BrainBlog September 2015 Quo vadis Digitaler Makler Ich hab‘ ihn immer dabei. Verstaut im Hosensack. Den Digitalen Berater. Gefüllt mit Informationen, die mich eigentlich gar nie interessierten und die ich – basierend auf diesen Erkenntnissen – in Ordnern verstaut oder schubladisiert hatte. Versicherungspolicen, Schadenformulare, Reglemente, Notfallkarten, Prämiengutscheine, Kontaktinformationen, Prospekte. Passt jetzt alles in meinen Hosensack, fein säuberlich geordnet, indexiert und somit schnell auffindbar. Ein paar Touches auf meinem Handy – und schon erkenne ich jede beliebige Prämie, die Ablaufzeit meiner Versicherung oder die Leistungen bei einem allfälligen Schadenfall. Schön und gut. Und nützlich. Wirklich? Will ich das überhaupt? Brauche ich das überhaupt? Wie oft habe ich meine Schublade oder den Ordner geöffnet mit dem Ziel, Informationen über meine Versicherungen abzurufen? Einmal im Jahr, zweimal – höchstens drei Mal, wenn sich in meinem Leben grad etwas veränderte. Trotzdem: Angenehm ist die schnelle Verfügbarkeit schon. Aber was kostet mich dieser zweifelsohne elegante Service? Wer bezahlt diesen Digitalen Makler? Was sind die Motivationsfaktoren derer, die auf Smartphone--‐Apps basierende „Digitale Makler Services“ anbieten? Makler bleibt Makler Die Geschäftsidee dahinter ist einfach und alt. Der Digitale Makler bleibt Makler. Als Kunde unterschreibe ich einen Maklervertrag. Erlaube damit dem „Digitalen Berater“, sich um meine Versicherungsgeschäfte zu kümmern. Für diese Leistung zahle ich keinen Franken. Doch wir wissen ja: Keine Dienstleistung ist kostenlos. Wie jeder Makler, verdient auch der Digitale Makler sein Geld über Provisionen. Je mehr Kunden er hat, desto mehr Gewicht verschafft er sich bei den Versicherungen. Je grösser das Gewicht, desto besser sind die Konditionen für Rahmenverträge. Sprich: Der Digitale Makler erhält eine höhere Provision. Diese wiederum ist je nach Versicherung verschieden. Grösstensteils unabhängig von den versicherten Leistungen und deren Nutzen für die Kunden. Ein altes und oft hinterfragtes Geschäftsmodell in neuem Kleid also. Und wie profitiert der Kunde? Nun, er hat ja seine App, seine geordneten Policen. Und er kann in Sekunden auf wichtige oder meist eben weniger wichtige Daten zugreifen. Das hat seinen Wert und wohl auch seinen Preis. Dieser Preis, den der Kunde bezahlt oder die Gefahr ist, dass der Digitale Berater dem Kunden die Versicherung empfiehlt, bei der er am meisten Provisionen kassiert und nicht die Versicherung, deren Leistungen die Kundenbedürfnisse am besten deckt. Die Idee des digitalen Policen--‐Schrank ist lobenswert, die Geschäftsidee dahinter veraltet und kundenunfreundlich. Es wirkt wie Innovation, ist aber nichts Anderes als ein altes Geschäftsmodell, neu verpackt. Das macht es nicht besser. Wir sehen riesiges Potenzial für mehr Kundenfreundlichkeit. Daniel Bareiss, CEO Braingroup