Update Onkologie Pathologie Molekularpathologie Aktuelles – Ausblicke 2017 Dr. Petra Besuch Institut für Pathologie am Onkologische Diagnostik Klinische Befunde Morphologie Molekularpathologie Labor Immunhistochemie Bildgebung 1. Bedeutung der „liquid Biopsie“ (ctDNA) bei Progression von pulmobronchalen Adenokarzinomen unter TKI‐Therapie Häufigkeit genetischer Alterationen / Mutationsprofile bei ALK und EGFR TKI‐Resistenz Probengewinnung für EGFR T790M Mutationsanalytik: prinzipiell auf drei Arten möglich 1. Isolation von zellfreier Tumor‐ DNA (ctDNA) aus Blut 2. Biopsie am Tumorgewebe 3. Zytologie Neues Verfahren Bevorzugter Probentyp bei NSCLC Mutationsanalytik1– Probenqualität und Tumorzellgehalt oft geringer als bei Gewebebiopsien4–8 3 1. Pirker R, et al. J Thorac Oncol. 2010;5:1706–13; 2. Marchetti A, Normanno N. Patholgica 2010;102:119–22; 3. Eberhard D, et al. J Clin Oncol. 2008;26:983–94; 4. Kimura H, et al. Br J Cancer 2006;95:1390–5; 5. Oshita F, et al. Br J Cancer 2006;95:1070–5; 6. Smouse J, et al. Cancer Cytopathol. 2009;117:67–72; 7. Van Eijk R, et al. PLoS One 2011;6:e17791; 8. Rekhtman N, et al. J Thorac Oncol. 2011;6:451–8. Gewebeanalytik als Voraussetzung der Molekularpathologie • Kritische Materialmenge • Kritischer Tumoranteil • Mikrodissektion Entstehung von ctDNA bzw. cfDNA • cfDNA = circulating free DNA • ctDNA = circulating tumor DNA normales Gewebe Tumor Modifiziert nach Crowley et al, Nature Reviews Clinical Oncology 10, 472‐484; 2013 Zirkulierende Tumor DNA (ctDNA) • ctDNA = Tumor‐DNA, die in den Blutstom abgegeben wurde. • ctDNA kann 0.01% ‐ > 90% der gesamten zellfreien DNA (cfDNA) ausmachen. • Die Menge an ctDNA ist abhängig von der Tumorlast / variiert zwischen Patienten mit verschiedenen klinischen Tumorstadien → geringe Tumorlast: falsch negativ Diaz and Bardelli, 2014 Journal of Clincial Oncology 32 Probleme der ctDNA‐Analytik • Aufgrund der instabilen Natur der ctDNA muss die Blutprobe korrekt entnommen und verarbeitet werden. • Nur 10(‐30)ng cfDNA pro 4 (‐5)ml Plasma extrahierbar. • Die Menge an ctDNA is abhängig von der Tumorlast und variiert individuell. • Schwierigkeit, ctDNA von normaler cfDNA zu unterscheiden • Die verwendete Technik muss sensitive genug sein, geringe Konzentrationen genetischer Varianten zu erkennen. Diaz and Bardelli, 2014 Journal of Clincial Oncology 32 FFPE versus ctDNA FFPE ‐ Proben • • • • • • • Aus tumorhaltigen Biopsien/Resektaten extrahierte Tumor‐ DNA Fixierungsbedingte Probleme mit der DNA‐Qualität Gemisch aus normaler und tumoröser DNA Zeitaufwand bei der histopathologischen Vorbereitung Makro‐/Mikrodissektion für größtmögliche Tumorzellausbeute erforderlich Für einige Patienten sind keine Tumorproben verfügbar Die Probe repräsentiert den Tumor zu einem festen Zeitpunkt. ctDNA ‐ Proben • • • • • • ctDNA stammt direkt aus dem Tumor Gewinnbar aus der Plasmakomponente von Vollblut Große Fragmentgrößen sind möglich Es werden kleine Mengen extrahiert: ~ 30ng/ 5ml Plasma Separation innerhalb weniger Stunden nach Erhalt der Blutprobe Serielle Proben können während der Behandlung zu verschiedenen Zeitpunkten entnommen werden. Analytik von Resistenzmutationen mittels ctDNA Vorteile • weniger invasiv • unabhängig von der Heterogenität des Tumors • mehrfache Probenentnahmen möglich Nachteile • z.Zt. weniger sensitiv als Analyse an Tumorbiopsie • nicht alle Tumoren geben DNA ins Blut ab • noch nicht in der klinischen Routine etabliert (erste Ringversuche für T790M) 2. Immunonkologie Erkennung, Angriff und Zerstörung von Krebszellen durch das Immunsystem ist ein mehrstufiger Prozess 4 Trafficking von T-Zellen zu Tumoren 3 Priming und Aktivierung (APCs und T-Zellen) 5 Anti‐PDL1 Anti‐PD1 Anti‐CTLA‐4 Infiltration von T-Zellen in Tumoren (CTLs, Endothelzellen) Anti‐VEG Blutgefäß Lymphknoten 2 Präsentation von Krebszellantigenen (dendritische Zellen/APCs) 6 Tumor Erkennung von Krebszellen durch T-Zellen (CTLs, Krebszellen) Vakzine IFN‐α 1 Chen and Mellman, 2013 Freisetzung von Krebszellantigenen (Krebszelltod) Chemotherapie Strahlentherapie Zielgerichtete Therapie (BRAFi oder MEKi) APC: Antigenpräsentierende Zelle; CTL: Zytotoxische T‐Zelle 7 Abtötung von Krebszellen (Immun- und Krebszellen) Anti‐PDL1 Anti‐PD1 Anti‐CSF‐1R Krebs‐Immunzell‐Zyklus PD‐L1‐Expression im Tumor‐Mikromilieu kann die antitumorale T‐Zell‐Aktivität inhibieren Aktive T‐Zelle MHC Inaktive T‐Zelle MHC TCR TCR T‐Zelle T‐Zelle Co-Stimulator Tumor‐ zelle Tumor‐ zelle PD‐L1 PD‐1 Perforine Granzyme MHC TCR T‐Zelle Apoptotische Tumorzelle Makrophage PD‐L1 PD‐1 Die T-Zell-Aktivität kann blockiert werden durch: PD‐L1 („programmed cell death‐ligant 1“)/ PD‐1 („programmed cell death protein 1“) 1. Merelli, et al. 2014; 2. Pardoll 2012; 3. Powderly et al. ASCO 2013 • PD-L1-Expression von Tumorzellen und/oder • PD-L1-Expression von Tumor-infiltrierenden Immunzellen 12 Verschiedene Zellen können PD‐L1 exprimieren DC Tumorzelle PD‐L1 Makrophage PD‐L1 PD‐L1 T‐Zelle PD‐L1 Potenzielle Zielzellen für antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC) Abbas AK, Lichtman AH, Pillai S. Basic immunology: Functions and disorders of the immune system. 4th edition; 2012 Chen DS, et al. Clin Cancer Res 2012;18:6580–7 Herbst RS, et al. ASCO 2013 PD‐L1 als Zielstruktur (von Anti‐PDL1‐ Therapeutika) wird von vielen Tumorzellen und tumorinfiltrierenden Immunzellen exprimiert Prävalenz von PD-L11–3 Tumortyp Nichtklinische Studie1,2*‡ (Immunzelle), ≈§ Phase-I-Studie3 Immunzelle* Tumorzelle‡ NSCLC 45 % 26 % 24 % RCC 20 % 25 % 10 % Melanom 40 % 36 % 5% - 27 % 11 % 33 % 28 % 19 % - 18 % 5% 45 % 35 % 1% - 12 % 4% Harnblase4 HNSCC Magenkarzinom CRC Pankreaskarzinom PD-L1+ Immunzellen (NSCLC)1 PD-L1+ Tumorzellen (Melanom)1 Mammakarzinom - 27% 12% *PD-L1+ ist definiert als Patienten mit ≥ 5 % tumorinfiltrierenden Immunzellen, die positiv für PD-L1 sind ‡Chirurgische Tumorproben; §PD-L1-positiv ist definiert als Patienten mit ≥ 5 % tumorinfiltrierenden Immunzellen, die positiv für PD-L1 sind 1. Kohrt, et al. 2013; 2. Roche/Genentech-Daten; 3. Herbst, et al. 2014; 4. Powles, et al. ASCO 2014 PD‐L1‐Färbemuster /Intensität Alle Intensität scoren (≠Her2/neu) Tumorzellen können schwach gefärbt sein ("1+") Scheel AH et al, Oncoimmunology 2016. 5(5):e1131379 Prädiktive PD‐L1‐ Immunhistochemie beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom Qualitative Färbemuster, 4 Antikörper PD‐L1‐ IHC Assays in klinischen Studien PD‐L1‐ Prävalenz in Phase‐II/III‐NSCLLC‐Studien Scheel A.H. et al.Pathologe 2016,37: 557‐567 3. Tumor‐ infiltrierenden Lymphozyten (TIL) bei Brustkrebs ‐ ein neuer Marker für die Routine‐Pathologie ? “The clinical relevance of T‐cells in the control of …human cancers is now beyond doubt.” Schumacher & Schreiber, Science 2015 Stromale TIL Muster Tumor‐infiltrierender Lymphozyten intratumorale TIL – in direktem Kontakt mit Tumorzellen Stromale TIL‐ zwischen Tumorzellen Lymphozyten‐prädominanter Brustkrebs (LPBC) „mehr Lymphozyten als Tumorzellen“ (≥60% TIL) Auswertung von Tumor‐infiltrierenden Lymphozyten (TIL) in Mammakarzinomen: Empfehlungen einer Internationalen TIL Arbeitsgruppe 2014 Salgado, Denkert et al., Annals of oncology, 2015 TIL – klinische Relevanz TIL‐ prädiktiv für das Ansprechen auf neoadjuvante Chemotherapien TIL korrelieren in der GeparSixto‐Studie mit einem hohen Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie (pCR) Denkert et al. JCO 2015 TIL sind assoziiert mit einem Ansprechen auf neoadjuvante Chemotherapie (GeparTrio, n=814) TIL beim Mammakarzinom Bestimmung der stromalen TIL am HE‐Schnitt Bislang kein definierter Schwellenwert, z. Zt. > 50‐60 % TIL Deskriptive Angabe „lymphozyten‐prädominantes Mammakarzinom“ ↑TIL haben einen prognos schen Wert: → assoziiert mit guter Prognose in Triple‐negativen‐ und HER2+ Karzinomen ↑TIL sind prädik ve Marker: → pCT↑ nach neoadjuvanter → Therapie → besseres Ansprechen auf Anti‐ HER2‐Therapie (Trastuzumab) Auswertung am HE‐ Schnitt reicht, immunhistochemische Phänotypisierung z.Zt. nicht erforderlich, immunologische Gensignaturen nicht überlegen TIL – Biomarker ? 4. Bedeutung der pathologischen Komplettremission (pCR) pCR ist ein starker Prädiktor des Krankheitsverlaufs nach neoadjuvanter Chemotherapie DFS Bear et al. JCO 24, 2019–2027, 2005 OS Einfluß residuales DCIS Mazouni et al. JCO 25(19), 2650–2655, 2007 Nahezu komplette pathologische Remission Histologische Befunde nach neoadjuvanter Chemotherapie Ck8/18 Heterogenes Ansprechen der intraduktalen disseminierte und intraduktale residuale (DCIS‐) Komponente Zumorzellen Signifikanz des N‐Status nach neoadjuvanter Chemotherapie (NCT) Der N‐Status nach NCT scheint für das Überleben signifikanter als die pCR des Primärtumors in der Brust zu sein Nodalstatus nach neoadj. Chemotherapie Tumorgröße nach neoadj. Chemotherapie Schneeweiss et al. Anticancer Drugs 15(2), 127–135 (2004) Lymphknoten Ck8/18 Wie soll eine pathologische Remission definiert sein? Bei pCR ist der Nodalstatus für das Überleben hoch signifikant. N‐Status bei pCR pCR sollte definiert werden als komplette Abwesenheit von Tumorzellen sowohl in der Brust als auch in den LK (totale pcR / tpCR) Bear et al. JCO 24, 2019–2027, 2005 Tumorregression nach neoadjuvanter Chemotherapie (NCT) Residual Cancer burden score – Symmans (2006, 2007) http://www.mdanderson.org/breastcancer_RCB Muster des Therapieansprechens multifokal hypozellulär geschrumpft Restitutio ad integrum Tumorbett Zellularität „Knackpunkt: nicht nur in „hotspots“, systematische Schätzung der Zellularität als Näherung auch im Vergleich zur prätherapeutischen Stanze! Klassifikation des Ansprechens nach NCT Residual Cancer burden score – Symmans (2006, 2007) Tumorbett: Größe Zellularität Lk‐Met: Anzahl/ Durchmesser http://www.mdanderson.org/breastcancer_RCB Empfehlungen der AGO 5. Neue Tumorentitäten der WHO‐Klassifikation von 2016 Molekulare Daten und klinisch‐pathologische Studien des vergangenen Jahrzehnts haben die Kenntnis über Morphologie und biologisches Verhalten der Nierentumoren erweitert, sodass neue Tumorentitäten von der WHO anerkannt wurden: • hereditäre‐Leiomyomatosis‐ und Nierenzellkarzinom (HLRCC)‐ assoziiertes Nierenzellkarzinom • Succinat‐Dehydrogenase(SDH)‐defizientes Nierenzellkarzinom • tubulozystisches Nierenzellkarzinom • Nierenzellkarzinom der erworbenen Zystenniere • klarzellig‐papilläres Nierenzellkarzinom HLRCC‐assoziiertes Nierenzellkarzinom Variante des papillären NZK, Typ 2 Autosomal‐ dominante Erkrankung ← Keimbahnmuta on des Fumarathydratase‐Gens (auf 1q42.3‐q43): kutane/uterine Leiomyome und in 20% NZK Papilläres, solides, tubuläres Wachstumsmuster, diffus infiltratives Wachstumsmuster Charakteristische Morphologie: große Zellkerne, sehr prominente Nukleolen mit perinukleärem Halo Klinisch aggressiv, schlechtere Prognose (als andere NZK), oft frühe lymphogene/ hämatogene Metastasierung Manifestationsalter: LM Uterus: 30 J LM Haut 35.45 J., NZK: 46 Jahre IHC: Verlust der Expression von FH Punktmutationen od. Deletionen/ Insertionen im FH‐Gen → Fumarat →] Malat (Krebs‐Zyklus) Induktion Glykolyse,Aktivierung von HIF Fumarathydratase: ‐ Leiomyom, Uterus 6. Neues zu GIST Übliche Mutationen bei GIST Mutationen bei den anderen („wild type“) GIST: BRAF‐ Mutationen (1‐2%) NF1‐assoziiert (< 1%) SDH‐defizient (~5%) Succinat‐Dehydrogenase Komplex Bardella et al. Bioch Biophys Acta 2011 Ricketts et al.J Urol 2012 Metastasen von gastralen GIST bei Einteilung nach üblichen Risikogruppen Risikogruppe (Miettinen) GIST, „üblich“ SDH‐defizienter GIST kein 0% 33% (!) Sehr gering 2% 67% gering 3,5% 60% mittelgradig 12 – 16% 71% hoch 55 – 86% 82% Imatinib wirkt nicht bei SDH‐defizienten GIST Multinoduläre Architektur bei GIST ‐ hochgradig assoziiert mit SDH‐ Defizienz Sensitivität 99% Spezifität 99% Magenwand Doyle et al. Histopathology 2012 Charakteristika von SDH‐defizienten GIST Lokalisation im Magen Multinodulär und plexiform Epitheloid >> gemischte Nicht so selten (~8% der gastralen GIST) Meist bei Kindern und jungen Erwachsenen Mutationen in jedem SDHx Gen außer SDHAF2, ~30% SDHA → Verlust der Protein‐Expression IHC für SDHB: Expressionsverlust unabhängig vom mutierten Gen (Screening für “SDH‐defiziente GIST”) sonst gleicher immunhisto‐ chemischer Phänotyp wie konventionelle GIST (CD117 +, DOG1+, CD34 +) Hornick et al., Modern Pathology (2014) 27: 47‐ 63 c‐kit SDHB Merkmale SDH‐defiziente GIST GIST mit intakter SDH bevorzugtes Alter Kinder, junge Erwachsene ältere Erwachsene Geschlechtsverteilung F >> M F = M Anatomische Lokalisation Magen Gesamter GI‐Trakt Multifokalität häufig selten Multinodulärer Aufbau fast immer selten Zytomorphologie Epitheloid/ gemischt spindelzellig >> epitheloid Prognosevorhersage möglich nach Lokalisation, Größe und Mitoserate nein ja LK‐Metastasen häufig ungewöhnlich Klinisches Verhalten von Metastasen indolent aggressiv Sensitiv für Imatinib nein in den meisten Fällen KIT/PDGFRA Mutationen keine ~ 95% SDHx Mutationen (Keimbahn) ~ 50% keine Assoziierte Syndrome Carney‐ Syndrom NF1, familiäre GIST 7. Neue Auflage der TNM‐Klassifikation‐ seit 1.1.2017 in Kraft! Neue Klassifikationen für: Thymus Niedriggradige muzinöse Neoplasien der Appendix Kutane Lymphome / multiple Myelome Änderungen: Kopf‐Hals‐Tumoren (Stadiengruppierung für HPV‐ assoziierte Oropharynx‐Ca Tumoren ösophago‐gastraler Übergang: Klassifikation wie Magen‐Ca Neue Klassifikationskriterien für Tumoren: ‐ Leber, intrahepat. Gallengänge, Gallenblase, Ampulle ‐ Pankreas: für pT1‐3 nur noch Größe relevant ‐ Anzahl regionaler Lks Geringe Ergänzungen/ Verfeinerungen: ‐ Lunge, Knochen, Weichgewebe, Haut, Gyn, Uro Neu: „Essentielle Prognosefaktoren“ für: Tumoren von Kolon/Rektum, Mamma, Melanom, Prostata For every problem there is a solution that is simple, fast and false.