große Schwierigkeiten.
Vor dem 20. Jahrhundert spielte dieser vermeintliche
Unglückstag im Bewusstsein der Menschen kaum eine
Rolle. Glücks- und Unglückszahlen sowie Glücks- und
Unglückstage sind zwar in allen Hochkulturen zu allen
Zeiten verbreitet gewesen – Diskussionen aber und
abergläubische Überlegungen gab es praktisch zu sämtlichen Zahlen und Wochentagen, ohne dass dabei dem
13. und dem Freitag eine besondere Bedeutung zugekommen wäre.
Als Todestag Christi wurde der Freitag im Mittelalter
zwar als Fast- und Trauertag begangen; bei den Römern
dagegen stand er mit der Liebesgöttin „Frija“ in Verbindung und galt als ausgesprochener Glückstag.
88
Die 13 wiederum geriet in Verruf, weil sie das geschlossene Zwölfer-System vieler Kulturen (Zwölf Tierkreiszeichen, zwölf Monate, zweimal zwölf Tagesstunden, zwölf Stämme Israels, zwölf Jünger Jesu etc.) überschritt und somit „verletzte“.
Allerdings haben Historiker mittlerweile ebenso viele
Gründe gefunden, warum die 13 im deutschen Sprachraum weithin auch zu den Glückszahlen zählte.
32. „An Freitagen, die auf einen 13. fallen, passieren mehr Unfälle.“
Freitage sind generell unfallträchtiger als alle anderen
Wochentage – wegen des stark erhöhten Verkehrsaufkommens durch Wochenendheimfahrer, Kurzurlauber
etc. Nach einer Untersuchung des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern z.B. ereigneten sich 1995 an Freitagen etwa 20 Prozent mehr Unfälle. Kurios: Der 13.
Januar und der 13. Oktober, die im Untersuchungszeitraum auf Freitage fielen, lagen mit 37 und 52 Unfällen
unter dem ermittelten Durchschnitt von 55 Unfällen.
Auch die Daten des Statistischen Bundesamts zeigen:
An den berüchtigten 13. Freitagen passieren nicht mehr
Unfälle als an „normalen“ Freitagen.
89
Geistheilung
33. „Geistheiler wirken nach dem Vorbild
Jesu.“
Während seines öffentlichen Auftretens heilte Jesus viele
Kranke auf wundersame Weise. Im MatthäusEvangelium heißt es:
„Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren
Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich Gottes und
heilte alle Krankheiten und Leiden“ Mt. 9,35.
Die Heilungen Jesu sind als Zeichen seiner messianischen Sendung zu verstehen.
Sie offenbaren den Sieg des Reiches Gottes über jede
Art von Übel und werden Symbol für die Wiederherstellung des ganzen Menschen an Leib und Seele.
Wenn heutige Geist- und Wunderheiler sich auf die
Heilungswunder Jesu berufen, dann ist das eine typische
esoterische Anmaßung. Mag sein, dass manche von ihnen einfach nur „verborgene“ Kräfte der Natur anwenden wollen; mehrheitlich aber sehen sich Geist- und
Wunderheiler als eine Art Medium, das von einer diffusen „höheren Kraft“ geführt wird. Sie sind der Auffassung, dass wir Menschen in unserem Wesenskern Anteil
an der Gesundheit der „ewigen, göttlichen Energie“
haben und Krankheiten nur auf der mangelnden Entfaltung dieses Energieflusses oder auf seelischen und „karmischen“ Ursachen beruhen.
Schnell wird da das Handauflegen, eine alte Geste der
Segnung, als „Übertragung geistiger oder magnetischer
Energien“ umgedeutet.
90
Andere Heiler wollen mit „Geistführern“ in spirituellen Sphären in Verbindung stehen, die das jeweilige
Übel erkennen und diffuse psychophysische Heilungsenergien mobilisieren können.
Dass solche Pseudo-Therapien manchmal tatsächlich
etwas bewirken können, ist kein Wunder:
„Das Wärmegefühl und gesteigerte Wohlbefinden, das
Klienten erleben, braucht man nicht auf die Aktivierung und
Harmonisierung von subtiler Lebensenergie zurückzuführen –
die suggestiv verstärkte Erwartung, dass man einen Kraftstrom
und eine Besserung spüren werde, kann die Durchblutung bestimmter Körperpartien fördern, und die persönliche Zuwendung des Heilers aktiviert möglicherweise das EndorphinSystem.
Das lindert für kurze Zeit Schmerzen und hebt die Gestimmtheit, so wie leichte Zahnschmerzen oft verschwinden,
wenn man die Zahnarztpraxis betritt und mit dem Zahnarzt
redet. Der Heiler kann als Placebo, als Scheinmedikament
wirken. Die Mechanismen von Placebos sind allerdings bekannt
… und es besteht kein Grund, sie als Aktivierung magischer
Kräfte zu deuten.“
Bernhard Grom
Der Glaube daran, dass Gesundheit mit magischen
Techniken „machbar“ ist – das ist dann auch der bedeutsamste Unterschied zwischen Jesus und diversen
Geist- und Wunderheilern. Christen wissen, dass Gott
heilen kann – wir ihn aber mit keiner Technik dazu
zwingen können. Der christliche Glaube ist ein Raum,
in dem Heilung sich ereignen, aber nicht gemacht wer91
den kann. Diese Unterscheidung zwischen Verfügbarem
und Unverfügbarem nehmen die meisten Esoteriker
nicht wahr.
Im 12. Kapitel des Korintherbriefes schildert Paulus,
wie er den Herrn um Heilung seiner Krankheit bittet:
„Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht
überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des
Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich
mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn
gefleht, dass er von mir weiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass
dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den
Schwachen mächtig.“
2. Kor. 12,7-9
Für Paulus und alle Christen ist Beten „ein Reden des
Herzens mit Gott“. Sogar wissenschaftlich scheint mittlerweile erwiesen zu sein, dass ein positiver statistischer
Zusammenhang zwischen körperlicher und seelischer
Gesundheit und einem persönlichen, lebendigen Glauben besteht.
Für viele Esoteriker hingegen „funktioniert“ Beten
(auch um Heilung) in einem technischen oder magischen Verständnis – etwa so, wie wenn ein kleines Kind
behaupten würde, dass seine Wünsche an die Eltern quasi automatisch „funktionieren“.
Dabei ist völlig unklar, wie Geistheilung – die über
die erwähnten Placebo-Effekte hinausgeht – überhaupt
„funktionieren“ könnte: Ist geistige Konzentration die
Voraussetzung dafür? Oder Mitgefühl? Oder Liebe?
Existiert eine Dosis-Wirkung-Beziehung, oder anders
92
ausgedrückt: Können zwei Geistheiler beim selben Patienten die doppelte Wirkung erzielen?
Nicht verschwiegen werden darf auch, dass eine Reihe von „Wunderheilern“ Betrüger und Beutelschneider
sind, darunter auch einige aus dem christlichcharismatischen Umfeld.
Der Amerikaner Peter Popoff z.B. behauptete bei öffentlichen Veranstaltungen, von Gott selbst Informationen über die Zuschauer und deren Leiden zu erhalten.
In Wahrheit bekam er sie von Komplizen, die sich
vor Beginn unter die Leute gemischt und diese unauffällig ausgefragt hatten.
Ähnlich schändlich geht der populäre Evangelist
W. V. Grant vor. Auch die berühmten philippinischen
„Geist-Chirurgen“, die angeblich mit bloßen Händen
operieren, sind vielfach als geschickte Taschenspieler und
Trickkünstler entlarvt worden.
34. „Wer heilt, hat Recht.“
Nicht unbedingt. Mag sein, dass therapeutische Außenseiterverfahren wie Geistheilung, Edelsteinmedizin (siehe
auch 41), Aura-Heilen (18) und Ähnliches einen Placebo-Effekt haben können, weil eine positive Erwartungshaltung des Patienten die Selbstheilungskräfte aktiviert
und sogar messbare Effekte auf die Genesung kanalisiert.
Doch der Placebo-Effekt ist untrennbar verbunden
mit seinem weithin unbekannten Gegenspieler, dem
Nocebo-Effekt. Denn umgekehrt funktioniert das Ganze
natürlich genauso: Allein die Befürchtung, krankheitserregenden Umständen ausgesetzt zu sein, kann die Im93
munabwehr so schwächen, dass der Betreffende tatsächlich krank wird.
Bestens bewährte Arzneien wirken weniger gut,
wenn der Patient Angst hat vor der „schädlichen Chemie“, die darin enthalten sei, oder wenn er dem
„Schulmediziner“ – bewusst oder auch nur unbewusst –
misstraut. Oder eben dieses Misstrauen und seine Befürchtungen von selbst ernannten „Heilern“ eingeredet
bekommt, die bei Befindlichkeitsstörungen bloß „spirituelle Defizite“ sehen und aus allzu simplen Krankheitsdeutungen falsche Schlussfolgerungen ziehen, die von
einem einseitigen, viel zu engen „Ganzheitskonzept“
ausgehen und z.B. Umweltverschmutzung, Arbeitsbelastung, soziale Not etc. weitgehend ignorieren.
Und nicht zuletzt: Bei schweren Erkrankungen tritt
ein möglicher Placebo-Effekt in aller Regel hinter den
Risiken zurück. Erlebt der gläubige Patient nämlich keine Besserung seiner Beschwerden, können sich diese
durch das Zusammenbrechen des „letzten Strohhalms“
erst recht verschärfen.
Der Betreffende läuft Gefahr, sich völlig aufzugeben,
wenn – so die subjektive Überzeugung – nicht einmal
die „paranormalen“ Kräfte des Wunderheilers Hilfe
bringen konnten. Misserfolge werden dabei nicht dem
Heiler angelastet, sondern der eigenen Unzulänglichkeit.
Die Folge sind Schuld- und Versagensgefühle. Und dann
entsteht möglicherweise ein „perfekter Teufelskreis der
Ausbeutung“, wie Kritiker warnen: Wenn der Patient
sich nämlich völlig von seinem „Wunderheiler“ abhängig macht.
94
35. „Der Placebo-Effekt wirkt nicht bei
kleinen Kindern und nicht bei Tieren.“
Doch. Bereits die Tatsache, dass sich Kinder in einer
vertrauten Umgebung stärker entspannen als in einer
fremden, Angst einflößenden (z.B. eine Arztpraxis), kann
die Heilung fördern. Außerdem sind auch Kleinkinder
durchaus in der Lage, die Körpersprache von vertrauten
Bezugspersonen zu deuten. Deren positive Einstellung
zu der Behandlung überträgt sich so auch auf die kleinen
Patienten.
Und bei Tieren? Gerade bei Tieren, die in innigem
Kontakt mit Menschen leben, beruhen Krankheitssymptome oftmals nicht auf einem eigentlichen Krankheitsgeschehen, sondern sind Ausdruck von Verhaltensstörungen.
So ist es absolut möglich, auch bei den angeblich
nicht suggestiblen Tieren eine Placebo-Wirkung zu erzielen.
95
Geistiges Potenzial
36. „Wir nutzen nur zehn Prozent unseres geistigen Potenzials.“
Mit diesem Slogan (und einem Porträt Albert Einsteins)
wirbt u.a. die Scientology-Sekte. Andere Scharlatane auf
dem Markt der Pseudo-Therapien bemühen ebenfalls
diese Behauptung. Verbunden natürlich mit der Aufforderung, die „brachliegenden“ übrigen neun Zehntel in
einem teuren Trainingsprogramm zu aktivieren.
Einige Esoterik-Fans wiederum glauben, in den angeblich „ungenutzten“ Regionen des Gehirns liege der
Schlüssel zu übersinnlichen Fähigkeiten wie Hellsehen
oder Gedankenübertragung verborgen.
Doch wie ist der Zehn-Prozent-Slogan eigentlich
gemeint
–
fragte
sich
auch
der
„Zeit“Wissenschaftsjournalist Christoph Drösser in seiner bekannten Rubrik „Stimmt’s?“. Denn es bieten sich gleich
mehrere Interpretationsmöglichkeiten dieser vagen Behauptung an:
„Erstens: Zu jedem gegebenen Zeitpunkt ist nur jede
zehnte Gehirnzelle aktiv. Da kann man nur sagen: Gut,
dass es nicht alle sind, denn das wäre gleichbedeutend
mit einem epileptischen Anfall.
Zweitens: Neunzig Prozent der Gehirnzellen liegen
nutzlos im Schädel herum und haben keine Funktion.
Auch das ist Unsinn. Soweit die Wissenschaft es beurteilen kann, sind alle gesunden Zellen in irgendeiner Weise
an den Prozessen im Gehirn beteiligt.
Drittens: Wir nutzen nur einen Bruchteil unseres
96
Erinnerungsvermögens, könnten uns also eigentlich viel
mehr Dinge merken. Aber das Gehirn hat keine speziellen ‚Speicherzellen‘ wie ein Computer. Erinnerungen
sind Muster, an denen viele Zellen beteiligt sind, und die
Zahl dieser Muster ist unbegrenzt.“
Moderne Untersuchungsmethoden wie die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zeigen, dass sämtliche
Hirnregionen aktiv sind. Wenn auch nicht alle zur gleichen Zeit, genauso wenig wie wir sämtliche Muskeln
unseres Körpers gleichzeitig anspannen können. Richtig
ist, dass nur etwa zehn Prozent der 100 Milliarden Nervenzellen mit Denkprozessen beschäftigt sind. Doch die
restlichen Neuronen liegen mitnichten brach, sondern
sie steuern u.a. die vegetativen Funktionen. Die Vorstellung, mehr Hirnaktivität sei gleichbedeutend mit „besserem Denken“, ist also völlig irrig.
97
Hexen
37. „Für die Hexenverfolgung des Mittelalters und der Frühen Neuzeit war allein die Kirche verantwortlich.“
Der Hexenwahn mit geschätzten 110000 Angeklagten
und 60000 weiblichen und männlichen Opfern von
Mitte des 15. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert hinein
hatte viele verschiedene Ursachen: Reformation, Glaubenskriege und religiöser Fanatismus – aber auch Klimaveränderungen und damit katastrophale Missernten und
Hungersnöte, Seuchen, Teuerungswellen, soziale und
politische Verwerfungen und instabile wirtschaftliche
Verhältnisse. Diese Krisen schufen die Stimmung für
große Hexenjagden.
Der Aberglaube wucherte innerhalb und außerhalb
der Kirche. Geschichtswissenschaftler wie der Trierer
Hochschullehrer Franz Irsigler haben herausgefunden,
dass sich auch weltliche Richter als Hexenverfolger hervor taten. Auf dem Höhepunkt des Massenwahns im 16.
und 17. Jahrhundert spielte die kirchliche Gerichtsbarkeit im Vergleich zur weltlichen kaum noch eine Rolle.
Die Verurteilungen wurden immer von Landesfürsten
ausgesprochen, nicht von einem kirchlichen Gericht.
Schon der berüchtigte „Hexenhammer“, die grausame Hetzschrift der Dominikanermönche Jakob Sprenger
und Heinrich Institoris von 1486, war auf kirchlichen
Widerspruch gestoßen. Der Bischof von Brixen, Georg
Gosler, erklärte die Verfasser gar für „verrückt“. Der
Aufklärer und Theologe Christian Thomasius (165598
1728) bezeichnete den „Hexenhammer“ als „confusissima disputatio“.
Die Überschätzung der kirchlichen Rolle bei der Hexenverfolgung hat etwas mit der älteren Hexenforschung
aus den Zeiten des preußischen Kulturkampfes gegen die
Kirche zu tun. Historische Tatsache ist, dass ganze Dörfer Druck auf Hexenjäger und Richter machten, um
unliebsame Zeitgenossen anzuklagen und loszuwerden.
Umgekehrt stießen die päpstlichen Inquisitoren oft auf
den erbitterten Widerstand von Bischöfen, Ortspfarrern
und Predigern, die mitunter die Arbeit der Inquisition
sogar tatkräftig behinderten.
38. „Am Hexenbesen wird die Welt genesen.“
Zugegeben: Um einen Pakt mit dem Teufel, wie ihnen
einst unterstellt wurde, geht es modernen „Hexen“ nicht
– bis auf einige ganz wenige „schwarzmagische“ Okkulthexen, die ihren Kunden für viel Geld „magische Ferntötungen“ und ähnlichen Unsinn versprechen.
Viele Frauen und junge Mädchen verwenden das
Wort „Hexe“ zur positiven Selbstbeschreibung, um
Unabhängigkeit und Stärke auszudrücken. Ihre Rituale
gestalten sie wie eine Art mystisches Selbsterfahrungstraining, mit dem sie ihre inneren Kräfte und Gefühle
freisetzen und erproben wollen. Nicht Satan ist dabei ihr
Idol, sondern die „großen Mutter allen Lebens“ aus dem
vorchristlichen Wicca-Kult.
Die bekannte US-Ökofeministin Miriam Simons, die
sich selbst „Starhawk“ nennt, beschreibt das „Hexesein“
99
so: „Das Bild der Göttin inspiriert uns Frauen, uns selbst als
göttlich, unseren Körper als geweiht, die wechselnden Phasen
unseres Lebens als heilig, unsere Aggressionen als gesund, unseren Zorn als reinigend und unsere Macht, zu stillen und zu
gebären, aber notfalls auch zu begrenzen und zu zerstören, als
die eigentliche Kraft zu gebrauchen, die alles Leben erhält …
Durch die Göttin können wir unsere Stärke entdecken, unseren Geist erleuchten, unseren Körper uns zu Eigen machen
und unsere Gefühle annehmen.
Wir können aus unseren engen, einengenden Rollen ausbrechen und wir selbst werden.“
Ökologische und/oder feministische Verantwortung
für eine bessere, lebenserhaltende Welt zu übernehmen:
Das wäre in der Tat ein erstrebenswertes Ziel – wird
aber von den modernen Hexen gar nicht erst verfolgt.
Letztendlich geht es um kaum mehr als einen modischen Ego-Trip.
Und damit sind auch die ernsthafteren „neuen Hexen“ nicht weit entfernt von den jungen, attraktiven
Teenie-Hexen, wie sie durch TV-Serien à la „Charmed
– Zauberhafte Hexen“, „Buffy“ oder „Sabrina“ ebenso
spuken wie durch Buch- und Comicreihen sowie diverse Jugendzeitschriften.
Hier geht es meistens darum, mit bestimmten Ritualen und Techniken „mehr aus seinem Typ zu machen“
und persönliche Probleme auf magisch-spielerische Weise zu bewältigen.
Doch auch dieses „kleine“ Hexen-Einmaleins geht
nicht auf. Letztendlich werden immer einfache Antworten
auf sehr komplizierte Fragen versprochen, die den Anwen100
der solch okkulter Praktiken von der Verantwortung für
das eigene Leben entlasten sollen, kritisieren Pädagogen.
Neugier, Unsicherheit und Glückssehnsucht mögen
verständliche Motive für die Hinwendung zum „Magischen“ sein – ungefährlich ist das Ganze trotzdem nicht.
„Magische Glücksbändchen“ oder „Zaubersprüche
für freche Mädchen“, wie sie in Zeitschriften als Gimmicks zu finden sind, mögen nett aussehen und scheinbar witzig sein; sie haben aber absolut keinen Einfluss auf
„das Schicksal“, sondern machen im ungünstigsten Fall
passiv, ängstlich und fremdbestimmt.
„Wenn ein 15 Jahre altes Mädchen auf Pendeln und Hexenkünste setzt, um den richtigen Freund für sich zu finden,
und wenn sie das ernsthaft tut, blockiert sie die Entwicklung
ihrer sozialen Kompetenz“, warnt Dr. Hansjörg Hemminger vom Weltanschauungsreferat der evangelischen Landeskirche Baden-Württemberg. „Sie ist in einem Alter, in
dem sich die Beziehungs- und Bindungsfähigkeit zum anderen
Geschlecht hin allmählich entwickeln sollte – aber nicht durch
Magie, sondern durch soziales Lernen. Die Magie, die das
Ergebnis vorwegnehmen will, verhindert es …
Jeder Weg, auf dem der Mensch sich der Welt bemächtigen
will, ohne auf Gottes Willen zu bauen, ist selbstzerstörerisch.“
Wir sind weder auf Talismane noch auf Hexenriten
angewiesen, denn unsere Zukunft heißt: Jesus. Machen
wir uns statt unnutzer „Hexenkalender“ oder „Magischen Ratgebern“ lieber Psalm 139,16 zu Eigen:
„Deine Augen sahen alle meine Tage. Sie wurden alle in
deinem Buch verzeichnet, sie wurden gebildet, noch ehe einer
von ihnen erschien.“
101
39. „Ein Liebeszauber ist doch etwas Gutes.“
Gerade in diesem Zusammenhang wird sehr deutlich,
wie untauglich die Unterscheidung zwischen „weißer“
(also „guter“) und „schwarzer“ Magie (zum Schaden) ist,
die moderne Hexen für sich geltend machen – und zwar
sogar völlig unabhängig von der Frage, ob Magie nun
tatsächlich funktioniert oder nicht.
Ein „Liebeszauber“ mag für die Auftraggeberin oder
den Auftraggeber als gute Absicht empfunden werden.
Nichtsdestotrotz geht es aber letztendlich darum, einem
anderen Menschen den eigenen Willen aufzuzwingen.
Das kann kaum in Ordnung sein – und führt nicht selten
zu schwer wiegenden nachträglichen Problemen.
Ein Beispiel: Ein junges Mädchen erobert ihren
Traumboy scheinbar durch einen Liebeszauber aus einem Buch oder einer Zeitschrift. In Wirklichkeit ist
wohl von einer so genannten selbst erfüllenden Prophezeiung auszugehen: Im Vertrauen auf die Wirkung des
Hokuspokus veränderte das zuvor eher schüchterne
Mädchen sein Verhalten und Auftreten gegenüber seinem Schwarm und zog so dessen Aufmerksamkeit auf
durchaus natürliche Weise auf sich.
Kurze Zeit später plagt sich die Betreffende mit starken Zweifeln und Schuldgefühlen: Sie hat eigentlich
mit unsauberen Mitteln gearbeitet – ein deutlicher
Hinweis, dass es vielleicht gar nicht gut war. Wenn
Liebe nicht erwidert wird, dann soll es eben wohl nicht
sein. Außerdem bekommt sie den Gedanken nicht aus
dem Kopf: Ist ihr Freund jetzt nur so eine Art Mario102
nette, die willenlos an den Fäden ihres „Zauberbanns“
hängt?
Das ist sicherlich keine schöne Vorstellung.
40. „Hexen wollen Ihren Kunden nur helfen.“
In der Praxis gibt es genügend Gegenbeispiele. Wir wissen von Okkult-Scharlatanen, die ihre Klienten von sich
abhängig machen, ausbeuten oder erpressen.
Ein Beispiel aus der Beratungspraxis des Freiburger
Psychologen und Physikers Walter von Lucadou:
„Ganz klar gesagt: Magische Partnerzusammenführung
funktioniert nicht. Malen wir uns aber aus, es ginge – es genügt
schon, dass ein Klient fest daran glaubt, dass die Hexe oder der
Magier seinen Partner zurückgeholt hat. Dann treten oft Folgeerscheinungen auf. Mancher Magier will dann noch mehr.
Er setzt den Klienten unter Druck, was blanke Erpressung
ist. Der Erpresste will ja nicht, dass der Partner erfährt, wie er
es angestellt hat, dass es wieder zur Versöhnung kam. Entscheidend ist, dass der Klient glaubt, der Magier oder die Hexe
sei für den Erfolg verantwortlich und dass er das Gefühl hat,
seinen Partner mit unzulässigen Methoden zurückbekommen
zu haben. Er hat also ein schlechtes Gewissen, was der Magier
oder die Hexe gründlich ausnutzen können.“
Und sollten die „magische Partnerzusammenführung“
oder andere Aufträge am Ende scheitern, so kann sich
der Magier oder die Hexe mit Leichtigkeit rausreden:
Natürlich ist der Klient selbst schuld; er hat alles vermasselt, weil „sein Glaube nicht stark genug“ gewesen ist
oder Ähnliches.
103
Hildegard von Bingen
41. „Durch die Hildegard-Medizin heilt
Gott selbst.“
Gesund und frisch, entspannt und gelassen, energievoll,
kreativ, kommunikativ, ausgeglichen.
Intelligent, natürlich, vielseitig, intuitiv bis hellsichtig,
spirituell, sensibel, selbstbewusst. Spontan, ohne Angst
vor Leben oder Tod, immer authentisch, problembewusst, tolerant, kontaktfreudig mit Tiefgang, direkt und
offen: So „ganzheitlich“ stellt sich nach Ansicht vieler
Autoren die Esoterik den „neuen“ Menschen vor.
Kein Wunder, dass der moderne Gesundheitstrip in
seiner New-Age-Version die Benediktiner-Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) entdeckt hat – und so
vereinnahmt wie kaum eine andere Gestalt der Kirchengeschichte.
Denn die Heilige war eine Mystikerin und Visionärin, die den tiefen Einklang und die enge Wechselbeziehung des Menschen mit der Natur betonte – und es als
vordringlichste Aufgabe ihrer Heilkunde ansah, die leibgeistige Harmonie zu fördern.
Es stimmt schon: Ihre konsequente Deutung der Zusammenhänge, die wir heute „psychosomatisch“ nennen
würden, und ihre Lebenserfahrung verdienen auch in
unserer Zeit noch Beachtung. Zweifellos kann das
Weltbild der frommen Äbtissin die oft abstrakten Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften ergänzen.
Dennoch war sie aber ganz dem mystischen Denken und
Wissen ihrer Zeit verhaftet. Eine Wundermedizin, mit
104
der alle Zivilisationskrankheiten von Migräne bis Krebs
geheilt werden können, ist die so genannte „HildegardHeilkunde“ nicht. Nichtsdestotrotz propagiert der österreichische Arzt Gottfried Hertzka die „HildegardMedizin“ mit dem publikumswirksamen Slogan: „So
heilt Gott.“
Wirksamkeitsnachweise für sein Sammelsurium aus
Pflanzenpräparaten, Edelsteinen und Nahrungsmitteln
sowie sonstigen Artikeln „für gesundes Leben“ erachtet
Hertzka für überflüssig. Denn: „Göttliches“ sei natürlich
darüber erhaben.
Unerwähnt lassen Hertzka und andere „Hildegard“Geschäftemacher dabei die Tatsache, dass gar keine Originalschrift des medizinischen Hildegard-Buches „Physika“ existiert. Ob es tatsächlich von der Äbtissin stammt,
ist unklar, da es erst im 16. Jahrhundert in Frankreich
auftauchte.
Noch mehr Unsicherheit gibt es um die Urheberschaft von Hildegards zweiter medizinischer Abhandlung
„Causae et Curae“.
Zusätzliche Probleme bereitet, dass die mittelalterlichen Namen für Krankheiten und Pflanzen lediglich
vage Umschreibungen waren. Man kann sie nur selten
einer heute gebräuchlichen Bezeichnung sicher zuordnen. Aus diesem Grund lassen sich Hildegards therapeutische Empfehlungen nicht ohne weiteres auf die heutige
Zeit übertragen – jedenfalls nicht ohne das Risiko von
Falschauslegungen.
Apropos Falschauslegungen: Natürlich ist es richtig,
dass Edelsteine auch in der Bibel für Reinheit und Hei105
ligkeit stehen, z.B. in 2. Mose 28,17-23, wo es um die
Kleidung der Priester geht. Das bedeutet aber mitnichten, dass sie heilsame „Energiepotenziale“ oder „konstante Schwingungsfrequenzen“ in sich bergen, wie manche Esoteriker und Anhänger der Hildegard-Medizin
behaupten.
Die fromme Ordensfrau war von der wunderbaren
Ordnung, Symmetrie und natürlichen Schönheit von
Edelsteinen fasziniert – und wir sollten uns daran erfreuen, wie man sich an einem Blumenstrauß oder einem
Sonnenbad erfreut.
Eventuell können „Heilsteine“ einen Placebo-Effekt
haben, also einen unbewussten Selbstheilungsmechanismus im Körper unterstützen. Nachweisbar ist darüber
hinaus, dass z.B. Quarz unter Druck ein schwaches
elektrisches Signal aussendet. Aber weder dieser noch
der Placebo-Effekt sind etwas Rätselhaftes, sondern lassen sich mit grundlegenden physikalischen und medizinischen Begriffen erklären.
106
Intuition
42. „Intuition ist alles.“
„Was ist schon der Intellekt!“, heißt es in einem bekannten New-Age-Roman:
„Das Instrument, mit dem die Menschen sich selbst zerstören. Grundlage aller Irrtümer der Welt, aller Fehler, aller Entgleisungen und all der himmelschreienden Traurigkeit.
Der Intellekt hat in einem endlosen Strom der Qual Abermillionen Menschen gemordet, und alle, die ihr Vergnügen in ihm
suchen, enden in Herzlosigkeit, tiefer Leere und Lebensabscheu.“
Intuition statt Verstand? Inspiration statt logischem
Denken?
Natürlich kann es sein, dass das Herz seine Gründe
hat, die der Verstand nicht kennt.
Häufig spüren wir mit dem ersten, unreflektierten
Eindruck, dass es unserem Gegenüber nicht gut geht.
Oder das Ärger in der Luft liegt.
Dieser „6. Sinn“ beruht auf unserer Fähigkeit, aus begrenzten Informationen oft die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Solche „Ahnungen“ beruhen gewöhnlich auf Fakten und Beobachtungen, die wir knapp
unterhalb der Schwelle unserer bewussten Wahrnehmung registrieren.
Damit ist es z.B. Börsenprofis möglich, einen „Riecher“ für die Aktienkurse zu entwickeln.
Es spricht also durchaus nichts gegen Intuition – solange sie nicht verabsolutiert wird.
Denn Gefühle sind nun einmal fehlbar. Wer hat sich
107
z.B. noch nie in den falschen Mann oder in die falsche
Frau verliebt?
Etwas bloß zu fühlen, offenbart daher noch keine
„höhere Wahrheit“. Wissen und Lebenserfahrung haben
nicht nur etwas mit dem Gefühl zu tun. Sondern in gleichem Maße mit dessen beständiger Überprüfung, um die
Spreu der Intuition von ihrem Weizen zu trennen.
Zwei plastische Beispiele: Schon öfter haben wir von
Menschen gehört, die wegen eines „unguten Gefühls“
nicht ins Flugzeug gestiegen sind. In äußerst seltenen
Fällen ist die Maschine tatsächlich verunglückt – in aller
Regel aber nicht. Die Furcht vor einem bestimmten
Flug kann schlicht bedeuten, dass der Betreffende sich an
diesem Tag körperlich oder seelisch nicht fit fühlt. Oder
er ist nervös, weil in naher Zukunft ein Ereignis ansteht,
das ihm Sorgen bereitet.
Oder: Warum spüren wir nicht immer sofort Durst,
sobald der Körper Wasserbedarf hat? Warum muss es
manchmal erst zu massiven Anzeichen wie Kopfweh und
Schwindel kommen, ehe wir zur Wasserflasche greifen?
Weil unsere Signale uns mitunter in die Irre führen.
In diesem Fall ist es schlicht so, dass Durst gar nicht
immer durch Flüssigkeitsmangel entsteht, sondern durch
ein Ungleichgewicht der Elektrolyte wie Magnesium,
Kalium oder Kalzium. Vor allem ein erhöhter Salzgehalt
im Blut macht Lust auf Trinkbares, auch wenn der Körper ausreichend mit Wasser versorgt ist.
Umgekehrt kann es passieren, dass wir trotz „Dürre“ keinen Durst verspüren – das Unterbewusstsein also Falschmeldungen verbreitet und unser Alarmsystem zu spät anschlägt.
108
Mond
43. „Wir alle kommen aus dem Wasser –
also unterliegen wir auch den mondbewegten Fluten und Gezeiten.“
Der Mensch besteht zu etwa zwei Dritteln aus Wasser.
Dennoch stimmt die obige Behauptung nicht. Wieso
nicht?
Die Gezeiten sind im Atlantik am stärksten, im Mittelmeer ziemlich schwach, im Bodensee praktisch nicht
mehr messbar und in einer vollen Badewanne gibt es sie
überhaupt nicht. Der Mond kann nur große, verbundene Wassermassen beeinflussen. Zudem sind wir keine
„Wassersäcke“, das heißt: Das Wasser im menschlichen
Körper ist nur innerhalb der Zellen, im Blutkreislauf und
zwischen den Körpergeweben frei beweglich.
Die Gezeitenkraft des Mondes wirkt nicht nur auf das
Wasser, sondern auf jedes Material, das Masse besitzt.
Nur ist Wasser leicht verformbar. Steine z.B. nicht ganz
so leicht. Außerdem zieht der Mond das Wasser nicht
einfach wie ein Magnet nach oben. Die tatsächlich physikalischen Vorgänge sind wesentlich komplexer. Kurz
gesagt beruhen die Gezeitenströme der Ozeane darauf,
dass ihr Hin- und Herschwappen aufgrund ihrer Größe
an den Ufern stärker wahrnehmbar ist.
Die Anziehungskräfte des Mondes auf den Menschen
sind geringer als die Gravitation einer Stubenfliege, die
auf ihm sitzt. Der Mond als Masse ist immer gleich. Ob
Vollmond, Neumond, zunehmender oder abnehmender
109
Mond, die Gravitationswirkung des Erdtrabanten ist davon unabhängig und ändert sich mit den verschiedenen
Mondphasen nicht.
Der „bleiche Geselle“ (Goethe) verschwindet dann ja
nicht oder wird kleiner oder größer. Ob nun gerade die
Vorder- oder Rückseite beleuchtet ist oder er von der
Erde aus nur als schmale Sichel zu sehen ist, spielt für
seine Anziehungskraft keine Rolle.
Ebenso wie die Astrologie ist der Mondglaube (Lunatismus) ein Astralmythos. Zu allen Behauptungen der
Mondgläubigen – Schlafstörungen, Unfall- und Selbstmordhäufigkeit, seelische Krisen, Operationskomplikationen, Geburtenrate, Trunksucht, Menstruationszyklus
und vieles mehr – liegen wissenschaftlich einwandfreie
und deutlich widersprechende Studien und Erhebungen
vor.
Die viel zitierte „Macht“ des Mondes hängt einzig
und allein vom subjektiven Empfinden ab. Mit Hilfe
von Mondkalendern und einem astralen Sympathieglauben versucht anscheinend unsere hektische, aus dem
Tritt geratene Gesellschaft einen neuen, irgendwie „natürlichen“ Lebensrhythmus zu finden.
110
Moses
44. „Es gibt ein 6. und 7. Buch Mose.“
Diese Bücher gibt es tatsächlich.
Im Kleinanzeigenteil diverser Heftromane und Esoterik-Blätter werden sie immer wieder marktschreierisch
feilgeboten. Oder besser gesagt: Ein Buch, das diesen
Titel trägt. Mit dem biblischen Moses, dem die ersten
fünf Bücher des Alten Testaments zugeschrieben werden, hat die krude Spuk-Schwarte jedoch absolut nichts
zu tun.
Tatsächlich tauchte das „6. und 7. Buch Mosis“
nachweislich erst im 18. Jahrhundert im deutschen
Sprachraum auf. Und zwar in einer Verkaufsanzeige im
„Allgemeinen Literarischen Anzeiger“ vom 18. März
1797.
Kurz gesagt handelt es sich dabei um einen zugkräftigen und publikumswirksamen Titel, unter dem der
Stuttgarter Antiquar und Verleger Johannes Scheible
verschiedene magische und abergläubische Schriften zusammenfasste. Inhaltlich griff er vorwiegend auf alte
Volksbräuche zurück.
Vor Alpdrücken etwa „schütze man sich, indem man
sein Taschenmesser halb zugeklappt unter das Kopfkissen
legt, oder wenn man die Schuhe so vor das Bett stellt,
dass sich ihre Spitzen berühren“.
Der biblische Mose musste für diesen Nonsens als
Namensgeber herhalten, weil man den Empfänger der
Zehn Gebote bereits im Altertum im Besitz geheimer
111
Kenntnisse wähnte und er mit der okkulten Tradition
Ägyptens in Verbindung gebracht wurde.
Mittlerweile haben Geschäftemacher auch ein „8.
und 9. Buch Mosis“ und ein „10. und 11. Buch Mosis“
veröffentlicht.
112
New Age
45. „Wir leben
alter.“
im
Wassermann-Zeit-
Kennen Sie das Musical „Hair“? Es geht darin um einen
jungen Mann, der für die US-Armee in Vietnam kämpfen soll und kurz vor dem Antritt seines Wehrdienstes in
eine Hippie-Kommune gerät.
Im Eingangssong dieses Bühnenstücks von 1960 erklingt der melodiöse und weltbekannte Lobpreis des
„Wassermanns“:
„Wenn der Mond im siebten Hause steht, und Jupiter auf
Mars zugeht, herrscht Friede unter den Planeten, lenkt Liebe
ihre Bahn.
Genau ab dann regiert die Erde der Wassermann …
Harmonie und Recht und Klarheit, Sympathie und Licht
und Wahrheit.
Niemand wird die Freiheit knebeln, niemand mehr den
Geist umnebeln.
Mystik wird uns Einsicht schenken, und der Mensch
lernt wieder denken, dank dem Wassermann, dem Wassermann.“
Was soll das bedeuten? Nichts weniger als die Vision
eines neuen Zeitalters („New Age“), das einen Evolutionssprung zu einem „höheren“ Bewusstsein mit sich
bringen soll.
Die Verfechter des New Age berufen sich dabei unter
113
anderem auf eine nahezu unbekannte Bibelstelle. Im
Lukas-Evangelium heißt es nämlich:
„Wenn ihr in die Stadt kommt, wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm in das Haus, in
das er hinein geht.“
Luk. 22,10
Diese kurze Passage interpretieren die New-AgeVordenker als Beweis dafür, dass Jesus selbst von einem
kommenden „Wassermann-Zeitalter“ gesprochen habe.
Und eben das sei mittlerweile angebrochen. Doch die
genaue Begründung ist nicht der Bibel, sondern der Astrologie entlehnt.
Kurz gesagt:
„Wie das Zifferblatt einer Uhr, so ist astrologisch auch das
Jahr in zwölf Abschnitte eingeteilt und jeder Mensch einem von
zwölf Sternzeichen zugeordnet.
Beim Umlauf der Erde um die Sonne steht die Erdachse
nicht still, sondern pendelt geringfügig, so dass sich der so genannte Frühlingspunkt (Tag- und Nachtgleiche im Frühjahr)
allmählich verschiebt.
Im Laufe von 25765 Jahren durchwandert der Frühlingspunkt einmal den gesamten Tierkreis und hält sich also etwa
2100 Jahre in jedem Tierkreiszeichen auf.
Nach dieser Anschauung sind wir nunmehr vom ‚FischeZeitalter‘ in das des ‚Wassermanns‘ eingetreten.“
Wilhelm Knackstedt
Das heißt, nach Ansicht der New-Age-Anhänger bricht
etwa alle 2000 Jahre ein „neues Zeitalter“ unter einem
neuen Tierkreiszeichen an. Das „Fische-Zeitalter“ sei
114
von Jesus Christus und dem Christentum geprägt gewesen.
Und das „Wassermann-Zeitalter“?
„Der Wassermann ist in der Astrologie derjenige, der Weisheit bringt, der die Wasser des Geistes ausschüttet.
Im Bild des Wassermanns sieht man eine Gestalt, einen
Mann, der einen großen Kübel mit Wasser auf die Erde hernieder gießt. In diesem Symbol wird gesagt, dass aus der geistigen Welt sehr viel Wissen den Menschen gegeben wird. Es
bedeutet, dass im Wassermann-Zeitalter vor allem das esoterische Wissen der Menschheit allgemein zugänglich gemacht
wird.
Das Wassermannzeitalter ist aber nicht nur ein Zeitalter der
Ausschüttung des Geistes, sondern auch ein Zeitalter, in dem
das gesellschaftliche Leben eine grundsätzlich andere Dynamik
gewinnt. Das neue Zeitalter ist daher nicht einfach nur eine
esoterische oder spirituelle Tatsache, sondern eine Realität, die
sich durch alle Lebensbereiche hindurchzieht.“
Brita und Wolfgang Dahlberg
Von „Realität“ kann allerdings keine Rede sein. Eher
von Realitätsverweigerung.
Dass das „Wassermann-Zeitalter“ schon in den
1960ern begonnen habe, ist schlicht falsch. Der tatsächliche Zeitpunkt, da der Frühlingspunkt in der gedanklichen Verlängerung ins Sternbild Wassermann zeigt, ist
von den Wissenschaftlern der Internationalen Astronomischen Union für das Jahr 2614 berechnet worden.
115
46. „Der Mensch muss seine eigene Göttlichkeit erkennen.“
Zwischen Christentum und New Age besteht ein klarer
Dissens in mehreren Punkten:
1. Christus-Relativismus:
Jesus Christus gilt den New Agern nicht als Gottes
Sohn. Für viele ist er gar völlig uninteressant. Bei anderen spielt er eine zwar wichtige, aber nicht herausragende Rolle als ein „Weltenlehrer“ neben anderen. Wieder
anderen geht es nicht um den historischen oder überhaupt persönlichen Jesus, sondern um das Christusbewusstsein der Liebe, um den „Christus in uns“.
2. Gott in mir:
Generell vertraut der New Ager nicht der Lehre oder
dem Glauben, sondern nur der unmittelbaren Gotteserfahrung, die zur evidenten Gottesgewissheit, Gottesweisheit („Theosophie“) führt. Das Göttliche ist für ihn
letztlich nur über die eigene, innere Erfahrung zugänglich, sei es prä-rational (durch Versenkung ins Unbewusste) oder transrational, im Aufsteigen ins Überbewusste.
3. Selbst-Vergottung:
Indem ich Gott als in mir erfahre, erkenne ich ihn
aber auch als etwas von mir – ich selbst bin Gott; d.h.
nicht, dass (nur) ich – persönlich – göttlich bin, sondern
dass mein über-persönliches Selbst, welches ich mit allem anderen teile, göttlich ist.
4. Eigen-Erlösung:
Und gerade durch das Erleben, die Erkenntnis der (bzw.
meiner) Göttlichkeit, kann ich auch mich selbst erlösen:
116
Erlösung durch Erleuchtung.
Aus New-Age-Sicht braucht der Mensch dazu keinen
Gott und keinen Heiland, an den er sich bittend-betend
wendet und auf dessen Gnade er angewiesen ist, wie dies
für den Christen gilt.
5. Apersonaler Gott:
Der wesentlichste Unterschied aber betrifft wohl die
Personalität. Wie es für den New Ager keinen Sohn
Gottes gibt, sondern nur ein apersonales Christusprinzip,
so glaubt er auch nicht an einen persönlichen GottVater, sondern an ein unpersönliches Göttliches, tendiert
damit zu einer Naturreligion.
Ben Bohnke
Kurz gesagt predigen die „Wassermänner“, der Mensch
sei vollkommen.
New Age ist somit eine modische Selbsterlösungsreligion, in der jeder Mensch sein eigener Gott ist – eine
gern gehörte, einfache und verführerische Botschaft in
unserer Zeit des schrankenlosen Machbarkeitsdenkens,
der Sinnvermeidungsstrategien, der Verweltlichung und
Kommerzialisierung des Lebens.
Doch kann der Versuch einer Selbstvergöttlichung
des Menschen funktionieren?
Wohl kaum.
„Wir sind nicht der Schöpfer und wir können niemals
Schöpfer werden.
Uns ist die Fürsorge für diese Welt nach unseren menschlichen
Möglichkeiten aufgetragen, so wie sie aus der Hand Gottes hervorging, nicht ihre Formung nach unseren eignen Größenideen.
117
Heil und Rettung können nicht vom Menschen selbst gemacht werden.
Im Gegenteil:
Die unaufhebbare Bedürftigkeit des Menschen Gott und den
Mitmenschen gegenüber ist seine eigentliche Stärke. Stärke
bedeutet deshalb nicht irgendein technisch oder magisch gezüchtetes Übermenschentum, das immer eine Illusion bleiben muss.
Freiheit ist deshalb auch nicht gleichbedeutend mit Macht.
Denn selbst der Mächtigste bleibt, bindet er sich nicht an
Gott und an seine Mitmenschen, sich selbst sklavisch ausgeliefert.“
Dr. Hansjörg Hemminger
New Age ist „Heil“ auf Holzwegen.
47. „New Age und Esoterik werden die
Welt verändern.“
Die Bedürfnisse (und wohl auch Verletzungen), aus denen sich die Esoterik speist, sind sehr ernst zu nehmen.
Aber was hat der Esoterik-Boom tatsächlich angestoßen, außer dass seine Anhänger nach Spiritualität suchen
und sich um eine Auseinandersetzung mit der Existenz
und um Reifung bemühen?
Nüchtern betrachtet wenig mehr als dieses:
- Seine psychologische Lebenshilfe (von Orakelbefragung bis zur Reinkarnationstherapie) hat keine
einzige nachweisbar effiziente Methode gebracht,
wohl aber die Gefahr des Psycho-Dilettantismus
vergrößert.
- Die esoterische Medizin hat kein Verfahren entwi118
-
-
-
-
-
ckelt, das über die bekannten Hilfen zur Selbstwahrnehmung und Ermutigung hinausgeht.
In ökologischer Hinsicht hat sie zwar die allgemeine Sensibilität gefördert, aber keine reformpolitischen Vorschläge entwickelt, sondern nur den
Mythos von der „Allmutter Erde“ beschworen.
Der Schulbildung hat die zeitgenössische Esoterik
keine neuen Anstöße vermittelt; es hat sich lediglich die alte Waldorf-Pädagogik stärker ausgebreitet, die sich nach Steiners Tod 1925 keinen neuen
Entwicklungen mehr geöffnet hat.
Empfehlungen an die Wirtschaft, etwa bei der
Auswahl von Mitarbeitern oder der Analyse von
Börsenkursen Astrologie, I Ging oder Tarot zu
Rate zu ziehen, fanden wenig Echo.
Der Beitrag der Hexenbewegung zur feministischen Bewegung beschränkt sich auf den allgemeinen Appell an die Frauen, sich durch ein nichtdualistisches, matriarchales Weltbild ihrer Kraft
und ihres Wertes in der Gesellschaft wieder bewusst zu werden.
Zur Politik hat sie lediglich die keineswegs esoterikspezifischen Fernziele einer stärkeren Selbsthilfe,
Dezentralisierung und horizontaleren Machtverteilung formuliert.
Bernhard Grom
Das ist nicht unbedingt verwunderlich, denn „Esoterik“
ist letztendlich ein Produkt unserer modernen Erlebnisgesellschaft. Der persönliche Geschmack, die „eigene
119
Erfahrung“ oder der Erlebniswert – das allein zählt bei
der Auswahl esoterischer Angebote.
Die Worthülse „Esoterik“ bemäntelt mühsam Machbarkeitsdenken, Egozentrik und einen Individualismus,
der eigentlich nur noch danach fragt: „Was hilft mir?“
oder „Was bringt es mir?“ oder „Was erreiche ich damit?“
120
Nostradamus
48. „Nostradamus war der größte Prophet aller Zeiten.“
Als der französische Arzt und Gelehrte Michel de Notredame (latinisiert: Nostradamus) 1566 starb, hinterließ
er 942 rätselhafte Vierzeiler, angeordnet in Gruppen zu
je 100 („Centurien“). Mehr als 450 Deuter haben seitdem jedes bedeutsame Ereignis der Weltgeschichte aus
den „Centurien“ herausgelesen – stets allerdings erst im
Nachhinein.
Noch nie ist es gelungen, mit Hilfe der NostradamusVerse eine Katastrophe vorherzusagen oder gar zu verhindern. Die verschwommene, symbolhafte und unkonkrete Sprache des vermeintlichen „Sehers“ erlaubt
heutigen Geschäftemachern nahezu jede beliebige Interpretation.
Dabei dürfte spätestens 1999 klar geworden sein, dass
Nostradamus mitnichten der „Prophet der Weltgeschichte“ gewesen ist.
Im Vers 72 der zehnten Centurie heißt es:
„Im Jahr 1999, im siebten Monat, kommt vom Himmel
ein großer Schreckenskönig.
Er wird den großen Herrscher von Angolmois zur Macht
bringen.
Vor und nach einem Krieg wird er zu guter Stunde regieren.“
Fast alle „Nostradamisten“ sahen hier den dritten
Weltkrieg oder zumindest eine verheerende Katastrophe
121
wie einen Asteroiden-Einschlag prophezeit. Doch an
diesem Vers zeigt sich exemplarisch, dass der Pestarzt aus
dem 16. Jahrhundert ganz und gar ein Mann seiner Zeit
gewesen ist.
Hinter dem „großen Schreckenskönig“ verbirgt sich
lediglich die totale Sonnenfinsternis vom 11. August
1999, die Nostradamus mit Hilfe astronomischer Tabellen vorausberechnen konnte, der so genannten SarosZyklen.
„Angolmois“ ist ein Wortspiel um das Adelsgeschlecht Angouleme-Valois, das zu Nostradamus Lebzeiten seinen verehrten König, Heinrich II. von Frankreich, stellte.
In diesem Vierzeiler bringt Nostradamus seine Hoffnung zum Ausdruck, ein weiser und großer Herrscher
möge alle Krisen und Verheerungen des Spätmittelalters
wie Glaubenskriege, Hungersnöte und Pestseuchen beenden und eine goldene Dekade des Friedens und des
Glücks herbeiführen.
Die Jahreszahl 1999, nahe am heraufdämmernden
dritten Jahrtausend, steht bei Nostradamus rein symbolisch für die erhoffte Zeiten-Wende. Dieser prophetische
Mythos vom großen Endzeit-Kaiser kursierte zu dieser
Zeit in ganz Europa und lässt sich in vielen anderen
Schriften fast wortgleich nachweisen.
Nostradamus bündelte in seinen Centurien die Ängste,
Hoffnungen und Erwartungen des 16. Jahrhunderts und
projizierte ihre Erfüllung in eine unbestimmte Zukunft.
Ihm eine Art „Kursbuch“ des zukünftigen Weltgeschehens zu soufflieren, ist willkürliche Deutungs-Manie.
122
49. „Nostradamus hat den Tod von Heinrich II. vorausgesehen.“
Als prophetische „Visitenkarte“ des französischen Gelehrten wird immer wieder Vers 35 der II. Centurie ausgegeben:
„Der junge Löwe wird den alten überwinden, auf kriegerischem Feld im Einzelstreit. Im goldenen Käfig wird er ihm die
Augen spalten. Von zwei Flotten setzt sich eine durch, der
Besiegte stirbt einen grausamen Tod.“
Angeblich geht es hier um König Heinrich II., der 1559
bei einem Ritterturnier am Hof in Paris unglücklich von
der Lanze seines Gegners über dem Auge getroffen wurde und zehn Tage später starb.
Merkwürdig ist nur, dass zu Nostradamus Lebzeiten
niemand auf diese Deutung kam – denn dieser Vers wurde
schon 1555, vier Jahre vor dem Ereignis, veröffentlicht.
Aber weder in zeitgenössischen Almanachen noch in
der ersten Nostradamus-Biografie, die Nostradamus’
Sekretär und Bewunderer Jean-Aimé de Chavigny 1594
herausbrachte, findet sich ein Wort davon.
Warum auch? Es gab keinen „jungen“ und „alten“
Löwen, denn beide Kämpfer waren etwa gleichaltrig.
Außerdem hatte Nostradamus vier Jahre vor dem Unglück die Centurien ausdrücklich Heinrich II. gewidmet
und seinen König im Vorwort mit allerlei Huldigungen
und guten Wünschen für die Zukunft bedacht. Es
scheint kaum ein Zweifel möglich, dass er mit einer langen Regentschaft seines Monarchen rechnete.
123
Auch hier führt ein Blick ins Geschichtsbuch zur
Wahrheit: Mit einem „goldenen Helm“ ist auf den
meisten zeitgenössischen Darstellungen der deutsche
Kaiser Karl V. abgebildet – Heinrichs Erzfeind, der sich
mit den Franzosen heftige Kriege lieferte.
Sehr wahrscheinlich geht es auch in II.,35 um die
symbolisch verklausulierte Darstellung eines Wunsches
oder einer Hoffnung: Nämlich dass Heinrich II. recht
bald über den alten Feind triumphieren möge.
50. „Nostradamus hat Hitler prophezeit.“
Nirgendwo in den Centurien findet sich das Wort „Hitler“ – sondern nur „Hister“, z.B. im Vers 24 der zweiten
Centurie.
Mit einer Person hat die Verwendung von „Hister“
bei Nostradamus aber gar nichts zu tun. „Hister“ ist ein
Toponym, das in den „Centurien“ nur in Verbindung
mit Ortsbeschreibungen auftaucht – und zwar handelt es
sich ganz konkret um den alten lateinischen Namen für
die Donau.
124
Papstweissagungen
51. „Der übernächste Papst nach Johannes Paul II. ist der letzte.“
Danach sei entweder die Kirche am Ende – oder es gehe
gleich die ganze Welt unter. Das jedenfalls behaupten
zahlreiche Autoren von spekulativen Katastrophen- und
Endzeitbüchern.
Dabei berufen sie sich auf die so genannten PapstWeissagungen des Malachias. Dieser irische Bischof soll
im 12. Jahrhundert in insgesamt 112 Orakelsprüchen
eine Vorausschau der Päpste vom Hochmittelalter bis
zum ersten Jahrhundert des neuen Millenniums gegeben
haben.
Jeder künftige Pontifex ist dabei nicht namentlich,
sondern mit einem kurzen, charakterisierenden Ausdruck beschrieben. So heißt z.B. der 102. Papst „Licht
am Himmel“ (Lumen in coelo).
Damit wäre, seit Beginn der Aufreihung, Leo XIII.
gemeint gewesen. Und tatsächlich fällt es dem bekannten bayerischen Prophezeiungsforscher Manfred Böckl
nicht schwer, das „Licht am Himmel“ mit Leo XIII. in
Einklang zu bringen:
„In der Tat erschien dem Papsttum mit Vincenzo
Gioacchino Pecci noch einmal ein Silberstreif am Horizont.“
In diesem Stil geht es weiter bis zu Papst Johannes
Paul II., der von Malachias mit dem Sinnspruch „Von
der Bedrängnis der Sonne“ bedacht worden sein soll.
Böckl kommentiert:
125
„Der Pole Karol Wojtyla wurde am 18. Mai 1920
geboren, und an diesem Tag ereignete sich eine totale
Sonnenfinsternis.“
Dessen Nachfolger ist Nummer 110 in der Liste und
„Der Ruhm des Ölbaums“. Mit der Nummer 111
(„Petrus der Römer“) endet die angebliche Weissagung
aus dem Mittelalter.
Doch die Aufzählung stammt gar nicht von dem irischen Bischof Malachias. Das Ganze ist eine so genannte
„Zweck-Prophetie“, eine politische Tendenzschrift aus
dem 16. Jahrhundert, die nur zu einem bestimmten Ziel
verfasst wurde: nämlich die Papstwahl von 1590 zugunsten eines Kardinals Simoncelli zu beeinflussen, der aus
Orvieto stammte. Deshalb wurde dem zu wählenden
Papst die Devise „Ex antiquitate urbis“ (Aus dem Altertum der Stadt) zugeordnet.
Allerdings, wie öfter bei solchen Machenschaften,
verfehlten die angeblichen „Papst-Weissagungen“ ihr
Ziel. Der neue Papst kam aus Mailand und hieß Gregor
XIV.
126
Parapsychologie
52. „Parapsychologie ist eine anerkannte
Wissenschaft“
Zunächst einmal: Es gibt „Parapsychologen“ und Parapsychologen.
Sich „Parapsychologe“ nennen und die abenteuerlichsten Behauptungen in die Welt setzen kann jeder –
denn diese Berufsbezeichnung ist gesetzlich nicht geschützt, genauso wie „Journalist“ oder „Detektiv“.
„Parapsychologen“ bieten ihre Dienste im Kleinanzeigenteil diverser Zeitungen und Zeitschriften für „Zukunftsdeutung“ oder „Raucherentwöhnung“ an. Oder
sie versprechen für viel Geld eine Ausbildung zum
„Diplom-Parapsychologen“, der anschließend als eine
Art „Meister des Übersinnlichen“ kraft seiner Gedanken
Würfel oder Roulettkugeln beeinflussen könne.
In den Buchhandlungen findet man unter dem
Schlagwort „Parapsychologie“ alles über Spuk, Okkultismus, Nahtod-Erlebnisse, alternative Gesundheitspraktiken, kosmische Ehe, Ufos, Hexenforschung und vieles
mehr. Experten nennen das auch „Pop-Parapsychologie“.
Und es gibt Parapsychologen, die an Universitäten
mit wissenschaftlichen Methoden übersinnliche Phänomene erforschen. Das heißt, sie versuchen mit verschiedenen Experimenten herauszufinden, ob Menschen Gedanken lesen (Telepathie), in die Zukunft schauen (Präkognition) oder mental Gegenstände bewegen können
(Telekinese).
127
Die Geschichte der Parapsychologie als einer kritischen Wissenschaft begann erst vor 150 Jahren, genauer
gesagt 1852, als der in Cambridge Theologie studierende
Edward White Benson die Forschungsgemeinschaft
„Ghost Society“ ins Leben rief.
1882 wurde in London die erste parapsychologische
Gesellschaft gegründet, die berühmte „Society for Psychical Research“ (SPR).
Das mittlerweile einzige Ordinariat für Parapsychologie weltweit ist der Arthur-Koestler-Lehrstuhl am Psychologischen Institut der Universität von Edinburgh/Schottland.
Kurse in Parapsychologie bieten dennoch allein in
den USA über 200 Colleges und Universitäten an, und
mehrere Hochschulen – vor allem die John F. Kennedy
University in Orinda – verleihen akademische Grade
wie z.B. den „Master of Science“ in Parapsychologie.
In der privaten „Parapsychological Association“ (PA)
haben sich weltweit rund 300 entsprechend qualifizierte
Wissenschaftler zusammengeschlossen und sich dem Studium von Psi-Kräften und verwandten Sachgebieten
verschrieben.
Über den Status der Parapsychologie als Wissenschaft
sind sich Parapsychologen und Skeptiker indes höchst
uneins.
Die Tatsache z.B., dass Psi-gläubige Versuchspersonen bei kontrollierten Laborexperimenten in der Regel
erfolgreicher abschneiden als Zweifler („Sheep-GoatEffekt“), ist für die Parapsychologen nur einer von vielen hinreichenden Belegen für nicht wegzudiskutierende
128
Anomalien und hoch signifikante Ergebnisse – und damit für weiteren Forschungsbedarf.
Für Skeptiker hingegen handelt es sich bei solchen
Effekten lediglich um bloße Korrelationen ohne jeden
Erkenntniswert oder gar lebenspraktischen Nutzen. Anders gesagt: um Abweichungen vom mathematischen
Zufallsmodell, die inhaltlich überhaupt nichts aussagen.
Radikale Kritiker sehen in der Parapsychologie denn
auch nach wie vor nur „eine von Fantasien, Irrtümern
und Illusionen geprägte, zusammenhanglose Ansammlung von Glaubenssystemen“.
Ohne tiefer in die dünnen Verästelungen dieser
komplizierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung
vorzudringen, kann man folgendes Fazit festhalten: Die
bislang mehr als 1500 parapsychologischen Forschungsarbeiten werden von der Masse der „normalen“ Psychologen und Naturwissenschaftler nicht als Beleg für die
Existenz von übersinnlichen Fähigkeiten zur Kenntnis
genommen. Und zwar in erster Linie deswegen, weil
mit diesen Befunden keine zufriedenstellende Erklärung
oder auch nur Theorie verbunden ist.
Es geht also gar nicht – wie vielfach behauptet – in
erster Linie darum, dass die gefundenen Effektgrößen zu
schwach wären; Parapsychologen weisen darauf hin, dass
die Effektgröße der Wirksamkeit von Aspirin als Vorbeugung gegen Herzinfarkt und Schlaganfall geringer sei
als die berichteten Effektgrößen bei einigen parapsychologischen Experimenten.
Das Problem der Parapsychologie besteht vielmehr
darin, dass sie unzureichend theoretisch fundiert ist und
129
z.B. keinen plausiblen Wirkmechanismus aufzeigen
kann. Das wäre aber dringend notwendig, weil außergewöhnliche Erfahrungen, von denen Menschen immer
wieder sehr glaubwürdig berichten, nicht zwingend auf
paranormalen Erscheinungen bzw. mysteriösem Informations- oder Energietransfer beruhen müssen.
Solche Phänomene könnten ebenso gut metaphysischer
oder aber psychologischer Natur sein – das heißt dem Zufall oder einer Wahrnehmungs- und Gedächtnistäuschung
ebenso entspringen wie einer religiösen Erfahrung.
Alles in allem stellt die Parapsychologie im Gegensatz
zur Psychologie oder Physik eine präparadigmatische
Wissenschaft dar, das heißt: Sie befindet sich bestenfalls
in einem Entwicklungszustand und hat noch kein etabliertes theoretisches Gerüst vorzuweisen, das auch nur
unter den Parapsychologen selbst allgemein anerkannt
wäre. Und ihre Ergebnisse sind so umstritten, dass Wissenschaftler sie ignorieren können, ohne sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, uninformiert zu sein.
53. „In Freiburg kann man Parapsychologie studieren.“
Auch im schönen Freiburg im Breisgau konnte man nie
und kann man auch heute nicht Parapsychologie studieren.
Im Jahr 1950 wurde von Hans Bender, dem berühmten „Spuk-Professor“ und Nestor der deutschen Parapsychologie, das private Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg gegründet.
1954 übernahm Bender an der Universität Freiburg einen Lehrstuhl für Grenzgebiete der Psychologie, der
130
1967 in ein Ordinariat für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie umgewandelt wurde. Nach Benders
Emeritierung 1975 wurde sein Schüler Professor Johannes Mischo Lehrstuhlinhaber, der sich mit verschiedenen
Fragebogen- und Interviewstudien zum Thema
„Ockultpraktiken bei Jugendlichen“ hervortat.
Zu den Lehr- und Forschungsaufgaben der Abteilung
gehörten aber in erster Linie normal-psychologische
Fächer wie Sozial- und Persönlichkeitspsychologie.
Nur etwa ein Drittel der Forschungskapazitäten beschäftigten sich mit den „Grenzgebieten“ der Psychologie. In dieser Zeit konnten Studenten mit Hauptfach
Psychologie eine Diplom- oder Doktorarbeit mit einer
parapsychologischen Fragestellung anfertigen sowie als
freiwilliges Zusatzfach „Parapsychologie/Grenzgebiete
der Psychologie“ für die Diplomprüfung wählen.
Allerdings, warnte die Uni stets, erscheine es „unrealistisch, eine alleinige Tätigkeit auf diesem Gebiet in den
eigenen Lebensplan einzubeziehen“.
Nach der Emeritierung Mischos 1998 war die Zeit
der parapsychologischen Forschungen an der Universität
Freiburg abgelaufen. Der Lehrstuhl für Psychologie und
Grenzgebiete der Psychologie wurde in einen für Pädagogische Psychologie umgewandelt.
Allerdings existiert nach wie vor das ehemalige Bender-Institut, das von der Eichhalde in neue Arbeits- und
Laborräume in der Freiburger Innenstadt umgezogen ist
– und von dem eine Fülle von seriösen Forschungsaktivitäten ausgehen. Außerdem bietet das Institut für
Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene einen
131
umfassenden Beratungs- und Informationsservice für die
breite Öffentlichkeit an. Die Spezialbibliothek der Einrichtung, die rund 30000 Bände umfasst, kann über den
Online-Katalog der Unibibliothek eingesehen werden.
Daneben gibt es in Freiburg die „Parapsychologische
Beratungsstelle“, die von dem Physiker und Psychologen
Walter von Lucadou als Ein-Mann-Unternehmen für
die „Wissenschaftliche Gesellschaft zur Förderung der
Parapsychologie“ (WGFP) betrieben wird.
Eine bescheidene akademische Präsenz hat die Parapsychologie darüber hinaus an der Universität Gießen.
54. „Wenn jemand vor 200 Jahren etwas
von ‚fernsehen‘ oder ‚telefonieren‘ gesagt hätte, hätte ihm auch keiner geglaubt.“
Das mag sein. Aber ab dem Zeitpunkt, da elektrischer
Strom oder Magnetismus bekannt waren, konnte man
die Phänomene, die auf diesen Kräften beruhen, zuverlässig erzeugen – und ein kontrollierter Einsatz war von
da an möglich.
Mit angeblichen Psi-Phänomenen ist es genau umgekehrt: Auch wissenschaftliche Parapsychologen sprechen
vom so genannten Absinkeffekt (Decline-Effekt) bei
parapsychologischen Experimenten.
Das heißt grob vereinfacht: Paranormale Phänomene
würden nur dann auftreten, wenn man sie nicht „festhalten“ oder dokumentieren will. Jeder Versuch, sie
experimentell zu wiederholen oder praktisch anzuwenden, bringe sie zum Verschwinden.
132
Aha. Also die Alpen sind im Inneren mit Schokoladenpudding gefüllt, der sich aber sofort in Stein verwandelt, wenn man danach bohrt, um ihn zu essen oder zu
verkaufen?
Wie auch immer: Selbst wenn es wirklich „PsiBegabte“ geben sollte, so gewinnen sie nicht häufiger im
Lotto oder im Spielcasino als andere Menschen. Sie sind
nicht gesünder und leben nicht länger als andere.
Denn „Psi-Kräfte“ sind eigentlich nutzlos, da man sie
nicht wie auf Knopfdruck aktivieren kann. Sie sind nicht
gezielt anwendbar und können für keine wie auch immer geartete Technologie genutzt werden.
Zu denken geben sollte auch, dass die öffentlichen
Auftritte von „Psi-Begabten“ wie Uri Geller, Peter Sugleris, Ted Seriös, Nina Kulagina und Co. nie über das
tricktechnische Know-how und die Präsentationskunst
ihrer jeweiligen Zeit hinausgehen. Manche Parapsychologen wenden an dieser Stelle gerne ein: Dass PsiPhänomene getrickst werden können, sei ja noch kein
Beweis dafür, dass es nicht auch echte Phänomene geben
könne – so wie es auch echte Picassos gibt, obwohl geschickte Kunstfälscher die Bilder des Genies originalgetreu nachmalen können. Schon – aber wenn jemand
seine außergewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen will, darf der- oder diejenige doch nicht andere kopieren – sondern muss selbst etwas Einmaliges und Unverwechselbares schaffen. Wieso zeigt z.B. Uri Geller
niemals etwas, dass kein Trickexperte der Welt je gesehen oder erklären bzw. nachmachen kann?
133
Positiv denken
55. „Positiv denken löst alle Probleme.“
Es stimmt natürlich: Manchmal genügt es tatsächlich,
das, was man will, einfach zu tun. Manchmal besitzen
wir schon das Talent oder die Fähigkeit für etwas Bestimmtes und trauen uns nur nicht zu, es mal zu versuchen.
Aber „Think pink!“ – und jeder kann jederzeit alles
erreichen? Mit schönen „rosaroten“ Ideen seinen Seelentank füllen – dann geht es mit „Positivpower“ vorwärts zu mehr Erfolg, Energie und Lebensfreude? Sich
nicht mehr von den Widrigkeiten der Realität beeinflussen lassen, sondern einfach seine persönliche Zukunft
erfinden? Don’t worry, be happy?
Wohlbemerkt: Hier geht es nicht um eine lebensbejahende, optimistische Grundhaltung, wie sie für Christen im Vertrauen auf Gott ohnehin selbstverständlich
sein sollte.
Das Credo vom „positiven Denken“ trichtert uns
vielmehr ein, dass man alles erreichen kann, wenn man
nur will. Dass wir alle Fähigkeiten zur Lösung jedes erdenklichen Problems bereits besitzen und nur auf uns
selbst bzw. unser Unterbewusstsein vertrauen müssen.
Wirklich? Crashkurse für die Psyche mögen voll im
Trend liegen. Aber es stimmt eben nicht, dass nur der
Einzelne sein Schicksal selbst in der Hand hat.
Nicht jeder kann in der Fußball-Nationalelf kicken,
nicht jeder kann an der Börse Millionen machen und
134
nicht jeder ist bei allen gleichermaßen beliebt, auch
wenn er es vielleicht gerne sein möchte.
Und schon gar nicht „bist du der Gott in deinem
Universum“, wie ein bekannter „Erfolgstrainer“ seinen
Seminarteilnehmern weismachen will.
„Positives Denken“ mit simplen Erfolgsformeln wie
„Ich bin voller Kraft und Energie“ mag über ein kurzes
seelisches Down hinweghelfen, einen leichten „Kick“
geben. Bei echten Problemen oder gar bei der Aufarbeitung von Traumata aber hilft kein „Wünsche-werdenwahr-Training“ und kein „Tschakkaa“-Geschrei.
Oft folgt der kurzfristigen Euphorie nach solch platten „Erfolgs-Erlebnissen“ tiefe Ernüchterung bis hin zur
Depression.
Eingriffe in die eigene Gefühls- und Gedankenwelt
sind mit einem erheblichen Risiko verbunden. Denn die
rosa Brille, die den „Positiv“-Gläubigen von ihren Erfolgs-Gurus verordnet wird, hindert sie möglicherweise
daran, Warnsignale rechtzeitig zu erkennen. Nur positive Gedanken zuzulassen, negative zu stoppen, unterbindet eine selbstkritische und objektive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation – und damit auch
Lösungsansätze.
Letztendlich fördert „Positives Denken“ bloß zwei
Dinge: hemmungslosen Individualismus und spirituelle
Obdachlosigkeit.
135
Reinkarnation/Seelenwanderung
56. „Die Lehre von der Wiedergeburt war
bis 553 n. Chr. offizieller Bestandteil
der christlichen Religion.“
Das ist eine viel geglaubte esoterische Wanderlegende.
Die Behauptung: Bei einem Konzil in Konstantinopel
im 6. Jahrhundert sei die Reinkarnationslehre „durch
Akklamation aus den christlichen Lehren gestrichen“
worden. Die Bibeltexte, die vorher von der Wiedergeburt der Seele gesprochen hätten, habe man daraufhin
bis auf wenige Andeutungen „bereinigt“.
Das ist allerdings wenig mehr als frei erfunden. In
Wirklichkeit ging es bei dem Konzil im Jahr 553 um die
Theologie des griechischen Kirchenvaters Origenes, der
die so genannte Präexistenz der menschlichen Seele (also
noch vor der Zeugung des irdischen Leibes) lehrte. Der
Alexandriner war der Überzeugung, die Seelen seien
ewig und bei Gott, bis dieser sie – allerdings nur einmal
– auf die Erde sende. Die Reinkarnationslehre lehnte
Origenes ausdrücklich ab.
Seine Präexistenz-Theorie wurde von besagtem Konzil in der Tat verworfen.
Stattdessen setzte sich die Auffassung durch, dass Leib
und Seele zusammen von Gott erschaffen werden. Die
Bibel brauchte dafür keineswegs umgeschrieben zu werden, denn das entsprach der biblischen, schöpfungsorientierten Theologie.
Die Reinkarnationslehre spielte beim 5. ökumenischen Konzil von Konstantinopel von 553 gar keine
136
Rolle, noch stand sie zu irgendeinem Zeitpunkt in der
Kirchengeschichte ernsthaft zur Debatte.
Im Hebräerbrief heißt es eindeutig, dass „jeder
Mensch ein einziges Mal stirbt und dann vor das Gericht
Gottes kommt“ (Hebr. 9,27). Wie also konnte die obige
Behauptung überhaupt aufkommen?
Es sind einige wenige – und immer dieselben – Bibelstellen, welche die Reinkarnations-Anhänger anführen.
Etwa den Bericht über die Heilung des Blinden im Kapitel 9 des Johannes-Evangeliums:
„Als er (Jesus) vorüberging, sah er einen Menschen, blind
von Geburt. Seine Jünger fragten ihn und sagten:
Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er
blind geboren wurde?“
Hier scheint in der Tat etwas von dem hinduistischen
und buddhistischen „Karma“-Gesetz anzuklingen, das
unerbittlich Ausgleich für „Fehlhandlungen“ verlangt.
Behinderung oder was immer uns als Schicksal trifft sei
mithin eine „Tatfolge“ aus früheren Erdenleben, die
abgearbeitet werden muss.
Doch wie antwortet Jesus? Klar und ohne zu zögern
sagt er: „Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern. Vielmehr
sollen die Werke Gottes an ihm offenbar werden.“ (Joh. 9,1-3)
Danach heilt er den Blinden.
Eine weitere Textstelle, die von Esoterikern immer
wieder aus ihrem Zusammenhang gerissen wird, stammt
ebenfalls aus dem Johannes-Evangelium. Im ersten Abschnitt des dritten Kapitels sagt Jesus zu Nikodemus:
137
„Wenn jemand nicht von Neuem (je nach Übersetzung
auch ‚wieder‘) gehören wird, kann er das Reich Gottes nicht
sehen.“
Doch das griechische Wort „anothen“, das hier mit
„von Neuem“ oder „wieder“ übersetzt wird, kann auch
„von oben“ bedeuten.
Deshalb findet sich in den meisten neueren BibelÜbersetzungen auch der (eindeutige) Wortlaut: „Wer
nicht von oben her geboren wird …“ Damit meint Jesus
die geistliche Widergeburt in diesem Leben, was wenige
Verse später klar hervortritt:
„Wer nicht aus Wasser und Geist gehören wird, kann nicht
in das Reich Gottes eingehen.“ Joh. 3,1-6
Das bedeutet: Die Taufe wäscht die Sünden ab und
schafft ein radikal neues Leben. Solche „Wiedergeburt“
hat mit der Wanderung der Seele durch verschiedene
Körper nicht das Geringste zu tun.
Das bedeutsamste Argument der ReinkarnationsAnhänger dreht sich um die Identität von Johannes dem
Täufer.
Verschiedene Passagen in den Evangelien (Mt.
11,14/Mt. 17,12 ff/Mk. 9,13) deuten sie als Hinweise
darauf, dass Johannes die Reinkarnation des Propheten
Elia sei. Doch nirgendwo sagt Jesus: „Johannes der Täufer ist Elia.“
Wir haben es hier mit einem klassischen Beispiel biblischer Typologie zu tun, das heißt: Johannes der Täufer
entsprach dem „Typ“ des Elia, er zeichnete sich durch
138
die gleichen geistlichen Eigenschaften und die gleiche
geistliche Vollmacht wie Elia aus.
In der Perspektive der Wiedergeburts-Anhänger wird
das menschliche Dasein zum Schauplatz karmischer Gesetzmäßigkeiten, nach dem Motto: „Ich werde ernten,
was ich säe.“
Jesus dagegen spricht:
„Nehmt hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden
erlasst, denen sind sie erlassen. Und welchen ihr sie behaltet,
denen sind sie behalten.“ Joh. 20,21-23
Hier wird uns der Weg zur vollständigen Befreiung geöffnet. Eine radikale Befreiung, die im WiedergeburtsKarma-Denken nicht angenommen wird – und zwar
ganz gleich, ob Karma nun „kausal“ (man wird krank,
weil man in Vor-Existenzen andere gekränkt hat) oder
„teleologisch“ (man wird krank, damit man durch das
Kranksein lernt, anderen keine Kränkungen mehr zuzufügen) verstanden wird.
57. „Es gibt unumstößliche Beweise für
die Wiedergeburt.“
Christen sind überzeugt, dass der Mensch einmal stirbt
und sich vor Gottes Gericht verantworten muss. Anhänger der „Reinkarnation“ (Wiederverkörperung, richtiger: Wiederfleischwerdung) glauben, die Seele löse sich
im Moment des Sterbens vom Körper und reinkarniert
gleichzeitig oder zu einem späteren Zeitpunkt in einem
anderen Körper oder sogar als Tier oder Pflanze.
Im Buddhismus, Hinduismus und Jainismus ist Rein139
karnation eng mit dem Begriff des „Karma“ verbunden:
Erst wenn der Mensch nach vielen „Lebensdurchgängen“ seine individuelle Schuld abgetragen hat, kann er
ins Nirwana eingehen.
Anders als für westliche Esoteriker gilt also für Hindus
oder Buddhisten die Reinkarnation als ausgesprochen
negativ. Es ist für sie eine Quälerei, jenen Zustand der
Seele zu erreichen, in dem sie endlich die leidvollen
Bindungen an das Leben hinter sich lassen können.
Denn die „Wiedergeborenen“ schlagen sich immer wieder ein weiteres Leben lang mit ihren selbst verursachten
Lasten herum.
Im Westen gilt „Wiederverkörperung“ dagegen als
faszinierende Vorstellung von einer Art „Reset“-Taste,
mit der man das Lebens noch einmal von vorne beginnen kann.
Shirley MacLaine zum Beispiel will Schauspielerin
geworden sein, „weil ich dadurch einigen Rollen, die
ich in früheren Leben gespielt hatte, näher war“.
In ihrem Bestseller „Zwischenleben“ zeigt sie sich
davon überzeugt, ihr vormaliges Dasein unter anderem
als Hofdame bei Ludwig XIV. zugebracht zu haben.
Seltsam nur, dass man unter den „Reinkarnierten“
jede Menge Maria Stuarts und Alexander den Großen
kennen lernt – aber selten einen einfachen John Smith
…
Und nicht zuletzt wird Reinkarnation als eine Art
Psychotherapie praktiziert.
„Reinkarnations-Therapeuten“ führen ihre Klienten
per Hypnose in „frühere Leben“ zurück, um Traumata
140
wie Krankheit, Folter oder Unfälle noch einmal zu
durchleben. Auf diese Weise sollen die krank machenden seelischen Auswirkungen solch „früherer“ Erfahrungen aufgelöst werden.
Als Beweis präsentieren Reinkarnations-Therapeuten
eindrucksvolle Erlebnisberichte, die ihre Klienten während der Hypnose-Rückführung aus ihrem früheren
Dasein erzählen.
Eine unheimliche Hypnosesitzung stand auch am Anfang der Karriere des deutschen Diplompsychologen
Thorwald Dethlefsen als esoterischer Bestseller-Autor. In
seinem Buch „Das Leben nach dem Leben“ schildert er
seine erste Rückführung eines Probanden namens Rudolf T. in die Zeit vor dessen Geburt. Dabei berichtete
der Hypnotisierte von einem früheren Leben im Elsass
zur Zeit des deutsch-französischen Krieges.
Stück für Stück holte Dethlefsen aus Rudolf T. die
Lebensgeschichte eines gewissen Guy Lafarge aus Wissembourg heraus, der als Stallknecht und Gemüsehändler
1880 gestorben sei.
Der Esoterik-Autor deutete dies als Beleg für eine
Reinkarnation – jedoch ohne die zum Teil genauen
Angaben des Mannes zu überprüfen.
Eben dies tat der Psychologe und Wissenschaftsjournalist Holger Platta. Bei seinen Recherchen stieß er auf
zahlreiche Ungereimtheiten zwischen dem HypnoseBericht und der historischen Wirklichkeit.
In keinem Tauf-, Heirats- oder Sterberegister von
Kirche und Standesamt – vollständig erhalten seit dem
Jahr 1793 – fand sich der Name Guy Lafarge. Auch
141
sämtliche Angaben des Hypnotisierten zu Geschwistern,
Einwohnerzahl, Lebensumständen, regionalen Spezialitäten etc. stellten sich als Fantasieprodukte heraus.
Kein Wunder, denn „es gibt Menschen, die in Hypnose enorm suggestibel sind und schon den leisesten
Wink des Therapeuten als Befehl hinnehmen“, erklärt
der Leiter des New Yorker Instituts für Psychotherapie,
Dr. Jerome Schneck: „Ein Hypnotisierter kann eine unheimliche Begabung zeigen und alles tun, was ihm aufgetragen
wird, da ihm das ganze riesige Reservoir der unbewussten
Erinnerung zur Verfügung steht. Ein Erwachsener kann in
einer Fremdsprache reden, die er seit seiner Kindheit nicht mehr
gehört und nie richtig verstanden hat. Er kann aus einem Buch
zitieren, aus dem er im Alter von drei Jahren hat vorlesen hören.“
Mit anderen Worten: Hypnose ist alles andere als ein
verlässlicher Weg zur Wahrheitsfindung. Kein Hypnotisierter kann unterscheiden zwischen tatsächlichen Erinnerungen und bloßen Fantasien bzw. Gehörtem und
Gelesenem.
142
Satanismus
58. „Das Christentum hat versagt und ist
völlig unbrauchbar.“
Egal, ob Satanisten dem theologischen Satansbild der
Kirchen anhängen, wonach der Teufel der Widersacher
Gottes ist, oder aber Satan als Inbegriff von „Lebensenergie“ und der individualistischen Selbstvergöttlichung
(wohl eher: Selbstvergötzung) betrachten: Einig sind sie
sich darin, dass der christliche Glaube die Schwäche glorifiziere und Jesus eine Art „Schlaffi“ ohne Power gewesen sei.
Im „Buch des Gesetzes“ des geistig verwirrten NeoSatanisten Aleister Crowley heißt es:
„Nichts haben wir gemeinsam mit den Ausgestoßenen und
Schwachen. Lasst sie in ihrem Elend verrecken. Mitleid ist das
Laster der Könige. Zertretet die Verdammten und Schwachen,
so will es das Gesetz der Starken.“
Eine gewisse Ricarda S., die sich als 15-Jährige einer
Satanistengruppe anschloss, schreibt in ihrem Erlebnisbericht „Satanspriesterin“:
„Demut ist tödlich für unsere potenzielle Göttlichkeit. Statt
dessen müssen wir Hass, Grausamkeit, Sex und Ungerechtigkeit ausleben, alles, was vom Christentum so schmählich unterdrückt wird. Satan gibt uns die Kraft dazu.“
Was steht hinter einer solchen Haltung? Nichts anderes als eine abgrundtiefe Lebensangst, die wiederum Hass
weckt.
„Hass auf die Welt, die nicht gibt, was man zum Le143
ben braucht, und Hass auf die Menschen, die mit ihrer
Liebe die schwarze Angst nicht zudecken können oder
wollen, von der die eigene Seele bedroht ist“, davon ist
der Theologe Hansjörg Hemminger überzeugt.
Die Folge ist eine Flucht in die Fantasie, also „in eine
andere Welt im eigenen Geist. In dieser Welt lassen sich
die Rollen umkehren: Der Mensch wird darin so ungeheuer mächtig gedacht, dass er keine Liebe mehr
braucht, da er ja die ganze Welt zum Teil seines Selbst
machen kann.“
Doch das ist eine gefährliche Illusion. Denn nicht nur
die Religionen, auch Psychologen betonen mit Nachdruck, dass religiöse Orientierung und emotionale Bedürfnisse gerade in unseren Zeiten von kaum absehbarer
Wichtigkeit für ein „ganzheitliches“ Leben sind.
Das aber ist ein Lernprozess, der gegen gesellschaftlich
vorherrschende Tendenzen angeht. Vor allem unseren
Kindern und Jugendlichen müssen wir beibringen, dass
Menschen, die Gefühle zeigen, nicht immer nur die
Schwachen und Verletzbaren sind.
Im Gegenteil: Erfährt nicht der Mensch tiefste Freude, wenn er beschenkt wird? Und wie viel persönliche
„Stärke“ liegt darin, anderen beizustehen und zu helfen?
59. „Es ist doch ganz egal, ob ich an Gott
oder an den Teufel glaube.“
Nein, ist es nicht. Das Kokettieren und die Identifikation mit dem Bösen ist keine gesunde Lebensform und
keine Religion wie jede andere, sondern immer ein
Alarmsignal. „Nicht selten sind Menschen, die in satanis144
tische Praktiken involviert waren, mit erheblichen Ängsten konfrontiert. Sie fühlen sich abhängig, von Magie
bedroht“, warnt der Leipziger Weltanschauungsbeauftragte Harald Lamprecht.
Der Satanismus wirkt wie eine schiefe Ebene, auf der
alle negativen Eigenschaften und Befindlichkeiten des
Menschen sehr leicht ins Rollen kommen und nur sehr
schwer wieder zu stoppen sind. Wer das Böse oder den
Satan verherrlicht, riskiert, dass er damit sich selbst und
auch andere gefährdet. Die Gleichung Gut = Böse und
Schwarz = Weiß geht nicht auf, weil letztendlich alles
gleichgültig ist, wenn alles gleich gültig ist.
Der evangelische Theologe Hans-Jürgen Ruppert argumentiert:
„Auch wem Religion nichts bedeutet und der christliche
Glaube ein Ärgernis ist, sollte wissen: Wer seine Verantwortung vor Gott oder die moralische Kraft der Religion verdrängt
und sich in schierer Diesseitigkeit einzurichten glaubt, sorgt
dafür, dass der Mensch immer weniger seine Bedingtheit und
Endlichkeit wahrnimmt – zu seinem eigenen Schaden, wie die
satanistischen Größenwahnvorstellungen zeigen.“
Ausstiegsberater wissen, dass die Verehrung Satans der
Menschlichkeit eine so tiefe Wunde schlägt, dass die
Seele – bildlich gesprochen – auch dann noch in der
Gefahr des Verblutens steht, wenn sie sich von der Dunkelheit ab- und dem Licht zuwendet. Einen „einfachen“
Rückweg in die Normalität gibt es nur sehr selten.
145
60. „Die Welt wird immer schlechter. Es
ist besser, sich gleich auf die Seite des
Bösen zu stellen.“
Das ist eine ausschließlich negative Daseinsanalyse, die
man teilen kann – oder auch nicht.
Sind es wirklich die Unehrlichen, die Egoisten und
die Gemeinen, die es zu etwas bringen? Oder lohnt es
sich vielleicht doch, den anderen Weg zu gehen, den
Weg der Güte und Zufriedenheit?
Die Tageszeitung und die Nachrichten im Fernsehen
und Radio lassen uns in die Welt hineinblicken. Was
geschieht dort alles an guten und schlechten Taten? Was
würde dabei herauskommen, wenn SatanismusAnhänger einmal eine Zeitung mit ausschließlich guten
Nachrichten zusammenstellen würden? Vermutlich wäre
das eine heilsame Erfahrung.
61. „Der Satanismus vertröstet nicht auf
später, sondern verspricht sofortige
Befriedigung aller Bedürfnisse.“
Gewiss: Der Glaube an ein besseres „Danach“ ist brüchig geworden.
Nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern der gesamte
Glücksanspruch richtet sich auf das „Hier und Jetzt“.
Psychologen machen eine zunehmende „hedonistischmaterialistische Orientierung“ der Menschen aus. Also
einen Trend, der seinen Ausdruck findet in der Vervielfältigung und Steigerung der Intensität von Erlebniswünschen, sofortiger Verfügbarkeit von Gütern und
Dienstleistungen und Anspruchsdenken.
146
„Da unsere Kinder in einer Gesellschaft aufwachsen,
in der alles instant zu haben ist, glauben sie, der Teufel
liefere mikrowellenfertige Racheportionen, schnelle
Heilung für langwierige Übel und sofortige Erfüllung“,
hat der amerikanische Radio-Seelsorger Bob Larson in
vielen Gesprächen festgestellt.
Grenzenlose Befriedigung der „natürlichen“ Instinkte
statt nüchterner Mäßigung – damit wirbt ganz konkret
z.B. auch die in den USA offiziell anerkannte „Kirche
Satans“. Von deren Gründer LaVey ist das Credo überliefert: „Das Leben ist eine einzige große Lust und
Enthaltsamkeit der Tod. Es gibt keinen Himmel voller
Herrlichkeit und keine Hölle des Verderbens.“
Wirklich? Wohin die Verabsolutierung des Lustprinzips in der Praxis führt, kann man u.a. in der verstörenden Autobiografie des LaVey-Jüngers und „SchockRockers“ Marilyn Manson nachlesen:
„Nun, ich habe alles bekommen, was ich haben wollte. Wir
sind die größte Band Amerikas. Manche Leute halten mich
sogar für größer als Satan. Unsere Alben werden mit Platin
ausgezeichnet. Wir haben das Cover des „Rolling Stone“ (ein
Musikmagazin; Anm. des Autors) bekommen. Aber auf dem
Weg dorthin habe ich alles zerstört und alles verloren, was mir
einmal wichtig war …
Ich habe aus meinen Schwächen und meinem Versagen eine
erfolgreiche Karriere gebaut. Im Grunde bin ich genau das geworden, wovor ich mich immer gefürchtet habe.“
Auch Aleister Crowley, der Initiator des neuzeitlichen Teufels-Kults, starb 1947 vereinsamt, drogenabhängig und geschlechtskrank.
147
„Kirche Satans“-Gründer Anton Szandor LaVey verbrachte die letzten Jahre seines Lebens zurückgezogen
und verbarrikadierte sich schließlich in seinem Haus in
San Francisco, zermürbt von Streitereien innerhalb seiner bizarren Organisation.
Der Schwarzmagier Georg Iwanowitsch Gurdjew beschied auf dem Sterbebett lapidar seinen Anhängern:
„Da lasse ich euch also sitzen in der Patsche.“
„Jeder Mann, jede Frau ist ein Stern!“ (also absolut
göttlich), umschrieb Crowley die schrankenlose SelbstEnthemmung des Menschen.
Doch ironischerweise enthüllt gerade diese Äußerung
die ganze Brüchigkeit seines brachialen Lebensprinzips:
Sterne leuchten, weil sie sich selbst verzehren – also
ihre eigene Substanz verheizen, bis sie verlöschen.
Die Verlockung des Satanismus besteht zuallererst in
der „Macht“ und „Stärke“, die seinen Anhängern angeblich zufließt. Macht über die Verhältnisse, deren Herr
sie eben gerade nicht sind. Macht über Eltern, Lehrer
und „Feinde“. Macht über die Maßstäbe von Moral und
Gerechtigkeit.
„Satan“ ist die Kraft, mit der junge Satanisten sich
durchsetzen wollen. Zum Ziel führt dieser Wahn nie.
Sondern nur in die Selbstzerstörung.
Wieso?
„Weil in der Tiefe der menschlichen Seele nicht die Sehnsucht nach Macht lebt, sondern die Sehnsucht nach Liebe – die
brennende Sehnsucht, dass Welt und Gott uns mit Stimmen,
denen wir vertrauen können, den wunderbaren Wert unseres
Daseins zusprechen. Daher sollten wir nicht nur vor dem ju148
gendlichen Satanskult erschrecken, wir sollten auch darüber
erschrecken, dass bei uns Kinder und Jugendliche unter Verhältnissen aufwachsen, die es ihnen nicht erstrebenswert erscheinen lassen, menschlich zu sein. Was muss mit Jugendlichen
geschehen, wenn sie sich nicht einmal mehr wünschen können,
geliebt zu werden? Die wichtigste und die einzig wirklich wirksame Vorbeugung gegen den Satanismus ist ein lebenswertes
Leben. Der Hass, der uns aus der Satanisten-Szene entgegenschlägt, ist die Kehrseite der Kälte und Lieblosigkeit, mit der
junge Menschen oft behandelt werden.“
Hansjörg Hemminger
149
Ufos
62. „Jesus Christus war in Wahrheit der
Außerirdische Ashtar Sheran.“
Das jedenfalls verbreiten esoterische Ufo-Sekten wie
etwa das „Ashtar-Command“, deren Anhänger sich auch
„Santiner“ nennen.
Biblische Elemente sind ein fester Bestandteil ihrer
Botschaften. So stammt z.B. die Zahl von „144000 Sternenbrüdern, die derzeit auf unserer Erde inkarniert“
seien, aus der Johannes-Offenbarung. Die Apokalypse
deutet das „Ashtar-Command“ als Ankunft von Rettern
aus dem All, welche die „neue Welt“ (das neue Israel)
begründen werden.
Ihr Guru ist ein Alien namens „Ashtar Sheran“. Er ist
der Oberkommandierende der Außerirdischen und habe
einst unter anderem als Jesus Christus unter den Menschen gelebt.
Über seine irdischen Anhänger channelt Ashtar Sheran Botschaften wie: „Ihr würdet schon lange nicht
mehr auf diesem Planeten leben, wenn wir nicht immer
mit speziellen Strahlungsapparaten von unseren Raumschiffen aus eure Atmosphäre gereinigt hätten.“
Diese Ufo-Religion ist in ihren Anfängen das Produkt des Interesses, das die Öffentlichkeit dem Phänomen der „Fliegenden Untertassen“ entgegenbringt.
Nach neuesten Umfragen sind rund ein Drittel der
Deutschen von der Existenz von Ufos überzeugt.
Dabei muss man allerdings streng zwischen Ufo150
Berichtern und Ufo-Gläubigen unterscheiden. Eine
„Ufo-Sichtung“ bedeutet zunächst einmal nicht mehr als
die Beobachtung eines nicht sofort erklärbaren beweglichen Objekts in der Luft oder am Himmel.
Aber nur ganz selten bleiben „Ufos“ mysteriös. Über
kurz oder lang können die meisten Beobachtungen auf
ein natürliches oder technisches Phänomen (Ballons,
Satelliten, Meteoriten, Jux/Schwindel, Lasershows etc.)
zurückgeführt werden. Leider wird die Aufklärung von
vermeintlich spektakulären „Ufo-Sichtungen“ von den
Massenmedien fast nie vermeldet.
Den unerklärlich bleibenden Rest der „Ufos“ schreiben kritische Experten Fehleinschätzungen der menschlichen Wahrnehmung zu – also weder Aliens noch
den Sendboten von Endzeit-Dämonen, wie einige besorgte Christen vor allem in den USA fürchten.
Unser Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer oder
eine Videokamera, die die Wirklichkeit exakt aufzeichnet und ohne Fehler wiedergibt. Unsere Sinne werden
vielmehr stark von unseren Überzeugungen und Erwartungen beeinflusst. Das heißt: Menschen, die ein „Ufo“
gesehen haben wollen, sind keine Spinner. Sie geben
lediglich ein rätselhaftes Geschehen so wieder, wie sie es
für sich persönlich erlebt und empfunden haben.
Diese Schilderungen weichen allerdings häufig weit
von dem ab, was tatsächlich passiert ist – so wie fünf
Unfallzeugen der Polizei in aller Regel fünf ganz unterschiedliche Versionen des Hergangs schildern.
Ufo-Gläubige dagegen werden an Herz und Seele
von der Utopie der „Fliegenden Untertassen“ gepackt.
151
Für sie ist die Ufologie ein Kult mit folgendem Credo:
Hoch entwickelte und uns überlegene Aliens kommen
fast engelsgleich aus dem All daher, um die Welt aus
politischen und ökologischen Krisen zu retten.
Das Faszinierende daran ist, dass die Ufologie ein wissenschaftliches Weltbild mit einer naiv-religiösen Deutung der Wirklichkeit verbindet.
Oder anders gesagt: Sie verankert Science-fictionFantasien im Transzendenten.
Kaum verwunderlich, dass das Ufo-Phänomen sich
kurz nach dem Zweiten Weltkrieg herausbildete, also zu
Beginn des beklemmenden „Kalten Krieges“ zwischen
Ost und West wie auch der Epoche der Weltraumfahrt.
Am Anfang warnten die Aliens über irdische „Kontaktler“ vor der Atombombe und der Umweltverschmutzung. Mittlerweile ist die Ufologie zu einer Ersatzreligion unseres Technik-Zeitalters mutiert.
Zu allen Zeiten haben die Menschen das Heil vom
„Himmel“ erwartet. Heute glauben viele Menschen
nicht mehr an Gott, sehnen sich aber dennoch nach einem überlegenen Wesen, das ihnen beisteht. Und so
geht ihre Fantasie über den Himmel hinaus ins Weltall.
Sekten wie die Rael-Bewegung, Fiat Lux, AshtarCommand oder Heaven’s Gate sehnen eine Heil bringende außerirdische Intervention herbei. Wieso sich
dahinter jedoch kaum mehr als ein „Space Age“-Mythos
verbirgt (also eine moderne Sage), hat der verstorbene
US-Astronom Carl Sagan sehr treffend auf den Punkt
gebracht:
„Wie kommt es, frage ich mich, dass Ufo-Insassen so sehr
152
an modisch aktuelle oder dringende Sorgen und Probleme auf
diesem Planten gebunden sind?
Warum haben sie nicht in den fünfziger Jahren ganz nebenbei vor den FCKWs und der Verringerung der Ozonschicht
gewarnt, warum nicht in den siebziger Jahren vor dem HIVVirus, als sie wirklich etwas Gutes hätten bewirken können?
Warum warnt man uns heute nicht vor irgendeiner Gefahr
für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt, von der wir
noch keine Ahnung haben?
Kann es sein, dass Außerirdische nur soviel wissen wie jene
Menschen, die von ihrer Anwesenheit berichten?“
153
Wahrsager
63. „Wahrsager haben ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten von höheren
Mächten erhalten.“
Seltsam, dass prominente Wahrsager das ganz anders
sehen.
Die „Hexe vom Starnberger See“, Luisa Francia, offenbarte der Münchner Abendzeitung:
„Hellsehen erfordert beim vernunftbegabten erwachsenen
Kunden nichts weiter als ein bisschen Menschenkenntnis, die
Erfahrung, welches Reizwort den letzten Verstand raubt, und
ein genügend weit entfernt angesetzter Stichtag für das Eintreffen der Prophezeiungen. Nichts ist leichter, als einen Hilfe
suchenden, blind verzweifelten, am Ende noch verliebten Menschen zu manipulieren.“
Eine Wahrsagerin aus Bremen, die sogar im Fernsehen in einer Günther-Jauch-Sendung ein Millionenpublikum verblüffte, schrieb später:
„Wer Karten legt, muss nur gut beobachten können. Gute
Menschenkenntnis steckt dahinter, das ist alles … Keiner bleibt
beim Kreuz-As, dem Unglücksvorboten, ruhig und gelassen auf
seinem Stuhl. Fast jedem entschlüpft da schon mal eine Bemerkung.“
Die Wahrsage-„Kunst“ bestehe dann nur noch darin,
diese spontanen Äußerungen der Klienten mit eigenen
Assoziationen und Beobachtungen zu verbinden und in
ein paar schwammige Pauschaläußerungen zu kleiden.
Wahrsager und Hellseher stimmen ihre Kunden
durch die Gestaltung einer „magischen“ Atmosphäre
154
suggestiv ein. Sie beobachten genau Mimik und Gebärden ihres Gegenübers, worauf sie Rückschlüsse auf dessen Gedanken und vor allem seine Wünsche ziehen
können. Daher treffen ihre Aussagen oft exakt die Erwartungen der Klientel.
Der australische „Seher“ Alan Marshall alias „Der
große Schabaka“ erklärt:
„Wahrsager wissen weder, was ihren Kunden in Zukunft
widerfahren wird, noch was ihnen in der Vergangenheit zugestoßen ist. Doch sie können es erraten, und darin liegt ihre
Kunst.
Ich beobachte genau, wie die Leute mein Zelt betreten, was
sie anhaben, wie sie sich verhalten, was sie als Erstes sagen, wie
ihre Hände aussehen. Am verräterischsten sind die Gesichter.
Es gibt schlecht gelaunte und fröhlich gestimmte. Das Gesicht
einer Mutter spiegelt Wesenszüge wider, die eine kinderlose
Frau nicht besitzt. Augen zeigen Einverständnis oder Ablehnung, drücken Angst oder Verschlossenheit aus.“
Dass manche Menschen sich wie „erschlagen“ fühlen,
wenn sie von einem Wahrsager kommen und felsenfest
von dessen Fähigkeiten überzeugt sind, hängt mit den
gleichen Psycho-Mechanismen zusammen, die ein Horoskop scheinbar individuell stimmig machen: Die gläubige Erwartungshaltung des Kunden beeinträchtigt erheblich die Wahrnehmung und blendet alles Unzutreffende einfach aus.
Hilfreich ist das nicht gerade – die Verantwortung für
das eigene Leben abzugeben an obskure „Wahrsager“
oder „Hellseher“, die keinerlei psychologische Ausbil155
dung und keine Ahnung von der persönlichen Situation
des Klienten haben, sich aber erdreisten, „Lebenshilfe“
zu geben.
Keine Frage: Natürlich gibt es auch schlechte Ärzte,
Psychologen, Therapeuten. Aber diese sollten zumindest
in der Lage sein, die Grenzen ihrer Tätigkeit zu erkennen – während die durch nichts qualifizierten „Medien“
Ratsuchende mitunter in schwerste Krisen stürzen, die
sie weder erkennen noch gar auffangen oder bearbeiten
können. Psychotherapeutisch nicht ausgebildete „Wahrsager“, „Hellseher“, „Astrologen“ oder „Heiler“ rühren
Probleme auf und lösen Ängste aus, ohne die Verletzlichkeit ihrer Kunden richtig einschätzen und die entsprechende Hilfestellung geben zu können.
Fachleute nennen so etwas Psychodilettantismus.
Das wichtigste Argument in einer Diskussion mit
Esoterik-Gläubigen aber ist wohl dieses:
Selbst wenn es – wovon nicht auszugehen ist – tatsächlich „begabte“, „ehrliche“ Hellseher geben sollte,
sind ihre Auskünfte praktisch wertlos. Denn: Kein „Medium“ kann unterscheiden, ob die Eindrücke, die es
intuitiv bekommt, wirklich wahr sind, oder ob es sich
um reine Fantasieprodukte oder gar um die Befürchtungen, Ängste und Wünsche seines Klienten handelt.
156
Wissenschaft
64. „Die Kritiker können ja auch nicht
beweisen, dass Astrologie, Wahrsagen
etc. nicht funktioniert.“
Das ist richtig, denn die Nicht-Existenz von etwas kann
man grundsätzlich nicht beweisen.
Ein anschauliches Beispiel:
„Angenommen, eine Person würde die These aufstellen, das
Rumpelstilzchen sei nicht nur eine Märchenfigur gewesen, sondern eine tatsächlich existierende, historische Persönlichkeit. Die
‚Rumpelstilziologen‘ geben zu, dass sie ihre Behauptung nicht
restlos beweisen können, machen aber gleichzeitig geltend, dass
die Wissenschaftler die Nicht-Existenz des Rumpelstilzchens ja
auch nicht belegen könnten. Deshalb sei der Glaube an die
Existenz des Rumpelstilzchens durchaus legitim und wissenschaftlich vertretbar.
Aber tragen hier die Kritiker und die Anhänger der Rumpelstilzchen-These wirklich zu gleichen Teilen die Beweislast?
Nehmen wir an, die Wissenschaftler akzeptieren das.
Sie beginnen, nach sterblichen Überresten des Rumpelstilzchens zu suchen und graben dafür Quadratmeter für Quadratmeter die Erdoberfläche systematisch um.
Doch das negative Resultat (es wurde kein Rumpelstilzchen
gefunden) beeindruckt die Rumpelstilziologen nicht; erst müssten noch sämtliche Städte abgerissen und versetzt werden, denn
darunter könnte das Rumpelstilzchen ja begraben liegen.
Nachdem auch dies geschehen ist und sämtliche Forschungsmittel in dieses Unterfangen investiert wurden (alle anderen drängenden wissenschaftlichen Fragen müssen zurückste157
hen), gelangen einige Rumpelstilzchen-Anhänger zu der Auffassung, das Rumpelstilzchen sei am Ende seines Erdenlebens
durch die Hilfe von Außerirdischen auf den Mars ausgewandert.
Dies alles werde durch eine gigantische Verschwörung der CIA,
der Freimaurer und des Vatikans vertuscht (Wem das alles zu
blödsinnig klingt, der hat wenig Erfahrung im Umgang mit
Esoterik-Anhängern!).
Bevor der Mars nicht umgegraben sei, müsse die Frage der
Existenz des Rumpelstilzchens offen bleiben.
Derweil tritt eine konkurrierende Gruppe auf den Plan, die
die reale Existenz des Froschkönigs behauptet und entsprechende Forschungsgelder und Untersuchungen von Wissenschaftlern
fordert …“
Edgar Wunder
An solchen Beispielen wird schnell deutlich: In der Wissenschaft trägt die Beweislast ausschließlich derjenige,
der eine Behauptung aufstellt – keinesfalls der Bestreiter.
Ansonsten käme jede ernsthafte und sinnvolle Forschung zum Erliegen.
65. „Wissenschaftliche Erkenntnisse sind
doch nur die Irrtümer von morgen.“
Wissenschaftliche Erkenntnisse sind in der Tat immer
vorläufig.
Denn natürlich verfügt die Wissenschaft nicht über
unfehlbares Wissen. Fortschritt ist sogar nur dann möglich, wenn Theorien ständig korrigiert und modifiziert
werden.
Niemand kann uns garantieren, dass nicht das, von
158
dem Wissenschaftler heute behaupten, dass es wahr ist,
sich morgen als gänzlich falsch herausstellt. Dennoch
müssen wir zwangsläufig immer vom heutigen Erkenntnisstand ausgehen, wenn wir einen Sachverhalt beurteilen wollen – denn das ist der zuverlässigste, der uns gegenwärtig zur Verfügung steht.
Würde man anders vorgehen, wären Spekulation und
Scharlatanerie Tür und Tor geöffnet.
Und natürlich hat es immer wieder verkannte Genies
gegeben, deren gewagte Behauptungen sich zum Teil
erst nach Jahrzehnten als richtig erwiesen.
Dann aber bitte auch umgekehrt: Viele abenteuerliche Theorien stellten sich im Laufe der Zeit als genauso
unsinnig heraus, wie sie von Anfang an betrachtet wurden. Und sie landeten zu Recht auf dem Kehrrichthaufen der Wissenschaftsgeschichte.
66. „Es kann doch jeder glauben, was er
möchte.“
Gewiss.
Aber die meisten esoterischen Behauptungen sind gar
keine Glaubensfragen, sondern Tatsachenbehauptungen
– und können somit wissenschaftlich untersucht werden.
Etwa die Ansicht, man könne Gedanken auf paranormalem Weg übertragen oder die Sterne hätten einen Einfluss auf unser Leben.
Alles in allem betrachtet scheint „Wissenschaft“ immer noch einen besseren Schutz vor Fehlern zu bieten
als andere Methoden der Erkenntnisgewinnung.
Die Krisen, Belastungen und Probleme, die der wis159
senschaftliche und technische Fortschritt uns zugleich
gebracht haben, zeigen wohl weniger ein Versagen unseres Verstandes als vielmehr unserer Handlungsbereitschaft.
Wie auch immer: Der Rückzug in die „eigene“, subjektive Realität ist das Ende jeder Diskussion.
Schade – aber genau das ist in der Regel auch das
Ziel dieser Argumentation.
160
Zufall
67. „Es gibt keine Zufälle.“
„Für den wahren Esoteriker ist alles ein Zeichen“, witzelt der Autor Marcus Hammerschmitt in seiner verdienstvollen Schrift „Instant Nirwana – Das Geschäft mit
der Suche nach dem Sinn“: „Der unerwartete Brief des
lange verloren geglaubten Freundes, an den man ein paar
Tage zuvor gedacht hat. Die Bösartigkeit des Chefs, das
Erdbeben in Chile, der Regenguss, in dem man schutzlos hineingerät – alles hat seinen speziell zugeschnittenen
Sinn.“
Welche seltsame Erfahrung ein Mensch auch macht,
sie gilt Esoterikern als vorherbestimmt, als von einer
höheren Macht oder Instanz gewollt.
Alles, was ist und sich ereignet, hat tiefere Zusammenhänge und einen höheren Sinn.
Wirklich?
In Wahrheit verbirgt sich hinter einer solchen Haltung die anmaßende Befürchtung, dass Dinge geschehen, die mit unserem kleinen Leben nichts zu tun haben.
Zudem mindert der feste Glaube an ominöse „Gesetzmäßigkeiten“ (z.B. „Gleiches erzeugt Gleiches“ oder
„Synchronität“, was so viel bedeutet wie: Alle Menschen und Ereignisse sind nicht kausal, aber irgendwie
mit einem gemeinsamen Sinn verbunden) die Last der
Verantwortung für das eigene Leben.
Um es ganz klar zu sagen: Christlich ist das nicht.
161
Gewiss, auch wir Christen sprechen von der „Vorsehung“. Doch das bedeutet keineswegs, dass alles eins ist
und wir eins mit allem sind. Gott ist kein allbestimmendes Schicksal, sondern er setzt auf die Freiheit des Menschen. Und er setzt darauf, dass wir mit der Offenheit
von Situationen und der Pluralität des Lebens umzugehen lernen.
„Vorsehung“ meint nichts anderes als die göttliche
Fürsorge für den Menschen, erklärt der Theologe
Eduard Kopp: „Wie sie sich konkret äußert, bleibt ein
großes Geheimnis. Gottes Zuwendung zu den Menschen hat durchaus etwas Zufälliges, insofern Ursache
und Maß der Gnade für uns Menschen nicht berechenbar sind.“
162
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