1 Prof. Dr. Reinhard Singer Wintersemester 2009/2010 Fälle zum Grundkurs Zivilrecht Fall 76: Typen der Störungen im Schuldverhältnis K kauft bei V einen gebrauchten Sportwagen zum Preis von 25.000,- €. Die Übergabe soll später stattfinden, da V noch einige kleinere Mängel in der Werkstatt beheben soll. Wie ist die Rechtslage, wenn in der Nacht nach Vertragsschluss die Werkstatt des V ohne dessen Verschulden abbrennt und dabei das verkaufte Auto, das K für 30.000 € hätte weiterverkaufen können, völlig zerstört wird? Variante a): V sollte das Fahrzeug am 5. Januar ausliefern; infolge Überlastung in seiner Werkstatt ist das Auto aber erst am 15. Januar fertig. Kann K von V Ersatz der Kosten für einen Mietwagen in Höhe von 500.- € der Zeit vom 5.-15. Januar verlangen? Variante b): Der gebrauchte Sportwagen wird termingerecht fertig gestellt. Bei der Abholung kommt allerdings K auf einer Öllache, die sich vor dem Eingang zum Geschäftslokal des V befindet, zu Fall und verletzt sich am Oberschenkel. Kann er von V Ersatz seines Verdienstausfalls (6 Monate à 5.000.- €) verlangen? Variante c): Wie ist die Rechtslage, wenn K vor Vertragsschluss beim Betreten des Geschäftslokals auf der Öllache ausgerutscht wäre und sich verletzt hätte? Literatur: Brox/Walker, Schuldrecht I, § 21; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 332 ff.; Looschelders, Schuldrecht AT, § 22. Fall 77: Verschulden von Erfüllungsgehilfen Dachdeckermeister U lässt die am Haus des B übernommene Dachreparatur von seinem Gesellen G ausführen. Dieser beschädigt mit seiner Leiter die auf dem Dachboden angebrachte Beleuchtung, lässt einen Dachziegel auf die Straße fallen, wodurch ein Passant verletzt wird, dichtet das Dach schlecht ab und nimmt schließlich auf dem Boden hängende Wäsche des B mit. Ist U schadensersatzpflichtig? Literatur: Brox/Walker, Schuldrecht I, § 20; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 384 ff.; Looschelders, Schuldrecht AT, § 25. Fall 78: Verschulden von Erfüllungsgehilfen Beim Landwirt Lampe waren die Wasserleitungen eingefroren und auch eine Elektropumpe beschädigt worden. Mit der Reparatur der Pumpe wurden Maschinenbauingenieur Iltis beauftragt. Dieser betraute seinen „fleißigen, aber geistig sehr schwerfälligen“ Gehilfen Gero mit der Montage eines Schutzschalters. Nach Erfüllung dieser Aufgabe wollte der Gehilfe von sich aus auch eine der eingefrorenen Leitungen mit einer Lötlampe auftauen, obwohl das Auftauen Lampe`s Aufgabe sein sollte. Beim Auftauen entzündete er eine im Übergang des Rohrs zur Decke angesammelte Staubschicht, worauf der Dachstuhl und später das gesamte Gebäude abbrannte. Haftet Iltis für seinen Gehilfen? 2 Literatur: BGHZ 31, 358; Medicus/Lorenz, SchR I, Rn. 390; s. ferner Lit. zu Fall 77. Fall 79: Anfängliche und nachträgliche Unmöglichkeit/Unvermögen Wie Ausgangsfall 76: Der verkaufte Sportwagen brennt nach Vertragsschluss in der Werkstatt des V aus. Variante 1: Prokurist P hat den Sportwagen, ohne von dem Verkauf V/K zu wissen, noch am gleichen Abend an X verkauft und übereignet. a) X ist nicht bereit, den Sportwagen zurück zu übereignen. b) X ist bereit, V den Sportwagen für 35.000 € zurückzuverkaufen [alternativ: c) zum Liebhaberpreis von 80.000 €]. Variante 2: Der Sportwagen war schon verbrannt, als V, ohne davon zu wissen, das Auto an K verkaufte. Literatur: Brox/Walker, Allg. Schuldrecht, § 22; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 430 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 21 I a, b, § 22 I. Fall 80: Versendungskauf Antiquitätenhändler V aus München verkauft an den Berufskollegen K in Hamburg eine antike Vase zum Preis von 5.000 €. Er übernimmt den Versand auf eigene Kosten. Beim Transport durch die Speditionsfirma S wird durch Verschulden ihres Aushilfsfahrers A die Vase zerstört. Wie ist die Rechtslage? Variante a): Wie ist die Rechtslage, wenn A als Angestellter von V den Transportauftrag ausgeführt und dabei schuldhaft die Vase zerstört hätte? Variante b): Wie ist die Rechtslage, wenn K ein Privatmann ist? Literatur: Brox/Walker, Allg. SchuldR, § 22 Rn. 47; Bes.Schuldrecht, § 7 Rn. 4 f.; Medicus/Lorenz, SchR I, Rn. 438; BT Rn. 34 ff.; Medicus/Petersen, Bürg. Recht, Rn. 275; Büdenbender, NJW 2000, 986; Oetker, JuS 2001, 833; RGZ 96, 258.