PRESSEMITTEILUNG DNA-Reparatur

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DNA-Reparatur: ein neuer Buchstabe im Zellalphabet
Studie offenbart wie „blinde Flecken“ in der Wissenschaft entstehen können
Das Erbgut in unseren Zellen muss ständig repariert werden, um die Entstehung von
Krankheiten, wie zum Beispiel Krebs, zu verhindern. Dafür schickt die Zelle „ReparaturProteine“ zu den geschädigten Bereichen der DNA. Um diese zu steuern, haben Zellen ein
präzises Alphabet entwickelt. Jetzt haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biologie
des Alterns einen neuen Weg entdeckt, wie ein Buchstabe dieses Zellalphabets mit Proteinen
verknüpft wird. Diese neue Proteinmodifikation, genannt Serin-ADP-Ribosylierung, wurde
jahrzehntelang von Wissenschaftlern übersehen. Daher offenbart diese Studie auch, wie in der
Wissenschaft „blinde Flecken“ entstehen können.
In der Grundlagenforschung beginnen neue Forschungsprojekte häufig ganz einfach damit bestehende
Ergebnisse zu reproduzieren, um auf diesen dann die eigene Studie aufzubauen. Das war auch genau
der Plan einer jungen Forschungsgruppe unter der Leitung von Dr. Ivan Matic am Max-Planck-Institut
für Biologie des Alterns in Köln. Am Ende fand die Forschungsgruppe in Kollaboration mit Dr. Ivan Ahel
von der Universität in Oxford einen völlig neuen Mechanismus, der einige der alten Erkenntnisse auf
den Kopf stellt.
Die Forschungsgruppe untersucht, wie Zellen das Schicksal von Proteinen bestimmen, in dem sie
präzise verschiedene Markierungen, genannt „post-translationale Modifikationen“, an Proteine anheftet.
Dieses sind kleine chemische Etiketten, die Proteine aktivieren und funktionstüchtig werden lassen. Der
Zelle steht dabei ein ganzes Repertoire an Markierungen zur Verfügung, welches sie wie ein Alphabet
nutzen kann, um in etwa Proteine in den Zellkern zu schicken, die dort dann beschädigtes Erbgut
reparieren. „Wir haben eine der komplexesten Markierungen untersucht – die Adenosin-DiphosphatRibosylierung (ADPr). Es wurde in diesem Forschungsgebiet seit vielen Jahren angenommen, dass
diese Markierung an einen bestimmten Teil im Protein angeheftet wird, nämlich die Aminosäuren
Arginin, Lysin, Glutaminsäure und Asparaginsäure. Als wir uns unsere Ergebnisse jedoch im Detail
angesehen haben, fiel uns auf, dass die Aminosäure Serin immer ganz in der Nähe des
angenommenen Anheftungspunkts auftauchte. Das hat uns sehr skeptisch gemacht. Nach vielen
weiteren Untersuchungen waren wir uns dann sicher, dass tatsächlich die Aminosäure Serin der
Anknüpfungspunkt für die Markierung des Proteins ist“, erzählt Matic.
Der Teufel steckt im Detail
Für Nicht-Wissenschaftler mag sich das wie ein kleines Detail anhören. Aber in der Zelle macht es
einen großen Unterschied. Die Forscher konnten zeigen, dass die Modifikation einer Schlüsselrolle bei
der Reparatur des Erbguts spielt. Diese Reparatur ist lebensnotwendig für alle Organismen - auch für
den Menschen. Mit der Entdeckung des neuen Buchstabens haben die Wissenschaftler jetzt die
Grundlage für eine weitere Entschlüsselung der DNA-Reparatur gelegt. „Unsere Forschung eröffnet
neue Möglichkeiten für eine Verbesserung der Effizienz der DNA-Reparatur Maschinerie“, kommentiert
Juan José Bonfiglio, Forscher in der Matic Gruppe.
Der blinde Fleck
Aber wie kann es sein, dass diese Modifikation so viele Jahre übersehen wurde? Tom Colby,
Wissenschaftler in der Matic Gruppe, versucht es zu erklären: „Von Wissenschaftlern wird heutzutage
verlangt, dass sie große Datenmengen produzieren und analysieren. Das bedeutet, dass man auf
schon entwickelte Tools zurück greifen muss und diese dann auf das eigene biologische System
anwendet. Das Problem dabei ist aber, dass diese Tools häufig auf alten Erkenntnissen basieren.
Werden diese nicht überarbeitet und überprüft können „blinde Flecken“ entstehen. Die interessantesten
Ergebnisse können sich also in diesen „blinden Flecken“ verstecken und über die denkt nie jemand
nach.“ Matic fügt hinzu:“ Ich bin altmodisch. Ich mag es einen Schritt zurückzutreten und mir die
Originalergebnisse im Detail anzusehen. Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätten wir diese
Modifikation genauso übersehen wie die Wissenschaft in den Jahren zuvor.“
Pressefoto:
Dieses Bild können Sie bei uns telefonisch oder per E-Mail anfordern.
Bitte wenden Sie sich dazu an Dr. Maren Berghoff, Kontaktdaten siehe unten.
(Ein komplexe Markierung für die DNA-Reparatur: Die 3D-Darstellung zeigt die Anheftung der ADPRibosylierung an die Aminosäure Serin im Protein (in türkis).)
Originalarbeit:
Juan José Bonfiglio, Pietro Fontana, Qi Zhang, Thomas Colby, Ian Gibbs-Seymour, Ilian Atanassov,
Edward Bartlett, Roko Zaja, Ivan Ahel and Ivan Matic
Serine ADP-ribosylation depends on HPF1
Molecular Cell, Februar 2017
Orsolya Leidecker, Juan José Bonfiglio, Thomas Colby, Qi Zhang, Ilian Atanassov, Roko Zaja, Luca
Palazzo, Anna Stockum, Ivan Ahel and Ivan Matic
Serine is a new target residue for endogenous ADP-ribosylation on histones
Nature Chemical Biology, Dezember 2016
Kontakt:
Autor: Dr. Ivan Matic
Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, Köln
Tel.:
+49 (0)221 37970845
E-Mail: [email protected]
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Dr. Maren Berghoff
Tel.:
+49 (0)221 379 70 207
E-Mail: [email protected]
www.age.mpg.de
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