Ergänzungskurs für Physiker zum Grundkurs Physik I Dr. Michael O. Distler [email protected] http://wwwa1.kph.uni-mainz.de/users/distler/ex1kurs/ Handout 2 1.A Statistik 1.A.4 Spezielle diskrete Verteilungen (Fortsetzung) Binomialverteilung: Sei p die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Ereignisses bei einem Versuch - wie groÿ ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis bei n Versuchen r-mal eintritt? n r P (r) = p · (1 − p)n−r r P (r) ist korrekt auf 1 normiert. Der Mittelwert von hri = E[r] = n X r ist: rP (r) = np r=0 Die Varianz σ2 ist 2 V [r] = E[(r − hri) ] = n X (r − hri)2 P (r) = np(1 − p) r=0 Die Poisson-Verteilung gibt die Wahrscheinlichkeit an, genau r Ereignisse zu er- n der Versuche sehr groÿ und die Wahrscheinlichkeit für das p in einem einzigen Versuch sehr klein ist, mit einem endlichen Mittelwert hri = µ = np. Die Poisson-Verteilung kann als Grenzwert der halten, wenn die Zahl Auftreten eines Ereignisses Binomialverteilung abgeleitet werden und hat nur einen Parameter, nämlich den Mittelwert µ. Die Poisson-Verteilung ist gegeben durch: P (r) = 1 µr e−µ r! 0.6 0.6 0.5 0.5 0.4 µ = 0.5 0.4 0.3 0.3 0.2 0.2 0.1 0.1 0 µ=1 0 0 2 4 6 8 10 0 0.35 2 4 6 8 0.35 0.3 0.3 0.25 0.25 0.2 µ=2 0.2 0.15 0.15 0.1 0.1 0.05 0.05 0 µ=4 0 0 2 4 6 8 10 0 2 4 6 8 Abbildung 1: Poisson-Verteilung für verschiedene Mittelwerte Ausgehend von 10 P (0) = e−µ 10 µ = 0.5, 1, 2 und 4. können weitere Werte mit der Rekursionsformel P (r + 1) = P (r) · µ/(r + 1) berechnet werden. Die Poisson-Verteilung ist korrekt auf 1 normiert. hri = µ. Die Varianz ergibt sich aus V [r] = np(1 − p) für die Binomialverteilung. Mit p → 0 2 wird daraus V [r] = σ = np = µ. Der Mittelwert der Poisson-Verteilung ist Die Poisson-Verteilung tritt in vielen Fällen auf, in denen man Dinge oder Ereignisse zählt, wie zum Beispiel die Zahl von Kernreaktionen oder von Teilchenzerfällen oder die Zahl der gefangenen Fische in einem Angelwettbewerb. 2 0.3 0.18 0.16 0.25 0.14 0.2 0.12 0.1 0.15 0.08 0.1 0.06 0.04 0.05 0.02 0 0 0 2 4 6 8 10 12 14 0 2 4 6 8 10 12 14 n = 10 p und p = 0.6 im Vergleich µ = np = 6 und σ = np(1 − p). Rechts ist die √ µ = 6 und σ = 6 im Vergleich mit der Gauÿ-Verteilung Abbildung 2: Binomialverteilung (links) mit mit der Gauÿ-Verteilung mit Poisson-Verteilung mit zu sehen. 1.A.5 Spezielle Wahrscheinlichkeitsdichten Gleichverteilung: Diese Wahrscheinlichkeitsdichte ist konstant zwischen den Grenzen x=a und x = b: f (x) = 1 b−a a≤x<b 0 auÿerhalb Mittelwert und Varianz sind: hxi = E[x] = Die Gleichverteilung wird oft ist die Verteilung U (0, 1) a+b 2 U (a, b) V [x] = σ 2 = (b − a)2 12 (uniform) geschrieben. Besonders wichtig mit den Grenzen 0 und 1, die eine Varianz 1/12 hat. Normalverteilung (Gauÿ-Verteilung): Die wichtigste Wahrscheinlichkeitsdichte wegen ihrer groÿen Bedeutung in der Praxis. f (x) = √ (x−µ)2 1 e− 2σ2 2πσ µ und der Standardabweichung σ . Die Wahrscheinlichkeitsdichte mit dem Mittelwert µ = 0 und der Varianz σ 2 = 1 heiÿt standardisierte Gauÿ-Verteilung, abgekürzt N (0, 1). Die Normalverteilung wird von zwei Parametern bestimmt, dem Mittelwert Die Gauÿ-Verteilung kann hergeleitet werden als Grenzfall der Binomialverteilung für groÿe Werte von n und r, und auf ähnliche Weise auch als Grenzfall der Poissonµ. Verteilung für groÿe Werte von 3 Z 1 dx N (0, 1) = 0.6827 = (1 − 0.3173) −1 Z 2 dx N (0, 1) = 0.9545 = (1 − 0.0455) −2 Z 3 dx N (0, 1) = 0.9973 = (1 − 0.0027) −3 Es wird oft vergessen, dass im Mittel fast 32% der Ereignisse auÿerhalb von einer Standardabweichung liegen müssen. FWHM: Dieser Begri ist oft nützlich, um auf einfache Weise die Standardabweichung einer Gauÿkurve zu schätzen. FWHM 1.A.6 √ = 2σ 2ln2 = 2.355σ Das Gesetz der groÿen Zahl Angenommen, dass in insgesamt nj statistisch unabhängigen Experimenten das Ereignis mal aufgetreten ist. Die Zahlen und das Verhältnis tungswert n E[hj ] hj = nj /n nj j folgen einer Binomialverteilung, ist die entsprechende Zufallsvariable. Der Erwar- ist die Wahrscheinlichkeit pj für das Ereignis j: pj = E[hj ] = E[nj /n] Für die Varianz gilt dann (Binomialverteilung!): V [hj ] = σ 2 (hj ) = σ 2 (nj /n) = Da das Produkt pj (1 − pj ) immer ≤ 1 1 · σ 2 (nj ) = 2 · npj (1 − pj ) 2 n n 1 ist, gilt die Ungleichung 4 σ 2 (hj ) < 1/n bekannt als das 1.A.7 Gesetz der groÿen Zahl. Der Zentrale Grenzwertsatz Der zentrale Grenzwertsatz (ZGS) ist der wichtigste Satz in der Statistik. Unter anderem erklärt er die zentrale Bedeutung der Gauÿ-Verteilung. Pn Die Wahrscheinlichkeitsdichte der Summe w = i=1 xi einer Stichprobe aus n unabhängigen Zufallsvariablen xi mit einer beliebigen Wahrscheinlichkeitsdichte 2 mit Mittelwert hxi und Varianz σ geht in der Grenze n → ∞ gegen eine Gauÿ2 Wahrscheinlichkeitsdichte mit Mittelwert hwi = nhxi und Varianz V [w] = nσ . 4 1.A.8 Numerische Berechnung von Stichprobenmittel und -varianz Bekannt sind die Formeln: n n 1 X s = (xi − x̄)2 . n − 1 i=1 1X xi x̄ = n i=1 2 Die Berechnung erfordert zwei Schleifen über die Datenmenge. Sind groÿe Datenmengen zu behandeln, kann dies auch in einer Schleife erledigt werden: s2 = 1 n−1 n X n X 1 1 x2i − n − 1 i=1 n (xi − x̄)2 = i=1 n X !2 xi . i=1 Man bildet also die Summen: Sx = n X xi n X Sxx = i=1 x2i i=1 und berechnet Mittelwert und Varianz gemäÿ: 1 s = n−1 1 x̄ = Sx n 2 1 2 Sxx − Sx . n Hierbei können Dierenzen von groÿen Zahlen vorkommen. Dies kann wegen der endlichen Auösung der Rechner zu numerischen Problemen führen. In diesem Fall ist es besser, eine erste grobe Näherung benutzen: Tx = n X (xi − xe ) xe Txx = i=1 und erhält 1.A.9 (etwa den ersten Messwert) zu n X (xi − xe )2 i=1 1 x̄ = xe + Tx n 1 s = n−1 2 1 2 Txx − Tx . n Transformation von Wahrscheinlichkeitsdichten Die Wahrscheinlichkeitsdichte andere Variable y fx (x) der Variablen x soll vermöge y = y(x) in eine transformiert werden: fx (x) Betrachte: Intervall y = y(x) fy (y) −→ (x, x + dx) → (y, y + dx) Bedenke: die Flächen unter den Wahrscheinlichkeitsdichten in den jeweiligen Intervallen müssen gleich sein. fx (x)dx = fy (y)dy ,→ 5 dx fy (y) = fx (x(y)) dy 1.A.10 Transformation von Mittelwert und Varianz, Fehlerfortplanzung Entwicklung um Mittelwert: 2 1 dy 2 d y + (x − hxi) + ... y(x) = y(hxi) + (x − hxi) dx x=hxi 2 dx2 x=hxi Bis 2. Ordnung: 2 dy 1 2 d y E[y] ' y(hxi) + E[x − hxi] + E[(x − hxi) ] 2 dx x=hxi 2 dx x=hxi | {z } =0 1 2 d2 y σ 2 x dx2 x=hxi | {z } hyi ' y(hxi) + wird oft weggelassen Für die Varianz nehmen wir an wert hxi hyi ' y(hxi) und entwickeln y(x) um den Mittel- bis zur 1. Ordnung: !2 dy V [y] = E (y − hyi)2 = E (x − hxi) dx x=hxi !2 !2 dy dy 2 · E (x − hxi) = · σx2 = dx x=hxi dx x=hxi Gesetz der Fehlerfortpanzung für eine Zufallsvariable. 6