2014-05-22 - Populismus

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Populismus.
Teil 1: Populismus in allen Variationen
Gérald Jamsin-Leclerq
Ein Artikel der Online-Zeitschrift www.dautresreperes.be
"Das ist Populismus" ist eine Redewendung die sehr in Mode ist und "Alles oder
Nichts" bedeuten kann.
Sie bietet eine Konstante, nämlich zu diskreditieren und die Bemerkungen oder
Argumente einer dritten Person negativ zu bewerten. Vielleicht ist es auch eine
einfache und wirksame Art, um sich eine Debatte zu ersparen und alles in Frage zu
stellen...Aber, was bedeutet eigentlich Populismus?
Betrachtet man Politiker, Persönlichkeiten oder Bewegungen, die als populistisch bezeichnet
werden, erkennt man ein eher uneinheitliches Ganzes. Wir können zum Beispiel Bart de
Wever, den Vlaams Belang, die PTB oder die nebelhafte FN in der Wallonie zitieren,… Und
wenn wir einen Blick auf unsere europäischen Nachbarn werfen: Le Pen und Mélenchon für
Frankreich, Beppe Grillo für Italien, oder den "Goldenen Morgen" in Griechenland. Die Liste
könnte noch länger sein, aber ein bemerkenswerter Aspekt des Begriffes ist, dass er
Parteien und Persönlichkeiten bezeichnet, deren Richtung entgegengesetzt ist.
Ganz gleich wie es auch sei, man unterscheidet drei Formen des Populismus:

Der "nationalistische Populismus": dieser ist in vielen europäischen Ländern
vorzufinden. Er wird von einer Menge Parteien repräsentiert die als nationalistisch,
rassistisch, fremdenfeindlich, gegen Einwanderung qualifiziert werden, kurz, Parteien,
die mit der extremen Rechten flirten oder sich ihr zuordnen. Parteien, die durch die
Wirtschaftskrise je nach Zielsetzung das "gemeine Volk", den Mittelstand oder auch
Selbständige und kleine Unternehmer ansprechen.

Der "Populismus der Linken", der als eine große Wiederaufbereitung der
marxistischen Theorien sowie des Klassenkampfes beschrieben wird, wobei die
antikapitalistische Redeweise sich mit ein wenig Ökologie schmückt. Ein Populismus,
welcher seine Wurzeln in den extremen linken Parteien findet und...in den
Gewerkschaften.

Endlich eine dritte Kategorie, der "spaßige Populismus" der, mit Humor und im
größten ideologischen Chaos, seine Ideen rechts und links holt und ein Ganzes von
Anti-Establishment-Vorschlägen liefert, die oft als demagogisch bezeichnet werden.
Er basiert im Wesentlichen auf der Kritik des politischen Systems, der Korruption und
der Taubheit der Technokraten gegenüber den Bedürfnissen der Bevölkerungen.
Muss man sich dieser Klassifizierung anschließen?
Nichts ist weniger sicher. Geschichtlich gesehen zeigt dieses Wort viele verschiedene
Wirklichkeiten, ausgehend vom amerikanischen Volk des 19. Jahrhunderts, welches die
Rechte der kleinen Landwirte schützen wollte, ganz verschiedene Erfahrungen der
lateinamerikanischen sozialen Bewegungen; der Sozialismus in Russland....Die wörtliche
Bedeutung des Begriffs wird nicht näher erklärt: "Wer die Interessen des Volkes verteidigt"1
2
"Der dem Volk wieder zur Macht verhelfen möchte"2 Wenn man sich auf die allgemeine
Anwendung des Begriffes bezieht, wird er häufig als Synonym von Opportunismus,
Demagogie oder Wählerfang verwendet.
"Populismus" wird am meisten verwendet als Synonym für
Opportunismus, Demagogie und Wählerfang.
Wie wir gerade gesehen haben ist das Verlangen, dem Populismus eine universelle
Definition zu geben ein Ding der Unmöglichkeit. Wahrscheinlich ist es aber besser zu
akzeptieren, dass das Wort verschiedene Bedeutungen und komplexe Erfahrungen, Ideen
und Praktiken beinhalten kann. Es ist aber interessant die Formen und Inhalte zu
analysieren.
Was den Populismus charakterisiert ist eine Rede, die angepasst ist und sich an
Bevölkerungen, Gruppen und ausgesuchte Wähler richtet. Das ist das Kapital der mehr oder
weniger offenen nationalistischen oder fremdenfeindlichen Rechten. Parteien, die sich als
einzige Verteidiger der Bevölkerung sehen und "die Wahrheit" sagen.
Diese Bewegungen können nicht existieren ohne mit den Ängsten zu spielen und einen
erforderlichen Sündenbock, welchen man mit allen Fehlern belastet. Bei den französischen
Rechten (ohne UMP und FN zu unterscheiden) stellen solche Schuldigen beispielsweise die
Einwanderer, aber auch die jungen Menschen, die in den Vororten wohnen, dar. Für die NVA
in Flandern sind es die "Ausländer" und die Wallonen.
Die Einfachheit und die Nähe der Rede verführen ein Publikum, welches die liberale
“Demokratie” nicht befriedigt. Es wäre ein Fehler zu denken, dass diejenigen unter uns, die
durch eine nationalistische, rechtsextreme Partei überzeugt werden, naiv, dumm oder
manipuliert sind. In den meisten Fällen analysieren sie ihre Erlebnisse rational und ziehen
dabei fragwürdige Schlussfolgerungen, die sich aber erklären lassen. Sie reagieren mehr auf
die Sirenenklänge der extremen Rechten, weil diese Letzteren ihre Rede am politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Kontext anpassen. Aber auch, weil sie versuchen eine Maske
der Seriosität zu vermitteln. Um die eben genannten Beispiele zu nehmen, Marine Le Pen
hat sich vom groben und brutalen Stil ihres Vaters getrennt. Sie hebt die Verdienste der
Republik hervor und wendet sich an die Arbeiter und vermeidet es, sich in einer
antisemitischen Art zu präsentieren. Die NVA, die nicht als eine extrem rechte Partei gilt (!)
hat nicht mehr und nicht weniger als den ausufernden Nationalismus des Vlaams Belang
aufgegriffen. Der Unterschied ist, dass sie "mit den Grenzen der gesetzlichen Akzeptanz
flirtet in Begriffen des Fokus auf die Herkunft und Stellungnahmen in der Migrationspolitik,
aber handelt nicht dagegen, im Gegensatz zum Vlaams Belang"3.
Die Einfachheit und die Nähe der Rede verführen ein
Publikum, welches die liberale "Demokratie" nicht befriedigt.
Die NVA zeigt uns dass es falsch sei zu glauben, dass das Wort "populistisch" sich nur auf
politische Einheiten bezieht, die allgemein als extremistisch bezeichnet werden. Die
“Siegespalme” gehört diesbezüglich Berlusconi, wegen der Dauer seines Mandats und dies
trotz (oder dank?) dem Gebrauch eines zweifelhaften Humors, der groben Verteufelung jeder
Opposition, dem dreisten Rückgriff auf Lügen und dem Gebrauch von wahnwitzigen Zahlen
und besonders auf die Reduzierung wirtschaftlicher und komplexer Situationen auf banale
Formeln. Ohne von der Sex- und Justizsaga zu sprechen. Seine erforderlichen
3
Sündenböcke4 sind die "Kommunisten", und die "Richter". Berlusconi ist nur ein markantes
Beispiel, unter sovielen anderen, einer Praxis des Populismus der "Macht", welcher darauf
bedacht ist der Bevölkerung zu vermitteln, dass ihr Führer so wie sie ist, so wie sie spricht
und so wie sie denkt.
Schlussendlich, für die führenden Klassen und die Parteien an der Macht: “Populismus” ist
eine komfortable Möglichkeit, um alle Versuche zu stoppen, welche die Politik die sie
einsetzen verlangsamen könnten und den vorsintflutlichen Charakter der Oppositionen
anzuprangern. Um es anders zu sagen, jede Rede, jede politische Stellungnahme, die vom
Konsens abweichen, der dem herrschenden liberalen ideologischen Modell teuer ist, werden
als Populismus abqualifiziert und werden also mit Verachtung hinweggefegt zum Schaden
der einfachsten demokratischen Debatte.
Gibt es auch einen positiven Populismus?
In einem "progressistischen" Ansatz sei es verführerisch, den Populismus als einen
politischen Schritt zu bezeichnen, der "die Macht verteidigt und dem Volk zurück gibt". Das
ist der Sinn der Rede der PTB in Belgien und die Übung in welcher sich der französische
Nachbar Mélenchon hervortut. Dieser letztere geht zuerst weiter in der Analyse des
Populismus indem er behauptet, das die "Beschuldigung des Populismus die Idee versteckt
dass der Aufruf zu einer direkteren Form oder mehr Einbezug des Volkes grundsätzlich
ungesetzlich bleibt, denn das Volk ist von Natur aus nicht in der Lage, sich selbst zu
regieren...
Die liberale Demokratie befindet sich also vor einem schwerwiegenden Widerspruch: Sie
entsteht zwar aus der Bevölkerung, aber sie toleriert nicht, dass der Bürger sich in die Politik
mit einmischt"5.
Ein "positiver" Populismus wäre es, einen Versuch zu starten, dass die Bevölkerung in den
Entscheidungsprozess einbezogen werden sollte, und nicht zufrieden sein soll mit einer
eingeschränkten Wahl zwischen politischen "Eliten", die für sie entscheiden. Die Theorie
eines direkteren Ansatzes wäre eine wahre Herausforderung in Bezug auf eine Organisation
der noch unvollkommenen und unausgeglichenen Gesellschaft. Das würde voraussetzen,
die Bevölkerung zu belehren, ihnen Mittel zu verleihen und die nötigen Instrumente die es
jedem ermöglichen würden eine Maßnahme zu treffen, die für die meisten schwer sein
würde: "Ich gehe von meinen privaten Interessen aus, ich gehe von einem Moment der
Überlegung aus, der mich aus diesem Egozentrismus rausholt um über das allgemeine
Interesse nachzudenken"6. Es ist ein komplizierter Weg durch eine permanente und
heimtückische liberale Berieselung, die einen verschärften Individualismus verlangt, die ein
fehlendes Engagement ermutigt und auch die politische Apathie, die, schlussendlich eine
Vielzahl von reaktionären Positionen und Verhaltensweisen auslöst.
Ein "positiver" Populismus wäre es, einen Versuch zu starten,
dass die Bevölkerung in den Entscheidungsprozess
einbezogen werden muss.
Was sollte man daraus schlussfolgern?
Dass das Konzept des Populismus sich vielen Bedeutungen anpasst, manchmal ehrgeizig,
aber am meisten infiziert mit dem Gestank des nationalistischen und fremdenfeindlichen
Schimmels. Über die vielen Bedeutungen dieses Wortes und des politischen Gebrauches
hinaus gibt es eine Konstante bei allem Benutzen des Wortes Populismus. Er erscheint
immer wieder während den Zeiten, wo die sozioökonomischen Systeme und die Vertretung
4
der Bevölkerung in einer Krise stehen. Die Bestätigung, dass "eine gerechtere Verteilung der
Reichtümer, eine Wirtschaft im Dienst der Bevölkerung, Schutz und eine starke soziale
Sicherheit, verstärkte öffentliche Dienste und Schaffung von hochwertigen Arbeitsplätzen,
Staaten, die einen wirklichen Platz für jeden Bürger garantieren" erscheint uns jedoch
stichhaltig. Es ist vielleicht eine Form des Populismus, aber besonders und vor allem ist es
eine Wahl, ein Projekt, eine Gesellschaftsalternative.
Fußnoten
1
http://www.cnrtl.fr/definition/populiste
2
http://www.toupie.org/Dictionnaire/Populisme.htm
3
MARC SWYNGEDOUW, Professor für politische Soziologie an der Katholischen Universität
Löwen. Quelle: htttp://www.rtbf.be/info/belgique/detail_la_n-va-devient-elle-un-partie-dextreme-droite-chat-avec-marc-swyngedouw?id=7805991
4
Siehe hiervor
5
http://www.jean-luc-melenchon.fr/arguments/populisme-le-peuple-en-accusation
6
Siehe 5
5
Teil 2: "Man muss nur" Sündenböcke
finden
Das Umfeld
Ein Bier unter Freunden, ein Essen im Familienkreis, eine Feier...lauter Orte des Austauschs
über alle möglichen Themen unserer Gesellschaft, und immer gibt es einen Wortführer (oder
Dummschwätzer). Das Szenario ist unausweichlich das Gleiche: mit großer Selbstsicherheit
behauptet er oder sie, DIE Wahrheit, DIE Lösung für alles zu haben: die Krise, die
Verschmutzung, die Erwärmung des Planeten, die Einwanderungsströme (??), die
Wirtschaft, die Finanzen, das Verschwinden des Sumatra Tigers…
Es ist immer die gleiche Leier: "Man muss nur" oder "Man muss unbedingt". Die
Versammlung reagiert immer auf unterschiedliche Art, aber zwei große Tendenzen bilden
sich: die Überzeugten, die sich mit einem selbstgefälligen Lächeln fügen und die anderen,
beschämten, die wegschauen.
Der beschriebene Rahmen ist kaum karikierend. Um zu beginnen, hier eine kleine Auswahl:
“Man muss nur das Arbeitslosengeld streichen, um die Faulpelze an die Arbeit zu
bekommen”.
“Man muss nur die Ausländer zurückschicken, damit alle eine Arbeitsstelle haben.”
“Man muss nur die Steuern senken”
“Man muss nur die Frauen zurück in die Häuser schicken und die Männer haben Arbeit.”
“Man muss nur die Arbeitslosen eine Arbeit für das Gemeinwohl machen lassen.”
“Man muss nur zuerst den Belgiern helfen (vor den Ausländern)”.
usw.
"Man muss nur" zum Schweigen bringen, eine schlechte
Idee.
Der Reflex des weißen (oder roten) Ritters, dem Verteidiger der Unterdrückten und der
Freiheiten ist es, die Anhänger des "Man muss nur" zum Schweigen zu bringen.
“Deine Aussagen sind rassistisch”
“Ich kann dich so etwas nicht sagen lassen”
“Du bist intolerant"
usw.
Und die Höllenmaschine startet: die Reaktion erfolgt unmittelbar: "Man muss nur" zieht die
folgende Schlussfolgerung:
“Man versucht mich zum Schweigen zu bringen weil meine Aussagen stören. Ich bin eine
freie Person und wenn ich rede, dann schockiere ich. Aber es ist halt wahr! Wir kennen alle
eine Familie von ausländischen arbeitslosen Profitjägern, welche noch nie gearbeitet haben,
die aber in den Genuss der belgischen sozialen Sicherheit kommen"
Das Prinzip ist von einer unglaublichen Einfachheit geprägt. Je mehr man versucht diesen
"weichen Faschisten"2 zum Schweigen zu bringen, desto mehr ist er überzeugt von seinen
Wahrheiten, desto mehr behauptet er seinen Standpunkt.
6
Die verstärkende Rolle der Medien
Der Mechanismus wird noch gefährlicher, wenn ein "Man muss nur" eine öffentliche Person
oder eine politische Formation ist.
Sie verstehen sehr schnell die folgende Regel: "Je mehr Aussagen ich mache, die einen Teil
der öffentlichen Meinung schockieren, desto mehr spricht man (die Medien im weitesten
Sinne) über mich. Und je mehr man über mich spricht, desto mehr werden meine Aussagen
veröffentlicht". Ein einfaches Beispiel: Dieudonné (französischer Kabarettist). Hier ein Porträt
wie viele anderen: "Das ist ein Kaufmann, sehr geschickt, der seine Opferrolle mit einem
regelrechten Marketingprojekt verkauft", und der ein Publikum anzieht, dass sich in eine
Pseudo-Systemkritische Stellung zurückgezogen hat und "eine verschwörerische
Querbewegung gegen das System bildet, deren Rückgrat der Antisemitismus bleibt".3
Kurz, Dieudonné ist eine Persönlichkeit, deren ideologische Reden den Hass schüren und
der von diesem Mechanismus zu profitieren wusste. Man zeigt mit dem Finger auf ihn und er
zieht eine uneinheitliche Menge an, in dem es ihm paradoxerweise gelingt, ebenso der
nationalistischen extremen Rechte wie auch den Einwanderern zu gefallen.
Niemand ändert seine Argumente, weil man ihn zum
Schweigen verurteilt hat, aber weil man ihn überzeugt hat oder
weil man die Absurdität seiner Argumente unterstrichen hat.
Der Zyklus des Populismus
Der Zyklus des Populismus ernährt sich selber: der Versuch die "Man muss nur" und andere
Populisten zum Schweigen zu bringen, gibt ihnen die Möglichkeit sich als Opfer zu
präsentieren, welche die Meinungs- und Aussagefreiheit für sich einfordern. Der Gipfel für oft
übertrieben mediatisierte Äußerungen gegen die Freiheit, die aber popularisiert werden und
sichtbar werden. Man zeigt wieder mit dem Finger auf sie und der Zyklus beginnt von
neuem. Die populistischen Ideen verbreiten sich also nicht nur über die Intelligenz, den
Opportunismus oder die strategischen Fähigkeiten ihrer "Sender", sondern auch über eine
fehlerhafte Betrachtungsweise eines Teiles ihrer Kritiker und der Medien, die immer gierig
sind nach solchen Reden.
Ich habe letztens auf Facebook folgendes Statement gelesen: "Wenn man mit einem
Dummkopf diskutiert kann man auch versuchen, einen Stein zu erweichen".
Die Lösung ist es also nicht, die "Man muss nur" und die Populisten jeder Couleur zum
Schweigen zu bringen. Das nützt gar nicht und kann sich sogar als kontraproduktiv erweisen.
Niemand ändert seine Argumente, weil man ihn zum Schweigen verurteilt, aber weil man ihn
überzeugt hat oder weil man die Absurdität seiner Argumente unterstrichen hat. Und das
selbst, wenn die Chance, dazu zu gelangen gering ist. Das scheint widersinnig zu sein, aber
man sollte eine unbedingt erforderliche politische Analyse wagen, die fast ein Tabu zu
werden scheint.
7
Rehabilitierung einer politischen
Analyse und…der Ideologie
Verstehen wir uns von Anfang an. Es geht nicht darum die reaktionären "Man muss nur"Sager durch einen positiven Populismus4 zu ersetzen. Das würde folgendes hervorrufen:
“Man muss nur die Schulden streichen (der Entwicklungsländer)”
“Man muss nur die Reichen besteuern”
“Man muss nur die Unternehmen nationalisieren, welche von den Aktionären vernachlässigt
wurden.”
“Man muss nur das Geld dort nehmen, wo es ist.”
“Man muss nur die Fiktivzinsen streichen”
Formeln, die, wenn sie die Sympathie des Artikelschreibers besitzen, steril bleiben, weil sie
ohne Argumente und ohne eine unumgängliche politische Analyse bleiben.
Sich weigern, die Debatte in ihre ideologische Dimension
einzubetten heißt, den Bürger dazu zu drängen, sich keine
Fragen mehr zu stellen und das Interesse an der Politik zu
verlieren.
Die Wichtigkeit, die wir einer politischen Analyse geben ist die Analyse der Struktur und des
Funktionierens einer Gesellschaft. Das heißt die notwendige Überlegung über eine kollektive
Organisation und die Art wie die Staaten regiert und verwaltet werden. Diese allgemeine
Perspektive ist notwendig um die Regierungsmechanismen und die Funktionsweise der
Institutionen zu verstehen, als auch die persönlichen und kollektiven Interessen.
In jeder ideologischen Positionierung ist es wichtig die Herkunft der Ideen zu verstehen und
zu beweisen, inwiefern sie tragend sind. Ideologie! Das Wort wurde genannt.
Diese Vokabel wird häufig negativ bewertet. Besonders, wenn man sich an die marxistische
Definition hält, die ihr sofort eine abwertende Bedeutung gegeben hat als eine “Vision der
Welt, das heißt ein intellektuelles Konstrukt, das eine bestehende soziale Ordnung erklärt
und rechtfertigt, ausgehend von natürlichen und religiösen Gründen...Aber diese Vision wird
in Wirklichkeit nur als Schleier benutzt, um die Fortsetzung egoistischer und materieller
Interessen zu verstecken, indem die Dominanz einer privilegierten Klasse verstärkt und
erweitert wird"5
Die Bedeutung, welche wir hier bevorzugen ist folgende:
Eine Ideologie ist eine Sammlung von Ideen, von philosophischen, sozialen, politischen,
moralischen und religiösen Überlegungen, spezifisch für eine Gruppe, eine soziale Klasse
oder eine Epoche. Es handelt sich um ein System von Ideen, Meinungen und
Überzeugungen, die eine Doktrin bilden die individuelle oder kollektive Handlungen
beeinflussen kann.6
Heutzutage, vielleicht sogar mehr als gestern, ist es unumgänglich, über Ideologie zu
sprechen. Es ermöglicht es, die Welt zu verstehen und zu entziffern und verleiht den
Aussagen Kohärenz. Die Debatte über Ideen ist sehr wichtig. Es ermöglicht es, die
8
Menschen zu mobilisieren. Also, sich weigern, die Debatte in einer ideologischen Dimension
einzubetten bedeutet, die Menschen dazu zu bringen, sich keine Fragen mehr zu stellen und
sich immer weniger für Politik zu interessieren. Es führt zu einem allgemeinen Unverständnis
und öffnet einen Königsweg hin zum Populismus. Weitere kann man in der Wahlperiode der
Kampagne der "Man muss nur" hinzufügen:
“Man muss nur sinnvoll wählen”
“Man muss nur für uns wählen, oder es wird schlimmer”
Es gehört auch "zum gutem Ton” der traditionellen Parteien zu versuchen, die Programme
der Rechts-oder Linksextremen zu beseitigen, indem sie diese als einfache Parteien
darstellen, die mit den Ängsten spielen. Dies ist eine Art, die unbedingt erforderliche
ideologische Konfrontation zu verweigern, die es gegebenenfalls erlaubt, zu beweisen,
inwiefern deren Programme und Gesellschaftsprojekte unrealistisch sind und nicht mit den
demokratischen Prinzipien zu vereinbaren sind.
Sich nicht der Debatte zu stellen, das bedeutet zu verstehen zu geben, dass alle Ideologien
sich ähneln. Dies schreibt sich ein in eine weiche Richtung eines allgemeinen Verzichts, wo
die Bevölkerung kein Interesse mehr darin sieht, gleich was auf eine politische Ebene zu
bringen. Das bedeutet den "Man muss nur"-Sagern und breiter dem Populismus und seinen
Abweichungen sowie den erhöhten Risiken, die er für uns alle darstellt, die freie Bahn zu
überlassen.
9
Fußnoten
1
http://www.far.be/far/publications2013/20130911.PDF
2
"Weicher Faschist" siehe die Beschreibung von Marie-Eve Lapy-Tries
http://www.rtbf.be/info/opinions/detail_il-n-ya-qu-une-seule-sorte-de-pauvres?id=8148312
"Oh, nicht einer dieser Faschisten, die ihren farbigen Nachbarn gerne in ein Lager schicken
würden, nein, gerade ein Faschist, der annimmt, dass es Unterschiede zwischen den
Menschen gibt. Was wollen Sie, man muss die Nächstenliebe ordnen. Ein Faschist, der den
Gedanken tolerieren kann, dass es Babys gibt, die in einer Kirche schlafen...Was wollen Sie
dagegen tun? Man muss damit beginnen, den echten Belgiern zu helfen. Ein Faschist, der
doch sagen wird was tun diese Fremden hier? Man kann nicht das ganze Elend der Welt
aufnehmen...Ein Faschist der sagen wird, dass der Bedürftige es oft selbst schuld ist.
Außerdem ist es keine so schlechte Idee, die Arbeitslosen zu zwingen Arbeiten von
allgemeinem Interesse auszuführen. Und die Nutznießer des ÖSHZ auch. Ein Faschist, der
mehr Sicherheit haben möchte, mehr Polizei, Überwachungskameras, weil die braven Leute
sich nicht mehr wagen, abends vor die Tür zu gehen. Ein Faschist, der auch die Jugend
nicht besonders mag...Eigentlich doch, er liebt einige Jugendliche, die sich wie Alte anziehen
und nicht zu mehreren auftreten. Ein Faschist, der meistens Klimakritiker oder schlimmer ist,
der denkt, man könne den Menschen anpassen, die Besten werden überleben. Die Besten,
das Verdienst...der weiche Faschist hat nur diese Worte im Mund. Der weiche Faschist ist
verdienstvoll, er vergisst, dass, wenn er weiß, als Mann und reich geboren ist, er nichts
Großes getan hat, um das zu verdienen!"
3
Jean-Yves Camus: französischer Forscher, Essayist und Politologe, geboren 1958. Er ist
Spezialist für die extreme Rechte.
4
Siehe "Der Populismus in allen Variationen"
5
Quelle: http://www.cnrtl.fr/lexicographie/id%C3A9ologie
6
Quelle: http://www.toupie.org/Dictionnaire/Ideologie.htm
10
Inhaltsverzeichnis
Populismus. ............................................................................................................................................. 1
Teil 1: Populismus in allen Variationen ............................................................................................... 1
Muss man sich dieser Klassifizierung anschließen? ........................................................................ 1
Gibt es auch einen positiven Populismus? ...................................................................................... 3
Was sollte man daraus schlussfolgern? .......................................................................................... 3
Fußnoten ................................................................................................................................................. 4
Teil 2: "Man muss nur" Sündenböcke finden ...................................................................................... 5
Das Umfeld ...................................................................................................................................... 5
"Man muss nur" zum Schweigen bringen, eine schlechte Idee. ..................................................... 5
Die verstärkende Rolle der Medien................................................................................................. 6
Der Zyklus des Populismus .............................................................................................................. 6
Rehabilitierung einer politischen Analyse und…der Ideologie................................................................ 7
Fußnoten ................................................................................................................................................. 9
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................................. 10
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