wirkungen neuer MS-Therapien

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Ausgabe 3/2009
Befund
MS
Für ein besseres Leben mit MS
Jetzt online:
Das Portal für
chronisch
kranke Mensc
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> Titelthema: Hoffnung auf
„maßgeschneiderte“ MS-Therapie
> Strategien gegen die Nebenwirkungen neuer MS-Therapien
> MS und Ernährung
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Inhalt
Foto: Shutterstock
TITELTHEMA
Eskalationstherapie: Hoffnung auf „maßgeschneiderte“
MS-Therapie mit Mitoxantron
Hoffnung auf „maßgeschneiderte“ Therapie
Foto: Shutterstock
SEITE 4
Immuntherapien gegen MS
Foto: Photodisc
SEITE 8
MS und Partnerschaft
SEITE 18
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MEDIZIN & FORSCHUNG
Mit starken Magnetfeldern Multiple Sklerose früher erkennen und behandeln
Immuntherapien gegen Multiple Sklerose
Live-Beobachtungen liefern neue Erkenntnisse
T-Zellen als Serienkiller
News-Ticker
• Neuer Therapieansatz mit Wirkstoff gegen Diabetes Typ 2
• Herz-Kreislauf-Arzneien womöglich wirksam bei MS
• Fluchen bei Schmerzen hilfreich
• BMBF-gefördertes Kompetenznetz Multiple Sklerose startet
• Sauna kann Wirkung von Medikamenten verändern u. v. m.
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BEFUND MS AKTUELL
Strategien gegen die Nebenwirkungen neuer MS-Therapien
Fortschritte bei der MS-Therapie mit monoklonalen
Antikörpern erhöhen Sicherheit
Multiple Sklerose und Partnerschaft/Sexualität
Immer mehr Menschen leiden an Multipler Sklerose:
Forscher suchen nach neuen Therapien
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NEUES AUS DER SELBSTHILFE
Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) –
Eine starke Partnerin im Kampf gegen MS
Befund MS mitgestalten/Wichtige Adressen
„eTrain MS basics“ liegt jetzt als Broschüre vor
Aufbauwissen zur Multiplen Sklerose
DMSG-Ratgeber erläutert Rechtsgrundlagen für MS-Erkrankte
Was Kinder über Multiple Sklerose wissen möchten
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LEBEN MIT MS
Formen der Pflege und Betreuung bei MS
Reisen mit Multipler Sklerose
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SERVICE
MS und Ernährung
Fundierte MS-Gesundheitsratgeber im Internet
Internetportal www.curado.de informiert über
deutlich erweitertes Krankheitsspektrum
„Beautiful Day“ – Der Film zum 1. Welt-MS-Tag
Brain-Training: Die Rätselecke
Bestellformular: Befund MS kostenfrei für Klinik, Arztpraxis, SHG
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Impressum/Wissenschaftlicher Beirat
Glossar
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Befund MS 3/2009
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TITELTHEMA
Eskalationstherapie: Hoffnung auf „maßgeschneiderte“ MS-Therapie mit Mitoxantron
Genetische Informationen ermöglichen individuelles Therapieschema
Den Einsatz bewährter MS-Medikamente zu optimieren ist ein aktuelles Forschungsziel. Bochumer
Neurologen aus der Arbeitsgruppe von PD Dr. Andrew Chan (RUB-Klinik für Neurologie, St. Josef
Hospital, Direktor: Prof. Dr. Ralf Gold) verfolgen dabei einen pharmakogenetischen Ansatz.
S
ie konnten nachweisen, dass der genetische Bauplan
bestimmter Transportproteine Rückschlüsse auf die
individuelle Wirksamkeit und das Nebenwirkungsrisiko der hochwirksamen Substanz Mitoxantron zulässt. Sie
hoffen, künftig anhand genetischer Informationen das optimale Therapieschema mit dem Wirkstoff für jeden einzelnen
Patienten bestimmen zu können. Die Ergebnisse ihrer Arbeit
wurden in der Fachzeitschrift Brain publiziert.
Bis zu 10 % der deutschen MS-Patienten wurden laut Daten
des nationalen MS-Registers der Deutschen Multiple
Sklerose Gesellschaft in den letzten Jahren mit Mitoxantron
behandelt. Mitoxantron, das in mehreren Studien sehr effizient die Erkrankungsaktivität unterdrückte, wird dabei als
sogenannte Eskalationstherapie bei Versagen anderer
Therapeutika bzw. bei besonders schweren Verläufen eingesetzt. Gegen die hohe therapeutische Effizienz der
Substanz, die ursprünglich aus der Onkologie stammt, sind
potenzielle, teils dosisabhängige Nebenwirkungen am
Herzen, in den Fortpflanzungsorganen, aber auch auf das
Knochenmark abzuwägen. „Aus diesen Gründen ist die
lebenslange Gesamtdosis des Mitoxantrons auf 140 mg je
m2 Körperoberfläche begrenzt“, berichtet Prof. Gold.
HINWEISE FÜR DIE BETEILIGUNG VON
MEDIKAMENTENTRANSPORTERN AN DER
EFFEKTIVITÄT
Bereits in früheren Untersuchungen aus der Arbeitsgruppe
von Dr. Chan und Prof. Gold war aufgefallen, dass verschiedene Immunzellen unterschiedlich auf Mitoxantron reagieren. Hieraus ergab sich die Hypothese, dass bestimmte
Medikamententransporter-Proteine, die das Mitoxantron aus
der Zelle hinausschleusen, in unterschiedlichen Zellen, aber
auch bei unterschiedlichen Patienten die Wirkeffekte individuell beeinflussen. Diese Transportproteine, sog. ABC (ATP4
Befund MS 3/2009
Foto: Shutterstock
MITOXANTRON: HOCHEFFIZIENTE ESKALATIONSTHERAPIE DER MULTIPLEN SKLEROSE
binding-cassette)-Transporter, rückten also in den Mittelpunkt
des Interesses. Die Forscher nahmen an, dass weniger leistungsstarke Transporter mit einer höheren Mitoxantronkonzentration in den Zellen und somit einer stärkeren
Wirksamkeit einhergehen, und umgekehrt hochfunktionelle
Transporter mit einer abgeschwächten Wirksamkeit verbunden sind.
GENETISCHER BAUPLAN DER TRANSPORTER
BEEINFLUSST DIE WIRKSAMKEIT
Diese Hypothese prüften sie jetzt an einer Gruppe von MSPatienten aus ganz Europa (Kooperationen mit Kliniken in
Dresden, Berg, Göttingen, Barcelona). Es zeigte sich, dass
TITELTHEMA
unterschiedliche genetische Baupläne von ABCTransportern tatsächlich mit dem therapeutischen Ansprechen auf Mitoxantron zusammenhängen. In der
Patientengruppe mit der genetischen Veranlagung einer
niedrigen Transporteraktivität war die Wahrscheinlichkeit,
positiv auf das Mitoxantron anzusprechen, 3,5-mal höher
als bei der Gruppe mit genetisch bedingter hoher Transporteraktivität. Die funktionellen Auswirkungen dieser
Genotypen wurden zusätzlich in Zellkulturexperimenten und
im Tiermodell der MS bestätigt. „Erste Daten deuten darüber
hinaus auch auf einen Zusammenhang des genetischen
Bauplans der Transportproteine mit MitoxantronNebenwirkungen hin“, sagt Dr. Chan, „zum Beispiel in vereinzelten Fällen mit Herznebenwirkungen.“
„Diese Ergebnisse wecken die Hoffnung auf individualisierte Mitoxantron-Behandlungsschemata, beispielsweise mit
abgestimmten Einzeldosierungen“, kommentiert Dr. Chan.
„Das könnte auch dazu führen, dass längere Gesamttherapiezeiten möglich werden, was besonders wichtig ist,
weil entsprechende Anschlusstherapien zurzeit noch nicht
eindeutig etabliert sind.“ Vorher aber müssen die Ergebnisse
der retrospektiven Studie in prospektiver Form an einer
größeren Gruppe von Patienten bestätigt werden.
In der entsprechenden Studie im Rahmen des deutschlandweiten Kompetenznetzwerkes MS, das vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert wird, werden
zudem noch weitere potenzielle pharmakogenetische
Foto: Photodisc
GROßE STUDIE IM KOMPETENZNETZWERK
MS SOLL ERGEBNISSE BESTÄTIGEN
Marker im Zusammenhang mit der Mitoxantron-Therapie
untersucht. „Insgesamt wünschen wir uns in der Behandlung
der MS möglichst maßgeschneiderte, auf die individuellen
Besonderheiten des einzelnen Patienten abzielende
Therapieschemata“, so Prof. Gold und Dr. Chan. „Diese
Untersuchungen eröffnen die Möglichkeit, individuelle genetische Muster in Therapieentscheidungen mit einzubinden“. ■
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
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Befund MS 3/2009
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Befund MS 3/2009
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MEDIZIN & FORSCHUNG
Mit starken Magnetfeldern Multiple Sklerose
früher erkennen und behandeln
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter. Experten zufolge gibt es in Deutschland etwa 130.000 bis 150.000 Betroffene. Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat sich in den letzten Jahren zum wichtigsten Baustein in der Diagnostik entwickelt.
Sie ermöglicht es, die der MS zugrundeliegenden Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark früher und
präziser nachzuweisen als zuvor.
W
FRÜHERE DIAGNOSE DURCH
HOCHFELDGERÄTE
„Durch die Magnetresonanztomographie konnten wir hier
in den letzten Jahren große Fortschritte erreichen.
Mittlerweile ist sie das wichtigste Diagnoseverfahren bei der
MS.“ Auf den Bildern sind nicht nur die Läsionen in Gehirn
und Rückenmark zu erkennen. Auch Störungen der Blut-HirnSchranke, zu denen es bei einer aktiven Entzündung kommt,
lassen sich sichtbar machen. Für die Diagnose der MS ist
der Nachweis von mehreren älteren und an anderer Stelle
neu aufgetretenen Läsionen erforderlich. Das gelingt bereits
mit den heute verbreiteten Geräten mit einer magnetischen
Feldstärke von 1,5 Tesla. Besser sind nach Einschätzung des
Experten aber Hochfeldgeräte mit 3 Tesla. „Im Einzelfall
kann dies bedeuten, dass die Diagnose früher möglich ist“,
sagte Forsting.
Erst wenige Forschungsinstitute in Deutschland verfügen
über Geräte, die ein Magnetfeld von 7 Tesla erzeugen. Dies
sind zum Beispiel Institute in Essen, Magdeburg und
Tübingen. In Essen untersuchen die Wissenschaftler, wie die
7-Tesla-MRT die Früherkennung der MS weiter verbessern
kann. Erste Erfahrungen stimmen Forsting optimistisch. „Es
gibt Patienten, bei denen man auch nach einer MRT-
Foto: Shutterstock
elche Fortschritte erreicht wurden, diskutierten
Ärzte und Wissenschaftler im Rahmen der 44.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Neuroradiologie (DGNR) im Oktober in Köln. In der Regel
verläuft eine Multiple Sklerose in Krankheitsschüben. Dies
erschwerte in der Vergangenheit die Diagnosestellung. Eine
Therapie kam frühestens nach dem zweiten Schub zum
Einsatz. Inzwischen stehen jedoch Medikamente zur
Verfügung, die diesen hinauszögern können. „Deshalb ist es
so wichtig, die Krankheit möglichst früh zu erkennen“, erläutert Prof. Dr. med. Michael Forsting, Direktor des Instituts für
Diagnostische und Interventionelle Radiologie und
Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen.
Untersuchung nur den Verdacht auf eine Multiple Sklerose
aussprechen kann. Hier könnte uns ein stärkeres Magnetfeld
Gewissheit verschaffen. Denn mit 7-Tesla-Geräten konnten
wir spezifische Veränderungen des Gehirns deutlicher zeigen als mit 1,5- oder 3-Tesla-Geräten. Zudem konnten wir
mit diesem starken Magnetfeld erstmals erkennen, dass sich
die einzelnen Entzündungsherde in ihrem Signalverhalten
stark unterscheiden“, erklärt Forsting.
FRÜHERE UND MAßGESCHNEIDERTE
THERAPIE ANGESTREBT
Die Bedeutung dieses Phänomens sei derzeit noch nicht
bekannt. Weitere Studien sollen Aufschluss bringen. „Eine
mögliche Erklärung wäre, dass sich prognostisch günstigere
von ungünstigen Verlaufsformen der MS auf den Bildern
unterscheiden.“ Dies könnte die MS-Diagnostik grundlegend
verändern und einer noch früheren und maßgeschneiderten
Therapie den Weg ebnen. Bisher, so der Experte, sei es
nicht vorhersehbar, ob Patienten in einigen Jahren im
Rollstuhl sitzen oder ohne wesentliche Behinderungen bleiben. ■
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR)
Befund MS 3/2009
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MEDIZIN & FORSCHUNG
Immuntherapien gegen Multiple Sklerose
Ü
KLINISCHE DATEN UND MOLEKULARE
UNTERSUCHUNGEN
Ziel der Bochumer Untersuchungen unter Leitung von Prof.
Gold und PD Dr. Andrew Chan ist es, deutschlandweit langfristig über 1.000 Patienten mit Multipler Sklerose bereits ab
frühen Phasen der Erkrankung systematisch zu erfassen.
Klinische Daten sollen dabei mit Ergebnissen innovativer
Untersuchungsmethoden in Beziehung gesetzt werden.
Dazu gehören molekulare Untersuchungen der Gene und Proteine der Patienten sowie Kernspintomographie. Die
Forscher wollen daraus Erkenntnisse
gewinnen, die künftig helfen werden,
individualisiert – also auf den Patienten
abgestimmt – geeignete Immuntherapien auszuwählen.
Foto: Shutterstock
ber 1.000 Patienten mit Multipler
Sklerose (MS) werden Bochumer
Neurologen um Prof. Dr. Ralf
Gold in zwei vom Bundesforschungsministerium geförderte Studien einschließen. Ziel ist es, anhand umfassender
Datensammlungen herauszufinden, wie
man individuell auf den einzelnen
Patienten abgestimmte Immuntherapien
auswählen kann. Die Studien werden im
Kompetenznetzwerk MS des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) mit 900.000 Euro für die nächsten drei Jahre gefördert. Die Kompetenznetzwerke dienen der intensiven
Erforschung wichtiger Erkrankungen.
GUTE STELLUNG IM INTERNATIONALEN VERGLEICH
Nach bundesweiter Ausschreibung
Anfang 2008 wurden von den
ursprünglich neun Anträgen vom BMBF
nach internationaler Begutachtung nur
zwei Verbundanträge zur Immuntherapie und Pathogeneseforschung sowie ein Einzelantrag zur kindlichen Multiple
Sklerose ausgewählt, die nun in diesem Netzwerk vereint
sind. Die Förderung des Netzwerks mit insgesamt 7 Mio.
Euro läuft zunächst über drei Jahre, ist aber grundsätzlich
auf zwölf Jahre angelegt. „Für die deutsche MS-Forschung
stellt das BMBF-Netzwerk im internationalen Vergleich eine
sehr gute Entwicklungschance dar“, freut sich Prof. Gold. ■
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
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Befund MS 3/2009
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MEDIZIN & FORSCHUNG
Live-Beobachtungen liefern neue Erkenntnisse
Bei Krankheiten wie der Multiplen Sklerose dringen Zellen des Immunsystems in das Hirngewebe ein, wo sie
großen Schaden anrichten. Lange Zeit war es ein Rätsel, wie diese Zellen den Blutstrom verlassen können, denn
Blut- und Nervensystem sind normalerweise durch Blutgefäßwände voneinander getrennt. Dass die Immunzellen dennoch zu den Nervenzellen vordringen können, war bisher nur durch Gewebeschnitte belegt. Nun
konnte ein Team aus Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried und der
Universität Erlangen-Nürnberg die Bewegungen dieser Zellen erstmals live unter dem Mikroskop beobachten.
abei kamen ganz neue Verhaltensweisen der Immunzellen ans Licht. Die Erkenntnisse, die in der Fachzeitschrift Nature publiziert wurden, tragen entscheidend zu unserem Verständnis der komplexen Krankheit bei.
D
Beobachtung der Zellbewegungen blieb jedoch lange
unmöglich.
Das Gehirn und das Rückenmark überwachen und steuern
die Funktionen aller Körperteile und regeln die Bewegungen,
die Sinne und das Verhalten des Organismus. Der Schutz des
Gehirns und des Rückenmarks hat daher oberste Priorität.
Schädelknochen und Wirbelsäule halten mechanische
Verletzungen und äußere Einflüsse fern. Gefahren von innen,
zum Beispiel im Blut zirkulierende Krankheitserreger, werden
durch hoch spezialisierte Blutgefäße abgewehrt. Die Wände
dieser Gefäße bilden eine Grenzbarriere, die Zellen und
viele kleinere Partikel nicht passieren können – die empfindlichen Nervenzellen sind geschützt. Es gibt jedoch
Ausnahmen. Bei Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose
(MS) gelingt es aggressiven Zellen des Immunsystems, die
Barriere der Blutgefäße zu durchbrechen. Einmal in das
Hirngewebe eingedrungen richten diese Zellen großen
Schaden an: Sie lösen Entzündungsreaktionen aus und greifen Nervenzellen an. Das Ergebnis sind vielfältige
Beeinträchtigungen, unter denen allein in Deutschland über
120.000 MS-Patienten leiden.
Diese Hürde nahmen nun Wissenschaftler in dieser Studie.
Sie markierten aggressive T-Zellen mit dem grün fluoreszierenden Protein (GFP) in Ratten, wodurch sie die
Zellbewegungen im lebenden Gewebe durch ein Zwei-
IDENTIFIZIERUNG DER TÄTER
Foto: Universität Erlangen-Nürnberg
Die Aufnahme zeigt die Bewegungen der kriechenden
T-Zellen (grün) innerhalb der Blutgefäße (rot) über
einen Zeitraum von ca. 20 Minuten. Deutlich zu erkennen ist, dass einige T-Zellen die Blutgefäße verlassen
und ihre grüne Spur durch das umgebende
Hirngewebe ziehen
Photonen-Mikroskop verfolgen konnten. Diese gezielte
Beobachtung der Zellen im Verlauf der Krankheit bescherte
den Wissenschaftlern eine ganze Reihe von neuen
Einblicken in das Verhalten dieser Zellen.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die aggressiven TZellen die Grenzbarriere zwischen Blut und Nervengewebe
in mehreren Schritten überwinden. Außerhalb des
Nervensystems bewegten sich die markierten Zellen wie
erwartet: Die meisten Zellen ließen sich vom Blutstrom treiben. Nur vereinzelt blieben Zellen für kurze Zeit an den
Gefäßwänden haften, bevor sie in Richtung des Blutstroms
Befund MS 3/2009
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Aufgrund der normalerweise sehr effektiven Trennung zwischen dem Zentralen Nervensystem, also Gehirn und
Rückenmark, und dem Blutkreislauf, war es lange Zeit rätselhaft, wie die Immunzellen die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen können – eine wichtige Frage zur Entstehung der
Multiplen Sklerose. Erst in den 80er-Jahren des letzten
Jahrhunderts konnten Wissenschaftler zeigen, dass unter
bestimmten Bedingungen Immunzellen, sogenannte T-Zellen,
Bestandteile des körpereigenen Hirngewebes erkennen und
angreifen. Die Wanderung dieser Zellen von ihrem
Entstehungsort bis hin zum Eindringen in das Hirngewebe
und die resultierenden Schäden klärten Gewebeschnitte in
den letzten Jahrzehnten immer weiter auf. Eine tatsächliche
AGGRESSIVE ZELLEN LIVE BEOBACHTEN
MEDIZIN & FORSCHUNG
weiterrollten oder wieder mitgerissen wurden. Erreichten die
T-Zellen jedoch die Gefäße des Nervensystems, so verhielten sie sich völlig anders. Immer häufiger beobachteten die
Wissenschaftler, wie sich die Zellen an den Gefäßwänden
festsetzten.
T-Zellen auf eine der sogenannten Fresszellen stießen.
Fresszellen sitzen an den Außenwänden der Blutgefäße und
auf der Oberfläche des Nervengewebes, wo sie ihre
Umgebung mit fingerartigen Zellausstülpungen systematisch
abtasten.
„Richtig spannend wurde es dann, als wir sahen, dass die
Zellen kriechen – das war ein bisher gänzlich unbekanntes
Verhalten für T-Zellen“, berichtet Ingo Bartholomäus von seinen Beobachtungen. Kriechen beschreibt hier eine aktive
Bewegung der Zellen, die vor allem gegen den Blutstrom
verläuft. Die Forscher beobachteten, wie die T-Zellen für
mehrere Minuten bis Stunden an den Gefäßwänden entlangwanderten und ihre Kreise zogen. Am Ende dieser
Suchbewegung wurden die Zellen entweder wieder vom
Blutstrom mitgerissen oder sie zwängen sich durch die
Gefäßwand.
Traf eine der beweglichen T-Zellen auf solch eine Fresszelle,
so bildeten die beiden ein eng verbundenes Paar. Einige dieser Paare blieben für mehrere Minuten unzertrennlich. Dass
T-Zellen erst mit Fresszellen in Kontakt treten müssen, um ihre
Immunfunktion auszuüben, ist seit Längerem bekannt. Völlig
neu ist jetzt, dass Forscher erstmals solche Interaktionen
direkt an der Blut-Hirn-Schranke beobachten. Und tatsächlich begannen die T-Zellen erst nach dem Kontakt mit den
Fresszellen, entzündungsfördernde Botenstoffe auszuschütten und so den Angriff auf das Nervensystem einzuleiten.
Als eine der Folgen durchquerten immer mehr T-Zellen die
Wände der Blutgefäße. „Anscheinend ist die Aktivierung
der T-Zellen an der Grenze zum Nervengewebe somit ein
entscheidendes Signal für die Invasion der Immunzellen“,
folgert Alexander Flügel, der Leiter der Studie.
FOLGENSCHWERE BEGEGNUNGEN
Hatten die Zellen die Barriere der Blut-Hirn-Schranke erfolgreich durchbrochen, setzten sie ihre Suche im Umkreis der
Blutgefäße fort. So war es nur eine Frage der Zeit, bis die
VORGÄNGE VERSTEHEN
Und noch etwas fanden die Wissenschaftler durch die „LiveBeobachtungen“ heraus: Gaben sie spezielle Antikörper,
die bereits in der MS-Therapie eingesetzt werden, ins Blut,
so verschwanden die kriechenden Zellen. „Bisher wurde
angenommen, dass diese Antikörper das Austreten der TZellen aus den Blutgefäßen blockieren“, so Ingo
Bartholomäus. „Unsere Beobachtungen zeigen nun, dass
sie bereits das Kriechen verhindern – also einen Schritt
früher eingreifen als bisher angenommen.“ Die Beobachtungen der Wissenschaftler ergeben nun ein viel detaillierteres Bild von den Bewegungen und dem Eindringen der
Immunzellen in das Zentrale Nervensystem.
Leben mit multipler Sklerose
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interdisziplinäres Therapiezentrum in Bad Harzburg
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Eine Einrichtung des
Müttergenesungswerkes getragen
von der Evangelischen Frauenhilfe
Mit diesem Wissen lässt sich auch die ständige
Immunüberwachung im gesunden Gewebe besser verstehen. Doch wie so oft werfen die Ergebnisse und das neue
Wissen auch viele neue Fragen auf: Woran haften die
Immunzellen auf den Gefäßoberflächen und wie erkennen
sie eine geeignete Stelle für den Wechsel zwischen Blut- und
Nervensystem? Was leitet die Zellen nach dem
Durchbrechen der Blut-Hirn-Schranke? Dies sind einige der
Fragen, denen die Wissenschaftler als Nächstes auf den
Grund gehen wollen. Das langfristige Ziel ist es, neue
Therapien und Medikamente für Krankheiten wie die
Multiple Sklerose zu entwickeln. ■
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
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Befund MS 3/2009
T-Zellen als Serienkiller
Immunsystem schädigt nicht nur Myelinhülle,
sondern auch Nervenzellen selbst
Durch fehlgeleitete Aktivitäten schädigt das Immunsystem
bei Multipler Sklerose auch die Nervenzellen selbst. Das
passiert regelhaft beim gezielten Angriff des Immunsystems
auf die Umhüllung der Nervenzellen, wie Forscher aus
Würzburg und Zürich erstmals experimentell nachgewiesen haben.
Foto: DAK
Entzündungen im Zentralen Nervensystem können von
Viren oder vom Immunsystem ausgelöst werden; Letzteres
ist zum Beispiel bei der Multiplen Sklerose der Fall.
Drastisch sind die Folgen: Es sterben diejenigen Zellen, die
eine isolierende Hülle um die Nervenfasern herum aufbauen und intakt halten. Die Hüllen gehen verloren, und oft
sterben schließlich auch die Nervenzellen selbst.
TOD VON NERVENZELLEN URSACHE FÜR
BLEIBENDE BEHINDERUNGEN
▲
„Bei Multipler Sklerose nimmt man an, dass nicht nur der
Verlust der Myelinhüllen, sondern vor allem der Tod der
Nervenzellen entscheidend für die bleibenden Behinderungen ist, mit denen viele Patienten zu kämpfen haben“,
sagt Prof. Heinz Wiendl von der Neurologischen Klinik der
Universität Würzburg. Dies seien z. B. Behinderungen wie
Lähmungen oder eine eingeschränkte Sehfähigkeit. Auch
vielfältige Begleiterscheinungen wie z. B. Blasenfunktionsstörungen oder sexuelle Funktionsstörungen können bei
MS-Patienten auftreten.
MEDIZIN & FORSCHUNG
Foto: Shutterstock
Oberfläche der myelinbildenden Zellen attackieren,
verursachten innerhalb weniger Stunden auch einen
signifikanten Untergang von Nervenzellen. Wie dieser indirekte Effekt zustande kommen könnte, erklärt
der Würzburger Forscher Sven Meuth: „Möglicherweise setzen die T-Zellen lösliche Faktoren frei,
wie Perforin oder Granzym-B, die dann zu den
Nervenzellen wandern und sie schädigen.“
Geradezu wie Serienkiller gehen die aggressiven TZellen dabei vor: „Eine einzige davon kann bis zu
30 myelinbildende Zellen und gleichzeitig bis zu
zehn Nervenzellen töten“, sagt Heinz Wiendl. Diese
T-Zellen schneiden die Fortsätze von Nervenzellen
regelrecht durch. Das konnte das Team von Prof. Norbert
Goebels von der Universität Zürich (jetzt Düsseldorf) in
einem ähnlichen experimentellen Ansatz mit Videoanalysen belegen.
An lebenden Geweben aus der Gehirnrinde von Mäusen konnte
gezeigt werden: Gibt man T-Zellen dazu, die auf die Zerstörung
myelinbildender Zellen spezialisiert sind, sterben innerhalb von
sechs Stunden auch Nervenzellen in signifikantem Ausmaß ab
Zwei Arbeitsgruppen haben nun zeitgleich erstmals
beschrieben, dass bestimmte T-Zellen des Immunsystems
nicht nur die myelinbildenden Zellen direkt beeinträchtigen,
sondern auch „Kollateralschäden“ bei Nervenzellen oder
deren Fortsätzen hervorrufen. Veröffentlicht wurden die
Arbeiten in den Fachblättern Glia und American Journal of
Pathology.
T-ZELLEN: INDIREKTER EFFEKT LÄSST
NERVENZELLEN STERBEN
MÖGLICHER ANGRIFFSPUNKT FÜR
NEUE THERAPIEN
„Diese Ergebnisse helfen uns, die Entstehung von akuten und
chronischen Schäden bei Entzündungen des Zentralen
Nervensystems besser zu verstehen“, erläutert Prof. Wiendl.
Auch die Patienten profitieren in der Zukunft möglicherweise
von den Erkenntnissen – schließlich eignen sich die aggressiven T-Zellen als Angriffspunkt für neue Therapien. Darum
wollen die Würzburger Wissenschaftler noch möglichst viel
Neues über die Serienkiller herausfinden. ■
Weil Individualität zählt
Prof. Wiendls Team konnte in Hirngewebekulturen zeigen:
T-Zellen, die ausschließlich eine bestimmte Struktur auf der
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Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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MEDIZIN & FORSCHUNG
Bonner Forscher haben einen neuen Ansatzpunkt zur
Bekämpfung von Autoimmunkrankheiten identifiziert. Durch
Aktivierung eines bestimmten Moleküls (PPAR-Gamma)
konnten die Forscher den Krankheitsverlauf bei Mäusen
erheblich verlangsamen. Dabei nutzten sie ein Medikament,
das bereits zur Behandlung von Diabetes Typ 2 zugelassen
ist. Auch in menschlichen Zellkulturen war die Methode
erfolgreich. Die Ergebnisse wurden im Journal of
Experimental Medicine veröffentlicht. Bei Autoimmunkrankheiten wendet sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen. Verantwortlich dafür ist eine bestimmte
Gruppe der sogenannten T-Helferzellen (TH17-Zellen). Sie
produzieren den Entzündungsbotenstoff Interleukin 17. Auf
ein spezifisches Signal hin werden Vorläuferzellen so programmiert, dass sie sich zu TH17-Zellen entwickeln. PPARGamma kontrolliert diesen Prozess. Aktiviert man es gezielt
in Immunzellen, entstehen weniger TH17-Zellen. Mit
bestimmten Diabetes-Medikamenten konnte im Mausmodell
und in Zellkulturen von MS-Patienten ein starker Rückgang
der TH17-Zellzahl erreicht werden. Die DiabetesMedikamente aktivierten PPAR-Gamma jedoch nicht stark
genug, zudem beeinflussen sie die Wirkung von Insulin. Die
Entwicklung hochspezifischer Wirkstoffe soll nun weiter vorangetrieben werden. ■
news
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
HERZ-KREISLAUF-ARZNEIEN
WOMÖGLICH WIRKSAM BEI MS
In Studien mit Tiermodellen haben Neurologen neue
Hinweise darauf gefunden, dass Herz-Kreislauf-Medikamente womöglich auch gegen MS wirksam sein könnten. Im
experimentellen Modell konnte der Krankheitsverlauf mit
den Wirkstoffen Aliskiren, Enalapril und Losartan gelindert
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werden, berichtet eine Arbeitsgruppe um Dr. Ralf Linker und
Prof. Ralf Gold von der Neurologischen Klinik der RuhrUniversität Bochum (RUB) in der Fachzeitschrift PNAS. Vor
allem habe man eine Wirkung der getesteten Arzneien auf
sogenannte Fresszellen (Makrophagen) gefunden, die auch
in den Entzündungsherden der MS eine gewichtige Rolle
spielen. In einer gleichzeitig veröffentlichten Studie hat eine
Gruppe um Prof. Lawrence Steinman von der Stanford
Universität in Kalifornien ähnliche Effekte auf regulatorische
Immunzellen beobachtet. „Diese Substanzen könnten nun
auch in der Therapie der Multiplen Sklerose Einzug halten“,
hofft Prof. Gold. Womöglich
könnten sie mit bereits verfügbaren Basistherapeutika
gegen die MS sogar eine
synergistische Wirkung entfalten, so der Neurologe –
und sie sollten im Gegensatz zu den neuen Antikörpertherapien bei der MS
keine schwer abschätzbaren neuen Risiken mit sich bringen: „Allerdings müssen diese
Hypothesen natürlich zuerst in klinischen Studien an
Patienten überprüft werden“, so Prof. Gold. ■
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V.
FLUCHEN BEI SCHMERZEN
HILFREICH
Schmerzen lassen sich besser ertragen, wenn man gleichzeitig schimpft, berichtet das Patientenmagazin HausArzt.
Das Blatt beruft sich auf eine britische Studie, bei der die
Schmerztoleranz getestet wurde. Verglichen wurde, wie
lange die Probanden einen Kältereiz aushielten. Wenn sie
fluchten, gelang ihnen das länger und sie empfanden die
Kälte als weniger schmerzhaft. ■
Quelle: HausArzt – PatientenMagazin
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Befund MS 3/2009
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NEUER THERAPIEANSATZ MIT
WIRKSTOFF GEGEN DIABETES TYP 2
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MEDIZIN & FORSCHUNG
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Quelle: Neue Apotheken Illustrierte
news
WELTRANGLISTE DER
VITAMIN-C-REICHSTEN FRÜCHTE
Camu-Camu heißt die Frucht, die am meisten Vitamin C enthält und das im weltweiten Vergleich, berichtet die Neue Apotheken
14
Befund MS 3/2009
news
Quelle: Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze e. V. (TMF)
news
Um Ursachen und Verlaufsformen der MS besser zu verstehen
und Diagnostik und Therapie zu verbessern, fördert das
Bundesministerium für Bildung und Forschung das Kompetenznetz Multiple Sklerose. Dieses ist eines von 21 Kompetenznetzen
in der Medizin, zu deren Kernaufgaben es gehört, Forscher zu
spezifischen Krankheitsbildern bundesweit und interdisziplinär
zusammenzubringen und den Austausch zwischen Forschung
und Versorgung zu verbessern. Drei Verbünde wurden ausgewählt, die den Kristallisationspunkt des neuen Kompetenznetzes
bilden: UNDERSTANDMS, CONTROLMS und CHILDRENMS.
Zusammen bauen sie eine gemeinsame Infrastruktur auf und können um weitere Verbünde und Partner ergänzt werden. Eine
Vernetzung mit dem Verbund UNDERSTANDMS soll u. a. die
Übertragung von experimentellen, grundlagennahen Erkenntnissen in die klinische Anwendbarkeit gewährleisten. Ziel des
Verbundes CONTROLMS ist es, Biomarker für die Diagnostik,
Prognose und Therapie der Multiplen Sklerose zu etablieren. Der
Verbund CHILDRENMS baut ein Patientenregister für Kinder mit
MS auf. Ziel: Bestimmung der Häufigkeit der Erkrankung in
Deutschland und des Spektrums der Krankheitsverläufe bei jungen MS-Patienten. ■
Illustrierte. Das Amazonasgewächs wartet mit stolzen zwei
Gramm Vitamin C in 100 Gramm Frucht auf. Zahlen, von denen
der Apfel als der Deutschen liebstes Obst nur träumen kann: In
100 Gramm Frucht stecken gerade mal zwölf Milligramm
Vitamin C. Auch wenn es Camu-Camu im Gegensatz zum Apfel
hierzulande nicht im Ganzen gibt, kann man von ihrem VitaminC-Gehalt profitieren: mittels in Apotheken erhältlichen Nahrungsergänzungsmitteln. Auf Platz zwei glänzt die Acerola-Kirsche.
Mit 1,5 Gramm Vitamin C pro 100 Gramm Frucht schlägt sie den
Klassiker Orange um das 40-Fache. Als Saft, in Tablettenform
oder als Zusatz in Vitamindrinks bleibt der größte Teil des
Vitamins erhalten. Mit ganz oben auf der Weltrangliste: die heimischen Früchte Hagebutte und Sanddorn. Aber bitte nicht in
Form von Marmelade! Denn beim Kochen wird der größte Teil
des Vitamin C zerstört. Besser: Hagebutten nach dem säuberlichen Entfernen der Kerne und Härchen frisch essen. Auch
Sanddorn kommt am Vitamin-C-stärksten daher, wenn er ohne
Wärme verarbeitet wurde. Exotisch und dennoch hier zu haben:
die Guave. Mit 275 Milligramm Vitamin C in 100 Gramm Frucht
steht sie auf Platz fünf. Und die Kiwi, als klassische Vitamin CBombe gehandelt? Sie garantiert nicht immer den gewünschten
Vitamin C-Kick: Der Gehalt am Abwehrvitamin variiert je nach
Erntezeit und Lagerung zwischen 20 und 300 Milligramm in
100 Gramm Frucht. ■
BMBF-GEFÖRDERTES KOMPETENZNETZ
MULTIPLE SKLEROSE STARTET
SAUNA KANN WIRKUNG VON
MEDIKAMENTEN VERÄNDERN
Patienten, die regelmäßig Medikamente anwenden, sollten
vor dem Saunabesuch mit ihrem Apotheker sprechen. Die
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Wärme kann die Wirkung verschiedener Arzneimittel verändern, informiert die Bundesapothekerkammer. So geben
zum Beispiel einige wirkstoffhaltige Pflaster in der Sauna
mehr Arzneistoff in die
Haut und das Blut ab.
Ihre Wirkung kann sich
dadurch verstärken. Das
betrifft zum Beispiel
Wirkstoffpflaster gegen
Schmerzen oder zur
Raucherentwöhnung.
Andere Wärmequellen
wie Heizkissen oder
Wärmstrahler wirken
ähnlich. Durch starkes
Schwitzen kann in der
Sauna zudem die Klebefähigkeit von Pflastern nachlassen, sie können sich leichter ablösen. Einige so genannte
„Rheumasalben“ sollten vor dem Saunagang vermieden
werden, da diese Kombination die Haut zu stark reizt. Auch
Insulin verträgt keine Wärme. Diabetiker, die eine
Insulinpumpe tragen, sollten diese vor dem Saunagang ablegen. Die Wärme in der Sauna empfinden viele Menschen
als angenehm und entspannend. Aber bei einigen
Krankheiten sollten Patienten vorsichtig sein, denn je nach
Ausmaß der Krankheit kann die Wärme die Beschwerden
verschlimmern. Dazu gehören unter anderem Fieber und
akute Entzündungen. ■
Viele Menschen wissen nicht so
genau, was sie als kranke Arbeitnehmer tun dürfen und was sie besser
lassen sollten. Darf man zum Beispiel
einkaufen gehen, wenn man krankgeschrieben ist? Die Antwort auf diese
u. a. Fragen weiß Hans Haltmeier,
Chefredakteur der Apotheken Umschau: „Wer krank ist und nicht arbeiten kann, darf natürlich trotzdem einkaufen gehen, wenn er niemand hat,
der das für ihn erledigt. Er muss sich
ja versorgen können. Grundsätzlich
ist alles erlaubt, was die Genesung
nicht verzögert oder gefährdet. Man
sollte aber vorsichtig sein. Denn das
eine ist die rechtliche Lage, das andere ist die Situation, in die man sich
dadurch vielleicht begibt. Manches kann einfach Ärger
geben.“ Darf man zu Verwandten fahren, um sich dort
pflegen zu lassen? „Ärger sollte es eigentlich nicht
geben, wenn man zu Verwandten fährt, um sich dort pflegen zu lassen – je nach Krankheit kann das sogar sehr
sinnvoll sein, weil man dann ja schneller gesund wird.
Allerdings sollte man nicht unbedingt ins Ausland fahren,
denn dadurch kann man den Versicherungsschutz gefährden. Und auf alle Fälle mit dem Arzt vorher darüber
reden, sich vielleicht sogar ein Attest geben lassen.“ ■
Quelle: ABDA
Quelle: Apotheken Umschau
KRANK ALS ARBEITNEHMER:
WAS SIE DÜRFEN UND WAS NICHT
Foto: DAK
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MEDIZIN & FORSCHUNG
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Befund MS 3/2009
15
BEFUND MS AKTUELL
Strategien gegen die Nebenwirkungen neuer MS-Therapien
Immunadsorption – Blutreinigungsverfahren
gegen schwere Infektionen
ZERSTÖRERISCHE WIRKUNG WEIßER
BLUTZELLEN UNTERBINDEN
Natalizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der in der EU
seit 2006 für die Behandlung von schwerer, schubförmiger
MS zugelassen ist. Der Antikörper bindet an bestimmte
Strukturen auf der Oberfläche von weißen Blutkörperchen
und hindert sie so an ihrer Wanderung durch die Gefäßwand in entzündetes Gewebe. So unterbindet der Wirkstoff
die zerstörerische Wirkung der weißen Blutzellen, die sich
bei MS gegen die Isolierschicht der Nervenfaserbahnen
richtet. Da die weißen Blutkörperchen eigentlich der
Vernichtung schädlicher Fremdkörper wie Viren oder
Bakterien dienen, muss man so allerdings auch eine Schwächung der Immunabwehr in Kauf nehmen.
Schon in klinischen Studien hatte der Wirkstoff bei zwei MSPatienten zu progressiver multifokaler Leukenzephalopathie
(PML) geführt. Diese schwere Gehirninfektion wird durch
das JC-Virus ausgelöst, das 80 % aller Erwachsenen im Körper tragen, wobei es normalerweise durch das Immunsystem
in Schach gehalten wird. Weniger Erfahrene können die
Symptome einer
PML mit einem
MS-Schub verwechseln. „Da
die beiden betroffenen Patienten allerdings
zeitgleich mit
dem ebenfalls immunwirksamen Interferon Beta behandelt
wurden, bestand die begründete Hoffnung, dass die
Monotherapie relativ gefahrlos sei“, erklärt Prof. Gold.
Zudem hat die Hersteller-Firma zu Beginn der Zulassung im
Sommer 2006 jeweils länderspezifisch umfassende
Vorbereitungsseminare angeboten, in denen auch Vorsichtsund Therapiemaßnahmen erörtert wurden. Im Juli 2008
wurde dann fast gleichzeitig bei einem deutschen und einem
schwedischen MS-Patienten eine PML diagnostiziert, nach
14 bzw. 16 Monaten Natalizumab-Therapie. Die Behandlungsstrategien gegen die Infektion sind Inhalt der beiden
Arbeiten, die von den deutschen und schwedischen Autoren
zeitgleich zur Publikation eingereicht wurden. Der deutsche
Patient wurde bei Dr. Werner Wenning in Offenburg behandelt, die Therapie von Prof. Gold aus Bochum gesteuert.
Foto: Shutterstock
D
ie Kehrseite neuer Immuntherapien gegen Multiple
Sklerose (MS) sind u. a. schwere Infektionen, die
u. U. in seltenen Fällen tödlich verlaufen können. So
öffnet die Behandlung mit Natalizumab, das die
Immunantwort herabsetzt, der progressiven multifokalen
Leukenzephalopathie (PML), einer schweren Gehirnentzündung, die Tür. Als Gegenstrategie setzten Prof. Dr. Ralf
Gold (RUB-Klinik für Neurologie) und Dr. Werner Wenning
(Offenburg-Gengebach) auf das Blutreinigungsverfahren
Immunadsorption, um den Wirkstoff zu entfernen und die
Immunantwort wieder zu stärken. Über ihre erfolgreiche
Behandlungsstrategie berichten sie in der aktuellen
Ausgabe des New England Journal of Medicine.
IMMUNADSORPTION ENTFERNT
DEN WIRKSTOFF
Ziel der Therapie war die Wiederherstellung des körpereigenen Immunsystems des Patienten, das das JC-Virus
bekämpfen sollte. Dazu mussten die Mediziner den
Wirkstoff möglichst aus dem Körper des Patienten entfernen.
Natalizumab zirkuliert sehr lange im Körper: Erst nach
durchschnittlich 16 Tagen reduziert sich der Wirkstoffspiegel
um etwa die Hälfte. Die Bochumer und Offenburger
Forscher entschieden sich daher für ein Blutreinigungsverfahren. Spätere Messungen zeigten, dass der Medikamenten-
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16
Befund MS 3/2009
BEFUND MS AKTUELL
spiegel innerhalb einer Woche von 10,8 g/ml auf unter
0,25 g/ml reduziert wurde. Parallel verbesserten sich die
Symptome vorübergehend.
Vier Wochen später trat dann eine sekundäre Verschlechterung auf. In diesem Stadium der wiedererwachenden Immunantwort (IRIS = immune reconstitution inflammatory syndrome) wird das Virus im Gehirn durch Immunzellen (zytotoxische Lymphozyten) eliminiert. Dies führt zum Tod der virusinfizierten Oligodendrozyten, bestimmter Stützzellen des
Gehirns, die für die Isolierung der Nervenzellverbindungen
sorgen. Der Patient benötigte vier Wochen Intensivmedizin
einschließlich Beatmung und künstlicher Ernährung, bis er in
die Anschlussrehabilitation verlegt werden konnte. Die therapeutischen Maßnahmen werden im New England Journal of
Medicine ausführlich beschrieben und diskutiert.
Neurologen müssen den Umgang mit neuen Nebenwirkungen kennen, um die Chancen moderner Immunthera-
Blutreinigungsverfahren – was steckt dahinter?
pien optimal zu nutzen. „Neue MS-Medikamente haben uns
leider auch neue Nebenwirkungen beschert“, sagt Prof.
Gold. „Momentan steht Natalizumab weltweit im Mittelpunkt des Interesses, aber bald werden vielleicht andere wie
Alemtuzumab oder anti-CD20-Antikörper folgen. Deshalb ist
es wichtig, dass die behandelnden Neurologen mit den
Komplikationen und deren Behandlung sehr gut vertraut
sind. Nur so kann es uns gelingen, erfolgreich durch die therapeutischen Möglichkeiten zu navigieren und die Chancen
moderner Immuntherapien zum Wohle unserer Patienten
optimal zu nutzen. Vielleicht wird uns die Zukunft ein solches
,therapeutisches Navigieren’ durch moderne Immuntherapien ermöglichen, mit Zyklen von Eskalation und Deeskalation in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität.“ ■
Quelle: Ruhr-Universität Bochum
Fortschritte bei der MS-Therapie mit monoklonalen Antikörpern erhöhen Sicherheit
Man unterscheidet bei den hier eingesetzten
Blutreinigungsverfahren, auch Therapeutische Apherese
genannt, zwei Verfahren: den Plasmaaustausch und die
Immunadsorption. Beide Verfahren werden bei einem
Nicht-Ansprechen einer Steroidpulstherapie nach einem
MS-Schub eingesetzt. Hierbei nutzt man aus, dass sich die
krankmachenden Substanzen (Antikörper und
Immunkomplexe) in der Blutflüssigkeit (Plasma) befinden.
Beim Plasmaaustausch wird das eigene Plasma durch
Fremdeiweiß ersetzt, d. h., es wird verworfen. Als
Fremdeiweiß wird in der Regel FFP (Fresh Frozen Plasma)
oder eine albuminhaltige Lösung (beides aus Spenderblut)
eingesetzt. Das eigene Plasma enthält allerdings neben
krankmachenden auch nützliche Substanzen. Deshalb
wird im Gegensatz zum Plasmaaustausch bei der
Immunadsorption das eigene Plasma ohne den Einsatz
von Fremdeiweiß gereinigt. Es erfolgt die gezielte
Entfernung der krankmachenden Substanzen. Der Patient
erhält ausschließlich sein eigenes, gereinigtes Plasma
zurück. Die Immunadsorption ist effizient, sehr sicher und
nebenwirkungsarm.
Mit neuen Empfehlungen reagieren deutsche Neurologen
auf Neuerungen bei der Therapie der Multiplen Sklerose
(MS). Die Behandlung dieser Nervenkrankheit sei in den
letzten Jahren nicht nur effektiver geworden, sondern auch
komplexer und risikobehafteter, heißt es in einem Manuskript zur Therapie der MS, das auf einer Arbeitstagung
der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft (DMSG)
entstanden ist. Der monoklonale Antikörper Natalizumab
zur Therapie der MS steht weltweit im Interesse, weil er im
Vergleich zur Standardbehandlung mit Interferon-BetaPräparaten jene „Schübe“ besser verringern kann, bei
denen Zellen des Nervensystems über lange Zeit immer
stärker geschädigt werden. Gleichwohl sind ernst zu nehmende Komplikationen in der Diskussion: Der monoklonale Antikörper schwächt offenbar unter nicht genau bekannten Umständen die Immunfunktion des Gehirns. Um die
Arznei verwenden zu können, sind deshalb umfangreiche
Vorsichtsmaßnahmen notwendig, wie sie in den Leitlinien
der Deutschen Gesellschaft für Neurologie dargestellt werden. Dazu gehört auch, dass die Anwendung auf besonders schwere Fälle beschränkt ist und auf Patienten, die
trotz Anwendung von Interferon Beta mindestens einen
weiteren Krankheitsschub erleiden.
Dr. Christa Seipelt
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V. (DGN)
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Befund MS 3/2009
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BEFUND MS AKTUELL
Multiple Sklerose und Partnerschaft/Sexualität
Die Diagnose „Multiple Sklerose“ bringt für Betroffene nicht nur Veränderungen im Hinblick auf die
körperliche Verfassung mit sich, sondern gleichermaßen auch Veränderungen im Hinblick auf ihre Rolle
innerhalb des sozialen Umfeldes. Insbesondere für die Partnerschaft und den Umgang miteinander ergibt
sich eine neue Situation, die es gemeinsam zu bewältigen gilt. Ein offener Dialog mit dem Partner ist in
dieser Situation unabdingbar.
AM ANFANG STEHT DIE KRISE
Die Diagnose Multiple Sklerose ist zunächst ein Schock –
sowohl für die Betroffenen als auch für die Partner und
Familien. Trauer, Wut und Ohnmachtsgefühle dominieren
zunächst den Alltag und bergen ein hohes Konfliktpotenzial.
Ein sinnvoller Umgang mit der veränderten Lebenssituation
muss gemeinsam erarbeitet werden, damit das
Zusammenleben auch in der neuen Situation harmonisch
und für alle Seiten befriedigend gestaltet werden kann.
GEMEINSAME NEUORIENTIERUNG
ERFORDERLICH
Hier ist eine grundsätzliche Neuorientierung im Zusammenleben erforderlich, die sich nur bewerkstelligen lässt, wenn
offen kommuniziert wird. Zu einer gemeinsamen konstruktiven Bewältigung der Krankheit gehört auch die Überwindung von Konflikten und Krisensituationen. Hier helfen
Offenheit und ein bewusster Umgang miteinander, der
möglichst frei von Vorwürfen und unterschwelligen
Aggressionen sein sollte. Ein offener Streit, der gemeinsam
ausgetragen und bewältigt wird, ist in der Regel konstruktiver als unterdrückte negative Gefühle, die zu einer stillen
Entfremdung führen können. Die Kommunikation zwischen
den Partnern ist ein Schlüsselelement der gemeinsamen
Krankheitsbewältigung.
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Befund MS 3/2009
Foto: Photodisc
Körperliche und psychische Probleme des Erkrankten haben
direkte Auswirkungen auch auf das Leben der Partner und
der Familien. Oftmals sind MS-Patienten erschöpft und überlastet durch Krankheit, Krankheitsfolgen (z. B. Fatigue) und
Therapie. Dies hat z. B. zur Folge, dass die Rollenverteilung
überdacht und angepasst werden muss und dass oftmals
gemeinsame Aktivitäten in den Hintergrund rücken und die
Krankheit die Lebensführung bestimmt. Dies kann für alle
Beteiligten zu einer starken Belastungssituation führen.
Wichtig ist es in dieser Lage, dass nicht nur die Bedürfnisse
des Erkrankten berücksichtigt werden, sondern dass auch
Partner und Familie eigene Bedürfnisse formulieren und dass
diese auch beachtet werden.
INDIVIDUELLE FREIRÄUME SIND
NOTWENDIG
Um Kraft zu schöpfen bzw. zu bewahren ist es wichtig, dass
die Multiple Sklerose eines Partners nicht zum zentralen
Lebensinhalt des gesamten sozialen Umfeldes wird.
Insbesondere in einer Liebesbeziehung ist es von großer
Bedeutung, dass beide Partner sich auch Freiräume für ihre
persönliche Entwicklung und eigene Interessen bewahren.
Nur so kann auch die Partnerschaft lebendig gestaltet werden. Klare Grenzen ziehen, Abläufe und Zuständigkeiten
festlegen und erforderliche Hilfestellungen besprechen,
grundlegende organisatorische Dinge regeln – all dies kann
dazu beitragen, dass gesunder und erkrankter Partner weiterhin eine erfüllte und glückliche Partnerschaft führen.
BEFUND MS AKTUELL
ten und Unsicherheiten besetzt ist. Hier ist es wichtig,
gemeinsam nach Lösungen zu suchen, damit eine befriedigende Sexualität als wichtiger Bestandteil einer
Partnerschaft gelebt werden kann.
Foto: Shutterstock
Ärztliche Unterstützung durch einen Gynäkologen bzw.
Neurologen oder Urologen, psychologische Beratung für
Paare, Medikamente und technische Hilfsmittel können
Lösungsmöglichkeiten bieten. Wichtig ist es, das Thema
Sexualität nicht zu tabuisieren, sondern gemeinsam zu
einem aktiven Umgang damit zu finden.
NEUE ASPEKTE DER SEXUALITÄT
BERÜCKSICHTIGEN
Je nachdem, welche Nervenbahnen betroffen sind, kann
die Multiple Sklerose auch zu sexuellen Funktionsstörungen
führen. Hierzu können z. B. Libidoverlust oder Orgasmusprobleme bei betroffenen Frauen oder bei Männern
Erektions- und Ejakulationsstörungen* gehören. Insbesondere während eines Schubes können Beeinträchtigungen
auftreten.
Dies kann – sofern die Partner keinen sinnvollen Umgang
mit der neuen Situation finden – die Partnerschaft zusätzlich
belasten. Es ist daher wichtig, dass Betroffene dem Partner
mitteilen, inwiefern die Erkrankung z. B. eine Sensibilitätsverminderung verursacht oder welche anderen Aspekte der
Erkrankung dazu führen, dass die Sexualität sich u. U. verändert hat.
MS-Symptome wie Fatigue, Inkontinenz oder Koordinationsstörungen können dazu führen, dass bei Betroffenen das
Thema Sexualität eher in den Hintergrund tritt bzw. mit Ängs-
NÄHE UND GEBORGENHEIT
Die durch die körperlichen Einschränkungen eines an MS
erkrankten Partners u. U. beeinträchtigte gemeinsame
sexuelle Erlebnisfähigkeit kann durch einen vertrauensund liebevollen Umgang miteinander gefördert werden.
Nähe, Geborgenheit und ein möglichst natürlicher, unbefangener Umgang mit der neuen Situation können dazu
beitragen, Ängste und Unsicherheiten auf beiden Seiten
zu überwinden. ■
at
*Erektile Dysfunktion (ED)
Gegen die ED sollte zunächst die Grunderkrankung –
die MS – therapiert werden. Darüber hinaus kann der
Arzt z. B. eine gezielte medikamentöse Behandlung einleiten. Auch die sog. Schwellkörper-Autoinjektion (SKAT),
operative Verfahren oder der Einsatz von Vakuumpumpen können probate Wege sein, eine ED zu behandeln. Zur medikamentösen Behandlung stehen z. B. sog.
PDE-5-Hemmer (u. a. Tadalafil, Sildenafil) als Arzneistoffe zur Verfügung. Alternativ kann mit dem Wirkstoff
Prostaglandin E1 behandelt werden. Betroffene können
sich jedoch z. B. auch mit einer Vakuumpumpe behelfen.
Auch eine Operation kann in Erwägung gezogen werden. Hierbei wird dem Patienten ein aus Kunststoff
gefertigtes Penisimplantat eingesetzt.
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Befund MS 3/2009
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BEFUND MS AKTUELL
Immer mehr Menschen leiden an
Multipler Sklerose
Forscher suchen nach neuen Therapien
Zehn Jahre lang hat Dirk Riepe seine Krankheit vor den Kollegen geheim gehalten. Selbst wenn er zeitweise
mit Krücken zur Arbeit kam, wurden sie nicht stutzig. Rückenprobleme haben schließlich viele. Doch
irgendwann war der Verfall seines Körpers nicht mehr zu verheimlichen, und er war auf den Rollstuhl angewiesen. Erst dann offenbarte sich der jetzt 46-Jährige seinem Chef.
B
MS ist in Mitteleuropa die häufigste chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems. In der
Bundesrepublik sind nach Angaben der Deutschen
Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) bis zu 140.000
Menschen daran erkrankt. Frauen werden doppelt so
häufig krank wie Männer. „Schlimm ist, dass es vor allem
junge Menschen zwischen 20 und 35 Jahren trifft“, sagt
der Direktor der Neurologischen Klinik der RuhrUniversität Bochum, Prof. Ralf Gold, der auch Vorstandsmitglied des Ärztlichen Beirats der DMSG ist. „Leider ist
auch die Zahl der Kranken steigend.“
90 % DER FÄLLE MIT
SCHUBFÖRMIGEM VERLAUF
MS kann jeden Teil des Nervensystems befallen, dementsprechend vielgestaltig ist die Krankheit. Bei Dirk Riepe
begann der Leidensweg mit heftigen Rückenschmerzen,
Taubheitsgefühl und Sehstörungen. Mit 29 Jahren, gerade
mit dem Studium fertig, bekam er seine Diagnose. Die folgenden 17 Jahre waren eine gesundheitliche Achterbahn.
Mal hatte er tage- oder wochenlang große Schmerzen, litt
unter Drehschwindel und war zeitweise blind. Dann verschwanden die Beschwerden für unbestimmte Zeit wieder.
Riepes Krankheit kam in Schüben.
Die neurologischen Störungen treten kurzfristig auf und bilden sich anschließend ganz oder teilweise zurück. Bei rund
90 % der Betroffenen wird laut Prof. Gold ein schubförmiger
Verlauf diagnostiziert, der sich unbehandelt nach etwa zehn
Jahren schon bei der Hälfte in einen sekundär chronisch fort20
Befund MS 3/2009
Foto: Serono
ei Riepe war 1992 Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert worden. „Ich habe mich komplett geweigert, die Krankheit anzuerkennen“, erinnert er sich.
Heute arbeitet der zweifache Familienvater noch immer
als Elektroingenieur für die Umwelttechnologie in dieser
Firma.
Die Krankheitsherde liegen im Zentralen Nervensystem
schreitenden Verlauf wandelt. Bei 10 % der Betroffenen
schreitet die Krankheit von Anfang an ohne zwischenzeitliche Besserung immer weiter fort. Ihnen kann die Medizin
nur wenig helfen.
Neue Fortschritte in der Therapie gibt es ausschließlich für
die schubförmigen Krankheitsverläufe. Ingesamt gesehen
sind die Aussichten bei MS ohne Behandlung eher trübe.
„Bei nur etwa 3 % der Patienten verläuft die Krankheit nach
heutigem Verständnis gutartig“, sagt Prof. Gold. „Die restlichen können schon mit 30 oder 40 Jahren mit dem unheilbaren Verfall ihres Körpers konfrontiert werden.“
Die Symptome brechen dort aus, wo der Entzündungsherd
im Zentralen Nervensystem sitzt. Ist der Sehnerv betroffen,
kommt es zu Sehstörungen. Schäden am motorischen
System werden durch Lähmungen der Füße und Hände
sowie Verkrampfungen der Muskulatur offenbar. Sind die
vegetativen Bahnen betroffen, leidet der Kranke unter
Funktionsstörungen von Blase und Darm. Typisch ist auch
eine zunehmende körperliche und psychische Ermüdbarkeit,
unabhängig von Belastungen.
BEFUND MS AKTUELL
GENETISCHE FAKTOREN UND
UMWELTEINFLÜSSE IM VERDACHT
Obwohl seit Jahrzehnten geforscht wird und unzählige klinische Studien laufen, sind Ursachen und Verlauf der Krankheit
immer noch weitgehend unklar. Die Krankheitsherde liegen im
empfindlichen Hirngewebe und sind den Forschern nur schwer
zugänglich. Vieles spricht dafür, dass die Multiple Sklerose
durch eine Autoimmunstörung ausgelöst wird, bei der das fehlgeleitete Immunsystem die Markscheiden, eine isolierende
Umhüllung der Nervenstränge, angreift und zerstört. Dadurch
wird die Erregungsleitung in den Nervenfasern verlangsamt
oder ganz unterbrochen. Es kommt zu neurologischen
Ausfällen.
Die Markscheiden können nach wiederholten Krankheitsschüben nicht mehr effizient nachgebildet werden, und auch
die Nervenfasern selbst sterben dann ab. So entstehen schließlich irreversible Schäden und eine dauerhafte Behinderung.
Was aber ursprünglich das Immunsystem in die Irre führt, bleibt
weiter im Dunkeln. Die Forscher vermuten, dass viele verschiedene Faktoren zur Entstehung der Krankheit beitragen, darunter auch genetische Faktoren und Umwelteinflüsse.
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NEUE THERAPIEN
Neue Therapien können die schädliche Immunreaktion mittlerweile pauschal dämpfen und so das Fortschreiten der
Krankheit verzögern. Je wirksamer eine Therapie jedoch ist,
desto schwerer sind u. U. auch die Nebenwirkungen. In der
Erprobung sind beispielsweise Substanzen, die die
Entzündungslawine gar nicht erst ins Rollen kommen lassen,
sowie Mittel, die den Wiederaufbau der zerstörten Nervenschutzschicht fördern. Internationale Forscher haben jetzt
herausgefunden, dass bewährte Medikamente gegen HerzKreislauf-Erkrankungen die Entzündungsreaktion bei MS
abmildern.
Dirk Riepe lebt gerade recht gut zwischen zwei
Krankheitsschüben. Er sagt, dass er sich „mit den Resten
seines Körpers angefreundet“ habe. Über sein Leben mit
der Krankheit hat Riepe ein Buch voll ironischer
Geschichten geschrieben („Ernähren Sie sich salzlos!“,
Mabuse-Verlag). Ein Ratgeberbuch für MS-Patienten ist in
Planung. ■
Quelle: Associated Press
neuroapotheke.de
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Befund MS 3/2009
21
NEUES AUS DER SELBSTHILFE
Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG)
Eine starke Partnerin im Kampf gegen MS
Die DMSG, 1952 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, hat eine klar definierte
Aufgabe: Sie vertritt die Belange von MS-Erkrankten und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge.
Mit dem Bundesverband, 16 Landesverbänden und derzeit rund 920 örtlichen Kontaktgruppen ist die
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft eine große Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen
und vielen engagierten ehrenamtlichen Helfern und hauptberuflichen Mitarbeitern. 83 % der ca. 47.000
Mitglieder sind an MS erkrankt.
D
Als aktives Mitglied sowohl in der Multiple Sclerosis Federation
(MSIF) als auch in der European Multiple Sclerosis Platform
(EMSP) setzt sich die DMSG für einen weltweit einheitlichen
Qualitätsstandard in der Vorsorgung vom MS-Patienten und die
weltweite Koordination der MS-Forschung ein.
AKTIVITÄTEN DES BUNDESVERBANDES
Neue Projekte im Internet: „eTrain MS“ ist ein innovatives
dreistufiges Online-Lernprogramm, das MS-Erkrankten,
Angehörigen und Interessierten die Möglichkeit bietet, profundes Wissen über MS zu erwerben und anhand von
Testfragen zu überprüfen. Die erfolgreiche Teilnahme wird
mit einer Urkunde belohnt. Der animierte Internetauftritt
„Multiple Sklerose verstehen“ wurde durch das Tool
„Symptome nachempfinden“ ergänzt. Sehstörungen, Tremor
und Gangsicherheit werden simuliert. Das Infoportal für
Kinder und Jugendliche erhielt ein Forum, in dem sich die
jungen Nutzer untereinander austauschen, Tipps und Ideen
weitergeben können. „Multiple Sklerose Wissen“ hält alle
Information zur MS von den Ursachen bis zu Diagnose und
Therapie online bereit. In Multiple Sklerose-TV geben MSExperten Auskunft zu Forschung und Therapie, Patienten und
Angehörige berichteten über Strategien, mit MS zu leben.
Insgesamt wurden 2008 elf Podcasts, 2009 bislang sechs
Podcasts online geschaltet.
22
Befund MS 3/2009
Foto: Shutterstock
ieser hohe Organisationsgrad von direkt betroffenen
Menschen prägt die Verbandsarbeit sehr stark und
stellt die tatsächlichen Anliegen in den Vordergrund.
Durch die Arbeitsteilung zwischen den Landesverbänden
und dem Bundesverband hat das Hilfsangebot eine enorme
Bandbreite. Während die unmittelbare Beratungstätigkeit
den Landesverbänden obliegt, liegen die Schwerpunkte des
Bundesverbandes in der Entwicklung und Herausgabe der
umfangreichen Aufklärungs- und Informationsmaterialien,
der Erarbeitung von Stellungnahmen zu medizinischen und
rechtlichen Sachverhalten sowie der Initiierung und
Förderung von MS-Forschungsprojekten.
NEUE BROSCHÜREN 2009 U. V. M.
„Selbstheilungskräfte stärken“ beschreibt, wie und warum die
alternativen Methoden Homöopathie, Visualisierung und
Lachyoga zur Verbesserung der Lebensqualität MS-Erkrankter
beitragen können. „Wege aus dem Tief“ beschäftigt sich mit
seelischen Problemen bei MS und den Möglichkeiten ihrer
Bewältigung. In den Broschüren „Familienleben mit MS“, „Aktiv
im Beruf“ und „Pflege bei MS“ werden spezifische
Problematiken, die vor allem den Alltag mit MS betreffen, thematisiert. So werden Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, Tipps
und Anregungen zur Verbesserung der Lebensqualität gegeben. Persönliche Erfahrungsberichte sollen Mut machen, eigene Wege zu finden und zu gehen.
Sowohl 2008 wie auch 2009 hat sich die DMSG wieder an
der weltweiten Spendenaktion zugunsten der MS-Forschung
„MS Global Dinner Party“ sowie am 27. Mai 2009 am 1. WeltMS-Tag beteiligt. Die bereits in den vergangenen Jahren
begonnenen Projekte „MS-Register für Deutschland“, Zertifikat
„Anerkannte MS-Zentren“ und die Aus- bzw. Fortbildungen
„Pflege bei MS“ und „MS-Therapiemanagement“ wurden
erfolgreich weitergeführt. Informationen zu allen DMSGProjekten gibt es unter www.dmsg.de. ■
Quelle: DMSG
NEUES AUS DER SELBSTHILFE
Befund MS
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Wichtige Adressen
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft
Bundesverband e. V.
Küsterstr. 8
30519 Hannover
Tel.: 05 11/9 68 34-0
Fax: 05 11/9 68 34-50
E-Mail: [email protected]
Internet: www.dmsg.de
Institut für Multiple Sklerose Forschung
am Universitätsklinikum Göttingen
Waldweg 33
37073 Göttingen
Tel.: 05 51/39-1 33 32
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Schelmengrubweg 29
69198 Schriesheim
Tel. & Fax: 0 62 03/6 58 31
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Sclerosis Research
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Intensivierte Rehabilitationsbehandlung der MS
Ziel der stationären Rehabilitationsbehandlung ist, die Auswirkungen der Erkrankung auf die körperliche und geistige
Funktion, die persönlichen Aktivitäten und die Teilnahme am
gesellschaftlichen Leben zu minimieren. Dabei soll vor allem
die Kompetenz der Patienten gestärkt werden, die Erkrankung
besser zu bewältigen. Die Unterbringung erfolgt in Zimmern
mit gehobenem Hotelcharakter, ggf. Kinderbetreuung (1 – 12
Jahre, 8.00 – 16.00 Uhr).
Das Neurologische Zentrum der Segeberger Kliniken Gruppe
ist als „Anerkanntes MS-Zentrum“ durch die DMSG zertifiziert.
2
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Station V3, VITALIA Klinik Hotel
Am Kurpark 1, 23795 Bad Segeberg
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Befund MS 3/2009
23
NEUES AUS DER SELBSTHILFE
„eTrain MS basics“ liegt jetzt als Broschüre vor
Was bislang nur via Internet möglich war, ist jetzt auch in Papierform zugänglich: Die erste Stufe des innovativen Lernprogramms zum Krankheitsbild der Multiplen Sklerose – „eTrain MS basics“ – liegt nun als
Broschüre vor.
A
lle Wissensinhalte, die die digitale Version bietet,
vermittelt auch die Broschüre. Natürlich kann sie die
Online-Animationen nicht abbilden, die im Internet
das Lernprogramm auflockern. Dafür kann man aber in der
gedruckten Fassung in Ruhe vor- und zurückblättern und das
Heft natürlich auch überall mit hinnehmen.
Wo kommt MS vor? Ist MS vererbbar? Was ist eine
Lumbalpunktion? Antworten auf diese und viele andere
Fragen gibt die Broschüre „eTrain MS basics“. Die wichtigsten Grundlagen zum Krankheitsverständnis wie Ursachen,
Krankheitsverlauf und Symptome sowie ein erster Einblick in
die gängigen Diagnoseverfahren und in die Grundzüge der
Schub-, immunmodulatorischen und symptomatischen
Therapie werden vermittelt. Neben den Unterstützungsmöglichkeiten durch die DMSG und ihre Landesverbände
erfährt der Leser auch, was Betroffene selbst aktiv gegen
ihre Erkrankung tun können.
Selbstverständlich sind in der Broschüre auch alle Übungsfragen enthalten, mit denen das erworbene Wissen nach
jedem der fünf Hauptkapitel überprüft werden kann. Auch
der abschließende Testfragebogen liegt der Broschüre bei
und kann nach der Bearbeitung per Post oder per Fax an
den DMSG Bundesverband gesandt werden. Wer mindestens acht der zehn Fragen richtig beantwortet, erhält die
Urkunde, die ein solides Basiswissen über MS bescheinigt.
Mit der vom DMSG Bundesverband und der AMSEL,
Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg, erarbeiteten Broschüre werden Sie bequem zum Experten in eigener Sache. ■
Quelle: DMSG
Aufbauwissen zur Multiplen Sklerose
Eine gute Nachricht für alle, die beim Lernen lieber auf eine Papiergrundlage zurückgreifen, statt mit der
Maus zu operieren: Die zweite Kursstufe des Lernprogramms „eTrain MS“, das Aufbauwissen „medium“,
liegt jetzt auch als Broschüre vor.
I
n Aufbau, Text und Illustrationen identisch mit der InternetVersion, lädt auch die medium-Broschüre dazu ein, das
Grundlagenwissen aus dem Basiskurs zu erweitern und zu
vertiefen. Was sind SEPs? Ist eine Schwangerschaft mit MS
möglich? Wann ist die eskalierende Therapie sinnvoll?
Antworten auf diese und viele andere Fragen finden sich im
Lernprogramm für Fortgeschrittene. Eine Reise ins Zentrale
Nervensystem klärt über die zellulären Vorgänge auf, die sich
an der Blut-Hirn-Schranke und den Myelinscheiden der
Nervenzellen abspielen.
LERNPROGRAMM FÜR FORTGESCHRITTENE
Die Bedeutung der Magnetresonanztomographie für eine
sichere Diagnosestellung nach den McDonald-Kriterien wird
ausführlich dargestellt und umfassende Einblicke in die medikamentöse und symptomatische Therapie werden gewährt.
Darüber hinaus wird erläutert, welche Entspannungstechniken sich für MS-Erkrankte eignen und was beispiels24
Befund MS 3/2009
weise ein „Anerkanntes MS-Zentrum“ ist. Natürlich hält auch
die medium-Broschüre nach jedem der insgesamt sechs
Lernkapitel wieder Übungsfragen zu den im jeweiligen
Modul behandelten Inhalten bereit. Im abschließenden
Testmodul sind zehn Fragen zur Überprüfung des gesamten
neu erworbenen Wissens zu beantworten. Wer mindestens
acht Fragen richtig beantwortet und den heraustrennbaren
Testbogen einsendet, erhält die Urkunde, die ihm oder ihr
ein solides Wissen zum Krankheitsbild der Multiplen
Sklerose und die Qualifikation zur Teilnahme am dritten Kurs
„eTrain MS special“ bescheinigt. Noch in diesem Jahr wird
der dritte und letzte Teil – special – des Lernprogramms
„eTrain MS“, sowohl digital im Internet als auch als
Broschüre vorgelegt werden.
Sowohl im Online-Shop als auch in den Geschäftsstellen der
DMSG Landesverbände kann die Broschüre „eTrain MS
medium“ bestellt werden. ■
Quelle: DMSG
NEUES AUS DER SELBSTHILFE
DMSG-Ratgeber erläutert Rechtsgrundlagen
für MS-Erkrankte
Sowohl auf der Homepage als auch in der Zeitschrift aktiv
stellt der DMSG Bundesverband zwar regelmäßig Informationen zu Änderungen und Neuerungen im Sozialrecht,
die für MS-Erkrankte und ihre Angehörigen von großer
Relevanz sind, ein. Doch eine komprimierte Zusammenstellung sozialer Rechte, die insbesondere die Belange MSErkrankter mit ihren vielfältigen Symptomen und möglichen
Behinderungen berücksichtigt, fehlte bislang. Diese Lücke
hat der DMSG Bundesverband nun mit der Herausgabe der
Broschüre „Ihr gutes Recht“ geschlossen. Der aktuelle Ratgeber informiert in gut verständlicher Form und in einem
modernen Layout praxisnah über sozialrechtliche Inhalte. Er
soll MS-Erkrankte und
ihre Angehörigen dabei unterstützen, ihre
Rechte zu erkennen,
um bestehende Ansprüche besser einfordern zu können. Denn:
Wer seine Rechtsposition durch aktive
Mitwirkung an der
Aufklärung bestehender Sachverhalte und
durch Kenntnisse rechtlicher Rahmenbedingungen untermauern
kann, kann Probleme
bis hin zu Rechtsstreitigkeiten vermeiden oder aber entscheidend abkürzen.
„Ihr gutes Recht“, geschrieben von der selbst an MS
erkrankten Rechtsanwältin Marianne Moldenhauer, hilft,
komplizierte Sachverhalte besser zu durchschauen. ■
Foto: Shutterstock
M
it der Broschüre „Ihr gutes Recht“ legt der DMSG
Bundesverband einen Wegweiser durch ein
schwieriges Terrain vor: Welche Rechte haben
MS-Erkrankte eigentlich? Welche Leistungen übernehmen
Krankenkassen noch? Wie sieht es mit Leistungen zur
Rehabilitation und Teilhabe aus? Kommt das persönliche
Budget infrage? Was muss im Umgang mit Behörden und
Gerichten beachtet werden? Dies sind nur ein paar wenige
Beispiele dafür, dass die rechtliche Situation für den Laien in
der Regel sehr undurchsichtig ist und er sich im „Paragrafendschungel“ sehr schnell verirren kann.
Quelle: DMSG
Was Kinder über Multiple Sklerose
wissen möchten
A
lles, was unbekannt und fremd ist, macht zunächst Angst. Wer
sich aber ein wenig auskennt und die Dinge beim Namen nennen
kann, ist gut gewappnet und braucht sich nicht länger zu fürchten.
Und genau hier greift die aktuelle Kinderbroschüre „Ich hab’ keine Angst
vor MS“. Denn sie erklärt anschaulich, „Was Kinder über Multiple
Sklerose wissen möchten“ und was man als Kind tun kann, wenn jemand
in der Familie MS hat. Mit zahlreichen Illustrationen und Fotos bunt und
fröhlich gestaltet, bietet dieser kleine Ratgeber für Kinder zwischen 6 und
14 Jahren eine kindgerechte Aufklärung und Information.
Foto: DMSG
Besuchen Sie auch das Kinder- und Jugend-Internetportal
www.kinder-und-ms.de. Die neue DMSG-Broschüre klärt kindgerecht auf. Anschrift: Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft
Bundesverband e. V., Küsterstraße 8, 30519 Hannover, Internet:
www.dmsg.de. ■
Befund MS 3/2009
25
LEBEN MIT MS
Formen der Pflege und Betreuung bei MS
Nicht jeder MS-Kranke wird zwangsläufig pflegebedürftig. Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer
körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig
wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer (voraussichtlich für mindestens
sechs Monate) in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.
F
Foto: Photos.com
ür MS-Patienten ist der Blick auf
den kranken, gebrechlichen
und schmerzenden Körper das
vorherrschende Ereignis. Er bedeutet
u. U. lebenslange Angewiesenheit
auf Hilfe und Pflege und damit
gleichzeitig oft Abhängigkeit, wenn
der körperlich Behinderte zu einem
Pflegefall wird. Bei einer Pflege im
Haushalt kommen auf die restlichen
Familienmitglieder zum Teil physische und psychische Probleme zu. In
Selbsthilfegruppen und bei Einzelgesprächen können den Angehörigen die auftretenden Probleme
deutlich gemacht und ihnen verdeutlicht werden, wie sie darauf reagieren können bzw. im Vorfeld agieren,
anstatt erst dann zu reagieren, wenn es zu spät ist.
WELCHE PFLEGEMÖGLICHKEITEN GIBT ES?
Die Unterbringung in der Familie sollte durch regelmäßige
ärztliche und soziale Betreuung und unter Ausschöpfung
aller finanziellen gesetzlichen Möglichkeiten durchgeführt
werden. Ist die häusliche Pflege nicht möglich, muß ein Platz
in einem geeigneten Pflegeheim ausgesucht werden. Die
Einrichtung vernünftiger Unterbringungsmöglichkeiten ist
gerade für MS-Betroffene notwendig. Die richtige Unterbringung von MS-kranken Pflegebedürftigen wirft oft
Probleme auf, da es zu wenig spezielle MS-Pflegeeinrichtungen oder betreute Wohneinheiten gibt.
MS-Betroffene, die von ihren Angehörigen oder ambulanten
Kräften nicht mehr ausreichend gepflegt werden können,
werden oft in Altenheime eingewiesen, um wenigstens die
medizinische und hygienische Pflege zu gewährleisten. Die
individuelle Arbeit mit dem Erkrankten kann dabei zu kurz
kommen. Neben der medizinischen Versorgung ist die soziale Betreuung wichtig. Der MS-Patient und der Angehörige
müssen die Möglichkeit haben, Probleme aller Art, die sich
durch die Krankheit/Pflege ergeben, anzusprechen, und es
sollte durch fachkundige Kräfte versucht werden, alle
Möglichkeiten auszunutzen.
26
Befund MS 3/2009
Mobilität und Flexibilität gehört heute zum Bild unserer
Gesellschaft, deshalb ist die Angst, einmal auf die Hilfe
anderer Menschen angewiesen zu sein, sehr groß. Frei nach
dem Motto „Lieber nicht dran denken“, wird diese Angst oft
schnell verdrängt. Pflegebedürftigkeit trifft die meisten unvorbereitet, viele schämen sich ihrer Hilfsbedürftigkeit, viele
falsche Vorstellungen spielen da eine Rolle. Einer Situation,
in der Menschen auf die Mithilfe anderer angewiesen sind,
braucht man sich nicht zu schämen. Im Gegenteil sollte sich
eine Gesellschaft schämen, die diese Menschen allein lässt.
Häusliche Pflege
Die häusliche Pflege hat Vorrang vor der stationären und
erklärt sich schon durch den Begriff. Deshalb bilden die
Leistungen zur Verbesserung der häuslichen Pflege den
Schwerpunkt des Pflegegesetzes. Je nach Schweregrad der
Pflegebedürftigkeit (I, II oder III) werden als Sachleistung
Pflegeeinsätze durch ambulante Pflegedienste und
Sozialstationen erbracht. Anstelle der Sachleistung kann ein
Pflegegeld beansprucht werden. Das setzt voraus, dass der
Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderliche
LEBEN MIT MS
Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Wird die Sachleistung nicht in
voller Höhe in Anspruch genommen, kann ein entsprechend
gemindertes Pflegegeld beansprucht werden. Das
Wahlrecht zwischen Sach- oder Geldleistung sowie die
mögliche Kombination von Sach- und Geldleistung ermöglicht dem Pflegebedürftigen eine seinen individuellen
Bedürfnissen entsprechende Gestaltung der Hilfe.
Ambulante Pflege
Unter ambulanter Pflege versteht man Hilfe- und
Unterstützungsleistungen, die vor Ort, also im Haushalt der
Pflegebedürftigen, erbracht werden. Zum ambulanten
Angebot gehört auch das „betreute Wohnen“, es ist stärker
auf das Wohnen als auf die Pflege ausgerichtet.
Pflegeleistungen können bei Bedarf eingekauft werden. Die
Pflegedienste rechnen die Pflegesachleistungen entsprechend der Pflegestufe mit den Pflegekassen ab. Leistungen,
die darüber hinausgehen, werden dem Pflegebedürftigen in
Rechnung gestellt. Sofern die Sachleistungen nicht in voller
Höhe vom Pflegebedürftigen ausgeschöpft werden, erhält
der Versicherte noch prozentual ein anteiliges Pflegegeld
ausbezahlt.
Kurzzeitpflege
Kann die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder
nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden und reicht
auch teilstationäre Pflege nicht aus, besteht der Anspruch
auf Kurzzeitpflege. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege als
Leistung der Pflegekassen ist allerdings auf vier Wochen im
Kalenderjahr beschränkt. Die Pflegekasse übernimmt dabei
Kosten für maximal vier Wochen in einer vollstationären
Einrichtung.
Tagespflege
Falls die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang
sichergestellt werden kann, haben Pflegebedürftige
Anspruch auf Pflege in teilstationären Einrichtungen. Die
Pflegekasse übernimmt pflegebedingte Aufwendungen und
die Aufwendungen für die soziale Betreuung. Der Anspruch
richtet sich nach der individuellen Pflegestufe. Auf den
Anspruch der Tagespflege sind die Leistungen der ambulanten Pflegesachleistungen anzurechnen.
men, dies allerdings nur bis zum jeweiligen Höchstbetrag
der entsprechenden Pflegestufe. Die Kosten für Unterkunft
und Verpflegung sowie die Investitionskosten sind von den
Bewohnern, den Pflegebedürftigen, selbst zu bezahlen. ■
Quelle: www.muskl.de
Servicehäuser
Das Service-Haus ist eine alternative Wohnform für körperbehinderte Menschen, die eigenständig die Organisation ihrer notwendigen Hilfen und deren Finanzierung
regeln können. Servicehäuser ermöglichen ein selbstständiges Leben, wenn eine normale behindertengerechte
Wohnung keine ausreichende Versorgung bietet und eine
Heimbetreuung nicht angezeigt ist. Mehrere in einem
Haus oder Gebäudekomplex vorhandene behindertengerechte Wohnungen sind mit einer Zentrale verbunden,
von der Hilfestellung gegeben werden kann. Eigentümer
der Wohnungen ist im allgemeinen eine Wohnungsbaugesellschaft oder ein Wohlfahrtsverband. Es werden normale Mietverträge über die Wohnungen abgeschlossen;
das bereitstehende Service-Personal muss von den
Mietern mitfinanziert werden. Alle täglich regelmäßig
wiederkehrenden, planbaren Hilfestellungen im pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Bereich werden über
eine Sozialstation oder einen ambulanten Hilfsdienst geregelt. Die Hilfen der Sozialstationen müssen vom Mieter
eigenständig organisiert und finanziert werden. Hierfür
können als finanzielle Unterstützung Leistungen nach dem
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) oder dem SGB V beantragt werden. Die Leistungsangebote verschiedener
Servicehäuser variieren, daher sollte man sich im Vorfeld
genau darüber informieren.
Quelle: DMSG-Landesverband NRW, www.dmsg-nrw.de
Vollstationäre Pflege
Im Pflegeheim erhalten kranke bzw. behinderte pflegebedürftige Menschen Unterkunft, Verpflegung und umfassende
soziale Betreuung und Pflege. Alle Einrichtungen haben entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit den
Pflegekassen. Von den Pflegekassen werden nur die Kosten
für den sogenannten pflegebedingten Aufwand übernomBefund MS 3/2009
27
LEBEN MIT MS
Internettipp: www.manfred-sauer.de
Spezifische Informationen für den Alltag mit MS
Unter der Internet-Adresse www.manfred-sauer.de finden Rollstuhlfahrer ein kleines Portal mit vielen
praktischen Informationen zu alltagsrelevanten Fragen.
DIE UNTERBEREICHE DES PORTALS
PRAKTISCH FÜR DEN ALLTAG
Neben einem Beratungszentrum für Ernährung und
Verdauung präsentiert sich hier die Manfred SauerStiftung, deren Ziel es ist, zu einem barrierefreien Miteinander von Menschen im Rollstuhl und Fußgängern beizutragen und Impulse für ein bewusstes Leben zu geben.
Unter www.manfred-sauer.de finden Besucher auch
einen Online-Shop für spezielle Bekleidung und
Accessoires für Rollstuhlfahrer/-innen: Hosen, deren
Schnitt der sitzenden Haltung im Rollstuhl angepasst ist,
Sakkos, Freizeitbekleidung,
Unt er wäsc he,
Schuhe, Schlupfsäcke, Jacken
und vieles mehr
in funktioneller
Ausführung. ■
LEBENSPHILOSOPHIE
Der Stifter Manfred Sauer, selbst Rollstuhlfahrer, gibt hier
seine Bewältigungsstrategien weiter. Er regt zu einer aktiven Lebensgestaltung an und fordert zu Leistungsbereitschaft auf.
28
Befund MS 3/2009
LEBEN MIT MS
Reisen mit Multipler Sklerose
Hochschule Niederrhein entwickelt touristisches Angebot für Menschen mit MS
Für Menschen mit Multipler Sklerose (MS) hat die 26-jährige Dominica Buchelt an der Hochschule
Niederrhein ein touristisches Angebot entwickelt, das es so bisher nicht auf dem Markt gibt. Zugleich liefert
sie der Tourismusbranche zahlreiche Hinweise, durch barrierefreie Angebote neue Kunden anzusprechen und
zu gewinnen. Mit der Studie beendete die Allgäuerin ihr Studium im Schwerpunkt Tourismus in
Mönchengladbach bei Prof. Dr. Andreas Sandermann-Jain.
Wie die Studie betont, ist der Entschluss für oder gegen eine
Destination maßgeblich vom Klima des Ziellandes beeinflusst.
Extreme Temperaturen wirken sich verschieden auf die
Symptome der Krankheit aus. Feucht-heißes Klima kann die
Schubbereitschaft des Körpers negativ beeinflussen, denn
Wärme wirkt entzündungsfördernd. Bei zu kalten Temperaturen
treten leichter Erkältungen auf, welche die Schubgefahr
erhöhen können. Grundsätzlich werden kühle Temperaturen
oder ein gemäßigtes Klima von den meisten MS-Betroffenen
besser vertragen. In neun von zehn Fällen macht den
Reisenden das Ermüdungs- und Erschöpfungs-Symptom zu
schaffen.
Betroffene mit Einschränkungen der oberen Extremitäten, Betroffene mit eingeschränkter Sehfähigkeit und
Betroffene mit kognitiven
Einschränkungen das touristische Angebot selbstständig nutzen können. Die
Beeinflussbarkeit der Symptome wird genutzt und ein
geeignetes zusätzliches therapeutisches Angebot erarEin touristisches Angebot
beitet, um die Lebensfür Menschen mit MS
entwickelte Dominica
qualität nachhaltig zu steiBuchelt zum Abschluss
gern. Sich anschließende
ihres Studiums an der
Studien, so Prof. SanderHochschule Niederrhein
mann, sollen vor allem den
Nutzen touristischer Angebote für die Verbesserung der
Lebensqualität MS-kranker Menschen näher untersuchen. ■
Foto: Hochschule Niederrhein
D
ie Symptome der Erkrankung können durch geeignete sportliche Betätigung, eine gesunde vollwertige
Ernährung und aktive körperliche und geistige
Entspannung positiv beeinflusst werden, so die Absolventin.
Dies ermöglicht eine Steigerung der allgemeinen
Lebensqualität der MS-Kranken, von denen es in Deutschland
mehr als 120.000 gibt. Ebenso wie Gesunde verbinden sie
mit Reisen Urlaub, Entspannen und das Entdecken fremder
Länder. Darauf müssen sie nicht verzichten, so Dominica
Buchelt, zumal die krankheitsbedingten Einschränkungen
durch einen Ortswechsel und das bewusste Wahrnehmen
von Natur und Kultur in den Hintergrund treten.
Quelle: Hochschule Niederrhein
„Deswegen sollten streng organisierte Studien- und
Erlebnisreisen vermieden werden. Vielmehr muss gewährleistet sein, dass der Reisende Ruhepausen einlegen kann,
wann immer er sie benötigt“, sagt die Autorin. Zu ihren
Erkenntnissen gelangte sie auch über die Befragung von Betroffenen in Fokusgruppen-Interviews. Auch wenn die
Ergebnisse wissenschaftlich nicht repräsentativ sind, so Prof.
Dr. Sandermann, liefern sie Reiseveranstaltern doch wichtige Hinweise auf die zielgruppengerechte Ansprache.
Bei der Ausarbeitung des touristischen Angebots wurde darauf geachtet, dass MS-Betroffene mit Einschränkungen der
Gehfähigkeit bis hin zur Angewiesenheit auf den Rollstuhl,
Befund MS 3/2009
29
SERVICE
MS und Ernährung
Die Unterstützung körpereigener Kräfte,
eine Verbesserung der Stoffwechselverhältnisse und eine Stabilisierung des
Immunsystems sind wichtige Ziele der
Ernährungsumstellung. Prof. Dr. med. Olaf
Adam hat in dem Ratgeber: „Ernährungsrichtlinien bei MS“ die wesentlichen
Punkte einer sinnvollen Ernährung für MSPatienten herausgearbeitet: Der Zusammenhang zwischen Ernährungsfaktoren, vor allem Nahrungsfetten, und Entzündungsprozessen
im Körper ist seit Langem bekannt. Eine entscheidende Rolle
spielt die nur in tierischen Fetten vorkommende Arachidonsäure. Sie wirkt im Körper entzündungsfördernd. Prof. Olaf
Adam weist darauf hin, dass im Überfluss genossene tierische
Nahrungsmittel den Entzündungsprozess bei der MS verstärken können. Eine vorwiegend lakto-vegetarische Ernährung
senkt die Zufuhr an Arachidonsäure und führt zu einer geringeren Bildung von Entzündungsstoffen im Körper. Hochwertige
„Fischöle“, die Omega-3-Fette, hemmen im Körper die
Umwandlung von Arachidonsäure in die entzündungsfördernden Eicosanoide. Durch eine optimale Zufuhr an Vitaminen,
Mineralstoffen, Spurenelementen sowie sekundären Pflanzenstoffen wird der oxidative Stress im Körper reduziert. So werden möglicherweise immunologische Prozesse, wie sie bei der
MS eine Rolle spielen, günstig beeinflusst. Bei Entzündungsprozessen im Körper entstehen aggressive Sauerstoffradikale,
sogenannte freie Radikale, die für Gehirn und Rückenmark
besonders schädlich sind. Die Vitamine A, C und E wirken als
Radikalfänger und können so möglicherweise
die Entzündung eindämmen. Selen, Kupfer
und Zink verbessern die Wirksamkeit antioxidativer Enzyme. So kann die richtige Ernährung den Körper unterstützen. In klinischen
Studien zeigte sich, dass zusätzliche Selenund Zinkgaben immunologische Erkrankungen positiv beeinflussen können. Selen hat
hier eine besondere Bedeutung, da es die
Wirkung von Vitamin E verstärkt. Die Einnahme von Nahrungsergänzungspräparaten sollte jedoch nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen, der ggf. eine individuelle Empfehlung ausspricht.
Foto: Digitouch
E
ine „Heilung“ der MS durch die Ernährung darf nicht
erwartet werden. Dennoch lässt sich über eine ausgewogene, vollwertige Ernährung das Krankheitsgeschehen
positiv beeinflussen.
In Studien wirkten sich Vitamin B 12 und Folsäure günstig auf
die Nervenfunktion aus. Da MS häufiger in nördlichen Breiten
als in südlichen, sonnenreicheren Gebieten der Erde auftritt,
wird ein Zusammenhang zwischen der Vitamin D-Versorgung
und dem Auftreten von MS vermutet. Vitamin D kann der
Körper unter Sonneneinfluss selbst bilden. In Studien zeigte
sich, dass eine schlechte Versorgung mit Vitamin D das
Auftreten der MS begünstigt und den Verlauf verschlechtert.
Wichtig ist es also, den Spiegel an Vitamin D nicht absinken zu
lassen – daher jeden Tag an die frische Luft! ■
Ute Volmert, Dipl.-Ökotrophologin
Fundierte MS-Gesundheitsratgeber im Internet
Wer es sich ersparen möchte, aus der Fülle an Auskünften, die das Internet zur Multiplen Sklerose und anderen neurologischen Krankheiten zur Verfügung stellt, selbst die relevanten Angebote und Fakten herauszufiltern, der kann hier zu ausgewählten Themen sehr gezielt seriöse und fundierte Informationen abrufen, die leser-/besucherfreundlich sowie optisch ansprechend in Ratgeberform bereitgestellt werden – ein
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30
Befund MS 3/2009
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Krankheiten des Verdauungssystems, zu Infektionskrankheiten u. v. m. informieren. Neu: Vorschläge und Anregungen für weitere Themenbereiche können per E-Mail eingereicht werden unter [email protected].
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seriösen und kostenlosen Service, über den genau die
Informationen gezielt abgerufen werden können, die
Betroffene in ihrer individuellen Situation benötigen. Täglich
besuchen immer mehr Menschen Curado, Tendenz steigend. Das Portal www.curado.de gehört somit inzwischen
zu den gefragten Adressen, wenn es um die Belange von
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Befund MS 3/2009
31
SERVICE
„Beautiful Day“ –Der Film zum 1. Welt-MS-Tag
Z
um 1. Welt-MS-Tag hat die Hertie-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Internationalen Multiple
Sklerose Vereinigung (MSIF) mit der Hamburger
Filmproduktion „Production M“ einen Film realisiert. Die irische Rockband U 2 hat dafür eine Gratislizenz ihres
Grammy-Hits „Beautiful Day” zur Verfügung gestellt. Der
Film ist auf der Homepage der Hertie-Stiftung unter
www.ghst.de abrufbar.
schung (inims) in Hamburg. Seit 2002 werden jährlich 1,3
Mio. Euro für MS-Forschungsprojekte an deutsche Institute
und ins benachbarte Ausland vergeben. Neben der
Forschungsförderung unterstützt die Hertie-Stiftung die
Aktivitäten von Selbsthilfegruppen, gewährt Einzelfallhilfen
und fördert die Selbstorganisation der Erkrankten. Dazu
wurden in den zurückliegenden 25 Jahren Fördermittel von
insgesamt 11 Mio. Euro bereitgestellt. ■
Mit dem Film möchte die Hertie-Stiftung auf die Erkrankung
Multiple Sklerose aufmerksam machen und zu einem differenzierteren Bild der Erkrankung in der Öffentlichkeit beitragen.
Quelle: Hertie Stiftung
BILDERRÄTSEL: Vogel
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Rätselauflösung
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Gemäß dem Willen ihres Stifters setzt sich die Hertie-Stiftung
seit 1978 für MS-Erkrankte ein. Seitdem flossen mehr als 33
Mio. Euro in die Forschungsförderung. In Göttingen gründete die Hertie-Stiftung 2004 das deutschlandweit erste Institut
für Multiple-Sklerose-Forschung und 2007 das Institut für
Neuroimmunologie und Klinische Multiple-Sklerose-For-
SUDOKU
Brain-Training – Die Rätselecke
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Foto: Shutterstock
Bilderrätsel – Was ist das?
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Befund MS 3/2009
SERVICE
Befund
MS
Für ein besseres Leben mit MS
Kostenfreier Bezug
für Praxis/Klinik/SHG
GFMK GmbH & Co. KG
Verlagsgesellschaft
Postfach 25 02 24
51324 Leverkusen
Tel.: 02 14/3 10 57-0
Fax: 02 14/3 10 57-29
• Themen, die bewegen
• Dieses Magazin entsteht in redaktioneller
Zusammenarbeit mit Betroffenen, Patientenorganisationen, Experten und Kliniken
• Befund MS informiert, klärt auf, macht Mut
Per Fax an: 02 14/3 10 57-29 oder
per E-Mail an: [email protected]
Wir möchten Befund MS (3 Ausgaben pro Jahr) kostenfrei zur Auslage in unserer Praxis/Klinik/SHG erhalten.
Bitte senden Sie das Magazin an folgende Anschrift:
(Institution: Name der Arztpraxis/Klinik oder SHG)
(Zusatz, z. B. Abteilung)
(Telefon-/Fax-Nummer)
(Name des Ansprechpartners/der Ansprechpartnerin)
(Straße, Hausnummer)
(PLZ, Ort)
Mit dieser Bestellung gehen Sie keinerlei Verpflichtungen ein. Eine Zuteilung kann aufgrund der begrenzten Auflage nicht garantiert werden. Es
entstehen für Sie keine Kosten. I. d. R. werden jeweils ca. 30–50
Exemplare geliefert. Ergänzend zu unserem Magazin erscheinen in unserem Verlag in unregelmäßigen Abständen auch themenbezogene
Ratgeberbroschüren, die Sie ebenfalls kostenfrei erhalten. Wenn Sie unsere
Publikationen nicht mehr beziehen möchten, können Sie diese jederzeit
telefonisch unter der Nummer 02 14/3 10 57-0 oder per Fax bzw. per
E-Mail abbestellen (Nummer bzw. Adresse s. o.). Bitte sehen Sie von
unfreien Rücksendungen ab.
Information für Patienten
Wenn Sie dieses Magazin gerne regelmäßig kostenfrei lesen möchten, legen Sie dieses Formular in Ihrer
Arztpraxis, Ihrer Klinik oder Ihrer Selbsthilfegruppe
vor und bitten Sie um Bestellung. Unsere Informationsschriften sind bei Bestellung über Arztpraxen, Kliniken
und Selbsthilfegruppen kostenfrei.
Befund MS 3/2009
33
IMPRESSUM/WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT
IMPRESSUM
Herausgeber & Verlag:
GFMK GmbH & Co. KG
Verlagsgesellschaft
Gezelinallee 37-39
51375 Leverkusen
Tel.: 02 14/3 10 57-0
Fax: 02 14/3 10 57-19
www.gfmk.com
E-Mail: [email protected]
Geschäftsführer: Holger F. Caspari
Produktion:
GFMK GmbH & Co. KG
Holger F. Caspari (V.i.S.d.P.)
Anke Tennemann (Ressortleiterin Produktion)
Stefanie Zerres
Anzeigenleitung:
Lydia Schubert
Tel.: 02 14/3 10 57-20
Gestaltung:
del din design, Siegburg
www.deldindesign.de
Druck:
Messedruck Leipzig GmbH
Fotos/Abbildungen:
DAK, Digitouch, Hochschule Niederrhein,
Photodisc, Photos.com, Serono, Shutterstock,
Universität Erlangen-Nürnberg
Titelfoto: Photos.com
Redaktionsschluss:
für die Ausgabe 1/10: 15. Februar 2010
Befund MS erscheint dritteljährlich. Nach Maßgabe
der gesetzlichen Bestimmungen bleiben alle Rechte
dem Verlag vorbehalten. Der Verlag und die
Redaktion übernehmen für unverlangt eingesandte
Manuskripte keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht zwangsläufig die Meinung
der Redaktion wieder. Das Magazin und alle in ihm
enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.
Bei Nachdruck, auch wenn Artikel auszugsweise verwendet werden, bedarf es der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung. Nach erfolgter Zustimmung wird
um Angabe der Quelle und Zusendung eines
Belegexemplars gebeten. Die Inhalte der Anzeigen
müssen nicht zwangsläufig mit der Meinung des
Herausgebers übereinstimmen.
AP-Nachrichten – The Associated Press, alle Rechte
vorbehalten. AP-Nachrichten dürfen ohne vorherige
ausdrückliche Erlaubnis von Associated Press weder
veröffentlicht, noch umgeschrieben oder weiterverarbeitet werden, sei dies zu gewerblichen oder anderen
Zwecken.
34
Befund MS 3/2009
WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT
PROF. DR. MED. M. BÄHR
Universitätsklinik Göttingen
Abteilung für Neurologie
PROF. DR. MED. W. BRÜCK
Universitätsklinik Göttingen
Abteilung für Neuropathologie
PROF. DR. MED. J. HAAN
Kliniken Maria Hilf GmbH
Abteilung für Neurologie
Mönchengladbach
PROF. DR. MED. F. HEIDENREICH
Neurologische Klinik des Krankenhauses Henriettenstiftung
Hannover
PROF. DR. MED. T. HENZE
Reha-Zentrum Nittenau
Abteilung für Neurologie
PROF. DR. MED. J. JÖRG
Helios Klinikum Wuppertal
Klinikum für Neurologie und klinische Neuropsychologie
PROF. DR. RER. NAT. R. MARTINI
Universitätsklinikum Würzburg
Neurologische Klinik und Poliklinik und Institut für Klinische
Neurobiologie
PROF. DR. MED. A. MELMS
Neurologische Universitätsklinik Tübingen
PROF. DR. MED. A. MOSER
Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums
Schleswig-Holstein
Lübeck
PROF. DR. MED. P. OSCHMANN
Krankenhaus Hohe Warte Bayreuth
Neurologische Klinik
DR. MED. D. PÖHLAU
Kamillus-Klinik
Abteilung für Neurologie
Asbach
DR. MED. S. K. SCHIMRIGK
Klinikum Lüdenscheid
Neurologische Klinik
PROF. DR. MED. D. SEIDEL
Augustahospital Anholt
Klinik für Neurologie
PROF. DR. MED. R. SEITZ
Universitätsklinikum Düsseldorf
Neurologische Klinik
PROF. DR. MED. K. WESSEL
Städtisches Klinikum Braunschweig und Technische
Universität Braunschweig
GLOSSAR
ANTIGEN
Substanz, die von einem Organismus als fremd
erkannt wird und dadurch eine spezifische
Immunantwort (Bildung von Antikörpern oder
immunkompetenten Lymphozyten) auslöst
APHASIE
Sprachstörung nach abgeschlossener
Sprachentwicklung, verursacht durch eine
Hirnschädigung
APRAXIE
Störung von Bewegungsabläufen sowie
Unfähigkeit, Gegenstände trotz Bewegungsfähigkeit und Wahrnehmung sinnvoll zu benutzen
ATAXIE
Gestörte Koordination von Bewegungsabläufen,
z. B. schwankender Gang
AUTOIMMUNERKRANKUNG
Erkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen
körpereigene Strukturen (z. B. bestimmte Zellen
oder Gewebe) richtet. Gattungsbegriff für eine
Vielzahl sehr unterschiedlicher Krankheiten
AXON
Fortsatz der Nervenzelle zur
Erregungsweiterleitung
COMPUTERTOMOGRAPHIE (CT)
Röntgendiagnostisches, computergestütztes, bildgebendes Verfahren
DEMYELINISIERUNG
Entmarkung von Nervenzellen, Schädigung und
Verlust von Myelin im Nervensystem
DIFFERENTIALDIAGNOSE
Ausschluss von Krankheitsbildern, die einer
bestimmten Erkrankung ähnlich sind, um die
Diagnose sicher stellen zu können
DYSÄSTHESIE
Sensibilitätsstörung, bei der Reize qualitativ anders
empfunden werden, z. B. Kälte als Schmerz
DYSMETRIE
falsche Abmessung von Zielbewegungen, überschießende oder zu kurz bemessene Bewegungen
EAE
Experimentelle Autoimmune Enzephalopathie; MS
im Tiermodell zu Versuchszwecken
EDSS-SKALA
engl. expanded disability status scale; Leistungsskala nach Kurtzke, die Auskunft über den Grad
der Behinderung eines MS-Patienten gibt; die
Skala reicht in 0,5er Schritten von 1 bis 10
ELEKTROENZEPHALOGRAPHIE (EEG)
Verfahren zur Messung der Gehirnströme
ENTMARKUNG
siehe Demyelinisation
EVOZIERTE POTENZIALE
durch akustische, optische oder elektrische Reize
ausgelöste Antwortpotenziale; diagnostisches
Verfahren zur Testung der Reizleitung von
bestimmten Nervenbahnen
GANGATAXIE
breitbeiniger, schwankender, unsicherer Gang (wie
betrunken)
IMMUNGLOBULINE
best. Eiweißstoffe, die nach Kontakt des
Organismus mit einem Antigen von weißen
Blutkörperchen gebildet werden und als
Antikörper im Blutserum, in Gewebeflüssigkeiten
und Körpersekreten für eine best. Art der
Immunität wichtig sind
IMMUNMODULATION
Beeinflussung des Immunsystems durch pharmazeutisch wirksame Stoffe
IMMUNSUPPRESSION
künstliche Unterdrückung des Immunsystems,
z. B. bei Autoimmunerkrankungen oder nach
Transplantationen
IMMUNSYSTEM
komplexes funktionelles System des Körpers mit
der Fähigkeit, körperfremde Substanzen abzuwehren und anomale (z. B. maligne, entartete)
Körperzellen zu eliminieren
INTERFERONE
ein Interferon (IFN) ist ein Protein oder
Glykoprotein, das in menschlichen und tierischen
Zellen gebildet wird und eine immunstimulierende Wirkung entfaltet
NEURON
Nervenzelle bzw. Nervenzellkörper
OPTIKUSNEURITIS
Sehnerventzündung, kann ein frühes Zeichen
einer MS sein
PARAPARESE
unvollständige Lähmung zweier symmetrischer
Extremitäten
PARÄSTHESIE
Missempfindung, meist Kribbeln oder Brennen,
vorwiegend in den Extremitäten
PARESE
unvollständige Lähmung
PERIPHERES NERVENSYSTEM
PNS; der Teil des Nervensystems, der außerhalb
von Gehirn und Rückenmark, also dem Zentralen
Nervensystem, gelagert ist
PERIMETRIE
Verfahren zur Bestimmung des Gesichtsfeldes und
evtl. vorhandener Gesichtsfeldausfälle
PHYSIOTHERAPIE
Verfahren der Bewegungstherapie sowie der physikalischen Therapie.Verschiedene Behandlungsmethoden mit unterschiedlichen therapeutischen
Ansätzen sind möglich, für MS-Patienten kommt
z. B. die Bobath-Therapie infrage
KERNSPINTOMOGRAPHIE
Magnetresonanztomographie (MRT); computergestütztes, bildgebendes Verfahren, bei dem die zu
untersuchenden Körperbereiche einem Magnetfeld ausgesetzt werden und das z. B. detailgetreue
Abbildungen des Nervensystems ermöglicht
REMISSION
Rückbildung, z. B. von neurologischen Symptomen
KNIE-HACKEN-VERSUCH
Prüfung der Koordination, bei der der Patient in
Rückenlage zuerst bei geöffneten, dann bei
geschlossenen Augen mit einer Ferse das Knie
des anderen Beins berührt
ROMBERG-VERSUCH
Untersuchung zur Überprüfung der Standsicherheit. Der Patient steht mit geschlossenen Füßen,
vorgestreckten Armen und geschlossenen Augen
aufrecht im Raum
KURTZKE-SKALA
siehe EDSS-Skala
SCHWANNSCHE ZELLEN
Myelin bildende Zellen
LHERMITTE-ZEICHEN
Nackenbeugezeichen; Missempfindung in den
Armen und Beinen bei starker Beugung des Kopfs
nach vorne; häufig positiv bei MS-Patienten
SKLEROSE
Verhärtung von Gewebe oder eines Organs durch
vermehrte Bildung von Bindegewebe. Eine
Sklerose kann altersbedingt, z. B. als
Arteriosklerose, oder bei entzündlichen
Prozessen auftreten
LIQUOR CEREBROSPINALIS
Nervenwasser; Flüssigkeit, die Rückenmark und
Gehirn umspült und vor Erschütterungen schützt
LUMBALPUNKTION
Entnahme von Nervenwasser im Bereich der
Lendenwirbelsäule zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken
MCDONALD-KRITERIEN
Kriterien, die für die Diagnostizierung einer MS
eine Kombination aus klinischen Untersuchungen,
Labortests und MRT-Aufnahmen vorsehen
RIGOR
Steifigkeit der Muskulatur, verursacht durch
erhöhte Muskelspannung
SPASTIK
krampfartig erhöhte Muskelspannung
SYNAPSE
Umschaltstelle für die Erregungsübertragung von
einer Nervenzelle auf eine andere oder auf das
Erfolgsorgan (z. B. Muskelzelle)
TETRAPARESE
inkomplette Lähmung aller vier Extremitäten
MYELIN
Substanz aus Fett, Eiweiß und Wasser, die die
markhaltigen Nervenfasern isolierend umgibt
TREMOR
Zittern, verursacht durch unwillkürliche
Kontraktion von entgegengesetzt wirkenden
Muskeln
FATIGUE
chronische Müdigkeit oder Erschöpfung, die bei
einer Reihe von Erkrankungen vorkommen kann
MYELINSCHEIDE
aus Myelin bestehende Umhüllung des Axons
eines Neurons
UHTHOFF-PHÄNOMEN
Verschlechterung der neurologischen Symptome
bei Wärmeeinwirkung
FINGER-NASE-VERSUCH
Test zur Prüfung der Koordination; Patient muss
zuerst mit offenen, dann mit geschlossenen Augen
eine weite Ausholbewegung ausführen und dann
zügig den Zeigefinger an die Nasenspitze führen
MYELOGRAPHIE
radiologische Untersuchung der Wirbelsäule und
des Spinalkanals
ZENTRALES NERVENSYSTEM
auch Zentralnervensystem, ZNS; Gehirn und
Rückenmark bilden zusammen das Zentrale
Nervensystem, die zentrale Schaltstelle des
gesamten Nervensystems
NACKENBEUGEZEICHEN
siehe Lhermitte-Zeichen
Befund MS 3/2009
35
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