NEWSLETTER Nr. 5 / 2015 AKTUELLE INFORMATIONEN ZUM GEWERBLICHEN RECHTSSCHUTZ IN FRANKREICH UNSER TEAM IM GEWERBLICHEN RECHTSSCHUTZ IN KÖLN: Die Kanzlei Epp & Kühl ist Ihr Partner im deutsch-französischen Rechtsverkehr. Mit mehr als 30 zweisprachigen Avocats und Rechtsanwälten an insgesamt 6 Standorten (Köln, Lyon, Paris, Straßburg, BadenBaden und Saargemünd) zählen wir zu den führenden Kanzleien im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr. Gordian Deger, LL.M. Jeanne Ledig, LL.M. Edith Aupetit, LL.M. Partner/Associé Rechtsanwalt Avocat au Barreau de Paris Avocat au Barreau de Paris Attorney at law ( New York) Christophe Klinkert, D.E.S.S. Herr Deger berät unsere Mandanten in Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes sowie des deutschen und französischen Wettbewerbsund Kartellrechts. Daneben berät er im deutschen und französischen Zivil- und Handelsrecht, insbesondere im Bereich der Gestaltung internationaler Verträge. Frau Ledig begleitet Mandanten bei Gerichtsverfahren in Frankreich, einschließlich selbstständiger Beweisverfahren. Sie ist in den Bereichen Produkthaftung, gewerblicher Rechtsschutz und IT-Recht tätig. Daneben berät Frau Ledig im deutschen und französischen Zivilund Handelsrecht. Frau Aupetit begleitet Mandanten bei Gerichtsverfahren in Frankreich. Sie ist im Bereich des Vertragsrechts, Handelsrechts, gewerblichen Rechtsschutzes und internationalen Privatrechts spezialisiert. Daneben berät sie unsere Mandanten im Bereich des grenzüberschreitenden Erb- und Immobilienrechts. Herr Klinkert ist im Bereich des Vertrags-, Vertriebsund Wettbewerbsrecht spezialisiert. Er berät und betreut unsere Mandanten insbesondere bei der Gestaltung handels-rechtlicher Verträge und AGB. Außerdem begleitet er deutsche Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien in Frankreich. deger[at]avocat.de ledig[at]avocat.de aupetit[at]avocat.de klinkert[at]avocat.de Rechtsanwalt INHALT I. Büro Köln Konrad-Adenauer-Ufer 71 D-50668 Köln Ihr Ansprechpartner: Herr Dr. Christophe Kühl kuehl[at]avocat.de Tel. 00 49 - (0)2 21 - 1 39 96 96 0 Fax 00 49 - (0)2 21 - 1 39 96 96 69 www.avocat.de Markenrecht Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft einer französischen Marke nach Eintragung Zur rechtserhaltenden Nutzung einer Gemeinschaftsmarke bei Verwendung in lediglich einem EU-Mitgliedsstaat Verwendung der Marke eines Wettbewerbers als AdWord – Erneute Niederlage für Interflora II. Wir beraten Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum im Frankreichgeschäft und betreuen die französischen Niederlassungen deutscher, österreichischer und Schweizer Unternehmen in allen rechtlichen Belangen. Urheberrecht / Leistungsschutzrechte Die Eigentümerrechte am Träger des Werkes haben Vorrang vor dem Veröffentlichungsrecht des Urhebers Verlängerung der verwandten Schutzrechte an Tonaufnahmen Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen setzt den Nachweis der Originalität der Software voraus Hinweis auf kommende Veranstaltungen: 10. November 2015 – Köln Arbeitsrecht in Frankreich 19. November 2015 – Köln Deutsche Manager im Frankreichgeschäft Weitere Informationen zu unseren Veranstaltungen finden Sie hier. 1 Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. III. IV. V. VI. VI. I. Soziale Netzwerke: Nichtigkeit der unentgeltlichen Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Inhalten der Nutzer in den AGB Wir bieten auch INHOUSESCHULUNGEN, unter anderem zu folgenden Themen, an: Designrecht Online-Anmeldung von Designs in Frankreich Patentrecht Die Jahresgebühren für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung („einheitliches Patent“) stehen fest Datenbankherstellerrecht Zum Begriff der wesentlichen Investition Providerhaftung Haftung des Host-Providers in Frankreich Kurzmeldungen Verkäufe nach Frankreich. Worauf hat der deutsche Verkäufer zu achten? Arbeitsrecht in Frankreich Internet im Frankreichgeschäft Haftung deutscher Manager im Frankreichgeschäft Kollektives französisches Arbeitsrecht Beendigung des französischen Arbeitsvertrages durch Aufhebungsvereinbarung Mehr Informationen und unverbindliche Angebote: Frau Vanessa Kampelmann inhouse[at]avocat.de Tel. 0049 – (0) 221 – 1 39 96 96 0 Folgen der Nichtbescheidung von Anträgen durch das französische Patent- und Markenamt (INPI) neu geregelt Markenrecht Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft einer französischen Marke nach Eintragung In Anlehnung an Artikel 3 der Richtlinie 2008/95EG bestimmt Artikel L.711-2 letzter Absatz des französischen Gesetzbuches über das geistige Eigentum (CPI), dass ein Zeichen seine Unterscheidungskraft „außer in dem in Buchstabe c) genannten Fall durch Benutzung erworben werden kann“. Damit ist nach dem Gesetzestext offen gelassen, ob der Erwerb der Unterscheidungskraft durch Benutzung nur vor der Anmeldung bzw. Eintragung oder auch danach noch möglich ist. Bislang hatte die französische Rechtsprechung einen Erwerb der Unterscheidungskraft durch Benutzung nur vor Markenanmeldung bzw. -eintragung bejaht (vgl. Berufungsgericht Paris, 14.10.2014 – SeLoger.com). In seinem Urteil vom 31. März 2015 (Az. 13/23127) hat das Berufungsgericht Paris nun die Möglichkeit eines Erwerbs der Unterscheidungskraft durch Benutzung nach der Anmeldung bzw. Eintragung ausdrücklich bejaht. Laut der Urteilsbegründung schließt der letzte Absatz des Artikels L.711-2 CPI diese Möglichkeit zumindest nicht aus. Sodann untersuchte das Berufungsgericht die Frage der Verkehrsdurchsetzung der Marke „vente-privée.com“ und kam zu dem Ergebnis, dass das Zeichen seit seiner Anmeldung unterscheidungskräftig geworden ist. Dabei nahm das Gericht ausdrücklich auch auf Benutzungen des Zeichens als Teil oder in Verbindung mit anderen eingetragenen Marken Bezug (vgl. dazu EuGH C-353/03 - Nestlé). Das Urteil des Berufungsgerichts Paris enthält eine überfällige Klarstellung zum nachträglichen Erwerb der Unterscheidungskraft. Allerdings hat die Gegenpartei in diesem Verfahren bereits Revision gegen das Urteil zum Kassationshof eingelegt. Es bleibt abzuwarten, ob dieser die vom Berufungsgericht Paris vorgenommene erweiternde Auslegung des Artikels L.711-2 CPI bestätigt, oder ob am Ende der Gesetzgeber für eine Klarstellung sorgen muss. Zur rechtserhaltenden Nutzung einer Gemeinschaftsmarke bei Verwendung in lediglich einem EUMitgliedsstaat Mit seinem Urteil vom 21. Januar 2014 (Az. 13-12501) hat sich der französische Kassationshof der Rechtsprechung des EuGH in der Sache ONEL/OMEL (Urteil v. 19. 12. 2012, C-149/11) angeschlossen. Er hob ein Urteil der Vorinstanz auf, welches eine rechtserhaltende Nutzung der Gemeinschaftsmarke „Jawbreaker“ mit der Begründung verneint hatte, dass das von der Markeninhaberin zum Beweis der Nutzung vorgelegte Internetangebot über Bonbons mit der Bezeichnung „Jawbreaker“ einen Preis in britischen Pfund ausweise, so dass nicht von einer ernsthaften Nutzung in der Gemeinschaft auszugehen sei. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 2 In Anknüpfung an die zuvor zitierte Rechtsprechung des EuGH wies der Kassationshof darauf hin, dass die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung einer Gemeinschaftsmarke gemäß den Artikeln 15 Abs. 1 und 51 Abs. 1 a) GMV losgelöst von den Grenzen der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten zu erfolgen hat. Dementsprechend kann von einer ernsthaften Benutzung einer Gemeinschaftsmarke auch dann auszugehen sein, wenn ihre Benutzung auf das Hoheitsgebiet eines einzelnen Mitgliedstaats beschränkt ist. Verwendung der Marke eines Wettbewerbers als AdWord – Erneute Niederlage für Interflora Das auf Online-Blumenhandel spezialisierte Unternehmen Interflora hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach gegen die Praxis mancher ihrer Wettbewerber gewandt, das Zeichen „interflora“ im Rahmen des Werbedienstes „Google AdWords“ als Schlüsselwort zu kaufen, um so eine Werbung anzeigen zu lassen, sobald ein Internetnutzer dieses Schlüsselwort als Suchbegriff eingibt. Ein in Großbritannien seit 2008 anhängiges Verfahren gegen Marks & Spencer etwa hat zu dem Urteil des EuGH vom 22. September 2011 (Az. Nr. C-323/09) geführt, in welchem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Verwendung eines bekannten, markenrechtlich geschützten Zeichens eines Wettbewerbers als „Adword“ keine Markenrechtsverletzung darstellt, falls eine Werbung gezeigt wird, mit der lediglich eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Inhabers der bekannten Marke vorgeschlagen wird, ohne die Marke zu verwässern oder ihre Wertschätzung zu beeinträchtigen (Verunglimpfung) und ohne im Übrigen die Funktionen dieser Marke zu beeinträchtigen. In Frankreich hat sich Interflora gegen die Verwendung der Marke „Interflora“ als Schlüsselwort durch ihren französischen Wettbewerber Florajet gewandt und Unterlassung sowie Schadensersatz in Höhe von fast sechs Millionen Euro wegen Markenverletzung und unlauteren Wettbewerbs verlangt. In erster Instanz hat das Großinstanzgericht Paris mit Urteil vom 5. März 2015 (Az. n° 13/13092) die Klage vollumfänglich abgewiesen und Interflora obendrein wegen rechtsmissbräuchlicher Klage zur Zahlung von 15.000 Euro Schadensersatz verurteilt. Zur Begründung führte das Gericht zunächst aus, dass die Fa. Interflora weder den Bestand ihrer Marken noch deren Bekanntheit ausreichend dargelegt habe. Darüber hinaus bezog sich das Gericht auf das eingangs genannte Urteil des EuGH vom 22.09.2011 und stellte fest, dass die Nutzung der Marke eines Wettbewerbers zulässig sei, sofern die verwendete Anzeige nicht dazu führe, dass der durchschnittlich aufmerksame Nutzer eine Verbindung zwischen der beworbenen Dienstleistung und dem Markeninhaber herstelle. Da hier das markenrechtlich geschützte Zeichen in der Anzeige selbst nicht auftauche, bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb sind nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht begründet, da sie auf exakt dieselben Umstände gestützt wurden, wie die markenrechtlichen Ansprüche, was nach französischem Recht unzulässig ist. Ob Interflora Berufung gegen das Urteil eingelegt hat, ist derzeit noch nicht bekannt. Man darf gespannt sein, ob sich das Verfahren in Frankreich zu einer ähnlichen Justiz-Saga entwickelt wie das seit 2008 laufende britische Verfahren. Dort hat das Berufungsgericht am 5. November 2014 ein zuvor zugunsten von Interflora ergangenes Urteil aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das High Court zurückverwiesen. II. Urheberrecht / Leistungsschutzrechte Die Eigentümerrechte am Träger des Werkes haben Vorrang vor dem Veröffentlichungsrecht des Urhebers Artikel L.111-3 CPI bestimmt, dass das Eigentumsrecht an dem materiellen Träger eines Werkes unabhängig von den immateriellen Rechten des Urhebers bestehen. Diesen Grundsatz hat das Großinstanzgericht Paris in seinem Urteil von 13. März 2015 (Az. 12/14715) auf eine digitale Datei angewandt: Nach dem Urteil kann der Hersteller einer digitalen Kopie eines Analognegativs es dem Fotografen untersagen, die digitale Datei zu verwenden. Im dem entschiedenen Fall hatte eine Pressefotografin mehrere Jahre für eine Presseagentur gearbeitet. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte sie die Agentur zur Verwaltung und Verwertung ihrer Bilder ermächtigt. Zu diesem Zweck hatte die Agentur während der Zusammenarbeit auf eigene Kosten eine Digitalisierung aller von der Fotografin gefertigten Bilder vorgenommen. Nach Beendigung der Zusammenarbeit und Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Presseagentur, erreichte die Pressefotografin gerichtlich die Herausgabe der digitalen Kopien ihrer Fotos. Diese digitalen Dateien, auf denen das Logo der Agentur zu erkennen war, nutzte die Fotografin sodann zu eigenen Zwecken und veröffentlichte einen Teil davon im Internet. Der Insolvenzverwalter der Agentur verklagte die Fotografin daraufhin auf Unterlassung und Schadensersatz wegen der unbefugten Verwertung der Dateien. In seinem eingangs zitierten Urteil hat das Großinstanzgericht Paris der Klage stattgegeben: Zur Begründung führt es aus, dass die Agentur befugt war, die Bilder zu digitalisieren. Mit dieser Digitalisierung habe die Agentur Eigentum an den von ihr angefertigten digitalen Dateien erworben. Als Schöpferin des Lichtbildes sei die Fotografin zwar Urheberin, dies berechtigte sie jedoch nicht, ohne Zustimmung der Agentur die von dieser angefertigten digitalen Kopien zu nutzen. Das Gericht setzt hier die digitale Datei dem körperlichen Träger eines Werkes im Sinne von Artikel L.111-3 CPI gleich. Das Urteil hat heftige Kritik bei Berufsfotografen ausgelöst. Die vom Gericht angenommene Analogie erscheint zumindest künstlich, da man im Falle einer beliebig vervielfältigbaren, digitalen Datei kaum von einem körperlichen Träger sprechen kann, welcher im „Eigentum“ eines Dritten steht. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 3 Verlängerung der verwandten Schutzrechte an Tonaufnahmen Mit Gesetz Nr. 2015-195 vom 20.02.2015 hat der französische Gesetzgeber die Richtlinie Nr. 2011/77/EU über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte umgesetzt. Nach Artikel L.211-4 CPI beträgt daher die Schutzdauer bestimmter verwandter Schutzrechte der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller in Frankreich somit nun 70 statt wie bisher 50 Jahre ab Erscheinen des Tonträgers. Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen setzt den Nachweis der Originalität der Software voraus Computerprogramme sind auch nach dem französischen Recht urheberrechtlich nur geschützt, sofern sie eine ausreichende Schöpfungshöhe (Originalität) aufweisen. Mit Urteil vom 24.03.2015 (Az. 12/10217) hat das Berufungsgericht Paris zu Anforderungen an die Darlegung dieser Originalität vor Gericht Stellung genommen. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt wandte sich der Hersteller eines Computerprogramms gegen den Hersteller eines anderen Computerprogramms, welches ein vergleichbares Konzept und ähnliche Funktionen aufwies. Der Kläger hatte zunächst ein Beweissicherungsverfahren (saisie conservatoire) durchgeführt und dabei unter anderem den Quellcode des vermeintlich rechtsverletzenden Programms beschlagnahmen lassen. Anschließend hat er den Webseitenbetreiber wegen der vermeintlichen Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt. In zweiter Instanz hat das Berufungsgericht Paris die Klage mit Urteil vom 24.03.2015 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe weder die Schutzfähigkeit noch die behauptete Rechtsverletzung ausreichend dargelegt. Eine Beschreibung des Quellcodes seines Computerprogramms hatte der Kläger nicht eingereicht. Obwohl dem Kläger der Quellcode des angegriffenen Computerprogramms vorlag, hatte er es außerdem versäumt, aufzuzeigen, worin die Rechtsverletzung liegen sollte. Vielmehr hatte er sich darauf beschränkt, erhebliche Investitionen in die Erstellung des eigenen Computerprogramms vorzutragen und funktionale Ähnlichkeiten zwischen den streitgegenständlichen Programmen aufzuzeigen. Im Übrigen hatte er sich darauf beschränkt, die Bestellung eines Sachverständigen zu beantragen, der die Ähnlichkeiten zwischen den Quellcodes der streitgegenständlichen Programme untersuchen sollte. Das Berufungsgericht stellte daher fest, dass in Ermangelung einer konkreten und nachvollziehbaren Darlegung, weshalb das Computerprogramm des Klägers die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht, diesem der urheberrechtliche Schutz nicht zuerkannt werden könne. Die Beantragung eines Sachverständigengutachtens könne jedenfalls nicht dazu dienen, die Versäumnisse in der Beweisführung des Klägers zu beheben. Praxistipp: Will sich der Ersteller eines Computerprogramms vor französischen Gerichten auf das Urheberrecht berufen, so kommt er nicht umhin, die Schöpfungshöhe seiner Software konkret darzulegen. Hierzu kann der Quellcode selbst herangezogen werden, aber z.B. auch Flussdiagramme/Programmstrukturpläne oder das Entwurfsmaterial. Darüber hinaus muss sich der Kläger, insbesondere wenn ihm der Quellcode des Beklagten vorliegt, die Mühe machen, dem Gericht die Übereinstimmungen im Einzelnen darzulegen. Hierfür kann etwa ein Privatgutachten eingeholt und vorgelegt werden. Soziale Netzwerke: Nichtigkeit der unentgeltlichen Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Inhalten der Nutzer in den AGB Nach Artikel L.132-1 Abs. 1 des französischen Verbrauchergesetzbuchs (Code de la consommation) sind Klauseln in Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern nichtig, die ein signifikantes Ungleichgewicht in den Rechten und Pflichten verursachen oder bezwecken. Eine Rechtsverordnung, die nach Konsultation der „Kommission der unlauteren Vertragsklausen“ (Commission des clauses abusives) erlassen wird, enthält darüber hinaus konkrete Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit. Diese Kommission erlässt darüber hinaus regelmäßig Empfehlungen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bestimmter Klauseln durch die Gerichte einen wichtigen Anhaltspunkt bieten. Mit ihrer letzten Empfehlung Nr. 2014-02 vom 7. November 2014 betreffend die Nutzungsbedingungen von sozialen Netzwerken hat die Kommission nun eine Klausel für unwirksam erklärt, mit welcher der Nutzer eines sozialen Netzwerks dem Betreiber eine kostenfreie und unbeschränkte Nutzung aller vom Nutzer hochgeladenen Inhalte einräumt. Diese Klausel, die insbesondere die Urheberrechte der Nutzer betrifft, ist nach Ansicht der Kommission zu weit gefasst und verstößt somit zum einen gegen die Vorschrift des Artikels L.131-1 CPI, wonach die Übertragung von Nutzungsrechten sich nicht pauschal auf zukünftige Werke beziehen darf, sondern jedes betroffene Werk einzeln zu bezeichnen ist. Anderseits verstoße die Klausel auch gegen Artikel L.131-3 CPI, wonach jede einzelne eingeräumte Nutzungsart ausdrücklich im Vertrag zu nennen ist. Darüber hinaus verstoße die Klausel auch gegen den Grundsatz der Nichtübertragbarkeit der Urheberpersönlichkeitsrechte in Artikel L.121-1 CPI, da sie keinerlei Beschränkungen der Nutzungsrechte des Bertreibers des sozialen Netzwerks vorsehe. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 4 Schließlich kann die entsprechende Klausel nach Ansicht der Kommission aber auch deshalb unwirksam sein, weil die Einräumung der Nutzungsrechte unentgeltlich erfolgt, ohne dass der Nutzer auf diesen Umstand ausreichend hingewiesen wird, da diese Klauseln sich häufig ohne besondere Kenntlichmachung inmitten der Nutzungsbedingungen des sozialen Netzwerks befinden. Praxistipp: Die Einräumung von Nutzungsrechten nach französischem Recht erfordert die Einhaltung bestimmter materieller und formeller Voraussetzungen, andernfalls kann sich der Urheber unter Umständen auf die Nichtigkeit der Vereinbarung berufen. III. Designrecht Online-Anmeldung von Designs in Frankreich Schon seit längerem ist es in Frankreich möglich, bei dem französischen Patent- und Markenamt INPI nationale Markenanmeldungen Online vorzunehmen. Nunmehr ist eine Online-Anmeldung auch für nationale eingetragene Designs (dessins et modèles) möglich. Der Dienst ist unter der URL http://depot-dessin-modele.inpi.fr/ zugänglich. Um diesen nutzen zu können, muss der Anmelder sich vorher beim INPI registriert haben. Nicht online vorgenommen werden können Anmeldungen, die zugleich eine weitere Formalität, (wie z.B. Änderungen eines bestehenden Designs) beinhalten. Solche Anträge müssen weiterhin in Papierform eingereicht werden. Ein französisches eingetragenes Design hat eine Mindestschutzdauer von 5 Jahren, die auf bis zu 25 Jahre verlängert werden kann. Die Gebühr für die Anmeldung eines Designs für 10 Jahre beträgt derzeit 52 Euro. IV. Patentrecht Die Jahresgebühren für das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung („einheitliches Patent“) stehen fest Das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung ist ein vom Europäischen Patentamt erteiltes europäisches Patent, dem auf Antrag des Patentinhabers einheitliche Wirkung für alle EU-Staaten verliehen wird, die an dem neuen Patentsystem teilnehmen (aktuell 25 Staaten, mit Ausnahme von Italien und Spanien). Das einheitliche Patent wird neben den bisherigen Patentsystemen existieren. Mit Beschluss vom 24. Juni 2015 hat das Europäische Patentamt (EPA) die Jahresgebühren für das Einheitspatent festgesetzt. Danach entspricht die Gebühr, die das Hoheitsgebiet der 25 teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten abdeckt, der Gesamtsumme der Jahresgebühren für die vier Länder, in denen derzeit am häufigsten validiert wird (d.h. Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich und Niederlande). Im Ergebnis werden die Gebühren deutlich unter den 25 nationalen Jahresgebühren liegen, die anfallen, falls ein „klassisches“ Patent in den 25 teilnehmenden Staaten validiert würde: In den ersten zehn Jahren betragen die Jahresgebühren für ein einheitliches Patent weniger als 5.000 €. Die Gesamtsumme für die Aufrechterhaltung des Einheitlichen Patents über die volle Laufzeit von 20 Jahren liegt knapp über 35.500 €. Nach den Berechnungen des EPA sind nach dem bisherigen System in denselben 25 Mitgliedstaaten bis zu 29.500 € für die ersten zehn Jahre und fast 159.000 EUR für die vollen 20 Jahre zu zahlen. Praxistipp: Nach Inkrafttreten des neuen Patentsystems (voraussichtlich 2016) sollten Unternehmen die Vorteile des einheitlichen Patents nutzen. Zwar werden sich die Kosten bis zur Erteilung des Patents gegenüber dem bestehenden EPSystem nicht ändern. Die danach anfallenden Kosten werden allerdings erheblich geringer sein. Insbesondere ist beim einheitlichen Patent keine Validierungsgebühr vorgesehen. Hinsichtlich der Jahresgebühren stellt die vom EPA nun beschlossene Gebührentabelle eine Ermäßigung von fast 80% gegenüber dem bisherigen System dar. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 5 V. Datenbankherstellerrecht Zum Begriff der wesentlichen Investition Der sui-generis Schutz von Datenbanken nach der Richtlinie 96/9/EG wurde in Frankreich in Artikel L.341-1 ff. des Code de la propriété intellectuelle (CPI) umgesetzt. Danach setzt der Schutz unter anderem voraus, dass die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Daten auf einer wesentlichen Investition von Finanzmitteln, Material oder Arbeitskraft beruht. Mit Urteil vom 10. Februar 2015 (Az. 12-26023) hat der französische Kassationshof zu der Frage Stellung genommen, welche Investitionen für die Beurteilung der „wesentlichen Investition“ zu berücksichtigen sind. Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: Die Fa. Ryanair hatte sich dagegen gewehrt, dass das Online-Reiseportal Opodo ihrer Internetseite täglich bestimmte Daten, etwa zu Flügen, Uhrzeiten, Platzverfügbarkeit und Flugpreisen entnahm, um so (mit Aufpreis) Ryanair-Flüge und weitere Dienstleistungen anzubieten. Dabei hat sich Ryanair unter anderem auf den sui-generis-Schutz ihrer Datenbank berufen. Die Fa. Ryanair verlangte insgesamt Schadensersatz in Höhe von nahezu 3 Millionen Euro. Die Fa. Opodo hatte sich unter anderem mit der fehlenden Schutzfähigkeit der fraglichen Datenbank verteidigt, da diese nicht auf einer wesentlichen Investition beruhe. Ryanair hatte daraufhin dargelegt, dass sie erhebliche Investitionen in die Entwicklung und Anwendung eines Informations- und Kommunikationssystems getätigt habe, welche sie unter anderem zum Verkauf elektronischer Tickets einsetzt. Der Kassationshof hatte also zu entscheiden, ob diese von Ryanair geltend gemachten Investitionen für den Schutz der fraglichen Datenbank relevant waren. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die vorgenannten Investitionen keine Investitionen in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts der Datenbank im Sinne des Artikels L.341-1 ff. des CPI waren. Mit dieser Entscheidung legt der Kassationshof eine strengen Maßstab an: Zu berücksichtigen sind allein Investitionen in die Erstellung und Pflege der Datenbank selbst, nicht dagegen Kosten, die bei der Nutzung der Datenbank für bestimmte Anwendungen (z.B. Verkauf von Flugtickets) anfallen. In diesem Zusammenhang ist auch ein Urteil des EuGH vom 15. Januar 2015 interessant. Auch in diesem ging es um die Fa. Ryanair, die vor den niederländischen Gerichten den Schutz einer Datenbank durchsetzen wollte. Da die Voraussetzungen für einen Schutz der Datenbank durch das Urheberrecht oder den sui-generis-Schutz nicht vorlagen, machte Ryanair geltend, dass die Beklagte gegen allgemeine Vertragsbedingungen verstoßen hatte, welche die Nutzung der Datenbank von Ryanair ohne deren ausdrückliche Zustimmung untersagen. In diesem Zusammenhang hatte der niederländische Hohe Rat dem EuGH vorab die Frage vorgelegt, ob Artikel 15 der Datenbankrichtlinie einer vertraglichen Beschränkung der Nutzung einer Datenbank entgegensteht, welche die Voraussetzungen des suigeneris-Schutzes nicht erfüllt. Der EuGH hat darauf geantwortet, dass der Hersteller einer Datenbank, die nicht in den Schutzbereich der Datenbankrichtlinie fällt, die Nutzung der Datenbank vertraglich frei begrenzen kann, soweit nicht das anwendbare staatliche Recht entgegensteht. Diese Entscheidung wurde von der Lehre kritisiert, da sie Herstellern ungeschützter Datenbanken im Endeffekt mehr vertragliche Freiheiten einräumt, als Herstellern geschützter Datenbanken. Es bleibt abzuwarten, ob der europäische Gesetzgeber es vor diesem Hintergrund für notwendig erachten wird, die Richtlinie in diesem Punkt zu ändern. VI. Providerhaftung Haftung des Host-Providers in Frankreich Seit vielen Jahren streiten weltweit Verwertungsgesellschaften von Rechten an Filmen und Musik gegen verschiedene Videoportale wie youtube.com oder Dailymotion vor den Gerichten. Dabei stellt sich immer wieder die Frage nach dem Haftungsmaßstab dieser Host-Provider für die Bereitstellung urheberrechtlich geschützter Inhalte durch deren Nutzer. Wie auch nach dem deutschen Telemediengesetz genießen Host-Provider in Frankreich eine Haftungsprivilegierung gemäß Artikel 6 Nr. 2 und 3 des Gesetzes Nr. 2004-575 vom 21.06.2004. Danach haften die Host-Provider weder zivilrechtlich noch strafrechtlich für Rechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Inhalte, solange sie nicht positive Kenntnis von der Rechtverletzung oder von den Umständen haben, aus welchen sich die Rechtsverletzung ergibt. Sobald die Provider allerdings diese Kenntnis erlangen, müssen sie rechtsverletzende Inhalte unverzüglich löschen oder unzugänglich machen. Wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur unverzüglichen Löschung oder Sperrung rechtsverletzender Inhalte bei Kenntniserlangung ist die Videoplattform Dailymotion vom Berufungsgericht Paris zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1,13 Mio. Euro verurteilt worden (Urteil vom 02.12.2014, Az. Nr. 13/08052). Geklagt hatten mehrere Unternehmen der TF1-Mediengruppe, die in der Vergangenheit vielfach festgestellt hatten, dass auf der Plattform Dailymotion Ausschnitte aus ihren Fernsehproduktionen zugänglich waren. Auf solche Rechtsverletzungen hatten die Klägerinnen die Fa. Dailymotion auch vielfach hingewiesen. Allerdings hatte Dailymotion die fraglichen Inhalte häufig gar nicht oder nur nach geraumer Zeit entfernt. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 6 Das Gericht hielt zunächst fest, dass Dailymotion ein Host-Provider im Sinne des Gesetzes Nr. 2004-575 ist, weil es sich nicht um eigene Inhalte, sondern um Inhalte handelt, die von den Nutzern der Plattform hochgeladen werden. Allerdings habe es Dailymotion in mehr als 560 Fällen versäumt, rechtsverletzende Inhalte unverzüglich zu entfernen oder zu sperren, nachdem sie auf deren Existenz aufmerksam gemacht worden war. Das Gericht setzte für jeden der Verstöße einen Schaden in Höhe von 2.000 Euro an und verurteilte Dailymotion daher zu der eingangs genannten Summe. Dabei berücksichtigte das Gericht nicht nur die Produktionskosten der betroffenen Sendungen, sondern auch die allgemeinen Investitionen von TF1 in die Produktion von audiovisuellen Inhalten. Dailymotion ist gegen die Entscheidung in Revision gegangen. Mit einer endgültigen Entscheidung ist erst im kommenden Jahr zu rechnen. VII. Kurzmeldungen Folgen der Nichtbescheidung von Anträgen durch das französische Patent- und Markenamt (INPI) neu geregelt Nach dem französischen Verwaltungsrecht gilt das Schweigen der Behörden auf einen Antrag als positiver Bescheid. Dies gilt grundsätzlich auch für Anträge bei dem französischen Patent- und Markenamt INPI (z.B. Antrag auf Änderung des Inhabers eines Schutzrechts, Verzicht auf ein Schutzrecht etc.). Für bestimmte Anträge ist mit den Verordnungen Nr. 2014-1280 vom 23.10.2014 und Nr. 2015-511 vom 07.05.2015 allerdings das gegenteilige Prinzip verankert worden. Für die folgenden Anträge gilt danach eine Nichtbescheidung durch das INPI innerhalb der Frist als Ablehnung: - Anmeldung von Marken oder Designs (Frist 6 Monate), Verlängerung der Schutzdauer einer Marke oder eines Designs (Frist 6 Monate), Patentverzicht oder Beschränkung eines Patents (Frist 12 Monate) Antrag auf Feststellung des Verfalls einer Patentanmeldung (Frist 6 Monate), Zu beachten ist, dass diese Fristen durch bestimmte Ereignisse unterbrochen werden können, wie z.B. durch eine Mitteilung des INPI über Unregelmäßigkeiten des Antrags. ______________________________________________________________________________________ Diese Information wird Ihnen zur Verfügung gestellt von: Kühl Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Konrad-Adenauer-Ufer 71, 50668 Köln www.avocat.de KÖLN LYON PARIS STRASBOURG BADEN-BADEN SARREGUEMINES Der Newsletter dient ausschließlich der generellen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Jegliche Haftung wird hiermit ausgeschlossen. Ein Mandatsverhältnis kommt hierdurch nicht zustande. Die Haftung für den Inhalt wird ausgeschlossen. Dieser Newsletter dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt kein individuelles Beratungsgespräch. Ein Mandatsverhältnis kommt dadurch nicht zustande. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen. 7