nur vergesslich … oder schon dement ? Olten, 16.Januar 2014 palliative so Dr. Regula Meier Rüfenacht & Dr. Dieter Breil geistige Leistungsfähigkeit im Alter es gibt verschieden Verläufe Kognitive Fähigkeiten Erfolgreiches Altern Typisches Altern Altern mit leichtgradiger kognitiver Beeinträchtigung Pathologisches Altern: Demenz Zeit 2 Differentialdiagnose nach… Demenz / Depression Demenz: Depression: • meist schleichender Beginn • Auslöser ? belastendes Lebensereignis ? frühere psych. Störung ? • klagt über Defizite, aggraviert, berichtet differenziert; leidet ! • „weiss nicht“-Antworten typisch • kaschiert Defizite, bagatellisiert, berichtet weitschweifig • Antwort oft knapp daneben; freut sich über Bewältigung einfacher Aufgaben • meist Kurzzeitgedächtnis stärker betroffen wie Langzeitgedächtnis • ev. zusätzlich Störung der Sprache, des Handelns etc. • Kurz-und Langzeitgedächtnis etwa gleich stark betroffen; Aufmerksamkeit «normale» Altersvergesslichkeit normales geistiges Altern: - Abnahme der Sinnesfähigkeiten (weniger Info-Input) - reduzierte Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit - reduzierte Kapazität (Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis) Geistiges Altern ist zwar lästig… aber nicht behindernd! Das Fortschreiten der intellektuellen Leistungseinbusse wird neutralisiert durch: - Erfahrung / Wissen: …„alter Hase“ - Selektion: Reduktion der Erlebniswelt - Kompensation: „einfacherer Weg zum Ziel“ - Optimierung: „üben, üben, üben“ Definition der Demenz (nach DSM-IV) Gedächtnisstörung Störungen in einem (oder mehreren) der folgenden Bereiche: Erkennen Handeln Sprache + Alltagsbeeinträchtigung + Abnahme gegenüber früher + ungetrübtes Bewusstsein Planung, Kontrolle, Ausführen Das Erscheinungsbild oder das „ABC“ der Demenz • Activities of daily living: Alltagsfunktionen • Behavior: Emotionen, Verhalten, Persönlichkeit • Cognition: geistiges Leistungsvermögen Schweregrad der Demenz leicht: Arbeit, soziale Aktivitäten sind deutlich beeinträchtigt; Fähigkeit unabhängig zu leben bleibt jedoch erhalten (incl. persönlicher Hygiene und intaktem Urteilsvermögen) mittel: selbständige Lebensführung ist mit Schwierigkeiten möglich; gewisses Mass an Aufsicht ist erforderlich (Haushalt, Finanzen, Medikamenteneinnahme…) schwer: Aktivitäten des täglichen Lebens sind derart beeinträchtigt, dass eine kontinuierliche Aufsicht benötigt wird Grenze: „normal – krank“ normale Altersvergesslichkeit Krankheit Demenz 3 Fragen zur Demenz 1. Bestehen neu Gedächtnisstörungen ? - seit wann / Fluktuationen… 2. Ist der Alltag beeinträchtigt ? - Peinlichkeiten… - Rückmeldungen Familie / soz. Umfeld 3. Besteht ein Leidensdruck ? - sozialer Rückzug - Bereitschaft für Medikation Leichte kognitive Störung (MCI / mild cognitive impairment) - S ubjektive Gedächtnisstörung - O bjektive Gedächtnisstörung (Leistungsminderung von mind. 1½-facher StandardAbweichung zum Durchschnittswert der betreffenden Alters- und Geschlechtsgruppe) - U neingeschränkte sonstige geistige Funktionen - N ormale ADL (Activities of daily life) - D emenzkriterien nicht erfüllt - geistiger Zustand zwischen normalem Altern und Demenz (ca.1/3 der > 65-Jährigen) - allerdings: Erhöhtes Risiko für spätere Demenzentwicklung (20% sind 1 Jahr später dement) Diagnose der vaskulären Demenz • sorgfältige Befragung (Anamnese)! plötzliche Leistungseinbusse Lähmung, Sprach-, Handlungs-, Sehstörung etc. geistig verlangsamt, Antrieb vermindert, affektlabil, Gangataxie, Urininkontinenz • CT / MRI des Schädels (Bildgebung) Arteriosklerose ! Atherom Fibröse Plaque Endotheliale Dysfunktion 20. Lebensjahr Fortschreitende Entwicklung durch Lipid-Anlagerung und Druck Risikofaktoren für Herz und Hirn Arterielle Hypertonie Übergewicht / Blutfetterhöhung Diabetes mellitus Nikotin / Alkohol Dauerstress Gehirndurchblutungsstörungen 80 % Probleme wegen Minderdurchblutung 20 % Problem wegen Hirnblutung plötzlicher Beginn der Erkrankung stufenweise Verschlechterung stark wechselhafte Symptomatik Alzheimer-typisch ? schleichend fortschreitende Entwicklung über Jahre Abnahme der Lernfähigkeit, Gedächtnisstörungen („Altrepertoire noch gut“, aber speichern von neuen Musikstücken unmöglich) Sprachprobleme (Wortfindungsstörungen) Orientierungsstörungen / sozialer Rückzug weiterer Verlauf (Demenz-typisch!!) zunehmende Abhängigkeit im Alltag Verkennung, Weglauftendenz, Schlafstörung, Aggression / Depression… Frontotemporale Lobärdegeneration (Morbus Pick / Pick-Komplex) 1. Frontotemporale Demenz rechts betonte Atrophie : Verhaltensprobleme / Antrieb links betonte Atrophie: Sprachdefizite im Vordergrund 2. Progrediente nicht flüssige Aphasie Stottern, Sprechapraxie, Benennstörungen 3. Semantische Demenz inhaltsleere aber flüssige Sprache Sinn der Demenzdiagnostik • 9 % kausal behandelbare Demenzen (DD: Depression) • Medikamentöser Stabilisierungsversuch von Kognition und Verhalten – Behandlungsoptionen auch bei nicht heilbaren Ursachen • Zukunftsplanung bei Frühdiagnose möglich – – – – – Patientenverfügung Autofahren / Finanzplanung Instruktion des Umfeldes - „Wissen was los ist“ Familientragödien (FTD) verhindern Lebenspläne können noch angepasst werden Wann sollte man abklären? Warnsignale der Demenzerkrankung • deutliche Abnahme der Fähigkeit – – – – neues Material zu lernen und zu behalten komplexe Aufgaben zu bewältigen (Backen, Auto..) sich zu orientieren zu sprechen oder Sprache zu verstehen (auch Lesen und Schreiben) • Veränderungen von Persönlichkeit, Stimmung, Verhalten oder Urteilsfähigkeit • vor allem, wenn mit Einbussen der Alltagsfunktionen einhergehend Zusammenfassung • • • • Demenz ist Folge einer Krankheit, nicht des Alters vergesslich ≠ demenzkrank Demenz ≠ Demenz deutliche Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit, Sprachstörungen und/oder Wesensveränderungen sind abklärungsbedürftig • Abklärung sinnvoll, auch wenn noch keine kurative Therapie möglich ist (Support im Umgang mit Krankheit, Autofahren, Finanzen, Verhalten..) Informationen • Schweizerische Alzheimervereingigung: www.alz.ch • Schweizerischer Verband für Gedächtnistraining SVGT www.gedaechtnistraining.ch