Kommunikation Abbildung aus urheber- bzw. leistungsschutzrechtlichen Gründen entfernt Agentursuche Warum ein Briefing Chefsache sein sollte Pitch-Situationen sind stressig, bedeuten zusätzlichen Workload für die Mitarbeiter und damit einen hohen Kostenaufwand. Ärgerlich, wenn diese Arbeit aufgrund eines schlechten Briefings – z.B. durch Junioren auf Kundenseite – völlig umsonst ist. Dabei gibt es gute Gründe, dem Agenturbriefing mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Autor: Roger Stenz, Sudler & Hennessey Es kommt immer wieder vor: Wochenlange Arbeit, kreative Ideen, außergewöhnliche Ansätze – all das zerplatzt wie eine Seifenblase just in dem Moment einer Pitch-Präsentation, wenn die ersten Fragezeichen in den Gesichtern der Entscheider abzulesen sind. Sicherlich, in seltenen Fällen liegen die kreativen Köpfe mit ihrer Ausarbeitung einfach nur daneben. Viel häufiger kommt es jedoch vor, dass die Agentur für das schlechte Endergebnis überhaupt nichts kann. Im Gegenteil, die entwickelten Ideen sind absolut stimmig in Bezug auf das erhaltene Briefing. Aller- 36 Healthcare Marketing 3/2015 dings ändert das nichts an der Tatsache, dass die strategische Ausarbeitung und Kreation dem potenziellen Auftraggeber nicht schmecken. Ganz einfach, weil sie sich nicht mit dem decken, was eigentlich – unausgesprochen – erwartet wurde. Wie konnte das nur passieren? Immer wieder erlebe ich, dass dem Agenturbriefing nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Zwischen Meetings, Veranstaltungen und dem Daily Business wird es „mal eben so“ heruntergeschrieben. Schnell schleichen sich so Fehler ein – die Agentur erhält überflüssige Informationen statt relevanter Businessdaten. Insbesondere wenn Junior-Produktmanager – ohne jegliche Abstimmung mit internen Kompetenzen – sich an ihr erstes Agenturbriefing wagen, bedeutet das letztendlich für alle Betroffenen viel vertane Zeit. Denn: Nicht nur die Agenturen investieren, auch die Kunden wenden für die Präsentationstermine viel Zeit auf. Übern Tag hinaus denken Warum das Agenturbriefing Chefsache sein sollte Nicht zuletzt durch die Vervielfachung von Kanälen und Maßnahmen wird Marketing zunehmend komplexer. Die Gefahr ist groß, sich aufgrund fehlender Erfahrung in diesem Dschungel zu verlieren. Es bedarf einer gewissen Kompetenz, um zu wissen, wie die ideale Verteilung des Budgets aussieht und wie die strategischen Ziele erreicht werden können. Gezeigt wurde, dass Unternehmen, die ihre Marke auf Vorstandsebene managen, erfolgreicher sind. Die Studie der Agentur Strichpunkt ‚Marke und Management‘1 belegt zudem: Solche Unternehmen verfügen durchschnittlich über einen 30 Prozent höheren Markenwert als solche, die Markenführung auf einem unteren Marketinglevel verankert haben. Ein Drittel der 20 wertvollsten deutschen Marken aus vier deutschen DAX30-Unternehmen (Adidas, Beiersdorf/ Nivea, BMW, Volkswagen) haben sogar eigene Markenvorstände. Die Markenführung durch interne Kompetenzen zahlt sich auch in Bezug auf die Kampagnenkreativität aus, wie die Studie zeigt: 70 Prozent der 324 Auszeichnungen der Cannes Lions 2014 gingen an Unternehmen, die zur oberen Hälfte des Best Global Brands Rankings 2014 gehören. Die Volkswagen AG erhielt allein 49 Auszeichnungen. Das Gros der Unternehmen schreibt jedoch andere Zahlen: Fast ein Drittel (30 Prozent) der Befragten der Studie ‚Markenmonitor 2011‘2 gab an, dass in ihrem Unternehmen die Markenführung nur eine geringe Bedeutung hat. Und zwar, obwohl 90 Prozent der befragten Markenmanager die Bedeutung der Marke für den Erfolg eines Unternehmens als hoch einschätzen. Markeninvestitionen bewirken hohe Unzufriedenheit Die niedrig aufgehängte Markenführung bleibt nicht ohne Folgen: Nur etwa die Hälfte der Unternehmen ist zufrieden mit dem Ergebnis der in die Marke getätigten Investionen.3 Schuld an dieser Misere hat in diesem Zusammenhang sicherlich auch die aktuelle Briefing- kultur, denn schlechte respektive unzureichende Agenturbriefings bewirken sowohl kurz- als auch langfristig höhere Kosten. Der Werbe- und Marketingexperte Dieter Maier schätzt, dass Unternehmen bis zu zehn Prozent ihrer Marketingbudgets einsparen könnten, wenn ihre Briefings ziel- und erfolgsorientierter wären.4 Die fehlenden oder irreführenden Informationen führen nicht nur zu zeitaufwendigen Rückfragen, möglichen Fehlinterpretationen und nachträglichen Korrekturen, sondern bei Auftragsvergabe oftmals auch zu Planungsfehlern und Termindruck, beispielsweise wenn für den Kunden wichtige Timings unerwähnt bleiben. Ganz zu schweigen von der sinkenden Motivation und den verwässernden Kreativleistungen. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere Projekte, die auf schlechten bis mangelhaften Briefings basieren, eher Gefahr laufen, die gewünschten Ziele zu verfehlen. Doch leider lässt sich selbst das oftmals nicht eindeutig nachweisen, weil durch das unzureichende Briefing schlichtweg keine zu berücksichtigenden Erfolgskennzahlen vorliegen. Somit ist ein Projektcontrolling nicht möglich – und auch keine Effizienzauswertung. Was hat funktioniert, was nicht und wurde die Zielsetzung erreicht? Welches Verbesserungspotenzial gibt es? Alle diese Fragen bleiben unbeantwortet. Das ist für Auftraggeber und Agentur gleichermaßen frustrierend. Gute Briefings sind Mangelware Wie viel Verbesserungsbedarf tatsächlich besteht, belegt eine Umfrage4 der Agentur Byteconsult: 70 Prozent der befragten Agenturen bezeichnen die Briefings ihrer Auftraggeber als inhaltlich unpräzise und unzuverlässig. Nur Kommunikation 10 Prozent der erhaltenen Briefings sind aus sich heraus verständlich. Häufig fehlen sogar essenzielle Informationen zur Zielgruppe und zur Marketingstrategie des zu berücksichtigenden Produktes, wie eine amerikanische Studie5 verdeutlicht. Insbesondere das Fehlen von Informationen zur Produktverwendung durch den Kunden und zu Konkurrenzprodukten sind für die Agentur kostenintensive Informationsfaktoren, da diese Daten – z.B. durch zusätzliche Recherche – beschafft werden müssen. Was macht ein gutes Briefing aus? Per Definition des Gabler Wirtschaftslexikons ist das Kundenbriefing „ein wesentliches Instrument der Zusammenarbeit zwischen (…)-Agentur und Kundenfirma“6. Die Agentur erhält alle Informationen über Markt, Ein gutes Briefing klärt alle relevanten Fragen Konkurrenz, Kunde und Produkt sowie eine Aufgabenstellung mit Problemstellung, Situationsdarstellung, Zielsetzung, Strategie, Zeit- und Kostenplanung und Kontrolle.6 Gemäß Prof. Dr. Hans Rück folgt ein gutes Briefing der 8-K-Regel: Es ist kurz, knapp, klar, konkret, komplett, konstruktiv, konsequent und kooperativ.7 Zudem wird es immer schriftlich übermittelt. Sutherland et al. weisen darauf hin, dass es sechs kritische Faktoren gibt, die für ein Kreativbriefing von höchster Relevanz sind: Das GWA Forum Healthcare Kommunikation hat eine kostenlose BriefingCheckliste entwickelt, welche Sie unter www.gwa.de/fileadmin/media-center/ Dokumente/Foren/Healthcare_2013/HC_Checkliste.pdf abrufen können. Healthcare Marketing 3/2015 37 Übern Tag hinaus denken Kommunikation Struktur und Inhalt des Briefings Unternehmen & Team Konzeptions & Planungsobjekt Ziele und Strategien interne Briefing-Fakten Marketing- & Kommunikationsstatus externe Briefing-Fakten Branche & Markt Inhaltliche Fakten Kunden- und Mittler-ZG Problem- & Aufgabenstellung Technische Fakten Etatvorgaben direkte/indirekte Wettbewerber Zeitvorgaben Rahmenbedingungen und Trends Personalvorgaben Präsentationsvorgaben Quelle: Schmidtbauer 2007: 40. Zitiert nach: Tropp 2014: 290 © Healthcare Marketing sonstige Vorgaben Struktur und Inhalt des Briefings (Schmidtbauer 2007: 40. Zitiert nach: Tropp 2014: 290) UÊ Informationen zum soziodemografischen Profil der Zielgruppe UÊ Informationen zur Produktverwendung durch den Kunden UÊ Informationen zu Funktionen und Leistungen des Produkts UÊ Informationen zu Funktionen und Leistungen der Konkurrenzprodukte UÊ Informationen zur Markenstrategie des Produkts UÊ sowie das Hauptverkaufsargument (main selling point) des Produkts.5 Meist entwickelt die Agentur aus diesen Informationen ein weiteres, internes Agenturbriefing, z.B. für die Kreativabteilung. Bestmöglich sollte es nach Einarbeitung der Agentur mit dem Kunden ein Re-Briefing sowie einen Schulterblick geben, um mögliche Missverständnisse und Fehlinterpretationen auszuräumen. Fazit: Ein gutes Briefing schafft Zufriedenheit Mein Appell lautet ganz klar: Schenken Sie dem Briefing mehr Aufmerksamkeit! Je aussagekräftiger, strukturierter und verständlicher ein Briefing ist, desto besser können Agenturen damit arbeiten und Ansätze entwickeln, die hundertprozentig auf Ihre Marke einzahlen. Nur wenn die Basis stimmt, kann auch das Ergebnis stimmen. Durch ein gutes Briefing sparen zudem beide Seiten – Kunde wie Agentur – viel Zeit und Geld ein. Mehr noch, beide Parteien vermitteln dem Gegenüber einen positiven und kompetenten Eindruck. Und das ist es doch, was wir alle wollen – schließlich sieht man sich in unserer Branche mehr als nur einmal. 1 Agentur Strichpunkt: Studie ‚Marke und Management‘. Oktober 2014, http://strichpunkt-design.de/ sites/default/files/news/markenfuehrung_und_markenwert.pdf (aufgerufen am 13.01.2015) 2 GMK Markenberatung: Studie ‚Monitor Markenführung‘. November 2011, http://www.gmk-markenberatung.de/node/tl_files/themes/cover_theme/ downloads/Monitor_Markenfuehrung_2011_Management_Summary.pdf (aufgerufen am 13.01.2015) 3 VentureCapital Magazin ‚Start-up 2013‘: Markeninvestitionen können sich rechnen. http://www.keylens. com/fileadmin/web_data/Autorenartikel/10_Oktober_Print_Venture_Capital_Magazin_Sonderdruck_ Markeninvestitionen_koennen_sich_rechnen_AvK_ KM-06-10-12.pdf (aufgerufen am 13.01.2015) 4 Whitepaper ‚Briefing-Qualität‘, www.byteconsult.de (aufgerufen am 13.01.2015) 5 Sutherland et al. 2004 (zitiert nach: Jürgen Tropp. Moderne Marketing-Kommunikation. 2014, S. 291) 6 Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Briefing, online im Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/81386/ briefing-v5.html (aufgerufen am 13.01.2015) 7 Rück, Hans: Briefing Mangelhaft. In: Events, 2009, Ausgabe 4, S. 43 Roger Stenz Quelle: Sudler & Hennessey ist Geschäftsführer der Sudler & Hennessey Group Frankfurt, die über das Network Sudler & Hennessey zur WPP-Holding gehört. Kontakt: [email protected] 38 Innerhalb des Agenturenverbands GWA, Frankfurt, gibt es das Forum Healthcare Kommunikation, dem 26 Agenturen angehören. 2011 startete das Forum den GWA Healthcare Award. Er zeichnet Kommunikation aus, die durch „Klarheit und Unverwechselbarkeit von Auftritt und Positionierung sowie durch ihre channel-übergreifende Marken- und Mediastrategie“ überzeugt. Der nebenstehende Beitrag erscheint in unserer Rubrik ‚übern Tag hinaus denken‘, in der sich Führungskräfte aus Healthcare-Agenturen zu einem visionären Thema ihrer Wahl äußern (www.gwa.de). Healthcare Marketing 3/2015