Das doppelte Spiel mit dem Feuer

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Das doppelte Spiel mit dem Feuer
Gegenwärtig stehen dienstrechtliche Belange im Fokus des öffentlichen Dienstes – ist doch vieles im Umbruch und im Unklaren.
Das Neue Dienstrecht, die
Sparattacken der Staatsregierung zu Lasten der Beamten und das Urteil des
VG Düsseldorf zum „Streikrecht für Beamte“ sind Themen mit gewaltigem Zündstoff.
Letzteren Sachverhalt versucht zurzeit vor allem die
GEW als Durchbruch zu
feiern und verlangt ein
Streikrecht der Beamten
auch in Bayern. Doch der
Schein trügt gewaltig.
Sprengkraft besitzt dieses
Urteil. Was war geschehen? In Nordrhein-Westfalen hatte eine Lehrerin an
drei Warnstreiks teilgenommen. Sie versäumte dabei
an diesen drei Tagen ihren
Dienst. Die Disziplinarbehörde verhängte deshalb
eine Disziplinarstrafe von
1.500.-- €, weil sie nach
Auffassung des Dienstherrn
unerlaubt vom Dienst ferngeblieben war und somit
gegen ihre Dienstpflichten
verstoßen hatte. Dagegen
klagte die Lehrerin. Prompt
hielt das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Verhängung der Geldstrafe für
unzulässig, was – wie erwähnt - von der GEW als
Erfolg und als Öffnung für
das Streikrecht der Beamten gefeiert wurde – ein
Trugschluss, wie sich
schnell herausstellt, wenn
man das Urteil genauer unter die Lupe nimmt.
In Wahrheit ist dieses Urteil
nämlich äußerst merkwürdig und gefährlich. Das Gericht vertrat die Auffassung,
Gerhard Gronauer
dass Beamte in der Bundesrepublik weiterhin nicht
streiken dürfen. Gleichzeitig
ist aber die Geldstrafe nach
Auffassung des VG Düsseldorf wegen der Streikteilnahme unzulässig, weil ein
Lehrer als Beamter keine
hoheitlichen Staatsaufgaben wahrnehme. Damit
würden Lehrer nicht zum
beamtenrechtlichen Kernbereich gehören.
Das Gericht degradiert damit die Lehrerschaft zu
Staatsbeamten zweiter
Klasse. Dieses Urteil be-
deutet im Grunde genommen die Entbeamtung der
Lehrerschaft oder zumindest eine Zwei-KlassenBeamtenschaft.
Wer allerdings jetzt angesichts dieses Urteils Beamte zum Streik aufruft, nimmt
aus Ideologiegründen sehenden Auges das Ende
des Beamtenverhältnisses
für uns in Kauf. Zumindest
wird er kein Beamtenverhältnis de luxe wie erwartet bekommen, sondern
allenfalls eine Schmalspurausgabe.
Ganz abgesehen davon
werden Öffentlichkeit, Politik und Medienlandschaft
nicht akzeptieren, wenn wir
weiterhin das Lebenszeitprinzip, eine Arbeitsplatzsicherheit, Fürsorgeleistungen und die lebenslange
Versorgung bei vollem
Streikrecht einfordern. Bei
Lehrkräften macht das
Streikverbot auch deshalb
Sinn, weil Gehaltsforderungen nicht auf dem Rücken
der Kinder ausgetragen
werden dürfen. Das steht
im Widerspruch zu unseren
pädagogischen Grundsätzen.
Allerdings bedarf es für ein
funktionierendes Beamtenverhältnis einer verlässlichen und berechenbaren
Partnerschaft. Hierzu gehört, dass sich der Staat
auf seine Beschäftigten
verlassen kann. Hierzu gehört aber auch ein fairer
Umgang des Staates mit
seiner Beamtenschaft.
Doch diese Fairness setzt
die Staatsregierung gegenwärtig leichtfertig aufs
Spiel, wenn die Beamten
für einen ausgeglichenen
Haushalt der Staatsregierung wieder einmal Sonderopfer bringen sollen. Insbesondere die geplante Absenkung der Eingangsbesoldung und eine Nullrunde
für die Beamten im Jahr
2011 sind ein fatales Signal
und im Grunde genommen
eine Missachtung unserer
Leistungen.
Insbesondere aus zwei Gesichtspunkten sind diese
Schritte inakzeptabel. Mit
der Absenkung der Eingangsbesoldung sollen vor
allem die Schwächsten büßen. Die Nullrunde ist deshalb nicht hinnehmbar, weil
soeben im Tarifbereich ein
Abschluss gefunden wurde,
der den Arbeitnehmern ab
dem 1.4.2011 eine Einmalzahlung von 360.-- € und
eine Tariferhöhung von 1,5
% beschert. Hinzu kommen
weitere 1,9 % zum
1.1.2012.
„Es wäre das erste Mal in
der Geschichte der vergangenen Jahrzehnte, dass die
Anpassungen im Tarif- und
Beamtenbereich derart
auseinanderklaffen!“ warnte
BBB-Vorsitzender und
BLLV-Abteilungsleiter Rolf
Habermann eindringlich vor
den Konsequenzen dieser
Überlegungen. Ein erneuter
Vertrauensverlust in die
Glaubwürdigkeit wäre letzt-
endlich unmittelbare Folge.
Die einseitige Aufkündigung der Verlässlichkeit
bringt die Balance zwischen Beschäftigten und
Staat ins Rutschen. Die
Beamtenbesoldung kann
nicht nach Belieben und jeweiliger Kassenlage zur
Disposition
gestellt werden.
schiedlich. Das Ergebnis
könnte aber dasselbe sein.
Die Beamtenbesoldung
kann die Vernunft des Bayerischen Landtages richten,
die Problematik um das
„Streikrecht“ die Wählerschaft bei der nächsten
Personalratswahl.
Gerhard Gronauer
Dies wird noch unverständlicher, wenn man die Entwicklung der letzten Monate beobachtet. Im November wurde die Idee der Nullrunde geboren, um damit
einen ausgeglichenen
Staatshaushalt aufstellen
zu können. Seither sprudeln die Steuereinnahmen.
Sie waren im Jahr 2010
deutlich höher als in der
Novemberschätzung noch
vorhergesagt. Gerechnet
wird jetzt mit einem weiteren Plus von 500 Mio. €.
Insgesamt stehen dem
Freistaat 2,2 Milliarden €
mehr zur Verfügung als ursprünglich erwartet.
Wenn angesichts dieser
Tatsachen der Finanzminister weiter an seinem Plan
der Nullrunde und der Absenkung der Eingangsbesoldung festhält, so würde
dies erneut zu einer erheblichen und tiefgreifenden
Verstimmung der bayerischen Beamtinnen und Beamten führen. Letztendlich
spielt auch er mit dem Feuer. GEW und Staatsregierung eine eigenartige „
Koalition“? Beide rütteln an
den Grundsätzen des Beamtentums. Soviel haben
sie gemeinsam. Ihre Motive
aber sind äußerst unter-
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