htw saar 1 KAPITEL 4 BEDINGTE WAHRSCHEINLICHKEIT UND STOCHASTISCHE UNABHÄNGIGKEIT WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 2 Gliederung 25.01. Bedingte Wahrscheinlichkeit: Motivation und Definition Multiplikationssatz Stochastische Unabhängigkeit: Motivation und Definition Übungen 31.01. Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit Satz von Bayes Anwendungen: (1) Tests auf Krankheiten (2) Ziegenproblem (3) Simpson Paradoxon Unabhängigkeit bei mehr als zwei Ereignissen WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 3 Motivation 1 Ereignis A: Augensumme von zwei Würfeln mindestens 7 Unter den 36 gleichwahrscheinlichen Ausgängen des Zufallsexperimentes „Zwei Würfel werfen“ erfüllen 21 die Bedingung, dass die Augensumme größer als 7 ist. => P(A) = 21/36 = 7/12 Wir bekommen, bevor der zweite Würfel geworfen wird, die Information, dass der erste Würfel eine 5 zeigt. => P(A) = 5/6 Wir bekommen, bevor der zweite Würfel geworfen wird, die Information, dass der erste Würfel eine 1 zeigt. => P(A) = 1/6 WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 4 Motivation 2 und Formalisierung 1) Wir interessieren uns für die Wahrscheinlichkeit P(A) eines Ereignisses A. 2) Wir bekommen die Information, dass Ereignis B eingetreten ist. 3) Durch das Eintreten des Ereignisses B verändern sich die Wahrscheinlichkeiten für A. Definition: (Ω, P) sei ein Wahrscheinlichkeitsraum, A und B seien Ereignisse mit P(B) > 0. Dann ist die bedingte Wahrscheinlichkeit von A gegeben B definiert als P(A | B) = P(A ∩ B) / P(B) WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 5 Beispiel Ziehung der Lottozahlen Erste drei gezogene Zahlen richtig getippt. => B: Mindestens erste drei Zahlen richtig. Wie groß ist die Chance auf 6 richtige (A)? 1) Da A eine Teilmenge von B ist, gilt: P(A ∩ B) = P(A) = 1 / + * + * + 1) / 2) P(B) = ( * 3) P(A ∩ B) / P(B) = 1 / ( * + * + * . + 1) = 3,84 * 10-6 Die Wahrscheinlichkeit ist ca. 53mal höher als P(A), aber immer noch sehr klein! WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 6 Multiplikationssatz Für bedingte Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse A und B auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, P) gilt: P(A ∩ B) = P(A | B) * P(B) = P(B | A) * P(A) Die erste Gleichung folgt direkt aus der Definition von P(A | B). Die zweite Gleichung folgt aus P(B | A) = P(B ∩ A) / P(A), da P(A ∩ B) = P(B ∩ A). WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 7 Multiplikationssatz - Beispiel Mit 1%iger Wahrscheinlichkeit rollt einem Autofahrer in einer Wohngegend ein Ball vor sein Fahrzeug. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass hinter einem Ball ein Kind hinterherläuft, beträgt 99%. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ball auf die Straße rollt und ein Kind auf die Straße läuft? WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 8 Stochastische Unabhängigkeit - Motivation Ereignis A: Zwei Würfel – Gleiche Augenzahlen Es gibt 6 Möglichkeiten => P(A) = 6/36 = 1/6 Wir wissen: Der erste Würfel zeigt eine 3 (Ereignis B). Dann ist P(A ∩ B) = 1/36 und P(B) = 1/6. => P(A | B) = (1/36) / (1/6) = 6/36 = 1/6 In diesem Fall verändert die Information über das Ereignis B die Wahrscheinlichkeit P(A | B) gegenüber P(A) nicht. Es gilt: P(A ∩ B) = P(A) * P(B) WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 9 Stochastische Unabhängigkeit - Definition Zwei Ereignisse A und B in einem Wahrscheinlichkeitsraum heißen (stochastisch) unabhängig, wenn P(A ∩ B) = P(A) * P(B) Bemerkungen: (1) Unabhängigkeit ist eine symmetrische Eigenschaft. (2) Die leere Menge und Ω sind von allen anderen Ereignissen unabhängig. WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 10 Disjunkte Ereignisse und Unabhängigkeit Seien A und B Ereignisse auf einem Wahrscheinlichkeitsraum mit A ∩ B = ∅. Frage: Können A und B unabhängig sein? A gerade Augenzahl bei Würfel B ungerade Augenzahl P(A) = P(B) = ½, aber P(A ∩ B ) = 0. WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 11 Übungen 10 1. Für einen Spam-Filter wird damit geworben, dass er in 95% der Fälle korrekt angewandt wird. Sei S das Ereignis, das eine Mail Spam ist und sei B das Ereignis, dass eine Mail blockiert wird. Dann gibt es die folgenden Interpretationen für die Werbeaussage: a) 95% des Spam wird blockiert. b) 95% der gültigen Mails (= Nicht-Spam) werden durchgelassen. c) 95% der durchgelassenen Mails sind gültig. d) 95% der blockierten Mails sind Spam. Formulieren Sie die bedingten Wahrscheinlichkeiten unter Verwendung der Ereignisse S und B und ihrer Komplemente! 2. Aus der folgenden Bevölkerungsverteilung wird zufällig eine Person ausgewählt. Wie groß ist bei einer Frau die Wahrscheinlichkeit, dass sie 26 – 50 Jahre ist? 0 – 25 Jahre 26 – 50 Jahre 51 Jahre und älter Frau 14 22 40 Mann 22 27 32 WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 12 Übung 10/1 Spam Für einen Spam-Filter wird damit geworben, dass er in 95% der Fälle korrekt angewandt wird. Sei S das Ereignis, das eine Mail Spam ist und sei B das Ereignis, dass eine Mail blockiert wird. Dann gibt es die folgenden Interpretationen für die Werbeaussage: a) 95% des Spam wird blockiert. b) 95% der gültigen Mails (= Nicht-Spam) werden durchgelassen. c) 95% der durchgelassenen Mails sind gültig. d) 95% der blockierten Mails sind Spam. Formulieren Sie die bedingten Wahrscheinlichkeiten unter Verwendung der Ereignisse S und B und ihrer Komplemente! WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 13 Übung 10/2 Bevölkerungsverteilung Aus der folgenden Bevölkerungsverteilung wird zufällig eine Person ausgewählt. Wie groß ist bei einer Frau die Wahrscheinlichkeit, dass sie 26 – 50 Jahre ist? 0 – 25 Jahre 26 – 50 Jahre 51 Jahre und älter Frau 14 22 40 Mann 22 27 32 WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner htw saar 14 Literatur Henze Bedingte Wahrscheinlichkeiten / Stochastische Unabhängigkeit: Kapitel 15 / 16 (zunächst nur jeweils erste Seiten) Behrens Bedingte Wahrscheinlichkeit S. 115 - 122 WS 2016/2017 Hans-Peter Hafner