PDF - Max Planck Institute for Chemical Ecology

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23. Februar 2015
Nr.2/2015 (136)
Sperrfrist: Bis Montag, 23. Februar 2015, 11:00 Uhr MEZ
(5:00 Uhr US Eastern Time)
Essenskanäle für Bakterien
Bakterien verbinden sich untereinander und tauschen Nährstoffe aus
Dass Bakterien sich bei Nährstoffmangel gegenseitig aushelfen ist schon länger
bekannt. Wie dieser Nährstoffaustausch praktisch aussehen kann, haben jetzt
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena sowie der
Universitäten Jena, Kaiserslautern und Heidelberg, herausgefunden.
Sie
entdeckten, dass manche Bakterien Nanokanäle zwischen einzelnen Zellen
ausbilden, die den direkten Austausch von Nährstoffen ermöglichen. (Nature
Communications, Februar 2015)
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Anschrift
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Internet
www.ice.mpg.de
Elektronenmikroskopische Aufnahme gentechnisch veränderter Bakterienstämme
der Arten Escherichia coli und Acinetobacter baylyi, die Aminosäuren über
Nanokanäle (schlauchähnliche Verbindungen zwischen Zellen) austauschen.
Bild:
Martin
Westermann,
Elektronenmikroskopisches
Zentrum
am
Universitätsklinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Bakterien leben zumeist in artenreichen Gemeinschaften, in denen häufig Nährstoffe
und andere Stoffwechselprodukte ausgetauscht werden. Es war bislang unklar, ob
Mikroorganismen diese Substanzen ausschließlich über die Umwelt austauschen
oder ob sie dafür direkte Verbindungen zwischen den Zellen benutzen.
Wissenschaftler der Forschungsgruppe Experimentelle Ökologie und Evolution am
Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena haben bakterielle Gene
ausgeschaltet, sodass die Bakterien manche Aminosäuren nicht mehr produzieren
konnten, andere wiederum in erhöhtem Maße herstellten. Für ihre Experimente
nutzten die Wissenschaftler das Bodenbakterium Acinetobacter baylyi, sowie den
Darmkeim Escherichia coli. Wuchsen die so veränderten Bakterien zusammen,
konnten sie sich gegenseitig ernähren, um so den experimentell erzeugten
Aminosäuremangel wieder auszugleichen (siehe auch unsere Pressemeldung vom
2. Dezember 2013 „Arbeitsteilung im Reagenzglas - Bakterien wachsen schneller,
wenn sie sich gegenseitig Nährstoffe zur Verfügung stellen“). Wurden die Bakterien
allerdings durch einen Filter getrennt, der Aminosäuren im Nährmedium zwar
durchließ, einen direkten Austausch zwischen den beiden Bakterienstämmen jedoch
verhinderte, konnte keiner der Stämme wachsen. „Dies zeigte uns, dass offenbar ein
direkter Kontakt zwischen den Zellen notwendig ist, um die Nährstoffe
auszutauschen“, erläutert Samay Pande, der im Rahmen seiner Doktorarbeit am
Max-Planck-Institut in Jena an diesem Projekt forschte und inzwischen
wissenschaftlicher Mitarbeiter der ETH Zürich ist.
Im Elektronenmikroskop konnten die Wissenschaftler beobachten, dass sich
zwischen beiden Bakterienarten Nanoröhren bildeten, die den Austausch von
Nährstoffen ermöglichten. Auffallend war dabei, dass nur das Darmbakterium
Escherichia coli solche Strukturen nutzte, um sich mit Acinetobacter baylyi-Zellen zu
verbinden. „Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Arten ist
sicherlich, dass E. coli sich aktiv in Flüssigkeiten fortbewegen kann, während A.
baylyi dazu nicht imstande ist. Es könnte deswegen sein, dass E. coli schwimmend
seine Partner findet und so identifiziert, mit welcher Zelle es sich über Nanokanäle
verbinden möchte,“ meint Christian Kost, Leiter der von der Volkwagen-Stiftung
geförderten Forschungsgruppe Experimentelle Ökologie und Evolution.
„Ein Mangel an Aminosäuren löst die Bildung der Nanokanäle aus. Schalten wir ein
Gen aus, welches für die Bildung einer bestimmten Aminosäure notwendig ist,
verbinden sich die so genetisch veränderten Bakterien mit anderen Zellen, um ihren
Nährstoffmangel zu kompensieren. Geben wir aber die benötigte Aminosäure zum
Wachstumsmedium dazu, werden keine Nanokanäle produziert. Die Ausbildung
dieser Strukturen hängt also davon ab, wie „hungrig“ eine Zelle ist“, fasst der
Wissenschaftler die Ergebnisse zusammen.
In Bakteriengemeinschaften ist es für einzelne Arten von großem Vorteil, sich auf
bestimmte biochemische Prozesse zu spezialisieren und andere Arbeiten
sozusagen auszulagern: Das spart Ressourcen und steigert
Effizienz und
Wachstum. Ob Nanokanäle nur dem hierzu notwendigen wechselseitigen Austausch
von Nährstoffen dienen, oder ob einzelne Bakterienarten andere Bakterien auch
parasitisch anzapfen und aussaugen, müssen weitere Untersuchungen klären.
Auch ist bislang noch unklar, ob Bakterien gezielt steuern können, an welche Zelle
sie sich anheften. Immerhin ist eine solche Röhrenverbindung auch potenziell
riskant, denn der Partner auf der anderen Seite könnte der Nanokanal-bildenden
Zelle auch schaden.
„Die spannendste Frage bleibt für mich, ob es sich bei Bakterien tatsächlich um
einzellige, relativ einfach strukturierte Organismen handelt, oder ob wir es mit einer
anderen Form der Vielzelligkeit zu tun haben. Bakterien könnten beispielsweise ihre
Komplexität dadurch steigern, dass sie sich mit anderen Bakterien verbinden und so
ihre Fähigkeiten kombinieren“, sagt Christian Kost. Seine Arbeitsgruppe widmet sich
der zentralen Frage, warum Lebewesen miteinander kooperieren. Bakterielle
Lebensgemeinschaften als experimentelle Modellsysteme sollen dabei helfen zu
verstehen, warum sich bei den meisten Lebewesen im Laufe der Evolution ein
kooperativer Lebensstil durchgesetzt hat. [AO/CK/HR]
Originalveröffentlichung:
Pande, S., Shitut, S., Freund, L., Westermann, M., Bertels, F., Colesie, C., Bischofs,
I. B., Kost, C. (2015). Metabolic cross-feeding via intercellular nanotubes among
bacteria. Nature Communications, DOI 10.1038/ncomms7238.
http://dx.doi.org/10.1038/ncomms7238
Weitere Informationen:
Dr. Christian Kost, Forschungsgruppe Experimentelle Ökologie und Evolution, MaxPlanck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Straße 8, 07745 Jena, Tel. +49
(0)3641 57 1212, E-Mail [email protected]
Kontakt und Bildanfragen
Angela Overmeyer M.A., Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-KnöllStr. 8, 07743 Jena, +49 3641 57-2110, E-Mail [email protected]
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