Grundsätze der Staatsregierung

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Vorschrift Normgeber:
Erlassdatum:
Fassung vom:
Gültig ab:
Staatsministerium der Finanzen
06.06.1977
06.06.1977
06.06.1977
Quelle:
Gliederungs- 2030.3-F
Nr:
Norm:
Art 21 GG
Teilnahme von Staatsbediensteten an Veranstaltungen
von Landtag, Senat, Landtagsfraktionen, Parteien und
Verbänden - Anlage 1: Grundsätze der Staatsregierung Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
1.
2.
3.
Zum Hauptdokument : Teilnahme von Staatsbediensteten an Veranstaltungen von Landtag, Senat,
Landtagsfraktionen, Parteien und Verbänden
Anlage
Grundsätze der Staatsregierung über die Teilnahme der Staatsbediensteten an Veranstaltungen von
Landtag, Senat, Landtagsfraktionen, Parteien und Verbänden (vom 11. Mai 1976)
1.
Landtag und Senat sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf zutreffende, aktuelle und umfassende
Informationen über getroffene oder beabsichtigte Entscheidungen, Entscheidungsgrundlagen oder
Verfahren der Staatsregierung angewiesen. Auf der anderen Seite ist auch die Staatsregierung
interessiert, ihre Entscheidungen und die Ziele ihrer Politik dem Landtag, dem Senat, den an der
politischen Willensbildung in besonderer Weise beteiligten politischen Parteien und nicht zuletzt den
Bürgern und den gesellschaftlichen Kräften zu erläutern. Dadurch werden sie in die Lage versetzt,
ihre Funktionen im demokratischen Willensbildungsprozess sinnvoll wahrzunehmen. Sowohl im
Informationsinteresse des Landtags, des Senats und der an der politischen Willensbildung beteiligten
Kräfte als auch im Interesse der Staatsregierung an einer sachgerechten Darstellung ihrer Politik ist
es unerlässlich, dass Äußerungen von kompetenter Stelle abgegeben werden. Die Verfassung trägt
diesen Erfordernissen in folgender Weise Rechnung:
-1-
1.
Gegenüber dem Landtag müssen Mitglieder der Staatsregierung Rede und Antwort stehen,
wenn sie nach Art. 24 Abs. 1 BV vom Plenum oder einem Ausschuss des Landtags gerufen
werden. Dasselbe gilt für die Beamten nach Maßgabe des Art. 18 des Gesetzes über die
Untersuchungsausschüsse des Bayerischen Landtags vom 23. März 1970 (GVBl S. 95), wenn
sie von einem Untersuchungsausschuss als Zeugen oder Sachverständige geladen werden.
Darüber hinaus ist es üblich, dass die Staatsregierung die nach der Geschäftsordnung des
Landtags gestellten Anfragen (§§ 71 ff. Landtagsgeschäftsordnung) in gehöriger Form und soweit
möglich umfassend und fristgerecht beantwortet. Damit steht dem Landtag als dem Träger der
Gesetzgebungsgewalt und der parlamentarischen Kontrolle der Staatsregierung die umfassende
Informationsmöglichkeit über alle Bereiche der Staatsverwaltung zu.
Umgekehrt gewährleistet die Verfassung (Art. 24 Abs. 2) auch den Mitgliedern der
Staatsregierung und ihren „bestellten Beauftragten“ den Zutritt zu den Sitzungen des
Landtagsplenums und der Landtagsausschüsse und das Recht, während der Beratung jederzeit,
auch außerhalb der Tagesordnung, gehört zu werden. Die Staatsregierung hat von diesem Recht
von jeher nicht nur mit dem Ziel Gebrauch gemacht, eigene Vorlagen und Absichten zu vertreten;
sie war vielmehr stets bemüht, dem Landtag und seinen Abgeordneten mit sachdienlichen
Informationen und Formulierungshilfen zur Verfügung zu stehen.
In diesem Rechte- und Pflichtenverhältnis zwischen dem Landtag und seinen Ausschüssen
einerseits und den Mitgliedern der Staatsregierung bzw. deren Beauftragten andererseits, wie
es die Verfassung vorsieht, kommt zum Ausdruck, dass der Ministerpräsident zusammen mit
den Staatsministern und Staatssekretären gemäß Art. 43 Abs. 1 BV die Staatsregierung als
das oberste leitende und vollziehende Organ der Staatsgewalt bildet, der Ministerpräsident die
Richtlinien der Politik bestimmt (Art. 47 Abs. 2 BV) und die Staatsminister, in ihrer Vertretung die
Staatssekretäre, die Geschäftsbereiche in eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag führen
(Art. 51 BV). Sie werden in diesen Funktionen von der Staatskanzlei und den Staatsministerien
nach Maßgabe der Art. 52, 55 BV unterstützt, wobei die Staatsministerien zugleich Leitstellen der
Verwaltung sind. Es liegt auf der Hand, dass die Staatsminister als Leiter der Geschäftsbereiche
und die Staatsministerien als Leitstellen der Verwaltung die berufenen Vertreter sind, mit denen
der Landtag und seine Mitglieder die die Exekutive betreffenden Angelegenheiten diskutieren
können.
2.
Gegenüber dem Senat gelten die dargestellten Grundsätze des Art. 24 BV über die Anwesenheit
der Staatsregierung und deren Mitwirkung bei den parlamentarischen Verhandlungen kraft
ausdrücklicher gesetzlicher Regelung entsprechend (Art. 25 des Senatsgesetzes).
3.
Anders als das durch verfassungsmäßige Rechte und Pflichten gekennzeichnete Verhältnis
der Staatsregierung zu Landtag und Senat sowie zu deren Ausschüssen ist das Verhältnis der
Staatsregierung zu den Fraktionen des Landtags, den politischen Parteien und den Verbänden
nicht institutionalisiert und nicht durch Informationsrechte und Auskunftspflichten geprägt. Hier
-2-
bestimmen sich Intensität und Form der Zusammenarbeit ohne den Zwang geschriebener Rechte
und Pflichten durch die Eigengesetzlichkeit des demokratischen Willensbildungsprozesses.
4.
Dieser veranlasst die Staatsregierung, ihre Politik, ihre Vorhaben und Maßnahmen in die offene
Diskussion einzubringen und dafür um Unterstützung zu werben.
In einer parlamentarischen Demokratie ist es vordringlich und selbstverständlich und entspricht
dem in der Verfassungsordnung anerkannten Parteienstaatsprinzip (Art. 21 Abs. 1 GG), dass
die Staatsregierung gegebenenfalls auch durch Beauftragte mit der Mehrheitsfraktion im
Landtag oder den Landtagsfraktionen, denen ihre Mitglieder angehören, besonders eng
zusammenarbeitet und sich um deren Unterstützung für die Ziele ihrer Politik bemüht. Dasselbe
gilt für die Zusammenarbeit mit der regierungstragenden Partei und deren Einrichtungen.
Es ist das gute Recht der Mitglieder der Staatsregierung, bundes- und landespolitische
Probleme zunächst einmal mit den Gremien der Regierungspartei, der Landtagsfraktion und
ihrer Landesgruppe im Deutschen Bundestag abzusprechen. Mit dieser Auffassung steht die
Staatsregierung sowohl in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als
auch in Übereinstimmung mit allen ihren Vorgängerinnen, die in derselben Weise mit den sie
tragenden Parteien zusammengearbeitet haben.
Auch in dem Verhältnis zwischen der Staatsregierung und den Fraktionen des Landtags, den
politischen Parteien und den Verbänden gilt der Grundsatz, dass berufene Gesprächspartner
die Staatsminister und Staatssekretäre sowie die Staatsministerien sind. Sie verfügen über
das umfassende Informationspotenzial und den Überblick über die Gesamtzusammenhänge
und sind daher in der Lage, sowohl das Informationsinteresse der Träger der politischen
Willensbildung als auch das Bedürfnis der Regierung nach sachgerechter Darstellung ihrer
Politik durch zutreffende, objektive und vollständige Auskünfte zu befriedigen. Dieser Grundsatz
trägt auch der parlamentarischen Verantwortlichkeit des Ministerpräsidenten für die Richtlinien
der Politik (Art. 47 Abs. 2 BV) und der Staatsminister für ihren Geschäftsbereich (Art. 51
Abs. 1 BV) Rechnung, die unbeschadet ihrer gegenständlichen Teilung die gesamte Tätigkeit der
Staatsregierung umfasst.
2.
Aus diesen Grundsätzen ergeben sich für das Verhältnis der Staatsregierung zu den Fraktionen, den
politischen Parteien und den Verbänden folgende Konsequenzen:
1.
Veranstaltungen von Parlamentsfraktionen, deren Arbeitskreisen und politischen Parteien
Bei Sitzungen, Hearings oder sonstigen Veranstaltungen der Parlamentsfraktionen, ihrer
Arbeitskreise und der politischen Parteien über Gegenstände von allgemeiner und öffentlicher
Bedeutung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Veranstalter ein Interesse an
umfassender, aktueller und zutreffender Information über Maßnahmen, Vorhaben und
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Entscheidungen der Staatsregierung haben. Auch die Staatsregierung kann ein Interesse an
der Darlegung ihrer Politik in solchen Veranstaltungen haben. Daraus folgt selbstverständlich
nicht, dass die Veranstalter solcher Sitzungen, Hearings usw. gehalten wären, dazu Vertreter
der Staatsregierung zuzulassen oder sie sogar einzuladen und ihnen Gelegenheit zur Äußerung
zu geben. Umgekehrt muss es aber auch der Staatsregierung überlassen bleiben, ob sie jeder
Einladung zu solchen Veranstaltungen folgt und die Gelegenheit nützt, ihre Politik zu vertreten.
Den beiderseitigen Interessen dient es, dass Einladungen zu solchen Veranstaltungen nur an
kompetente Stellen gerichtet werden. Das sind im Regelfall der zuständige Staatsminister, sein
Stellvertreter oder das zuständige Staatsministerium, ausnahmsweise die Leiter nachgeordneter
Behörden, wenn die Angelegenheit ausschließlich auf den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde
begrenzt ist.
Nehmen Bedienstete – aufgrund eines für den Einzelfall oder allgemein erteilten Auftrags des
für den Geschäftsbereich verantwortlichen Staatsminister – an Veranstaltungen der Fraktionen
und Parteien teil, so sind sie nach Verfassung und öffentlichem Dienstrecht verpflichtet, die
Weisungen, dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien ihrer Vorgesetzten zu
befolgen.
Ihre Äußerungen müssen mit der Auffassung des Staatsministers, den Beschlüssen der
Staatsregierung und den Richtlinienentscheidungen des Ministerpräsidenten in Einklang
stehen. Diese bilden zusammen mit den geltenden Gesetzen den Maßstab für die dienstlichen
Handlungen und Äußerungen der Bediensteten (Art. 64 Abs. 2 BayBG bzw. § 8 Abs. 2 BAT,
§ 9 Abs. 1 und 9 MTL II). Daraus folgt zwangsläufig, dass die Auswahl der teilnehmenden
Bediensteten letztlich Sache des zuständigen Staatsministers ist, der für die Äußerungen auch
die parlamentarische Verantwortung zu tragen hat. Er muss deshalb in der Lage sein, dafür
zu sorgen, dass ein ausreichend informierter und geeigneter Bediensteter als Sprecher der
Exekutive auftritt.
Soweit ein solcher Bediensteter in einer neu auftretenden Frage Veranlassung zu einer
persönlichen Äußerung gegeben sieht, muss er diese Äußerung als persönliche Meinung
kennzeichnen und dabei seine Verpflichtung zu parteipolitischer Neutralität beachten (Art. 96 BV,
Art. 62 Abs. 1 BayBG bzw. § 8 Abs. 1 BAT, § 9 Abs. 9 MTL II). Die Beachtung dieser Grundsätze
liegt nicht nur im Interesse der Staatsregierung an einer zutreffenden Darstellung ihrer Politik
sondern auch im Interesse der Fraktionen und Parteien an zuverlässigen und sachlich richtigen
Auskünften, die die unerlässliche Voraussetzung jeder verantwortlichen Willensbildung sind.
2.
Veranstaltungen von Verbänden, Vereinen und sonstigen Gruppen des gesellschaftlichen Lebens
Ist der Gegenstand einer solchen Veranstaltung nicht nur von internem, fachwissenschaftlichem
oder lokalem, sondern von allgemeinem und öffentlichem Interesse, so gelten für die Erteilung
von Auskünften und die Teilnahme von Vertretern der Staatsregierung oder Staatsverwaltung
dieselben Grundsätze wie zu 1.
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3.
Von den vorstehenden Grundsätzen bleiben unberührt
1.
die Teilnahme von Bediensteten an Veranstaltungen der Parteien und Verbände, soweit sich die
Teilnahme auf die Repräsentation der Dienststelle beschränkt;
2.
Auskünfte über Sachstand, rechtliche Problematik und weiteres Verfahren in Einzelfällen. Zu
Informationen hierüber ist jeder in der Angelegenheit zeichnungsbefugte Bedienstete gemäß
§ 7 der Allgemeinen Dienstordnung (ADO) berechtigt, soweit nicht die Auskunft unzulässig
oder dienstrechtlich einer anderen Person, z. B. dem Behördenvorstand oder Pressesprecher
(Art. 72 BayBG), vorbehalten ist. Dabei ist auf sachliche Richtigkeit, Unmissverständlichkeit,
Vollständigkeit und Objektivität zu achten. Mitglieder des Deutschen Bundestags, des
Bayerischen Landtags und des Bayerischen Senats sind hinsichtlich ihrer Anliegen und Anfragen
bevorzugt und auch außerhalb der öffentlichen Sprechzeiten zu empfangen (§ 6 Abs. 3 ADO);
3.
die Tätigkeit von Hochschullehrern, soweit sie im Zusammenhang mit der eigenverantwortlichen
Ausübung von Forschung und Lehre steht, und die Tätigkeit anderer Bediensteter, die ähnlichen
durch die eigenverantwortliche Aufgabenstellung gekennzeichneten Sonderbereichen zuzuordnen
ist.
Diese Vorschrift wird von folgenden Dokumenten zitiert
Verwaltungsvorschriften der Länder
Anlage 2: Rundschreiben des Staatsministeriums der Finanzen, i. d. F. v. 06.06.1977
Staatsministerium der Finanzen, i. d. F. v. 06.06.1977, Az.:21 p 1020 12 10 29 057
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