8 Scheunenkartierung im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge In den letzten fünf Jahren hat sich herausgestellt, dass die Scheune im Fichtelgebirge eine zentrale Rolle im Fledermausschutz des Landkreises spielen könnte. Im Jahr 2008 (Untersuchungen zur B 303 neu, Kartierungen der Unteren Naturschutzbehörde und des Landesbundes für Vogelschutz) und 2009 (Kartierung durch die Regierung von Oberfranken und die Untere Naturschutzbehörde) wurden Scheunen im Landkreis genauer untersucht. Bei der Kartierung wurden an 292 Scheunen mit zum Teil deutlichen Spuren (helle Stellen am Holz) 45 Wochenstuben, 51 Sommerquartiere, 61 Einzelquartiere, 20 Quartiere mit nicht bestimmbaren Fledermäusen (schlecht einsehbar) und 115 unbesetzte Quartiere (erkennbar an den hellen Stellen am Holz) entdeckt (Abb. 39: Scheunenkartierung). Zwischen 1992 und 2009 konnten 1702 Fledermäuse hinter den Holzverkleidungen nachgewiesen werden. Es wurden aber auch einige, z. T. große Kolonien, an Scheunen ohne helle Stellen gefunden. Es ist also damit zu rechnen, dass viele Quartiere an Scheunen noch nicht entdeckt wurden. Bisher sind nur wenige Scheunen von innen begangen worden. Hier wurden vor allem Einzelhangplätze von Braunen Langohren und Zwergfledermäusen gefunden. Von den mittlerweile 17 nachgewiesenen Fledermausarten des Landkreises konnten neun Arten (Mopsfledermaus, Nordfledermaus, Zwergfledermaus, Bart- und Brandtfledermaus, Braunes Langohr, Fransenfledermaus und vereinzelt Zweifarb- und Wasserfledermaus) hinter den Scheunenverkleidungen nachgewiesen werden. Um den Stellenwert der Scheune als Quartierplatz für den Landkreis deutlich zu machen, werden hier nur die Quartiere der Scheunen mit denen an anderen Gebäuden (Quartiere an Wohnhäusern, Mehrfamilienhäusern, Gewerbebetrieben und öffentlichen Gebäuden wurden zusammengefasst) verglichen. Für die Mopsfledermaus hat sich die Scheune mit 33 Nachweisen (= 93 % aller Quartiere dieser Fledermausart) als wichtigstes Quartier herausgestellt. Immerhin 68 % aller im Landkreis seit 1992 nachgewiesenen Tiere befinden sich an Scheunen, nur zwei an anderen Gebäudetypen. In Brand (40 Tiere) und Meußelsdorf (33 Tiere) befinden sich für diese Tierart die kopfstärksten Kolonien im Landkreis. Für die Nordfledermaus konnten ebenfalls 33 Quartiere (= 60 % aller Quartiere), mit 76 % aller im Landkreis seit 1992 nachgewiesenen Tiere an Scheunen und 18 an Häusern nachgewiesen werden. 13 Quartiere an Gebäuden befinden sich hinter verkleideten Kaminen an Einfamilienhäusern. In Vielitz befindet sich wohl eine der größten Nordfledermauskolonien Bayerns mit fast 120 Tieren. Die Bart- und Brandtfledermäuse werden in den Quartieren nicht unterschieden. 26 Quartiere (= 80 % aller Quartiere), mit 41 % aller im Landkreis seit 1992 nachgewiesenen Tiere befinden sich an Scheunen. Ebenfalls 41 % der nachgewiesenen Tiere bewohnen nur 5 Quartiere an Gebäuden. Die Quartiere an Häusern sind in der Regel länger besetzt und zahlenmäßig größer als die an Scheunen. Das Braune Langohr bevorzugt mit 21 Quartiernachweisen sonstige Gebäude knapp vor den Scheunen mit 20 Quartieren. Die Bevorzugung von Gebäuden, besonders der Dachböden, wird mit 70 % aller nachgewiesenen Braunen Langohren deutlich. 30 % der Braunen Langohren konnten an Scheunen nachgewiesen werden. Die Zwergfledermaus als häufigste Fledermausart des Landkreises hat mit 38 (= 53 % aller Quartiere) die meisten Quartiere an Scheunen und weitere 18 an Gebäuden in den Städten. In den Quartieren der Städte wurden jedoch 62 % aller nachgewiesenen Tiere seit 1992 gefunden. An den Scheunen leben nur 28 % der im Landkreis nachgewiesenen Zwergfledermäuse. Die selten gefundene Fransenfledermaus wurde 2009 erstmals mit einer Wochenstube an einer Scheune in einem Dorf bei Niederlamitz nachgewiesen. Eine weitere Wochenstube ist seit längerer Zeit aus dem Schloss Sophienreuth bekannt. Bei den wenigen Nachweisen kann keine eindeutige Bevorzugung von Scheunen im Landkreis abgeleitet werden. 37 Die Zweifarbfledermaus, die aus dem Landkreis Schwandorf als ausgesprochene „Scheunenfledermaus“ bekannt ist, konnte im Landkreis bisher nur 2008 an zwei Scheunen mit jeweils einem Tier hinter der Holzverkleidung nachgewiesen werden. Einzelnachweise an Gebäuden in den Städten sind häufiger, besonders im Winter. Quartiere konnten auch hier bisher nicht nachgewiesen werden. Die Wasserfledermaus als typisch baumbewohnende Art konnte erwartungsgemäß nur an zwei Scheunen mit vier Tieren nachgewiesen werden. Die genannten Zahlen unterstreichen den hohen Stellenwert der Scheunen als 8.1 Fledermausquartiere an Scheunen in Abhängigkeit von der Exposition Betrachtet man die Grafik, so zeigt sich zunächst ein recht einheitliches Bild bei der Verteilung der Quartiere. Lediglich die Nord-, Nordwest und Westexpositionen mit 15 Quartieren (8,5 % aller besetzten Quartiere) von 177 besetzten Quartieren sind deutlich unterrepräsentiert. Die Nordost-, Ost-, Südost-, Süd- und Südwest38 Quartier, besonders für die Mops- und Nordfledermaus, vor allen anderen Gebäudetypen. Stellt ein Gebäude (Wohnhaus) in der Regel nur für eine Art ein Quartier bereit, so kann eine Scheune durch zahlreiche Unterschlupfmöglichkeiten an allen vier Gebäudeseiten und im Dachbereich für mehrere Arten als Quartier dienen. In Dürnberg konnten vier und in Meußelsdorf drei Wochenstuben mit verschiedenen Fledermausarten an einer Scheune entdeckt werden. Dabei spielt die Himmelsrichtung für die an den Scheunen lebenden Fledermausarten eine wichtige Rolle. Die einzelnen Arten scheinen unterschiedliche Expositionen zu bevorzugen. Abb. 43: Alle Quartiere an den Scheunen in Abhängigkeit der Himmelsrichtung expositionen mit insgesamt 135 besetzten Quartieren (76 % aller besetzten Quartiere) sind die bevorzugten Himmelsrichtungen. Die Anzahl der Quartiere sagt aber noch nichts über die Anzahl der Tiere aus. Hierzu ist eine Grafik mit den Gesamtfunden aller Fledermäuse notwendig. 8.2 Untersuchungen über die Bevorzugung der Quartierexposition verschiedener Fledermausarten Abb. 44: Gesamtfunde aller Fledermäuse an Scheunenquartieren von 1992-2009 Diese Grafik gibt eine Übersicht, welche Art zahlenmäßig welche Himmelsrichtung bevorzugt. Bestätigt wird die Aussage aus der vorausgegangenen Grafik, dass die Nord-, Nordwest- und Westseiten mit zwölf Quartieren der Scheunen zahlenmäßig wenig genutzt werden. Mit elf Quartieren ließ in der vorherigen Grafik die Südwestseite Einiges zu erwarten. Fünf Quartiere der Zwergfledermaus mit 116 Tieren sind hier hervorzuheben. Bei allen anderen Quartieren handelt es sich um Einzeltiere anderer Arten. Mit Ausnahme der Zwergfledermaus wird diese Exposition anscheinend von anderen Arten wenig genutzt. Die Süd- und Ostseite weisen mit acht und sechs Arten, die am meisten besetzten Quartiere und die größten Individuenzahlen auf. Danach folgen die nach Südosten und Nordosten exponierten Quartiere mit jeweils fünf Arten und guten Fledermausbeständen. Der deutliche Unterschied zu den Süd- und Ostseiten könnte schnell ausglichen werden, da 41 Quartiere auf der Südostseite und 28 Quartiere auf der Nordostseite bei der Erstkontrolle 2009 nicht belegt waren, obwohl deutliche helle Stellen an den Scheunen dies erwarten ließen. Es ist möglich, dass die Scheunen zu früh oder zu spät untersucht wurden. Die südöstlich exponierten Quartiere müssen im zeitigen Frühjahr und die nordöstlich exponierten Quartiere in heißen Sommern abgesucht werden. Eine Nachsuche 2010 wird dies klären. Aus diesem Grund werden die vier genannten Expositionen in der Häufigkeit der Nutzung gleichrangig betrachtet. Bei den nicht besetzten Quartieren kann es sich auch um Ausweichquartiere handeln. Untersucht wurden die an den Scheunen am häufigsten nachgewiesenen Arten der Mops-, Nord-, Zwergund Bartfledermäuse sowie die Braunen Langohren. Für diese fünf Arten lagen unseres Erachtens genug Nachweise vor, um zu untersuchen, ob sich eine Bevorzugung einer bestimmten Exposition von Spaltenquartieren 39 durch die einzelnen Fledermausarten feststellen lässt. Nordfledermaus: Mit 647 Tieren seit 1991 in 33 Quartieren hinter Holzverkleidungen an Scheunen ist diese Art die am häufigsten anzutreffende Fledermausart im Landkreis. Die Nordfledermaus bevorzugt mit 26 von 33 Quartieren die vier o.g. Expositionen (78 % der Quartiere). Deutlich bevorzugt werden die Süd- und die Südostseite mit 18 Quartieren (54 % aller Quartiere). Vergleicht man die Südostseite (sechs Quartiere) mit 434 Tieren mit der Südseite (zwölf Quartiere) mit 180 Individuen, ist auffällig, dass die Südostseite mit weniger Quartieren erheblich mehr Tiere aufweist. Die Erklärung ist hier die außergewöhnlich starke Kolonie in Vielitz bei Selb mit bis zu 120 Tieren. Alle anderen Expositionen werden mit fünfzehn Quartieren genutzt. Es handelt sich zum großen Teil um Einzeltiere oder kleinere Gruppen. Mopsfledermaus: Mit 488 Tieren seit 1991 in ebenfalls 33 Quartieren ist sie nach der Nordfledermaus die zweithäufigste hinter den Holzverkleidungen der Scheunen anzutreffende Art. Wie die Nordfledermaus bevorzugt die Mopsfledermaus mit 26 zu 7 Quartieren die vier o. g. Expositionen (78 % der Quartiere). Deutlich bevorzugt wird mit 13 von 33 Quartieren die Ostseite. Hier befinden sich auch die sechs kopfstärksten der elf kartierten an Scheunen nachgewiesenen Wochenstuben, was sich auch in der Gesamtzahl der vorgefundenen Fledermäuse mit 358 Tieren widerspiegelt. Zwergfledermaus: Mit 279 Tieren seit 2008 gehört die Zwergfledermaus zu den Arten, die erst in den letzten zwei Jahren an den Scheunen entdeckt wurden. Mit 38 Fundorten kann die Art die meisten Quartiere an Scheunen vorweisen, rangiert aber mit 279 Einzeltieren bisher nur an dritter Stelle der Scheunen bewohnenden Arten. 33 Quartiere (86 % aller Quartiere) liegen auf den Nordost-, Ost-, Süd- und Südwestseiten der Scheunen. Die Zwergfledermaus ist auf die o. g. vier Himmelsrichtungen gleichmäßig verteilt, wobei der große Ausschlag nach Südwesten von einer kopfstarken Wochenstube herrührt. Eine eindeutige Bevorzugung einer Himmelsrichtung der Art ist nicht erkennbar. Bartfledermäuse: Wegen der nicht möglichen Artbestimmung im Quartier wird kein Unterschied zwischen Brandt- und 40 Bartfledermaus gemacht. Mit 26 Quartieren und mit 173 Tieren stehen die Bartfledermäuse an vierter Stelle bei den Quartier- und Individuenzahlen an den Scheunen. Eindeutig bevorzugt werden die Süd und Ostseite mit 20 von 26 Quartieren. Ost- und Südseite weisen eine ähnliche Quartierverteilung auf. Hinsichtlich der Individuenzahlen wird jedoch die Südseite mit 128 Tieren gegenüber der Ostseite mit 32 Tieren deutlich bevorzugt. Braunes Langohr: Mit 20 Quartieren und 86 Tieren steht das Braune Langohr an letzter Stelle der fünf an Scheunen untersuchten Fledermausarten. Bei den Braunen Langohren werden die Ost- und Südseiten mit 14 von 20 Quartieren klar bevorzugt. Acht Quartiere sind auf der Südseite und sechs auf der Ostseite zu finden. Betrachtet man die Anzahl der Tiere, so ergibt sich von der tatsächlichen Nutzung her ein anderes Bild. Mit knapp 50 Tieren wird die Ostseite, mit zehn Tieren die Südostseite und mit nur neun Tieren die Südseiten genutzt. Auf der Nordostseite wurden acht Tiere entdeckt. Auf der Südwestseite wurden nur Einzeltiere und im Westen, Nordwesten und Norden konnten bisher noch keine Langohren nachgewiesen werden. Fazit: Eine bestimmte Bevorzugung der einzelnen Arten für eine Himmelsrichtung scheint es im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge tatsächlich zu geben. Die Nordfledermaus nutzt die Süd- und Südostseite, die Mopsfledermaus die Ostseite, die Bartfledermäuse und Braune Langohren die Ost- und Südseite. Lediglich die Zwergfledermaus scheint keine Himmelsrichtung vorzuziehen. Aus den Ergebnissen lassen sich u. a. Schlussfolgerungen für das Anbringen von Flachkästen an Gebäuden für den Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge ableiten. Abb. 45: Scheunenquartier Fledermäuse (Anzahl der Tiere) an den von ihnen bevorzugten Scheunenseiten (Abb. 46 - 51) Mopsfledermaus Nordfledermaus Bartfledermäuse Braunes Langohr Zwergfledermaus Anzahl der nicht besetzten Quartiere 41