Einführung in die Kern- und Teilchenphysik I Vorlesung 14 13.12.2013

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Einführung in die Kern- und Teilchenphysik I
Vorlesung 14
13.12.2013
Kernfusion: Energieerzeugung
Funktionsweise von Fusionsreaktoren
Kernfusion: Grundlagen
Vorteile der Kernfusion
Praktisch unbegrenzte Energievorräte
(Deuterium aus Meerwasser gewinnen)
Wenig Radioaktivität im Betrieb
Wenig radioaktiver Abfall
Kein/Geringes Sicherheitsrisiko
(hohe Temperaturen aber sehr geringe Teilchenanzahl
im Reaktor)
Probleme
Technische Umsetzung?
Energieüberschuß?
Wirtschaftlicher Betrieb?
Energieewinnung
Kernfusion: Grundlagen
D + D → 3He + n + 3,3 MeV
D + D → T + p + 4,0 MeV
D + 3He → 4He + p + 18,3 MeV
D + T → 4He + n + 17,6 MeV
Fusionskraftwerk
24 Größenordnungen
größter Wirkungsquerschnitt
Reaktor: höhere Temperaturen
erreichbar als in der Sonne
H + H → D + e+ + ν + 0,4 MeV
usw... Q gesamt +26 MeV
15 ·106 K
200·109 bar
Sonne
1 keV ≈107 K
Kernfusion: Grundlagen
Das Produkt aus der Ionendichte, der Energieeinschlusszeit und der
Ionentemperatur
12 kBT2
n ⋅t E ⋅T >
<σv>ε
kB Boltzmann-Konstante
σ Reaktionswirkungsquerschnitt
v Teilchengeschwindigkeit
ε Energie pro Fusion
muss einen Wert > 1021 keVs/m3 erreichen
(Lawson-Kriterium: selbsttragende Kernfusion: brennt ohne Energiezufuhr
weiter + erzeugt Energie)
Das bedeutet für die individuellen Werte:
Dichte: 2-3 × 1019 m−3
Einschlusszeit: 1-2 s
Temperatur: 15 keV (170 ·106 K)
Im Labor: Lawson-Kriterium bislang nicht erreicht
Fusion via Magneteinschluss
Lawson-Kriterium muss nicht
vollständig erfüllt sein
→ Fremdheizung
Funktionsprinzip eines Fusionskraftwerks
Tritium wird im
Brutblanket erbrütet
Endprodukte
Neutronen
Brenn-/Brutstoffe
Fusionsplasma
im Magnetfeld
eingeschlossen
Kühlkreislauf
H + 3H → 4He + 1n
2
Dampfmaschine
Stromerzeugung
Q = 17,60 MeV
Tritium-Produktion
Brutblanket
zur Tritiumproduktion
6
3
Li + 01n → 24He + 13H
Q = 4,79 MeV
7
3
Li + 01n → 24He + 13H + 01n
Q = -2.46 MeV
(endothermisch, hochenergetische Neutronen
notwendig)
Neutronenvermehrung:
n + 9Be →2 4He + 2n - 1,6 MeV
n + Pb → X + 2n
Aufheizen des Brennmaterials
Coulombabstossung zwischen den positiven Kernen überwinden
Mehrere Heizmethoden:
elektromagnetische Wellen einkoppeln
(Wechselfelder)
Plasmateilchen in Resonanz mit Welle
→Beschleunigung
→Aufheizung
Sonne
Magnetfelder erzeugen elektrische Felder
Beschleunigen Plasmateilchen
→ Kollisionen
“Widerstand” → Aufheizung
Widerstand des Plasmas nimmt mit
Erde: Van-Allan-Gürtel
steigender Temperatur ab,
→ Heizen nur bis 107 K möglich.
Ionenquelle + Beschleuniger
→ geladenes Deuterium
entferne Ladung → neutrales hochenergetisches
Deuterium ins Plasma
→ Kollisionen
→ Aufheizung
Fusionsreaktor: Betrieb bei 200 Millionen K
→ alle Atome ionisiert
→ Plasma (Mischung aus positiven Ionen und Elektronen)
Einschluss des Fusionsplasmas
Sonne
Polarlicht
Quelle: Wikipedia
TRACE/NASA
Plasma: es herrschen die langErde: Van-Allan-Gürtel
reichweitigen Coulombkräfte vor
Problem: Teilchen dicht zusammenbringen?
Kontakt mit Reaktorwand vermeiden?
Magnetfelder schließen
heisses Plasma ein → magnetische Flasche
Quelle: Wikipedia
Einschluss des Fusionsplasmas
Magnetische Flasche:
zwei magnetische Spiegel
Reflexion möglich
Einschluss geladener Teilchen (Plasma)
Drift- und Kreisbewegung:
Geladene Teilchen bewegen sich
auf Spiralen um Magnetfeldlinien.
Einschluss des Fusionsplasmas
Die Magnetfeldlinien müssen jetzt zu einem Ring geschlossen werden.
Eine optimale Dichte erhält man in einem Toroiden mit einem poloiden Feld,
welches zu einer Verdrillung der Feldlinien führt.
Die Überlagerung der beiden Felder erzeugt eine magnetische Oberfläche, die die
geladenen Teilchen zusammenhält.
Einschluss des Fusionsplasmas
Zwei Konzepte: Tokamak und Stellarator
Tokamak = “Toroidale Kammer
in Magnetspulen”
Teilchen auf Torusoberflächen separiert
Problem: Turbulenzen
Stellarator: Dauerstrichbetrieb möglich
Teilchenbahnen im Stellarator
Einschluss des Fusionsplasmas
ASDEX-Tokamak (Garching)
Quelle: Günther Hasinger IPP
Einschluss des Fusionsplasmas
Wendelstein 7-X Stellarator (Greifswald)
blau: Magnetspulen
gelb: angestrebte Form des Plasmas
grün: Beispiel einer Feldlinie auf
Plasmaoberfläche
Vorteile:
Kein toroidaler Strom im Plasma
→ geeignet für Dauerstrichbetrieb
Vermeidung von Instabilitäten im Plasma
Einschluss des Fusionsplasmas
Wendelstein 7-X Stellarator (Greifswald)
Feldstärke: 3 T
Temperatur: bis 130 Millionen K
Einschluss: 0,5 h
Plasma-Masse: bis 30 mg (1020 Teilchen)
Plasmavolumen: 30 m3
Fusionskraftwerk: Abfallprodukte
Stromerzeugung mittels Kernfusion?
/DEMO
1016 keVsm-3 =
Lawson-Kriterium
ntET > 1021 keVsm-3
Stromerzeugung mittels Kernfusion?
Tokamak Fusionsreaktor ITER
International Thermonuclear
Experimental Reactor
Internationales Forschungprojekt
Betrieb ~ 20 Jahre,
D-T Fusion
(externe Tritiumzufuhr
Brutblanket optional)
erstmals Fusionsplasma für langen
Zeitraum erzeugen
Tokamak: kein Dauerstrichbetrieb
Lawson-Kriterium nicht erfüllt
>50% der Weltbevölkerung
>80% des GDP
Aufteilung der Kosten
Folgeprojekt: Stromproduktion mit
DEMO (nach 2030)
Deutliche Kostensteigerung seit
1992. Heutige Kosten: ~7 Mrd.€
EU: 45%
Tokamak Fusionsreaktor ITER
Technische Daten
Fusionsleistung
500 MW
Fusionsleistung /
Heizleistung (ohne
alpha-Heizung)
Q ≥ 10
Quelle: www.fusion.kit.edu
0,57 MW/m2
Mittlere
Neutronenbelastung
der Wände
Brenndauer des
Plasmas
≥ 300 Sekunden
Plasmastrom (durch
Transformator
induziert)
15 MA
Plasmavolumen
837 m
Installierte externe
Heizung
73 MW
Toroidales
Magnetfeld
5,3 T
3
Aktueller Zeitplan
2006
Projektbeschluss
2008-9
Bauplatz Vorbereitung
2010
Ausschactung Reaktorkomplex
2013
Baubeginn Reaktorkomplex
2015-19
Aufbau Tokamak
2020
erstmals Betrieb mit Plasma
2027
Start D-T Fusion
Bildquellen: www.iter.org, Süddeutsche Zeitung
ITER Aufbau
Cadarache, Frankreich
Quelle: www.iter.org
ITER Aufbau
ITER Aufbau
Bildquelle: Wikipedia
ITER Kryostat
~30 m Höhe x
24 m Durchmesser
Jefferson Memorial (Washington DC)
~29 m Höhe
Abraj Al-Bait Towers, Mekka
600 m Höhe
ITER Systeme
ITER Tokamak
24 m
Blanket
Quelle: www.fusion.kit.edu
Magnetsystem
Vacuum Vessel
(Plasmakammer)
Shield
(Blanket Hülle)
30 m
Divertor
Mensch
ITER Magnetsystem
Poloidale NbTi Feldspulen (PF)
formen und positionieren Plasma
• Supraleitende Nb3Sn Feldspulen (TF)
erzeugen einschließendes und
stabilisierendes toroidales Magnetfeld
• Nb3Sn Zentraler Nb3Sn Solenoid
Feldspulen (CS) erzeugen Strom im
Plasma
TF
TF
TF
Weitere Spulen optimieren
Magnetfeld und stabilisieren Plasma
Gesamtgewicht Magnetsystem ~ 8700 t
Quelle: www.iter.org
CS
ITER Blanket
Blanket
Vacuum Vessel
Divertor
ITER Blanket
• 440 Blanket Module
• - Be-Beschichtung auf
•
wassergekühltem Kupfersubstrat
• - Kühlmittelkanäle
• Zunächst nur als Neutronenschild
• - Tritium-Brüten via einfügbare
•
Testmodule
Quelle: www.iter.org
• Stabilität gegen elektromagnetische
Kräfte
Quelle: www.iter.org
ITER Brennstoffversorgung
Alternativen zur magnetischen Fusion
Lawson-Kriterium erfüllen durch Trägheitsfusion,
z.B. ausgelöst durch Laserbeschuss
Laser
Laser- oder Röntgenstrahlung
heizt Oberfläche des Fusionstargets auf →
Entstehung Plasmaatmosphäre
Laserpuls fortgesetzt
Brennstoff erreicht Dichte
und Temperatur für Fusion
- 20fache Dichte von Blei
- Temperatur 108 K
nach innen gerichteter Implosionsdruck des Oberflächenmaterials
→ Fusionsbrennstoff komprimiert
Fusionsreaktion im
Brennstoff
freigesetzte Energie:
Vielfaches der Laserenergie
Trägheitsfusion
National Ignition Facility (NIF) am Lawrence Livermore National Laboratorium
192 Laser
423 TW Spitzenleistung
NOVA, LLNL
Target chamber
Verwendung:
Ersatz für Kernwaffentests
Finanzierung durch Militär
Trägheitsfusion
Laser heizt Hohlraum, dieser emittiert Röntgenstrahlung
Röntgenstrahlen komprimieren D-T Brennstoffkapsel gleichmäßiger als der
originale Laserstrahl.
Hohlraum
D-T Kapsel (2mm)
Trägheitsfusion
Freigesetzte Energie entspricht
ungefähr einer Handgranate.
Targetbereich
Targetbereich nach
dem Laserbeschuß
Energieerzeugung mit Antimateriekernen?
Materie-Antimaterie-Vernichtung, z.B. D D
Materie vollständig in Energie umwandeln
pp → γγ
E=2mpc2 =3·10-10 J = 1876 MeV
1g
E= 9·1013 J = 6·1026MeV
≙ 21 kT TNT
Probleme:
- Herstellung von Antiteilchen
Batterie(!)-betriebener Antimateriespeicher
+
+
e aus β Zerfall → Anzahl gering
Bild: aus Film “Angels and Demons”
+
p, e aus Teilchenkollision
Energiebilanz →Teilchen-Antiteilchen paarweise erzeugen
- Wirkungsquerschnitt XX → γγ
- Lagerung
Magnetfelder: Teilchen können entweichen
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