MPG-official form - Max Planck Institute for Chemical Ecology

Werbung
14. April 2014
Nr.5/2014 (125)
Sperrfrist: Bis Montag, 14. April 2014, 21:00 Uhr MESZ
(15:00 Uhr US Eastern Time)
Treue Partner seit der Kreidezeit
Symbiose zwischen Bienenwölfen und ihren Bakterien besteht seit Millionen
von Jahren
Wie wir Menschen brauchen die meisten Tiere Mikroorganismen für ihr Überleben.
Solche Symbiosen bestehen zum Teil bereits seit Millionen von Jahren. Welche
Faktoren die Stabilität der Beziehung zu einem bestimmten Symbiosepartner
aufrechterhalten, ist jedoch in den meisten Fällen unbekannt. Wissenschaftler des MaxPlanck-Instituts für chemische Ökologie in Jena und der Universität Regensburg haben
jetzt zusammen mit US-amerikanischen Forschern entdeckt, dass bestimmte
Grabwespen die Weitergabe ihrer Symbiosebakterien von der Mutter an den
Nachwuchs streng kontrollieren und keine anderen Mikroorganismen übertragen. Diese
Kontrolle stabilisiert das symbiotische Schutzbündnis zwischen den ungleichen
Partnern und ermöglichte das Überdauern der Lebensgemeinschaft bereits seit 68-110
Millionen Jahren. (Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, April
2014, DOI: 10.1073/pnas.1400457111)
Geschäftsführender
Direktor
Prof. Dr. Bill S. Hansson
Tel.: +49 (0)3641 – 57 1400
[email protected]
Forschungskoordination
Dr. Jan-W. Kellmann
Tel.: +49 (0)3641 - 57 1000
Mobil: +49 (0)160 - 1622377
[email protected]
Presse
Angela Overmeyer M.A.
Tel.: +49 (0)3641 – 57 2110
FAX:+49 (0)3641 – 57 1002
[email protected]
Anschrift
Beutenberg Campus
Hans-Knöll-Straße 8
07745 Jena
Internet
www.ice.mpg.de
Links: Ein männlicher Bienenwolf (Philanthus pulcherrimus) in seinem Territorium. Drei
Gattungen dieser Grabwesepen leben mit Antibiotika-produzierenden StreptomycesBakterien zusammen, die die Wespenlarven vor Pilzinfektionen schützen.
Rechts: Querschnitt durch die Antenne eines Bienenwolf-Weibchens (Philanthus
triangulum) mit symbiotischen Streptomyces-Bakterien (hellblau angefärbt).
Fotos: Martin Kaltenpoth, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Jena.
Symbiotische Beziehungen sind in der Natur allgegenwärtig und spielen eine
entscheidende Rolle für die Ökologie und Evolution der allermeisten Organismen auf
der Erde. Ein Beispiel für solche Lebensgemeinschaften, von denen beide Partner
profitieren, sind Mykorrhizapilze, die mit etwa 90 Prozent aller Landpflanzen
vergesellschaftet und für die Nährstoffversorgung der Pflanzen außerordentlich wichtig
sind. Viele dieser aus einem Wirt und einem ganz bestimmten Symbionten
bestehenden Lebensgemeinschaften gibt es bereits seit Hunderten Millionen von
Jahren. Wie aber können solch feste Partnerschaften bestehen? Schließlich verbringen
viele Symbionten einen Teil ihres Lebenszyklus außerhalb des Körpers ihres Wirtes.
Um nicht andere, in der Umwelt allgegenwärtige Bakterien aufzunehmen, müssen die
Wirte zwischen Freund und Feind unterscheiden.
In einer besonders faszinierenden Verteidigungssymbiose lebt der Europäische
Bienenwolf (Philanthus triangulum), eine heimische Grabwespenart, die Honigbienen
jagt und diese als Nahrung für ihren Nachwuchs in Erdhöhlen einlagert. Bisherige
Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass in den Antennen der Wespe und auf dem
Kokon der Larve Bakterien der Gattung Streptomyces leben. Sie produzieren einen
Cocktail aus neun verschiedenen Antibiotika und halten damit schädliche Pilze und
andere Erreger von der sich entwickelnden Larve im Kokon fern, eine Strategie, die
vergleichbar mit der in der Humanmedizin angewandten Kombinationsprophylaxe ist
(siehe Pressemeldung vom 23. Februar 2010 „Bienenwolf schützt sich mit Antibiotika Grabwespen-Larven nutzen Bakterien gegen Infektionen").
Die Wissenschaftler erstellten nun einen Stammbaum der verschiedenen BienenwolfArten und ihrer Symbiosepartner. Die Analyse des Bienenwolf-Stammbaums ergab,
dass die Symbiose mit den Streptomyces-Bakterien ihren Ursprung bereits in der
späten Kreidezeit hatte, genauer gesagt vor 68 bis 110 Millionen Jahren. Etwa 170
Wespenarten leben heute in Symbiose mit diesen Bakterien. Ein Vergleich der Wespenund Bakterien-Stammbäume lieferte ein weiteres überraschendes Ergebnis: Die
Symbionten aller Bienenwolfarten sind sehr nahe miteinander verwandt, ihre
stammesgeschichtliche Entwicklung verlief jedoch nicht parallel zu der ihrer Wirte, was
bei einer perfekten Übertragung der Symbionten auf die Nachkommen aber zu erwarten
wäre. „Dieses Muster weist darauf hin, dass Bienenwölfe gelegentlich ihre Bakterien
durch andere ersetzen, allerdings immer nur durch Symbionten einer anderen
Bienenwolfart“, erläutert Martin Kaltenpoth, Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe
Insektensymbiose. „Obwohl auch freilebende, mit den Symbionten nahe verwandte
Bakterien im Lebensraum von Bienenwölfen häufig anzutreffen sind, können diese die
Symbionten offenbar nicht dauerhaft verdrängen.“
Wie aber können Bienenwölfe die Beziehung zu ihren speziellen Lebenspartnern
langfristig aufrechterhalten? Um das herauszufinden entfernten die Forscher mit einem
speziellen Verfahren die Symbionten aus einigen Bienenwölfen und infizierten sie
anschließend entweder mit ihrem natürlichen Symbionten oder mit einem freilebenden
Bakterium. Während sich beide Mikroorganismen in der Wespenantenne vermehrten,
wurde nur der natürliche Symbiont erfolgreich an den Nachwuchs weitergegeben. „Die
Weitergabe anderer – möglicherweise schädlicher – Mikroorganismen zu verhindern
könnte wichtig sein, um den Larvenkokon vor Infektionen zu schützen. So können
Bienenwölfe sicherstellen, dass ihre Nachkommen den richtigen Partner zu ihrer
Verteidigung bekommen“, fasst Erhard Strohm von der Universität Regensburg
zusammen. Die Strategie der Bienenwölfe zur Übertragung der passenden Symbionten
bietet einen aufschlussreichen Einblick in eine Symbiose, die über Jahrmillionen stabil
geblieben ist, und liefert einen Beitrag zum Verständnis der Fülle und Beständigkeit
symbiotischer Lebensgemeinschaften bei Insekten. In Zukunft wollen die Forscher
untersuchen, wie Bienenwölfe die Übertragung anderer Bakterien an ihren Nachwuchs
selektiv blockieren können. [MK/AO]
Originalveröffentlichung:
Kaltenpoth, M., Roeser-Müller, K., Köhler, S., Peterson, A., Nechitaylo, T.Y.,
Stubblefield, J.W., Herzner, G., Seger, J., Strohm, E. (2014). Partner choice and fidelity
stabilize coevolution in a Cretaceous-age defensive symbiosis. Proceedings of the
National Academy of Sciences of the USA, April 2014, DOI: 10.1073/pnas.1400457111
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1400457111
Weitere Informationen:
Dr. Martin Kaltenpoth, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str. 8,
07745 Jena, +49 3641/57-1800, [email protected]
Kontakt und Bildanfragen
Angela Overmeyer M.A., Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str. 8,
07745 Jena, +49 3641 57-2110, [email protected]
Download von hochaufgelösten Fotos über www.ice.mpg.de/ext/735.html
Herunterladen