KONGRESSPRESSEKONFERENZ 2007 DER ÖSTERR. GESELLSCHAFT F. CHIRURGIE „Chancen & Risiken“ Freitag, 1.6.2007, „ORF-KULTURCAFE“ im Funkhaus UNTERSCHÄTZT! - GESUNDHEITSRISKEN BEI CHRONISCHEM SODBRENNEN Das Symptom Sodbrennen steht für eine Erkrankung, die die Medizin als „Reflux-Krankheit“ bezeichnet - eine funktionelle Schwäche des unteren Verschlussapparates der Speiseröhre. Zu oft und zu lange kommt es zu Rückfluss (Reflux) von Speisebrei aus dem Magen. Durch die beigemengte Magensäure wird die Schleimhaut der Speiseröhre gleichsam verätzt. Das führt zur Entzündung (Ösophagitis). Die Erkrankung ist eine außerordentlich häufige Wohlstandsfolge. Wegen der extrem hohen Dunkelziffer ist man auf Schätzungen angewiesen, die bis zu 10% der Gesamtbevölkerung betragen. In Österreich somit knapp mehr als 800.000 Betroffene. Im Hintergrund stehen meist schwer beeinflussbare Faktoren wie Übergewicht, Nikotin. Alkohol, fettreiche Ernährung oder Dis-Stress. Die Folgen des Refluxes können in unbehandelten Fällen von Geschwüren, Blutungen oder sogar einer Verengung der Speiseröhre bis zu rezidivierenden Lungenentzündungen reichen. Das allgemeine Therapieprinzip besteht darin, den sauren Mageninhalt zu „entschärfen“. Das behebt zwar nicht die Ursache des Rückflusses, aber seine Folgen für die Schleimhaut. Zur Anwendung kommen so genannte „Protonenpumpen-Hemmer“, die den sauren Brei alkalisieren. Es handelt sich meist um eine Dauermedikation, die bei den meisten Menschen zur völligen Beschwerdefreiheit und zur Ausheilung der Entzündung führt. „Chirurgisch interessant“ ist, dass die Reflux-Krankheit häufig (90%) mit einer so genannten Hiatus-Hernie (Zwerchfell-Bruch) vergesellschaftet ist. Darunter versteht man eine Ausweitung des Durchtritts (Hiatus) der Speiseröhre durch das Zwerchfell, wodurch Teile des Magens oder sogar der ganze Magen nach oben in den Brustraum gleiten können. Nach entsprechenden Voruntersuchungen und Versagen der medikamentösen Therapie kann hier chirurgisch in Form einer „Fundoplikation“ eingegriffen werden. Eine kausale Therapie, bei der - Erfolgsrate 90% - Teile des Magens wie eine Manschette um die Speiseröhre gelegt werden. Die Verschlussfunktion wird so wiederhergestellt. Bei chronischer Reflux-Krankheit ist aber unbedingt die Schleimhaut der Speiseröhre zu kontrollieren. Sie ist ähnlich der Mundschleimhaut und geht vor dem Mageneintritt in die Magenschleimhaut über. An dieser Übergangszone kann es zu Veränderungen kommen, die als „Barrett-Schleimhaut“ bezeichnet werden. Es bilden sich zungenförmige oder zirkuläre Areale, die im Aufbau der Dünndarm-Schleimhaut ähnlich sind. Diese Fehlbildung wird als Metaplasie bezeichnet, und es muss eine Biopsie durchgeführt werden. Wird keine Unruhe (Dysplasie) der Zellen entdeckt, beobachtet man mit regelmäßigen Kontrollen. Werden dysplastische Zellen – also Anzeichen einer bösartigen Entartung – gefunden, muss endoskopisch eingegriffen werden. Dies kann durch Schleimhaut-Abtragung, Verschorfung oder photodynamisch („künstlicher Sonnenbrand“) geschehen. Wo liegt nun das Gefahrenpotential? Durch das starke Ansteigern der Reflux-Krankheit hat die Häufigkeit des Adenokarzinoms der unteren Speiseröhre insbesondere in westlichen Ländern in den letzten zwei Jahrzehnten wahrnehmbar zugenommen. Zudem neigen viele Betroffene zur Selbstmedikation und gehen viel zu spät zum Arzt, wodurch sich eine riskante Schere ergibt, weil die Beziehung zwischen jahrelangem, nicht ausreichend behandeltem „Sodbrennen“ und einem gefährlichen Karzinom vielfach nicht bekannt ist. Prim. Univ.-Prof. Dr. Karl Glaser Leiter d. 2. Chirurg. Abteilung, Wilhelminenspital A – 1160 Wien, Montleartstr. 37 T: +43 (0)1 49150 – 4208, F: +43 (0)1 49150 – 4209. Mail: [email protected]