„Schule ist mehr ....“ Impulse für Gesundheitsbildung Ernährungsbildung Alltagskompetenz“ Sekundarbereich I (5.-10. Schuljahr) Impressum Redaktion - Angelika Maasberg Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen e.V. Praxisbüro Gesunde Schule Fenskeweg 2 30165 Hannover Tel.: 0511/3 50 00 52, Fax: 3 50 55 95 E-mail: [email protected] - Helga Strube, Dörthe Hennemann, Marie v. Alvensleben Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. Sektion Niedersachsen Berliner Alle 20 30175 Hannover Tel.: 0511-380-2466 Fax: 0511-380-2465 E-mail: [email protected] - Kathrin Bratschke Verbraucherzentrale Niedersachsen Herrenstraße 14 30159 Hannover Tel.: 0511/ 9 11 96 43 Fax. 0511/ 91 19 610 E-Mail: [email protected] - Dr. Dorothee Meyer-Mansour Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Calenberger Str. 2 30169 Hannover Tel.: 0511-120-2239 Fax: 0511-120-2385 E-mail: Dorothee.Meyer-Mansour@ ml.niedersachsen.de Die Dokumentation wird kostenlos abgegeben und kann unter Einsendung eines frankieren Umschlags mit 1,53 Euro bezogen werden bei: Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Dr. Dorothee Meyer-Mansour Calenberger Str. 2 30169 Hannover Inhaltsverzeichnis Impressum 2 1 Vorworte 5 2 „Gesundheitsbildung- Ernährungsbildung - Alltagskompetenz“ 7 Dr. Dorothee Meyer-Mansour 2.1 Arbeitsgruppe I Optimierung der Verpflegungssituation in Schulen 2.2 Arbeitsgruppe II Mit welchen didaktischen und methodischen Raffinessen macht Essen Schule? 3 11 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund - Ernährung in der Schule 13 3.1 Mittagessen in der Ganztagsschule - nicht Problem sondern Chance Arbeitskreis „Ernährung und Schule“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) 3.2 Ernährung in der Schule – Anspruch und Wirklichkeit Prof. Dr. Helmut Heseker 3.3 Von der Ernährung zur Esskultur - Ein überfälliger Perspektivwechsel für eine realitätsgerechte Ernährungsbildung Prof. Dr. Barbara Methfessel 3.4 Ernährung und Schule - eine Bildungsoffensive Prof. Dr. Ines Heindl 3.5 Geschlechtsunterschiede in der Ernährung Jugendlicher Prof. Dr. Petra Kolip 3.6 Soziale Lage, Ernährung und Gesundheit Dr. Antje Richter 3.7 Verhaltens- und Verhältnisprävention – wie wirksam ist Ernährungserziehung? Prof. Dr. Volker Pudel 3.8 Ernährung und Bewegung im Kontext der Gesundheitsziele Dr. Gabriele Windus 3.9 Essen in der Schule - Herausforderungen und Chancen für den Schulalltag Georg Homburg 4 9 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen 13 15 20 25 29 31 34 37 41 45 4.1 Übersicht zu Verpflegungssystemen Prof. Dr. Helmut Heseker 4.2 Empfehlung für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen - Die Optimierte Mischkost optimiX Dr. oec. troph. Kerstin Clausen, PD Dr. Mathilde Kersting 4.3 Gesetzliche Grundlagen 51 5 54 Modelle guter Praxis 45 49 5.1 Schulen beschreiben ihre Mittagsverpflegung 5.1.1 Theodor-W.-Adorno-Schule 5.1.2 IGS Roderbruch 5.1.3 Nikolaus Kopernikus Schule 5.2 Regionale Projekte 5.2.1 „Wir Frühstücken“ 5.2.2 „Transparenz schaffen – von der Ladentheke bis zum Erzeuger“ 54 54 55 56 58 58 61 6 63 Essvergnügen selbstgemacht 6.1 Tipps aus der Praxis Christiane Deneke, Hilke Bruns 6.2 Rezepte und Anregungen 6.3 Essen mit allen Sinnen – „Das zergeht auf der Zunge“ Kathrin Bratschke 63 69 73 3 Inhaltsverzeichnis 7 Medienübersicht 75 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 Grundsatzliteratur Weiterführende Literatur Materialien und Medien für die Praxis Kochbücher Medien-Kataloge Internetadressen Ausstellungen 75 75 77 78 79 79 81 8 Ansprechpartnerinnen und -partner in Niedersachsen 83 4 Vorwort 1 Vorworte Wir haben ein gemeinsames Anliegen: Die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Wir wissen, dass eine ausgewogene und gesunde Ernährung für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit von großer Bedeutung ist. Da sich das Ernährungsverhalten bereits im Kindesalter ausbildet und einmal erworbene Ernährungsmuster häufig ein Leben lang beibehalten werden, kommt einer frühzeitigen Vermittlung von Kompetenzen eine besondere Bedeutung zu. Wir wissen aber auch, dass die kognitive Vermittlung von Zusammenhängen zwischen Ernährung und Gesundheit allein nicht ausreicht, um langfristig im Sinne von Verhaltensänderungen erfolgreich zu sein. Auch die Zuweisung an das Elternhaus und dessen Verantwortlichkeit ist in vielen Fällen wenig hilfreich. Verschiedene Studien belegen die zunehmende Fehl- und Mangelernährung von Kindern, vor allem solchen aus sozial benachteiligten Familien bzw. Familien, die ihren Erziehungsund Versorgungsleistungen nur unzureichend nachkommen. Mit der Einführung und Verbreitung von Ganztagsschulen finden Essen und Hans-Heinrich Ehlen Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Trinken von Kindern und Jugendlichen zu weiten Teilen in der Schule selbst statt. Die erweiterten Möglichkeiten der Unterrichtsund Pausengestaltung sowie die Notwendigkeit, eine gesunde Mittagsverpflegung anzubieten schaffen gute Möglichkeiten, das Thema Ernährung stärker als bisher gezielt zu befördern. Leider wird die Frage des gemeinsamen Mittagessens von vielen als reine Organisationsfrage und vorrangig unter Kostengesichtspunkten bewertet. Die Chancen zur Förderung eines guten Schulklimas, eines gemeinsamen Handelns, einer Verständigung über die Essensgestaltung – und unter Umständen auch noch für die Verständigung über ethnische Besonderheiten – können darüber hinaus für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen nutzbar gemacht werden. Wir sind davon überzeugt, dass ein gesundes, schmackhaftes Essen wesentlich zum Wohlfühlen und zum Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler sowie zur Akzeptanz von Ganztagsschulangeboten bei Eltern beitragen wird. Der Reader soll Ihnen Anregungen und Hilfestellungen geben. Dr. Ursula von der Leyen Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Bernd Busemann Kultusminister 5 Gesundheitsbildung – Ernährungsbildung - Alltagskompetenz 2 „Gesundheitsbildung- Ernährungsbildung - Alltagskompetenz“ Dr. Dorothee Meyer-Mansour Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Referat 205.2 Wissenschaftliche Studien belegen eine zunehmende Fehl- und Mangelernährung von Kindern und Jugendlichen insbesondere aus sozial benachteiligten Gruppen bzw. Familien, die ihren Betreuungs- und Versorgungsleistungen nur unzureichend nachkommen. Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, benachteiligte soziale Gruppen zu erreichen. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass auch mit dieser Zielgruppe im Themenfeld „Essen und Trinken“ erfolgreich gearbeitet werden kann. Wir wissen mittlerweile, dass selbst als „schwierig“ geltende männliche Jugendliche sich durchaus motivieren lassen. Grundvoraussetzung ist jedoch: die Atmosphäre muss stimmen, sie müssen Praktisches tun und erleben können mit direktem Bezug zu ihrem Alltag. Und wenn sie dann auch noch ein „sattes“ Gefühl mit nach Hause nehmen können, sind sie zumeist eifrige Akteure. Die Vermittlung von Gesundheits-/ Ernährungs- und damit Alltagskompetenzen stößt im Rahmen von immer knapper werdenden öffentlichen Mitteln schnell an Grenzen. Die Überführung von punktuell und sporadisch angebotenen Einzelmaßnahmen in eine kontinuierliche Förderung stellt sich uns somit als Chance und Herausforderung dar. Könnten wir unsere Ernährungsaufklärungsmaßnahmen in ein umfassendes Konzept von Gesundheitsbildung einbetten und den Kindern und Jugendlichen wichtige Alltagskompetenzen mit auf den Weg geben, so wäre für deren weitere gesundheitsförderliche Lebensführung viel gewonnen. In einer Projektgruppe bestehend aus der Landesvereinigung für Gesundheit, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Sektion Niedersachsen, der Verbraucherzentrale Niedersachsen sowie den beteiligten Ministerien wurden im Rahmen des Modellvorhabens Ansatzpunkte für unser gemeinsames Anliegen ausgelotet Die in Niedersachsen etablierten und ständig wachsende Zahl von Ganztagsschulen bieten, neben weiteren Schulformen, her- vorragende Möglichkeiten einer praktischen Umsetzung. In einem schulischen Ganztagsbetrieb essen und trinken Kinder und Jugendliche innerhalb des schulischen Rahmens. Durch das vorhandene Verpflegungsangebot lassen sich somit sowohl die Auswahl der konsumierten Lebensmittel steuern als auch, durch das Imitationslernen der Kinder und Jugendlichen untereinander, die Gruppensituation für ein gesundheitsförderliches Verhalten nutzen. Wir wissen, dass heute oftmals das mangelnde Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu einer gesunden Ernährung bereits Barrieren aufbaut. Neben den Angeboten selbst muss somit immer auch eine positive Imagewerbung betrieben werden, d.h. Sinne, Gefühle und jugendspezifischen Erfahrungen müssen angesprochen werden. Ansätze, die gestützt auf Neugierde und Entdeckerfreude, die Sinne schulen und Koch- und Ess-Erfahrungen schaffen, haben sich im Gegensatz zu einer rein kognitiven Wissensvermittlung bewährt. Kinder und Jugendliche sollen in den freiwilligen Angeboten mit Spaß dabei sein und die kulturelle Einbettung von Essen und Trinken im gemeinschaftlichen Umgang erleben. Durch ein handlungs- und erlebnisorientiertes Angebot können Schülerinnen und Schüler an ein gesundes Ess- und Trinkverhalten herangeführt werden. Mit Kochen, Genießen, Erleben von Esskultur und natürlich mit hauswirtschaftlicher Praxis können sie sich mit ihrem alltäglichen Essen und Trinken auseinander setzen und ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Alltagshandeln aufbauen. Eine nachhaltige Verankerung einer vollwertigen, gesundheitsförderlichen Verpflegungssituation an Schulen kann jedoch nur gelingen, wenn alle vorhandenen Kräfte gemeinsam an einem Strang ziehen. Flankierende Unterstützung versuchen wir durch Beratungsangebote, Materialien und Workshops anzubieten. Deshalb möchten wir mit diesem Reader Anregungen geben, die Möglichkeiten der Institution Schule offensiv für das alltägliche aber dennoch zentrale Thema „Essen und Trinken“ zu nutzen. 7 Gesundheitsbildung – Ernährungsbildung - Alltagskompetenz Als Einstieg in die Thematik wurde im Februar 2003 eine Veranstaltung zu dem Thema „Gesundheitsbildung – Ernährungsbildung – Alltagskompetenz“ mit dem Schwerpunkt Ernährung in der Schule durchgeführt. Ziel der Fachtagung war es, neue Impulse für die Gestaltung von Ernährung im Schulalltag zu setzen sowie die entsprechenden Möglichkeiten und Anforderungen zu erörtern. Nach einführenden Vorträgen wurden am Nachmittag zwei Workshops mit den Aufgabenstellungen: 8 1. Optimierung der Verpflegungssituation in Schulen 2. Mit welchen didaktischen und methodischen Raffinessen macht Essen Schule? angeboten. Die Diskussionsergebnisse der Teilnehmer (ca. 80 Lehrkräfte) wurden stichwortartig notiert und sind auf den folgenden Seiten festgehalten. Workshop „Essen macht Schule“ 2.1 Arbeitsgruppe I Optimierung der Verpflegungssituation in Schulen Wie sieht die momentane Verpflegungssituation an ausgewählten niedersächsischen Schulen aus? - Ergebnisse Frühstücksangebote (1. oder/und 2. Pause): • Vollwert-Kiosk • Angebote durch Schüler, Eltern, Sozialpädagogen • „Bio-Bude“ durch Elternvertretung • Frühstücksbrötchen durch AG • Öko-Kiosk durch Schüler und SV-Beraterinnen • Hausmeister-Kiosk Mittagsangebot • 2x wöchentlich von Müttern • Mensa: - Anlieferung ohne Ergänzung (von Zentralküche) - Anlieferung von Zentralküche mit eigener Frischkostergänzung - Anlieferung frisch zubereitet • 3x wöchentlich durch Unterricht (nur 20 Essen) • TK-Gerichte mit Frischkostergänzung • TK-Gerichte ohne Ergänzung Vollverpflegung (im Zeitraum von ca. 8.00 – 15.00 Uhr) • Vollwertkiosk • Automaten • Cafeteria: · vermietet / · durch Schüler • Frischküche • Bistro (durch Eltern) Hindernisse und Probleme: 1. Konkurrierende Angebote zum Frühstück oder zur Mittagsverpflegung • Schulintern konkurrierende Angebote: z. B.: Süßigkeiten-Kiosk versus „Bio-Kiosk“ • Eltern geben den Schülern unzureichendes Frühstück mit • Kommerzielle Angebote vor dem Schulgebäude • Schüler/innen geben Verpflegungsgeld für Süßigkeiten u. ä. aus 2. Personelle Ausstattung • Lehrkräfte übernehmen Organisationsaufgaben ohne Stundenentlastung • Ehrenamtliches Engagement (z. B. von Eltern) wird häufig nicht bezahlt bzw. gewürdigt • keiner will es machen: Organisation, Verantwortung, Qualifikation • Fachpersonal: - nicht ausreichend qualifiziert - nicht genug in der Schule integriert und daher wenig motiviert - nicht bezahlbar • Schüler/innen sind sporadische Mitarbeiter/innen 3. Akzeptanz • Ist bei den Schüler/innen und Lehrer/innen gering, wenn folgendes nicht beachtet wird: - Portionsgrößen - Qualität und Vielfalt, - Darreichungsform - Raumatmosphäre - Zeittakte (z.B. auch zu langfristige Festlegung der Essensauswahl) - kulturelle Besonderheiten - positive Kommunikation des Verpflegungsangebotes • fehlende altersspezifische Rückzugsmöglichkeiten und Essensangebote • geringer Spaßfaktor • fehlendes Mitspracherecht • mangelnde Vorbildfunktion der Lehrkräfte 4. Räumlichkeiten • mangelnde Ausstattung / Hygieneanforderungen nicht erfüllt • keine Zubereitungsküche • kein extra Essensraum/-Bereich • fehlende Atmosphäre s.o. 5. Qualitätsstandards • Ernährung und Essen ist kein wichtiges Thema in der Schule 9 Workshop „Essen macht Schule“ • fehlende Attraktivität des Faches „Hauswirtschaft“ • fehlende Esskultur • Organisationsstruktur werden nicht gesichert/verankert, weil sie z.B. durch ehrenamtliches Engagement getragen werden • fehlender schulinterner Konsens über Ziele (z. B. Angebotsinhalte, Wege der Umsetzung u. ä.) • mangelndes Praxiswissen (zur Umsetzung) 6. Finanzen • zu teueres Angebot aus Schüler/Elternsicht • Fachpersonal im Personalschlüssel nicht vorgesehen und dadurch nicht vorhanden • fehlende Räumlichkeiten, Ausstattung, Lagerungsmöglichkeiten • Planungsunsicherheit bei schwankender Zahl der Essensteilnehmer/innen • neue Ideen, damit das Essen fest integriert wird • Sicherung der vorhandenen Konzepte • Standardsicherung u. a. • Fortbildung (Küche + Lehrer/innen), räumliche Verbesserung, Angebote • Schaffung einer netten Atmosphäre zum Essen • Kooperation mit Berufsbildenden Schulen Finanzierung • Einrichtung von Küche und Essraum • Finanzierung einer Küchenhilfe • räumliche Realisierung von Kiosk, Cafeteria, Kantine (Organisation) • verpflichtende Essensteilnahme aller Schüler an Ganztagsschulen • personelle Unterstützung durch die Gemeinde/Kommune/Stadt Anregungen aus der Schulpraxis: Zielvorstellungen: verbesserte Akzeptanz: • Essenszahlsteigerung von 20% auf 50% • Kunden-/ Schülerzufriedenheit 100% • noch mehr Schüler/innen essen in der Mensa • Verpflegungsangebot ist für alle in der Schule interessant • Schülergerechte Angebote verbessertes Essensangebot • mehr Frischkost • keine Fertiggerichte (Kartoffelbrei aus der Tüte) • gesund und lecker belegte Brötchen • noch gesündere Angebote in der „BioBude“ • eigene Herstellung des Angebotes • gesunde vitaminreiche Kleinigkeiten als Frühstück bzw. Mittagessen • regelmäßige Angebote für die ganze Schule • gutes Ganztagesangebot Qualitätssicherung • mehr Beteiligung von Eltern und Lehrer/innen 10 zur Akzeptanz: • (Fürsprecher) Schüler/innen in den Essensausschuss einladen • Vielfalt des Angebotes sichern • Schülergerechtigkeit erfragen und kontinuierlich hinterfragen • Verknüpfung Theorie/Praxis Ernährungsbildung vom Unterricht • Schüler bereiten zu und kommunizieren ihr Angebot • Unterstützung bei Essensausgabe • Schüler/innen machen ein Mensapraktikum zur Qualitätssicherung • Handlungsleithilfen zur Errichtung eines Kiosks, Bistros wären notwendig • Engagierte Lehrkräfte erhalten Stunden zur Vorbereitung und Organisation • Kooperation mit Partner/innen aus der nahen Umgebung • Elternarbeit – Elterngespräche bezüglich kindgerechter, sinnvoller Verpflegung • Anreizsysteme für ehrenamtliches Engagement: z. B.: Kind beteiligter Eltern essen kostenlos; Beteiligung an den Einnahmen • Essensausschuss mit Vertreter aller Beteiligten Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 2.2 Arbeitsgruppe II Mit welchen didaktischen und methodischen Raffinessen macht Essen Schule? 1. Mit welchen Themen und Methoden kann ich Schüler für Ernährungs- und Gesundheitsbildung interessieren, damit die didaktischen Ziele erreicht werden Themen • • • • • • • • • • • • Feste gestalten Esskultur Interkulturelle Arbeit Herkunft der NM (fair trade Bsp. Fleisch) Qualität und Verarbeitung von LM Zusatzstoffe Nährstoffe Skandale Ernährungsbedingte Krankheiten, Bsp. Mangelernährung Lieblingsgerichte Wirtschaften Besondere Ernährungsformen (z.B. Sportler) Methoden Projekt • Kochduell • Versuche: physiologische Tests z.B.. Kaffeekonsum • Analyse von Zutatenliste • Internet • Praktische Arbeit • Szenarios: kleine Aufführungen • Erkundungen • Experimente • Projektarbeit • Freiarbeit • Gesprächsform • AG`s Interkulturelles Arbeiten: Feste gestalten; pos.: regt Kreativität an; Kennenlernen anderer Esskulturen, Atmosphäre; Glaube-DiätVerweigerungshaltung, neg. in Lehrplänen nicht vorgesehen gesunde Sporternährung; pos.: Untersuchung von sog. Fitness und Gesundheitsprodukten Experiment / Internetchat 2. Welche Erfahrungen habe ich mit diesen Themen und Methoden gemacht? Slogan: im Kleinen mit Kleinen beginnen! Themen Prakt. Arbeit Rezepte ausprobieren, pos.; zuwenig geeignete Räume, negativ; fehlende Zeit, Ausstattung, fachliche Eignung neg. Erkundung Verarbeitung von LM; pos.: Kochduell, zuwenig geeignete Räume, neg. Wahrnehmung von Hunger und Sattsein: Frühzeitige Unterstützung zum selbstständigem Essen geben unter Berücksichtigung der Einflussfaktoren auf das Essverhalten; Woher kommt das Essen? Grundschule; Bauernhof besichtigt, pos. Wir frühstücken anders / Ich bin zu dick / Allergienà positiv: Schülererfahrungen aufgreifen Methode Ausländische Küche versus Vollwertküche; pos.: Kann ausländische Küche vollwertig sein? Ist die Vollwertküche für ausländische Kinder geeignet? Neg.: ausländische Kinder finden vollwertige Kost geschmacklos; pos.: vollwertige Kost = bewusste Ernährungsform Unterernährung / ernährungsbedingte Krankheiten: Filme/ Selbsthilfegruppen/ Internetchat, pos. Schulgarten = Kooperation mit Schülerinnen und Schülern: Qualität und Verarbeitung von Lebensmitteln werden beurteilt Organisation/Einkauf/Timing: pos. Wunschkochen Kochduell Fastfood; pos.: , Fastfoodketten besichtigen, gesunde Ergänzungsmöglichkeiten erarbeitet Vermittlung von Kulturtechniken: pos. Erfahrung mit Essen als genussvolle Handlung in der Gemeinschaft: Rücksichtnahme / Fähigkeit zu teilen à Teamfähigkeit wird unterstützt = soziales Lernen Methoden Methoden Themen Gesprächsform: Nährstoffe - Infomaterial in Krankenkassen sammeln, pos. Zusatzstoffe in der Ernährung, Videos vom AID, pos. Herkunft der NM (fair trade Bsp. Fleisch), pos.: aktuelle Skandale aufarbeiten; Experiment: Leistungsfähigkeit / Lernerfolg durch Selbstversuch erproben am Beispiel selbst zubereiteter Pausensnacks und Frühstück Obst; Methode: Experimentelles Lernen mit sinnlicher Wahrnehmung. Obst zerlegen und probieren = Lernen an Stationen 11 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Methoden nen und intentionale Ernährungserziehung fördern, wie z.B.: Selbst bestimmtes Essen; positive Einstellung zum Körper; Körperwahrnehmung etc. Themen fächerübergreifend HW/Bio Sportlerernährung: pos. AG`s bilden: fördert Selbstbestimmung: Beispiel: Selbstversorgung während einer Klassenfahrt oder in besonderen Situationen; • Gemeinschaftliches Essen fördern – bewusstes Genießen damit erreichen • 3. Was kann ich daran noch optimieren? Verbesserung der Darbietung der Themen • Spiralcurriculum entwickeln: Klassenund Situationsunabhängige Bausteine auswählen können Entwicklung von Vorschlägen für die praktische Umsetzung in Unterrichtsstunden und Projektarbeit • Bedingungen optimieren: Schülergerechte Ausstattung und Küchen; Schülergerechte Rezepte • • Zusätzlich außerschulische Institutionen einbinden • Blockunterricht mit 4 Stunden besser, als pro Woche nur 2 Stunden • Einbeziehung der Eltern: Themenspezifische Elternabende; Elternbeteiligung im Rahmen von Projekten; Eltern aktiv am Unterricht teilhaben lassen • Übergewicht / Untergewicht: Projekte zur sekundären Ernährungserziehung entwickeln • Es muss gelingen Themen fachübergreifend und jahrgangsübergreifend umzusetzen • Fachfortbildung anbieten im Bereich der methodischen Umsetzung von Inhalten • Materialien so anlegen, dass Kinder mit allen Sinnen gleichermaßen angesprochen werden Handlungskompetenzen entwickeln, damit Jugendliche Freude und Spaß am ausgewogenen vielseitigen Essen bekommen. Gesundes Essen muss erlebbar und erlernbar sein! • Tauschbörse unter den Fachkräften mit Themen/Methoden, die sich bewähren • Neues Erprobtes und wissenschaftlich Evaluiertes bundesweit zusammentragen • Flexible und abwechslungsreiche Unterrichtsbausteine entwickeln • Theorie und Praxis miteinander verknüpfen. Bsp. Gar- und Wartezeiten für die Theorie nutzen • Ernährungsbildung beinhaltet primäre und sekundäre Ernährungserziehung, d.h. über die rein fachbezogene Vermittlung von Wissen hinausgehen kön- 12 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund Ernährung in der Schule 3.1 Mittagessen in der Ganztagsschule - nicht Problem sondern Chance Arbeitskreis „Ernährung und Schule“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) 1 Bei Ganztagskonzepten die Schulverpflegung nicht vergessen! Im Rahmen des Investitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ plant die Bundesregierung in den nächsten Jahren den Aufbau von 10.000 neuen Ganztagsschulen. Daher werden Schulleitungen, Schulträger, Schulaufsicht, Lehrer, Eltern und Schüler bundesweit mit der Umstellung ihrer Schulen auf Ganztagsschulangebote konfrontiert. Schulen sind bisher wenig auf die damit verbundenen Erfordernisse vorbereitet. Aspekte der Mittagsverpflegung sind für die meisten Schulleitungen neu und bestehende Informationsmöglichkeiten sind nicht bekannt. Es besteht daher die Gefahr, dass die Mittel verausgabt werden, ohne dass es zur Sicherung einer ausreichenden Ernährung der Schülerinnen und Schüler kommt. Zum Programm einer Ganztagsschule gehört neben den ganztagsschulspezifischen Freizeit- und Unterstützungsangeboten auch die Bereitstellung eines attraktiven Mittagessens, das den sensorischen und ernährungsphysiologischen Erfordernissen von Schüler/innen und Lehrkräften gerecht wird. Übersehen wird häufig, dass gemeinsames Essen und Trinken wesentlich mehr ist als Sättigung: das soziale Miteinander wird gestärkt und die Kommunikation gefördert. Eine gute, gesundheitsfördernde Mittagsverpflegung unterstützt die Leistungsfähigkeit und Gesundheit unserer Kinder bzw. Jugendlichen und kann der Entwicklung von Übergewicht und anderen Ernährungsproblemen vorbeugen. In einer Zeit, in der gemeinsame Mahlzeiten in den Familien in kultivierter Atmosphäre oder die Einnahme eines häuslichen Frühstücks keine Selbstverständlichkeit mehr sind, bietet die Schulverpflegung die Möglichkeit und Chance, 1 Mitglieder des DGE-Arbeitskreises „Ernährung und Schule“: Sigrid Beer, Helmut Heseker, Kirsten Schlegel-Matthies, Universität Paderborn; Dagmar von Cramm, Freiburg; Ines Heindl Universität Flensburg; Barbara Methfessel, Pädagogische Hochschule Heidelberg; Peter Gnielczyk, vzbv Berlin; Helmut Oberritter, Christel Rademacher, DGE Bonn ein gesundheitsförderndes Essverhalten zu lernen und zu festigen. Gemeinsames Essen motiviert zu einer bewussten Lebensmittelauswahl und nimmt positiv Einfluss auf die Esskultur und auf geltende Tischsitten. Das bedeutet, dass auch entsprechende Räumlichkeiten (Mensa oder Cafeteria) vorhanden sein müssen. Leider wird die Frage des Mittagessens in Ganztagsschulen derzeit von vielen Schulträgern und manchmal auch von Schulleitungen als eine reine Organisationsfrage bewertet, die vorrangig unter Kostengesichtspunkten gesehen wird. Die Chancen eines gemeinsamen Mittagessens zur Förderung eines guten Schulklimas werden nicht gesehen. Zudem besteht die Gefahr, dass eine zwar pragmatische, aber unter ernährungswissenschaftlichen bzw. medizinischen Gesichtspunkten ungünstige Lösung für das Mittagessen gewählt wird. Das Fehlen gesetzlicher Regelungen zur Qualität des Mittagessens darf nicht als Freibrief verstanden werden, nach einfachsten und schnellsten Lösungen zu suchen. Fast-Food-Ketten und Limonadenhersteller sind gern bereit, die Verund Ent-sorgungsprobleme der Ganztagsschulen zu übernehmen. Den Schulstandort stärken und das Schulprogramm bereichern! Schulen haben einen klaren Erziehungsund Bildungsauftrag, der zur Mitwirkung in der Gesundheitserziehung verpflichtet. Eine gesundheitsfördernde Schule umfasst alle Aspekte des Lebens in der Schule. Warum also nicht eine "gesunde Ernährung" in das Schulprogramm bzw. Schulprofil aufnehmen? Zur Gesundheitsförderung zählt einerseits die Behandlung gesundheitsrelevanter Themen im Unterricht. Anderseits gehört hierzu auch die praktische Umsetzung im Schulalltag. Durch Verbinden von Ernährungsthemen im herkömmlichen Unterricht oder in Projekten mit dem schulischen Mittagessen kann ein 13 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule enger Theorie-Praxis-Bezug hergestellt werden, der sich nachhaltig auf das Ernährungsverhalten auswirkt. Es ist wenig hilfreich und nicht glaubwürdig, wenn Kindern im Unterricht die Richtlinien einer "gesundheitsfördernden Ernährung" vermittelt werden und das Angebot am Schulkiosk oder bei der Mittagsverpflegung dies in keiner Weise widerspiegeln. Vielfach dürfte allerdings das Engagement der Lehrkräfte und Eltern erforderlich sein, um durch die Entwicklung und Verankerung eines gesundheits- oder gemeinschaftsorientierten Schulprofils der Schulverpflegung den notwendigen Stellenwert zu verschaffen. Eine zeitgemäße Schulverpflegung muss in erster Linie ernährungsphysiologisch ausgewogen, geschmacklich attraktiv und wirtschaftlich sein. Das unübersichtliche Angebot verschiedenster Verpflegungsmöglichkeiten unterschiedlichster Anbieter erschwert die Entscheidungsfindung hierfür ganz außerordentlich. Da anfänglich gewählte Schulverpflegungskonzepte meist über längere Zeit in den Schulen beibehalten werden, sind unabhängige Informationen und Bewertungskriterien für die Entscheidungsfindung dringend erforderlich. Hierzu wurde von unserem Arbeitskreis „Ernährung und Schule“ eine Stellungnahme veröffentlicht (www.ernaehrungund-verbraucherbildung.de und http://www.dge.de/Pages/navigation/fac h_infos/dge_info/2003/nuv0503.html). Außerdem wurde aktuell von aid infound DGE dienst (www.aid.de) (www.dge.de) ein umfangreicher Ordner zur praktischen Gestaltung des Mittagessens in Ganztagsschulen erstellt, der auf Veranlassung des BMVEL den zukünftigen 10.000 Ganztagsschulen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Zusätzlich fördert das BMVEL im Rahmen eines Beratungsprojekts der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (www.dge.de) den Aufbau eines Internetangebots zum Thema Schulverpflegung, Informationsveranstaltungen für die Entscheidungsträger und einen kompetenten Vor-Ort Beratungsservice. Der Arbeitskreis warnt mit Nachdruck davor, Schulverpflegung ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten auszuwählen und die aufgezeigten, vielfältigen Zusammenhänge und sich daraus ergebenen Chancen für ein gesundes Lernen und Leben zu vernach14 lässigen. Gesundes, schmackhaftes Essen wird wesentlich zum Wohlfühlen und zum Lernerfolg der Schüler/innen sowie zur Akzeptanz einer Ganztagsschule bei Eltern beitragen. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.2 Ernährung in der Schule – Anspruch und Wirklichkeit Prof. Dr. Helmut Heseker Universität Paderborn Fb Ernährung und Verbraucherbildung Eine vollwertige, bedarfsgerechte Ernährung ist für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit und die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen von großer Bedeutung. Sie kann wesentlich zur Prävention weit verbreiteter, ernährungsbedingter oder -mitbedingter chronischer Krankheiten beitragen. Auch Kinder und Jugendliche sind in zunehmendem Maße von Übergewicht und chronischen Folgekrankheiten betroffen [1]. Auf vielen Ebenen unternommene Anstrengungen, die Ernährungsgewohnheiten zu verbessern, haben diese ungünstige Entwicklung nicht aufhalten können [2]. Da sich das Ernährungsverhalten in der Regel bereits im Kindesalter manifestiert und einmal erworbene Ernährungsmuster oft ein Leben lang beibehalten werden, kommt einer frühzeitigen, handlungsorientierten Ernährungs- und Verbraucherbildung eine große Bedeutung zu. Eine Vermittlung von Wissen über Lebensmittelzusammensetzung und Esskultur, über Ernährungsphysiologie und über Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit [3] ist genauso wichtig wie der Erwerb von praktischen Kompetenzen in der Verarbeitung, Zubereitung und richtigen Lagerung von Nahrungsmitteln. Aufgrund veränderter Familienstrukturen, Lebensrhythmen und Arbeitsbedingungen findet traditionelle Ernährungserziehung und die gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten - noch dazu in kultivierter Atmosphäre - immer weniger im Elternhaus statt [4]. Eltern sind inzwischen auch nicht mehr die zentrale Instanz in Ernährungsfragen. Vorbilder aus Fernsehsendungen und Peergruppen beeinflusse das Essverhalten viel stärker und nachhaltiger. Bei der Herstellung und Bewertung von Lebensmitteln ist außerdem ein deutlicher Kompetenzverlust festzustellen. Immer weniger Menschen sind in der Lage aus Grundnahrungsmitteln schmackhafte Gerichte herzustellen, so dass Fertigprodukte weiter an Bedeutung gewinnen werden [5]. Schule ist daher aus mehreren Gründen gefordert, sich intensiver als bisher mit der Gesundheits-, Ernäh- rungs- und Verbraucherbildung auseinanderzusetzen [4, 6]. Hierzu bestehen im Rahmen der schulischen Ernährungsbildung und der Schulverpflegung vielfältige Möglichkeiten. Diese werden bisher oft nicht in ausreichendem Maße genutzt. Eine ausgewogene, bedarfsgerechte Ernährung ist für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit und die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen von hoher Bedeutung. Es ist nicht nur wichtig, dass die Kinder vor dem Unterricht zu Hause ein Frühstück einnehmen und ausreichend Flüssigkeit trinken. Genauso wichtig ist, dass in den Schulpausen eine geeignete Zwischenmahlzeit und bei Ganztags- oder Nachmittagsunterricht in der Mittagspause eine schmackhafte, vollwertige Mittagsmahlzeit eingenommen werden [7, 8]. Bedeutung der Ernährung im Kindesund Jugendalter Eine abwechslungsreiche, vollwertige Ernährung enthält alle für Wachstum, körperliche und geistige Entwicklung notwendigen Nährstoffe in ausreichenden Mengen [7, 9]. Diese minimiert einerseits das Risiko für eine evtl. Unterversorgung mit lebensnotwendigen Nährstoffen (z. B. Vitamine, Spurenelemente) und andererseits das Risiko einer evtl. überhöhten Zufuhr an unerwünschten Nahrungsbegleitstoffen (z. B. Cholesterin, Acrylamid). Eine vollwertige Ernährung ist am ehesten zu erreichen, wenn täglich eine warme Mahlzeit eingenommen wird, weil der Speiseplan dadurch abwechslungsreicher und schmackhafter gestaltet werden kann [10]. Viele Lebensmittel können nur im gegarten Zustand verzehrt werden. Studien zur Nährstoffversorgung haben gezeigt, dass Kinder und Jugendliche heute im Durchschnitt gut versorgt sind und bei abwechslungsreicher, energetisch ausreichender Nahrungsaufnahme keine wesentlichen Defizite in der Vitamin- und Mineralstoffversorgung zu erwarten sind [11, 12, 13, 14]. Dennoch gibt es Handlungsbedarf. Defizite in der Vitamin- und Mineralstoffversorgung können u.a. bei einseitiger Ernährung auftreten (z. B. Meiden von Obst und Gemüse) oder wenn über längere Zeit energie15 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule reduzierte Diäten eingehalten werden [14, 15]. Im Kindes- und Jugendalter treten zwar nur sehr selten durch Fehlernährung verursachte schwerwiegende Gesundheitsstörungen auf, aber ein ungünstiges Ess- und Trinkverhalten führt nicht selten zu erheblichen Problemen wie: • Einschränkung der schulischen Leistungsfähigkeit, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit, wenn kein Frühstück oder Mittagessen eingenommen wurden; • postprandiale Müdigkeit, z. B. nach einer fett- und kalorienreichen Mittagsmahlzeit („ein voller Bauch studiert nicht gern“); • Zahnschäden (Karies), z. B. bei hohem Süßigkeitenverzehr in Verbindung mit mangelhafter Mundhygiene; • überproportionale(r) Körpergewichtsentwicklung/Adipositas, z. B. bei chronisch positiver Energiebilanz (zu viel Energie besonders in Form von Fett und zu wenig Bewegung); • psychische und physische Beeinträchtigungen, wenn zu wenig getrunken wird. Bei Vorschul- und Grundschulkindern sind zwei physiologische Besonderheiten, die die Leistungsfähigkeit beeinflussen, besonders zu berücksichtigen: ein relativ hoher Flüssigkeitsbedarf und relativ geringe Glykogenreserven in Leber und Muskulatur [16]. Häufig ist zu beobachten, dass tradierte Schulregeln mit einer gesundheitsfördernden Ernährung nicht im Einklang stehen. So gilt z. B. in den meisten deutschen Schulen die Regel, dass während des Unterrichts nichts getrunken werden darf. Es gibt Schulbeispiele, die zeigen, dass das Erlauben von z. B. das Trinken von Wasser während des Unterrichts keine Störungen des Unterrichts zur Folge hat. Da im Grundschulalter die Energiereserven bei intensiver körperlicher Bewegung besonders schnell erschöpft sind, sind kohlenhydratreiche Zwischenmahlzeiten in diesem Alter besonders wichtig. Essen und Trinken in Schulen In Untersuchungen wurde gezeigt, dass 10–25 % der befragten Jugendlichen ohne Frühstück zur Schule gehen und häufig auch zu Hause und in den Schulpausen nichts trinken [17, 18, 19]. Ein auf dem Schulweg gekauftes Ersatz16 frühstück ist nur selten ernährungsphysiologisch ausgewogen. In der gymnasialen Oberstufe ebenso wie in den höheren Klassen der Haupt- und Realschulen findet vielerorts bereits Nachmittagsunterricht statt, ohne dass seitens der Schule ein Mittagessen angeboten wird. Beobachtungen zeigen, dass die Mehrzahl der Jugendlichen mitgebrachte Brote isst, Angebote des Schulkiosks oder umliegender Restaurants bzw. Imbissstuben nutzt [20]. Die Zusammensetzung dieser Mahlzeiten ist selten geeignet, die schulischen Leistungen des Nachmittagsunterrichts positiv zu beeinflussen [17]. Viel eher leiden Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen der Schüler und Schülerinnen durch die eintretende postprandiale Müdigkeit. Auch die Flüssigkeitsversorgung wird oft vernachlässigt. In unserer Untersuchung zum Trinkverhalten von Schülern und Schülerinnen zeigte sich, dass 4,5 % der Schüler/innen (vor dem Schulbesuch) zum Frühstück zu Hause nie und weitere 7,1 % nur selten ein Getränk tranken. In den Schulpausen tranken 7,1 % nie und 16,8 % nur selten ein Getränk. Neben einer unzureichenden Versorgung mit Lebensmitteln und Getränken in der Schule sind problematische familiäre Ernährungsgewohnheiten weit verbreitet, so dass auch die mitgebrachte und angebotene Pausenverpflegung den gewünschten Qualitätsstandards nicht entspricht. Dies betrifft vor allem Förder- und Hauptschulen bzw. Schulen in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf. In diesen setzen sich die gewählten Elternvertreter seltener als bei besser versorgten Kindern und Jugendlichen für eine ausgewogene Verpflegung ein. Ein schulisches Essensangebot könnte in diesen Schulen auch kompensatorisch und präventiv wirken. Fest institutionalisierte, zuverlässige und qualitativ hochwertige Lösungen sind eine Aufgabe der Schulträger [5, 21]. Essen in der Ganztagsschule In den nächsten Jahren werden auch in Niedersachsen neue Ganztagsschulen eingerichtet. Zum Programm einer Ganztagsschule gehört neben den ganztagsschulspezifischen Freizeit- und Unterstützungsangeboten auch die Bereitstellung eines attraktiven Mittagessens, das den sensorischen und ernährungsphysiologischen Erfordernissen von Kindern und Jugendlichen gerecht wird. Schulleitungen, Schulträger, Schulaufsicht, Kollegien, El- Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule tern und Schüler/innen werden daher in zunehmendem Maße mit der Umstellung ihrer Schulen auf Ganztagsschulangebote konfrontiert, sind aber bisher nur wenig auf die damit verbundenen Erfordernisse vorbereitet. Bei der Einrichtung von Ganztagsschulen bietet sich durch die Gestaltung und durch die Organisation des Mittagessens die Chance, angestrebte Gesundheitsziele durch die Verknüpfung von Verhältnis- und Verhaltensprävention zu erreichen. Es kann nachhaltig Einfluss genommen werden auf die Ernährungs- und Esssozialisation der Schülerinnen und Schüler. Die Schulverpflegung soll nicht nur „satt machen“, sondern gleichzeitig eine vollwertige Ernährung ermöglichen und eine positive Einstellung zu gesundheitsförderndem Ess- und Trinkverhalten vermitteln. Eine gute, gesundheitsfördernde Mittagsverpflegung wird die Leistungsfähigkeit und Gesundheit unserer Kinder bzw. Jugendlichen unterstützen und der Entwicklung von Übergewicht und anderen Ernährungsproblemen vorbeugen [5]. In einer Zeit, in der gemeinsame Mahlzeiten in den Familien oder die Einnahme eines häuslichen Frühstücks keine Selbstverständlichkeit mehr sind, bietet die Schulverpflegung die Möglichkeit und Chance, ein gesundheitsförderndes Essverhalten zu lernen und zu festigen. Gemeinsames Essen motiviert zu einer bewussten Lebensmittelauswahl und kann positiv Einfluss auf die Esskultur und auf geltende Tischsitten nehmen [22]. Das gemeinsame Mittagessen in der Schule ist gleichzeitig eine gute Möglichkeit zur Kommunikation und kann zur Förderung eines guten sozialen Schulklimas beitragen. Bei der Planung des Angebots müssen neben den räumlichen Gegebenheiten die Wünsche der Eltern und Schüler ebenso berücksichtigt werden wie das Angebot vor Ort und die personelle Situation. Durch das weitgehende Fehlen gesetzlicher Regelungen zur Qualität des Mittagessens ist die Gefahr groß, dass eine pragmatische, aber unter ernährungswissenschaftlichen Gesichtspunkten ungünstige Lösung für das Mittagessen gewählt wird (z. B. herkömmliche FastFood-Angebote aus dem Schulumfeld). Dies darf nicht als Freibrief verstanden werden, nach einfachsten und schnellsten Lösungen zu suchen. Die Mittagsverpflegung in Ganztagsschulen sollte daher nicht einfach örtlichen kommer- ziellen Anbietern oder dem Hausmeister überlassen werden. Eine zeitgemäße Schulverpflegung muss in erster Linie ernährungsphysiologisch ausgewogen, geschmacklich attraktiv und wirtschaftlich sein. Neben den bereits genannten übergeordneten bestehen allgemeine Anforderungen an die Speisenplangestaltung in Ganztagsschulen. Hierzu zählen [21]: • die Sicherstellung eines ernährungsphysiologisch vorbildlichen Angebots, • die Sicherstellung eines hohen Genusswertes bei Speisen und Getränken, • die Sicherstellung von Abwechslungsreichtum und Vielfalt im Speisenangebot, • die Wirtschaftlichkeit und ein günstiger Preis. Eine Mittagsverpflegung, die diese Forderungen erfüllen kann, ist mit unterschiedlichen Verpflegungssystemen möglich, die sich in der Regel an den räumlichen und sächlichen Gegebenheiten einer Schule orientieren. Aus ernährungsphysiologischer und sensorischer Sicht bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den bestehenden Verpflegungsmöglichkeiten. Das unübersichtliche Angebot verschiedenster Verpflegungsmöglichkeiten unterschiedlichster Anbieter erschwert die Entscheidungsfindung hierfür ganz außerordentlich. Da einmal eingeführte Schulverpflegungskonzepte meist über längere Zeit in den Schulen beibehalten werden, sind unabhängige Informationen und Bewertungskriterien für die Entscheidungsfindung dringend erforderlich. Von DGE und aid infodienst wurde ein umfangreicher Ordner zur praktischen Gestaltung des Mittagessens in Ganztagsschulen erstellt [23], der auf Veranlassung des BMVEL den neuen Ganztagsschulen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Zusätzlich fördert das BMVEL im Rahmen eines Beratungsprojekts der DGE den Aufbau eines Internetangebots zum Thema Schulverpflegung [http://ganztagsschule.dge.de], Informationsveranstaltungen für die Entscheidungsträger und einen kompetenten VorOrt Beratungsservice [24]. Schlussbetrachtung Schulen haben einen klaren Erziehungsund Bildungsauftrag, der zur Mitwirkung in der Gesundheitsbildung verpflichtet. Eine gesundheitsfördernde Schule umfasst alle Aspekte des Lebens in der Schule. Sie begreift Schule als Lern- und Lebensraum. Deshalb zählt zur Gesundheitsförderung 17 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule einerseits die Behandlung gesundheitsrelevanter Themen im Unterricht. Anderseits gehört hierzu auch die praktische Umsetzung im Schulalltag. So kann z. B. durch Verbinden von Ernährungsthemen im herkömmlichen Unterricht oder in Projekten mit dem schulischen Mittagessen ein enger Theorie-Praxis-Bezug hergestellt werden, der sich nachhaltig auf das Ernährungsverhalten auswirkt. Es ist wenig hilfreich und nicht glaubwürdig, wenn Kindern im Unterricht die Richtlinien einer „gesundheitsfördernden Ernährung" vermittelt werden und das Angebot am Schulkiosk oder bei der Mittagsverpflegung diese in keiner Weise widerspiegeln. Wünschenswert ist, dass die Mittagsverpflegung in Schulentwicklungs- und Gesundheitsförderungskonzepte der Schule eingebunden wird, um zu einer nachhaltigen Verbesserung der Ernährungssituation von Schülerinnen und Schüler zu gelangen. Literaturverzeichnis 1. Wabitsch M., Kunze D., Keller E., Kiess W., Kromeyer-Hauschild K. (2002). Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Fortschr Med 120: 99-106 2. Methfessel B., (1999). Ernährungserziehung, Selbstbewußtsein und Eigenverantwortlichkeit - Forderungen und Überforderungen. In: Dr. Rainer Wild-Stiftung (Hrsg) Gesunde Ernährung zwischen Natur- und Kulturwissenschaft. Rhema-Verlag, Münster, S 91-106 3. Heindl I., (1996). Ernährungserziehung in Schulen – (k)ein eigenständiges Fach. Ernährungs-Umschau 43: 450-454 4. Heindl I., (2003). Studienbuch Ernährungsbildung - ein europäisches Konzept zur schulischen Gesudheitsförderung. Klinkhardt Verlag, Bad Heilbrunn 5. Spiekermann U., (1999). Esskultur heute. Was, wie und wo essen wir? In: Dr. Rainer Wild-Stiftung (Hrsg) Gesunde Ernährung zwischen Natur- und Kulturwissenschaft. RhemaVerlag, Münster, S 41-56 6. Baerlocher K., Laimbacher J., (2001). Ernährung von Schulkindern und Jugendlichen. Monatsschr Kinderheilkd 149: 25-34 7. Kaiser B., Kersting M., (2001). Frühstücksverzehr und kognitive Leistungsfähigkeit von Kindern – Eine 18 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. Auswertung von Literaturbefunden. Ernährung im Fokus 1: 5-13 DGE-Arbeitskreis „Ernährung und Schule“, (2003). Ernährung in der Ganztagsschule. Teil 1: Notwendigkeit und Problematik von Schulverpflegung. ErnährungsUmschau 50: B9-B12 DGE, ÖGE, SGE, SVG (2000) Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Umschau/ Braus-Verlag, 1. Auflage, Frankfurt am Main Forschungsinstitut für Kinderernährung (2002) optimix. Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen. aid und DGE (Hrsg), Bonn Adolf T., Schneider R., Eberhardt W., Hartmann S., Herwig A., Heseker H., Hünchen K., Kübler W., Matiaske B., Moch K.J., Rosenbauer J., (1995). Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie (1985-1988) über die Lebensmittelund Nährstoffaufnahme in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kübler W., Anders H.J., Heeschen W., (Hrsg) Band XI der VERA - Schriftenreihe. Wissenschaftlicher Fachverlag Dr. Fleck, Niederkleen Alexy U., Sichert-Hellert W., Kersting M., (2002). Fifteen-year time trends in energy and macronutrient intake in German children and adolescents: results of the DONALD study. Br J Nutr 87: 595-604 Sichert-Hellert W., Kersting M., Alexy U., Manz F., (2000). Ten-year trends in vitamin and mineral intake from fortified food in German children and adolescents. Eur J Clin Nutr 54: 81-86 Brätter P., Heseker H., Liesen H., Kruse-Jarres J.D., Negretti de Brätter V., Pietrzik K., Schümann K., (2002). Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh Mensink G., (2002). Was essen wir heute? RKI (Hrsg): Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. RKI, Berlin Rost B., Otten A., (1998). Ernährung im Kindesalter. WVG Stuttgart Kersting M., Clausen S., SichertHellert W., Schöch G., (1995). Mahlzeiten, Lebensmittelverzehr und Nährstoffzufuhr von Schülern bei Ganztagsunterricht. Ernährungsforschung 40: 145–154 Semmler G., Heinrich P.B., Heinzel C., (1990). Repräsentativerhebung zum Pausenverpflegungsverhalten von Schülern in der Bundesrepublik Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Deutschland. Ernährungs-Umschau 37: 168 19. Mast M,. Körtzinger I., Müller M.J., (1998). Ernährungsverhalten und Ernährungszustand von 5-7-jährigen Kindern in Kiel. Akt Ernähr Med 23: 282–288 20. Pudel V., (2000). Essverhalten und Ernährungszustand von Kindern und Jugendlichen – eine Repräsentativerhebung in Deutschland. In: DGE (Hrsg) Ernährungsbericht 2000. Frankfurt, S 115-146 21. DGE-Arbeitskreis „Ernährung und Schule“, (2003). Ernährung in der Ganztagsschule. Teil 2: Institutionalisierung und Möglichkeiten von Schulverpflegung. Ernährungs-Umschau 50: B9-B12 22. Heindl I., (2000). Essen und Ernährung im Konzept gesundheitsfördernder Schulen. Aktuel Ernähr Med 25: 20-24 23. DGE/aid (2003) Mittagessen in Ganztagsschulen. Bonn DGE 24. Beratungsprojekt „Verpflegung in Ganztagsschulen“ http://ganztagsschule.dge.de/ 19 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.3 Von der Ernährung zur Esskultur - Ein überfälliger Perspektivwechsel für eine realitätsgerechte Ernährungsbildung Prof. Dr. Barbara Methfessel Pädagogische Hochschule Heidelberg Von der Ernährung zur Esskultur 1 Menschen müssen essen, in ausreichender Menge und sinnvoller Zusammensetzung. Was sie essen, die Quantität und Qualität der Nahrungsmittel und Speisen haben Folgen für Wohlergehen und Gesundheit, nicht nur des Einzelnen, sondern auch der Gemeinschaft. Dies ist unbestritten. Auswahl, Produktion, Beschaffung, Bearbeitung und Verteilung der Nahrung hatten daher immer eine große Bedeutung im Leben der Menschen und prägten Gesellschaften und Kulturen. Obwohl auch dies allgemein anerkannt ist, sind diese Bedeutungen und Wirkungen des Essens den essenden Menschen im Allgemeinen nicht bewusst – und selbst in der Ernährungsbildung fanden diese bisher wenig Beachtung. War Ernährungserziehung und -bildung daher bisher so ineffektiv? Der Mensch als Natur- und Kulturwesen Ein Naturwesen ist jeder Mensch insofern, als er essen muss. Zur Besonderheit des Menschen (im Vergleich zu den Tieren) gehört aber, dass er nicht auf bestimmte Nahrungsmittel spezialisiert ist. Als ‚Omnivore’ steht ihm eine breite Auswahl zur Verfügung, und da er zudem nicht instinktgeleitet isst, wählt er – ausgehend von unterschiedlichen Motivationen und Einflussfaktoren – seine Nahrung. Damit wird der Prozess der Ernährung und des Essens auch zu einem kulturellen Akt, als einem Produkt der Auseinandersetzung des Menschen mit seiner natürlichen und sozialen Umwelt. Diese Nahrungsauswahl weist in allen Kulturen Parallelen auf (vgl. Barlösius 1997), sie kann aber äußerst unter1 Dieses Papier basiert auf der Konzeption „Kulturwissenschaftliche Dimensionen von Ernährung und Essen“ des Kooperations-Projektes „REVIS – Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen“ (www.ernaehrung-undverbraucherbildung.de). Die Konzeption und auch dieser Beitrag umfassen Ergebnisse des Projektes „Esskultur im Alltag – Beiträge zu neuen Konzepten der Ernährungsbildung“ (www.phheidelberg.de/wp/methfess), gefördert durch die Dr. Rainer Wild Stiftung. Stiftung für gesunde Ernährung, Heidelberg (www.gesunde-ernaehrung.org). 20 schiedlich sein. In allen Kulturen gilt, dass Menschen nicht alles essen, was essbar ist, und dass – unabhängig von äußeren Zwängen (wie fehlenden Ressourcen) – nicht alle das Gleiche essen (dürfen)2. Im Handlungsvollzug ist Ernährung und Essen3 also immer eine kulturelle Handlung, ein Ergebnis der Entwicklung der materiellen (die Produktion, Beschaffung, Verarbeitung, Zubereitung etc. die Nahrung betreffend) und immateriellen (Wissen, Können, Kult etc.) Errungenschaften, d. h. Kultur. Materielle Errungenschaften (die Nahrung/Ernährung betreffend) umfassen vor allem: • die Gesamtheit der (materiellen) landwirtschaftlichen und industriellen Entwicklungen der Lebensmittel-Produktion, -Bearbeitung und –Vermarktung – auch in ihren globalen Entwicklungen; 2 Die Literatur hierzu ist inzwischen vielfältig. Auf eine einzelne und damit z. T. auch willkürliche Zuordnung wird hier weitgehend verzichtet. Einen gut lesbaren und unterhaltsamen Einblick liefern Bände zur Kulturgeschichte wie von Pascensky und Dünnebier (1994) oder zur symbolischen Bedeutung der Nahrung von Karmasin (1999); aufschlussreiche wissenschaftliche Beiträge zu unterschiedlichen Themenbereichen finden sich in Wierlacher et al. (1993), Teuteberg et al. (1997), Katalyse e. V. et al. (1997) sowie Dr. Rainer WildStiftung (1999); einen guten Überblick über die Diskussion der Soziologie des Essens und einen schlüssigen theoretischen Ansatz bietet Barlösius (1999), einen Überblick über aktuelle gesellschaftliche Fragen liefern Bayer et al. (1999), ein für die Bildung interessantes Feld bearbeitet Schlegel-Matthies (2001) am Thema Fleisch. Zur Diskussion des Geschlechterverhältnisses vgl. Methfessel (1999, 2003a) und die darin verwandte Literatur, zur Bedeutung der Zeitstrukturen vgl. Methfessel (2004). Zahlreiche Beiträge zur neuen Perspektive in der Ernährungserziehung finden sich in den letzten Jahrgängen der Zeitschrift Haushalt & Bildung. 3 Ausgehend von naturwissenschaftlich zu begründenden Zusammenhängen wird im Allgemeinen der Begriff Ernährung genutzt. Der Begriff Ernährung bietet sich auch an, wenn man die ganze Kette der Handlungszusammenhänge im Ernährungsbereich betrachtet (vgl. Setzwein 2003). In kulturwissenschaftlichen, vor allem anthropologischen und ethnologischen Zusammenhängen wird – in der Fokussierung auf den handelnden Menschen – eher der Begriff Essen genutzt (vgl. Barlösius 1999). Der Begriff Ernährung wird, wie Untersuchungen (z. B. die Nestlé-Studie von 1991) zeigen, von Menschen mit den physischen Erfordernissen der Menschen und der physischen Qualität der Nahrung verbunden. Im Alltagsgebrauch wird der Begriff Essen dagegen eher auf den realen Vollzug (in Hinsicht auf Produkt und Prozess) und die damit verbundenen sozialen und psychischen Zusammenhänge bezogen. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule • • • Lebensmittelangebot, Lebensmittelqualität und Versorgungsmöglichkeiten; sozioökonomische Rahmenbedingungen der Individuen und Haushalte für die Nahrungsversorgung; kollektive und gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Ressourcen. Immaterielle Errungenschaften (die Nahrung/Ernährung betreffend) umfassen vor allem: • wissenschaftliche und technologische Entwicklung und Orientierung; • Verbreitung und Nutzung des kollektiven Wissens sowie Bedingungen und Möglichkeiten der Aneignung und Nutzung durch die Einzelnen; • Wertesysteme von Individuen, Gemeinschaften und Gesellschaft und ihre Ausprägungen auf soziale Strukturen und Interaktionen, Kult und Religion, Künste etc. in ihrer Bedeutung für Ernährung und Essen; • Strukturen und/bzw. Systeme von Gemeinschaften und Gesellschaft; • sowie Sehnsüchte, Emotionen und deren Wirkungsmöglichkeiten etc. Dazu gehören dann auch: • die für die Ernährung zentrale Nutzung der Sinne: Sinnliche Wahrnehmung ist wie der Verstand von der Natur nur als Potenzial, nicht als entwickelte Kompetenz gegeben. Jede Wahrnehmung ist auch eine Selektion, und zwar in Hinblick auf die Aufnahme bzw. Ausblendung der Eindrücke und auf die Interpretation, Bedeutungszuschreibung und Bewertung. Dies ist in höchstem Maße kulturgeleitet, aber ebenso stark unbewusst, weil oft als ‚normal’ oder gar ‚natürlich’ empfunden. • der Geschmack: Geschmack ist – entgegen allgemeiner Annahmen – vorrangig Ergebnis kultureller Einflüsse und Prägungen und nur bedingt naturgeleitet (wie Süßpräferenz und Bitteraversion). All diese Errungenschaften beeinflussen das Handeln der Einzelnen und der Gemeinschaft, sie sind die Grundlage und die Rahmenbedingungen für die jeweiligen Esskulturen. Ess- und Ernährungskultur Der essende Mensch handelt immer als Teil (s)einer kulturellen Gemeinschaft, durchaus in individueller Aneignung und Brechung der Kultur. Materielle Errungenschaften, wie z. B. die Technologie oder der Hamburger, sind leicht als kulturprägend erkennbar. Die (un)heimliche handlungsleitende Wirkung immaterieller kultureller Muster (Ekel, Tabus, Statuswirkung) ist der Reflexion dagegen schwieriger zugänglich. Unsere Ernährungsgewohnheiten sind Ergebnis von Sozialisation und Enkulturation und drücken zunächst einmal das ‚Normale’ aus. Differenzen, wie Weißbrot oder Müsli zum Frühstück, spiegeln u. a. Wertekonkurrenzen und sind nur unterschiedliche Ausprägungen unserer Kultur. Die Frage, soll/muss überhaupt gefrühstückt werden (als kulturelle Frage, nicht als Diätoder Zeit-abhängige Entscheidung) oder warum nicht dreimal täglich eine Reismahlzeit (wie z. T. in Asien) stellt sich den meisten gar nicht. Erst die Konfrontation mit ‚fremden’ Mustern macht das ‚Normale’ zum kulturellen Produkt. Dies gilt verstärkt für den Geschmack: Unser Geschmack scheint das Ergebnis von Bewertungskompetenz zu sein. Er ist aber ein Ergebnis von Esserfahrungen, von Prägungen, die bereits im Mutterleib beginnen. Physische, soziale und psychische Funktionen von Essen sind miteinander verknüpft: Gerüche und Geschmack werden mit Gefühlen und Erinnerungen an Situationen, Essen mit Sicherheit, Geborgenheit, Vertrautheit und Identität assoziiert und dementsprechend gespeichert4. Möglichkeiten der Strukturierung der Kultur des Essens Es gibt zahlreiche Auseinandersetzungen und Theorien zur Kultur des Essens. Für die Bildung ist die Strukturierung, die Barlösius (1999, S. 39ff.) entwickelt, sehr hilfreich. Sie unterscheidet zwischen den drei Institutionen des Essens: 1. Die Kulturelle Bestimmung von _essbar> und _nicht essbar. Die Auswahl von Nahrung ist Ausdruck von Normen und Werten: Nahrung ist kulturelles und soziales Zeichen, Tabus verraten Weltsicht und Religion, Geruch und Geschmack dienen der 4 Zur Psychologie des Essens und des Ernährungsverhaltens gibt es unterschiedlich akzentuierte Literatur. Gute Einblicke bieten Grunert (1993), Logue (1995) oder Pudel und Westenhöfer (1998). Zur Diskussion vgl. auch Methfessel (2003b). 21 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule sozialen Distinktion. Was _essbar> und _nicht essbar> ist, unterliegt einem unterschiedlich starken Reglement (vom Tabu bis zu Moden in spezifischen (Sub-)Kulturen). 2. Die Küche als kulturelles Regelwerk’. Die Küche umfasst Ort, Material und Verfahrenstechnik und Zubereitungsart sowie auch alle soziokulturellen Phänomene bzw. Charakteristika. 3. Die Mahlzeit als soziale Institution. Die Mahlzeit dient in allen Kulturen der Entwicklung und Festigung von Gemeinschaft und gilt als Symbol für Zugehörigkeit. Zur Institution Mahlzeit gehören viele Aspekte wie Tischgemeinschaften, Tischsitten, Tischgespräche, und zwar bezogen auf Alltag und Festtag, auf häuslich/familiäre und außerhäusliche Mahle etc. Diese drei Institutionen erlangen in der Entwicklungsphase Jugend noch einmal spezifische Brechungen (Bartsch & Methfessel 2002). Essen, d. h. seine soziale Organisation und Bedeutung strukturiert und verändert Gesellschaften und deren natürliche und soziale Bedingungen, folgt gesellschaftlichen Werten und dient der individuellen und sozialen Identität. Ernährungsbildung ist bisher jedoch vorrangig an einem Gesundheitsverständnis orientiert, das auf einer bedarfsgerechten Zufuhr von Nähr- und Wirkstoffen gründet. Gesundheit ist aber nicht die einzige und für die einzelnen Menschen nicht notwendigerweise die vorrangige Zielsetzung. Gesundheit wird zudem auch durch die soziale und psychische, nicht nur durch die physische Funktion des Essens beeinflusst5. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Frage nach dem ‚richtigen’ Essen von Wissenschaft und Pädagogik mit dem Blick auf den physischen Bedarf anders beantwortet wird als von ‚essenden Menschen’, die ihrer Vorstellung eines psychisch und sozial befriedigenden Angebots folgen (vgl. auch Spiekermann 1999). Die soziale und psychische Bedeutung des Essens wird in der Ernährungser5 Zu einem erweiterten Gesundheitsverständnis vgl. das Heft 2/2002 der Zeitschrift Haushalt & Bildung mit dem Schwerpunkt ‚Salutogenese’. 22 ziehung selten beachtet – und wenn, dann meist als ‚Störung’ und als Hemmnis auf dem Weg zu einer ‚richtigen’ Ernährung. Die gesundheitsfördernde Bedeutung des psychisch und sozial befriedigenden Essens wird zudem unterschätzt. So wird dann auch meist die Diskrepanz zwischen Alltagshandeln und den wissenschaftlichen Empfehlungen der Unvernunft der essenden Menschen und nicht der Begrenztheit der Wissenschaftler/innen attribuiert. Werden die kulturellen Bedeutungen des Essens angemessen erkannt, dann kann auch die Institution Schule die Sozialisations- und Enkulturationsfunktion des Essens nutzen und mit Hilfe einer schulischen Esskultur die Schulkultur fördern. Thesen 1. Eine naturwissenschaftlich ausgerichtete Ernährungsbildung erweitert das Wissen und ggf. das schlechte Gewissen. Solange jedoch keine bewusste Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen und Differenzen zwischen physischen, sozialen/sozio-kulturellen und psychischen Funktionen des Essens stattfindet, wird Ernährungsbildung nicht handlungswirksam. 2. Die psychischen und sozialen Funktionen des Essens sind für die Alltagsbewältigung und auch für die Gesundheit ebenso wichtig wie die physische Funktion. Alle Funktionen des Essens sind daher gleich zu gewichten und zu beachten. 3. In der Ernährungsbildung ist die subjektive Bedeutung des Essens und die eigene Rationalität der essenden Menschen zu achten und zu berücksichtigen. Folgerungen für Ernährungs- und Verbraucherbildung Da Ernährung und Essen 1. kulturellen Mustern folgt, 2. sich in Abhängigkeit von sozioökonomischen Bedingungen und Interessen entwickelt, 3. von individuellen physischen, sozialen und psychischen Bedürfnissen und Bedarfen abhängt, 4. gemeinschaftliche und gesellschaftliche physische, soziale und psychische Bedürfnisse und Bedarfe bedient, kann Ernährungsbildung sich nicht auf naturwissenschaftliche Grundlagen beschränken. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Ernährungsbildung muss folgende zentrale kulturelle Aspekte berücksichtigen: • die kulturelle Ausformung (Wahl der Lebensmittel, Küche, Mahlzeit; vgl. die drei Institutionen nach Barlösius); • die über die physische Funktion hinausgehende soziale und psychische Bedeutung des Essens, wodurch u. a. die soziale und individuelle Identität (mit)bestimmt wird/werden kann (vgl. Teuteberg et al. 1997); • die Körperbilder und -beziehungen und die soziale und geschlechtliche Identität (vgl. Methfessel 1999, 2003a); • ein Verständnis dafür, warum Essen und Ernährung sich besonders als Kern oder wesentlicher Bestandteil von stark werteorientierten (ideologischen, religiösen, politischen etc.) Konzepten eignet; • eine Bewertung von Ernährungsweisen unter Berücksichtigung von Bedingungen und Bedürfnissen sowie individuellen und gemeinschaftlichen/gesellschaftlichen Werten; • ein Verständnis für die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten an der ‚Ernährungskette’ (Landwirtschaft, Industrie, Handel, Verbraucher); • ein Verständnis des kulturellen Hintergrundes wissenschaftlichen Wandels und wissenschaftlicher und subjektiver Theorien (soweit diese unterschieden werden können); • ein Verständnis für die sozialen, ökologischen und politischen Wechselwirkungen, die mit der individuellen Ernährungsweise einhergehen; • die Bereitschaft, individuelle Ernährung nicht nur unter Gesundheitsverantwortung, sondern auch unter sozialer und ökologischer Verantwortung zu gestalten. All diese Aspekte sind einerseits Grundlagen der Reflexion und Bewertung des eigenen Ernährungshandelns bzw. -verhaltens. Sie müssen andererseits – verantwortungsvoll – zur schulischen Ernährungssozialisation bedacht und genutzt werden. Nicht immer können alle in gleicher Weise und Intensität thematisiert werden. Sie sollten jedoch Elemente des Basis-, Struktur- und Orientierungswissens von Lehrkräften sein. Die Kenntnis ihrer Bedeutung und Zusammenhänge sollte den Unterricht leiten. Auch naturwissenschaftliche Inhalte können dann besser auf kulturelle Hin- tergründe abgestimmt werden. Die Diskrepanz zwischen Lehrkräften und ihren Bildungszielen auf der einen Seite und der Wirklichkeit sowie den Interessen der Schülerinnen und Schüler auf der anderen Seite könnte so vielleicht geringer werden. Literatur 1. Barlösius E., (1997). Die Küche als soziokulturelles Phänomen. In Katalyse e. V. & Buntstift e. V. (Hrsg.), Ernährungskultur im Wandel der Zeiten. Dokumentation der Tagung vom 28.29. September 1996. Köln/Göttingen. 2. Barlösius E., (1999). Soziologie des Essens. Eine sozial- und kulturwissenschaftliche Einführung in die Ernährungsforschung. Weinheim: Juventa. 3. Bartsch S. & Methfessel B., (2002). Essverhalten von Jugendlichen. Der Einfluss von Familie, Peergruppe und Markt. Vortrag auf der 14th Conference of the International Commission for ethnological Research, Basel, Vervey, 3.-6.10.2002. Wird veröffentlicht in Patricia Lysarth (Hrsg.), Changing Tastes: Food Culture and the Processes of Industrialisation. Proceedings of the 14th Conference of the International Commission for ethnological Research. Reihe Beiträge zur Volkskunde. Basel. 4. Bayer O., Kutsch T. & Ohly H.P., (1999). Ernährung und Gesellschaft. Forschungsstand und Problembereiche. Opladen: Leske + Budrich. 5. Dr. Rainer Wild-Stiftung (Hrsg.), (1999). Gesunde Ernährung zwischen Natur- und Kulturwissenschaft. Münster: Rhema. 6. Grunert S. C., (1993). Essen und Emotionen. Die Selbstregulierung von Emotionen durch das Eßverhalten. Weinheim: Beltz. 7. Haushalt & Bildung, (2002). Themenschwerpunkt ‚Salutogenese’. Heft 2. 8. Karmasin H., (1999). Die geheime Botschaft unserer Speisen. Was Essen über uns aussagt. München: Bastei. 9. Katalyse e. V. & Buntstift e. V. (Hrsg.), (1997). Ernährungskultur im Wandel der Zeiten. Dokumentation der Tagung vom 28.-29. September 1996. Köln / Göttingen. 10. Logue A. W., (1995). Die Psychologie des Essens und Trinkens. Heidelberg: Spektrum. 23 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 11. Methfessel B., (1999). Körperbeziehungen und Ernährungsverhalten bei Mädchen und Jungen. Lehr- und Lernvoraussetzung in der Ernährungserziehung. In B. Methfessel (Hrsg.), Essen lehren - Essen lernen. Beiträge zur Diskussion und Praxis der Ernährungsbildung (S. 31-76). Baltmannsweiler: Schneider, Neuauflage 2000. 12. Methfessel B., (2003a). Geschlechterverhältnis und Ernährungsleitbilder. Vortrag auf dem Expertenworkshop des Instituts für sozialökologische Forschung (ISOE), 26.3.2003, Frankfurt. Veröffentlichung erfolgt in Claudia Empacher & Doris Hayn (Hrsg.), Ernährungsleitbilder im Wandel, voraussichtlich 2003/2004. 13. Methfessel B., (2003b). Das ewig schlechte Gewissen. Essverhalten zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Vortrag auf dem 15. Symposium "Wissenschaft und Ernährungspraxis" "Wir essen was wir wollen! Oder?“ der AMC-Akademie für ErnährungsKommunikation e. V., 7. 2. 2003, Bingen. Veröffentlichung erfolgt ab Ende 2003 im Internet unter www.deamc.info und im Garreport. 14. Methfessel B., (2004). Zeit-Räume für eine gemeinsame Esskultur. Warum wir sie in der Schule brauchen und wie wir sie ermöglichen. Haushalt & Bildung, 81, Heft 1 (z. Zt. im Druck). 24 15. Paczensky G. von & Dünnebier A., (1999). Kulturgeschichte des Essens und Trinkens. München: Orbis. 16. Pudel V. & Westenhöfer J., (1998). Ernährungspsychologie. Eine Einführung. Göttingen: Hogrefe. 17. Schlegel-Matthies K., (2001). Ernährung als Schnittstelle von Naturwissenschaften und Kulturwissenschaften – am Beispiel Fleisch. Hauswirtschaft und Wissenschaft, 49 (3), 120-127. 18. Setzwein M., (2003). Was ist Ernährungskultur? Ein Diskussionsbeitrag. Mitteilungen des Internationalen Arbeitskreises zur Kulturforschung des Essens, H.11/2003 (www.gesundeernaehrung.org). 19. Spiekermann U., (1999). Eßkultur heute. Was, wie und wo essen wir? In Dr. Rainer Wild-Stiftung (Hrsg.), Gesunde Ernährung zwischen Natur- und Kulturwissenschaft (S. 41-56). Münster: Rhema. 20. Teuteberg H.-J.; Neumann G. & Wierlacher A. (Hrsg.), (1997). Essen und kulturelle Identität. Europäische Perspektiven. Berlin: Akademie-Verlag. 21. Wierlacher A. Neumann G. & Teuteberg H.-J., (1993). Kulturthema Essen. Ansichten und Problemfelder. Berlin: Akademie-Verlag. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.4 Ernährung und Schule - eine Bildungsoffensive Prof. Dr. Ines Heindl Universität Flensburg Institut für Ernährungs- und Verbraucherbildung Sieben Thesen zur Ernährungsbildung Das Thema Ernährung für Kinder und Jugendliche scheint zur Zeit in aller Munde zu sein. Von Fit Kid, der Gesundessen-Aktion für Kindertagesstätten (DGE 2002), über Food News, Ernährungstipps für Jugendliche (aid 2002), Fitoc, ein Programm für übergewichtige Kinder (Freiburg), Aufgeschmeckt, die Kinder- und Jugendaktion von Brot für die Welt (Stuttgart), bis zu Empfehlungen für Verpflegungsangebote in Ganztagsschulen (DGE 2003) wird an die gesellschaftliche und institutionelle Verantwortung für Ernährung und Gesundheit der Kinder und Jugendlichen appelliert. Was auf den ersten Blick wünschenswert und positiv aussieht, und dies bestätigen Förderprogramme der letzten 25 Jahren, vermittelt meist eine zu kurzfristige Anlage der Konzepte, Investitionen in Materialien statt in Menschen, fehlende Überlegungen und Kooperationen bei der Übertragung, Verankerung und Institutionalisierung in gesellschaftlichen Erziehungs- und Bildungssystemen. So versanden sinnvolle Aktionen nicht selten nach abgeschlossener finanzieller Förderung, weil die Beteiligten in alte Muster menschlicher und institutioneller Gewohnheiten zurückfallen. Interventionen durch Bildung für nachhaltige Wirkungen zur Verbesserung der Gesundheit sind selten spektakulär und gelingen nur, wenn Erziehungs- und Bildungsinstitutionen, unterstützt durch politische Rahmenbedingungen, über ein gemeinsames Interesse, Bedingungen und Strukturen für Veränderungen schaffen. Das Entstehen neuer individueller und institutioneller Gewohnheiten braucht Zeit und einen langen Atem. Vor diesem Hintergrund formuliert das Studienbuch zur Ernährungsbildung grundlegende Thesen (vgl. Heindl 2003): 1. These: Sinnlichkeit und Genuss beim Essen gehören zusammen – Geruch, Geschmack, Konsistenz und Aussehen entscheiden darüber, was auf den Teller und in den Mund gelangt. Die Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft haben in den vergangenen 40 Jahren zu einem Informationszuwachs ungeahnten Ausmaßes geführt. Und dennoch bleibt jeder Mensch sein eigener Ernährungsexperte, denn er isst Tag für Tag und trifft gewohnheitsmäßige Entscheidungen. Das Auswahlkriterium „Nahrung für eine gesunde Ernährung“ tritt im Alltag zurück, wenn Duft- und Geschmacksstoffe das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, zartes Schmelzen, weiche Cremigkeit oder knuspriges Knistern zu Tasterlebnissen im Mund führen. 2. These: Esserlebnisse werden früh mit Erinnerungen verknüpft – Wahrnehmungen von Geruch, Geschmack und Atmosphäre in der Kindheit prägen Essgewohnheiten und beeinflussen das Essverhalten ein Leben lang. Jeder Mensch verfügt über Erinnerungen an positiv und negativ besetzte Esserlebnisse, die an Düfte, Gerüche und Geschmack gebunden sind. Erzählungen der Menschen aus ihrem Essalltag machen deutlich, dass, ausgehend von kindlicher Erfahrung, sinnliche Wahrnehmungen bestimmter Esssituationen mit der jeweils erlebten Atmosphäre verknüpft werden. Vorlieben und Abneigungen in den Essgewohnheiten spiegeln sich in entsprechenden Bildern und Phantasien wider, die später vor allem über Gerüche wiederbelebt werden können. 3. These: Nahrung, Speisen und das Essen selbst sind Mittel der Kommunikation – Im alltäglichen Verhalten entwickeln sich Essmuster und Gewohnheiten, woraus auch Störungen des Essverhaltens entstehen können. In jedem Vorgang des Essens werden über „Tischgespräche“ hinaus der Ort, die Nahrung, das Menü zu beredten Mitteln des Austauschs. „Ich esse meine Suppe nicht, nein, meine Suppe ess` ich nicht.....!“ Der Essende teilt sich auch in der Verweigerung mit. Wenn dann noch die Sprache versagt, vermittelt das Essen bzw. NichtEssen die psychosozialen Befindlichkeiten. Im Sinne von Danzer und Rattner (vgl. 1999, Seite 10) trägt Ernährungsbildung 25 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule gerade hier zum Wiedererwerb einer „relativen Sprach- und Gefühlsmächtigkeit“ bei. 4. These: Persönliche und kollektive Wahrnehmungen von Essgewohnheiten haben sich verändert – Die Esssituationen im Alltag zeigen vielfältige Möglichkeiten, von den Mahlzeiten bis zur kauenden Nebenbeschäftigung. Die Essgewohnheiten der Menschen entstehen, meist unreflektiert, in Abhängigkeit vom jeweiligen Lebensstil. Essen allein oder in Gemeinschaft, die soziokulturellen und psychischen Bedürfnisse beeinflussen die subjektive Bewertung von realen Situationen des Essens und Trinkens. 5. These: Moderne Nahrungsmittel verkörpern Wünsche und Projektionen des Alltags – Die schöne neue Welt der Speisen und Getränke schafft Modeprodukte, Imagenahrung, Körperkult und Identitäten, gesteuert von der Macht weniger Großkonzerne. Die lebenserhaltende Funktion der Nahrung hat ausgedient, ursprüngliche Notwendigkeiten sind psychosozialen Funktionen des Essens gewichen. Gefühle und Wünsche lassen sich auf essbare Produkte übertragen, die ein Image verkaufen und persönliche Identifizierung zulassen, in dessen Mittelpunkt der Körper steht. Über gezielte Mechanismen der Marktforschung und des Marketing werden diese Wünsche ermittelt, gefördert und in Werbung umgesetzt. 6. These: Armut im Wohlstand macht krank – Für Bevölkerungsschichten mit niedrigem sozialem Status in reichen Ländern besteht ein Zusammenhang zwischen Armut, Übergewicht durch falsches Essverhalten und Bewegungsmangel. Untersuchungen über soziale Ungleichheit und Ernährungsprobleme von Privathaushalten mit vermindertem Einkommen (Sozialhilfeempfänger) in der Europäischen Gemeinschaft decken die o.g. Zusammenhänge auf, ein Tabuthema, auch für die Betroffenen selbst. 26 7. These: Fazit: Mangelnde Bildung mindert die Lebensqualität und verkürzt das Leben – die Krise des Gesundheitswesens, verursacht durch gesundheitliches Fehlverhalten in Überflussgesellschaften, ist eine Bildungskrise. Der Umkehrschluss, Intelligenz schützt vor Fehlverhalten, ist sicher nicht möglich. Ein Gefäßchirurg, Kettenraucher, berät und operiert z.B. Herz-Kreislauf-Patienten. Dennoch belegen Verzehrsstudien aus den USA und Ländern Europas in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, dass gesundheitsförderliches Essverhalten bildungsabhängig ist. Es lässt sich statistisch gesehen schlussfolgern: Langfristig angelegte Konzepte vor allem zur Ernährungsund Bewegungsbildung sind grundlegende Voraussetzung für ein nachhaltig wirksames Gesundheitsverhalten der Menschen. Schulische Ernährungsbildung – ein europäisches Kerncurriculum Sieben Themenfelder und deren Lerninhalte Der Zusammenhang von Bildung und Gesundheit fordert Erziehungs- und Bildungseinrichtungen als zentrale Settings der Gesundheitsförderung heraus. Hier können Kindergärten, Tagesstätten und Schulen Kinder und Jugendliche bis zu 15 Jahre lang begleiten und beeinflussen, ein Vorteil, den ein europäisches Curriculum zur Ernährungsbildung zu nutzen versteht. Das umfassende Konzept für den Unterricht verschiedener Fächer, gerichtet an alle Alterstufen (4 bis 18 Jahre) und Schularten, unter Einbeziehung der gesamten Schule – mit dem alltäglichen Essen und Trinken als Bestandteil des Schullebens – und des außerschulischen Umfeldes – mit der Familie und sonstigen externen Unterstützungssystemen – wird in einer Übersicht vorgestellt (vgl. Heindl 2003). Nationale Bildungsstandards – Kompetenzmodelle – Kerncurricula – „Health Literacy“ Das Unterrichten, wenn auch das „Kerngeschäft“ in Schulen, ist nur ein Teil des Schullebens und Lernens. Die aktuelle bildungspolitische Diskussion nach TIMSS, PISA und IGLU formuliert in einer Expertise für nationale Bildungsstandards den Aufbau von Kompetenzen, Qualifikationen, Wissensstrukturen, Einstellungen, Überzeugungen, Werthaltungen und damit von Persönlichkeitsmerkmalen der Schülerinnen und Schüler, mit denen die Basis für Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule ein lebenslanges Lernen zur persönlichen Weiterentwicklung und gesellschaftlichen Beteiligung gelegt werden (Nationale Bildungsstandards – Expertise 2003). Im Mittelpunkt dieser Entwicklungen sollen zukünftig sogenannte Kerncurricula für Fächer und fächerübergreifende Lernfelder stehen. In Übereinstimmung mit dem salutogenetischen Verständnis der Gesundheitsfördernden Schule formuliert das Curriculum ein Konzept für das Lernfeld Ernährung, das einer anwendungsbezogenen gesundheitswissenschaftlichen Grundbildung, im Sinne von Health Literacy, entspricht. Das Deutsche PISA-Konsortium (vgl. Baumert et al. 2001, S. 20) greift den Bedeutungsgehalt der angelsächsischen Literacy-Diskussion auf, erweitert in Richtung von „gebildet sein“. Charakteristisch für Literacy-Ansätze sind, bei Betrachtung gesundheitlicher Kompetenzen, Funktionen für eine verständige und verantwortungsvolle Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Elaborierten Konzepten von Literalität folgend setzt Partizipation vielfältige und anspruchsvolle Kompetenzen voraus: Wissen und Verständnis gesundheitswissenschaftlicher Zusammenhänge, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit der eigenen Gesundheit, Wissen über die Grenzen naturwissenschaftlichen Verstehens, Einstellungen und Denkhaltungen zum Wert von Gesundheit. Hohe Erwartungen sind an den Wissenstransfer zu knüpfen, der im alltäglichen Gesundheitshandeln und der Anschlussfähigkeit für weiteres Lernen zum Prüfstein wird (vgl. Baumert et al. 2001, S. 195). Die Grundstruktur der Allgemeinbildung als kanonisches Orientierungswissen im Rahmen der Entwicklung Nationaler Bildungsstandards lässt offen, inwieweit eine Grundbildung von Ernährung und Gesundheit über die Kognitionswissenschaften hinaus verankert wird. Als Kerncurriculum für alle Alterstufen verknüpfen die nachfolgenden Sieben Themenfelder der Ernährungsbildung mit ihren Schlüsselfragen, Inhalten und Lernzielen zum ersten Mal in Europa ernährungs- und gesundheitswissenschaftliche, kulturund haushaltswissenschaftliche Kompetenzen mit Einstellungen und Wertorientierungen, für eine situations- und problemgerechte Anwendung des Wissens, anschlussfähig für weiteres Lernen (vgl. Baumert et al. 2001, Seite 195): 1. Essen und emotionale Entwicklung – Körper, Identität und Selbstkonzept 2. Essgewohnheiten, kulturelle und soziale Einflüsse – Ernährungsweisen, Essstile, Essen in sozialer Gemeinschaft 3. Ernährung und persönliche Gesundheit – Ernährungsempfehlungen und Richtlinien, alte und neue Konzepte 4. Prozesse der Erzeugung, Verarbeitung und Verteilung von Nahrung – Lebensmittelqualität und globaler Handel 5. Lebensmittel, Märkte, Verbraucher und Konsum – Marketing, Werbung und Einkauf 6. Konservierung und Lagerung von Nahrung – Lebensmittelverderb, Hygiene, europäische Bestimmungen 7. Kultur und Technik der Nahrungsmittelzubereitung – ästhetischkulinarischer Umgang mit Nahrungsmitteln, (inter)kulturelle, historische, soziale, religiöse Bezüge Da Studienbuch zur Ernährungsbildung (vgl. Heindl 2003) stellt das vollständige europäische Kerncurriculum zur Ernährungsbildung, mit seinen sieben Themenfeldern, Schlüsselfragen, Lerninhalten und Lernzielen in den Rahmen eines Konzepts zur ästhetisch-kulturellen Bildung. Bildungsoffensive für Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen Obwohl aktuelle Studien den Zusammenhang von Fehlernährung, fehlender Bewegung, Übergewicht, mangelndem Gesundheitsbewusstsein und niedrigem Bildungsstand belegen, verschließt die Bildungsdiskussion in Deutschland, angesichts der PISA- und TIMSS- Ergebnisse, die Augen vor den Konsequenzen. Der PISA-Schock könnte auch für das Ernährungs- und Gesundheitsverhalten der Menschen heilsam sein, wenn wir den Kindern das an Bildung zukommen lassen, was sie brauchen, um sich in einer Welt der Leistungsmärkte von Nahrungs- und Genussmitteln, Essen und Körperkult zu orientieren. Frühzeitige Anleitung, den Körper wahrzunehmen und die Sinne zu gebrauchen, rechtzeitige Hinweise, Märkte und Manipulationen zu durchschauen, gleichzeitige Stärkung der Selbstverantwortung der Menschen und der Mitverantwortung sozialer Institutionen tragen zur Entscheidungsfähigkeit der Menschen bei. Gesellschaftliche Erzie27 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule hungs- und Bildungseinrichtungen sind soziale Organisationen, deren gesetzliche Rahmenbedingungen und Strukturen sich gegen manipulierende Tendenzen der Geschmacksvereinheitlichung und globalisierung einsetzen lassen. Wie schnell würde erkennbar, auf welch gläsernen Füßen die Macht der Nahrungsindustrie steht, wenn der Konsument unterscheidet und entscheidet zu essen oder nicht zu essen. Gesunde, entscheidungsfähige Menschen auszubilden wird vermutlich über die Zukunft der weltweiten Wirtschaftsund Gesundheitssysteme der Gesellschaften entscheiden. Knapp sind nicht mehr Arbeit, Maschinen und Rohstoffe, sondern kooperative, umfassend gesunde Wissensarbeiter, die ihre Fähigkeiten und Ideen einsetzen, um Probleme zu angemessenen Kosten zu lösen. Unsere Beziehungen in der Arbeitswelt, im Gesundheitswesen und in unseren Schulen sind nicht produktiv genug, die Familienqualität ist im Durchschnitt nicht ausreichend, den „Knappheitsfaktor Mensch“ zu qualifizieren (Händeler 2003, S. 27). Das europäische Kerncurriculum zur Ernährungsbildung will dazu beitragen, Gesundheitsförderung zum Gegenstand von Bildungsexpertisen zu erheben, als deren Folge sich die Erziehungs-, Bildungsund Beratungsarbeit auch im Themenfeld Essen, Trinken und Ernährung für Kinder, Jugendliche und Eltern verändert. Eine ästhetisch-kulturelle Ernährungsund Gesundheitsbildung überlässt den 28 Geschmack nicht der Macht einzelner Großkonzerne, wie der Weinliebhaber seine Kennerschaft feinster Geschmacksnuancen in Weinen unterschiedlicher Lagen, Jahrgänge und Reifegrade nicht auf die beiden Standards Rot- und Weißwein reduzieren lässt. Literatur 1. Baumert, J., E. Klieme, M. Neubrand, M. Prenzel, U. Schiefele, W. Schneider, P. Stanat, K.J. Tillmann und M. Weiß (Hg.) (2001): PISA 2000 – Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen: Leske und Budrich Verlag 2. Danzer, G. und J. Rattner (1999): Der Mensch zwischen Gesundheit und Krankheit. Tiefenpsychologische Theorien menschlicher Funktionen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 3. Händeler, E. (2003): Die Geschichte der Zukunft – Sozialverhalten heute und der Wohlstand von morgen. Moers: Brendow Verlag 4. Heindl, I. (2003): Studienbuch Ernährungsbildung – Ein europäisches Curriculum zur schulischen Gesundheitsförderung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag Nationale Bildungsstandards – Expertise 2003 5. Klieme, E. (Koordination) (2003) : Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards – Eine Expertise. Berlin: 18. Februar 2003 (http://bildungplus.forumbildung.de) Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.5 Geschlechtsunterschiede in der Ernährung Jugendlicher Prof. Dr. Petra Kolip Universität Bremen, Zentrum für Public Health Die Präventionsforschung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass Interventionen vor allen Dingen dann erfolgreich sind, wenn sie zielgruppenspezifisch entwickelt und durchgeführt werden. Eine der ersten Variablen, die hier zu berücksichtigen ist, ist das Geschlecht: Im Jugendalter unterscheiden sich Mädchen und Jungen in vielen Facetten ihres gesundheitsrelevanten Verhaltens, angefangen bei der Pflege des eigenen Körpers, über die Lust, die körperlichen Grenzen auszutesten bis hin zu qualitativen und quantitativen Unterschieden im Konsum von Alkohol, Tabak und manchmal auch anderen Drogen. Auch im Ernährungsverhalten und in der Einstellung zur Ernährung lassen sich Geschlechtsunterschiede finden. Diese müssen bei der Entwicklung von ernährungsbezogenen Angeboten reflektiert werden, um sicher zu gehen, dass Mädchen und Jungen gleichermaßen angesprochen werden. Leider gibt es bislang für Deutschland keine repräsentative Studie, die über das Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen inklusive der Einstellungen und Motive detailliert Auskunft gäbe. Dennoch liegen einige Daten vor, die erste Puzzlesteine zu einem Gesamtbild liefern. Ein erster Unterschied fällt bei der Häufigkeit von Mahlzeiten auf. Der Jugendgesundheitssurvey 2001/2002, der als internationale Vergleichsstudie im Auftrag der WHO in den 5., 7. und 9. Klassen durchgeführt wird,6 zeigt, dass ab der 7. Klasse viel mehr Mädchen als Jungen Mahlzeiten auslassen. So frühstücken 20,5% der 13-jährigen Mädchen nicht, während „nur 14,3% der Jungen das Frühstück ausfallen lässt. In der 9. Klasse ist der Anteil derer, die das Frühstück auslassen, mit 25,1% (Mädchen) und 20,0% (Jungen) noch höher). Hintergrund ist u.a., dass Mädchen unzufriedener mit der eigenen Figur sind und das Auslassen von Mahlzeiten, insbesondere des Frühstücks, als eine akzeptierte Va6 An der Studie Health Behavior in School-aged Children nahmen im Schuljahr 2001/02 insgesamt 5.650 Kinder und Jugendliche aus den vier Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen und Berlin teil (Hurrelmann et al., 2003). riante angesehen wird, das Gewicht zu kontrollieren. Etwa ein Drittel der 13jährigen Jungen, aber fast die Hälfte der Mädchen halten sich für zu dick. Auffällig ist, dass Mädchen selbst dann mit ihrer Figur unzufrieden sind, wenn sie untergewichtig sind (Kolip 1995). So geben im Jugendgesundheitssurvey 18,0% der untergewichtigen 13-jährigen Mädchen an, dass sie ein bisschen oder viel zu dick seien, bei den Jungen sind es 11,6%. Neben dem Auslassen von Mahlzeiten haben bereits in dieser Altersgruppe (13 Jahre) jedes 5. Mädchen und jeder 10. Junge Erfahrung mit Diäten zur Gewichtsreduktion; selbst bei den Untergewichtigen geben 8,5% der Mädchen und 4,8% der Jungen an, schon einmal eine Diät gemacht zu haben. Geschlechtsunterschiede zeigen sich nicht nur in den Ernährungsroutinen und in der Diäterfahrung, sondern auch im Konsum einzelner Nahrungsmittel. So zeigt sich, dass Mädchen mehr Obst und gekochtes Gemüse essen, Jungen hingegen mehr Milch trinken. Beim Konsum von Softgetränken, Süßigkeiten und Fast Food schneiden Jungen ungünstiger ab. Summiert man gesunde und ungesunde Nahrungsmittel, so lässt sich festhalten, dass Jungen ein ungünstigeres Ernährungsprofil aufweisen, das bereits auf die Nahrungspräferenzen im Erwachsenenalter hinweist: Deftiges für Jungen/Männer und Leichtes und Gesundes für Mädchen/Frauen (siehe Abbildung 1). Speisepräferenzen berufstätiger Frauen und Männer Frauen • Folienkartoffeln • Kartoffelbrei • Gebackene Nudeln • Pellkartoffeln m. Quark • Dampfnudeln m. Vanillesauce • Nudelauflauf • Eierpfannkuchen Männer • Jägerschnitzel • Currywurst m. Brötchen • Rindswurst m. Pommes Frites • Currywurst m. Kartoffelsalat • Schweinesülze • Schlachtplatte • Currywurst m. Pommes Frites Abbildung 1: Speisepräferenzen berufstätiger Frauen und Männer (Quelle: Setzwein 2002) Diese Ernährungsgewohnheiten spiegeln sich in der Einstellung zur gesunden Ernährung wider. So achten mehr Mädchen 29 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule als Jungen darauf, möglichst gesunde Sachen zu essen und sie essen seltener Dinge, die zwar gut schmecken, aber ungesund sind. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Mädchen gesünder ernähren als Jungen, auch mehr über gesunde Ernährung wissen - häufig in Antizipation einer späteren Rollenverteilung, die ihnen die Verantwortung für die Zubereitung von Nahrung zuschreibt. Zugleich verhalten sie sich aber auch ungesünder, weil sie häufiger als Jungen Mahlzeiten auslassen und Diäten machen, selbst wenn sie untergewichtig sind. Für Mädchen ist die Ernährung häufiger an Dickwerden gekoppelt, sie sind sensibel dafür, welche Ernährungsgewohnheiten ihrem Bestreben, schlank zu bleiben oder zu werden, zuwider läuft. Häufig geht dabei, so ist zu vermuten, die Lust am Essen und am Genuss verloren - anders als Jungen schlagen Mädchen hier seltener über die Stränge. Ernährungsbezogene Interventionen in der Schule müssen diese Unterschiede beachten, denn für Mädchen und Jungen sind jeweils unterschiedliche Themen von Bedeutung und 30 möglicherweise müssen jeweils andere Zugangswege gewählt werden, um die Freude an Genuss und Geschmack sowie gesunden Ernährungsgewohnheiten zu stärken. Literatur 1. Hurrelmann, K., Klocke, A., Melzer, W. & Ravens-Sieberer, M. (Hrsg.). Jugendgesundheitssruvey. Internationale Vergleichsstudie im Auftrag de Weltgesundheitsorganisation WHO. Weinheim: Juventa, 2003 2. Kolip, P. Ernährung und Körperzufriedenheit: Der Einfluss von Alter und Geschlecht auf Körperzufriedenheit und Ernährungsverhalten im Jugendalter. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 1995, 3, 97-113 3. Setzwein, M. Sex & Food & Hierarchy. Überlegungen zum Zusammenhang von Ernährung, symbolischer Geschlechterordnung und sexueller Ideologie. In I. Jahn & U. Voigt (Hrsg.): Essen mit Leib und Seele. Bremen: Edition Temmen, 2002 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.6 Soziale Lage, Ernährung und Gesundheit Dr. Antje Richter Landesvereinigung für Gesundheit Nds. e.V. Was haben in einem Industrieland wie der Bundesrepublik Deutschland Armut und Ernährung miteinander zu tun? Bei uns gibt es genug zu essen und es werden sogar jeden Tag große Mengen an verdorbenen Lebensmitteln entsorgt. Hungernde Kinder – dieses Bild gehört unserer Vergangenheit an und ist heutzutage in anderen Ländern und Kontinenten anzusiedeln. Außerdem haben wir ein soziales Sicherungssystem, das dann einspringt, wenn das Einkommen nicht mehr für das Existenzminimum reicht. Und das kann jede/r in Anspruch nehmen. Kann man dann überhaupt von Armut sprechen? Die Aussagen sind wahr und falsch zugleich. Wieder einmal ist die Realität ungleich komplizierter, als wir zunächst annehmen. Zur Verbreitung von Armut Als arm gilt heutzutage nach der Definition der Europäischen Union, wer weniger als 50% des durchschnittlichen Einkommens im Land zur Verfügung hat. Zur Messung dieser Armutsgrenze wird jährlich das Durchschnittseinkommen auf Bundes- bzw. Landesebene bestimmt. In Niedersachsen liegt die Armutsschwelle zur Zeit bei ca. 540,- Euro pro Monat für den Haushaltsvorstand und für weitere im Haushalt lebende Personen werden die Bedarfe gestaffelt veranlagt. Die Zahlen zur Armutsverbreitung zeigen jedoch, dass die Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen diejenige ist, die in Deutschland am meisten von Armut betroffen ist. Zur Zeit weist Deutschland sogar nach Irland die zweithöchste Kinderarmutsquote in der Europäischen Union auf. Nach der in der EU gültigen Berechnung leben in Deutschland 2 Millionen minderjährige Jugendliche und Kinder (oder jede/r siebte Minderjährige) in Armut. Mehr als 1 Million Minderjährige (oder jeder vierzehnte Minderjährige) lebt von der Sozialhilfe. Die jüngsten Altersgruppen, d.h. die 0-6jährigen Kinder sind fast doppelt so häufig betroffen wie die 15-18jährigen. Armut und Ernährung Armut kann aber nicht nur auf das finanzielle Einkommen der Eltern allein zurückgeführt werden. Dazu muss vielmehr die konkrete Lebenssituation des Kindes in den Blick genommen werden. Aspekte wie Bildungsstand, Gesundheit, Wohnort und – lage spielen eine entscheidende Rolle. Um diese Zusammenhänge besser darstellen zu können, wählt man den Lebenslagenansatz. Er verdeutlicht die Lebenswirklichkeit in den verschiedenen Dimensionen der Lebenslage. Konzeptualisierung für Kinder/Jugendliche Einkommen • Einkommen der Eltern • Arbeit • Bildungschancen Bildung • Wohnsituation; SpielWohnen und Freizeitmöglichsoziale Bekeiten, Infrastruktur ziehungen • Kontakte zu GleichaltriGesundheit gen • Gesundheitliche Faktoren (z.B. Ernährungssituation) Allgemein • • • • • • Abb. 1: Lebenslagenkonzept mit den verschiedenen 7 Dimensionen Aufwachsen und Leben in Armut hat auch Auswirkungen auf das Ernährungsverhalten. Es gibt sogar einen deutlichen Zusammenhang von sozioökonomischen Merkmalen mit Lebensmittelverzehr und Nährstoffversorgung. Um Zusammenhänge zwischen Armut und Ernährung zu erkennen, müssen daher die Dimensionen „Gesundheit“ und „soziale Beziehungen“ näher betrachtet werden. Letzteres unter anderem, weil Essen mehr ist als Ernährung und (psycho-)soziale und kulturelle Funktionen erfüllt. Regelmäßige Mahlzeiten in der Familie bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich auszutauschen und den Tag zu strukturieren. Essen ist auch ein wichtiger Bestandteil sozialer Beziehungen. Wer nicht mehr in der Lage ist, Gäste zu bewirten, nimmt auch selbst nur noch ungern Einladungen an und driftet so weiter in das gesellschaftliche „Aus“. Aber auch Wohnort und -lage spielen eine Rolle, weil damit über Einkaufsmöglichkeiten (Angebote der benachbarten Lebensmittelgeschäfte, Wochenmarkt etc.) bestimmt wird. Zum Zusammenhang von Gesundheit und Ernährung in Abhängigkeit von der finan7 Richter 2000 31 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule ziellen Situation einer Familie lassen sich ebenfalls diverse Aussagen machen. Zunächst ist festzuhalten, dass Bildungsstatus und Handlungsressourcen der Eltern erheblich auf das Ernährungsverhalten einwirken. Aber auch hier sind Grenzen gegeben, denn ist nur wenig Geld vorhanden, kann beim Einkauf auch weniger auf Qualität geachtet werden. In Haushalten, die Sozialhilfe empfangen, verschlechtern sich Ernährungsumfang und -qualität vor allem in der zweiten Monatshälfte. Grundsätzlich gilt für fast alle Haushalte in Armutslagen: • Ernährung ist mit 20-25% einer der größten Einzelposten im Haushaltsbudget ärmerer Haushalte und im Gegensatz zu anderen Kosten (z.B. Wohnkosten) variabel, so dass aus diesem Budget häufiger nicht aufschiebbare Kosten finanziert werden. • Ernährung in Armutslagen ist häufig verbunden mit einer vermehrten Zufuhr von Nährstoffen, denen bei hohem Konsum negative Wirkungen auf Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus oder verschiedene Krebsarten zugeschrieben werden können. Gleichzeitig geht sie mit einer Unterversorgung an Nährstoffen einher, die eine Schutzwirkung vor bestimmten Krankheiten (z.B. Darmerkrankungen) entfalten könnten. • Mütter aus Armutshaushalten versuchen die armutsbedingten Belastungen soweit wie möglich von ihren Kindern fernzuhalten, indem sie selbst auf vieles (auch auf eigene Nahrung) verzichten, nur um ihre Kinder ausreichend versorgen zu können. Dieses Verhalten ist besonders bei alleinerziehenden Müttern aufzufinden.8 • Schwangere aus Armutshaushalten haben häufiger eine schlechtere Ernährungsversorgung, häufiger Anämie und das Geburtsgewicht ihrer Kinder ist oft geringer als das anderer Kinder. Diese und andere Merkmale werden mit einem höheren Risiko der Kinder später an Bluthochdruck und Herzkrankheiten zu leiden, in Verbindung gebracht. • Die Säuglinge werden seltener und kürzer gestillt, mit Auswirkungen auf das häufigere Vorkommen von Anämie, Infektionskrankheiten und spätere mögliche Beeinträchtigung von Schulleistungen. 8 Feichtinger 2000 32 • Kleinkinder aus Armutshaushalten haben eine erhöhte Zufuhr an Zucker und gesättigten Fettsäuren und eine geringere Versorgung mit Ballaststoffen, Mineralien und Vitaminen. Sie wachsen langsamer heran, haben öfter Übergewicht und Zahnkaries.9 Arme Kinder erhalten weniger gesunde Lebensmittel und haben schlechtere Verzehrgewohnheiten. Sie essen weniger Vollkornbrot, Obst und Gemüse. Sie nehmen dafür häufiger Limonaden, Chips und Fast-Food-Produkte zu sich als andere und leiden entsprechend häufiger an Übergewicht.10 Übergewicht ist häufig auch bei Kindern aus Migrantenfamilien festzustellen, wobei die kulturell bedingten Ernährungsgewohnheiten eine große Rolle spielen. Zu beachten ist auch, dass in den Herkunftskulturen vieler Migrantenfamilien gut genährte Kinder als ein Zeichen des Wohlstands gelten. Das Ernährungsverhalten der Eltern dient vielen Kindern als Modell. Außerdem wird bei der Ernährung der Kinder nicht unbedingt auf das Einkommen geachtet. Häufig werden Chips und Fast-Food eingekauft, obwohl es billigere Alternativen gibt. Von Bedeutung ist sicher auch der psychosoziale Nutzen dieser Lebensmittel, der Integration und Zugehörigkeit symbolisiert.11 • • • Gemüse, wöchentlich Obst, mehrmals täglich Vollkornbrot, täglich Vollmilch, mehrmals täglich Soziale „arme Kinder“ in % 48 32 26 31 Lage „reiche Kinder“ in % 54 42 51 43 Chips, täglich Pommes Frites, wöchentlich 54 55 36 37 Hamburger, Hot Dogs, wöchentlich Cola, Fanta, täglich Süßigkeiten, mehrmals täglich Kaffee, wöchentlich 23 22 45 30 28 25 37 24 Lebensmittel Abb. 2: Ernährung der Kinder und Jugendlichen nach sozialer Ungleichheit Alter 11-15 Jahre). Quelle: Health Behaviour in School-Age Children, Survey, Universität Bielefeld 1994, Andreas Klocke 1995 9 Vgl. Feichtinger 2000/25 Vgl. die Untersuchungen durch Gesundheit Berlin am Kottbusser Tor „Chinanudeln statt Schulkantine“ 2003; Kamensky 2003 11 Kamensky 2003/33 10 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Handlungsmöglichkeiten in Schule und Familie Festzuhalten ist, dass Kinder aus von Armut betroffenen Familien häufig keine ausreichende und ausgewogene Ernährung erhalten. Dies wirkt sich nicht nur auf ihre körperliche Entwicklung negativ aus, sondern auch auf ihre Lern- und Konzentrationsfähigkeit. Somit hat Armut im Kindes- und Jugendalter nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die gesundheitliche Situation der Betroffenen, die in erheblichem Maße die Entwicklungs- und Lebenschancen beeinträchtigen können. Aktuelle Untersuchungen aus deutschen Großstädten zeigen jedoch, dass Armut bisher in Deutschland nur in Ausnahmefällen hungernde Kinder mit sich bringt12. Aber Kinder, die ohne Frühstück und somit hungrig in die Schule kommen, werden von den Lehrkräften bereits seit einigen Jahren ebenso wie fehlernährte Kinder verstärkt registriert. Die Mangelerscheinungen machen sich in der Schule durch Konzentrationsstörungen und Leistungsabfall bemerkbar. Um dem vorzubeugen, wird bereits in vielen Schulen ein gemeinsames Frühstück organisiert. Insbesondere in „sozialen Brennpunkten“ werden in den Schulen durch Hilfsorganisationen wie „die Tafeln“ oder durch Lernküchen von hauswirtschaftlichen Schulen auch Mittagsmahlzeiten für Kinder zur Verfügung gestellt, die sonst keine warme Mahlzeit erhalten. Einen Schritt weiter gehen Initiativen, die Kochgruppen für Eltern anbieten. Sie erweitern damit das Wissen über ein gesundes Ernährungsverhalten in Familien und beeinflussen die Ernährungssituation von Kindern nachhaltig. Andererseits fördern sie dadurch auch die Integration sozial Benachteiligter in ein Netzwerk, das Zugehörigkeit und Unterstützung bieten kann.13 Solche Kurse und Gruppen können auch in Stadtteiltreffs, kirchlichen Einrichtungen etc. angesiedelt werden, d.h. überall dort, wo bereits Zugang zu sozial benachteiligten Zielgruppen besteht, der für diese Initiativen genutzt werden kann. Festzuhalten bleibt folgendes: Egal, ob mit Kindern, Jugendlichen oder Eltern gearbeitet wird, immer ist zu bedenken, dass das Problem einer gesunden und vollwertigen Ernährung und die Verbesserung von Ernährungsgewohnheiten nicht das vorrangigstes Problem der von Armut Betroffenen ist. Sie kämpfen in der Regel mit vielen anderen Alltagsproblemen, die sie oft völlig beanspruchen. Ernährungswissen lässt sich oft leichter vermitteln, wenn es mit anderen Themen oder Aktivitäten verknüpft wird, die einen direkten Bezug zur Alltagsproblematik der Betroffenen haben. 14 Literatur 1. Bekir, Bulut: Guten Appetit – Elternkochgruppe in der Fridtjf-NansenSchule. In: Suppenküchen im Schlaraffenland. Ernährung und Armut von Familien und Kindern in Deutschland. Tagungsreader hrsg. von der Landesvereinigung für Gesundheit Nds., der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Sektion Nds. u.a. Hannover 2000. 2. Gesundheit Berlin: Chinanudeln statt Schulkantine. Berlin 2003 3. Feichtinger, Elfriede: Ernährung in Armut. In: Suppenküchen im Schlaraffenland. Ernährung und Armut von Familien und Kindern in Deutschland. Tagungsreader hrsg. von der Landesvereinigung für Gesundheit Nds., der Deutschen Gesellschaft für Ernährung Sektion Nds. u.a. Hannover 2000. 4. Kamensky, Jutta: Gesunde Kinder – Gleiche Chancen für alle? Ein Leitfaden für den öffentlichen Gesundheitsdienst zur Förderung gesundheitlicher teilhabe. Hg. vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg und dem Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW. Bielefeld 2003. 5. Klocke, Andreas: Der Einfluss sozialer Ungleichheit auf das Ernährungsverhalten im Kindes- und Jugendalter. In: Barlösius, E.; Feichtinger, E., Köhler, B.M.: Ernährung in der Armut. Gesundheitliche, soziale und kulturelle Folgen in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin 1995. 6. Richter, Antje: Armutsprägungen bei Kindern, Jugendlichen Frauen und Familien. Expertise im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Berlin 2000 12 Vgl. die Untersuchungen durch Gesundheit Berlin am Kottbusser Tor „Chinanudeln statt Schulkantine“ 2003;Feichtinger 2000/24 13 Bekir Bulut 2003 14 vgl. Deneke in diesem Band 33 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.7 Verhaltens- und Verhältnisprävention – wie wirksam ist Ernährungserziehung? Prof. Dr. Volker Pudel, Universität Göttingen, Sektionsleiter der DGE Niedersachsen Was bringt Ernährungserziehung bei Kindern? Prolog Mutter Bitte, nun iss doch. Das Gemüse habe ich frisch für Dich gekocht. Kind Nein, ich mag das nicht. Das ist so hart. Mutter Du hast noch nicht einmal probiert. Kind Doch, ich weiss, dass ich das nicht mag. Mutter Du brauchst aber Vitamine, damit Du stark wirst. Bitte, versuche es doch einmal. Kind Ich bin stark. Mutter Aber Du hast doch Hunger, Du musst etwas essen. Kind Ich möchte lieber eine Milchschnitte. Mutter Aber die ist nicht so gesund. Nun probier doch einmal. Kind Nein, ich will nichts Gesundes. Das schmeckt mir nicht. Mutter Was soll ich nur machen? Nun tu mir doch den Gefallen… Ernährungserziehung findet an deutschen Familientischen statt. Und Ernährungserziehung bei deutschen Kindern funktioniert. In einer bevölkerungsrepräsentativen Erhebung bei 2900 Familien mit Kind(ern) wurde festgestellt, dass Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 16 Jahren verschiedene Lebensmittel übereinstimmend und zutreffend bewerten. Diese Bewertung kann nur Folge eines Lernprozesses sein, der in der Familie oder in der Schule stattgefunden hat. So wird z.B. Vollkornbrot eingeordnet: „macht stark“, „ist gesund“, „macht nicht dick“. Schokolade dagegen: „macht nicht stark“, „macht dick“ und „ist nicht gesund“. Allerdings sind sich Kinder auch einig, dass sie Vollkornbrot nicht mögen, wohl aber Schokolade. Ganz analog werden andere Lebensmittel eingestuft. Die mit gesundheitlich positiven Eigenschaften werden eher abgelehnt, die mit ungünstigen Eigen schaften eher akzeptiert. Ist dieser Befund möglicherweise das Resultat der Ernährungserziehung? Dann hätte sie ihr Ziel nicht erreicht! 34 Wissen prägt kaum Verhalten Der Begriff „Ernährungserziehung“ deutet bereits an, dass in der Erziehung eher kognitive Aspekte des Ernährungswissens im Vordergrund stehen. So lernen Kinder, dass sie keine Cola trinken sollen, weil diese nicht gesund ist. Sie lernen, dass sie Vollkornbrot essen sollen, weil dieses gesund ist. Dieses Wissen lernen sie und können es – wie in der genannten Untersuchung – auch reproduzieren. Allerdings schlägt dieses Wissen nicht auf die Bildung von Vorlieben oder Abneigungen durch – ganz im Gegenteil. Selbst ein fundiertes Ernährungswissen, wie bei Studenten der Ernährungswissenschaft, führt nicht dazu, dass diese anders essen als Studenten anderer Fachrichtungen. Es gilt, zwischen „Ernährung“ und „Essen“ zu unterscheiden. Ernährung beschreibt die kognitiven Inhalte, während Essen das emotionale Erlebnis beschreibt. Daher wird eine Ernährungserziehung das Wissen der Kinder prägen, aber kaum Einfluss auf deren Essverhalten nehmen. Was stärker in den Vordergrund treten müsste, wäre eine Erziehung zu Essen und Trinken, die weniger auf Information setzt als auf tägliches Training. Essen und Trinken sind überwiegend emotional gesteuerte Verhaltensweisen, die sich kaum durch „vernünftige Argumente“ beeinflussen lassen. Das gelingt selbst bei Erwachsenen nicht, wie sollte es bei Kindern glücken? Heute oder morgen gut leben? Der kritische Punkt bei der ‚vernünftigen Ernährung’ besteht darin, dass das Essen jetzt gut schmeckt, die möglichen ungünstigen Nebenwirkungen aber erst Monate oder Jahre später auftreten. Der Hinweis auf die Osteoporose mit 60 Lebensjahren wird ein sechsjähriges Kind nicht zum Milchtrinken motivieren. Seine Eltern übrigens auch nicht, die ebenfalls ihre Lebensqualität eher über heute als über morgen definieren, denn sie belasten sich auch kaum mit dem Belohnungsaufschub, der zu ertragen wäre, wenn heute anders gegessen werden müsste, um in Jahrzehnten gesundheitliche Vorteile zu erlangen. Erziehung zu Essen und Trinken bewirken nicht Worte oder Argumente, sondern Vorbilder, denn Kinder lernen Essen und Trin- Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule ken, in dem sie Verhaltensweisen von ihren Bezugspersonen schlichtweg imitieren. Eine Mutter mit einem Glas Cola in der Hand wird ihre Tochter kaum von Milch überzeugen können. Als ich in Frankreich ein tolles Austernessen mit Champagner zubereitete, hat diese Zeremonie auf meinen fünfjährigen Sohn großen Eindruck gemacht, der – völlig untypisch für Kinder dieses Alters – fortan Austern essen wollte und sich sogar im Restaurant „des huitres“ bestellte. Diese Vorliebe hat aber nur ein paar Wochen angehalten. Die altbekannte Geschichte vom Spinat, dem seit 1892 ein fehlendes Komma einen zehnfachen Eisengehalt bescherte, ist ebenfalls lehrreich. Generationen von Kindern mochten keinen Spinat, der ihnen mit den gut gemeinten mütterlichen Worten „Iss doch, das ist gesund“ aufgedrängt wurde. Heute, nachdem ein Blubb im Werbefernsehen dem Spinat ein Erlebnis verleiht, wird Spinat zu einem Lieblingsgericht deutscher Kinder. Gesundheit ist kein attraktives Motiv für Gesunde Gesundheit ist für Kinder kaum ein Argument. Und über die Zukunft können sie auch nicht richtig nachdenken, da ihnen – je nach Alter – das Zukunftserleben noch nicht möglich ist. Sie essen jetzt, und sie wollen gerne essen, was sie bereits kennen. Geschmacksvorlieben werden gelernt, das liegt an bewährten evolutionsbiologischen Programmen. Der Mere Exposure Effect beschreibt, dass Kinder (wie Erwachsene auch) nicht eine Speise wählen, weil sie diese mögen. Nein, sie mögen diese Speise, weil sie sie bereits gegessen haben. Dahinter steckt die Sicherheitsfunktion des wieder erkennbaren Geschmacks, der darüber informiert, dass diese Speise bereits ohne unliebsame Nachwirkungen vertragen wurde. Mütter kennen das Spiel: einmal Spaghetti, immer wieder Spaghetti. Das ist der Mere Exposure Effect, dem nicht entgegen gewirkt werden sollte. Denn wenn der Kinderwunsch nicht erfüllt wird, dann steigert sich die Vorliebe für Spaghetti. Besser wartet man auf die spezifisch-sensorische Sättigung, die allerdings bei Kindern durchaus länger warten lässt. Diese psychische Sättigung ist eine kurzfristige Aversion gegen den Geschmack, den man gerade erlebt hat. Erwachsene kennen dies, denn sie essen ihr Leibgericht nicht jeden Tag, um nicht die Lust daran zu verlieren. Auch Kinder mögen nicht immer das gleiche Geschmackserlebnis, allerdings kann es durchaus Tage, manchmal Wochen dauert, bis bei ihnen die sensorische Sättigung aktiv wird. Die Kunst zu essen besteht also in der dosierten Verknappung, aber auch in der dosierten Wiederholung. Dieses Prinzip sollte die Erziehung bei Essen und Trinken leiten15. Ver- und Gebote passen nicht ins Schlaraffenland Kinder lieben den klaren, eindeutigen, gut wieder erkennbaren Geschmack. Der „süße Geschmack“ nimmt eine Spitzenstellung ein, denn die Vorliebe für süß ist allen Kindern dieser Welt in die Wiege gelegt. Da es keine süßen, aber dennoch giftigen Nahrungsmittel gibt, erscheint die Vorliebe für süß so etwas wie der „Sicherheitsgeschmack der Evolution“ zu sein. Es bot einen Überlebensvorteil, im Zweifel nach den süßen Produkten zu greifen. So schrieb sich die Süßpräferenz in die Gene des Menschen. Und sorgt bis heute in vielen Familien für Streit und Konflikte. Die „Quengelregale“ in Kassennähe sind auf das Süßbedürfnis der Kinder abgestimmt – zum Nachteil der Mütter. Totaler Entzug von Süßigkeiten, ebenso wie Verbote für Cola und Limo sind im Schlaraffenland nicht durchsetzbar, verschärfen den Konflikt und steigern eher das Bedürfnis nach Süßigkeiten. Im Sinne einer flexiblen Verhaltenskontrolle sollten Kinder lernen, wie festgelegte Mengen über den Tag oder über die Woche konsumiert werden, je nach Alter der Kinder. Nicht selten überschätzen Eltern das Süßbedürfnis ihres Kindes, das durchaus – wie Untersuchungen gezeigt haben – auch gerne ein Brot mit Leberwurst statt Nussnougatcreme isst. Die genetisch disponierte Vorliebe für süß darf nicht als Dauervorliebe für süß in höchster Konzentration missdeutet werden. Natürlich wirkt Erziehung Sie wirkt auch, wenn sie nicht geplant stattfindet. Jedes Kind wächst in der Esskultur auf, in die es „hineingeboren“ wurde. Es lernt, die Geschmacksprofile seiner Region zu mögen. Unabhängig davon, ob seine Eltern als gute oder schlechte 15 Mehr Informationen dazu: Pudel, V.: So macht Essen Spaß. Ein Ratgeber für die Ernährungserziehung bei Kindern. Beltz-Verlag 2002 35 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Modelle diesen Lernvorgang modifizieren. Er findet einfach statt. Durch die Lockerung des Familienverbundes spielen auch andere Einflussgrößen eine entscheidende Rolle, wie z.B. die Gruppe im Kindergarten, in der Schule, in der Freizeit, aber auch das Warenangebot und die Werbung. Auch biologische Faktoren wirken In den letzten Jahren haben verschiedene Studien eindeutig nachgewiesen, dass auch genetische Faktoren auf das Essverhalten einwirken. Klar ist heute, dass die Gewichtsregulation eben auch durch Erbanlagen beeinflusst wird. Das Gewicht von Kindern, die in frühester Kindheit adoptiert wurden, zeigte später kaum eine Übereinstimmung mit dem Körpergewicht ihrer Adoptionseltern – wohl aber mit dem Körpergewicht ihrer biologischen Eltern. Auch ähnelt sich das Gewicht von eineiigen, also erbidentischen Zwillingen, wenn sie getrennt aufgewachsen sind. Zweieiige Zwillinge, selbst wenn sie gemeinsam aufwuchsen, stimmen in ihrem Gewicht weniger gut überein. Diese neuen Erkenntnisse sollten natürlich auch in die Erziehung zu Essen und Trinken einfließen, denn wenn Eltern selbst übergewichtig sind, dann haben ihre Kinder eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, auch übergewichtig zu werden. Hier haben Schuldvorwürfe an die Kinder keinen Platz, denn sie sind an ihren biologischen Programmen unschuldig. Besser und kindgerechter sollte hier ein gemeinsames Familienprogramm gestartet werden, um mit weniger Nahrungsfett, aber ausreichend Kohlenhydraten eine Gewichtsnormalisierung einzuleiten. Das kann attraktiv und lustig gestaltet werden, wie es zum Beispiel in dem Programm „PowerKids“16 vorgeschlagen wird. Hier werden „Fettzies“ gezählt und eingespart sowie „Schlaffies“ vermieden, um „Winnies“ zu sammeln. Die Kinder trainieren auf spielerische Weise, Nahrungsfett einzusparen und sich mehr zu bewegen. Spielregeln statt Verbote Spielregeln haben sowohl für Kinder wie auch Erwachsene einen höheren Verbindlichkeitsgrad als Verordnungen oder Verbote. Daher sollten viel häufiger Spielregeln in den Familien vereinbart 16 Informationen über „PowerKids“ gibt es im Internet unter www.powerkids.de 36 werden, um Essen und Trinken ausgewogen zu halten. Wenn die Spielregeln für die Kinder gelten, dann gelten sie natürlich auch für Vater und Mutter – nur das ist fair. Erlebnisse bieten Für viele Kinder geht heute die originäre Beziehung zur Herkunft der Lebensmittel verloren. Die Milch kommt aus dem Supermarkt, Kühe sind lila und der Hamburger lässt keinen Gedanken an das Rind aufkommen. Es ist für Kinder ein eindrucksvolles Erlebnis, einen Bauernhof zu besuchen, um die originäre Herkunft der Lebensmittel kennen zu lernen. Auch sind nahezu alle Kinder begeisterte Köche, wenn sie eigene Rezepte in der Küche gestalten können. Der Mutter sei geraten, für ein solches Kochabenteuer viel Geduld und Nachsicht mitzubringen – doch es lohnt sich, dem Kind die Chance zu bieten, die Entstehung eines Pfannkuchens oder einer Pizza selbst mitzuerleben und mitzugestalten. Auch das Schulbrot bietet Möglichkeiten, dem Kind eigenen Gestaltungsraum zu bieten. Wer seine Pausenverpflegung selbst zusammen gestellt hat, wird in der großen Pause mit mehr Appetit essen. Fazit Ernährungserziehung, die mit vernünftigen Informationen versucht, das Essverhalten der Kinder zu beeinflussen, wird kaum Erfolg haben. Essverhalten ist emotionales Verhalten, dass gegenüber kognitiver Beeinflussung resistent ist. Schließlich essen Eltern auch anders als sie sich ernähren sollten. Warum sollte das bei Kindern anders sein? Kinder lernen vor allem über Beobachtung ihrer Bezugspersonen und imitieren deren Essverhalten. Der wichtigste Einfluss für die Erziehung zu Essen und Trinken ist daher das Essverhalten der Eltern (und anderer Bezugsgruppen). Darum ändert sich das Essverhalten einer Bevölkerung auch kaum, da so eine Stabilität von Generation zu Generation gegeben ist. Unter Überflussbedingungen sind Ge- und Verbote kaum durchsetzbar. Mit Spielregeln und flexibler Verhaltenskontrolle jedoch kann auch Essverhalten trainiert werden. Wichtig sind Erlebnisse (Bauernhof, selbst kochen), die Kindern einen emotionalen Bezug zu Lebensmitteln und Speisen sowie deren Herkunft vermitteln. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.8 Ernährung und Bewegung im Kontext der Gesundheitsziele Dr. Gabriele Windus Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Einleitung; Arbeiten mit Zielen Eine engagierte Gesundheitspolitik sollte in alle gesellschaftlichen Bereiche hinein wirken, um krankheitsfördernde Faktoren zu reduzieren und solche, die gesundheitsfördernd wirken, zu stärken. Gesundheitsziele sollen helfen, die vorhandenen – meist knappen - Ressourcen sinnvoll einzusetzen und so das Gesundheitssystem effizient zu steuern. Wenn es auch in einigen Bundesländern bereits entsprechende Initiativen gibt, so ist doch die Ausrichtung der Gesundheitspolitik an ausformulierten Gesundheitszielen in Deutschland bisher noch keine allgemein akzeptierte Selbstverständlichkeit - dabei dürfte gerade unser föderalistisch geprägtes Gesundheitswesen von einer stärkeren gemeinsamen Orientierung der Beteiligten vor Ort und vom Konsens in Bezug auf konkrete Gesundheitsziele profitieren. Vorbild ist das im Jahr 1979 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verabschiedete erste weltweite Zielprogramm "Health for All", dem inzwischen aktualisierte Fassungen folgten. Bei Gesundheitszielen handelt es sich nicht um eine Liste von Verordnungen; sie sollen vielmehr anregen, eigene spezifische Ziele zu setzen und die jeweilige gesundheitliche Lage und regionale Gegebenheiten zu beachten. Dies gilt für Länder ebenso wie für die partnerschaftliche Zusammenarbeit z.B. bei kommunalen, betrieblichen oder auch schulischen Gesundheitszielen. Gesundheitsziele müssen in einem intensiven Prozess entwickelt werden, in dem nicht nur die verschiedenen Gesundheitsexpertinnen und -experten, sondern alle Beteiligten die Möglichkeit erhalten, die Ziele und die Formen ihrer Umsetzung mitzubestimmen. Nur die • Feststellung gemeinsamer Werte und Prioritäten, • Partizipation und Selbstverpflichtung der Beteiligten, • Transparenz von Strukturen und Verfahren zur Zielerreichung und • ein zielorientiertes gemeinsames Handeln ermöglichen die zielorientierte Verbesserung bestehender Strukturen. Gesundheitsziele erzeugen ein Spannungsfeld, denn mit der Zielbildung geht obligatorisch eine Beschränkung auf Prioritäten und Konzentration / Fokussierung der Kräfte einher. Sie eignen sich nicht für die Erzielung kurzfristiger plakativer Erfolge, sondern eher für längerfristige systematische und kontinuierliche Aufarbeitung von Defiziten. Sie stellen daher hohe Anforderungen an politisch Entscheidende wie auch an Handelnde. Gesundheitsziele für Niedersachsen In Niedersachsen wurde im April 2002 mit drei exemplarischen Zielen aus dem Bereich „Kinder und Jugendliche“ begonnen, nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt, dass im März 2002 der Bericht zur gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen herausgegeben worden war, auf dessen Eckdaten teilweise aufgebaut werden konnte: „Verminderung von Kinderunfällen“, „Steigerung der Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen (U8, U9 und J1)" und „Reduktion des Tabakkonsums bei Kindern und Jugendlichen ". Die bestehenden Arbeitsgruppen (mit Vertretern der Landesvereinigung für Gesundheit, der Arbeitsgruppe Gesundheitsberichterstattung beim Landesgesundheitsamt, des Sozialministeriums und weiteren Akteuren) begleiten den Prozess der Zielumsetzung für die drei bislang ausformulierten Bereiche. Im September 2004 wird die 3. Gesundheitsziele-Konferenz Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch über die Umsetzung dieser drei exemplarischen Gesundheitsziele und zur Vereinbarung der nächsten Ziele für das Land Niedersachsen geben. Gesundheitsziele auf Bundesebene; Ernährung und Ernährungsbildung Die Bundesregierung hat im Jahr 2002 die Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung (GVG) mit der Erarbeitung von Gesundheitszielen beauftragt. Mit allen Akteuren des Gesundheitswesens - von Krankenkassen und Selbstverwaltung bis zu Verbraucherverbänden und Elterninitiativen – 37 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule sollten wenige, beispielhafte Ziele zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung vereinbart werden. In einem zweiten Schritt sollten praktische Anleitungen zur Verwirklichung erarbeitet werden, um sie auf lokaler Ebene umzusetzen. Unter dem Namen des Projektes „gesundheitsziele.de“ ist die Information im Internet abrufbar; inzwischen liegt der Abschlussbericht der insgesamt 7 Arbeitsgruppen vor: „Diabetes mellitus Typ 2“; „Brustkrebs“; „Tabakkonsum Reduzieren“; „Gesund Aufwachsen - Ernährung, Bewegung Stressbewältigung“ und „Gesundheitliche Kompetenz Erhöhen, Patientensouveränität Stärken“. Die Themen „chronischer Rückenschmerz“, „Herzinfarkt“ und „Depression“ sollen zeitlich versetzt bearbeitet werden. Das Thema „Ernährung“ bzw. „Ernährungsbildung“ hat im Rahmen des Themas „Gesund aufwachsen – Ernährung, Bewegung, Stress-Management; Gesundheitsziele für das Kindes- und Jugendalter“ (Arbeitsgruppe 7) Eingang in das Bundesprojekt gefunden. Aus dem Endbericht dieser AG 7 sollen hier einige beachtenswerte Schwerpunkte dargestellt werden, die auch den Weg bis in die Vorhaben im Rahmen des „Deutschen Forums Prävention und Gesundheitsförderung“ gefunden haben. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass Ziele nicht die neue Verpackung für alte Inhalte sind, sondern eine Möglichkeit, in die eingetretenen Pfade neuen Schwung zu bringen. Das Problem ist deutlich umrissen: 6- bis 10-jährige Kinder sollen sich einer Pressemeldung zufolge nur noch durchschnittlich 1 Stunde am Tag bewegen, 50 bis 65 Prozent der Kinder Haltungsschwächen und 30 bis 40 Prozent Koordinierungsschwächen aufweisen. Übergewicht soll bereits im Vorschulalter im Ansteigen begriffen sein; der so genannte Altersdiabetes wird zunehmend bereits bei Kindern diagnostiziert. Mit wachsendem Alter werden zudem Essstörungen relevant, die mit Normal-, Über- oder Untergewicht einhergehen können. Im Kindes- und Jugendalter werden sowohl gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen als auch der Aufbau von Gesundheitsressourcen für das spätere Gesundheits- und Krankheitsverhalten 38 entscheidend geprägt. Da die Krankheitslast in dieser Altersgruppe vergleichsweise geringer ist als bei Erwachsenen, ist die präventive Ausrichtung besonders deutlich. Kinder reagieren auf viele Einflüsse besonders sensibel und können sich Belastungssituationen im Alltag nicht so leicht entziehen. Bewegung, Ernährung und Stress beeinflussen die kindliche Gesundheit in besonderer Weise. Früh erworbene Ess, Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten und Strategien in Belastungssituationen verfestigen sich mit dem Lebensalter. Sie haben entscheidend mit dem Auftreten von so genannten Zivilisationskrankheiten im späteren Alter zu tun - Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Osteoporose, bösartige Neubildungen. Damit sind die wichtigsten Ursachen für vorzeitige Sterblichkeit in den Industrienationen und deren Risiken schon benannt. Ergebnisse der AG 7 Die Aufgabe der Arbeitsgruppe (AG) 7 bestand in der Definition von Teilzielen, Strategien und Maßnahmen, die das Thema „Bewegung, Ernährung, Stress“ sinnvoll konkretisieren (Prävention von Essstörungen war ausgenommen). Die möglichen Interventionsbereiche, Altersgruppen und Interventionsansätze zum Teilziel „Ernährung, Bewegung, Stress“ bedürfen wegen ihrer Vielfalt einer klaren Begrenzung. Die Maßnahmen müssen altersgerecht sein, unter Einbezug der jeweiligen Multiplikatoren erfolgen. Zudem müssen sie auf die jeweiligen institutionellen Kontexte („Settings“) angepasst sein. So bieten sich als Interventionsbereiche Kindertagesstätte und Schule an, aber durchaus auch Freundeskreise/ Peergroups und der Freizeitbereich (z.B. Sportvereine, Musikszene, Kinos, Treffs). Als Zielgruppen kommen numerische Altersgruppen, nach bestimmten nach Entwicklungskriterien gebildete Gruppen oder Risikogruppen (wie z. B. sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche) in Betracht. Ebenso wie bei den Interventionsbereichen und den Altersgruppen müssen bei den Interventionsansätzen Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Eingrenzungen vorgenommen werden. Die Effektivität rein kognitiv ausgerichteter Wissensvermittlung über Gesundheit und Krankheit bspw. (Gesundheits„Erziehung“) ist stark umstritten. Sie führt keineswegs immer zu verändertem Gesundheitsverhalten („Kognitive Dissonanz“, Auseinanderfallen von Wissen und Handeln). Zu den erfolgreicheren Konzepten bei Kindern und Jugendlichen zählen daher u. a. Setting-Ansätze, das Konzept der Lebensweisen („Lebensstilkonzept“), Elemente des „Empowerment“-Ansatzes, problemzentrierte und ressourcenorientierte Ansätze („Neue Prävention“) oder Ansätze der Kompetenzförderung. In der AG 7 wurden insgesamt fünf übergeordnete Zielbereiche (Visionen) definiert, unter die die gesamte Diskussion gruppiert wurde: • Krankheitsvermeidung, Vergrößerung des gesundheitlichen Outcomes, • Verbesserung der Lebensqualität • Förderung von Lebenskompetenz fördern, Selbstbestimmung über Gesundheit • Gestaltung von Lebensräumen, Qualifizierung von Unterstützungssystemen • Image-Verbessung von Gesundheit und Kommunikation darüber Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen Die Herausbildung gesundheitsfördernder bzw. -riskanter Verhaltensweisen steht in engem Zusammenhang mit der Sozialisation. Vor allem das Essverhalten unterliegt einer soziokulturellen Prägung, die mit der Geburt beginnt. Die Entscheidung, was gegessen wird, hängt entscheidend vom Angebot an Nahrungsmitteln, den familiären Gewohnheiten und dem sich ständig verändernden Wissen um eine gesunde Ernährung ab. Durch die komplexe Einbindung der individuellen Entscheidung – zunächst der Mutter oder Betreuungsperson, die das Kind versorgt, später auch Entscheidung des Kindes selbst – liegt auf der Hand, dass effiziente Gesundheitsförderung gerade hier ohne Setting-Ansatz nicht mehr zu denken ist. Dies gilt gerade auch für die Ernährungsbildung im schulischen Kontext, weil dabei immer auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit, der sorgfältigen Verwendung vorhandener Ressourcen und die Stärkung der persönlichen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern wie Lehrerinnen und Lehrern im Blick zu behalten sind. Ein integrierendes Konzept der Gesundheitsförderung muss die Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Ernährung, der Bewegung und zur Stressbewältigung in einer Umsetzungsstrategie zusammenführen, da sich alle drei Handlungsfelder gegenseitig beeinflussen. Die Ernährung liefert Nährstoffe und Energie für den Alltag, für Freizeit und Sport. Die Bewegung wiederum hat Einfluss auf das Ernährungsverhalten, da bei Bewegung der Energieverbrauch steigt. Außerdem unterstützt Bewegung den Stressabbau, erhöht die Stresstoleranz und reduziert die Stressanfälligkeit (wenngleich Bewegung in Zusammenhang mit Leistungsdruck auch Stress erzeugen kann). Dies sind nur einige Beispiele für die engen Zusammenhänge zwischen den genannten Bereichen. Da das Bewegungsverhalten sowohl das Ernährungsverhalten als auch die Stressbewältigung positiv beeinflusst, spielt Bewegung eine wichtige Rolle bei der Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen. Insbesondere Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang und Freude an der Bewegung. Sie erforschen ihre Umwelt und entwickeln ihr Gleichgewicht, indem sie sich selbst und ihren Körper spüren. Intelligenz und kognitive Fähigkeiten werden entscheidend durch die Bewegung und Bewegungsmöglichkeiten gefördert. Anfänglich steht bei jedem kindlichen Lernen das Handeln und die Aktion im Vordergrund. Physische Lernerfahrungen sind Voraussetzung für Reflektions- und Abstraktionsprozesse. Erst im Verlauf der weiteren Entwicklung rücken kognitive Prozesse vermehrt in den Vordergrund. Eine ganze Reihe der konkret identifizierten Teilziele und Maßnahmen lassen sich entweder allen drei oder zumindest zwei thematischen Komponenten zuordnen. So wird z. B. ein Projekt zum Kennenlernen der ethnischen Besonderheiten einer Esskultur und Austausch von selbst zubereiteten Speisen auch ein Baustein zur Stress-Bewältigung sein; pro-soziales Verhalten und Konfliktstrategien haben Schnittmengen mit Aktionen zur Findung der Balance Anspannung/Entspannung, zu Psychomo39 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule torik –Ansätzen und zu Bewegungsangeboten im Alltag (Nachtangebote von Sportstätten). Das (nicht nur rationale!) Erkennen des Prinzips der EnergieBilanz gehört gleichzeitig in den Kontext der Ernährung und der Bewegung. Das gemeinsame Zentrum der Ideen/ Maßnahmen/ Projekte bilden solche, die Lebensperspektiven stärken, Kohärenzsinn erzeugen, sich auf KiTa und Schule als Lebensraum beziehen, ein positives Körpergefühl und Authentizität vermitteln, Selbstbestimmung / Aushalten / Ermutigung schaffen, kurzum „Kinder stark machen“. Erfolg versprechende Projekte müssen diesen Überschneidungen der Bereiche Ernährung, Bewegung und StressManagement Rechnung tragen, um dem ganzheitlichen Ansatz und den Qualitätsmerkmalen gesundheitsfördernder Maßnahmen zu entsprechen (Wirksamkeit, Ziel- und Zielgruppenorientierung, Betroffenenpartizipation, Nachhaltigkeit, Vernetzung bestehender Strukturen). Vor diesem Hintergrund erwies es sich als angemessen, das Setting als Drehund Angelpunkt der Konkretisierung und Zielsystematik zu wählen. Das Settingkonzept bezeichnet mehr als den Interventionsort oder den Ort, an dem die Zielgruppe erreicht werden kann. Es geht vielmehr um die gesundheitsförderliche Aneignung und Gestaltung der Lebensräume sowie um die gesundheitsförderliche Entwicklung individueller 40 Lebensperspektiven und die Eigenverantwortung der Kinder und Jugendlichen (mit Unterstützung von Multiplikatoren, Kooperationspartnern und den politisch, administrativ und finanziell zuständigen Akteuren, Trägern und Behörden). Auf das Setting kann vor allem zurückgegriffen werden, wenn gesundheitliche Chancengleichheit bei sozialer Benachteiligung hergestellt werden soll. Schluss Wir brauchen – und das gilt ganz besonders für alle Faktoren, die unmerklich im Alltag, in unserer RoutineLebensführung, an unserer Gesundheit nagen - neue Wege in der Prävention. Gesundheitsziele werden sicher nicht der Königsweg schlechthin sein. Aber angesichts der vielfach vorhandenen Strukturen, der bereits vielfältig vorhandenen Information und des nicht umgesetzten Wissens stellen sie eine pragmatische Möglichkeit dar, Transparenz zu schaffen, Ressourcen gezielter einzusetzen, Zusammenarbeit verbindlich auszugestalten und Zielgruppen auch wirklich zu erreichen (bzw. die viel beschworene Partizipation mit Leben zu füllen). In keiner anderen Lebensphase bestehen so effiziente Zugänge wie bei der Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche über das Setting im familialen und schulischen Umfeld. Dies sollten wir nutzen. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule 3.9 Essen in der Schule - Herausforderungen und Chancen für den Schulalltag Georg Homburg Niedersächsisches Kultusministerium Tom, ein Schüler des 5. Jahrgangs, klagt öfter über Kopfschmerzen. Manchmal sind sie so stark, dass er nach Hause gehen möchte. Die Klassenlehrerin sucht nach einer möglichen Ursache und fragt auch, wie Tom frühstückt. Sie erfährt, dass er morgens meist keinen Hunger und keine Lust zum Essen hat. Von der Mutter hört die Lehrerin, sie wolle wegen des Essens keinen Streit mit ihrem Sohn und sie gebe ihm dann Geld mit, damit er sich etwas besorgen könne ... Ein Beispiel aus dem Schulalltag – ein Einzelfall und nicht zu verallgemeinern? Es spricht einiges dafür, dass die Probleme zunehmen, die mit einer unzureichenden oder falschen Ernährung zusammenhängen und in der Schule deutlich werden. Immer öfter muss Schule sich zunächst darum kümmern, die Basisernährung sicher zu stellen, bevor der Unterricht beginnen kann. Gemeinsames Frühstück vor der ersten Stunde? Für manche Grundschulen längst die Regel! An Halbtagsschulen mag die Essensfrage oft noch ausgeblendet werden, obwohl sie sich bei langen Schulwegen und einer Tendenz zu mehr Unterricht oder Veranstaltungen am Nachmittag längst gestellt hat. Für Ganztagsschulen gehört die Organisation des Mittagessens zu den Punkten, die von Anfang an zu klären sind. Das Angebot einer Mittagsverpflegung versteht sich in der Ganztagsschule von selbst, ist aber gleichzeitig eine unabdingbare Verpflichtung, die mit der Einführung der Nachmittagsveranstaltungen übernommen wird. In Niedersachsen ist dies bereits seit 1993 vorgegeben und gleichzeitig (durch den Erl. „Verkauf von Getränken und Esswaren in Schulen“ v. 9.9.1991, SVBl. S.288, bekannt als „Müsli-Erlass“) bestimmt, dass es sich bei diesem Essen um eine „vollwertige“ Nahrung handeln soll. Wo jedoch die Ernährungsfrage lediglich auf das Mittagessen bezogen wird, besteht die Gefahr, dass bereits in der Planung und Vorbereitung der Ganztagsschule weit reichende Versäumnisse unterlaufen. Zu klären ist z. B.: • Soll/muss die Schule dafür sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler eine „Basisernährung“ erhalten kön- nen, soll z. B. ein Frühstück in der Schule angeboten werden? • Durch welche Einrichtung und Ausstattung kann man Lerngruppen die Zubereitung von kleinen Zwischenmahlzeiten und von warmen Getränken unter hygienisch angemessenen Bedingungen erleichtern? • Kann eine – evtl. in Selbstorganisation betriebene – Cafeteria/Teestube eingerichtet werden – oder dezentrale Teeküchen? • Wird es einen – ggf. erweiterten – schulinternen Kiosk geben? Wer soll ihn betreiben, welches Warenangebot ist vorgesehen? • Wie sollen Essens- und Getränkeangebote bei Festen, Feiern, im Rahmen von Projekten und Veranstaltungen organisiert werden? • In welchem Maße sollen die Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern und die Lehrerinnen und Lehrer bei der Festlegung des Angebots, der Zubereitung und Ausgabe des Essens – aber auch bei der Gestaltung und Nutzung der Einrichtungen, der Ordnung und Sauberkeit der Anlagen und beim „Tischdienst“ (was kann dazu gehören?) beteiligt werden? • Nach welchen Grundsätzen soll der Zielkonflikt zwischen „Essenskosten“ (= möglichst niedrig) und „Essensqualität“ (= möglichst hoch) entschieden werden? Sollen Essenspreise sozial gestaltet werden, gibt es Möglichkeiten, finanzielle Unterstützung zu erhalten? Hinter jeder dieser Fragen verbirgt sich eine Reihe von organisatorischen, finanziellen – aber ebenso die konzeptionellen und pädagogischen Ziele berührenden Problemen. Auch wenn sie nicht bearbeitet und beantwortet werden, entscheidet sich dadurch, unter welchen Rahmenbedingungen der Schulalltag in der Ganztagsschule gestaltet wird. Grundsätzlich sind auch folgende Themen zu klären: Stichwort: „Esskultur“ Angesichts des vorherrschenden FastFood-Angebots und der entsprechend sich verbreitenden „Tischsitten“ mag es manchem beinahe als „missionarisches“ Vor41 Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule haben gelten, an die Essensausgabe und die gemeinsame Mahlzeit in der Schule mit dem Anspruch der Entwicklung von Verhaltensregeln im Sinne einer „Esskultur“ heranzugehen. Gleichwohl ist es eine unumgängliche Notwendigkeit, bereits im Vorfeld, bei der Planung von Einrichtungen und organisatorischen Rahmenvorgaben (Tischgrößen und Gruppentische, Wahl-/Bestellmöglichkeiten, Zeitfenster oder Zeitpunkte fürs Essen, gemeinsamer Mittagstisch (mit Gruppenportionen, z. B. für jüngere Jahrgänge) oder Portionsausgabe ...) im Blick zu haben, welche Auswirkungen die einzelnen Entscheidungen auf das spätere Verhalten der Essensteilnehmer haben wird: Zeitliche und räumliche Enge, unwirtliche Räumlichkeiten und Anonymität sind beste Voraussetzungen dafür, dass sich auch kleinere Konflikte rasch aufbauen können ... Umgekehrt ist zu hoffen, dass eine freundliche Umgebung und ruhige Atmosphäre beim Mittagessen zur Entspannung im vielfachen Sinne beiträgt und in den Tagesablauf und das gemeinsame Arbeiten aller hineinwirkt. Stichwort: „(inter-)kulturelle Toleranz“ Keine Schule kommt am Problem vorbei, sich auf eine kulturelle Vielfalt von familiär geprägten Essensgewohnheiten bis zu religiös bedingten Speisegeboten einzustellen. Es ist deshalb je nach den örtlichen Gegebenheiten ratsam oder dringend erforderlich, bereits in der Planungsphase die Frage zu stellen, wie sich das Speisenangebot unter Wahrung und Achtung solcher Vorbedingungen möglichst offen, flexibel und variantenreich gestalten lässt. Nicht zuletzt ist zu beachten, dass es immer mehr medizinisch indizierte Gründe (z. B. Allergien, Stoffwechselerkrankungen) dafür gibt, die eine tägliche „Einheitsnahrung“ für den persönlichen Speiseplan nicht geeignet sein lässt. Allein schon die Art und Weise, wie ernsthaft, selbstverständlich und mit persönlicher Aufmerksamkeit auf derartige Fragen eingegangen wird, kann ein Teil der Lösung sein und dem Einzelnen signalisieren, dass er mit seinem „Problem“ nicht allein gelassen wird. Stichwort: „Ernährungsbewusstsein“ Die oben aufgezählten Einzelaspekte sollten bereits deutlich gemacht haben, dass eine Reduzierung der Ernährungsfragen in der Ganztagsschule auf die Organisation des Mittagessens ein sträfli42 cher Fehler wäre. Ebenso ließe man sich Chancen entgehen, wenn man die vielfältigen Möglichkeiten, die sich dadurch für die Bildung eines „Ernährungsbewusstseins“ bieten, nicht nutzen würde. Pragmatische Gründe sprechen dafür, dass sich eine besondere Gruppe von Eltern, Schüler und Lehrern mit dem Thema Essen und Ernährung in der Schule befasst und kundig macht. Ihr Ziel wird es aber sein, in die gesamte Schule hineinzuwirken, Verbindungen zu schaffen zu unterrichtlichen Themen einzelner (oder aller?) Fächer, mit z. B. alters- und jahreszeitlichen Schwerpunkten kleine Projekte durchzuführen und Angebote zum Erwerb von „Alltagskompetenz“ in Ernährungsfragen einzurichten. Stichwort: „Schule als Lebensraum“ Die zusätzlichen Bildungs-, Betreuungsund Erziehungsangebote der Ganztagsschulen stehen zunächst bei der Einrichtung und Ausgestaltung von Ganztagsschulen im Vordergrund. Wenn Schule sich jedoch mit der Einführung des Ganztagsbetriebs stärker als „Lebensraum“ für Kinder und Jugendliche – aber durchaus auch für die dort arbeitenden Erwachsenen – versteht, wird der Blick geöffnet für den Versuch, aus einem ganzheitlichen Ansatz heraus diesen „Raum“ auch zu gestalten. Bei Kindern mit erheblichen Gesundheitsstörungen sind in Untersuchungen (K. Hurrelmann u.a., Jugendgesundheitssurvey) drei Ausgangsfaktoren als gemeinsamer Nenner ausgemacht worden: Fehlernährung, Bewegungsmangel und falsches Stressmanagement. Selbstverständlich kann auch Ganztagsschule dem nur ansatzweise entgegen wirken und darf – gerade bei bestehenden Gesundheitsstörungen – nicht den Eindruck erwecken, sie könnte z. B. in den Verantwortungsbereich von Erziehungsberechtigten fallende Aufgaben abdecken. Allerdings sollten die aufgezeigten Zusammenhänge dazu führen, dass bei der Organisation des Tagesund Wochenplans der Schülerinnen und Schüler wie bei der äußeren und inneren Gestaltung der gesamten Schule derartige Erkenntnisse umfassend genutzt werden. Gesunde Ernährungsangebote und die Förderung einer bewussten Ernährung gehören unbedingt dazu. Wissenschaftlicher und bildungspolitischer Hintergrund zur Ernährung in der Schule Essen macht (Ganztags-)Schule: BasisBasis ern ä hrung Ern ä hrungs bewusstsein Esskultur Verantwortung für ... Schule als „Lebensraum “ Akzeptanz Organisation, Beteiligung „Essen macht Schule“ – Herausforderungen und Chancen für den Schulalltag In Niedersachsen wird es im nächsten Schuljahr 235 Ganztagsschulen und 38 Sonderschulen mit ganztägigem Unterricht geben. Daneben richten auch Halbtagsschulen im Sekundarbereich I immer mehr Nachmittagsangebote ein und kooperieren dabei mit außerschulischen Partnern. Das Bundesprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ soll die Investitionen der Schulträger bei der Einrichtung weiterer Ganztagsschulen unterstützen. Zusätzliche Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebote der Ganztagsschulen stehen im Vordergrund. Mit der zeitlichen Ausweitung wird Schule aber noch stärker gemeinsamer Lebensraum für alle Beteiligten. Geht man davon aus, dass ⅓ aller Krankheiten von Kindern auf Fehlernährungen beruhen, lässt sich ermessen, welche Mitverantwortung Schule durch die notwendigen Essensangebote übernimmt. Konflikt: Kosten - Qualitä Qualitä t (inter(inter- ) kulturelle Toleranz Öffnung von Schule, andere Formen des Lernens und Arbeitens und ein erfreuliches Maß an Selbstorganisation und Elternbeteiligung führen zu vielfältigen Anlässen, bei denen selbst zubereitete Speisen, Gebäck und Getränke angeboten werden. Professionelle Ernährungsberatung kann willkommene Unterstützung leisten und praktische Ideen liefern kann – aber auch erforderliche Fachkenntnisse, um Risiken (z.B. beim Thema „Hygiene“) zu vermindern. Kinder und Jugendliche lediglich als Konsumenten von Ernährungsangeboten anzusprechen, kann nicht alleiniges Ziel bleiben. Als Alltagskompetenz ist Ernährungsbildung auch handlungsorientiert und kann als Teil einer Gesundheitsbildung geradezu „Lebenshilfe“ bieten. Dabei hat die Mittagsmahlzeit eine besondere Bedeutung, zunächst unter dem Gesichtspunkt einer gesunden, wohlschmeckenden Ernährung, aber auch als Gemeinschaftserlebnis und unter dem Aspekt der „Esskultur“. Aufmerksamkeit verdienen jedoch ebenso die Zwischenmahlzeiten (ein „zweites Frühstück“ ist für immer mehr Kinder das erste am Tage ...) und die Versorgung mit Getränken. 43 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen 4 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen 4.1 Übersicht zu Verpflegungssystemen Prof. Dr. Helmut Heseker Universität Paderborn FB Ernährung und Verbraucherbildung Je nach räumlichen und sächlichen Gegebenheiten der Schule ist eine Verpflegung mit unterschiedlichen Systemen möglich. Die verschiedenen Verpflegungssysteme unterscheiden sich einerseits durch den Ort der Nahrungszubereitung (z.B. zentral oder dezentral) und andererseits im Convenience-Grad der überwiegend verwendeten Lebensmittel. Aus ernährungsphysiologischer Sicht bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedene Verpflegungssystemen. Eine gute, praxisnahe Zusammenstellung ist dem DGE/aidOrdner: „Essen und Trinken in Tageseinrichtungen“ zu entnehmen (siehe Informationsmaterialien). Convenience Grade bei Lebensmitteln Conve- Bezeichnung nienceGrad 0 nicht küchenfertige Lebensmittel I küchenfertige Lebensmittel II garfertige Lebensmittel III mischfertige Lebensmittel regenerierfertige Lebensmittel portionsfertige Lebensmittel verzehrsfertige Lebensmittel IV V VI Beispiele ungeputztes Gemüse, Tierhälften geputztes Gemüse, geschälte Kartoffeln, Schweineschnitzel paniertes Schweineschnitzel, Fischstäbchen, Tiefkühlgemüse Salatdressing, Müslimischung Tiefkühlfertiggerichte, sterilisierte Eintöpfe Joghurt aus Großgebinde Süßwaren, Desserts Mögliche Verpflegungssysteme sind: § Zubereitungsküche in unterschiedlicher Trägerschaft (z.B. Mensavereine) § Verteilerkücher (Zubereitung in externer Großküche) § Aufbereitungs- oder Regenerationsküche (z.B. Cook & ChillSpeiseversorgung) § Mischküchensysteme (z.B. fertige Hauptgerichte plus frische Salate u. Desserts) § erweitertes Schulkioskangebot § Fast-Food-Verpflegungssystem § Kaltküchenverpflegungssystem Zubereitungsküche (Frischkostsystem) Erläuterung: Kochen vor Ort in der Schule Vorteile § Zubereitungsform mit der besten sensorischen Qualität § attraktives Aussehen der Menüs/hoher Frischezustand § geringe Nährstoffverluste, da keine oder nur kurze Warmhaltephasen § kurzfristige Reaktion auf geänderte Zahl der Essensteilnehmer/innen § Rhythmisierung auf den Schulalltag möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) § höchstmöglicher Einfluss auf die Qualität der Ausgangsprodukte § keine Einschränkung der Lebensmittelwahl § Schaffung von Arbeitsplätzen (z.B. für Eltern) § flexible Anpassung an die Wünsche der Schüler/innen § gute Variationsmöglichkeiten Nachteile § erfordert moderne Geräteausstattung § hoher Raumbedarf für Küche, Vorrat und Spülbereich § hoher Personalbedarf; besondere Qualifikation des Küchenpersonals § hygienische Probleme möglich § umfangreiche Planungsarbeiten für Einkauf, Lagerhaltung etc. § Kontrolle der gelagerten Lebensmittel § Entsorgung von Abfällen und nicht verzehrter Lebensmitteln § oft mangelnde Qualifikation des Küchenpersonals § relativ hohe Essenskosten; rentabel ab ca. 100 Essensteilnehmer/innen § Kommentar: Wenn die äußeren Bedingungen (Räume, qualifiziertes Personal) dies zulassen, ist dem Frischkostsystem der Vorzug zu geben. Verteilerküche (Warmverpflegungssystem) Erläuterung: Zubereitung durch eine externe Großküche und Lieferung in Thermophoren; vorportioniert oder Portionierung in der Schule. Vorteile § erfordert keine umfangreiche Geräteausstattung 45 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen relativ geringer Raumbedarf geringer Personalbedarf (nur für die Essensausgabe) § keine höhere Qualifikation des Personals erforderlich § keine großen Planungsarbeiten für Einkauf, Lagerhaltung etc. Nachteile § nicht immer optimale sensorische und optische Qualität (z.B. Kurzgebratenes) § bei langen Warmhaltezeiten sind erhebliche Nährstoffverluste möglich § kaum Einfluss auf die Qualität der Ausgangsprodukte § Rhythmisierung auf den Schulalltag oft nicht möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) § Großküche liefert oft an viele Gruppen; nicht immer schülergemäße Angebote Kommentar: Zur Verbesserung der ernährungsphysiologischen Qualität wird eine Ergänzung durch frische Salate und Obst empfohlen. Das System kann nur empfohlen werden, wenn kurze Warmhaltezeiten garantiert sind und die Speiseplangestaltung mit der Schule abgestimmt wird. Geringeren Essenskosten steht eine geringere Essensqualität gegenüber. Darauf achten, dass das Speisenangebot auf Schüler/innen ausgerichtet ist. § § Aufbereitungs- oder Regenerationsküche Erläuterung: Schulen erhalten Speisen in tiefgefrorener oder gekühlter Form von industriellen Herstellern oder vom Caterer (meistens: Cook & Chill-Verfahren). Aufwärmen der Lebensmittel findet vor Ort statt. Vorteile § gute sensorische Qualität möglich § attraktives Aussehen § geringe Nährstoffverluste § kurzfristige Reaktion auf geänderte Zahl der Essensteilnehmer/innen § Rhythmisierung auf den Schulalltag möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) § reduzierte Investitionen in die apparative und räumliche Ausstattung Nachteile § erfordert spezielle Geräteausstattung (z.B. Kühlgeräte, Konvektionsöfen o.ä.) § mittlerer Personal- und Raumbedarf § eingeschränkte sensorische und optische Qualität bei empfindlichen Ge46 richten (z.B. Kurzgebratenes; Salzkartoffeln, Frittiertes) § gelegentlich treten Konsistenzprobleme der Speisen auf § hygienische Probleme möglich § höherer Planungsaufwand für Speiseplangestaltung, Einkauf, Lagerhaltung etc. § Kontrolle der gelagerten Lebensmittel § mittlerer Mahlzeitenpreis § gelegentlich Geschmacksermüdung auf Grund geringer Variation der Menüs Kommentar: Zur Verbesserung der Qualität wird eine Ergänzung durch frische Salate etc. empfohlen. Das Aufbereitungssystem ist unter Umständen geeignet bei geringer bis mittlerer Essensteilnehmerzahl (< 100). Mischküchensysteme Erläuterung: Kombination von Fertigkomponenten plus selbstgemachte Ergänzungen. Vorteile § gute sensorische Qualität möglich; geringere Nährstoffverluste § Ergänzung durch frische Salate und Obst sowie Kartoffeln und Kurzgebratenes § kurzfristige Reaktion auf geänderte Zahl der Essensteilnehmer/innen § Rhythmisierung auf den Schulalltag möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) § teilweise Einfluss auf die Qualität der Ausgangsprodukte § Schaffung einiger Arbeitsplätze (z.B. für Eltern) Nachteile § erhöhter Raumbedarf für Küche, Vorrat und Spülbereich § erfordert höhere Geräteausstattung und erhöhten Personalbedarf § hygienische Probleme § erfordert Planungsarbeiten für Einkauf, Lagerhaltung etc. § Kontrolle der gelagerten Lebensmittel § Entsorgung von Abfällen und nicht verzehrter Lebensmitteln Kommentar: Ist aus wirtschaftlichen Gründen ein reines Frischkostsystem nicht realisierbar, dann ist zur Sicherstellung einer vollwertigen Empfehlung das Mischkostsystem zu empfehlen. Es gibt teilweise gute Anbieter, die sich auf die Ernährung von Kindern/Jugendlichen spezialisiert haben und eine hochwertige Essensversorgung anbieten. Auch eine Ergänzung kalter Speisen (z.B. Sandwichs etc.) erscheint sinnvoll (siehe auch Kaltküchenverpflegungs- Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen system). Hierdurch bieten sich größere Möglichkeiten, differenzierte Preise anzubieten. Denn es muß das Ziel der Mittagsverpflegung sein, dass die Schüler/innen ein qualitativ hochwertiges Essen zu sozial ausgewogenen und attraktiven Preisen erhalten. Erweiterter Kiosk Erläuterung: Betrieb durch Schülermitverwaltung, Eltern oder Hausmeister. Vorteile § geringer Verwaltungsaufwand § nicht unerheblicher Reinerlös für Betreiber § kurzfristige Reaktion auf geänderte Zahl der Essensteilnehmer/innen § Rhythmisierung auf den Schulalltag möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) Nachteile § Milch und Milchprodukte müssen kühl gelagert werden § Bevorzugung lagerfähiger Produkte § Bevorzugung von Fast-FoodGerichten (z.B. Bockwurst) § Dosengetränke und Schokoriegel § wenig Einfluss auf die Qualität der Ausgangsprodukte § selten frisches Obst und Gemüse § selten vollwertige Mahlzeiten Kommentar Eine gute ernährungsphysiologische Qualität der angebotenen Lebensmittel/Mahlzeiten ist nicht gewährleistet. Es wird daher dringend davon abgeraten, ein lediglich erweitertes Kioskangebot zu akzeptieren. Denkbar wäre allenfalls, dass ein optimiertes Kiosk-Speisenangebot geschaffen wird, das aber nicht in Konkurrenz zu dem Standardangebot eines Schulkiosks stehen darf („entweder oder“). Erfahrungen zeigen, dass Schüler/innen bei einem gleichzeitigem Angebot von Standardkioskprodukten und einem optimierten Speiseangebot, bevorzugt zu den aus ernährungsphysiologischer Sicht eher unerwünschtem Teil der Produktpalette greifen. Belieferung durch Fast-Food-Kette Erläuterung: Fast-Food-Betrieb übernimmt die gesamte Versorgung und Entsorgung. Vorteile § kein besonderer Raum- und Gerätebedarf § geringer Verwaltungsaufwand § Lieferant übernimmt Ver- und Entsorgung kein Bereitstellen und Spülen von Geschirr und Besteck § von Schülern und Schülerinnen mehrheitlich akzeptiertes Speisenangebot § akzeptables Preisniveau § kurzfristige Reaktion auf geänderte Zahl der Essensteilnehmer/innen § Rhythmisierung auf den Schulalltag möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) Nachteile § Bevorzugung von Fast-Food-Gerichten § fettreiche, ballaststoffarme Lebensmittel § einseitige Ernährungsform § keine abwechslungsreiche Speiseplangestaltung § selten frisches Obst und Gemüse § keine vollwertige Mahlzeiten Kommentar Eine gute ernährungsphysiologische Qualität der angebotenen Mahlzeiten ist nicht gewährleistet. Es wird daher dringend davon abgeraten, eine Fast-Food-Versorgung zu akzeptieren. § Kaltküchenverpflegungssystem Erläuterung: Es werden anstelle warmer Komplettmahlzeiten kalte Speisen angeboten, z.B. Sandwiches, Wraps, Salat, Obst, Joghurt und andere Milchmischprodukte. Vorteile § geringer Raum- und Gerätebedarf § kein Bereitstellen von Geschirr und Besteck § von Schülern/innen gut akzeptiertes Speisenangebot § akzeptables Preisniveau § keine höhere Qualifikation des Personals erforderlich § kurzfristige Reaktion auf geänderte Zahl der Essensteilnehmer/innen § Rhythmisierung auf den Schulalltag möglich (z.B. bei Unterrichtsausfall) § Schaffung von Arbeitsplätzen (z.B. für Eltern) Nachteile § weniger abwechslungsreiche Speiseplangestaltung § keine vollwertigen Mahlzeiten § mittlerer Personalbedarf § hygienische Probleme möglich § erfordert Planungsarbeiten für Einkauf, Lagerhaltung etc. § Kontrolle der gelagerten Lebensmittel Kommentar Ein Kaltverpflegungssystem kann ein Frischküchensystem nicht ersetzen. Bei phantasievoller Zusammenstellung ist aber eine hinreichende ernährungsphysiologi47 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen sche Qualität der angebotenen Mahlzeiten durchaus erreichbar. Für eine Übergangszeit, z.B. bei Neueinführung einer Ganztagsschule, ist ein Angebot an kalten Speisen akzeptabel. Dabei ist die Gesamttagesernährung zu berücksichtigen und Eltern sollten zu einem warmen Abendessen explizit ermuntert werden. Das Akzeptieren einer kalten Mittagsmahlzeit dürfte viel Zündstoff aus innerschulischen Diskussionen nehmen. Außerdem bietet dies Verpflegungssystem größere Möglichkeiten, qualitativ hochwertige Speisen zu attraktiven Preise anzubieten. Mensavereine In vielen Bundesländern haben sich Mensavereine o.ä. unter der Leitung von Eltern und/oder Lehrern/innen gebildet. Diese übernehmen die gesamte organisatorische und manchmal auch wirtschaftliche Verantwortung der Mittagsverpflegung. Derartigen Aktivitäten verdienen unsere besondere Unterstützung in ihrem Bestreben, den Schülern/innen eine ernährungsphysiologisch hochwertige Mittagsverpflegung anzubieten. Um aber ein kostengünstiges Mittagessen anbieten zu können, müssen die Bestrebungen der Länderfinanzminister, die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes 48 aufzuheben, mit Nachdruck zurückgewiesen werden. Essen und Trinken verstärkte Beachtung und Bedeutung zu verschaffen Handlungs- und erlebnisorientiertes Nachmittagsangebot einfließen lassen Gesundheitsfördernder und kompetenter Umgang mit NM näher bringen Obst und Gemüse als natürliche Fitmacher nützen Milch und Milchprodukte als notwendige Versorgung praxisnah aufarbeiten Überversorgung mit Zucker und Fett verbalisieren Eigenverantwortlicher Umgang mit den persönlichen Ressourcen fördern Alltagskompetenzen im Bereich Essen und Trinken, wie z.B. Hygiene, Umgang mit Geld, Warenkunde, Tischund Esskultur üben Erfahrungen, Bedürfnisse und Anforderungen aus der schulischen Praxis gemeinsam erörtern und lösungsorientiert diskutieren. Größere Unterrichtszufriedenheit, Spaß am Unterricht, die Förderung des sozialen Lernens: wie eine positive emotionale Anbindung im Unterricht erleben, die nachhaltiges Lernen fördert und neue Lernherausforderungen öffnet. Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen 4.2 Empfehlung für die Ernährung von - Die Optimierte Mischkost optimiX - Kindern und Jugendlichen Dr. oec. troph. Kerstin Clausen, PD Dr. Mathilde Kersting Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund Das vom Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) entwickelte Konzept der Optimierten Mischkost optimiX eignet sich für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen. Dieses Konzept ist damit nicht nur in Familien, sondern auch in Schulen jeglicher Art uneingeschränkt einsetzbar. Optimiert heißt dieses Konzept, weil es sowohl wissenschaftliche Kriterien, nämlich die aktuellen Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr und die Prävention ernährungsmitbedingter Krankheiten, als auch praktische Kriterien wie Essensvorlieben von Kindern, die in Deutschland typischen Mahlzeitengewohnheiten sowie die Kosten der Lebensmittel berücksichtigt. In der Optimierten Mischkost werden Empfehlungen für die Menge und Auswahl der Lebensmittel insgesamt sowie bei den einzelnen Mahlzeiten gegeben. Für die Lebensmittelauswahl gelten drei einfache Regeln: • Reichlich: Getränke und pflanzliche Lebensmittel • Mäßig: Tierische Lebensmittel • Sparsam: Fettreiche und zuckerreiche Lebensmittel Dabei ist ab und zu (≤ 10 % der Energiezufuhr) auch der Verzehr von Lebensmitteln mit niedriger Nährstoffdichte wie z.B. Süßwaren geduldet. Pro Tag werden 5 Mahlzeiten empfohlen: 2 kalte Hauptmahlzeiten, 1 warme Hauptmahlzeit und 2 Zwischenmahlzeiten. Die unterschiedlichen Lebensmittel- und Nährstoffprofile der Mahlzeiten ergänzen sich in einem Baukastensystem zu einer empfehlungsgerechten Tageszufuhr an Nährstoffen. Das heißt, dass das Elternhaus und die Schule jeweils eine spezifische Verantwortung für eine kindgerechte Ernährung haben. Die warme Hauptmahlzeit Eine Hauptmahlzeit am Tag sollte eine warme Mahlzeit sein. Die warme Mahlzeit hat eine besondere Lebensmittelund Nährstoffzusammensetzung und kann deshalb nicht ohne weiteres durch die üblichen kalten Mahlzeiten ersetzt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die warme Mahlzeit mittags oder abends gegessen wird. Täglicher Hauptbestandteil der warmen Mahlzeit sind frisch gekochte Kartoffeln, Naturreis oder Vollkornnudeln und Gemüse (roh oder gekocht) oder Salat. Dazu kommt zwei- bis dreimal pro Woche eine kleine Fleischbeilage oder -einlage, z.B. in Soßen und einmal pro Woche Fisch. Einmal in der Woche sollte eine vegetarische Mahlzeit aus Hülsenfrüchten oder Getreide, z.B. als Eintopf, Auflauf oder Bratling, auf dem Speiseplan stehen. Zu jeder Mahlzeit gehört ein energiefreies bzw. armes Getränk, wie z.B. Wasser, Früchtetee oder stark verdünnte Saftschorle. 1 warme Mahlzeit pro (z. B. das Tag Mittagessen) Öl Fisch (1x/W oche ) Fleisch (2-3x/W oche) + Gemüse, Salat (täglich ) Wasse r Tee Kartoffeln, Nudeln, Getreide, Hülsenfrüchte (täglich) Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund Altersgemäße Lebensmittelmengen Die Anteile der Lebensmittel in der Mahlzeit haben wesentlichen Einfluss auf die ernährungsphysiologische Qualität der Mahlzeit. Als Kalkulationsgrundlage für Mittagsmahlzeiten in Schulen können die nachfolgenden Richtwerte dienen. Getränke Beilagen1 Gemüse, Salat Fleisch, Wurst Fisch Eier Öle, Fette Brot, Getreideflocken Milch, Milchprodukte Süßigkeiten, Gebäck 7-9 Jahre 10-12 Jahre 1500 1100 815 13-14 Jahre Jungen 1500 1300 950 13-14 Jahre Mädchen 1500 1100 880 1250 930 650 150 180 240 200 100 1 Stck. 60 30 110 1 Stck. 75 35 150 1-2 Stck. 75 110 150 1-2 Stck. 75 100 30 35 40 40 40 50 70 70 Tab. 1: Richtwerte für Lebensmittelmengen der Mittagsmahlzeit (in g in 5 Tagen) 1 Kartoffeln, Reis, Nudeln, Hirse, Hülsenfrüchte 49 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen Alternativen zur warmen Mittagsmahlzeit Für Schulen, die keine warme Mittagsverpflegung anbieten können, sowie für Kinder und Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen nicht an den angebotenen warmen Mahlzeiten teilnehmen, sollte zur Mittagszeit ein ernährungsphysiologisch geeignetes Alternativangebot von Speisen und Getränken bereitgestellt werden. Fehlt ein solches Angebot, ist das Risiko erhöht, dass die Schüler auf energiereiche, aber nährstoffarme Produkte, z. B. Fast Food, Gebäck, Süßigkeiten, gesüßte Erfrischungsgetränke, ausweichen. Als geeignete Alternative bieten sich kalte Hauptmahlzeiten der Optimierten Mischkost an. Hauptbestandteile sind fettarme Milch (1,5 % Fett) oder Milchprodukte (z.B. als Trinkmilch oder Joghurt im Müsli), Obst oder Rohkost sowie Brot (möglichst Vollkornbrot) oder Getreideflocken (als Müsli). Margarine oder Butter als Brotaufstrich und magerer Wurst- oder Käseaufschnitt runden in geringen Mengen die Brotmahlzeit ab. Fett 2 kalte Mahlzeiten pro Tag (z. B. Frühstück und Abendessen) davon, ob es eine kalte oder warme Mahlzeit zu Hause gibt, ist wichtig, dass sie in Ruhe mit der ganzen Familie eingenommen wird. Zwei Mahlzeiten des Tages in der Optimierten Mischkost sind Zwischenmahlzeiten (Pausenfrühstück und Nachmittagsmahlzeit), die entweder von zu Hause mitgebracht werden oder in der Schule angeboten werden (z.B. Schulkiosk). Idealerweise bestehen die Zwischenmahlzeiten aus Brot oder Müsli (möglichst Vollkornbrot, -flocken), ergänzt durch GemüseRohkost oder Obst. Wird bei anderen Mahlzeiten wenig Milch verzehrt, sollte Milch oder ein Milchprodukt (fettarm, 1,5%) als Beigabe oder als eigenständige Zwischenmahlzeit angeboten werden. Es spricht aber auch nichts dagegen, ab und zu Gebäck, Kuchen oder Süßigkeiten als Zwischenmahlzeit zu essen. 2 Zwischenmahlzeiten pro Tag (z. B. vormittags und nachmittags) Brot, Getreide (flocken) Milch, Milchprodukte + oder (selten) Kuchen, Süßigkeiten + Wasser Tee Obst, Rohkost Wurst Brot, Getreide(flocken) Obst, Rohkost Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund + Wasser Tee Milch, Milchprodukte, Käse Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund Wenn mittags kalt gegessen wird, ist es wichtig, dass abends oder am späten Nachmittag eine warme Mahlzeit eingenommen wird. Jede Familie kann für sich entscheiden, wann der beste Zeitpunkt für die warme Mahlzeit ist. Unabhängig 50 Die Optimierte Mischkost ermöglicht eine ernährungsphysiologisch ausgewogene Mittagsverpflegung und Gesamternährung. Wünschenswert wäre die Einbindung der Mittagsverpflegung in Entwicklungsund Gesundheitsförderungskonzepte der Schule. Dann bestünde die Chance, dass ein gesundheitsförderndes Ernährungsverhalten bei Schülern aufgebaut und gefestigt wird. Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen 4.3 Gesetzliche Grundlagen In jeder Schule gibt es Regeln oder Vorschriften, an die sich die Beteiligten halten müssen, damit ein „sicherer, reibungsloser und effektiver“ Ablauf gewährleistet wird. Dies trifft auch für den Bereich der Küche und im Speziellen der Küchenhygiene zu. Das Ziel ist es, gesundheitlich unbedenkliche Speisen und Getränke z. B. für Schüler und Lehrer herzustellen und abzugeben. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Gesetze und Verordnungen kurz vorgestellt. 1. Die Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) In der Lebensmittelhygiene - Verordnung (LMHV) vom 5. August 1997 werden allgemeine hygienische Voraussetzungen formuliert. Sie gilt für alle öffentlichen und privaten Betriebe, die Lebensmittel herstellen, behandeln oder „in Verkehr“ bringen. Alle Verpflegungseinrichtungen in der Schule (vom Schulkiosk bis zur Cafeteria oder Mensa) unterliegen der LMHV. Die ersten beiden Paragraphen beinhalten grundsätzliche Regelungen über den Geltungsbereich und die verwendeten Begriffe. Die für die praktische Schulverpflegung relevanten Bestimmungen finden sich in den §§ 3 und 4. 1.1 Allgemeine Hygieneanforderungen (§ 3) Im gesamten Produktionsablauf wird eine „gute Hygienepraxis“ gefordert. Dafür finden sich in der Anlage zu diesem Paragraphen umfangreiche Erläuterungen. Umgesetzt in die Praxis ergeben sich aus diesen u. a. folgende Tipps: Personalhygiene 1. Täglich frische Kleidung und Geschirrtücher verwenden! 2. Vor Arbeitsbeginn und nach jedem Toilettenbesuch Hände waschen! 3. Fingernägel sauber und kurz geschnitten halten! Fingernägel nicht lackieren! Vor Arbeitsbeginn Handschmuck und Armbanduhr ablegen! 4. Bei der Küchenarbeit immer eine Kopfbedeckung tragen! 5. Nicht auf Lebensmittel husten oder niesen! 6. Täglich duschen! 7. In der Küche und in den Vorbereitungsräumen nicht rauchen! 8. Erkrankungen wie Durchfall und Erbrechen sofort der Küchenleitung melden! 9. Wunden mit wasserdichtem Pflaster oder mit Verband und Fingerling abdecken! Gegebenenfalls Gummihandschuhe anziehen! Lebensmittelhygiene 1. Bei der Wareneingangskontrolle regelmäßig Qualitätskontrollen durchführen. 2. Beanstandete Ware nicht annehmen. 3. Reine und unreine Arbeit trennen. 4. Leicht verderbliche Lebensmittel immer gekühlt aufbewahren. 5. Gekühlte Lebensmittel nicht zu lange lagern. 6. Lebensmittel erst unmittelbar vor der Zubereitung vorbereiten. 7. Gegarte Zutaten vor der Weiterverarbeitung zwischenkühlen. 8. Zum schnellen Abkühlen Lebensmittel in kleinere Behälter füllen. 9. Speisen immer abdecken. 10. Ganzes Schlachtgeflügel vor dem Zubereiten vollständig auftauen lassen. 11. Auftauflüssigkeit von Geflügel und Fleisch wegschütten. 12. Speisen ausreichend erhitzen, d. h. über 75 °C. 13. Speisen nur kurze Zeit (max. drei Stunden) und nicht unter 65 °C warm halten. 14. Lebensmittel vor Insekten und Schädlingen schützen. 15. Richtig abschmecken. 16. Speisen und Geschirrinnenflächen nicht mit der Hand anfassen. Küchenhygiene 1. Küche, Wirtschaftsräume und Arbeitsmittel sauber halten. 2. Arbeitsplatz zwischendurch immer wieder reinigen. Saubere Wischtücher (am besten Einwegtücher) verwenden. 3. Reinigungs- und Desinfektionsmittel außerhalb der Küche aufbewahren. 4. Kühlräume nicht überfüllen. 5. Temperaturhöhe und Reinigungszeit bei der Spülmaschine nicht verstellen, nur damit es schneller geht. 1.2 Eigenes Kontrollsystem (nach dem HACCP-Konzept) In § 4 wird für die Einrichtungen ein eigenes Hygiene-Kontrollsystem gefordert. Ziel des Kontrollsystems ist es, Gesundheitsgefährdungen zu identifizieren und auszu51 Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen schließen, so dass die Lebensmittelsicherheit gewährleistet ist. Diese Kontrollmaßnahmen muss die Schule dokumentieren. Tritt ein Verdachtsfall ein, so muss die Schule der Überwachungsbehörde beweisen, dass sie die Anforderungen der Lebensmittelhygieneverordnung erfüllt. Die Einrichtung eines Eigenkontrollsystems kann nach dem HACCP-Konzept erfolgen. HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Point) bedeutet Risikoanalyse und Beherrschung der kritischen Punkte im Produktionsprozess. Das HACCPVerfahren bezieht sich in erster Linie auf mögliche § biologische Beeinträchtigungen von Speisen und Getränke durch Mikroorganismen sowie § chemisch-physikalische Beeinträchtigungen durch Rückstände von Feststoffen. Lösungs- oder Reinigungsmitteln. Bei der Durchführung des Verfahrens nach HACCP können im Wesentlichen sieben Schritte unterschieden werden: 1. Identifizierung auftretender Risiken auf jeder Prozessstufe 2. Bestimmung der kritischen Kontrollpunkte 3. Definition der Verfahren zur Qualitätsprüfung 4. Durchführung des Monitorings 5. Durchführung von Korrekturmaßnahmen 6. Überprüfung des Systems 7. Festlegung des Umfangs der Dokumentation 1.3 Schulung von Mitarbeitern Der § 4 der LMHV sieht außerdem eine Schulung der Mitarbeiter, die mit Lebensmitteln umgehen, gemäß ihrer Tätigkeit und ihrer Bildung vor. Zu den Mitarbeitern zählen alle Personen, die regelmäßig im Verpflegungsbereich tätig sind. Bei den Schulungsinhalten können sie sich an der DIN 10514 orientieren, welche Inhalte aus den Bereichen allgemeine Lebensmittelmikrobiologie und – hygiene sowie spezielle Unterweisungen in Hygiene bezogen auf den Arbeitsplatz vorsieht. 2. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Seit Anfang 2001 ersetzt das Infektionsschutzgesetz das Bundesseuchengesetz. Die Intension dieses Gesetzes liegt in ei52 ner Stärkung der Verantwortung des einzelnen Mitarbeiters und in einem vorbeugenden Gesundheitsschutz. Alle Personen, die im Küchenbereich arbeiten (z. B. auch Cafeteriamitarbeiter, Eltern und Schüler, die in Schulküchen tätig sind) müssen vor Beginn ihrer Tätigkeit eine Gesundheitsbelehrung über Krankheiten mit Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot beim Gesundheitsamt oder einem autorisierten Arzt erfahren. Diese und die jährliche Wiederholungsbelehrung müssen dokumentiert werden. 3. Schulkiosk Immer mehr Kinder kommen ohne Pausenfrühstück in die Schule und/oder haben noch gar nicht zu Hause gefrühstückt. Oft nutzen sie das Angebot eines öffentlichen Kiosks oder der schulnahen Bäckerei. Manche Schulen besitzen auch einen internen Schulkiosk, der sich oft nicht von den öffentlichen Einrichtungen unterscheidet. In einigen Bundesländern, darunter auch Niedersachsen, existiert ein sogenannter „Müslierlass“. Er regelt den Verkauf von Getränken und Speisen in den Schulpausen. Ziel des Erlasses ist es, durch das „empfohlene“ Angebot ein gutes Essverhalten anzuregen. Im Folgenden werden einige Auszüge aus dem Erlass exemplarisch dargestellt: z.B. das Warenangebot (Lebensmittel anbieten, die zu einer vollwertigen Ernährung beitragen): § Backwaren, möglichst aus Vollkorn hergestellt § Käse- und Wurstsorten mit niedrigem Fettgehalt (z.B. Käse unter 45 % Fett in der Trockenmasse [i. Tr.] oder 17 % Fett absolut; Aspik, Schinken ohne Fettrand, Kasseler) § Frisches, saisonales Obst und Gemüse § Milch und Milcherzeugnisse mit red. Fettgehalt und höchstens 3,5 % Zukkerzusatz; pasteurisierte Produkte ohne Bindemittel sind zu bevorzugen § Frucht- und Gemüsesäfte ohne Zusätze von Süße, Wasser, Früchte- und Kräutertees § Weitere Angebote aus naturbelassenen Erzeugnissen oder Vollkornprodukten ohne Zusätze von Süße Den ausführlichen Erlass kann man unter www.nibis.de – Home – Themen – Schwerpunktthemen – Gesundheit – Schule + Gesundheit – Gesundheitsförderung – Erlasse: 3. Niedersachsen – „Ver- Verpflegungssysteme und Empfehlungen für Schulen kauf von Getränke und Essenwaren in der Schule nachlesen“. Weiterführende Literatur: 1. Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.* § Wichtige Bestimmungen des Lebensmittelrechts für Gastronomie und – Gemeinschaftsverpflegung 2001, ISBN 3-8308-0188-2, 3,00 € § Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.* Küchenhygiene für Profis 2001, ISBN 3-8308-0157-2, 3,50 € § Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.* Hygiene in der Küchen – Foliensatz mit 18 Farbfolien mit Begleitheft 1999, ISBN 3-89661-3197, 28,00 € § Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.* Hygiene in der Küchen-Gemein-schaftsverpflegung, soziale Einrichtungen, Gastronomie 2002, ISBN 3-83080021-5, 15,50 € oder auf CD-ROM ISBN 3-8308-0056-8, 15,50 € 2. Bund für Lebensmittelrecht und -kunde (BLL), Leitfaden HACCP-Konzept, 1997 3. Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Baden-Württemberg e.V., Handbuch Lebensmittelhygiene 1997 4. Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BGVV) heute: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Temperaturanforderungen und -empfehlungen für Lebensmittel 1999, 53 Modelle guter Praxis 5 Modelle guter Praxis 5.1 Schulen beschreiben ihre Mittagsverpflegung 5.1.1 Theodor-W.-Adorno-Schule Hauptschule mit Orientierungsstufe, Heilswannenweg 32, 31008 Elze Schülerzahl: rd. 280 dazu rd. 180 der Gauß-Krüger-Realschule (im Hause) Wie ist das Verpflegungskonzept entstanden? Die Cafeteria wurde Anfang der 90er Jahre eingerichtet nach zahlreichen schulinternen Projekten und Aktionen im Zusammenhang mit dem Müsli-Erlass. Das Thema „gesunde Ernährung“ war indes mit viel Aufwand und z.T. nur geringem Interesse bei der Schülerschaft verbunden. Der Mittagstisch für Schüler entstand im Jahr 1999. Der Schulleitung und Lehrerschaft war die zunehmende Anzahl nicht versorgter Schüler aufgefallen. Mit der Einstellung eines Sozialpädagogen (1/2 Stelle) konnten die Verpflegungsangebote in die schulische Sozial- und Projektarbeit integriert und eingebunden werden. Frühstück und/oder Mittagsverpflegung In der Cafeteria werden täglich rd. 100 Portionen verkauft. Der Mittagstisch findet mittlerweile an drei Tagen der Woche statt mit rd. 20-30 Portionen, das bisher tägliche Angebot musste aufgrund von personellen Restriktionen reduziert werden. Zahl der Essensteilnehmer Im Cafeteriabereich sind dies täglich rd. 100 Schüler (in der Regel nur Einzelabgabe) Beim Mittagstisch rd. 20-30 Schülerinnen und Schüler sowie 4 bis 5 Lehrkräfte. Akzeptanz des Essenangebots Das Angebot wird sehr gut angenommen. In der Regel sind die Produkte der Cafeteria nach 10 bis 15 Min. verkauft. Auch der Mittagstisch könnte im Hinblick auf die Schülernachfrage ausgebaut werden. 54 Finanzierung/Sponsoren Das Angebot und der Ersatzbedarf in der Cafeteria wird durch den Verkauf der Waren getragen. Bei größeren Anschaffungen, wie Bestuhlung der Cafeteria, steht ein Förderverein hilfreich zur Seite. Es finden regelmäßig Schulfeste (z. B. Jahreszeitenfeiern, Projektpräsentationstage) statt, die auch mit Essensangeboten durchgeführt werden. Räumlichkeiten Es steht eine kleine Küche für die Cafeteria und den Mittagstisch zur Verfügung. Es können mit dem Sozialarbeiter höchstens 5 Schüler mitarbeiten. Die Schulcafeteria verfügt über ca. 30 Sitzplätze und etliche Stehtische. Personaleinsatz Sozialarbeiter: 1⁄2 Stelle; zeitweise projektgebundene Zu- und Mitarbeit von Lehrkräften; Cafeteria-Betrieb: 4 Schüler täglich. Am Anfang des Schuljahres verständigen sich Klassenlehrer und Sozialarbeiter darauf, welche Klassen sich am Cafeteria-Projekt beteiligen wollen. Jede Klasse übernimmt an einem Tag (ab 8.00 Uhr) die Versorgung und zwar immer jeweils 4 Schüler (rotierendes System). Dies setzt voraus, dass der Klassenlehrer an diesem Tag die Klasse in den ersten drei Stunden betreut und unterrichtet. Der Sozialarbeiter kauft die Lebensmittel vorher ein. Mittagsverpflegung Diese wird von Schülern (max. 5) zusammen mit dem Sozialpädagogen vorbereitet, z.T. auch auf Projektebene gemeinsam mit den Lehrkräften der Hauswirtschaft und ihren Schülerinnen und Schülern. Die Schüler melden sich freiwillig hierfür an. Entweder haben sie Freistunden oder sie haben für sich eine „Auszeit“ genommen, dass heißt aus dem Unterricht kurzfristig abgemeldet. Es sind dies Schüler, Modelle guter Praxis die z.T. Schwierigkeiten haben, eine längere Lernphase physisch und psychisch durchzuhalten. Die Schule räumt ihnen diese Möglichkeit des persönlichen Rückzugs ein. Qualitätsmerkmale Das Angebot soll nach Möglichkeit warm sein (wird von den Schülern sehr geschätzt); frische Produkte und frisches Gemüse/Obst enthalten; finanzierbar für Hauptschüler sein; auf Rücksichtnahme bei der Ausgabe wird großer Wert gelegt. Auszug aus dem Angebot Cafeteria: Hot Dogs, Sandwich, Toast, Obstsalat, belegte Brötchen mit Käse etc., Pizzabrötchen, belegte Teller mit Schwarzbrot, Tomaten, Gurke, Lachs, Käse. Mittagstisch: Aufläufe, Nudelgerichte, Indisch Curry mit Putenfleisch, Gemüsesuppe, Pizza u.a.m. Was läuft gut? Tipps! Größere Fest zu veranstalten mit entsprechender Verpflegung (Verkauf) ist unter Schülern sehr beliebt und fördert die Attraktion des Essensangebotes im Schulbereich sowie das Image der Mitarbeit von Schülern. Im Cafeteriabereich sollte ein Erwachsener den Verkauf mit betreuen, da es bei den jüngeren Schülern z.T. noch Schwierigkeiten beim Verkauf und Wechseln von Geld gibt. Dieser Bereich wird nachdrücklich als Lernfeld verstanden. Die Teilnahme von Lehrkräften am Mittagstisch wird von den Schülern sehr positiv aufgenommen, zum einen wegen der sozialen Aufwertung und zum anderen aufgrund der bestehenden Gesprächsmöglichkeiten. Publikationen/Ansprechpartner Ansprechpartner: Herr Dipl.-Soz. päd. Manfred Tetzlaff FWU (Medieninstitut der Länder) Video, VHS 42 02832: „Eine Hauptschule macht Schule“, ein Film von Lisa Hess. Sie hat das Schulleben 6 Wochen lang begleitet. Literatur: Dr. Norbert Hilbig, „Plädoyer für eine sozialpädagogische Schule“, Olms Verlag, Hildesheim, Zürich, New York 1993 5.1.2 IGS Roderbruch Integrierte Gesamtschule, Rotekreuzstr. 23, 30627 Hannover Schülerzahl: ca. 1.200 Wie ist das Verpflegungssystem entstanden? Eine Mensa existiert seit 30 Jahren, allerdings die meiste Zeit als reiner Ausgabebetrieb für angelieferte Folienessen, die nicht gut angenommen wurden. (Umfang: 4 – 30 Essen täglich). Im Mai 2002 wurde auf Initiative von Eltern und dem Schulleiter Herrn Steinkamp der Elternverein „Alles Banane“ e.V. gegründet, um die Mittagsverpflegung zu optimieren. Nachdem die alte Küche mit einigen Investitionen wieder nutzbar gemacht wurde, wird seither vor Ort für die Schüler gekocht. Mittagessen und andere Verpflegungsangebote Neben der Mensa gibt es noch einen Kiosk und Schüler betreiben einen „Biosk“, in dem z.B. belegte Brötchen verkauft werden. Unter der Leitung der Schülervertretung wird noch eine Teestube / Cafeteria bereitgestellt. Auszug aus dem Angebot Brokkolie-Nuß-Ecke mit Kartoffel Gratin / Italienische Nudeln mit Hackfleischsoße / Hausgemachte Kartoffelpuffer mit Apfelmus / Chili con Carne mit Reis, Dessert und Salatteller Qualitätsmerkmale Der Mensaausschuss stimmt ab über Preise und Qualität. Hier einige Kriterien: -> Wenig Fertigprodukte; -> Alles Komponentenessen (Beilagen sind austauschbar); -> Ständiges Angebot von Salat und Dessert; -> Bei Zubereitung des Essens Beachtung der Saison; -> Täglich ein vegetarisches und ein Fleischgericht im Angebot Was läuft gut? Tipps! Der Küchenleiter sucht das Gespräch mit den Schülern, fragt, ob es ihnen schmeckt und erläutert den Aufbau der Küchenstruktur. 55 Modelle guter Praxis Das fördert eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Küche und Schülern. Die Getränkenachfrage wird durch gezielte Preisbildung beeinflusst. Säfte und Mineralwasser sind bei gleicher Menge günstiger als Limonaden. Zahl der Essensteilnehmer Seit Beginn des neuen Mensabetriebs sind die Essenszahlen im 1. Jahr um 60 –70 % gestiegen. In der Woche werden ca. 1.000 Essen verkauft. Akzeptanz des Essensangebotes Gut! Räumlichkeiten für Essenszubereitung und Essenseinnahme Für die Zubereitung steht eine Gewerbeküche zur Verfügung. Das Essen wird in der Mensa eingenommen. Sie verfügt über 300 Sitzplätze. Personaleinsatz Neben dem Küchenleiter sind 2 Auszubildende und 2 Küchenhilfen fest beschäftigt. Die Aufgaben werden mit viel ehrenamtlicher Tätigkeit erledigt, u.a. auch durch den Vorstand des Elternvereins. Finanzen Der Verein „Alles Banane“ e.V. erwirtschaftet keine Gewinne. Die Preise sind gestaffelt. Bei vorheriger Bestellung ist der Preis für ein Mittagessen günstiger: 2,- € für Vorbestellung für eine ganze Woche, 2,30 € bei Bestellung bis 10.00 Uhr morgens für den gleichen Tag und 2,50 € regulär. Lehrer zahlen stets 0,50 € mehr. Publikationen/ Ansprechpartner Kontakt über Küchenleiter Andreas Wozny erreichbar unter E-Mail: [email protected] Informationen über den Mensabetrieb sind auf der Internetseite der IGS Roderbruch Hannover abzurufen. 56 5.1.3 Nikolaus Kopernikus Schule Orientierungsstufe; Planetenring 13, Garbsen Schülerzahl: ca. 550 Wie ist das Verpflegungssystem entstanden? Für die Bereitstellung von Essen wurden verschiedenen Varianten ausprobiert, meist in Form von Anlieferung und Ausgabe vor Ort. Diese Angebote fanden allerdings wenig Akzeptanz bei den Schülern. Auf Initiative der Schulleitung und starker Unterstützung durch engagierte Eltern wurde die Ori-Mensa 1996 ins Leben gerufen. Hier kochen nun zweimal pro Woche Eltern für Schüler. Zuerst gab es belegte Brötchen, dann mal eine Suppe und jetzt verschiedene warme Mittagsmahlzeiten mit Dessert. An den drei anderen Tagen der Woche wird die Küche von Sozialpädagogen genutzt, die für / mit Schüler/n kleine Snacks anbieten. Auszug aus dem Angebot Gefülltes Fladenbrot, Nudelauflauf, Hähnchenkeulen, Pizza, Fischstäbchen mit Kartoffelbrei und viererlei Sorten Salat Qualitätsmerkmale Es gibt keine Vorgabe für die Erstellung des Essens. Alle Mütter bereiten es in Eigenverantwortung zu. Sie sind jedoch z.B. in Sachen Hygieneanforderungen bei der Zubereitung eingewiesen worden. In der Ori-Mensa wird viel Wert auf Esskultur gelegt. Auf allen Tische liegen Tischdecken und Servietten. Gegessen wird immer mit Tischsets und Besteck. Nur wer Essen verzehrt, darf in der Mensa Platz nehmen. Die Mütter achten darauf, dass in ruhiger Atmosphäre gegessen wird. Was läuft gut? Tipps! Neben der Bereitstellung von Essen ist die hohe kommunikative und integrative Wirkung der Ori-Mensa ein positives Signal im Schulleben und zwar sowohl für Schüler untereinander und in Beziehung mit Lehrern als auch für Mütter, insbesondere ausländischer Herkunft. Die verschiedenen Kulturen werden Modelle guter Praxis über das Essen auf interessante Weise einander näher gebracht. Zahl der Essensteilnehmer Je nach Angebot werden Mittags 60 – 100 Portionen verkauft. Akzeptanz des Essensangebotes Es haben sich sogenannte Stammesser herauskristallisiert, die das Mittagsangebot regelmäßig nutzen. Je nach Geschmack finden die Gerichte mal mehr mal etwas weniger Anklang. Pizza ist der absolute „Renner“. Die Schüler fühlen sich in den Räumlichkeiten ihrer Schule beim Essen am Wohlsten. Essensangebote aus nahe gelegenen Schulen des Schulzentrums werden nicht genutzt. Räumlichkeiten für Essenszubereitung und Essenseinnahme Das Essen wird in der Schule in einer dafür eingerichteten Küche zubereitet. Manche Komponenten werden bereits zuhause vorbereitet. Das Essen wird im gleichen Raum eingenommen, wo es ausgegeben wird. Dort stehen 18 Sitzplätze zur Verfügung. In einem angrenzenden Raum sind weitere 24 Plätze vorhanden. Personaleinsatz Ein Stamm von 30 Müttern kochen umschichtig innerhalb eines Schuljahres. Pro Einsatz ist eine Mutter i.d.R. mit Einkauf und Zubereitung und eine Mutter mit der Ausgabe des Essens betraut. Finanzen Die Kosten für die Warenbeschaffung werden durch den Verkauf der Mittagessen gedeckt. Der Preis für eine Mittagsmahlzeit beträgt konstant 1,- € plus 0,20 € für das Dessert. Durch Mischkalkulation können mal teurere, mal preiswertere Waren eingekauft und verarbeitet werden. Die Arbeit der Mütter erfolgt ehrenamtlich und unentgeltlich. 57 Modelle guter Praxis 5.2 Regionale Projekte 5.2.1 „Wir Frühstücken“ Kristine Kindler Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen, Hannover Ausgangssituation Immer weniger Schülerinnen und Schüler essen gesund und ausgewogen. Das gemeinsame Frühstück am familiären Frühstückstisch gerät zum Einzelfall. Erlebnis und Dialog bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages sind immer seltener Realität. Viele Kinder und Jugendliche kommen somit ohne bzw. mit ungeeignetem Frühstück zur Schule – die Folgen mangelhafter bzw. zweifelhafter Ernährung in gesundheitspolitischer Hinsicht sind immens. In erster Linie jedoch sind sie für den Schulalltag nicht ausreichend ernährt! Die Zielgruppenansprache soll weg von „rational“ begründeter Ansprache hin zu fitmachendem Lifestyle erfolgen. Gesunde Verhaltensweisen müssen mit Attributen wie Power und Schönheit besetzt werden. Zielsetzung Die Wirksamkeit rein kognitiv ausgerichteter Wissensvermittlung über Gesundheit und Krankheit ist teilweise stark umstritten, weil sie keineswegs immer zu einer Verhaltensverbesserung führt. Zu den erfolgreichen Konzepten bei Kindern und Jugendlichen gehören daher eher moderne Konzepte der Kompetenzförderung. Die Motivation zur ausgewogenen Ernährung wird erhöht, wenn positive Erfahrungen mit gesunder Ernährung gemacht werden. Diesem Gedanken möchte das Forum Schulfrühstück gerecht werden, die das positive Erlebnis eines gesunden Frühstücks in den Mittelpunkt stellt. Besser frühstücken => besser lernen: Durch die Verbesserung von Ernährungsverhalten und –-situation erfolgt direkt eine Verbesserung der Konzentrations- und Lernfähigkeit der SchülerInnen. Denn ein ausgewogenes Frühstück ist die wichtigste Grundlage für das Wohlbefinden und die geistige Leistungsfähigkeit. 58 Beziehungen schaffen, Verantwortung entdecken: Während der Frühstücksaktion werden die SchülerInnen zum Dialog untereinander motiviert. Im Rahmen der „Wir AG“ lernen sie, im Team zu agieren, Verantwortung zu übernehmen und ein Ziel gemeinsam zu verfolgen. Die Verbesserung des Schulklimas trägt unmittelbar zum positiven Lernklima bei. Den „weißen Riesen“ neu entdekken: Für die ausreichende Kalziumversorgung sind Milch und Milchprodukte unverzichtbarer Bestandteil. Der Trend zugunsten hochkalorischer Erfrischungsgetränke kann aufgehalten werden, wenn gesundes Essverhalten Spaß macht, erlebnisorientiert geschult und gemeinsam erlebt wird. • Zielgruppe: Schüler und Schülerinnen an weiterführenden Schulen in Niedersachsen ab Klasse 7 (nach Wegfall der Orientierunsstufe ab Klasse 5). • Initiierung von Frühstücksprojekten an weiterführenden Schulen in Niedersachsen • Förderung der Sozialkompetenz • Verbesserung des Schulklimas. => positives Lernklima • Förderung der Dialogbereitschaft. Adaption eines Erfolgskonzepts • Die LVN führt seit rd 18 Jahren in Zusammenarbeit mit der DGE, Sektion Niedersachsen das bewährte Konzept „Gemeinsam schmausen in den Pausen“ in Grundschulen durch. Dieses wird von Lehrern, Schülern und Eltern voll akzeptiert und gefördert - bildet daher die Basis der neuen Kampagne. • Die neue Kampagne ist anspruchsvoller, da sie präzise auf weiterführende Schulen unterschiedlicher Form zugeschnitten ist. Nutzen von Potenzialen im Netzwerk • Individuelle Ausgestaltung des gemeinsamen Frühstücks steht im Mittelpunkt der Kampagne. • „Forum Schulfrühstück“ ist „nur“ Impulsgeber und hilft beim Aufbau der notwendigen Struktur und gezielter Umsetzung der Ideen. Modelle guter Praxis • Best-Practice-Beispiele: Bereits erfolgreiche Maßnahmen einer Schule innerhalb des Netzwerkes werden vorgestellt und dienen der Optimierung. Auszeichnung • Bei erfolgreicher Implementierung eines gemeinsamen Frühstücks erfolgt die jährliche Auszeichnung der Schulen mit einer Urkunde und öffentlichkeitsstarkem Auftritt • Zertifikat „Wir frühstücken“: Zertifikatinhaber dürfen das Logo der Kampagne auf allen Eigenpublikationen verwenden nach dem Motto „...seht her in unserer Schule wird gemeinsam gefrühstückt“. Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgt über das Forum Schulfrühstück. • Pausentreff Der Pausentreff ist eine ständige Einrichtung, die an einem leicht zugänglichen Raum innerhalb der Schulgebäudes eingerichtet und an drei Tagen pro Woche zur ersten großen Pause geöffnet hat. Der Pausentreff wird von der „Wir AG“ bewirtschaftet und bietet neben Milchprodukten auch alternative Getränke und geeignete Pausensnacks an. Pausentreff wird unter Praxisbedingungen für Haupt- und Realschule realisierbar sein. • Cafeteria Das Modell Cafeteria setzt voraus, dass die Schule bereits über eine funktionierende Cafeteria verfügt, die Schülerinnen und Schüler bewirtschaften oder eine solche in Kürze einrichten wird, die dann – zum Beispiel im rahmen eines Projektkurses – von Schülern betrieben werden. Die Cafeteria muss an mind. 3 Tagen der Woche zu beiden Pausen geöffnet und betriebsbereit ein. Ein entsprechende Grundausstattung der Cafeteria wird vorausgesetzt. Sie wird von der „Wir AG“ bewirtschaftet und bietet neben Milch und Milchprodukten auch alternative Getränke und geeignete Pausensnacks an. Cafeteria wird unter Praxisbedingungen für Gymnasien realisierbar sein. • Gemeinsam Frühstück schaffen Das Modell „Gemeinsam Frühstück schaffen“ richtet sich in erster Linie an Schulen mit einem hohen Anteil von ausländischen Schülerinnen und Schülern. Aufgrund anzunehmender sozialer Spannungen innerhalb einer sehr heterogenen Schülerschaft wird den Initiatoren eine tragende Rolle bei Aufbau und Betreuung der Aktion zukommen. Zur Verstärkung der Personalressourcen einer Schule wird kompetentes „Startup-Personal“ vom Forum bereitgestellt, Integrativ: Die WIR AG • Gründung einer „Wir AG“: Organisation des gemeinsamen Frühstücks. Bestehend aus SchülerInnen - je nach Anforderung erfolgt Unterstützung von Lehrern, Eltern und Assistenzpersonal. • „Wir AG“ kann im Rahmen des Fachunterrichts oder außerhalb vom Unterricht erfolgen. • Unterstützung der „Wir AG“ durch Förderkreise und ähnliche Netzwerke - daher keine Mehrbelastung für Lehrkräfte. Bei Schulen in sozialen Brennpunkten stellt der Projektträger „Start up-Personal“ in Form von Diplomanden der Fachrichtung Sozialpädagogik zur Verfügung. Drei Basismodelle für unterschiedliche Sozialkompetenzen „Wir frühstücken“ erlaubt eine flexible Ausgestaltung der Aktion durch jede einzelne Schule. Die Initiatoren beabsichtigen, dass möglichst viele Schulen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen und Möglichkeiten teilnehmen. Um der Flexibilität Ausdruck zu verleihen, wurden 3 Grundmodelle entwikkelt. Die nachfolgen Grundmodelle erläutern Mindeststandards, die von den Schulen eingehalten werden müssen, um die Auszeichnung zu erhalten. 59 Modelle guter Praxis das die Einführung der Aktion intensiv betreut. Gemeinsam Frühstück schaffen wird unter Praxisbedingungen für Haupt- und Realschulen in sozialen Brennpunkten realisierbar sein. Schaffen von positiven Anreizen mit Hilfe eines Internetbasierten Bonussystems • Gesundes Essverhalten wird durch unmittelbare Belohnung honoriert • Pro verkauftem Milchprodukt gibt es ein „Qbit“ auf das Aktionskonto der Schule. • Pro gekauftem Milchprodukt - bekommt SchülerIn ein „Qbit“- zum Eigenbedarf oder Einzahlung auf das Schulkonto. • Je nach Anzahl der gesammelten „Qbit“ gibt es tolle Prämien (Sponsoring Schulfest, free-SMS...) • Konsum von Milchprodukten wird dadurch attraktiver Projektträger: Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V.; Seelhorststraße 4; 30175 Hannover, Tel.: 0511 – 85 65 3-0, www.milchwirtschaft.de In Zusammenarbeit mit dem „Forum Schulfrühstück“ 60 Modelle guter Praxis • 5.2.2 „Transparenz schaffen – von der Ladentheke bis zum Erzeuger“ Ein niedersachsenweites Kooperations- und Bildungsprojekt. In neunzehn niedersächsischen Regionen haben sich Umweltbildungseinrichtungen, Landwirte, Verbraucherschützer, Kommunen und landwirtschaftliche Museen zusammengefunden, um einen Dialog zwischen Konsumenten und Produzenten zu initiieren. Sie verfolgen das gemeinsame Ziel, Transparenz in der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln zu schaffen - von der Ladentheke bis zum Erzeuger. Gemeinsam führen sie Bildungsprojekte, Unterrichtseinheiten und Aktionstage im Themenfeld "Verbraucherschutz - Ernährung - Landwirtschaft" durch. Die beteiligten Institutionen arbeiten als "regionale Koordinationsstellen", sie sind die Fixpunkte des Dialoges wie der Informationsvermittlung in den Regionen. Inzwischen haben sich über die Koordinationsstellen regionale Kooperationsstrukturen vielfältiger Art entwickelt, mit Beteiligung der Verbraucherzentrale, der landwirtschaftlichen Institutionen und einer großen Zahl nahrungsmittelerzeugender und verarbeitender Betriebe. Das Projekt ist in dieser Kombination von regionaler Kooperation und überregionaler Koordination deutschlandweit bislang einzigartig. Das Freilichtmuseum am Kiekeberg und das Regionale Umweltbildungszentrum in Schortens sind die Initiatoren des Projektes. Gemeinsam mit den Regionalprojekten entwickeln sie vielfältige Informationsangebote für junge wie erwachsene Lebensmittelkonsumenten. Landwirte, Gastronomen und Verarbeiter von Lebensmitteln sind aktiv einbezogen und kommen mit ihren Kunden ins Gespräch. Die Regionalprojekte verfolgen innerhalb des Projektrahmens individuelle Wege der Vermittlungsmethoden und formen. Gemeinsam wollen die beteiligten Institutionen folgende Ziele erreichen: • die Herkunft, den Anbau und die Verarbeitung von Lebensmitteln durch eigenes Handeln nachvollziehbar machen • • • • • • • • • unmittelbare Kontakte mit Menschen aus der Landwirtschaft ermöglichen Interessenkonflikte aufzeigen und diskutieren Wege der Informationsgewinnung aufzeigen zum Überdenken von Konsumgewohnheiten und Ernährungsmustern anregen Wissen für die Ausbildung von eigenen Qualitätsmaßstäben bereitstellen eine neue Wertschätzung für Nahrungsgüter vermitteln neue Geschmackserlebnisse schaffen individuelle Einflussmöglichkeiten auf Produktionsabläufe aufzeigen Kulturgeschichtliche Hintergründe bereitstellen neues Vertrauen in die Produkte der Landwirtschaft ermöglichen. Das aktive Kennen lernen des Anbaus wie der Weiterverarbeitung wird in den Regionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten - der Weg unserer Nahrung vom Acker auf den Teller soll in möglichst vielen Dimensionen wieder verstehbar werden. Kontaktaufnahme und Informationen zu den Regionalprojekten unter www.transparenz-schaffen.de . 61 Essvergnügen selbstgemacht 6 Essvergnügen selbstgemacht 6.1 Tipps aus der Praxis Erfahrungen aus dem Modellprojekt „Selbst is(s)t der Mann“ - Kochen mit männlichen, sozial benachteiligten Jugendlichen Christiane Deneke, Hilke Bruns Selbst is(s)t der Mann – Essen Kochen in der Jugendarbeit – Handbuch für die Praxis, Lüneburg 2003 Eine vollwertige und bedarfsgerechte Ernährung ist für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit und die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung. Eine optimale Ernährung enthält alle für das Wachstum sowie die körperliche und geistige Entwicklung notwendigen Nährstoffmengen. Eine unzureichende Ernährung führt nicht selten zu gesundheitlichen Problemen. Auftreten können unter anderem: Einschränkungen der schulischen Leistungsfähigkeit, Konzentrationsschwäche und Müdigkeit, wenn nicht gefrühstückt oder kein Mittagessen eingenommen wurde; Zahnschäden (Karies), z.B. bei hohem Süßigkeitenverzehr in Verbindung mit mangelhafter Mundhygiene und Übergewicht bei zu viel Fett und Bewegungsmangel. Pädagogik „Kochen kann jeder“ ist eine weit verbreitete Meinung, denn in jedem Haushalt wird gegessen und demzufolge auch – zumindest gelegentlich – gekocht oder eine warme Mahlzeit zubereitet. Kochen ist jedoch für viele eine lästige Hausarbeit, die keinen Spaß macht. Zudem genießt das Kochen einen eher geringen gesellschaftlichen Stellenwert und wird in der Regel nicht von männlichen Haushaltsangehörigen übernommen. Wenn Jugendliche Hunger haben, wollen sie gern schnell essen. Sie bevorzugen Hot Dogs, Pizza, Nudeln, Hamburger u.ä. Meist fehlt Ihnen die Wertschätzung frischer Lebensmittel und der Bezug zu Produktion bzw. Herkunft. Lebensmittel sind Waren, die – wie Non-Food-Artikel – beliebig zu kaufen sind. Grundsätzlich können Kinder lernen, jedes Nahrungsmittel zu mögen - anders wären die unterschiedlichen Verzehrgewohnheiten auf der Welt nicht zu erklären. Die Lernpsychologie hat herausgefunden, dass Kinder ein bestimmtes Geschmacksprofil um so lieber mögen, je häufiger sie diesen Geschmack erleben. Nur für die Vorliebe für süße Speisen gibt es offenbar eine genetische Disposition. Die Esskultur mit ihrem Speisenangebot bestimmt demnach die Vorlieben, die sich bei Kindern entwickeln. Eine besondere Bedeutung hat dabei das Beobachtungslernen, da Kinder die Speisenvorlieben ihrer Eltern übernehmen. Viele Menschen können heute nicht kochen. Die notwendigen Fertigkeiten oder Kompetenzen werden nicht „automatisch“ weitergegeben. Immer weniger Kinder und Jugendliche haben zu Hause die Chance, Fertigkeiten zu üben, Lebensmittel kennen zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Auch in den Schulen wurde der Kochunterricht größtenteils abgeschafft. Durch das gemeinsame Kochen können Erfahrungen zu gesundem Essen spielerisch und mit Spaß vermittelt werden. Grundlagen für ein späteres positives Ernährungsverhalten werden so gelegt. Kinder und Jugendliche lernen durch Nachnahmen, Ausprobieren und praktisches Tun. Wer als Jugendlicher die Alltagskompetenz erlangt, die eine oder andere Speise selbst zuzubereiten, ist weniger auf Imbiss oder Fertigmenüs angewiesen. Einfache Speisen, die auch ohne lange Einkaufsliste, komplizierte Kochtechniken und ausgefeilte Küchenausstattung gelingen, stehen im Vordergrund. Es gilt also, Grundzubereitungsarten und -rezepte zu vermitteln, die von den Jugendlichen nach Vorliebe abgewandelt oder auf die spontan zur Verfügung stehenden Zutaten zugeschnitten werden können. Beispiele sind Grundrezepte für Auflauf, Eintopf, Nudelsoße, Salatsoße, ... . Außerdem sind Grundtechniken wie das Vorbereiten (waschen, schälen, schneiden) verschiedener Gemüsearten wichtig. Es gilt, Speisen zu finden, die dem beschriebenen Ideal eines gesunden Essens möglichst nahe kommen und von den Jugendlichen akzeptiert werden. Dabei wird es sicherlich zu Abstrichen kommen. 63 Essvergnügen selbstgemacht Ideenreichtum und Kochkenntnisse des Mitarbeiters können dafür sorgen, gute Kompromisse zu finden. Entscheidend ist die Motivation des Anleiters, sowie seine Fähigkeit, die Jugendlichen für’s Kochen zu begeistern. Erwartungen und Ansprüche Die Erwartungen, die von den verschiedenen Beteiligten an ein Ernährungsprojekt gestellt werden, sind teilweise recht unterschiedlich, weisen aber auch Überschneidungen auf. Ansprüche der Jugendlichen: § Spaß erleben § Angenehme Atmosphäre § Gemeinschaftserlebnis § schnelles Essen § leckeres Essen § es sollte etwas zu trinken da sein § Sauberkeit bei der Verarbeitung und Zubereitung der Lebensmittel § Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit des Angebotes Grundsätzlich sollten Teilnehmerwünsche berücksichtigt werden, da nur so eine Identifikation mit dem Essen erreicht werden kann („das ist unser Ding das hier stattfindet – wir bestimmen wo´s langgeht“). Auch gruppendynamische Prozesse können eine Rolle bei der Auswahl der Gerichte spielen: In Hildesheim war für den jeweiligen „Koch“ von erheblicher Bedeutung, dass die Mahlzeit bei den anderen „gut ankommt“ – aus diesem Grund wurde oft auf stereotype Vorstellungen zurückgegriffen ( Ein Essen ohne Fleisch ist keine gute/vollständige Mahlzeit; Gemüse ist „Ökofraß“; etc.). Der Gesundheitsaspekt war zunächst absolut sekundär. Erst im Laufe des Projekts konnte ein Interesse (und Verständnis) für eine bewusstere Ernährung bei den Teilnehmern geweckt werden. Zum Beispiel konnten im Laufe der Zeit Salat und Früchte als Beilagen zum Essen etabliert werden. Motivation der Jugendlichen Von Außenstehenden wurden die MitarbeiterInnen der Projekte häufig gefragt, wie sie es denn schaffen würden, die männlichen Jugendlichen zum Kochen zu motivieren. Aus einer Befragung der Jugendlichen wurde deutlich, dass „Spaß am gemeinsamen Kochen“ und „Hunger“ die häufigsten Gründe für die Beteiligung am Projekt waren. Hunger war eine Ein64 stiegsmotivation der Teilnehmer. Im Verlauf der Projekte gewann der Spaß jedoch immer mehr an Bedeutung, sowie der Kontakt zum Anleiter. Durch die Beteiligung der Jugendlichen an allen Teilschritten ist häufig schon eine persönliche Einbindung zu erreichen. Sie können das Gefühl entwickeln, dass es für sie positiv und gewinnbringend ist, mitzumachen. In der Küche sollte eine lockere Atmosphäre herrschen, keine unnötigen Regeln bestehen und kein Druck ausgeübt werden. Mit Lob und Bestätigung sollte nicht gespart werden. Die Erfahrungen zeigen, dass ein selbst zubereitetes Essen die Jugendlichen mit sehr viel Stolz erfüllt. Dies ist ein Garant dafür, dass der einzelne Jugendliche auch in Zukunft motiviert sein wird, sich zu beteiligen. Wichtig für alle Teilnehmer ist, dass am Ende ein Erfolgserlebnis steht, wobei das Hauptkriterium für den Erfolg der Geschmack des Essens ist und wie dieser bei den „Meinungsmachern“ ankommt. Durch die Auswahl der Gerichte kann Einfluss auf die Gruppendynamik genommen werden. Neue Gruppenmitglieder oder Gruppenschwächere erhalten Unterstützung, indem bei der Auswahl bewährte oder populäre Gerichte bevorzugt werden. Auf der anderen Seite dürfen Gruppenstärkere Unbekanntes oder Exotisches ausprobieren, und dann wird „...gegessen, was auf den Tisch kommt – und damit basta.“ (Zitat eines gruppenstarken Teilnehmers). Einige Teilnehmer können auch ohne Unterstützung mit bisher verdecktem Können glänzen und so große Anerkennung ernten. Die Akzeptanz des Angebotes kann durch die bewusste Gestaltung des Ambientes verbessert werden. Es sollte eine ruhige ausgeglichene Atmosphäre herrschen. Musik kann sein – die Lautstärke sollte jedoch Gespräche noch zulassen. Auch wenn Geschirr, Besteck und Gläser nicht einheitlich und „top aktuell“ sind, kann ein Tisch liebevoll gedeckt sein. Die Jugendlichen reglementieren sich teilweise selbst, so dass Absprachen zum Rauchen beim Essen, dem Händewaschen vorm Essen, Aufstehen erst, wenn alle die Mahlzeit beendet haben, usw. zum Teil auch ohne Aufforderung getroffen werden Die Beteiligung der Jugendlichen an Planung und Durchführung steigerte sich mit der Dauer der Projekte. Auf Veränderungen wird allgemein mit viel Skepsis reagiert, es sei denn, diese Ver- Essvergnügen selbstgemacht änderungen werden von den Teilnehmern selbst erarbeitet und beschlossen. Daraus ergibt sich die unbedingte Notwendigkeit, die Teilnehmer in allen Bereichen an den Entscheidungen und der Gestaltung zu beteiligen. Das dauerhafte Ignorieren von Wünschen der Teilnehmer führt dazu, dass sich die Jugendlichen seltener einbringen und das Projekt nicht mehr als „ihr Ding“ ansehen. Wenn beispielsweise Currywurst mit Pommes Frites gewünscht wird, sollte dies auch aufgegriffen werden. Es kann verhandelt werden: „O.k., dann machst du heute die Currywurst mit Pommes, dafür gibt es morgen aber etwas Gesünderes“. So wird zum einen erreicht, dass die Jugendlichen sich ernst genommen fühlen, zum anderen verdichtet sich bei den Teilnehmern die Erkenntnis, dass Currywurst mit Pommes Frites nicht besonders gesund sind. Zusätzliches Thematisieren unterstützt dies noch: „Wisst ihr eigentlich, wie viel Fett wir gerade zu uns genommen haben?“ Es kann schon ein Erfolg sein, wenn Jugendliche für die Zubereitung einer Pizza nicht mehr Fertigpizza sondern sog. Convenience-Zutaten (z.B. Fertig-Teig, Fertig-Sauce, usw.) verwenden. Oder sie produzieren eine Pizza mit selbst hergestelltem Teig. Es lohnt sich, Geduld aufzubringen und das verfolgte Ziel im Auge zu behalten. Regeln und Absprachen Das gemeinsame Kochen sollte nicht regelüberlastet sein. Ein Mindestmaß an Regeln ist aber notwendig. In den Projektstellen wurden recht unterschiedliche Erfahrungen mit Regeln und Absprachen gemacht. Die Projektstellen empfehlen aus ihrer Erfahrung folgende Regelungen: Bei der Auswahl der Gerichte genießen Minderheiten Schutz, so dass auch ihre Bedürfnisse Berücksichtigung finden. Neue Teilnehmer und Gäste sind gern gesehen. Die Teilnahme ist mit den MitarbeiterInnen abzusprechen. Über den Ausschluss von Teilnehmern entscheiden die MitarbeiterInnen. Es sollten sich nicht mehr Teilnehmer in der Küche aufhalten als die Räume zulassen oder die Zubereitung des Gerichtes es erfordert. In der Küche sollte nicht mit Messern herumgelaufen oder herumgefuchtelt werden. - Ein hygienischer Mindeststandard sollte bestehen. Hierzu gehört das Händewaschen vor der Zubereitung der Mahlzeiten17, keine Zigarette rauchen beim Kochen, nicht mit den Fingern in den Kochtopf, keine stark erkältete Teilnehmer am Herd, ein sauberer Umgang mit Lebensmitteln, Sauberhalten des Arbeitsplatzes und das sorgfältige Reinigen der benutzten Utensilien.18 Streitende Jugendliche sollten die Küche verlassen und ihren Konflikt an einem anderen Ort im Hause austragen oder die Zubereitung des Essens muss unterbrochen werden, bis der Konflikt gelöst ist. Musik in der Küche ist möglich, die Lautstärke sollte aber Gespräche zulassen. Alle Teilnehmer beteiligen sich an mindestens einem Arbeitsgang. Teller mit Essensresten gehören nicht in die Spülmaschine. Für das gemeinsame Essen empfehlen sich weitere Regelungen: Der Tisch sollte ordentlich gedeckt sein. Gegessen wird gemeinsam am Tisch. Gegessen wird in der Regel mit Besteck. Das Auffüllen übernimmt ein Jugendlicher – er beginnt, wenn alle da sind. Lieber eine kleine Portion nehmen und dann nachnehmen. Ein Teilnehmer übernimmt ggf. das Aufteilen und füllt sich als letzter auf. Erst probieren, dann ggf. meckern. Kein „Rumschmieren“ mit dem Essen, das Essen darf nicht unter dem Tisch landen. Eine ruhige Atmosphäre ist erstrebenswert:, kein Schreien, Rülpsen, Pupsen, kein Rumpöbeln, kein Spukken, keine verbalen oder andere Attacken. Nachspeise wird aufgefüllt, wenn alle mit dem Hauptgericht fertig sind. Jeder bleibt sitzen, bis alle aufgegessen haben. Wenn Rauchen erlaubt ist, dann bitte nach dem Essen, wobei die Kippen nicht auf dem Essgeschirr ausgedrückt werden. 17 18 Siehe auch hierzu die „persönliche Hygiene„ Ausführlich im Punkt „Hygiene in der Küche 65 Essvergnügen selbstgemacht - Jeder bringt sein Geschirr in die Küche (evtl. zur Spülmaschine) Eine Grundsatzfrage sollte gestellt werden: Wie kommen die Regeln und Absprachen zustande? In einer Projektstelle wurden gute Erfahrungen mit dem Aufstellen von Regeln durch die MitarbeiterInnen gemacht. In den anderen Einrichtungen wurden diese gemeinsam mit den Jugendlichen erarbeitet und aufgestellt. Wenn Sie sich auf diesen Weg machen wollen, sollten Sie sich und Ihren KollegInnen die folgenden Fragen stellen, um zielgerichtet vorgehen zu können: • Welche Zielgruppe will ich erreichen? • Um welche Zeit ist meine Zielgruppe zu erreichen? • Was genau möchte ich mit dieser Zielgruppe erreichen? • Wie sieht der optimale Mitarbeiter für dieses Projekt bei uns aus? • Welche Ausstattung benötigen wir? • Woher bekommen wir das Geld dafür? • Woher bekommen wir sonstige Unterstützung dafür? • Wer könnte uns zur Seite stehen als Verbündete? Ausstattung Die Größe der Küche ist in der Regel vorgegeben. Eher selten kann mit 10-15 Personen gleichzeitig in einer Küche gearbeitet werden - die Gruppengröße sollte den räumlichen Bedingungen angepasst und/oder die verschiedenen Arbeitsschritte auf die Teilnehmer verteilt werden. Einzuplanen ist auch ein ausreichender Raum zum Essen. Folgende Grundausstattung sollte vorhanden sein: § Spüle, Waschbecken § Herd mit Umluftbackofen (Umluft ist wichtig, weil größere Portionen gebacken werden können) § Möglichst großer Kühlschrank, oder mehrere Kühlschränke § Ausreichend große Arbeitsflächen zum Vorbereiten der Speisen durch viele Teilnehmer § Schränke für Geschirr und Arbeitsmittel § Lagermöglichkeiten (z.B. Schrank oder Raum) für Trockenvorräte wie Reis, Nudeln, usw. § Wünschenswert ist außerdem ein Tiefkühlgerät. 66 Die Ausstattung sollte umfassen: § Geschirr, Besteck, Gläser/Becher, Karaffen oder Kannen § Verschieden große Töpfe , Bleche für Backofen § scharfe Messer, Bretter, Sparschäler, Bratenwender, Kochlöffel, Schneebesen, Kelle, Sieb, Dosenöffner, Schere, Reibe § Waage oder Messbecher § Schüsseln, Behältnisse zum Lagern § Auflaufform und Backformen § Handrührgerät § Verschließbare Mülleimer § Außerdem sind nützlich: Küchenmaschine und Salatschleuder. Nicht notwendig sind sämtliche Spezialmaschinen wie z.B. Eismaschinen, Brotbackautomat oder eine Friteuse. Einkauf Eine der Ernährungsfachfrauen unserer Projekte rät, sich im Vorwege zu überlegen, welche Ziele mit dem Projekt verfolgt werden sollen, da sich hieraus ergibt, worauf der Schwerpunkt bei der Organisation des Einkaufs gelegt werden soll. § Sollen die Jugendlichen das Lebensmittel-Angebot kennenlernen? z.B.: Was gibt es zu welcher Jahreszeit auf dem Markt? § Sollen sie Qualitäts- bzw. Geschmacksunterschiede kennenlernen? (z.B. frische Pilze, tiefgefrorene Pilze, Pilze aus der Dose …) § Sollen sie Frische einschätzen können? § Sollen die Jugendlichen lernen, Preise zu vergleichen oder § gewichtsbezogene Preise berechnen lernen)? § Sollen die Jugendlichen einen eigenverantwortlichen Umgang mit Geld lernen? ( z.B. durch die Einteilung eines Wochenetats) § Sollen die Jugendlichen planvoll handeln lernen (durch die eigenständige Planung des Einkaufs und das zielgerichtete Einkaufen für bestimmte Gerichte)? Tipps für den Einkauf: § Einkaufsliste: Aufschreiben, was benötigt wird (z.B. Zutaten für Rezept). § Diese Liste mit dem Vorrat abgleichen. § Für den Fall, dass ein Produkt beim Einkauf gar nicht oder nicht in erforderlicher Qualität angeboten wird, sollten Ersatzmöglichkeiten überlegt Essvergnügen selbstgemacht § § § § § werden, z.B. Blumenkohl statt Broccoli. Was soll in welchen Geschäft gekauft werden? Kühltaschen immer wieder benutzen => Kostenersparnis. Preise in verschiedenen Geschäften vergleichen. Auf Sonderangebote achten bzw. Werbung gezielt auswerten. Berücksichtigen Sie bei der Einkaufsplanung die zur Verfügung stehende Zeit. Die Jugendlichen brachten unterschiedliche Vorerfahrungen im Einkauf von Lebensmitteln mit. Meist erschöpften sich diese Erfahrungen jedoch im Besuch von Supermärkten. Auch im Projektverlauf wurde überwiegend in Supermärkten in der Umgebung eingekauft, wodurch die Alltagstauglichkeit des Angebots betont wurde. Auf Wochenmärkten wurde fast nie eingekauft, da der zeitliche Rahmen und das Finanzbudget dies nicht zuließen. Eine der Projektstellen berichtete, dass die Jugendlichen penibel auf die Kosten achteten, ohne dass diese Notwendigkeit besonders betont worden war. Die Jugendlichen entwickelten viele kreative Ideen, zum Beispiel zerdrückte Paprikachips statt Semmelbrösel verwenden) und brachten ihrerseits den MitarbeiterInnen verschiedene „nicht deutsche“ oder „exotische“ Zutaten nahe. Oft mussten die Teilnehmer aber auch ermuntert werden, mit Unbekanntem zu experimentieren (z.B. Süßkartoffel als Beilage). Hygiene Wenn Lebensmittel verderben, ist dies in der Regel mit den Sinnen wahrnehmbar (sehen, riechen, schmecken, fühlen). Lebensmittelvergiftungen werden jedoch durch Mikroorganismen ausgelöst und können nicht rechtzeitig durch Sinneswahrnehmung erkannt werden. Deshalb ist Vorsicht im Umgang mit Lebensmitteln außerordentlich wichtig. Hier die wichtigsten Hygieneregeln: Persönliche Hygiene § Körper und Kleidung sauber halten! Warum? Krankheitserregende Keime können sich auf Körper und Kleidung befinden. Folge: Die krankheitserregenden Keime können in die Speisen gelangen, sich dort vermehren und nach dem Verzehr Krankheiten auslösen. § Vor jedem Arbeitsbeginn und nach jedem Toilettenbesuch Hände gründlich waschen! Warum? An den Hände befinden sich meistens viele Keime. Gerade nach dem Toilettenbesuch können sich vermehrt FäkalBakterien an den Händen befinden. Folge: Krankheitsgefahr, wenn Fäkal-Bakterien mit Speisen in Berührung kommen. § Beim Husten und Niesen rechtzeitig vom Lebensmittel abwenden! Warum? Im Mund und im Rachenraum befinden sich auch bei gesunden Menschen krankheitserregende Keime. Folge: Die Keime können sich auf die Speisen übertragen und zu einer Verbreitung von Krankheiten führen. Lebensmittelhygiene § Rohe Eier bzw. nicht durchgegarte Eier dürfen nicht serviert werden! Bei einem Auflauf muss das Ei gestockt sein! Warum? In Eiern können sich Salmonellen befinden, die durch Erhitzen abgetötet werden. Folge: Es kann zu einer Salmonelleninfektion kommen. § Sehr sauberes Arbeiten mit Geflügel! Warum? Geflügel kann stark belastet sein durch krankheitserregende Keime oder Salmonellen. Durch unsauberes Arbeiten (z.B. durch die Benutzung desselben Brettes oder Messers) können die krankheitserregenden Keime auf andere Speisen übertragen werden, die sich in der Nähe befinden oder gerade zubereitet werden. Folge: Gefährliche Lebensmittelvergiftungen oder Salmonellenvergiftungen. § Leicht verderbliche Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte, Gemüse, Fleisch, Hack, Fisch, Eier, Salate, Mayonnaise, usw. immer gut gekühlt aufbewahren! Warum? Diese Lebensmittel verderben sehr schnell. Folge: Die Lebensmittel sind dann nicht mehr zum Verzehr geeignet. Es 67 Essvergnügen selbstgemacht besteht die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung. • Beim Warmhalten von Speisen immer eine Temperatur von mindestens 65 °C wählen! Warum? Bei Temperaturen ab 65°C sterben Krankheitserreger ab. Bei warmen Temperaturen unter 65°C können sie sich dagegen besonders gut vermehren. Folge: Bei warmer Aufbewahrung unter 65°C steigt die Infektionsgefahr. § Tätigkeiten in „reine“ und „unreine“ Bereiche trennen! In unreinen (keimreichen) Bereichen erfolgt die Verarbeitung von rohem Fleisch, Fisch, Geflügel, aber auch das Putzen von Gemüse oder das Spülen von benutztem Geschirr. In reinen (keimarmen) Bereichen erfolgt die Aufbewahrung von fertig zubereiteten Speisen und von sauberem Geschirr. Warum? Eine Übertragung von Keimen aus dem unreinen Bereich auf solche Speisen, die im weiteren Verlauf nicht mehr gekocht oder gebacken werden, soll vermieden werden. Folge: Bei fehlender Trennung besteht die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung bei Keimübertragung. Beispiel: Nicht beim Zubereiten von rohem Geflügel zwischendurch den Kartoffelsalat umrühren oder dasselbe Geschirr / Besteck benutzten. Raumhygiene § Küche sauber und ordentlich halten! Warum? Eine unordentliche Küche lässt sich nur schwer sauber halten. In schmutzigen Küchen können sich Schädlinge (Ameisen, Silberfische, Schaben, usw.) besonders gut ausbreiten. Folge: Verbreitung von Keimen, Ekel erregende Zustände. § Kühlschrank sauber halten! Warum? Häufig stellen viele Personen Lebensmittel in den Kühlschrank und vergessen diese dort. Schimmel verbreitet sich 68 Folge: nach einer gewissen Zeit auch im Kühlschrank. Ein im schlimmsten Fall völlig verschimmelter Kühlschrank, der erst nach einer gründliche Reinigung, Schimmelbeseitigung und Desinfektion wieder zur Aufbewahrung von Lebensmitteln benutzt werden kann. § Mülleimer täglich leeren! Warum? Abfälle, insbesondere Küchenabfälle, sind ein idealer Nährboden für Keime. Folge: Schädlinge und Keime breiten sich unbemerkt in der Küche aus. Trotz der Verwendung von Müllbeuteln fällt gelegentlich etwas Müll direkt in den Eimer. Daher sollte auch dieser wie auch der Deckel regelmäßig gereinigt werden. Auch den Jugendlichen lag sehr an hygienischen Verhältnissen, wie ein Mitarbeiter deutlich schildert: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die von mir betreuten Gruppen sehr sensibel auf unhygienische „Verdachtsmomente“ reagieren. ... Hier ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Überwachung der korrekten Zubereitung durch den Anleiter über jeden Zweifel erhaben ist.“ Praktische Umsetzung Die Integration eines Ernährungsprojektes in das Gesamtkonzept einer Einrichtung ist von großer Bedeutung. Die Verbesserung des Gesundheitsverhaltens und -bewusstsein der Klientel sollte in die Zielsetzung aufgenommen werden, um der Gefahr zu begegnen, dass das Ernährungsprojekt zu einem reinen Versorgungsangebot oder einem „Anhängsel“ an die bestehenden Angebote wird. Besteht ein umfassendes Interesse des Trägers an „Gesundheit“ als Organisationsziel, hat dies Auswirkungen auf alle Bereiche und schließt auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Dies kann im Rahmen einer Organisationsentwicklung verfolgt werden. Bei einem Entwicklungsprozess, der auch als umfassende betriebliche Gesundheitsförderung zu verstehen ist, können Krankenkassen oder andere Organisationen helfen. Essvergnügen selbstgemacht 6.2 Rezepte und Anregungen Dieses Kapitel enthält einfache Rezepte, die auch im Unterricht, in einem Projekt oder einer AG zubereitet werden können. Die Rezepte stammen aus dem „optimix Kochbuch für Kinder“ nach den Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung und der Rezeptbroschüre der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. „Shake it, baby!“. Zur Grundausstattung zählen: • Waage • Messbecher • Schneidbrett • Gemüsemesser • Sparschäler • Kleines Küchenmesser • Tomatenmesser • Brotmesser • Fleischmesser • Küchenschere • beschichtete Pfanne • großer Topf (ca. 3,5l) mit Deckel • kleiner Topf (ca. 2,5l) mit Deckel • hohes Gefäß • Dosenöffner • Zitronenpresse • Sieb • Knoblauchpresse • Vierkantreibe • Schneebesen • Pfannenwender Rührlöffel • Eieruhr • Schöpfkelle • Salatbesteck • mehrere Schüsseln • Handrührgerät • Mixer • Wasserkocher • Herdplatte (zwei Platten) • Minibackofen • Topflappen • Handtücher • Mülleimer (Tüten) • Kühlboxen • Frischhaltefolie • Aufbewahrungsboxen • Geschirr/Besteck/Becher Bei der Zubereitung im Klassenraum, darf die Sauberkeit nicht vergessen werden. Die Schultische sollten zuerst mit heißer Seigenlauge gründlich abgewaschen werden. Einen Stapel Zeitungen für den Müll bzw. zum Aufsaugen von Flüssigkeit bereit stellen oder genügend Küchenrollen hinlegen. Im vorherigen Kapitel sind die wichtigsten Regeln genannt wurden. Tipp: • Nutzen Sie das Potential der Elternschaft ( Sponsoring, Mithilfe etc.). Schwedenmüsli Rezept für 1 Person Du brauchst: 1 kl Becher 1⁄2 Tasse 1 TL 1⁄2 1 3 TL 3-4 Sch. 150 g Naturjoghurt (1,5%) 75 ml Milch (1,5%) Stelle bereit: kl. Rührschüssel Tasse 10 g 100 g 60 g 20 g Honig Schneebesen Banane Müslischale Mandarine Esslöffel Gehackte Mandeln oder Haselnüsse 45 g Vollkornknäkkebrot Und so wird`s gemacht: Verrühre zuerst den Joghurt mit der Milch und dem Honig in der Rührschüssel. Nimm dazu den Schneebesen. Nun zum Obst! Entferne die Schale der Banane. Halbiere die Banane längs und schneide sie in dünne Scheiben. Pelle die Mandarine und trenne ihre Spalten voneinander. Rühre das Obst unter den Joghurt. Dazu nimmst du am besten einen Esslöffel. Jetzt brichst du das Knäckebrot mit den Fingern in sehr feine Brösel und mischst sie unter den Früchtejoghurt. Schon ist das Schwedenmüsli fertig. Küchentipp: Sollen die Knäckebrösel knusprig sein? Dann gib sie erst kurz vor dem Essen in den Früchtejoghurt. Magst du sie lieber weich, lasse sie 5 Minuten ziehen! Was Du verändern kannst: Gibt es keine frischen Mandarinen, dann nimm 3-4 aus der Dose. Anstelle des Honigs kannst du den Mandarinensaft zum Süßen nehmen. Statt Knäckebrot kannst du 5 EL Müslimischung nehmen. 69 Essvergnügen selbstgemacht Salatwraps mit Currydip Rezepte für 1 Person Du brauchst: 1⁄2 100 g Paprika 2 EL 40 g Kidneybohnen aus der Dose 1⁄4 kl 80 g Eisbergsalat 2 100 g Tortillafladen 2 EL 1 EL 1 TL 1 Msp 1 TL Je eine Prise Naturjoghurt Saure Sahne Zitronensaft Currypulver Kräuter Jodsalz, Pfeffer Minipizza Tex Mex Rezept für 1 Person Stelle bereit: Sieb kl. Teller Pfanne Pfannenwender 2 Rührschüsseln Schneebesen Dosenöffner Und so wird`s gemacht: Zuerst putzt und wäschst du die Paprika. Schneide sie in sehr feine Würfel. Die Paprikawürfel kannst du schon mal in die Rührschüssel geben. Wasche die Kidneybohnen in dem Sieb unter fließend kaltem Wasser. Gib sie anschließend zu den Paprikawürfeln. Schneide den Eisbergsalat in feine Streifen. Wasche die Salatstreifen in dem Sieb unter fließend kaltem Wasser. Lasse sie gut abtropfen und gib sie ebenfalls in die Rührschüssel. Vermische alles gut miteinander. Nun solltest du den Dip zubereiten. Für den Dip gibt’s du alle Dipzutaten in eine Rührschüssel und verrührst sie miteinander. Die Tortillafladen müssen von beiden Seiten warm gemacht werden. Achte darauf, dass die Pfanne nicht zu heiß ist. Du brauchst kein Fett. Nimm zum Wenden den Pfannenwender. Sobald sich auf dem Fladen Blasen bilden, nimm ihn aus der Pfanne. Dann bestreichst du ihn mit dem Dip und verteilst das Gemüse darauf. Zum Schluss rollst du oder faltest du den Fladen zusammen. Was Du verändern kannst: Du kannst natürlich auch anderes Gemüse verwenden. 70 Du brauchst: 2 Sch. 100 g Vollkornbrot 4 TL 40 g Tomatenmark oder Ketchup 1 TL 5 g Kräuter z.B. Oregano 1/2 100 g Paprika 2 El 50 g Mais 2 El 40 g geriebener Käse Stelle bereit: Backblech Backpapier Streichmesser Sieb Pfannenwender Und so wird`s gemacht: Bevor du dich an die Minipizzen begibst, heize den Backofen auf 200 0C vor und stelle den Rost auf die mittlere Schiene. Nimm ein Backblech und belege es mit Backpapier. Nun sind die Pizzen an der Reihe. Bestreiche die Brote zuerst mit Tomatenmark. Darüber streust du die Kräuter . Du kannst die Brote direkt auf das Backblech legen. Putze, wasche und würfle die Paprika. Wasche den Mais in einem Sieb unter fließendem Wasser. Verteile das Gemüse kunterbunt aus die Brotscheiben. Jetzt bestreust du die Pizza noch mit Käse und ab mit ihnen in den Backofen. In etwa 10 Minuten sind die Pizzen fertig. Ist der Käse noch nicht geschmolzen, musst du dich noch ein wenig gedulden. Vorsicht! Tomatenmark brennt schnell an. Mit dem Pfannenwender lassen sich die Pizzen gut vom Blech nehmen. OPTITIPP: Heute schon Milch getrunken oder Joghurt gegessen? Nein! Dann solltest du das jetzt nachholen. Die Pizzen enthalten keinerlei Milch. Trinke darum als Nachtisch ein Glas oder versuch es mal mit den Milchmixgetränken. Was Du verändern kannst: Du kannst jedes Gemüse für diese Minipizzen nehmen. Essvergnügen selbstgemacht Gefülltes Fladenbrot Rezept für 4 Personen Du brauchst: 3-4 kl. 300 g Schweineschnitzel 2 EL 25 g Rapsöl 1⁄2 150 g Eisbergsalat 2 400 g Paprikas 2 200 g Tomaten 1 gr. 500 g Fladenbrot Jodsalz, Pfeffer 1 kl. Magerquark 2 EL Saure Sahne 4 EL Milch (1,5 %) 3 TL Zitronensaft 1⁄2 TL Jodsalz 1 TL Zucker 2 EL Schnittlauch Je eine Pfeffer, PapriMsp. kapulver Erdbeertiramisu Rezept für 1 Person Stelle bereit: Sieb, Tomatenmesser Pfanne Pfannenwender Rührschüssel Und so wird`s gemacht: Zuerst bereitest du das Gemüse vor. Halbiere den Eisbergsalat. Entferne den Strunk und Schneide den Salat in Streifen. Wasche die Salatstreifen im Sieb unter fließend kaltem Wasser. Lasse sie gut abtropfen; sonst wird das Fladenbrot matschig. Putze und wasche die Paprikas und schneide sie in dünne Streifen. Wasche die Tomaten. Entferne den Stielansatz und würfele sie. Nun bereite den Dip zu. V ermische alle Dipzutaten in einer Rührschüssel. Nun ist das Fleisch an der Reihe. Schneide es in dünne Streifen. Erhitze das Öl in einer Pfanne. Brate das Fleisch rundherum an und würze es mit je 2-3 Prisen Jodsalz und Pfeffer. Schneide das Fladenbrot über kreuz zweimal durch, so dass du 4 Stücke erhältst. Schneide die Fladenbrotdreiecke an der Spitze auf. Vorsicht. Nicht durchschneiden. Du musst das Brot wie eine Tasche öffnen können. Jetzt werden die Fladenbrote gefüllt. Streiche zunächst den Dip auf die beiden Innenseiten. Dann fülle die Taschen mit dem Gemüse und dem Fleisch. Du brauchst: 4-5 80 g Erdbeeren 2 TL 1 kl. Becher 1 TL 3 1 TL 10 g Erdbeersirup 150 g Naturjoghurt (1,5%) 10 g Vanillezucker 15 g Löffelbiskuit 5 g Gehackte Mandeln Stelle bereit: gr. Nachtischschalen Rührschüssel Und so wird`s gemacht: Zuerst wäschst du die Erdbeeren. Entferne die Stiele und Blätter und Schneide die Erdbeeren in Achtel. Die Erdbeerstücke gibst du zusammen mit dem Sirup in eine Rührschüssel und lässt sie 20-30 Minuten darin ziehen. Rühre den Vanillezucker unter den Joghurt. Dazu kannst du den Joghurt in dem Becher lassen. Jetzt beginnt die Schichterei! Brösele zuerst eine Schicht Löffelbiskuits in die Nachtischschale. Die Brösel müssen sehr fein sein. Dann sind ein paar Erdbeeren an der Reihe. Darauf kommt der Joghurt. Je nach Größe der Schale schichtest du 23 weitere Lagen dazu. Aufhören solltest du mit einer Erdbeerschicht. Ganz zum Schluß bestreust du den Nachtisch mit den gehackten Mandeln. Küchentipp: Lässt du das Tiramisu 2-3 Stunden durchziehen, sind die Löffelbiskuits weich und sie schmecken richtig erdbeerig. OPTITPP: Es ist sinnvoll, Obst der Saison zu essen. Also keine Erdbeeren im Winter. Was Du verändern kannst: Satt der Erdbeeren kannst du auch frische oder tiefgekühlte Himbeeren oder Beerenmix nehmen. Was Du verändern kannst: In dem Fladenbrot schmecken auch gut Krautsalat, Mais, Kidneybohnen oder Gurken. Statt des Schweinefleisches kannst du auch Geflügelfleisch nehmen. 71 Essvergnügen selbstgemacht Day Dream - Milchmixgetränk Rezept für 1 Person Du brauchst: 125 ml Buttermilch 2 cl Kokossirup 125 ml Kirschsaft 1 TL Vanillezucker ggf geschlagene Sahne als Dekohaube Stelle bereit: Shaker oder Glas Löffel Messbecher Handrührgerät hohes Gefäß Und so wird`s gemacht: Fülle die Buttermilch mit dem Kokossirup in einen Shaker oder ein großes Glas. Dann gibst du den Kirschsaft dazu. Mit einem langen Löffel mischst du die Zutaten ganz vorsichtig, bis sich ein schönes Muster ergibt. Dann kannst du den Vanillezucker darüber streuen. Noch schöner sieht es aus und schmeckt noch viel cremiger, wenn du eine kleine Haube aus Sahne auf das Glas sprühst. Lime Time - Milchmixgetränk Rezept für 1 Person Du brauchst: 250 ml 4 cl Stelle bereit: Shaker oder Glas Limettensirup Löffel Messbecher ggf geschla- Handrührgerät gene Sahne hohes Gefäß als Dekohaube Buttermilch Und so wird`s gemacht: Super einfach und schnell: gibt die zwei Zutaten in den Shaker oder ein großes Glas und ermisch sie zu einem Mixgetränk. Oben noch eine kleine Sahnehaube und schon ist das Getränk fertig. 72 LiquidFire - Milchmixgetränk Rezept für 1 Person Du brauchst: 125 ml Vollmilch 2 cl Limettensirup 125 ml Multivitaminsaft Maracujasirup ggf geschlagene Sahne als Dekohaube 2 cl Stelle bereit: Shaker oder Glas Löffel Messbecher Handrührgerät hohes Gefäß Und so wird`s gemacht: Die Milch, den Maracuja- und den Limettensirup gibst du in den Shaker oder ein großes Glas. Alles gut vermischen und mit dem Multivitaminsaft auffüllen. Wie gehabt als Deko eine kleine Sahnehaube obendrauf – fertig ist der Cocktail. Essvergnügen selbstgemacht 6.3 Essen mit allen Sinnen – „Das zergeht auf der Zunge“ Kathrin Bratschke Verbraucher-Zentrale Niedersachsen, Hannover Essen, das auf der Zunge zergeht, spricht für ein Genusserlebnis. Leider wird dieser Zustand im Alltag nicht mehr all zu häufig erlebt. Grund ist eine Schnelllebigkeit, die in breiten Kreisen der Gesellschaft praktiziert wird. Das spiegelt sich bei den Mahlzeiten wider. Sie werden auch von Kindern und Jugendlichen als begleitende Beschäftigung eingenommen, z.B. während des Fernsehens, beim Radiohören oder „auf die Faust“ schnell auf dem Schul- oder auf dem Heimweg. Bereits der Einkauf und später auch das Essverhalten werden in der Regel nicht prioritär durch ernährungsphysiologisch sinnvolle Kriterien bestimmt. Vielmehr stehen dabei stärker psychosoziale Faktoren im Vordergrund. Das riesige Lebensmittelangebot, sogar frische Obst- und Gemüsesorten zu allen Jahreszeiten, die zahlreichen, zeit- und arbeitserleichternde Angebote an Fertigund Halbfertigerzeugnissen und die Aromenvielfalt, die in Geschäften und auf den Straßen durch Fast Food im Außerhausverkauf auf die Kunden einströmt, spricht die Sinne an. Die Werbung verstärkt diese Reizflut noch. Doch Genuss erleben zu können braucht Zeit. Da ist es nur sinnvoll, die Sinne der Schüler und Schülerinnen zu mobilisieren. Sie sollten • erfahren, welche Sinne bei der Nahrungsaufnahme eine Rolle spielen • Nahrungsmittel mit allen Sinnen bewusst wahrnehmen • unter Einbeziehung sensorischer Faktoren Genusserlebnisse haben und Geschmackspräferenzen erkennen Und als letztes sollen sie versuchen, darzustellen, was den Genuss ausgemacht hat. Sie werden merken, dass es gar nicht einfach ist zu beschreiben, wie etwas schmeckt. Ø Ein Produkt kann schließlich ausgewählt werden, das von allen einmal bewusst verkostet wird. Das kann ein Apfel oder vielleicht eine Schokolade sein. Hierbei sollen dann alle Sinne ausgetestet werden. Zuerst wird das Produkt nur angeschaut und zwar eine ganze Weile. Nun wird es beschrieben. Nun wird das Produkt befühlt und abgetastet. Auch hier folgt die Beschreibung, wie es sich anfühlt. Es folgt das Riechen. Wie riecht das Produkt? Hier ist es oftmals nicht ganz leicht, den Geruch genau zu beschreiben. Kann das Produkt gehört werden? Zum Beispiel durch Schütteln einer Packung, durch Abbrechen oder Abbeißen eines Stückchens. Und damit ist auch schon das Schmecken an der Reihe. Hier sollte ganz, ganz langsam gegessen werden, um wirklich etwas bewusst wahrzunehmen; eben „etwas auf der Zunge zergehen lassen“. Beim Essen werden die Sinne des Schmeckens, Riechens, Fühlens, Sehens und Hörens angesprochen. Dabei ist der Geschmack- und Geruchssinn am stärksten ausgeprägt. Hier sind zwei Ansätze dargestellt, um Schüler „auf den Geschmack zu bringen“. Ø Die Schüler sollen überlegen, wann ihnen das letzte Mal, etwas „auf der Zunge zergangen“ ist. „Beim Genuss einer bestimmten Schokolade?“, „bei einem Lieblings-Mittagessen, das die Oma immer kocht?“, oder, oder ... Es empfiehlt sich, dabei einmal die Augen zu schließen. Anschließend sollen sie erzählen, was sie mit dem Gericht bzw. dem Produkt verbinden. 73 Medienübersicht 7 Medienübersicht 7.1 Grundsatzliteratur ISBN 3-930007-18-5, 29,80 €, Hintergrundwissen für Lehrer aid Infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e.V.; Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) e.V.; mit Förderung durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Essen und Trinken in Schulen, 2003, ISBN: 3-33749-172-6, 25,- € umfangreicher Ordner mit unverzichtbaren, aktuellen Basisinformationen Schlieper, C „Ernährung heute“ Handwerk und Technik Verlag, ISBN 3582044742, 28,20 € , Nachschlagewerk mit zahlreichen Versuchen, Aufgaben und mehrfarbigen Abbildungen Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.*, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Optimix. Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen, 2001, ISBN 3-8308-0195-5, 2,00 €, Basisinformationen; auch für Elternarbeit Brockhaus Lexikonredaktion Hrsg. Brochkaus-Ernährung Brockhaus Verlag, 2001, ISBN 3-76530581-2, 49,95 €, Allgemeines Nachschlagewerk Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Ernährungsbericht 2000, ISBN 3-921606-40-3, 24,00 €, Wissenschaftliche Darstellung der Ernährungssituation in Deutschland; u.a. Essverhalten u. Ernährungszustand von Kindern und Jugendlichen Kast-Zahn, A. / Morgenroth, H., Jedes Kind kann richtig essen Oberste Brink Verlag, ISBN 3-9804493-9-4, 15,23 €, Das Buch beschäftigt sich mit Ernährungserziehung und gibt viele Tipps mit denen der "Esstisch nicht zum Stresstisch" wird. Basisinformation für Elternarbeit Pudel, V. So macht Essen Spaß, Ein Ratgeber für die Ernährungserziehung von Kindern, Beltz 2002, ISBN 3-407-22846-5, 6,00 €, Basisinformation für Elternarbeit Schek, A. Ernährungslehre kompakt – Kompendium der Ernährungslehre für Studierende der Ernährungswissenschaft, Medizin und Naturwissenschaften, Umschau Zeitschriftenverlag Breidenstein, 2002, 7.2 Weiterführende Literatur Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.*: § Hygiene in der Küche 1999, ISBN 3-89661-320-0, 2,50 €, Bietet Hintergrundinformation über Mikrobiologie und Hygiene für Lehrkräfte. • Hygiene in für Profis, Foliensatz auf CD-Rom, 2003, ISBN 3-8308-0302-8, 25,00 €, Grundsätzliches Inhalte und Notwendigkeiten für die Gemeinschaftsverpflegung bzgl. der Hygiene. Bertelsmann Stiftung: Aspekte der Ernährung im Kindes- und Jugendalter. Ein Workshop der Expertenkommission „Ernährung und Gesundheit“, Verlag Bertelsmann Stiftung, 2000, ISBN 3-89204-511-9, 8,00 € Hintergrundinformationen für Lehrer und Vorlagen für den Unterricht (CD-Format) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): • Schulische Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung 2 ISBN 3-933191-46-7 2002, Broschüre kostenlos, Darstellung von Ausgangslage, Rahmenbedingungen und Umsetzungsstrategien bezgl. der schulischen Gesundheitserziehungund Gesundheitsförderungen • Das Ernährungsverhalten Jugendlicher im Kontext ihrer Lebensstile, eine empirische Studie; Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung Band 20, 2003, Broschüre kostenlos • Ess-Störungen, Bulimie – Magersucht – Ess-Sucht Bestell-Nr.: 35231002, 2001, Broschüre kostenlos Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DEG) e.V. 75 Medienübersicht Essen und Trinken in Schulen, 2003 ISBN: 3-33749-172-6, 25,- Euro umfangreicher Ordner mit unverzichtbaren, aktuellen Basisinformationen Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) • optimiX Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen. aid & DGE (Hrsg.), Bonn, (2001) • Empfehlungen für das Mittagessen in Kindertagesstätten und Ganztagsschulen Bestellnummer: 9; 1997; 2,00 € Broschüre, in der die optimierte Mischkost (optimix) vorgestellt wird. Praktische Vorschläge, kindgerechte Mittagsverpflegung und kalte Alternativen in Kindertagesstätten und Ganztagsschulen ergänzen die Broschüre Landesvereinigung für Gesundheit Nds. e.V.: • Balance halten ... Chancen für ein gesundes Gleichgewicht im Lebensraum Schule OPUS-Tagungsdokumentation vom 27.4.1999, 68 Seiten, Selbstkostenpreis 2,60 Euro + Versandkosten • Aufwiedersehen, OPUS! OPUS Niedersachsen, Dokumentation der Fachtagung vom 04.04.2000 in der Anna-Siemsen-Schule, 2,50 Euro + Versandkosten • Lust am Leben lernen mit dem FZH Linden und dem NLI, 94 Seiten, 5,00 Euro + Versandkosten • Gesunde Lebensräume schaffen – Vernetzung fördern Gemeinsam gesündere Lebensverhältnisse für Kinder und Jugendliche entwickeln, Beiträge zur Schulentwicklung Nr. 12, Hrsg.: Landesvereinigung für Gesundheit Nds. e.V., NLI, Hildesheim 1999, 72 Seiten, Versandkosten 76 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit: • Nudeldicker Hansel, spannenlange Dirn, Fachtagung zur Prävention von Essstörungen, Tagungsdokumentation vom 06.03.2001, Versandkosten Soziale Lage und Gesundheit: Armut und Gesundheit - Praxisprojekte aus Gesundheits- u. Sozialarbeit in Niedersachsen Landesvereinigung für Gesundheit Nds. e.V., Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften der Fachhochschule Nordostniedersachsen und der Universität Lüneburg (Hrsg.), 2000, ISBN: 3-93379106, Versandkosten Suppenküchen im Schlaraffenland?! Armut und Ernährung bei Familien und Kindern in Deutschland Landesvereinigung für Gesundheit Nds. e.V., Akademie für ärztliche Fortbildung der Ärztekammer Nds., DGE e.V., AOK – Die Gesundheitskasse für Nds., Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.) Versandkostenpauschale, DIN A5, 97 Seiten Medienübersicht 7.3 Materialien und Medien für die Praxis Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V.* • Spiele rund um die Ernährungspyramide 2003, ISBN 3-8308-0324-9, 2,50 €; Spielvorschläge für Kinder ab 5 Jahren • Gesund essen und trinken in Kinderkrippen, Kindertagesstätten und Schulen ISBN 3-89661-838-5, 3,00 €; Informationen zu Grundlagen der Ernährung, sowie Rezeptvorschläge etc. • 5 am Tag Spiel 2001, ISBN 3-8308-0206-4, 2,00 €, Spielvorschläge zum Thema Obst und Gemüse für Kinder ab 5 Jahren. Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V., Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR): Esspedition Schule-Materialien zur Ernährung Klasse 1-6 Bestellnummer 3826, 25,00 €; Materialsammlung für den Schulunterricht (u.a. Grundlagenwissen, Arbeitsblätter, Rezeptvorschläge) Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V., Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): FoodNews Jugendmagazin 2002, ISBN 3-8308-0230-7, 3,00 € Informative Broschüre (Fakten/Internetadressen/Experteninterviews); für den Unterricht und Jugendarbeit geeignet. Bertelsmann Stiftung: Aspekte der Ernährung im Kindes- und Jugendalter. Ein Workshop der Expertenkommission „Ernährung und Gesundheit“, Verlag Bertelsmann Stiftung, 2000, ISBN 3-89204-511-9, 8,00 €, Hintergrundinformationen für Lehrer und Vorlagen für den Unterricht (CD-Format) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): • Ernährung und Gesundheit Materialien für das 5.-10. Schuljahr Klett 1996. ISBN-Nr. 3-12-990582-0, in begründeten Ausnahmefällen kostenlose Einzelexemplare (Bestell-Nr. 20310002) anfordern, Die Unterrichtsmaterialien widmen sich dem Problem von Essgewohnheiten, die den Schüle- • rinnen und Schülern bewusst gemacht werden sollen. Spiele- Ideenhandbuch. Die Essbar Best.-Nr. 35 434 000, kostenlos bei der BZgA in Bonn, Gute und einfache Spiele-Ideen rund ums Essen und Lebensmittel. Niedersächsische Krebsgesellschaft e.V.: Schulprojekt 5 am Tag für Kids Foliensätze und Schulprojekt, Niedersächsische Krebsgesellschaft Königstr. 27, 30175 Hannover, 0511-388526263 Erlebniskiste: „Essen, Trinken & Co“: www.erlebniskiste.de , 369 €, Geeignete Medien, wie Handbücher, Arbeitshefte, Spiele und CD-ROMs für die Ernährungserziehung in der Schule. Die Materialien sind auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand, orientieren sich an Lehrplänen und enthalten unzählige Vorschläge für spannende Unterrichtsstunden Foodmedia 1999: Fühlen wie`s schmeckt - Sinnesschulung für Kinder und Jugendliche (6-14 Jahre), Foodmedia, ISBN 3-9806481-3-3; 15,29 €, Im Sandfeld 9, 36093 Künzell; www.foodmedia.de Verbraucher-Zentrale: • Mittagsverpflegung in Schulen 1994; Verbraucher-Zentralen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen; ISBN 3–923214-57-x Grundsätze, Argumente und konkrete Ansatzpunkte; Broschüre kostenlos • Was bedeuten die E-Nummern? 10/ 2003, ISBN 3-922940-16-1, 3,80 €, Telefonisch bestellbar bei der Verbraucher-Zentrale unter 0511/ 91 19 60, Lebensmittel-Zusatzstoffliste mit Bewertungen • Biokost oder Hightech-Food? 2000, ISBN 3-933705-43-6, 7,16 € , Telefonisch bestellbar bei der Verbraucher-Zentrale unter 0511/ 91 19 60, Food-Design, Bioprodukte und Gentechnik unter der Lupe • Biokost oder Hightech-Food? 2000, ISBN 3-933705-43-6, 7,16 € , Telefonisch bestellbar bei der Verbraucher-Zentrale unter 0511/ 91 19 60, Food-Design, Bioprodukte und Gentechnik unter der Lupe • Gesundheitskost – gesunde Kost? 2001, ISBN 3-933705-82-7, 7,16 €, Telefonisch bestellbar bei der Verbraucher-Zentrale unter 0511/ 91 19 77 Medienübersicht • 60, Ein Wegweiser durch Werbung und Wirklichkeit von „Gesundheitskost“ Fit für den Sport 2003, ISBN 3-936350-45-0, 5,80 €, Telefonisch bestellbar bei der Verbraucher-Zentrale unter 0511/ 91 19 60, Richtige Ernährung für Freizeitsportler Verbraucher-Zentrale Niedersachsen: • Ernährungskiste Materialien zur praktischen Umsetzung des Themas „Essen und Trinken“ mit Projekt- und Unterrichtsvorschlägen sowie weiterführender Literatur und Küchengerätschaften; Auskunft bei K. Bratschke, Verbraucher-Zentrale Niedersachsen; Tel: 0511/ 91 19 643 oder Fax: 0511/ 91 19 610; Ausleihkosten: 13,- € plus einer Kaution von 37,- € • Gentechnikkiste Unterrichts- und Projektmaterialien zur Behandlung des Themas „Gentechnikeinsatz bei der Lebensmittelherstellung“; Auskunft bei K. Bratschke, Verbraucher-Zentrale Niedersachsen; Tel: 0511/ 91 19 643 oder Fax: 0511/ 91 19 610; Ausleihkosten: 13,- € plus einer Kaution von 37,- € • Grüne Pause – Praktische Ansätze zur Förderung eines gesundheitsbezogenen Ernährungsverhaltens in der Schule 12/ 1993; Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt Düsseldorf und VZ NRW ISBN 3–923214–46 4; Materialien für die Sekundarstufe I und II; Broschüre kostenlos 78 7.4 Kochbücher Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V. Kochen - das kann ich auch ISBN 3-89661-205-0, 6,50 €, ab 8 Jahre, Kochcomic; Schritt für Schritt Erklärung. Von Cramm, Dagmar Kinder Koch-Alphabet Infos + Rezepte = Kochspaß mit Schritt für Schritt Anleitung Gräfe und Unzer Verlag, ISBN 3-77424916-4, 14,90 €, Kochbuch und Informationsbuch in Einem. Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund (FKE) Das Optimixkochbuch für Kinder Bestellnummer 20, 10,00 €, Von Schülern erprobte einfache und leckere Rezepte in Anlehnung der OPTIMiXEmpfehlung. Deifert, Dagmar Das Peanuts-Kochbuch. Lieblingsrezepte von Charlie Brown und seinen Freunden Mary Hahn Verlag, ISBN 3-8728-7483-7 Verbraucher-Zentrale Vollwertküche – schmeckt gut, tut gut, schont die Umwelt 2003, ISBN 3-933705-47-9, 7,16 €, Telefonisch bestellbar bei der Verbraucher-Zentrale unter 0511/ 91 19 60, Rezeptbroschüre mit Erläuterungen zur Vollwert-Ernährung Medienübersicht 7.5 Medien-Kataloge Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V. 2003/2004, kostenlos siehe Internetadresse Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Infodienst 2003, Kostenlos, siehe Internetadresse, erscheint alle 2 Monate Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Medienübersicht, Kostenlos, siehe Internetadresse Central Marketing-Gesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA) Broschürenliste für die Ernährungsberatung 2003, Kostenlos, siehe Internetadresse Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) Medienverzeichnis, Kostenlos, siehe Internet, Medienpool 7.6 Internetadressen Ø www.aid.de Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V., , Umfangreiches Material zum Themenbereich (u.a. Medienkatalog, Broschüren, Video, CD, Ausstellungen, Kassetten) Ø http://www.bfe-ernaehrung.de/ Bundesforschungsanstalt für Ernährung, Forschungsergebnisse, Tagungsberichte, Datenbanken Ø www.bmgs.bund.de Bundesministerium für Gesundsheit, Verbraucher-Info / Aufklärung, Themenschwerpunkte wählbar Ø www.bgvv.de Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) Kann spezielle Fragen beantworten Ø www.bzga.de Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Sehr großes Serviceangebot, Kampagnen (Darstellung etc.) Ø www.cma.de CMA Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH Referat Wissenschafts-PR, Material für den Unterricht; Siehe Bestellbogen für Ernährungsinformation „richtig essen – gesund genießen“; Arbeitet u.a. zusammen mit: DGE, Landesvereinigung der Milchwirtschaft u.5-am-Tag. Ø www.dainet.de Deutsches Agrarinformationsnetz, Länderspezifischer und themenspezifischer Aufbau Ø www.dge.de Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., Extraservice für Ganztagsschulen, Publikationen für Verbraucher und Fachkräfte (Fortbildungen, Medienservice, akt. Themen, Verbraucherinfo); Spezielle Internetberatung bzgl. Ganztagsschulerpflegung Ø www.dife.de Deutsche Institut für Ernährungsforschung, Infopool für u.a. Publikationen, Projektorstellungen, Veranstaltungen) 79 Medienübersicht Ø www.ernaehrung.de Deutsches Ernährungsberatungs- und informationsnetz (DEBInet), Hier findet man Tipp`s u.a. für Adressen, Lexika, Termine, Ernährung Ø www.ernaehrung-undverbraucherbildung.de Arbeitskreis für Ernährung und Schule beim Bundesministerium für Verbraucherschutz. Ernährung und Landwirtschaft. Das Portal bietet den Zugang zu strukturierten, umfangreichen Informationen. Der Zugriff auf folgende Angebote soll ermöglicht werden: • Standards in der Ernährungs- und Verbraucherbildung von der Eingangsklasse bis zum Ende der Pflichtschulzeit, • exemplarische, unterstützende Unterrichtsmaterialien, • aktuelle Fachinformationen und • eine kommentierte Sammlung fachlich fundierter Internetadressen. Ø www.fke-do.de Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund Darstellung wissenschaftlicher Daten, Ernährungsempfehlungen, Publikationen, Broschüren etc. rund um die Kinderernährung Ø www.gesundheit-nds.de Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen e.V., Veröffentlichungen Gesundheit Niedersachsen u.a. Veranstaltungen, Adressen, Datenbanken, Netzwerke Ø www.lagj-nds.de Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Niedersachsen, Lern- und Unterrichtseinheiten für Kindertagesstätten und Schulen, Broschüren „ Zahngesundheit und Ernährung“, Demo-Gebisse mit Bürsten, Zahnputzbrunnen, Kariestunnel, DiaSerien, Videos Ø www.laves.niedersachsen.de Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Aktuelle Informationen über Lebensmittel- und Lebensmittelsicherheit Ø www.ml.niedersachsen.de Niedersächsiches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirt80 schaft und Verbraucherschutz, Modellprojekt „Essen macht Schule“ Ø www.milchwirtschaft.de Aktuelle Statistiken, Termine, Lehrmaterial, Schulungen, Ernährung, Ausstellung, Qualität, Umwelt Ø www.powerkids.de Info über das Programm „Power Kids“ – Ein Programm für übergewichtige Kinder im Alter von 8-12 Jahren Ø www.rki.de Robert-Koch-Institut, Institutionen und ihre Angebote von A – Z (u.a. Gesundheit, Gentechnik, Forschung, Gesundheitsberichtserstattung) Ø www.talkingfood.de Talking Food – InternetFactory – Kampagne für Jugendliche (Lebensmittelsicherheit, Fun Food, Brain Food) Ø www.verbraucherzentraleniedersachsen.de Verbraucher-Zentrale Niedersachsen, Zahlreichen Medien, Infopool, Beratung Ø www.verbraucherministerium.de Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL), Verbraucherinformationen ,Aufklärung, Pressedienst, Welternährung Ø www.was-wir-essen.de alles über Lebensmittel, Erzeugung, Verarbeitung, Einkauf, Kennzeichnung, Gesund essen, Verbraucherschutz, Spaß und Spiele Medienübersicht 7.7 Ausstellungen Ø Multimediale Wanderausstellung: Richtig essen und trinken mit Kasimir Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid) e.V., Kostenlose Ausstellungs-Kurzbeschreibung über Inhalte sowie Abbildungen der einzelnen Elemente, Begleitmaterial. Auskunft über die genauen Mietkonditionen erhalten Sie beim aid. Ø Von Milchriegeln, Obstzwergen und anderen Lachbonbons Verbraucher-Zentrale; Eine Ausstellung über Ernährung für Kinder im Spiegel der Werbung, Auskunft über die Ausleihbedingungen erhalten sie bei Kathrin Bratschke, VerbraucherZentrale Niedersachsen; Tel: 0511/ 91 19 643 oder Fax: 0511/ 91 19 610 Kostenlose Ausstellungs-Kurzbeschreibung über Inhalte auf Wunsch erhältlich Ø Ein Parcours der Sinne – Knackig, duftig, bunt Erlebniswelt Essen Verbraucher-Zentrale, Eine Mitmachausstellung zur Schärfung der Sinne beim Essen und zur Förderung der Esskultur; Auskunft über die Ausleihbedingungen erhalten sie bei Kathrin Bratschke, Verbraucher-Zentrale Niedersachsen; Tel: 0511/ 91 19 643 oder Fax: 0511/ 91 19 610 Kostenlose Ausstellungs-Kurzbeschreibung über Inhalte auf Wunsch erhältlich, Evt. neue Rubrik?! 81 Ansprechpartner in Niedersachsen 8 Ansprechpartnerinnen und -partner in Niedersachsen Adressen Hinweise Deutsche Gesellschaft für Ernährung Sektion Niedersachsen Berliner Allee 20 30175 Hannover Schwerpunkte in Niedersachsen: Konzeption / Durchführung von interdisziplinären Fortbildungsveranstaltungen, z B. Niedersächsisches Ernährungsforum, Fachtagungen Kindergarten; Unterstützung u. Beteiligung an Projekten der Gesundheitsförderung (u.a. in Schulen Gemeinsam schmausen in den Pausen); Durchführung von Aktionen und Ausstellungen in Kooperation mit anderen Institutionen. Helga Strube und Dörthe Hennemann Tel.: 0511-380-2466, Fax: 0511-380-2465 E-mail: [email protected] Geschäftsstelle Oldenburg, Hanna Boklage Hugo-Zieger-Str. 37 26133 Oldenburg Tel: 0441/ 94 90 907 E-mail: [email protected] Gesundheitszentrum Göttingen Burgstraße 5 37073 Göttingen Tel.: 0551–48 67 66, Fax: 0551-4 27 59 Gesundheitszentrum Osnabrück Meller Straße 80 49082 Osnabrück Tel.: 0541-58 90 44 oder 58 76 98, Fax: 0541-57 19 19 E-mail: [email protected] Internet: www.osnanet.de/gesundheitszentrumos/ Interessengemeinschaft Gesundes Leben e.V. (IGEL e.V.) Gesundheitsladen Barnstorf Kampstraße 19 49406 Barnstorf Dienstleistungsangebote und Seminare für verschiedene Träger (Krankenhäuser, Senioreneinrichtungen; Schulen, KITAS) Das GZ ist eine Koordinationsstelle und Beratungseinrichtung im Gesundheitsund Selbsthilfebereich. Gesundheitsbezogene Aufklärung u. Selbsthilfeförderung stehen im Vordergrund der Arbeit. Das Gesundheitszentrum bietet ein umfangreiches Kurs- und Veranstaltungsprogramm, wie z. B. zum Thema: „Herzkrankheiten“ und „Haltung und Bewegung“. Die IGEL bietet Einzelnen und Gruppen ein breitgefächertes Angebot an Kursen, Beratung, Vernetzung und Selbsthilfe im Gesundheitssektor. Tel.: 05442–89 00, Fax: 05442–99 19 84 Landesvereinigung für Gesundheit Nds. e.V. „Praxisbüro Gesunde Schule“ Fenskeweg 2, 30165 Hannover Angelika Maasberg Tel.: 0511-38 81 18 92, Fax: 3 50 55 95 E-mail: [email protected] Die Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen ist ein unabhängiger Fachverband für Gesundheitsförderung, erziehung und Prävention in Niedersachsen, in dem verschiedene Einrichtungen aus dem Gesundheits-, Sozial-, und Bildungssektor organisiert sind. Der Verein koordiniert gesundheitsbezogene Maßnahmen, entwickelt innovative Programme und Modellprojekte, vermittelt aktuelle Informationen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in den ge83 Ansprechpartner in Niedersachsen Adressen Hinweise nannten Sektoren und regt Vernetzungsaktivitäten an. Darüber hinaus organisiert er Fortbildungen, Kongresse und gibt Publikationen zu den Themenfeldern Prävention, Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung heraus. Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nds. e.V. Seelhorststraße 4 30175 Hannover Dienstleistungen für Schulen: Schulmilchberatung vor Ort Unterrichtsangebote zum Thema „Gesundes Frühstück“ und „Vollwertige Ernährung“ Vermittlung von Hofbesichtigungen E-mail: lv.nds@milchwirtschaft .de Internet: www.milchwirtschaft.de Ammerländer Heerstraße 121, 26129 Oldenburg E-mail: lv.ol@milchwirtschaft .de Ernährungsberatung: Renate Gramberg, Oldenburg Tel.: 0441-9 73 82 25 Urte Pernsch, Oldenburg Tel.: 0441-9 73 82 26 Sylvia Hernicke-Reinhardt, Hannover Tel.: 0511-8 56 53 32 Landesverband der Volkshochschulen Nds. e.V. Bödeckerstraße 16 30161 Hannover Gesundheitsbildung / Ernährung: Silvia Schröder (Sachbearbeiterin) Tel.: 0511-3 48 41 -34 E-mail: [email protected] Tel.: 0511-3 48 41 -0 Auskunft 0511-3 48 41 -25 Bestellungen Fax: 0511-3 48 41 Internet: www.vhs-nds.de Niedersächsisches Kultusministerium Schiffgraben 12 (Postfach 161) 30159 Hannover Verpflegung in Ganztagsschulen: Georg Homburg Tel.: 0511- 120-7319, Fax: -7459 E-mail: [email protected] Niedersächsische Krebsgesellschaft Königstraße 27 30175 Hannover Gesundheitskampagne der Dt. Krebsgesellschaft e.V. „5 am Tag“ – mit Obst und Gemüse gegen den Krebs Service-Telefon: 0511-3 88 52 62 63 Service-Fax: 0511-3 88 53 43 E-mail: [email protected] Internet: www.nds-krebsgesellschaft.de Internetprogramm zu Krebs und Ernährung „Gesund essen, gesund bleiben“ Welche Krebsarten können durch Ernährung beeinflusst werden Infos zu Schutzstoffen in Obst & Gemüse Niedersächsisches Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Calenberger Str. 2 30169 Hannover Informations- und Aufklärungsmaßnahmen im Ernährungsbereich: Dr. Dorothee Meyer-Mansour Tel.: 0511-120-2239, Fax: -2385 E-mail: Dorothee.Meyer-Mansour@ ml.niedersachsen.de 84 Ansprechpartner in Niedersachsen Adressen Hinweise Niedersächsischer Landfrauenverband Hannover e.V. (NLV) Johannssenstraße 10 30159 Hannover Interessensschwerpunkt des NLV liegt u.a. in den Bereichen „Ländlicher Raum“, „Hauswirtschaft“ und „Ernährung“. Der NLV und der Landfrauenverband WeserEms sind schulpolitisch engagiert. Landfrauen fordern eine verbesserte Integration der Hauswirtschaft in den Schulalltag. Aktionen z.B.: „Haushalts(s)pass für Jungen“ – ein Alternativangebot für die Schüler am sog. Girl`s Day. Inhalt: Vermittlung von Hauswirtschaftlichen Fertigkeiten Tel.: 0511-3 53 96 00, Fax: 0511- 35 39 60 15 E-mail: [email protected] Internet: www.landfrauen-nlv.de Landfrauenverband Weser-Ems e.V., Mars-la-Tour-Straße 6 26121 Oldenburg Tel.: 0441-801-800, Fax: 0441-801-819 Verband der Diplom-Oecotrophologen e.V. Örtliche Gruppen: Braunschweig: E-mail: [email protected] Kerstin Labitzke Tel.: 0531-2 14 16 24 Göttingen: E-mail: [email protected] Heidrun Klaus Tel.: 0551-7 55 05 Silke Kröger Tel.: 0511-79 8890 90 Oecotrophologinnen und Oecotrophologen sind aufgrund ihrer interdisziplinären Ausbildung Ansprechpartner bei Ernährungs-, Verbraucher- und Haushaltsfragen. Sie arbeiten unter anderem im Bereich der Ernährungsberatung und schulung sowie in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Unternehmensberatung, etc. Hannover: E-mail: [email protected] Melanie Kröger Tel.: 0511-3 94 32 60 Gesa Marsch Tel.: 05166-9 10 63 Hildesheim: E-mail: [email protected] Anke Schönert-Dommnich Tel.: 05121-5 46 39 Lüneburg: E-mail: [email protected] Silke Hansen-Dau Tel.: 04131-3 87 01 Verbraucherzentrale Niedersachsen (insgesamt 19 Beratungsstellen) VZ Göttingen: Theaterstraße 24, 37073 Göttingen Heidrun Klaus Tel.: 0551/ 48 65 85 Fax: 0551/ 53 11 676 E-Mail:[email protected] In 6 Beratungsstellen (s. linke Spalte) gibt es spezielle Ansprechpartnerinnen für die Ernährungsaufklärung für Kindertagesstätten, Schulen und Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen VZ Hannover: Herrenstraße 14, 30159 Hannover Kathrin Bratschke Tel.: 0511/ 9 11 96 43 Fax. 0511/ 91 19 610 E-Mail: [email protected] VZ Oldenburg Julius Mosen Platz 5, 26122 Oldenburg Renate Beckmann Tel.: 0441/ 12369 Fax: 0441/ 9 25 07 65 E-Mail: [email protected] 85 Ansprechpartner in Niedersachsen Adressen VZ Osnabrück: Große Straße 67, 49074 Osnabrück Annette Liebner Tel.: 0541/2 10 95 Fax: 0541/ 20 26 502 E-Mail: [email protected] VZ Stade: Bahnhofsstraße 2, 21682 Stade Susanne Bergmann Tel.: 04141/4 39 14 Fax: 04141/ 95 18 74 E-Mail: [email protected] VZ Wolfsburg: Schillerstraße 16, 38440 Wolfsburg Tanja Bolm Tel.: 05361/60 99 81 Fax: 05361/ 29 18 23 E-Mail: [email protected] 86 Hinweise „Schule ist mehr ...“ Impulse für „Gesundheitsbildung - Ernährungsbildung - Alltagskompetenz“ Schwerpunkte für den Sekundarbereich I (5.-10. Schuljahr)