135. Jahrgang Nr. 85 Dienstag, 27. Oktober 2015 www.anzeigervonsaanen.ch Seite 10 Unterwegs auf dem Geologie-Pfad der Gastlosen WANDERTIPP Wer die letzten Tage vor Wintereinbruch nochmals für eine schöne Wanderung nutzen möchte, dem ist der Geologie-Pfad der Gastlosen zu empfehlen. In circa vier Stunden erfährt man auf dem acht Kilometer langen Pfad mit Start vom «Gross Rüggli» so einiges Erstaunliches über die geologische Geschichte dieser Umgebung. PATRIZIA MESSMER Bei Betrachtung der imposanten Felskette der Gastlosen mag sich so manch einer fragen, wie diese Bergkette wohl einmal entstanden ist. Klar, im Internet findet man darauf mit Sicherheit eine Antwort. Doch warum im Internet nachschauen, wenn sich die Geologie dieser schönen Gegend gleichzeitig erleben und erklären lässt? 2009 wurde nämlich ein GeologiePfad nordwestlich der Gastlosen angelegt. Der Pfad ist circa fünf Kilometer lang und gibt an zwölf Posten Auskunft über verschiedene geologische Besonderheiten der Gegend. Da auch ich mir die Frage gestellt hatte, wie diese massiven Felsspitzen entstanden sind, machte ich mich auf, der geologischen Entstehung der Gastlosen zusammen mit Wanderleiter Ruedi Hählen auf den Grund zu gehen. Nicht googeln, Venner fragen Wir hatten Glück und das Wetter meinte es gut mit uns, als wir um die Mittagszeit Richtung Abländschen losfuhren. Bereits die Fahrt durchs Grischbachtal war ein Anblick der besonderen Art: die Laubbäume hoben sich in allen Schattierungen von hellgelb bis dunkelrot von den dunkeln Nadelbäumen ab und leuchteten in der Herbstsonne. Ruedi Hählen meinte, ich müsse mir unbedingt noch die kleine Kirche von Abländschen ansehen. Also machten wir einen Abstecher ins Dorf. Der Besuch der Kapelle war mehr als lohnenswert. Die strahlend weisse Kapelle vor der imposanten Kulisse der Gastlosenkette und zwischen den herbstlich gefärbten Bäumen bot wirklich einen besonderen Anblick. Übrigens, wer Glück hat wie wir, muss nicht mal die in die Mauer geritzte römische Jahreszahl der Kirche googeln, denn Hanspeter Venner weiss bestens Bescheid. Der als Eselbauer bekannte Abländscher wohnt gegenüber der Kirche und konnte uns noch vor Google die Antwort liefern. Das Kirchlein wurde übrigens 1612 erbaut ... Vom wütenden Teufel und seiner Grossmutter Nach einem kurzen Schwatz gings weiter über die freiburgische Grenze nach Jaun. Denn der Geologie-Pfad startet etwas oberhalb des Dorfes auf der nördlichen Seite der Gastlosen. Der Start beim Chalet «Gross Rüggli» rechts neben dem Strässchen Richtung Soldatenhaus ist kaum zu übersehen und Parkmöglichkeiten gibt es direkt beim Start. Bereits bei Posten 1 geniesst man eine fantastische Aussicht auf die Gastlosen. Ein besonderer Blickfang ist das Loch in den massiven Felsen. Das «Grossmutterloch», wie die Lücke aufgrund einer Legende um den wütenden Teufel und seine Grossmutter heisst, und seine Entstehung sind Thema des ersten Postens. Die komplette Legende kann dort nachgelesen werden. Ruedi Hählen erzählte, dass man an gewissen Tagen zu bestimmten Zeiten beobachten kann, wie die Sonne durch das Loch durchscheint. Bereits von Posten 1 aus hat man einen tollen Blick auf die Felskette und das «Grossmutterloch». sivkalk und auf dem Grat des Oberrüggs der rechten Seite die in Falten gelegten «Préalpes Médianes plastiques», bestehend aus Mergel und Kalkstein. Dazwischen liegt die Einheit «Préalpes Supérieures» mit dem typischen FlyscheGestein. Ruedi Hählen, der über ein grosses geologisches Grundwissen verfügt, erläuterte mir die verschiedenen Einheiten genauer und zeigte deren Grenzen auf. Wir wanderten bei beinahe sommerlich warmen Temperaturen und strahlender Sonne weiter zu Posten 3 und 4. Diese erscheinen auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz so spektakulär, doch sind sie geologisch nicht minder relevant. Hier wird man über die aktiven Hangrutschungen informiert, die man an den Kompressionswülsten in der Wiese erkennen kann. Man erfährt, dass sich die Alpweiden beim Roten Sattel jedes Jahr ein paar Zentimeter Richtung Jaun bewegen – dafür verantwortlich ist die Gravitationskraft. Rote Steine und Haifischzähne Der Pfad führte uns nun in das Wäldchen auf dem Brendelspitz. Wenn man die Augen offen hielt, dann entdeckte man allerlei Interessantes wie Pilze, vereinzelt ausharrende Blümchen und witzig geformte Baumstrünke, die an Fantasy-Filmkulissen erinnerten. Ruedi Hählen wusste als ausgebildeter Wanderleiter einiges über die Flora und Fauna. Am nächsten Posten, dem fünften, wird die Zusammensetzung und Farbgebung des «Couches Rouges» näher erläutert. Bei dem Gestein, welches vom Saanenland her beispielsweise an der Südflanke der Dent de Ruth zu sehen ist, handelt es sich um eine Mischung aus Tonmineralien und Kalkschlamm. Die rote Farbe rührt vom Eisenoxidgehalt des Gesteins her, während die grau-grüne Version dieses Gesteins als «reduzierter Couches Rouges» bezeichnet wird. Da das Gestein vor 89 bis 46 Millionen Jahren im Meer abgelagert wurde, kann man angeblich mit etwas Glück einen Haifischzahn finden. Wahrscheinlich vor allem mit viel Zeit und Geduld. Unsere kurze Suche blieb jedenfalls erfolglos. Posten 6 ist direkt um die Ecke. Hier wird das Phänomen Hardground beschrieben. Dieses Gestein ist aussergewöhnlich hart und hat eine raue Oberfläche. Grund dafür ist die so genannte «stratigraphische Schichtlücke»: Das Gestein bildete sich in einer Zeitspanne, in der sich ausser metallischen Elementen keine anderen Sedimente an dieser Stelle abgelagert haben. Den Hardground kann man an der Felswand direkt am Wegrand gut an der rauen, leicht metallischen Oberfläche erkennen. Strahlentierchen Posten 7 hat mich persönlich am meisten beeindruckt. Auf den ersten Blick sieht man zwar nur einen relativ unspektakulären Steinhaufen links neben dem Wanderweg, welcher einem geologischen Laien wie mir nicht allzu viel verrät. Doch die Felswand, welche sich etwas oberhalb des Wanderweges erhebt, ist auffällig deformiert und stark verfaltet. Diese, Radiolaritschichten genannten Gesteinsformationen, entstanden vor 150 Millionen Jahren am Grund eines Meeres. Ursprünglich am Nordrand der afrikanischen Platte abgelagert, wurden die Schichten vor rund 30 Millionen Jahren bei der Entstehung der Alpen hierher verfrachtet. Das Gestein besteht aus einer Ansammlung winziger einzelliger «Strahlentierchen», die ein quarzähnliches Skelett aufweisen. Wir konnten es nicht lassen, bis zur Felswand hinaufzuklettern, um die eindrücklichen Schichten von Nahem zu betrachten und zu fotografieren. Auf dem nächsten Streckenabschnitt begegneten uns die einzigen anderen Wanderer unterwegs – deren «bonne montée» war ziemlich wörtlich zu verstehen, wie ich schnell merkte. Zum nächsten Posten geht es nämlich recht steil durch den Wald auf den Brendelspitz. Bei Posten 8 streift man die Archäologie. Denn bei Ausgrabungen in der Umgebung kamen hier Werkzeuge von Jägern und Sammlern aus der Mittelsteinzeit zum Vorschein, die aus dem harten Radiolarit gefertigt wurden. Daraus lässt sich schliessen, dass zu jener Zeit Menschen unterhalb der grossen Gesteinsblöcke der Gastlosen gehaust haben müssen. Auch Posten 9 muss man sich etwas verdienen, eine «stotzige» Treppe steht einem bevor. Doch der Aufstieg lohnt sich, denn auf der Anhöhe hat man nochmals einen unglaublichen Blick auf die Gastlosen. Die aufziehenden Wolken und der leichte, einsetzende Regen taten der Stimmung gar keinen Abbruch, denn wie man so schön sagt, gibt es ja kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Bei Posten 9 wird erklärt, wie sich die Kalkfelsen vor 160 Millionen Jahren aufrichteten und sich wie eine Schuppe über die «Préalpes Supérieures» geschoben haben. Einmal mehr staunte ich über die «Dolomiten der Schweiz», die mit den herbstlich leuchtenden Bäumen ein tolles Bild abgaben. tenhaus einzukehren. Posten 10 zeigt eindrücklich die Spuren der Verkarstung, sprich die Erosion des Kalkgesteins durch Wasser. Der letzte Posten des Pfades ruft einmal mehr die marine Herkunft unserer Alpenformationen in Erinnerung. Im 170 Millionen Jahre alten Kalkgestein kann man heute noch versteinerte Miesmuscheln und Spuren von den an den Steinen befestigten Kolonien entdecken. Zurück beim Soldatenhaus bekommt man an der Schlusstafel nochmals einen Überblick über den geologischen Querschnitt der Gastlosen und die verschiedenen Gesteinsarten. Der Wirt im Soldatenhaus hat ausserdem einen Koffer, der Proben der verschiedenen Gesteine enthält sowie die dazugehörige Beschreibung. «Der Geologie-Pfad scheint beliebt zu sein. An schönen Tagen machen recht viele Leute diese Wanderung. Die meisten fragen bei uns dann auch nach dem Koffer», erzählte der Wirt des «Chalet du Soldat», Marcel Horst-Jaquet. Nun, auch ich kann die Geologie-Wanderung nur empfehlen. Abschluss im Soldatenhaus Für die letzten beiden Stationen wandert man am Restaurant Soldatenhaus vorbei ins kleine Wäldchen unterhalb den Gastlosen. Es lohnt sich, bis zum letzten Posten zu wandern und nicht schon vorzeitig ins Solda- Ruedi Hählen ist ausgebildeter Wanderleiter und weiss auch viel über Geologie. Ständeratswahlen: zweiter Wahlgang findet statt POLITIK Weil der parteilose Bruno Moser, der im ersten Wahlgang mit 4114 Stimmen den zweitletzten Platz belegte, an seiner Kandidatur für den Ständerat festhält, gibt es am 15. November einen zweiten Wahlgang. Geologische Einheiten der Gastlosen Vom «Gross Rüggli» aus wanderten wir entlang dem gut ausgeschilderten Pfad über Alpweiden zu Posten 2. Wieder mit Blick auf die Felsspitzen wird einem hier der Aufbau der drei geologischen Einheiten, die der Pfad durchquert, erklärt: das wären auf der linken Seite der Gastlosen die schuppenartigen «Préalpes Médianes rigides» aus Mas- «Bonne montée» – steiler Aufstieg FOTOS: PATRIZIA MESSMER Neue Kandidaturen sind keine angemeldet worden und von den Kandidatinnen und Kandidaten des ersten Wahlgangs haben alle ausser Bruno Moser ihre Kandidatur zurückgezogen. Wahl so gut wie sicher Die Kirche von Abländschen vor der eindrücklichen Kulisse der Gastlosen. Folgende Kandidaten stehen zur Wahl: Luginbühl Werner, 1958, Ständerat, Leiter Public Affairs, Krattigen, BDP (bisher); Stöckli Hans, 1952, Ständerat, Fürsprecher, Biel/Bienne, SP (bisher); Moser Bruno, 1961, Volks-Wirt, Biel/Bienne. Die Wahl der beiden bisherigen Ständeräte ist so gut wie sicher. BDP-Ständerat Werner Luginbühl verfehlte im ersten Wahlgang mit 151 069 Stimmen das absolute Mehr nur knapp und SPStänderat Hans Stöckli holte 144 805 Stimmen. PD/ANITA MOSER