cimcrikci dienet U.S. Information Service Embassy of the United States of America 28. Oktober 1992 43 > i GUS-HILFE IRAK WAHLEN '92 BUSH UNTERZEICHNET FREEDOM SUPPORT ACT Erklärung des Präsidenten USA VERNEINEN UNTERSTÜTZUNG IRAKISCHER RÜSTUNGSPROGRAMME Offener Brief von Eagleburger an New York Times DIE VERTEILUNG DER WAHLMANNERSTIMMEN NACH BUNDESSTAATEN Neue Verteilung bei gleicher Anzahl PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATEN VERTRETEN ÄHNLICHE ANSICHTEN ZU VERTEIDIGUNGSPOLITIK Sprecher verweisen auf wenige bedeutende Unterschiede SCHARFE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN CLINTON UND BUSH BEI UMWELTPOLITIK Engagierte Umweltschützer unterstützen Clinton WACHSENDES INTERESSE DER WÄHLER IN USA, ZUNEHMENDE REGISTRIERUNG VERZEICHNET Rezession, ungewisser Wahlausgang als Hauptfaktoren MEDIEN WICHTIGER FAKTOR BEI PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN Aktuelle Berichte und Anzeigen als wichtigste Elemente UNABHÄNGIGE KANDIDATEN UND PRÄSIDENTSCHAFTSBEWERBER VON DRITTPARTEIEN von Robert E. Mutch Um Übersendung von Belegexemplaren wird gebeten Postfach 20 03 00 D 5300 Bonn 2 Tel.:0228-3392372 Telex: 8-85432 GUS - H I L F E 28. Oktober 1992 BUSH UNTERZEICHNET FREEDOM SUPPORT ACT Erklärung des Präsidenten BILLINGS (MONTANA) - (AD) - Nachfolgend veröffentlichen wir eine Erklärung von Präsident Bush zur Hilfe für die ehemalige Sowjetunion. Sie wurde am 25. Oktober in Billings (Montana) von der Pressestelle des Weißen Hauses herausgegeben. Heute habe ich mit meiner Unterschrift S. 2532, dem "FREEDOM Support Act", Gesetzeskraft verliehen. Dieses historische Gesetz bewilligt ein breites Spektrum von Programmen zur Förderung freier Marktwirtschaften und demokratischer Reformen in Rußland, der Ukraine, Armenien und den anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Insbesondere werden mit diesem Gesetz die Anhebung des amerikanischen Anteils am Internationalen Währungsfonds (IWF) um 12 Milliarden Dollar und 410 Millionen Dollar an bilateraler amerikanischer Hilfe freigegeben. Darüber hinaus beseitigt das Gesetz eine Reihe überholter gesetzlicher Beschränkungen der amerikanischen Beziehungen mit den neuen unabhängigen Staaten, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammen. Staaten einbezieht. Verschiedene Bestimmungen dieses Gesetzes werden die speziellen Fähigkeiten und das Fachwissen der amerikanischen Privatwirtschaft nutzen. S. 2532 wird Unterstützung für die Handels- und Investitionstätigkeit amerikanischer Unternehmen gewähren, die zum Aufbau des wirtschaftlichen und kommerziellen Fundaments beitragen sollen, auf dem die neuen Demokratien ruhen werden. Dies ist eine Investition in unsere ebenso wie in deren Zukunft. Die Quotenaufstockung des IWF wird sicherstellen, daß dem IWF angemessene Mittel zur Förderung freier Märkte in der ehemaligen Sowjetunion ebenso wie andernorts in der ganzen Welt zur Verfügung stehen. Durch seinen Beitrag zu einer blühenderen Wertwirtschaft wird der IWF Märkte für amerikanische Ich bin stolz darauf, daß die Vereinigten Staaten diese Exporteure erweitern und zusätzliche Arbeitsplätze für historische Chance haben, Demokratie und freie Märkte amerikanische Arbeitnehmer schaffen. in diesem entscheidenden Teil der Werl zu unterstützen. Obwohl allen klar ist, daß die Zukunft der neuen Dieses Gesetz wird uns darüber hinaus gestatten, im unabhängigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion in kommenden Winter humanitäre Hilfe bereitzustellen, deren eigenen Händen liegt, stellt die Verabschiedung die demokratischen Reformen und freie Marktwirtdes FREEDOM Support Act das Engagement der schaften zu unterstützen, Handel und Investitionen zu Vereinigten Staaten zur Unterstützung dieses Vorha- fördern, bei Vorhaben in den Bereichen Gesundheit und Arbeitswesen zu helfen, zur Überwindung von bens unter Beweis. Problemen im Energiebereich, bei der Sicherheit ziviler Kernreaktoren, des Verkehrswesens und der TeleWieder einmal hat sich das amerikanische Volk zukommunikation beizutragen, bei der Bewältigung der sammengeschlossen, um die Sache der Freiheit vorschweren Umweltprobleme in der Region mitzuwirken anzutreiben, um Frieden zu erlangen und um dazu und ein breites Spektrum an persönlichen Austauschbeizutragen ehemalige Gegner zu friedlichen Partnern programmen ins Leben zu rufen, deren Ziel die endgülzu machen. Dieser demokratische Frieden wird auf tige Beseitigung des Mißtrauens und der Mißverständdem soliden Fundament politischer und wirtschaftlinisse ist, die unsere Beziehungen mit der Sowjetunion cher Freiheit in Rußland und den anderen unabhängiin der Vergangenheit geprägt haben. gen Staaten gründen. Wir müssen die Reformer in Rußland, der Ukraine, Armenien und den anderen Das Gesetz sieht außerdem weitere Mittel und Befugneuen Staaten weiterhin unterstützen. nisse vor, um Bemühungen zur Zerstörung nuklearer Ich freue mich darüber, da ß dieses Gesetz wie niemals und anderer Waffen zu unterstützen und die Produkzuvor unseren Privatsektor bei der Bereitstellung tech- tionseinrichtu ngen dieser Waffen für friedliche Zwecke nischer Hilfe für Rußland und die anderen neuen umzurüsten. AMERIKA DIENST 43 Seite 1 Wir führen diese Hilfsprogramme durch, weil wir uns für mehr Sicherheit von uns selbst, von unseren Verbündeten und den Völkern der neuen unabhängigen Staaten engagieren. Diese Programme werden unsere Sicherheit durch Demilitarisierung sowie humanitäre und technische Hilfe fördern. Eine Reihe von Bestimmungen in diesem Gesetz geben jedoch Anlaß zu verfassungsrechtlichen Bedenken. Einige Bestimmungen beabsichtigen, mir oder meinen Bevollmächtigten Anweisungen im Hinblick auf die Beteiligung an internationalen Institutionen zu geben. Unserem Verfassungssystem zufolge ist allein der Präsident in solchen Angelegenheiten zuständig. Ich werde solche Bestimmungen deshalb nur als beratend betrachten. Darüber hinaus könnte das Gesetz mit meiner Aufsichtskompetenz für die Exekutive kollidieren, indem ein untergeordneter Beamter des Außenministerium bevollmächtigt wird, gewisse interministerielle Streitfälle zu lösen und indem es regelt, wie andere Behörden Lizenzanträge der nationalen Raumfahrtbehörde (NASA) behandeln sollen. Ich werde diese Bestimmungen im Licht meiner verfassungsmäßigen Pflichten interpretieren. Das Gesetz gestattet femer die Einrichtung angeblich nichtstaatlicher Gebilde - des Democracy Corps und einer Stiftung, die wissenschaftliche Aktivitäten und Austauschprogramme durchführen wird -, die staatlichen Anweisungen unterliegen würden, überwiegend zur Ausführung staatlicher Maßnahmen geschaffen und großenteils auf staatliche Finanzierung angewiesen wären. Wie ich bereits erklärt habe, untergraben Gebilde, die weder eindeutig staatlichen noch eindeutig privaten Charakter haben die Prinzipien der Gewaltenteilung und der politischen Rechenschaftspflicht. Bei der Entscheidung über die Ausübung der mit diesem Gesetz gewährten Vollmacht werde ich berücksichtigen - und ich weise auch den Direktor der Nationalen Wissenschaftsstiftung an dies zu berücksichtigen -, ob diese Gebilde im Einklang mit diesen Grundsätzen geschaffen und betrieben werden können. Ferner melde ich einen Vorbehalt bezüglich der Bestimmung an, dergemäß Gerichtsverfahren nach dem Datenschutzgesetz (Freedom of Information Act) im Hinblick auf das Democracy Corps in der "Zuständigkeit" des Amts für Internationale Entwicklung liegen. Diese Zuständigkeit sollte nicht als Antastung der allgemeinen Prozeßvollmacht des Justizministers aufgefaßt werden. Deshalb weise ich das Amt für Internationale Entwicklung an, alle Angelegenheiten dieser Art im Einklang mit dessen gültiger Vollmacht an den Justizminister zu überweisen. * * * * Seite 2 * AMERIKA DIENST 43 IRAK 28. Oktober 1992 USA VERNEINEN UNTERSTÜTZUNG IRAKISCHER RÜSTUNGSPROGRAMME Offener Brief von Eagleburger an New York Times WASHINGTON - (AD) - Das US-Außenministerium hat Behauptungen in aller Schärfe zurückgewiesen, wonach die Vereinigten Staaten vor dem Golfkrieg die Rüstungsprogramme Saddam Husseins unterstützt hätten. Zu diesem Thema veröffentlichte das US-Außenministerium am 20. Oktober 1992 einen Brief des amtierenden Außenministers, Lawrence Eagleburger, der am 21. Oktober in der New York Times erschienen ist. "Der Gedanke, daß wir ihm Waffen geliefert haben, ist völlig unzutreffend", erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Richard Boucher, am 21. Oktober 1992 bei einer Pressekonferenz, in deren Verlauf er eine detaillierte Widerlegung aus der Luft gegriffener Behauptungen über eine amerikanische Unterstützung der Rüstungsprogramme des Irak abgab. Nach mehreren Anhörungen im Kongreß, Hunderten von Fragen und 45 Inspektionen der Vereinten Nationen "ist unseres Erachtens die Bilanz eindeutig", erklärte Boucher. "Es gibt keinerlei Beweise, daß amerikanische Technologie einen bedeutsamen Beitrag zu den militärischen Fähigkeiten des Irak oder seinen Programmen zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen geleistet hat", stellte der Sprecher fest. Tatsächlich entharte die Bilanz der Inspektionen Beweise dafür, daß in den Vereinigten Staaten beschaffte Ausrüstung und Technologie keinen bedeutsamen Beitrag darstellten. Seit der Schaffung des Regimes zur Kontrolle von Raketentechnologie (MTCR) im Jahr 1987 wurden Boucher zufolge keine Lizenzanträge für die Ausfuhr von dem MTCR unterliegenden Gütern - Raketen, wichtigen Subsystemen oder Komponenten, darunter auch Mehrzweckgerät - in den Irak genehmigt. Exportlizenzen für alle in chemischen oder biologischen Waffen verwendbaren Wirkstoffe, die auf der amerikanischen Munitionskontrolliste stehen, wurden dem Irak verweigert, erklärte Boucher und verwies darauf, daß seit 1984 eine wachsende Liste chemischer Grundstoffe bestanden habe, die durch eine eindeutige Verweigerungspolitik gegenüber dem Irak gestützt wurde. "Irak war der Schwerpunkt der amerikanischen Bemühungen gegen die Weiterverbreitung, besonders in den Jahren 1989 und 1990", erklärte der Sprecher. Zu diesen Bemühungen gehörten die Verbesserung der Kontrollen in multilateralen Foren sowie eine neue Initiative, die chemischen und biologischen Waffen sowie Raketenprojekten galt. Ausländische Regierungen wurden aufgefordert, keine Technologien dieser Art an den Irak zu liefern. Die amerikanische Exportkontrollpolitik gegenüber dem Irak vor dem Golfkrieg war "schärfer als die jedes anderen Industriestaates, und sowohl die Reagan- als auch die Bush-Administration verfolgten eine strikte Zwischen 1985 und 1990 wurden sogenannte MehrPolitik, den Export von Waffen oder Waffensystemen zweckexporte in Höhe von rund 500 Millionen Dollar in den Irak zu verwehren", erklärte Boucher. von den Vereinigten Staaten an den Irak geliefert, während tatsächlich Exportlizenzen für Lieferungen in Darüber hinaus hätten die Vereinigten Staaten seit Höhe von 1,5 Milliarden Dollar erteilt wurden. Dabei langem eine Politik betrieben, die eine nukleare Zu- handelte es sich um Gegenstände, "die im konventiosammenarbeit mit dem Irak ausschließe. "Die Verei- nellen und nichtkonventionellen militärischen Sinne nigten Staaten haben keine Exporte von Gerät oder als unbedenklich betrachtet wurden", erklärte er. Technologie in den I rak genehmigt, die für Kernreaktoren, Urananreicherung oder die Wiederaufarbeitung "Es waren Mehrzweckgüter", so der Sprecher. "Viele von Plutonium genutzt werden könnten." davon waren einfache Computer, schwere Lastkraftwagen und dergleichen. Die amerikanische Regierung AMERIKA DIENST 43 Seite 1 hat im allgemeinen versucht, unschädliche Verkäufe von Mehrzweckgerät zu gestatten - von Dingen, die auch andernorts frei verfügbar sind und bei denen es keinen großen Unterschied macht, ob man sie exportiert oder nicht." Ob absichtlich oder nicht, die Redaktion der New York Times - wie auch zahlreiche Kolumnisten der Zeitung - entstellen weiterhin die Tatsachen im Hinblick auf die amerikanische Politik gegenüber dem Irak vor dem Golfkrieg. Das jüngste Beispiel dieser Neigung zu verzerrter Darstellung findet sich in Ihren Leitartikeln vom 6. und 14. Oktober. Erlauben Sie mir, für Sie und Ihre Leser die Dinge zurechtzurücken. Keines dieser Güter diente "nuklearen, chemischen, biologischen oder anderen einschlägigen Zwecken", erklärte Boucher. "Es handelte sich um Mehrzweckgüter, die allgemein erhältlich waren und wenig - oder Erstens, bis heute hat keine Untersuchung - vom praktisch gar keine- Auswirkungen auf die Programme Kongreß, vom US-Staatsanwalt in Atlanta oder von des Irak hatten." irgendeiner Bundesbehörde - Beweise für einen irakischen Mißbrauch von Kreditbürgschaften zum Kauf Inspektionsteams der Sonderkommission der Verein- von Waffen, noch für eine Umleitung von an den Irak ten Nationen (UNSCOM) und der Internationalen verkauften Waren in Drittstaaten erbracht. Atomenergie-Organisation (IAEO), die den Irak besucht haben, "haben in irakischen Rüstungsbetrieben Zweitens, die Banca Nazionale del Lavoro (BNL) war eine sehr begrenzte Menge von Mehrzweckgerät nie in irgendeiner Weise mit den 500 Millionen Dollar amerikanischen Ursprungs vorgefunden", so Boucher. an Kreditbürgschaften befaßt, die von der Bush"Aber weder die Menge noch der Charakter dieser Administration tatsächlich für den Ankauf amerikaniGegenstände deuten darauf hin, daß amerikanische scher Agrarprodukte durch den Irak genehmigt wurGüter einen bedeutsamen Beitrag zu den Rüstungs- den. programmen des Irak geleistet haben." Drittens, die Exportkontrollpolitik der amerikanischen In dieser Hinsicht führte erdas irakische Programm zur Regierung gegenüber dem Irak war schärfer als die Herstellung von Kernwaffen an, dessen Kosten auf bis jedes anderen Industriestaates - und sie funktionierte. zu 10 Milliarden Dollar geschätzt wurden. Der Wert Während der Operation Wüstensturm stießen die von Gütern amerikanischer Herkunft, die von den Koalitionsstreitkräfte auf dem Schlachtfeld auf keinerUNO-Inspektoren in dem irakischen Kernwaffenpro- lei von den Vereinigten Staaten gelieferte Waffen oder gramm entdeckt wurden, betrage hingegen weniger irgendwelche anderen amerikanischen Exporte. Die über 40 seit dem Golfkrieg von der Internationalen als 15 Millionen Dollar. Atomenergie-Organisation und der UNO-SonderkomObwohl der Irak einige Güter legal durch von den USA mission im Irak durchgeführten Inspektionen haben genehmigte Exportlizenzen beschaffte, "erwarb er eine darüber hinaus überzeugend bewiesen, daß amerikaMenge Material von anderen Personen, und er erwarb nische Technologie keinen bedeutsamen Beitrag zu einige Waren illegal", erklärte Boucher. den militärischen Fähigkeiten des Irak geleistet hat. Er bekräftigte die Erkenntnisse der UN-Inspektionen, wonach die Waren, die der Irak - legal oder illegal - aus den Vereinigten Staaten bezogen hat, keinen großen Einfluß auf seine militärischen Fähigkeiten gehabt hätten. "Die Inspektoren waren dort draußen. Sie haben ein wenig amerikanische Ausrüstung gefunden, darunter einiges unwichtige Material, für das eine Lizenz erteilt worden war sowie Dinge, die Saddam illegal beschafft hatte. Das Material ist vorhanden, aber es hat keinen großen Einfluß gehabt", erklärte er. "Es gibt keine Beweise dafür, daß auf dem Schlachtfeld entdecktes Material amerikanische Technologie war - illegal, legal oder was auch immer - oder amerikanische Waffen", so Boucher. "Die Vorstellung, daß wir ihm Waffen geliefert haben, ist eindeutig unzutreffend." viertes, bei d?r amerikanischen Politik gegenüber dem Irak gab «s weder Geheimnisse noch Verschleierungen. Unser Ziel bestand schlicht darin, durch eine Mischung aus begrenzten Anreizen und starker Abschreckung ein gemäßigtes Verhalten des Irak anzustreben. Schließlich, die Beschuldigung einer Vertuschung durch die amerikanische Regierung entbehrt jeder Grundlage. Wir haben dem Kongreß buchstäblich Tausende von Dokumenten auf Kosten von Zehntausenden von Arbeitsstunden und Hunderttausenden Dollar zur Verfügung gestellt. Die Administration hat dem Kongreß den Zugang zu keinem einzigen Dokument in Zusammenhang mit der amerikanischen Politik gegenüber dem Irak verweigert. Dies sind die schlichten Tatsachen zur amerikaniDer Brief des amtierenden Außenministers, Lawrence schen Politik gegenüber dem Irak vor dem Golfkrieg. Eagleburger, an die New York Times zum selben Unabhängig von den Einwänden, die die New York Thema hat folgenden Wortlaut: Times gegen diese Politik vorbringen mag, sind Sie es Ihren Lesern schuldig, die Fakten korrekt darzustellen. • Seite 2 * * * * AMERIKA DIENST 43 WAHLEN «9 2 28. Oktober 1992 DIE VERTEILUNG DER WAHLMÄNNERSTIMMEN NACH BUNDESSTAATEN Neue Verteilung bei gleicher Anzahl WASHINGTON - (AD) - Nachfolgend veröffentlichen wir eine Liste der Gesamtzahl von Wahlmännerstimmen, die jedem Bundesstaat und dem District of Columbia bei der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten zufallen. Das Gewicht eines Bundesstaates im Wahlmännergremium entspricht seiner Vertretung im Kongreß - seinem proportionalen Anteil an der Zahl der Mitglieder im Repräsentantenhaus plus zwei, um der für jeden Bundesstaat gleichen Zahl der Senatoren gerecht zu werden. Diese tabellarische Darstellung, in der die Neueinteilung zum Ausdruck kommt, wie sie bei der letzten der alle zehn Jahre durchgeführten Volkszählungen im Jahr 1990 festgelegt wurde, ist zum ersten Mal am 3. November 1992 gültig. Die Gesamtzahl der Stimmen im Wahlkollegium liegt jedoch unabhängig von demographischen Veränderungen immer bei 538 - für die 535 Mitglieder des Kongresses plus drei für den District of Columbia, der keinen Bundesstaat sondern eher eine Bundesenklave darstellt. Für den Sieg im Wahlkollegium ist eine einfache Mehrheit von 270 Stimmen erforderlich. Alabama 9 Kansas 6 Alaska 3 Kentucky 8 Arizona 8 Louisiana 9 Arkansas 6 Maine 4 Kalifornien 54 Maryland 10 Colorado 8 Massachusetts 12 Connecticut 8 Michigan 18 Delaware 3 Minnesota 10 District of Columbia 3 Mississippi 7 Florida 25 Missouri 11 Georgia 13 Montana 3 Hawaii 4 Nebraska 5 Idaho 4 Nevada 4 Illinois 22 New Hampshire 4 Indiana 12 New Jersey 15 7 New Mexico 5 Iowa AMERIKA DIENST 43 Seite 1 New York 33 Tennessee 11 North Carolina 14 Texas 32 North Dakota 3 Utah 5 21 Vermont 3 Oklahoma 8 Virginia 13 Oregon 7 Washington 11 Pennsylvania 23 West Virginia 5 Rhode Island 4 Wisconsin 11 South Carolina 8 Wyoming 3 South Dakota 3 Ohio * * * * Seite 2 * AMERIKA DIENST 43 WAHLEN '92 28. Oktober 1992 PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATEN VERTRETEN ÄHNLICHE ANSICHTEN ZU VERTEIDIGUNGSPOLITIK Sprecher verweisen auf wenige bedeutende Unterschiede WASHINGTON - (AD) - Bei der von den Präsidentschaftskandidaten der drei großen Parteien vertretenen Haftung zur Zukunft der amerikanischen Verteidigungsstrategie bestehen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Der Umfang der Streitkräfte muß sich an den möglichen Bedrohungen orientieren, erklärte Bingaman. Das Verteidigungsministerium könne nicht als Behörde geführt werden, deren einzige Aufgabe die Verteilung von Arbeitsplätzen ist. Im Zeitalter nach dem Kalten Krieg betonen sowohl die republikanischen als auch die demokratischen Kandidaten die Notwendigkeit einer anhaltenden technologischen Überlegenheit der Vereinigten Staaten, der Beibehaltung hochqualifizierten Militärpersonals und einerstarken Rüstungsindustrie. Beide Seiten fordern die Aufrechterhaltung einer starken Verteidigung und scheinen sich über die wahrscheinlich zu erwartenden künftigen Bedrohungen einig zu sein. In der Frage jedoch , wie man sich darauf am besten vorbereiten sollte, gehen ihre Meinungen auseinander. Bingaman, der Vorsitzender des Senatsunterausschusses für Rüstungsindustrie und militärische Technologie ist, verteidigte den Plan seines Kandidaten, ab 1996 nur noch 100.000 Soldaten in Europa zu stationieren. Die Bush-Administration geht davon aus, 150.000 seien eine angemessene Zahl. Der Senator verwies darauf, es werde schwierig sein, einen hohen Truppenbestand in Europa auf unbegrenzte Sicht politisch zu rechtfertigen. Der ehemalige Direktor des US-Amts für Rüstungskontrolle und Abrüstung unter der Regierung Reagan, Präsident Bush und Gouverneur Clinton möchten in Ken Adelman, erklärte der ADPA, Clinton wolle die den kommenden Jahren über kleinere Streitkräfte und amerikanischen Truppen in Europa reduzieren, um Militärhaushalte verfügen, wenn auch in unterschied- damit Einsparungen zugunsten anderer von dem Gouverneur befürworteter großer innenpolitischer lichem Ausmaß. Ausgabenprogramme zu identifizieren. Adelman verDer Plan der Demokraten sieht im Zeitraum von 1993 wies jedoch darauf, es sei billiger, Truppen im Ausland bis 1997 Einsparungen von 60 Milliarden Dollar zu- zu stationieren als im Inland. Darüber hinaus erläutersätzlich zu den von den Republikanern angekündigten te er, es werde kostspieliger sein, in Zukunft Truppen Kürzungen vor. Das Pentagon hat für den gleichen von den Vereinigten Staaten zu Krisenherden - etwa Zeitraum bereits geplante Einsparungen von 63,8 im Nahen Osten - zu verlegen als dies von Europa aus Milliarden Dollar bekanntgegeben. Die Demokraten zu tun. wollen die weitere Senkung durch die zusätzliche Auf die Frage zur Truppenstärke im Pazifikraum deuDemobilisierung von 200.000 Soldaten erreichen. tete Bingaman an, unter einer Clinton-Administration Senator Jeff Bingaman, der Clinton bei einer Zusam- werde es "gewisse Verringerungen" geben. Der menkunft des Ortsvereins Washington der American Gouverneur wolle jedoch die heutige Zahl amerikaniDefense Preparedness Association (ADPA) am 21. scher Truppen in Südkorea beibehalten, bis die SpanOktober 1992 vertrat, stellte fest, der demokratische nungen auf der koreanischen Halbinsel abgebaut seiKandidat schlage "keine einseitige Abrüstung vor". en. Obwohl in Zukunft weniger amerikanische Truppen in Übersee stationiert würden, werde die von Clinton Adelman, der zur Zeit Vizepräsident des Institute for beabsichtigte Beibehaltung von 1,4 Millionen aktiven Contemporary Studies in Washington ist, erklärte, es Soldaten die Vereinigten Staaten als "bei weitem fähig- gebe "einen grundlegenden Unterschied" zwischen ste Militärmacht der Welt" erhalten. (Dem Bush-Plan den Kandidaten im Hinblick auf die Zukunft der Stratezufolge würden im Jahr 1993 schätzungsweise 1,7 gischen Verteidigungsinitiative (SDI). Unter Hinweis darauf, daß Clintons Programm von weltraumgestützMillionen aktive Soldaten beibehalten.) AMERIKA DIENST 43 Seite 1 ten Verteidigungssystemen wie "Brilliant Pebbles" abgerückt sei, stellte Adelman fest, die Bush-Administration befürworte die Entwicklung land- und weltraumgestützter Systeme, weil die Hauptbedrohung für die Vereinigten Staaten von ballistischen Raketen ausgehe. Darüber hinaus verlieh er seiner Besorgnis Ausdruck, Länder der Dritten Welt könnten "Waffen der Ersten Welt" erlangen. Zum Thema Lastenteilung erklärte Bingaman, die im Kalten Krieg an einigen amerikanischen Verbündeten geäußerte Kritik wegen unzureichender Beiträge sei "eine legitime Klage" gewesen. Heute, so Bingaman, ist es "unsererseits nicht länger produktiv, sie zu drängen, mehr zu tun". Statt dessen wäre es dem Senator zufolge wichtiger, die amerikanischen militärischen Fähigkeiten "besser mit den Realitäten der Welt in Einklang zu bringen". Die Vereinigten Staaten Bingaman stellte fest, die Clinton/Gore-Kampagne trügen "einen zu großen Teil der Lasten, aber das ist unterstütze zwar gefechtsfeldgebundene Raketenab- unser eigener Fehler... Wir müssen diesen Anteil wehrprogramme wie Patriot und Arrow, lehne jedoch - senken." wie beide Kandidaten bereits seit 1983 betonten - die Verschwendung von "Milliarden und Abermilliarden Vertreter der Bush-Administration haben die amerikaDollar" für nichtfunktionierende oder nicht besonders nischen Verbündeten wiederholt beim Thema Lastenwirtschaftliche exotische SDI-Programme ab. Er teilung verteidigt. Adelman erklärte lediglich, die Verappellierte für Realismus bei der Einschätzung der bündeten sollten "Sicherheitsfragen mit mehr VerantZukunft von SDI und verwies auf landgestützte Syste- wortungsbewußtsein handhaben" und verwies auf die me, die am vielversprechendsten seien. Fehlschläge im Hinblick auf das ehemalige Jugoslawien. Adelman erklärte, das Ziel solle es sein zu versuchen, die SDI-Forschungsarbe'rten so rasch wie möglich In bezug auf die konventionellen Streitkräfte stellte abzuschließen, um ein System herzustellen, das im Bingaman fest, eine Clinton-Administration werde die größtmöglichen Ausmaß Schutz vor künftigen Verringerung der Flugzeugträgergruppen von 12 auf Raketenangriffen bieie. 10 vorschlagen (die Republikaner verringern die Zahl von 14 auf 12). 10 seien ausreichend, um auf "regioZum Thema der Waffenverkäufe und Exporte ameri- nale Krisen" zu reagieren. kanischer Technologie meinte Adelman, Rüstungsexporte seien erforderlich, um die rüstungsindustrielle Die Bush-Administration hat festgestellt, aufgrund des Basis zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Das Fehlens der sowjetischen Bedrohung werde das Bush/Quayle-Lager unterstütze dieses Konzept, so- Angriffsunterseeboot Seawolf nicht mehr benötigt, lange die Technologie "für die schlechten Burschen während Clinton das Programm befürwortet. Bingaaußer Reichweite" bleibt. Der Empfänger des Sy- man zufolge untermauert Clintons Entscheidung desstems ist wichtiger, stellte er fest, als die eigentlichen sen Verpflichtung zur Bewahrung der industriellen Fähigkeiten des Systems. Basis. Adelman kritisierte dies als "Bevorzugung" bestimmter Gemeinden, die auf die Produktion der Bingaman zufolge unterstützt Clinton "aggressivere Seawolf angewiesen sind und erklärte, wenn die EntBemühungen" zur Förderung aller Arten von Industrie' Verringerung der Verteidigungsausgaexporten, einschließlich von Rüstungsgütern. ben gefaiien sei, könnten Programme ohne echten Zweck nicht fortgesetzt werden. * * * * i ; Seite 2 AMERIKA DIENST 43 WAHLEN '92 28. Oktober 1992 SCHARFE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN CLINTON UND BUSH BEI UMWELTPOLITIK Engagierte Umweltschützer unterstützen Clinton WASHINGTON - (AD) - George Bush schien im Wahlkampf 1988 eine ganz eindeutige Position zu vertreten, als er versprach, er werde der "Umweltpräsident" sein. Innerhalb weniger Monate nach Amtsantritt schlug er dann ein durchgreifendes Gesetz zur Reinhaltung der Luft vor. um 50 Prozent, Smog um 40 Prozent und Emissionen toxischer Schadstoffe um 75 Prozent reduzieren würde. Nach harten Verhandlungen wurde es ein Jahr später vom Kongreß gebilligt. Das heißt, der Präsident erreichte ein Gesetz, das Umwehschützer 10 Jahre lang gefordert hatten. Umweltschützer begrüßten das Versprechen und den Vorschlag, beklagen aber seither, der Präsident habe mehr Schaden angerichtet als Gutes getan. Der Sierra Club, eine der größten Umweltorganisationen in den Vereinigten Staaten, ist nur eine der Gruppen, die Bushs Gegner im Jahr 1992, den seit 12 Jahre amtierenden Gouverneur von Arkansas, Bill Clinton, unterstützt haben. Bald darauf wurden die Haushalte des Bundesamts für Umweltschutz (EPA) aufgestockt, ein 10jähriges Moratorium der Öl-und Erdgasexploration vor weiten Teilen der Atlantik- und Pazifikküste sowie freiwillige Programme eingeführt, um Unternehmen in Bemühungen zur Senkung des Energieverbrauchs und toxischer Emissionen einzubinden. Clinton selbst erklärt, seine Sorge um den Zustand der Erde werde am besten durch seine Wahl von Albert Gore Jr. als Vizepräsidentschaftskandidat unterstrichen. Gore ist einerderführenden Umweltschützer im US-Senat. Präsident Bush und insbesondere Vizepräsident Quayle haben Clinton wegen dessen auch von seinen Anhängern eingeräumten dürftigen Umweltbilanz als Gouverneur angegriffen. Im Fall von Gore behauptet die Wahlpropaganda von Bush, die Positionen, die dieser im Senat und in einem von ihm verfaßten Buch vertreten habe, seien so extrem, daß sie viele Arbeitsplätze kosten würden, falls sie Gesetzeskraft erlangten. Der unabhängige Kandidat Ross Perot, ein wohlhabender Geschäftsmann, und dessen Vizepräsidentschaftskandidat, der Admiral a.D. James Stockdale, haben über ihr umweltpolitisches Programm wenig gesprochen. In einem von Perot geschriebenen Buch über seine Wahlkampfvorschläge betont dieser Anreize für die Industrie zur Verringerung der Schadstoffbelastung sowie Investitionen im rasant wachsenden Bereich der Umwelttechnologie. Innerhalb von fünf Monaten nach seinem Amtsantritt im Januar 1989 legte Bush dem Kongreß ein Gesetz vor, das innerhalb von 10 Jahren den sauren Regen AMERIKA DIENST 43 Auf internationaler Ebene beschleunigte Bush die Beendigung des Einsatzes von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die die den Menschen vor Hautkrebs schützende Ozonschicht abbauen, schlug einen Waldschutzvertrag vor und führte Bemühungen an, um die in großem Stil betriebene Treibnetzfischerei und den Handel mit Elfenbein von afrikanischen Elefanten zu verbieten. Zu Beginn des Jahres 1991 setzte sich Bush jedoch für die Erschließung der allgemein vermuteten erheblichen ö l - und Gasvorkommen in einem WikJschutzgebiet am Polarmeer in Alaska ein. Er teilte dem Kongreß mit, die Bohrungen würden die Umwelt nicht schädigen, wohingegen Umweltschützer und ihre Verbündeten im Kongreß seinen Plan erbittert bekämpften und seine Streichung aus dem vorgesehenen Energiegesetz erwirkten. Der Preis, den sie dafür zahlten, war die Ausklammerung einer anderen, von Bush abgelehnten Maßnahme, die den Automobilherstellern schärfere Grenzwerte für den Energieverbrauch der von ihnen hergestellten Fahrzeuge vorgeschrieben hätte. Die Frage, ob man die Hersteller zwingen sollte, verbrauchsgünstigere Automobile zu produzieren, war eines der wenige Umweltthemen, die von den Kandidaten oder ihren Fragestellern in den vier Fernsehdebatten des Jahres 1992 zur Sprache gebracht wurden. Seite 1 Bush behauptete, die amerikanische Automobilindustrie würde schwer angeschlagen, wenn sie versuchen müßte, schärfere Grenzwerte für den Treibstoffverbrauch von Automobilen einzuhalten. Clinton wiederholte seinen Standpunkt, daß die amerikanischen Hersteller schärfere Normen erfüllen und damit einen Wettbewerbsvorteil erringen könnten. Er ließ sich jedoch nicht darauf festlegen, wie scharf die neuen Grenzwerte sein sollten. Während der erbittert geführten Debatte des Jahres 1991 über die Erschließung von Bodenschätzen in Alaska und die Verbrauchsnormen schwächte sich die Konjunktur infolge der 1990 begonnenen Rezession weiter ab, und Präsident Bush begann, die Notwendigkeit zur Erhaltung von Arbeitsplätzen und Hilfe für Unternehmen zu betonen, die durch einen Abbau belastender staatlicher Vorschriften erreicht werde. Bald darauf begann ein Ausschu ß des Wei ßen Hauses unter dem Vorsitz von Vizepräsident Quayle die vom EPA vorgeschlagenen Vorschriften unter die Lupe zu nehmen. Ein Ergebnis war die Änderung einer vom EPA vorgelegten Verfügung, um es den Industrien zu gestatten, "geringfügige" Steigerungen umweltbelastender Emissionen ohne staatliche Genehmigung oder öffentliche Anhörungen vorzunehmen. Bush wandte sich erfolgreich gegen die vertragliche Festlegung rechtlich verbindlicher Verpflichtungen zur Stabilisierung des wichtigsten Treibhausgases, des Kohlendioxids, auf dem Niveau von 1990 bis zum Jahr 2000. Als einziger Industriestaat vertraten die Vereinigten Staaten die Ansicht, es sei voreilig, die in einer Volkswirtschaft erforderlichen einschneidenden Veränderungen zur Stabilisierung von Kohlendioxidemissionen vorzunehmen, weil die Wissenschaftler noch nicht sicher seien, wie stark die Erwärmung in verschiedenen Regionen ausfallen wird. Gore stimmte mit amerikanischen Umweltschützem und europäischen Regierungen überein, die der Meinung waren, daß Volkswirtschaften durch Stabilisierungsmaßnahmen nicht geschädigt würden und daß die Stabilisierung eine gewisse Sicherheit vor den Auswirkungen möglicher Klimaveränderungen gewährleisten werde. Seine Position ist heute fester Bestandteil von Clintons Programm. In einer kürzlich veranstalteten Debatte von Anhängern der verschiedenen Kandidaten erklärte Michael Deland, Vorsitzender des Rats für Umweltqualität des Präsidenten, der Ausschuß des Weißen Hauses zur Überprüfung der von Bundesbehörden empfohlenen Bestimmungen solle seine Arbeit fortsetzen. Er stelle Als ein Bundesgericht ein Gesetz bestätigte, das den sicher, daß die jährlich von Staat und Wirtschaft zum Holzeinschlag in einem unberührten Waldgebiet unter- Schutz der Umwelt ausgegebenen 130 Milliarden Dollar, sagte, weil dadurch der Lebensraum einer gefährde- "was mehr ist, als die Ausgaben jedes anderen Lanten Eulenart zerstört würde, forderte Bush eine Ge- des", klug verwendet werden. setzesänderung. Er bat darum, daß die wirtschaftlichen Auswirkungen des Schutzes bedrohter Arten bei Die Anwältin Cathleen Stone, die das Clinton-Team jeder Maßnahme zu deren Rettung einbezogen wer- vertritt, stellte fest, dies sei ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Lagern. Der Ausschuß habe der den sollten. Großindustrie dabei geholfen, rechtliche BestimmunBei Beginn des Wahlkampfs 1992 gab es unter gen zur Verringerung der Umweltverschmutzung zu Umweltschützern wenig Unterstützung für die Bush- VÖI meiden, "bubl. hat eine Bilanz der Versäumnisse Administration. bei der Verwirklichung geltender Rechtsnormen vorzuweisen", erklärte sie vor einem Publikum von RechtsAls Gouverneur Clinton seinen Wahlkampf startete, anwälten. verwiesen Umweltschützer und seine Gegner bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei darauf, daß er Deland konzentrierte sich auf eine Punkt-für-Punktals Gouverneur von Arkansas bisweilen Wirtschaftsin- Verteidigung der Umweltbilanz Bushs und versicherte, teressen nachgegeben habe. Das schlagendste Bei- Umweltschutz werde auch in einer neuen Administraspiel ist die Erlaubnis, Abfälle aus der Hühnerzucht in tion hohe Priorität genießen. "Kein Präsident seit Teddy Flüsse seines Bundesstaates einzuleiten. Roosevelt hat so viel für den Schutz der Umwelt getan", erklärte er. Roosevelt war zu Beginn des Er und seine Anhänger erkennen an, daß dies ein Jahrhunderts Präsident und förderte die Einrichtung Fehler war und erklären, das Problem werde positiv von Nationalparks, Naturschutz und Forschungsvorgelöst. Was ihn bei Umweltschützern jedoch am haben. beliebtesten machte, war die Wahl Gores als Vizepräsidentschaftskandidat. Stone versprach, eine Clinton-Gore-Administration werden ein Spektrum von Reformen durchführen, Gore ist seit langem ein hartnäckiger und scharfer darunter Anreize für die Industrie zur Verringerung der Kritiker von Bushs Umweltpolitik. Dies traf insbeson- Abfallproduktion und Förderung des Recycling, ein dere während der von großer öffentlicher Aufmerk- schärferes Gesetz zur Wasserreinhaltung, Bewahsamkeit begleiteten internationalen Verhandlungen zu, rung größerer Feuchtgebiete und verstärkte Nutzung die Mitte 1992 mit einem Vertrag zur Kontrolle von von Erdgas in Fahrzeugen, um die Emissionen von Treibhausgasen ihren Höhepunkt erreichten, die das Treibhausgasen einzudämmen. Erdklima erwärmen und große klimatische Veränderungen hervorbringen könnten. Seite 2 AMERIKA DIENST 43 Perot fordert in seinem Buch die Einstellung von Subventionen für umweltschädigende Maßnahmen in der Bergbau- und Holzindustrie, den Einsatz von An- * AMERIKA DIENST 43 * reizen anstatt Vorschriften zur Erlangung von Umweltzielen sowie Hilfen für andere Länder zur Stabilisierung des Bevölkerungswachstums und zum Abbau der Armut. * * Seite 3 WAHLEN '9 2 28. Oktober 1992 WACHSENDES INTERESSE DER WÄHLER IN USA, ZUNEHMENDE REGISTRIERUNG VERZEICHNET Rezession, ungewisser Wahlausgang als Hauptfaktoren WASHINGTON - (AD) - In der Endphase des Wahlkampfes 1992 erschüttert die amerikanische Öffentlichkeit die gängige Vorstellung vom apathischen und desinteressierten Bürger. Anekdotenhaftes Material und die zur Verfügung stehenden ersten statistischen Daten enthalten eine gemeinsame Aussage: Eine wachsende Zahl von Amerikanern interessiert sich für den Wahlprozeß und hat sich entschieden, selbst dabei mitzuwirken. Dieser Schluß läßt sich aus der großen Zahl von Menschen ziehen, die die jüngste Serie von Femsehdebatten der drei Hauptkandidaten für das Präsidentenamt mitverfolgten ebenso wie aus der steigenden Registrierung von Wählern im ganzen Land vorder am 3. November stattfindende Wahl. Beobachter betrachten diesen offenkundigen sprunghaften Anstieg der Wählerbeteiligung als Reaktion auf die schweren wirtschaftlichen Zeiten im Verein mit einem sehr offenen Rennen um die Präsidentschaft, das der einzelnen Wählerstimme mehr Bedeutung verleiht. Darüber hinaus habe das Auftreten eines dynamischen unabhängigen Kandidaten, Ross Perot, dazu beigetragen, das Interesse der Öffentlichkeit zu wecken. Die Registrierung von Wählern hat dem Komitee zur Untersuchung der amerikanischen Wählerschaft (Committee for the Study of the American Electorate) zufolge, einer überparteilichen Forschungsgruppe, die statistische Daten sammelt und auswertet, dieses Jahr in 9 von den 10 Verwaltungsbezirken zugenommen, die als erste ihre offiziellen Gesamtzahlen bekanntgaben. (Da jeder Bundesstaat sein eigene Verfahren und Zeitpläne fürdie Registrierung festlegt, sind umfassendere landesweite Ergebnisse noch nicht verfügbar.) Die Gruppe berichtete, daß zumindest in drei dieser Verwaltungsbezirke - den Bundesstaaten Louisiana und North Carolina sowie dem District of Columbia - bei der Registrierung Rekordmarken erreicht wurden. Ein AMERIKA DIENST 43 neuer Höchststand könnte auch im Staat Mississippi erzielt worden sein, obwohl die Nachlässigkeit bei der Führung der in diesem Staat erstellten Wählerverzeichnisse einen Vergleich mit früheren Jahren erschweren mag. Nur in Alaska ging die Registrierung zurück. Der Analyse zufolge stieg die Registrierung in den 10 erfaßten Verwaltungsbezirken 1992 auf 70,85 Prozent der Bevölkerung im Wahlalter, gegenüber 69,0 Prozent im Jahr 1988. Damit wurde der höchste Stand seit den 72,98 Prozent registrierter Wähler im Jahr 1964 erzielt. Der Direktor der Forschungsgruppe, Curtis Gans, gibt an, die ersten Resultate veranlaßten ihn zu der Überzeugung, daß in vielen Staaten ein weiterer Zuwachs zu erwarten sei, der jedoch relativ bescheiden ausfallen und keine neuen nationalen Rekordmarken erreichen werde. Gans führt den diesjährigen Zuwachs auf drei klar definierbare Gründe zurück: die Rezession, die Einführung von Verfahren in zahlreichen Bundesstaaten, die eine Registrierung durch die Verbindung mit der Beantragung eines Führerscheins erleichtern sowie "wahrscheinlich aber nicht sicher die Registrierung vordem nicht eingetragener Perot-Anhänger, die sich registrieren lassen mußten, um Petitionen zu unterschreiben", mit denen ihr Kandidat auf die Stimmzettel der Bundesstaaten gelangte. "Die Rezession ist einer der Faktoren, die die Leute veranlassen - entweder aus Angst oder aus Verärgerung - zu den Wahlurnen zu gehen. Dieses Jahr scheint es von beidem etwas zu sein", erklärt Gans. Der letzte Anstieg der Wahlbeteiligung wurde 1982 verzeichnet, als es ebenfalls eine Rezession gab. Gans zufolge wird der sprunghafte Anstieg in der Wählerregistrierung am 3. November eine höhere Wahlbeteiligung nach sich ziehen. Das könnte jedoch ausbleiben, "wenn die republikanischen Angriffe auf Seite 1 Gouverneur Clinton andauern und seine Negativeinschätzungen so hochtreiben, daß den Menschen nur eine unattraktive Auswahl bleibt", warnt er. ten, dann hoffen sie, mit dem Urnengang ihr Leben verändern zu können." Die Rolle der Konjunkturschwäche für den Anstieg der Wahlbeteiligung wird auch von dem Kolumnisten Charles Krauthammer angeführt. In einem von der Washington Post am 23. Oktober veröffentlichten Beitrag erklärt Krauthammer, eine hohe Wahlbeteiligung am 3. November "wird nur schwerlich als ein plötzlicher Anstieg staatsbürgerlichen Bewußtseins oder eine jähe Erneuerung des Vertrauens in den demokratischen Prozeß erklärt werden können." Über 100 Millionen Zuschauer schalteten ihr Fernsehgerät zumindest bei einer dieser Debatten ein, wie ABC Research herausfand. Tatsächlich deutet eine Untersuchung der von allen Fernsehsendern gelieferten Zahlen darauf hin, daß allein bis zu 96 Millionen Zuschauer die letzte Debatte der Präsidentschaftskandidaten mitverfolgten. Welche Gründe sie auch haben mag, die Tatsache der Ein weiterer Veteran unter den Wahlbeobachtern, stärkeren Registrierung ist unbestreitbar. "Praktisch William Kimberling, betrachtet die Gründe für die dies- überall erklären die Beamten, mit denen wir gesprojährige Zunahme in der Registrierung unter ähnlichen chen haben, sie scheine hoch zu sein", erklärt KimberGesichtspunkten. ling. Darüber hinaus habe es eine starke Nachfrage nach Briefwahlunterlagen gegeben, wobei in einigen Kimberling, der stellvertretender Leiter des Büros für Gegenden den Verwaltungen sogar die Formulare die Durchführung von Wahlen der amerikanischen ausgegangen seien. Bundeswahlkommission ist, stimmt der Ansicht zu, der Hauptauslöser sei die Tatsache, daß "es der Wirt- Die beiden großen Parteien haben ebenso wie verschaft schlecht geht und sich die Menschen persönlich schiedene ethnische Gruppen im ganzen Land große davon betroffen fühlen. Es gibt kein wichtigeres Pro- Erfolge mit ihren Kampagnen zur Wählerregistrierung. blem als die Bedrohung des eigenen Geldbeutels." In einem Bundesstaat, Texas, könnte die WahlbeteiliDies werde noch durch die Tatsache ergänzt, daß die gung überdies durch ein Verfahren gesteigert werden, Wahl "dieses Mal wirklich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ist demzufolge registrierte Wähler ihre Stimme bis zu 20 - ein Rennen, bei dem die einzelne Wählerstimme Tage vor dem eigentlichen Wahltag in Wahllokalen wirklich einen U nterschied bewirken kann". Kimberling abgeben können, die über jeden Landkreis verteilt zufolge hat darüber hinaus "der Eintritt Perots... einige sind. Leute angeregt, die sonst von den beiden großen Daß das Interesse hoch ist, kommt auch in der großen Parteien abgeschreckt würden". Zahl von Zuschauern zum Ausdruck, die die in einem Wie Gans erwartet auch Kimberling nach 20 Jahren Zeitraum von neun Tagen im Oktober ausgestrahlten des Rückgangs, der im Jahr 1988 zu einem Tiefstand drei Fernsehdebatten der Präsidentschaftskandidaten von lediglich 50,15 Prozent der wahlfähigen Bevölke- sowie eine Debatte der Vizepräsidentschaftskandidarung führte, dieses Jahr eine höhere Wahlbeteiligung. ten am Bjldschirm verfolgten. Diese fahlen steiior. im Vergleich zu den 73 Millionen Zuschauern, die im Jahr 1988 die erste Debatte zwiSie wird wesentlich leichter als Funktion der Unzufrie- schen dem damaligen Vizepräsidenten Bush und seidenheit zu erklären sein", so Krauthammer. "Wenn nem demokratischen Herausforderer, Gouverneur sich die Dinge negativ entwickeln, wenn die Menschen Michael Dukakis, erlebten. arbeitslos sind oder sich vor der Arbeitslosigkeit fürch- * * * * * Seite 2 AMERIKA DIENST 43 WAHLEN '92 28. Oktober 1992 MEDIEN WICHTIGER FAKTOR BEI PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN Aktuelle Berichte und Anzeigen als wichtigste Elemente WASHINGTON - (AD) - Die Berichterstattung der Massenmedien über die amerikanische Präsidentschaftswahl umfaßt zwei besonders wichtige Elemente - aktuelle Nachrichten und bezahlte Anzeigen. Gemeinsam machen sie die Medien zu einem bedeutenden - und einflußreichen - Faktor im Wahlprozeß. Die Medien - Zeitungen, Illustrierte, Fernsehen und Rundfunk - zählen auf die Wahlkampagnen, um Nachrichten und Einnahmen zu erzielen. Die Kandidaten wiederum zählen auf die Medien, um die größtmögliche Zahl von Wählern zu erreichen. Die meisten Amerikaner beziehen ihre Informationen über Politik und aktuelle Fragen aus den Medien, und das Fernsehen ist die dominierende Kraft. Über Wahlkampfereignisse wird in den Abendnachrichten berichtet, und die Kandidaten treten nicht nur in Interviews der Nachrichtenprogramme auf, sondern auch im Rahmen von tagsüber ausgestrahlten Talkshows. Debatten und Parteikonventen wird viel Sendezeit eingeräumt. Und das betrifft lediglich die nationale Ebene. Auf Bundesstaats- und Gemeindeebene räumt ein Kandidat bei jedem Aufenthalt während einer Wahlkampfreise Zeit für ein Exklusivinterview mit Journalisten in der betreffenden Region ein. Die Kandidaten haben im Lauf der Jahre erkannt, daß die nationalen Medien, die stets auf der Suche nach schlagzeilenträchtigen Berichten sind, häufig dazu neigen, sich auf die kontroversen Aspekte des Wahlkampfs zu konzentrieren, während die Berichterstattung auf lokaler Ebene oft positiver ist. sorgfältig inszenierte Medienereignisse an solch photogenen Orten wie Fahnenfabriken oder nationalen Denkmälern veranstalten, mit Ballons und Transparenten im Hintergrund. Dabei geben sie sogenannte "sound bites" ab - kurze, sorgfältig formulierte Sätze, die in der Nachrichtensendung einen bleibenden Eindruck hinterlassen sollen. Im Jahr 1992 gab es einen dramatischen Anstieg bei den tagsüber ausgestrahlten Talkshows als politischem Forum, was hauptsächlich auf die Bereitschaft der Kandidaten zurückzuführen ist, Einladungen zu Interviews von den Moderatoren dieser Programme anzunehmen. Der unabhängige Kandidat Ross Perot leitete dieses Phänomen im Februar ein, als er während eines Auftritts in der CNN-Talkshow Larry King Live, an der sich Zuschauer mit Telefonanrufen beteiligen können, die Bedingungen erläuterte, unter denen er eine Präsidentschaftskandidatur erwägen würde. Solche Shows sind für Fernsehzuschauer, Rundfunkhörer und das Studiopublikum ein Mittel, um mehr von den Kandidaten zu sehen als die von den Sendern ausgestrahlten Kurzstatements gestatten. Durch das direkte Gespräch mit den Kandidaten haben die Wähler darüber hinaus eine Möglichkeit, ihre eigene Meinung auszudrücken. Die Präsidentschaftskandidaten sind vielleicht die wichtigsten Medienereignisse in einem Wahlkampf, weil die Wähler erleben können, wie die Kandidaten unter Stress reagieren und danach zahlreiche Artikel mit Analysen der Debatten erscheinen. Die Zeitungen räumen dem Wahlkampf jedoch im allgemeinen mehr Platz ein als das Fernsehen, weil sie Die Medien "neigen dazu, sich auf negative Aspekte zu nicht unter den gleichen zeitlichen und finanziellen konzentrieren", erklärt der politische Analyst Norman Beschränkungen arbeiten wie letzteres. Die ZeitunOrnstein vom American Enterprise Institute, "um am gen können außerdem eine tiefgreifendere Berichterschärfsten die Amtsinhaber oderdie in Führung liegenstattung bieten, weil sie in der Lage sind, eine größere den Kandidaten zu kritisieren und Skandale zu betoZahl von Reportern für den Wahlkampf abzustellen. nen". Die Kandidaten versuchen dem entgegenzuwirken und benutzen die Medien zu ihrem Vorteil, indem sie AMERIKA DIENST 43 Die neue Computertechnik gibt den Zeitungen darüber hinaus den Vorteil des von dem politischen Analysten Seite 1 Stephen Hess von der Brookings Institution so bezeichneten "Korrektivjournalismus". Anstatt an einem Tag die Erklärung eines Kandidaten abzudrucken, am nächsten Tag eine Gegendarstellung der Opposition und am dritten Tag einen damit in Zusammenhang stehenden Kommentar verleiht die Technik, indem sie unmittelbaren Zugang zu Informationen bietet, den Journalisten Hess zufolge heute die Fähigkeit, Behauptungen, Gegenbehauptungen, Hintergrundmaterial und Analysen in ein und demselben Artikel zu liefern. jedoch darauf, daß seit dem Abschluß der Vorwahlen im Juni die negative Beurteilung des Präsidenten in den Nachrichten im Verhältnis von 3:2 überwog, während bei Clinton ein ausgewogeneres Verhältnis bestand. Infolgedessen wurden die Demokraten in den Fernsehnachrichten dieses Jahr gegenüber den Republikanern tendenziell bevorzugt. Eine weitere Forschungseinrichtung, das in New York ansässige Freedom Forum Media Studies Center, hat in seiner Bewertung der Berichterstattung über den Präsidentschaftswahlkampf durch die Medien erklärt, Hess verweist jedoch darauf, daß diese Veränderung ein Hauptkritikpunkt sei dieses Jahr die Betonung der im Journalismus, obwohl sie Kandidaten zu schärferen "Charakterfrage" gewesen. Erklärungen veranlassen und zur Informierung der Wähler beitragen wird, bisher zu verstärkter Kritik an Gegen Clinton vorgebrachte Beschuldigungen der den Medien wegen Voreingenommenheit und wach- Untreue, des Drogenmißbrauchs und der Drückebergerei haben die Frage aufgeworfen, welches Material sendem Zynismus unter den Wählern geführt hat. für die Medien zur Einschätzung eines Kandidaten In einer Untersuchung von über 1.600 Wahlkampfbe- herangezogen werden sollte. Ein Querschnitt vom richten, die in diesem Jahr bereits in den Abendnach- Freedom Forum Center befragter politischer Journalirichten der Fernsehsender ausgestrahlt wurden, kam sten erklärte, die Konzentration auf den Charakter das Zentrum für Medien und öffentliche Angelegenhei- liefere den Wählern einen Maßstab, um die Integrität ten (Centerfor Media and Public Affairs), eine überpar- und Führungskraft eines Kandidaten zu beurteilen. teiliche Forschungseinrichtung in Washington, zu dem Schluß, daß die politischen Positionen der Kandidaten Im Bereich der Werbung werden Millionen von Dollar unter allen Wahlkampfaspekten die größte Aufmerk- an Spendengeldern der Kandidaten für Zeitungsanzeisamkeit erhielten und in über einem Drittel der Berichte gen und Fernseh- oder Rundfunkwerbung ausgegebesonders hervorgehoben wurden. Dies geschah ben, besonders für das Fernsehen. Diese Sendungen nahezu doppelt so häufig wie im Präsidentschafts- reichen von den gegenwärtig von Bush und Clinton eingesetzten 30-Sekunden-Spots, in denen der Chawahlkampf 1988. rakter des Gegners in Frage gestellt wird - sogenannter "Angriffswerbung"- bis zu den von Perot eingekaufDagegen war das am meisten behandelte Einzeltheten 30-Minutensendungen, um sein Wirtschaftsproma im Wahlkampf 1988 das sogenannte "Pferderengramm anhand von Tabellen und Grafiken zu erläunen", nämlich an welcher Stelle die Kandidaten lagen tern. und welche Aussichten sie hatten. Dieses Thema rangierte 1992 an vierter Stelle. Negativ« Gpots cc^ecken viele Wähler ab, aber dem Zwei andere Aspekte des Wahlkampfs - die Strategie Politikwissenschafiler William Rosenberg von der Drexel und Kontroversen wie etwa Skandale und Fehlleistun- University zufolge sind "Negativspots nicht per definigen - erhielten etwa gleich viel Aufmerksamkeit wie vor tionem uninformativ. Sie können Informationen über vier Jahren, stellte das Zentrum fest. einen Gegenkandidaten enthalten, die man in einem Wahlkampf vernünftigerweise weitergeben sollte." Darüber hinaus wurde festgestellt, daß während der Vorwahlen sowohl Präsident Bush als auch dem Und das ist es, was die Medien in einem Präsidentdemokratischen Kandidaten Bill Clinton in den Fern- schaftswahlkampf sowohl durch Reportagen als auch sehnachrichten mehr negative Berichterstattung zuteil durch bezahlte Anzeigen zu tun versuchen - vernünfwurde als ihren Gegnern. Das Zentrum verweist tige Informationen weiterzugeben. * * Seite 2 * * AMERIKA DIENST 43 WAHLEN '92 28. Oktober 1992 UNABHÄNGIGE KANDIDATEN UND PRÄSIDENTSCHAFTSBEWERBER VON DRITTPARTEIEN von Robert E. Mutch In dem nachfolgenden Beitrag untersucht der Verfasser die erfolgreicheren Bewerbungen amerikanischer Präsidentschaftskandidaten seit dem frühen 19. Jahrhundert. Dagegen seien in diesem Jahrhundert unabhängige Kandidaten und Bewerber von Drittparteien für das Präsidentenamt "zunehmend politische Randfiguren" gewesen. Robert Mutch ist freiberuflicher Schriftsteller in Washington. Seit George Washington im Jahr 1797 seine Amtszeit beendete, waren die meisten Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten Wettbewerbe zwischen zwei Kandidaten der beiden großen politischen Parteien. Zwar gab es bei jeder Wahl noch weitere Bewerber, aber diese konnten nurwenige Wähler für sich gewinnen. Wenn ein solcher Kandidat auch nur fünf Prozent der Gesamtstimmen erhält, ist dies bereits ein Zeichen der Unzufriedenheit mit den beiden großen Parteien und häufig ein Vorbote politischen Wandels. Die spektakuläre Kandidatur des texanischen Milliardärs Ross Perot im Jahr 1992 bietet einen guten Anlaß für eine Rückschau auf relativ erfolgreiche Kandidaturen solcher Drittkandidaten. drei Bewerbern auswählt, die die meisten Stimmen erhalten haben. Nach längeren internen politischen Auseinandersetzungen wählte das Repräsentantenhaus John Quincy Adams. General Andrew Jackson, einer der Verlierer, war so verbittert, daß er und seine Anhänger die nächsten vier Jahre damit verbrachten, die Demokratische Partei zu organisieren, die ihm bei der Wahl von 1828 zum Einzug ins Weiße Haus verhalf. Damit schuf er die heute älteste Partei der Welt. Die weniger gut organisierten Gegner des Generals scharten sich um einen seiner Rivalen aus dem Jahr 1824. Die erste dritte Partei, die Anti-Masons, war wenig mehr als ein Sammelbecken von Jackson-Gegnern in Die erste Gründung einer dritten Partei in Amerika fand New York, Pennsylvania und Massachusetts. Die statt, als sich das erste Zweiparteiensystem des Lan- Partei entlehnte ihren Namen einer kurzlebigen Volksdes gerade aufgelöst hatte und das zweite im Entste- bewegung, die nach dem Verschwinden eines unzuhen begriffen war. Die erfolglose Bewerbung von friedenen Freimaurers im Bundesstaat New York im Präsident John Adams von der Federalist Party um die Jahr 1826 entstand, derein Buch geschrieben hatte, in Wiederwahl im Jahr 1800 leitete den Abstieg der dem die Geheimnisse dieses Ordens enthüllt wurden. Federalists als nationaler Partei ein und bildete den Politiker machten sich die Gelegenheit zunutze, um Anfang vom Aufstieg der Democratic-Republtcans, der Bewegung politische Inhalte zu geben und sie auf der Partei des neugewählten Präsidenten Thomas Nachbarstaaten auszudehnen. Um eine breitere ÖfJefferson. Da wegen des Fehlens einer politischen fentlichkeit zu gewinnen, spielten diese Politiker die Opposition die Grenzen der Democratic-Republicans Angriffe auf die Freimaurer herunter. In der Folgezeit als Partei immer verschwommener wurden, wurde wurden zahlreiche Vertreter der Partei in Ämter auf auch das System der Parteiversammlungen zur Gemeinde- und Bundesstaatsebene gewählt. Als die Nominierung von Präsidentschaftskandidaten immer Führer der Anti-Masons 1832 beschlossen, sich an weniger angewandt. Infolgedessen gab es bei der der Präsidentschaftswahl zu beteiligen, entdeckten Präsidentschaftswahl von 1824 vier selbstnominierte sie, daß ihr einziger gemeinsamer Nenner die AblehKandidaten, von denen keiner eine Stimmenmehrheit nung Jacksons war, und sie konnten sich nur mit erreichte. Dies war der erste und bisher einzige Schwierigkeiten auf einen Präsidentschaftskandidaderartige Fall in der amerikanischen Geschichte. ten einigen. Trotzdem hat die Partei gerade in diesem Aufgrund dieses Vorgangs wurde auf eine Bestim- Bereich einen dauerhaften Beitrag zur amerikanischen mung der US-Verfassung zurückgegriffen, derzufolge Politik geleistet. das Repräsentantenhaus den Präsidenten unter den AMERIKA DIENST 43 Seite 1 Die Anti-Masons hatten zuwenige Vertreter im Kongreß, um eine Nominierungsversammlung abzuhalten, selbst wenn dieses System noch existiert hätte. Auf der Suche nach einem Weg, um jemanden auf für alle als legitim akzeptierte Weise zu nominieren, griff die Parteiführung den Gedanken des Konvents auf. 1831 veranstaltete sie in Baltimore (Maryland) einen nationalen Konvent und forderte die Bundesstaaten auf, eine ihrer Zahl von Kongreßabgeordneten entsprechende Zahl von Delegierten zu entsenden. Dies war der erste Nominierungskonvent für eine Präsidentschaftswahl in der Geschichte des Landes, der von den Anti-Masons darüber hinaus benutzt wurde, um das erste Parteiprogramm zu verfassen. Andere Parteien übernahmen umgehend beide Praktiken, die bis heute benutzt werden. Nachdem Abraham Lincoln, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner im Jahr 1860, im Norden eine Stimmenmehrheit erhalten hatte, gelangten die führenden Politiker der Südstaaten zu der Überzeugung, daß sie ihre Interessen nicht mehr innerhalb der Union verteidigen könnten. Sie spalteten sich von den Vereinigten Staaten ab, und dieser Beschluß löste den vierjährigen Bürgerkrieg aus. Die Republikanische Partei beherrschte nicht nur die Politik des Nordens, sondern auch die Unionsarmee. Als diese Armee dann nach dem Krieg die besiegten konföderierten Staaten des Südens regierte, dominierten die Republikaner auch die Politik in diesen Bundesstaaten. Die Demokraten behielten nur wenige der Mitglieder, die sich vor dem Krieg gegen die Sklaverei gewandt hatten, und nach dem Krieg erstand die Demokratische Partei neu als eine schwache nationale Partei, in der sich Wähler aus den Städten des Nordens, insbesondere von der Begünstigung der Einheimischen durch die Republikaner abgestoßene Einwanderer aus Irland und anderen Staaten, mit wegen des Kriegsrechts aufgebrachten Südstaatlern zusammenfanden. Für über einhundert Jahre nach Einstellung der Feindseligkeiten blieben die weißen Südstaatler nahezu geschlossen demokratisch. Die Farmer im Westen und Mittelwesten blieben nahezu ebenso hundertprozentige Republikaner. Die ländlichen Protestparteien des ausgehenden 19. Jahrhunderts stellten Farmergegen Eisenbahngesellschaften und Banken. Dieser Konflikt hatte auch eine ausgeprägte regionale Dimension zwischen Ost und West und brachte den einzigartigen Charakter der amerikanischen Entwicklung zum Vorschein: die Landwirtschaft hatte sich nach Westen ausgedehnt, während sich gleichzeitig eine wachsende, städtisch geprägte lndu«*"esf,?eii<«haft in den älteren Staaten des Nordostens entwickelte. Der Partei gelang es nicht, einen landesweit anerkannten Politiker zur Annahme der Nominierung zu bewegen , ein Problem, das auch später andere dritte Parteien belastete. Schließlich nominierten die Anti-Masons den ehemaligen Justizminister William Wirt, der an dem Konvent überhaupt nicht teilgenommen hätte, wenn er nicht zufällig in seiner Heimatstadt stattgefunden hätte. Wirt errang 1832 nur knapp acht Prozent der abgegebenen Stimmen, und zwei Drittel davon stammten aus einem Bundesstaat, aus Pennsylvania. Wenige Jahre danach vereinigte sich die Partei mit zwei anderen Gruppen und bildete die Whig Party. Die Whigs hatten kaum begonnen, sich als Partei zu organisieren, als sie und die Demokraten unter dem Druck der Sklavenfrage bereits wieder auseinanderbrachen. Im Jahr 1848 hatten beide Parteien wegen der Haltung zur Ausdehnung der Sklaverei auf neue Bundesstaaten Anhänger im Norden verloren. In jenem Jahr schlössen sich abtrünnige Fraktionen von Whigs in Neu-England und Demokraten aus New York mit Gruppen von Abolitionisten (deren Ziel die Abschaffung der Sklaverei war) zur Free Soil Party zuSeit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts wandsammen. ten sich die Farmer der Präriestaaten hilfesuchend an Die Partei nominierte den ehemaligen Präsidenten die Parlamente der Bundesstaaten, um den EisenMartin Van Buren, der die Ausdehnung der Sklaverei bahngesellschaften die Frachtraten für den Transport ablehnte und dessen eigene Demokratische Partei ihrer Produkte zu den Märkten des Ostens vorzu1848 seine Nominierung abgelehnt hatte. Van Buren schreiben. Da sie außerstande waren, sich gegen die schnitt im Norden gut ab, erhielt jedoch landesweit nur Macht der Eisenbahnmagnaten in den großen Partei10 Prozent der Stimmen. Der Mißerfolg der Partei die en durchzusetzen, gründeten die Bauern ihre eigenen Wähler im Norden davon zu überzeugen, daß sie ein Parteien und brachten Kandidaten in Staatsämter von wirksames politisches Instrument darstellte, veranlaß- Indiana bis Kalifornien. Die Forderung der Landwirte te die ehrgeizigen Politiker, die sie erst vor wenigen nach einer Inflationswährung, die sie als "Greenbacks" Monaten ins Leben gerufen hatten, wieder zu ihren bezeichneten und die den Farmern bei der Begleialten Parteien zurückzukehren. Trotzdem blieb die chung ihrer Schulden bei Banken im Osten helfen Free Soil Party bis 1854 intakt, als das Problem der sollte, gewann nach dem finanziellen Zusammenbruch und der Depression der siebziger Jahre des 19. Sklaverei erneut zum heißen Eisen wurde. Jahrhunderts wachsende Anziehungskraft. GewerkIn diesem Jahr schlössen sich die Anhänger der Free schaftliche und städtische Reformgruppen schlössen Soil Party mit die Sklaverei ablehnenden Whigs und sich mit den Farmerparteien im Westen zur GreenDemokraten zur Republikanischen Partei zusammen. back-Partei zusammen, die auf Gemeinde- und BunBei den Kongreßwahlen des Jahres 1854 errangen die desstaatsebene sehr erfolgreich abschnitt. Republikaner sogleich den Status einer großen Partei. Seite 2 AMERIKA DIENST 43 Diese Bündnisse zwischen Stadt und Land, zwischen Bauern und Industriearbeitern waren stets brüchig, aber sie blieben angesichts des Schweigens der großen Parteien in den Fragen der Monopole und Regulierung der Eisenbahnen sowie ihres Engagements für eine harte Währung hartnäckig bestehen. Schließlich schlössen sich im Jahr 1891 Bauernorganisationen des Südens und Westens mit den Knights of Labor zusammen, um mit der People's Party die stärkste dritte Partei der amerikanischen Geschichte zu gründen. sen sich ebenso den Republikanern an. Diese Reform-Republikaner und populistischen Demokraten trugen auf unterschiedliche Weise zur Fortschrittsbewegung des frühen 20. Jahrhunderts bei. Wie bereits bei früheren politischen Bewegungen bestand die Basis der Fortschrittsbewegung aus Bauern und Arbeitern. Im Gegensatz zu früheren Bewegungen erhielt sie beispiellose Unterstützung wohlhabender Unternehmer, was zu einer politischen Richtung führte, die davon ausging, daß die Regierung wie ein Unternehmen geführt werden sollte. Die Progressiven Am 4. Juli 1892 nominierten die Populisten zwei Generäle begannen ebenfalls nicht als dritte Partei, sondern aus dem Bürgerkrieg, je einen von der Union und den arbeiteten innerhalb der beiden großen Parteien. Es Konföderierten, als Präsidentschafts- und Vizepräsi- war eine Spaltung der Republikanischen Partei, die zur dentschaftskandidaten. Der Präsidentschaftskandi- ersten Kandidatur der Fortschrittspartei führte, der dat, James B. Weaver, war ein Demokrat, der sich der Kandidatur des ehemaligen Präsidenten Theodore Free Soil Party und den Republikanern angeschlossen RooseveK im Jahr 1912. hatte, bevor er 1880 zum Präsidentschaftskandidaten der Greenback-Partei nominiert worden war. Sowohl Zwischen 1908 und 1912 hatte sich zwischen Konserdie Greenback-Partei als auch die Populisten befür- vativen und Progressiven in der Republikanischen worteten eine progressive Einkommenssteuer, Bun- Partei eine tiefe Kluft gebildet. Roosevelt hatte enge desvorschriften für den Verkehr zwischen den Bun- Bindungen zu beiden Lagern, aber seine Fehde mit desstaaten, einen achtstündigen Arbeitstag und das Präsident William Howard Taft, seinem Nachfolger im Weißen Haus und Anführer der Konservativen, veranallgemeine Wahlrecht. laßte ihn dazu, die Progressiven unter seinem eigenen Weaver erhielt bei der Wahl von 1892 8,5 Prozent der Banner aus der Partei herauszuführen. Roosevelt Wählerstimmen. Wichtiger war jedoch, daß der Partei errang 27,4 Prozent der Wählerstimmen und verzeichdie Wahl von Gouverneuren in drei Bundesstaaten nete damit das beste jemals von einem dritten Kandigelang, sie eine Mehrheit der Sitze im Parlament von daten erzielte Ergebnis. Der Preis dieses Erfolges war Nebraska errang und in anderen Bundesstaaten die die Spaltung der republikanischen Wählerschaft, die Republikaner oder Demokraten als wichtigste Opposi- zum Wahlsieg eines anderen Progressiven führte, des tionspartei ablöste. Darüber hinaus stellte die Partei - demokratischen Kandidaten Woodrow Wilson. Im bisweilen auf gemeinsamen Listen mit den Demokra- Jahr 1916 war Roosevelt wieder Mitglied ten - drei US-Senatoren und 11 Mitglieder des Repräsentantenhauses. Keine andere dritte Partei hat jemals An der Wahl von 1912 nahm noch eine weitere "dritte" Partei teil, die Socialist Party of America. Diese Partei auf allen Ebenen so gut abgeschnitten. war 1897 von Eugene V. Debs gegründet worden, der Die Populisten gewannen jedoch nur wenige Arbeiter damals Präsident der amerikanischen Eisenbahnerin den Städten des Ostens für sich, deren Unterstüt- gewerkschaft war. Die Einbeziehung von Bauern zung für den Erfolg einer wirklich landesweit vertrete- durch die Partei stellte diese in die Tradition der nen dritten Partei von solch entscheidender Bedeu- Versuche im 19. Jahrhundert, eine Verbindung zwitung war. Auch gelang es ihnen nicht, den tiefverwur- schen Stadt und Land herzustellen, aber sie wurde zelten Partikularismus des Parteiensystems der Zeit auch von europäischen Einwanderern beeinflußt, die nach dem Bürgerkrieg zu überwinden. Mitglieder aus sich in den Städten des Ostens niedergelassen hatten. den Südstaaten lehnten den Weg einer dritten Partei Die Kombination aus eingewanderten Industriearbeiab, da sie wahrscheinlich die Demokraten spalten und tern und im Land geborenen Bauern schuf darüber den Republikanern eine neue Chance eröffnen werde. hinaus unterschiedliche Definitionen des Sozialismus: Die Mitglieder aus dem Westen und mittleren Westen Erstere befürworteten die europäische Idee, Sozialiswaren bereit, mit den Demokraten zusammenzuarbei- mus bedeute die Verstaatlichung der Produktionsmittel, während die letzteren, insbesondere die Parteimitten ohne sich mit ihnen zu vereinigen. glieder aus Oklahoma, die amerikanische Erfahrung 1896 kooptierte die Demokratische Partei die Populi- einbezogen und Sozialismus als gleichmäßigere Versten, indem sie sich deren Parteiprogramm zu eigen teilung privaten Eigentums betrachteten. Debs errang machte. Diese Maßnahme trieb die Populisten aus 1912 sechs Prozent der Wählerstimmen, das erste dem Westen erneut den Republikanern in die Arme und letzte Mal, daß er so gut abschnitt. Die Partei und provozierte den "Wall-Street-Flügel" der Demo- errang darüber hinaus in diesem und folgenden Jahren kraten, in diesem Jahr einen eigenen Versuch zur Hunderte von Mandaten auf Gemeindeebene, aber Schaffung einer dritten Partei zu starten. Viele Refor- ihre sehr verschiedenartige Wählerschaft ging schließmer aus der Oberschicht des Ostens, die bereits früher lich getrennte Wege. in Drittparteibewegungen aktiv gewesen waren, schlösAMERIKA DIENST 43 Seite 3 Vordem Beginn der Depression wurde noch ein letzter Versuch unternommen, um Bauern und Arbeiter in einer dritten Partei miteinander zu verbinden. 1922 bildeten die Eisenbahnergewerkschaften, die Sozialistische Partei, verärgerte RooseveR-Progressive und eine Bauernorganisation aus dem Mittelwesten (die heute noch unter dem Namen Minnesota DemocraticFarmer-Labor Party existiert) die Conference for Progressive Political Action. Diese Organisation beabsichtigte lediglich Progressive in beiden Parteien zu unterstützen und nicht, eine dritte Partei zu gründen. Erst als sowohl die Republikaner als auch die Demokraten im Jahr 1924 konservative Präsidentschaftskandidaten aufstellten, startete die Conference eine eigene Kampagne für den Einzug ins Weiße Haus. Man wählte einen Kandidaten, den man bereits sehr gut kannte - Senator Robert M. LaFollette, den meistbekannten republikanischen Progressiven des Landes. Die erfahrene Organisation der Sozialisten auf lokaler Ebene war im Wahlkampf hilfreich, ebenso wie die demokratischen Progressiven, die den von der eigenen Partei nominierten Rechtsanwalt aus der Wall Street ablehnten. LaFollette blieb mit nur 16,5 Prozent der Wählerstimmen weit unter dem Resultat Roosevelts. Er verstarb im folgenden Jahr, und mit ihm verschwand auch die Partei. und Progressiven. Sie löste sich schlicht auf. Bis zum Jahr 1982 hatte sich das politische Klima so sehr verändert, daß Wallace bei seiner erfolgreichen Kampagne für eine vierte Amtszeit als Gouverneur von Alabama selbst erfolgreich um schwarze Wählerstimmen warb. (Wallace hat jedocn 1968 einen Wandel beschleunigt: Seine Kampagne führte gemeinsam mit der Entfremdung liberaler Demokraten wegen der Unterstützung ihrer Partei für den Vietnamkrieg zu einem knappen Wahlsieg des republikanischen Kandidaten Richard M. Nixon. Die unabhängige Präsidentschaftskampagne des republikanischen Kongreßabgeordneten John Anderson 1980 paßt nicht in das Schema früherer Kandidaturen unabhängiger Bewerber. Wie andere zuvor, scheint Anderson bei den Vorwahlen angetreten zu sein, um seine Ablehnung der von seiner Partei eingeschlagenen Richtung auszudrücken. Solche Kandidaten möchten im allgemeinen lediglich eine Plattform, um ihre Meinung kundzutun und streben nicht ernsthaft nach einer Nominierung. Doch anstatt seine Kampagne einzustellen, als deutlich wurde, daß Ronald Reagan von den Republikanern nominiert werden würde, startete Anderson einen unabhängigen Wahlkampf fürden Einzug ins Weiße Haus. Anderson hatte weder ein Thema noch eine persönliche Gefolgschaft. Über vierzig Jahre vergingen, bevor erneut ein unab- Er hatte sich bestenfalls mit einer Stimmung identifihängiger Kandidat - der Gouverneur von Alabama ziert, die von gemäßigten und liberalen Republikanern George C. Wallace - so viele Stimmen auf sich verei- und Demokraten geteilt wurde, die mit den von ihren nigen konnte wie die obengenannten Kandidaten. Parteien Nominierten unzufrieden waren. Damit erWallace hatte zum ersten Mal landesweit Aufmerk- rang er 1980 6,6 Prozent der Stimmen. samkeit erregt, als er sich im Jahr 1963 in die Tür d?s Verwaltungsgebäudes der University of Alabama stell- Ross Perots Einbruch in die Politik der Präsidentte, um die Einschreibung von zwei schwarzen Studen- schaftswahlen unterscheidet sich noch stärker von ten zu verhindern. Er erklärte sich selbst zum Symbol frühere.i Bewerbungen dritter Kandidaten. Perot baut des Widerstands gegen die gerichtlich erzwungene seine Kandidatur nicht auf einem öffentlichen Amt, Rassenintegration, und fünf Jahre später benutzte z; 3«i wörri aui seil .er? ^«atus als erfolgreicher Unternehsein gewonnenes nationales Ansehen um eine unab- mer aüt. Auen er identifiziert sich mit einer Stimmung hängige Kandidatur für das Präsidentenamt zu beflü- und hat umgehend eine große Anhängerschaft von Menschen um sich geschart, die von den Politikern geln. genug haben. Die unabhängigen Kandidaten hatten Wallaces Wahlkampf im Jahr 1968 demonstrierte, daß sich zur Rekrutierung von Wahlkampfhelfern und ein einstmals regional begrenztes Thema zu einem Beratern auf lokale oder regionale Parteiorganisationationalen Anliegen geworden war. Es hatte sich nen gestützt, selbst wenn diese zu Parteien gehörten, inzwischen eine große schwarze Bevökerung im Norden aus denen die Anhänger dieser unabhängigen Kandigebildet, und deshalb gab es auch dort eine Opposition daten gerade austraten. Perot stützt sich statt dessen gegen die Integrationspolitik der Bundesregierung. auf seinen immensen Reichtum, um aus seinen so Nur durch die Gewinnung von Anhängern im Norden verschiedenen unpolitischen Bewunderern eine neue gelang es Wallace, mit 13,5 Prozent der abgegebenen politische Organisation zu schmieden. Stimmen ein zweistelliges Ergebnis zu erzielen. Indem er zeigte, daß sich der Widerstand gegen die Im 19. Jahrhundert repräsentierten Drittkandidaten Integration auch im Norden ausgebreitet hatte, ver- echte Parteien. Weder die Anti-Masons noch die Free deutlichte er gleichzeitig jedoch ebenfalls, daß die Soil Party kamen der Wahl eines Präsidenten nahe, Unterstützung dafür auch den Süden erfaßt hatte. Die aber beide schufen Netze auf Gemeinde- und BundesProtestbewegung, die seine unabhängige Kandidatur staatsebene, die den Grundstein für Präsidentschaf1968 angetrieben hatte, wurde weder zur Grundlage ten der großen Parteien legten. Das Programm der einer neuen Partei - wie im Falle der Anti-Masons und Free Soil Party wurde zum Programm der Republikader Free Soil Party -, noch wurde sie von einer der nischen Partei, und die Demokraten nahmen das großen Parteien einverleibt, wie bei den Populisten Programm der Populisten auf. Seite 4 AMERIKA DIENST 43 Im 20. Jahrhundert waren die Kandidaten von Drittpar- was seiner Kandidatur nahezu Zufallscharakter verteien, ausgenommen Eugene V. Debs, mehr oder leiht. Perot handelte völlig außerhalb des Parteiensyweniger charismatische Persönlichkeiten anstatt stems und nominierte sich selbst zum Kandidaten der Unpolitischen. Bannerträger wirklicher Parteien. Theodore RooseveK und Robert LaFollete verbrachten Jahre damit, Im 20. Jahrhundert vollzog sich eine Entwicklung hin einen Ruf als republikanische Progressive aufzubauzu Kandidaten, die sich zunehmend als politische en, bevor sie die Partei verließen, um als Unabhängige Randfiguren erwiesen. Ross Perots Kandidatur jezu kandidieren. George Wallace bereitete seine doch bezeugt ein weiteres Mal die anhaltende Stärke Kandidatur vor, indem er einen Protest gegen die jener Art progressiven Denkens, die die Politik verabPolitik seiner Partei anführte. John Anderson fand bis scheut und bestrebt ist, Probleme des Regierens mit zum Beginn seiner Kampagne keine Gefolgschaft, unternehmerischen Methoden zu lösen. * AMERIKA DIENST 43 * * * Seite 5