Interessante Fälle aus der Kinderpneumologie T Nicolai Dr v Haunersches Kinderspital der LMU München Säugling mit Tachdyspnoe 5 Wo alter Säugling SS und Geburt unauffällig Vorstellung wegen Husten und Fieber Tachydyspnoe, SaO2 98% Anamnestisch von Schwester Popcorn gefüttert Nächste Maßnahme? A Blutgasanalyse B Rachensekret bakt. C Röntgen-Thorax D O2 über high Flow CPAP-Brille E Infusion anlegen Nächste Maßnahme? A Blutgasanalyse B Rachensekret bakt. C Röntgen-Thorax D O2 über high Flow CPAP-Brille E Infusion anlegen Differenzialdiagnosen A Bronchiolitis B Fremdkörperaspiration C Lobäres Emphysem re OL D Unterlappenpneumonie rechts E Verdrehtes Bild Differenzialdiagnosen A Bronchiolitis B Fremdkörperaspiration C Lobäres Emphysem re OL D Unterlappenpneumonie rechts E Verdrehtes Bild Sonstige Diagnostik Labor: Rachensekret: +++ Staph aureus, RSV, Adenovirus, Influenza negativ Nächste Maßnahme A Staphylokokkenwirksame Antibiose B CT C Thoraxsonographie D Bronchoskopie mit BAL E Lobektomie re OL F Oseltamivir Nächste Maßnahme A Staphylokokkenwirksame Antibiose B CT C Thoraxsonographie D Bronchoskopie mit BAL E Lobektomie re OL F Oseltamivir Re Ol, Segment 1 CT: Vereinbar mit lobärem Emphysem re OL Ergebnis Schlitzförmige Einengung re OL-Segment 1 BAL: Staph aureus + Chlamydia trachomatis PCR: positiv Mycoplasma hominis PCR: negativ Ureaplasma urealyticum PCR: negativ Ureaplasma parvum PCR: negativ Influenza-A-PCR negativ Influenza-B-PCR negativ RSV-PCR negativ Metapneumovirus-RNA negativ Weiteres Vorgehen A Cefuroxim B OL-Resektion C Clarithromcin und Zuwarten D Adrenalin-Inhalation E Salbutamol-Inhalation Weiteres Vorgehen A Cefuroxim B OL-Resektion C Clarithromcin und Zuwarten D Adrenalin-Inhalation E Salbutamol-Inhalation Röntgen-Verlauf Unter Clarithromcin 3 Wochen später Schlussfolgerung Lobäres Emphysem primär durch Abgangsstenose, Verschlechterung durch Infektion mit Clamydien? Abgangskompression durch Lymphknoten bei Infektion? Chlamydienpneumonie beim Neugeborenen auch ohne Konjunctivitis möglich Verlauf bleibt abzuwarten, evtl doch spätere Resektion? Mädchen mit hohem Fieber und Thoraxschmerzen T Nicolai, A Kraxner Anamnese I 8-jähriges Mädchen in Ambulanz Seit 5 d Fieber (40°C), kein Husten Gabe v. Azithromycin durch Kinderarzt Fieber etwas rückläufig, weiter nächtliches Auffiebern Stationäre Einweisung bei V.a. Pneumonie Starke thorakale Schmerzen rechts Anamnese II Klinisch Pneumonie 04/09 mit Fieber und Husten, eine Woche Antibiotika p.o. Rasche Besserung, danach keine weiteren Symptome, kein Husten, gute Belastbarkeit Schwangerschaft und Geburt unauffällig, keine weiteren Vorerkrankungen Keine gehäuften Infektionen Befunde bei Aufnahme Guter AZ, HF 120/min, AF 24/min, RR 119/67 mmHg, SaO2 96-98% Größe 25.-50. %ile Gewicht 25. %ile, kein Perzentilenknick CRP 7,8 mg/dl, BKS 60 min: 68 mm, Leukozytose 20,5 G/l, Stabkernige 7 %, Segmentkernige 80% Abgeschwächtes AG rechts basal, keine Rasselgeräusche, kein Giemen Röntgen Thorax CT-Thorax Differentialdiagnosen Pneumonie bei angeborener Lungenfehlbildung (CAM) Pneumonie bei bronchogenen Zysten Lungenabszesse bei z.B. Staphylokokken- oder Streptokkeninfektion Therapie und Verlauf Cefuroxim und Clindamycin i.v. Inhalationen mit NaCl 3% 3-4 x tgl. nach 5 Tagen weiter Fieber >39°C => Dosiserhöhung Cefuroxim +Tobramycin SaO2 zwischen 92-95%, einmalig O2-Bedarf, AF max. 30/min, kaum Dyspnoe Verlauf II Tag 7 CRP-Anstieg von 5 auf 8 mg/dl Sehr viel Sputum (klar, schaumig) Fieber > 39°C Cefuroxim ab, Meropenem an (+Tobramycin, Clindamycin und Azithromycin) Röntgen Thorax 2 CT-Thorax 2 Verlauf III Diskussion ob Drainage notwendig Temperatur rückläufig (max. 38,5°C) Beginn Decortin für drei Tage (0,8 mg/kg) Kein Fieber mehr, weiterhin viel Sputum CRP rückläufig Congenital airway malformation (CAM) Hamartomartige oder dysplastische intrathorakale Fehlbildung Zystische und adenomatoide Läsionen Charakterisiert durch übermäßiges Wachstum der terminalen Bronchiolen u. Reduktion d. Alveolen Entstehung aus Trachea, Bronchus, Bronchiolen und alveolärem Gewebe, Entwicklungs-arrest CAM Inzidenz 1/25.000 – 35.000 Lebendgeburten Nur eine Lungenseite, meist auch nur ein Lungenlappen betroffen, kann in jedem Lungenlappen auftreten Verbindung zum tracheobronchialen System, verbindender Bronchus meist nicht normal Blutversorgung durch Lungenkreislauf CAM Typ 1 Subtypen Aussehen Herkunft Entstehungszeitpunkt Ausdehnung Typ 0 (1-3 %) Kleine Zysten (max. 0,5 cm) -Azinäre Dysplasie -Trachea oder bronchiales Gewebe - Gesamte Lunge Typ 1 (60-70 %) -Große Zysten -Gut differenziert Distaler Bronchus oder proximale Bronchiolen 7.-10. SSW -Singulär oder multipel -unilobulär Typ 2 (15-20 %) Multiple kleinere Zysten (0,5 -2 cm) mit soliden Anteilen - 3. SSW Singulär oder multipel Typ 3 (5-10 %) -Große Läsionen -Gemischt zystisch und solide -schlecht differenziert -Azinär -Adenomatoide Proliferation der distalen Atemwege 26.-28. Tag der Gestation -Häufig gesamter Lappen betroffen -Mehrere Lappen Typ 4 (10-15 %) Große Zysten (max. 7 cm) Alveolär/Azinär 22.-36 SSW Pathogenese sporadisch, keine genetische Prädisposition (evtl. Typ 4) Gen : HOXB5 Ungleichgewicht zwischen Zellproliferation und Apoptose während der Organogenese Fetale, schnellwachsende CAM zeigten erhöhte Genexpression für PDGF-B (platelet derived growth factor) Abnorme Morphogenese bei Verzweigung unreifer Bronchiolen Diagnose vor Geburt Sehr variable Präsentation Ultraschall (engmaschige Kontrollen), MRT Punktion der Zysten, Legen von dauerhaften fetoamnialen Drainagen Häufig Regredienz (59%) Hydrops fetalis (40%) Respiratorische Insuffizienz (2/3 der Fälle) Diagnose nach Geburt Neugeborenenphase symptomatisch: häufig Typ 1, (Tachypnoe, Einziehungen, Zyanose) 2/3 der Fälle: respiratorische Symptome nach Geburt 1/3 der Fälle: Diagnose nach Neonatalperiode (rez. Pneumonien) Diagnostik: Röntgen Thorax, CT-Thorax, BS Chirurgische Therapie bei symptomatischen und asymptomatischen Kindern: Resektion des betroffenen Lappens Chirurgische Therapie Thorakotomie und Entfernung rechter Unterlappen, Resektion Zyste hinter Trachea Intraoperativ Entleerung von eitrigem Sekret aus Zysten, starke Blutung Postoperativ wiederholt Fieber und Leukozytose Lungenresektate Histopathologischer Befund Vorderdarm- (Ösophagus) Zyste mit squamöser und respiratorischer Epithelauskleidung Unterlappen rechts: kongenitale adenomatoide Malformation, kombiniert Typ I (großzystisch) und Typ III (solide). Postoperativer Verlauf Bei persistierendem Fieber und hohem CRP sowie Nachweis von Candida albicans: Diflucan i.v. zur bestehenden 3-fach AB-Therapie Nach 7 Tagen Intensivstation Verlegung auf Normalstation Entlassung nach Hause in gutem AZ mit Cefuroxim p.o. Rö-Thorax 3 11.03. 22.03. Weiterer Verlauf Kein Fieber, kein Husten, keine Atemnot Sport wieder möglich LUFU: FEV1 64% Röntgen Thorax: noch eine zystische Struktur Kontrolle CT-Thorax geplant Zusammenfassung dieses Falles CAM Typ 1/Typ 3 sowie Vorderdarmzyste DD: CAM Typ 2 Spätes Manifestationsalter Komplikation Pneumonie CAM: Zusammenfassung Pränatale Diagnostik möglich (Ultraschall, MRT) Hydrops und Polyhydramnion sind ungünstige Zeichen Spontane Regression in utero möglich! Infektionsrisiko 2-3%/Jahr Pulmoblastomrisiko gering, auch in nicht betroffenen Lungenanteilen Therapie: meist Resektion (auch bei spont. Regression, allerdings diskutabel wenn Rö Tx normal) T. Nicolai / Seminars in Fetal & Neonatal Medicine 14 (2009) 56–60