DHV Symposium „Die Welt von morgen …“ Die Welt von morgen die Sicht eines „Energieforschers“ Thomas Klinger Max Planck-Institut für Plasmaphysik Garching und Greifswald DHV Symposium, Bonn 2. November 2016 Der globale Energiehunger Was kann man vorhersagen? Vorhersagen über die künftige Energiewelt sind sehr unsicher! Unsicherheiten durch Entwicklung: Energiepreise und –märkte politische Abhängigkeiten soziale Veränderungen Weltbevölkerung Wohlstandsniveau technologische Fortschritte* Systemische Betrachtung erforderlich. * Um 1900 gab es in New York etwa 100.000 Pferde. Die Times in London sagte im Jahr 1894 voraus, dass bis 1950 die Strassen mit einer 3 Meter hohen Mistschicht bedeckt sein würden . Ein Versuch einer Abschätzung mittlere Leistungsaufnahme pro Kopf / kW © D. Roland-Holst, UC Berkeley 10 5 0 Bruttosozialprodukt pro Kopf / $ 3 KW pro Kopf bei 30-40 T$ Bruttosozialprodukt pro Kopf Ein Versuch einer Abschätzung Eine Utopie? Gleiche Perspektiven für alle Regionen der Welt! Die Welt im Jahr 2100: Weltbevölkerung auf 10 Mrd Menschen angestiegen Entwicklungsländer haben Wohlstand etabliert Leistungsaufnahme pro Kopf auf 3 KW reduziert dies ergibt Primärenergiebedarf mit 30.000 GW Leistung mit Anstieg von 30 auf 40% Anteil elektrische Energie entspricht dies Versechsfachung der jetzt installierten Leistung* Versorgungsoptionen? * Siehe auch Simulationsrechungen von L. Clarke et al., Energy Economics 31, S64 (2009) Der Energiebedarf wird weiter ansteigen Anstieg um Faktor 2-4 mit hohen Unsicherheiten elektrische Energie 30 % → 40 % Jahr 2100 [L. Clarke et al., Energy Economics 31, S64 (2009)] Die Shell Energieszenarien bis 2050 [Shell Energy Scenarios 2050] starkes Wachstum in Asien und andern Schwellenländern langfristig zu ersetzen Ein Beispiel einer Studie bis 2100 [Cabal et al., Energy Strategy Reviews & Ward, Europhysics News 2016] Fusion – die einzige „neue“ Primärenergiequelle Kernspaltung und Fusion Spaltung Fusion schwere Kerne spalten leichte Kerne verschmelzen folgt dem gleichen Prinzip E = mc 2 Masseunterschied → Bewegung → Wärme p-p-Fusion der Sonne auf die Erde bringen? Referenz ESA, NASA, SOHO – EIT Consortium p + p → D + e+ + ν D + p → He3 + γ 3 3 4 He + He → He + 2p Bedingungen Sonnenzentrum 1000 × Dichte Festkörper 15 Mio. °C Ionentemperatur 100 Mrd. Bar Gasdruck Gravitation 330.000 × m⊕ Das geht nicht auf der Erde … Fusion von Wasserstoffisotopen 10 keV Tritium Neutron + 14.1 MeV Beschleunigung × 1000 Fusion 1018 Fusionsprozesse pro Sekunde und Kubikmeter erforderlich für ein 1 GW Kraftwerk → Plasma 10 keV Deuterium Helium + 3.5 MeV D-T - ein sehr effizienter Brennstoff D He 1 g D-T-Gemisch entsprich 10.000.000 g Kohle Deuterium ist in Wasser zu 0.015% enthalten. n T Tritium wird im Gefäß aus Lithium generiert. Li T 7 Li + n → 4 He + 3 T + n 6 Li + n → 4 He + 3 T He 1/2 Badewanne Wasser Li in einem Laptop-Akku ↓ 200.000 kWh = 30 Jahre Strom für einen durchschnittlichen EU Bürger Das Plasma – die Aurora Borealis Der Einschluss eines Plasmas sehr dichtes solares plasma ↑ Gravitation der Sonne β= pkin nk T = 2 B pmag B /( 2 µ0 ) dünnes Fusionsplasma ↑ starke magnetische Felder The tokamak device Ein starker Strom in den Spulen und im Plasma ... … erzeugt ein ringförmiges, verdrilltes magnetisches Feld. The stellarator device Ein starker Strom nur in geformten Spulen ... … erzeugt ein ringförmiges, verdrilltes magnetisches Feld. Der Stellarator braucht Optimierung gekoppelte Computercodes Optimierungskriterien 5 geformte Spulentypen Wendelstein 7-X Wasserstoffplasma 100 Mio °C Temperatur 0.01 g Wasserstoffgas in 30 m3 1 Mio. mal dünner als Luft starkes Magnetfeld verschraubte Geometrie 2 bar Plasmadruck gute Wärmeisolation Wendelstein 7-X Baustelle Wendelstein 7-X fertiggestellt Wendelstein 7-X in Betrieb 140 GHz Mikrowellenheizung Wasserstoffplasma Elektronen 100 Mio. °C Wasserstoff 20 Mio. ° C Plasmadauer 1- 7 s Internationales Forscherteam Frankreich Ungarn Italien Polen Portugal Spanien Los Alamos National Lab MIT Princeton U Wisconsin Umfangreiche Erweiterungen Wasserkühlung Wandstrukturen mehr Heizleistung wissenschaftliche Instrumente Wie sähe das Kraftwerk aus? HELIAS 5-B Studie Volumen 1400 m-3 Symmetrie 5 Perioden Spulenzahl 50 Radius 22 m Durchmesser 60 m B auf Achse 5.9 T B auf Spule 12.5 T Spulenstrom 13.65 MA hohe Betriebsstabilität ermöglicht Dauerbetrieb dreidimensionale Konstruktion Stromerzeugung Versorgungssicherheit Prozesswärme (Katalyse) Wie funktioniert das Kraftwerk? 2D + 3T → 4 He (3.5 MeV) + n (14.1 MeV) „blanket“ in situ Tritium-Erzeugung 7 Li + n → 4 He + 3 T + n 6 Li + n → 4 He + 3 T < 1 g D-T Plasma Kühlmittel T Gefäß D B⊗ zum Wärmetauscher ein voll ionisiertes D-T-Plasma bei 10 keV Ionentemperatur mit einer mittleren Dichte n~1020m-3 ergibt eine Fusionsleistung P/V ~ 2 MW/m3 Nahe am Kraftwerk - das Projekt ITER ITER Project ITER ist ein Tokamak Fazit Vorhersagen über die Energiewelt von morgen sind sehr unsicher. Der Energiehunger der Welt wird drastisch ansteigen. Fossile Energieträger werden an Bedeutung verlieren. Ist eine 100%-Versorgung mit enerneuerbaren Energien realistisch? Fusion ist die einzige neue Primärenergiequelle. Über 50 Jahren Forschung aber sehr große Fortschritte erzielt. Forschung tut not – Fusion ist eine mögliche Option für > 2050.