Periodikum der Spagyros AG, Gümligen 1 • 2008 Spagy news Das Strontianit Bönninghausens obersten Abteilung der im Münsterland abgelagerten Kreideformation an, dem Campan (Zeittafel siehe letzte Seite). Während der obersten Unterkreide-Zeit drang im Rahmen eines allgemeinen Meeresspiegelanstiegs das Kreide-Meer (über den Nordrand der Rheinischen Masse) aus Nordwest und Nord nach Süden vor (zunehmend über das gefaltete und anschliessend eingeebnete Karbon). Gegen Ende des Campans zog sich das Meer aus dem Gebiet der Münsterschen Bucht zurück. Danach kam es aus tektonischen Gründen zur steilen Aufrichtung der Oberkreideschichten sowie zur Bildung von Flexuren und Überschiebungen. Schichtenfolge im Münsterland ist also Clemens Maria Franz von Bönninghausen (*1785, † 1864) stammte aus dem Münsterland. Die wichtigsten Strontianit- und Strontium-Entdeckungen fallen in seine Lebenszeit. Strontianit ist ein Mineral, das in grossen Mengen im Münsterland vorkam und dort einen Bergbau-Boom auslöste. Dieses Mineral besteht aus Strontium-Calcium-Carbonat, wobei der Calcium-Anteil nur gering ist. Bönninghausen unterzog es einer AMP, wandte es homöopathisch-therapeutisch an und hielt es für ein Polychrest. Grund genug, dass wir uns etwas eingehender damit beschäftigen. Geologische Genese der Substanz Die Münstersche Kreidebucht besteht aus Sedimenten jüngerer Formationen, wobei quartäre Gesteine (Alter ~ 2 Mill. Jahre) mit einer Mächtigkeit von bis zu 30 Metern überwiegend sedimentäre Kreideablagerungen (Alter ~ 100 Mill. Jahre) bedecken. Ausschlaggebend für die Genese der Strontianitlagerstätten im Münsterland ist die Kreideformation, deren Ablagerungen in Form von Ton-, Mergel- und Kalksedimenten diskordant die gefalteten Schichten des Karbons (Alter ~ 300 Mill. Jahre alt) und Devon (Alter ~ 400 Mill. Jahre alt) überlagern. Die Strontianitvorkommen gehören der • Quartär (bis zu 2 Millionen Jahre) • Kreide-Schichten (Ablagerung von 140 – 65 Millionen Jahren) • Karbon-Schichten (Ablagerung von 350 – 290 Millionen Jahren) • Devon-Schichten (Ablagerung von 410 – 350 Millionen Jahren) Editorial Liebe Leserin, lieber Leser! In der vorliegenden Ausgabe der Spagynews befassen wir uns bewusst intensiv mit dem Mineral Strontianit. Dieses kam in grossen Mengen im Münsterland vor, der Heimat des Clemens Maria Franz von Bönninghausen. Er unterzog das Mineral einer Arzneimittelprüfung und wandte es homöopathisch-therapeutisch an. Anhand der vorliegenden Darstellung möchten wir zeigen, dass es der Spagyros äusserst wichtig ist, an das richtige Ausgangsmaterial zu gelangen. Wir wissen, dass man in vielen Fällen eigene, oft langwierige Forschungen anstellen muss, und dass nicht immer korrekt ist, was das HAB vorschreibt. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass wir die Ausgangssubstanzen mit grösster Sorgfallt aussuchen, kontrollieren und mit eigener Hand Bindung von Sr an CaCO3 Das verbreitetste Karbonatgestein ist bekanntlich Kalkstein, der in zwei Modifikationen abgelagert werden kann, nämlich als Kalzit oder als Aragonit. Ob nun das Calciumkarbonat als Kalzit oder als Aragonit abgelagert wurde, hat demzufolge gewisse geochemische Konsequenzen. Die Kristallstruktur des Aragonits erlaubt eine Substitution durch grössere Kationen wie Strontium und Blei, lässt aber keine kleineren Kationen zu; beim Kalzit trifft genau das Gegenteil zu. Folglich unterscheiden sich Art und Menge der Spurenelemente in Kalken, je nachdem in welcher Kristallform das Calciumkarbonat im ursprünglichen Sediment vorgelegen hat. In den Klüften von Kalkgesteinen (= Gesteinsrisse) findet sich zuweilen (z.B. im Münsterland) Einbau von Sr in Calcit als SrCO3 (Strontianit). weiterverarbeiten. Niemals dagegen werden Sie eingekaufte, unkontrollierbare Vorpotenzen bei der Spagyros AG finden. Unser besonderer Dank geht heute an Frau Dr. med. Hedwig Pötters für ihre akribische Forschungsarbeit! Herzlichst Ihre Jacqueline Ryffel www.spagyros.ch • [email protected] www.spagyros.de • [email protected] Homöopathie 2 ! Beachte: Strontium carbonicum und Strontianit sind nicht identisch! Bönninghausen meinte das Mineral Strontianit, also: StrontiumCalcium-Carbonat! Hierbei handelt es sich um den Einbau des nicht radiogenen 88Sr, welches 70 Prozent des Gesamt-Sr stellt. Dabei ist eine Mischungslücke feststellbar zwischen Calcit und Strontianit, – nicht jedoch zwischen Aragonit und Strontianit (s. Diagramme). Es handelt sich also beim Strontianit um ein Gangmineral innerhalb kreidezeitlicher Ablagerungen, das in langen Schnüren oder linsenförmigen Nestern ausgebildet ist. Die Entstehung der Ganglagerstätte begann vor ~ 60 Millionen Jahren an der Wende der Kreide zum Tertiär. Schwache Gebirgsbewegungen deformierten die inzwischen abgelagerten münsterländischen Oberkreide-Mergel. Durch Hebungen und Zerrungen entstanden tektonische Spalten und Risse, die späteren Gangspalten. Durch weitere Tektonik drangen heisse Lösungen aufwärts in diese Spalten ein und es kam zu Gangausfällungen mit Mineralen – hauptsächlich aus Calcit und Strontianit bestehend. Strontianit-Bergbau im 19. Jh. Strontianit ist ein Mineral von weissgrauer Färbung, das seinerzeit wegen seiner chemischen Eigenschaften in grossen Mengen in der Zuckerindustrie benötigt wurde, wo es zur Entzuckerung der Rübenmelasse diente. Die weltweit abbauwürdigste Lagerstätte befand sich in einem kleinen Landstrich im südlichen Münsterland, und der immense Bedarf an Strontianit löste in den Jahren nach 1880 eine derart fieberhafte Suche aus, dass Zeitgenossen die dortigen Zustände mit denen des berühmten Goldrausches in Kalifornien verglichen. Der hoffnungsvoll begonnene Bergbau scheiterte jedoch innerhalb recht kurzer Zeit kläglich. Das preisgünstigere Ersatzprodukt Coelestin machte den Strontianit auf dem Weltmarkt rasch überflüssig. Lediglich aufgrund des geringeren Bedarfs an Strontianit in der Pyrotechnik, in der Stahlindustrie und bei der Waffenproduktion konnten sich einige wenige Gruben bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs hinein halten. Frühe Mineralfunde Die ältesten Funde an Strontianit reichen im Münsterland bis weit in das Mittelalter zurück. Da die Gangadern bis zutage anstehen, wurden auch bei der Landarbeit verschiedentlich Mineralstufen entdeckt. Ein grosser Block reinen Strontianits war in den um 1290 errichteten Fundamenten des Zisterzienserinnenklosters Kentrop bei Hamm eingemauert worden. Man war sich jedoch nicht der Bedeutung und des Nutzens des hellweissen Gesteins bewusst. Strontianit im Vergleich mit Aragonit Sehr schön zu erkennen, die gleichartige atomare Struktur von Aragonit und Strontianit: Strontianit/SrCO3 Aragonit/CaCO3 Homöopathie 3 Einem Zeitungsbericht von 1880 zufolge soll es den Landleuten schon seit „undenklichen Zeiten bekannt gewesen sein. Strontianit in Wissenschaft und Pharmazie Erst im Jahre 1787 wurde die naturwissenschaftliche Bedeutung des Minerals bekannt, als es der englische Forscher Adair Crawford (1748 – 1795) in den Bleigruben des schottischen Ortes Strontian entdeckte, woraufhin es drei Jahre später in Anlehnung an den Fundort von dem thüringischen Arzt und Naturforscher Friedrich Gabriel Sulzer (1749 – 1830) den Namen erhielt. Wiederum drei Jahre später erkannte man, dass damit zugleich ein neues Element, Strontium, entdeckt worden war.“ Die wichtigsten Funde für den danach einsetzenden Bergbau im Westfälischen wurden 1834 bei Nienberge in der Nähe von Münster und 1839/40 bei Hamm gemacht. Sie stiessen in der naturwissenschaftlichen Fachwelt auf grosses Interesse und wurden intensiv diskutiert. Wirtschaftlich war Strontianit zunächst für Apotheker und Drogisten interessant, die ihn in bescheidenen Mengen für die pyrotechnische Produktion verkauften, wo es den Feuerwerkskörpern zu einer schönen Rotfärbung, dem sog. bengalischen Feuer, verhalf. Strontianit – Calcit – Reihe: Ca CO 3 Sr CO 3 Calcit Das änderte sich erst mit dem Einsatz von Strontianit bei der Erzeugung von Zucker. Dieses Verfahren war patentiert und für die Dessauer Aktien-Zucker-Raffinerien die grosstechnische Praxis übertragen worden. Martin Heinrich Klaproth, Apotheker und Chemiker, (* 1. Dez. 1743 in Wernigerode, † 1. Jan. 1817 in Berlin), Verfasser der Pharmacopoea Borussica und entdeckte die Elemente Cer, Titan, Uran, Strontium, Tellur und Zirkonium. 1808 gelang die Reindarstellung von Strontium durch Davy per Elektrolyse mittels Quecksilber-Kathode. Pharmazeutische Bezeich- Wirkung auf den menschlichen Körper nungen des reinen Chemisch verhält sich das Erdalkalimetall Strontium ähnlich wie Calcium. Daher wird es vom menschlichen Körper in geringen Mengen anstelle des Calciums in Knochen und Zähne eingebaut. Das natürlich vorkommende stabile Strontium schadet dabei dem Organismus nicht; das künstlich freigesetzte radioaktive Strontium-90 (z. B. nach einem Kernreaktor-Störfall) hingegen stellt nach Einlagerung in den Körper eine energiereiche Strahlenquelle dar. Mögliche Folgen können Knochenerkrankungen und auch Knochenkrebs sein.“ Strontiumkarbonats (heute industriell herstellbar): Strontium carbonicum, Strontiana carbonica, Strontiumcarbonat. Pharmazeutische Bezeichnungen des Minerals: Strontianit, engl. strontianite (Abk. bei Bönninghausen: Stront.). (Veraltete Bezeichnungen: Strontian, Kohlensaurer Strontian, s.o.). Temp. Ca Strontiumcarbonat Sr CO3 CO3 Ca CO3 in diesem Keil Calcit mit nur wenig Sr-Gehalt in diesem Keil Strontianit mit geringem Ca-Gehalt Mischungslücke Sr Strontianit CaCO3 SrCO3 = Strontianit (Situation an Kalkstein als Calcit Gängen im Kalkgestein im Münsterland) Da Strontianit ein Mischkristall ist (mit wechselnder Zusammensetzung, also weder reines CaCO3 noch reines SrCO3) muss seine korrekte Formel also lauten: (Sr, Ca)[CO3]. ohne Mischungslücke CaCO3 Kalkgestein als Aragonit SrCO3 Homöopathie 4 Eine Briefmarke aus Liechtenstein, die die nadelige Ausbildung des Strontianit sehr schön zeigt: Impressum Redaktion: Jacqueline Ryffel, Was spricht dafür, dass Bönninghausen das Strontianit aus dem Münsterland prüfte und damit therapierte? 1) Vergleiche die unterstrichenen Jahreszahlen der Strontiumchemie mit Bönninghausens Lebensdaten. Die zeitliche Beziehung ist unübersehbar. 2) Bönninghausen war chemisch interessiert. Diese Entdeckungen können also nicht an ihm vorbeigegangen sein. 3) Bönninghausen war gebürtig aus dem Münsterland. Der bergmännische StrontianitBoom in der Bevölkerung muss von ihm gesehen worden sein. 4) Er war in napoleonischer Zeit hoher Verwaltungsbeamter in den Niederlanden. Dies bedeutet zumindest die Kenntnisnahme von Bodenschätzen im europäischen Raum. 5) Er machte Strontianit-AMP’en. 6) Strontianit wurde im schottischen Ort Strontian entdeckt. Aber im Münsterland gab es die umfangreichsten und Strontianit-reichsten Lagerstätten. Zwar sagt er nicht expressis verbis, woher er die Ausgangssubstanz bezog. Es ist jedoch völlig unwahrscheinlich, dass er für seine AM-Herstellung das Mittel aus Schottland bezog – und die reichen Vorkommen seiner Heimat negierte. Dr. Hedwig Pötters Lektorat: Silvia Wyss Spagyros AG Tannackerstrasse 7 CH-3073 Gümligen Tel. +41 (0)31 959 55 88 Fax +41 (0)31 959 55 89 [email protected] www.spagyros.ch Spagyros GmbH Karlstrasse 2 D-66424 Homburg-Saar Tel. +49 (0)68 41 934 95 45 Fax +49 (0)68 41 922 47 62 [email protected] www.spagyros.de Februar 2008 www.spagyros.ch • [email protected] www.spagyros.de • [email protected] Literatur • Bönninghausen, C.v., (1785 – 1864), Eigentümlichkeiten und Hauptwirkungen der homöopathischen Arzneien, Münster 1836, Verl. v.d. Lieth, Hamburg. • Bönninghausen, C.v., Kleine medizinische Schriften, Hrg. K.-H. Gypser, Heidelberg 1984, 491 – 493, 519 f, 708 • Bönninghausen, C.v., Die Körperseiten und Verwandtschaften, Münster, 1853 • Bönninghausen, C.v., Therapeutisches Taschenbuch, Münster, 1846 • Geologisches Landesamt in Krefeld: Strontianit – Ausstellung 2007 (Börnchen). • Gesing, M., Strontianitbergbau im Münsterland, ISBN 3-920 836 – 13 – 8, S. 89 ff • Kramm, U., Fortschritte der Mineralogie 63, Beiheft 1, 1985, S. 124: Sr-Isotopenuntersuchungen zur Genese der Strontianitlagerstätte Münsterland / Westfalen. Theorie einer lateral-sekretionären Bildung der Strontianitgänge aus den Campan-Sedimenten. • Pötters, H., Handlexikon der Homöopathie, Verl. Homöopathisches Wissen, 2006. Zeittabelle mit Angabe der Ablagerungszeiten der im Münsterland vorkommenden Gesteine heute Zeitalter 2 Mill. J. Quartär 60 Mill J. Tertiär 65 Mill. J. Ablagerung von Strontian in Gesteinsrissen (=Gängen) des Campan in dieser Zeit Oberkreidezeit Maastricht ➜ im Münsterland nicht abgelagert Campan ➜ in Rissen dieKreideses Gesteins zeit ist Strontianit zu finden Santon Coniac Cenoman 140 Mill. J. } 200 Mill. J. Jura 250 Mill. J. Trias 290 Mill. J. Perm 350 Mill. J. Karbon 410 Mill. J. Devon Unterkreidezeit Apt / Alb Barrême Hauterive Valangin Berrias } im Münsterland nicht abgelagert