STADT LAGE VORENTWURF Begründung + Erläuterungen zur -Satzung der Stadt Lage über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagengem. § 86 der Bauordnung für das Land Nordrhein- Westfalen (BauO NRW) und § 172 des Baugesetzbuches (BauGB) vom Flurkarte Hagen um 1730 (Stadtarchiv Lage) Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Einleitung Das Dorf Hagen liegt ca. 2,5 km nördlich des Stadtzentrums Lage. Die erste urkundliche Erwähnung Hagens erfolgte um 1070 in einem Heberegister des Klosters Corvey bei Höxter an der Weser. Mittelsteinzeitliche Funde im Jahre 1956 im sog. Wellenkamp lassen darauf schließen, dass die erste Besiedelung im Bereich Hagen deutlich früher erfolgte. Hagen kann als Weiler-Dorf (eine aus wenigen Gehöften gebildete Ansiedlung) der frühmittelalterlichen Rodezeit bezeichnet werden. Die Siedlungsentwicklung ist neben den vorhandenen fruchtbaren Böden und dem vor der Ortslage durch das Zusammenlaufen dreier periodisch wasserführender Erosionsrinnen entstandenen Bachlaufes auch auf die verkehrsgünstige Lage im Kreuzungsbereich alter Verkehrs- bzw. Handelswege ( Ost- West: Hellweg Lemgo- Siekkrug -Bielefeld , Nord- Süd: Höhenhellweg Schötmar- Lage- Detmold) zurückzuführen, die sich auch in der heutigen Straßenführung (Liemer Straße / Hagensche Straße) noch wiederspiegeln. Siedlungsgrundriss, Auszug aus Flurkarte um 1730 Siedlungsgrundriss 2014 (Quelle: Festschrift „Aus Hagens vergangenen Tagen 1070-1986“ Arbeitskreis Dorffest 1986) Der vorgenannte Bachlauf ist in der Landschaft kaum erkennbar, im Dorf selber ist er verrohrt im Untergrund verschwunden. Hagen ist über Jahrhunderte hinweg ein Bauerndorf gewesen. Dies bezeugen frühe Erwähnungen einzelner Höfe in Urkunden (1251-1449) und im Landschatzregister (15351618). Im Laufe seiner Geschichte ist Hagen mehrfach von Brandkatastrophen heimgesucht worden und zwar im 30- jährigen Krieg 1618-1648 (8 von 17 Höfen und Stätten) sowie in den Jahren 1772, 1799 und 1838. Heute noch existierende Torbögen-Inschriften wie hier am Beispiel Liemer Str.15 nehmen hierauf Bezug. 2 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Um 1900 entwickelte sich die Bauerschaft Hagen zu einem Zieglerdorf. Dieses ist im „Adreßbuch für das Fürstentum Lippe von 1901“ dokumentiert, wonach 109 der 172 aufgeführten Familien vom Zieglergewerbe lebten, darunter 19 Zieglermeister. Die Wanderziegler verdienten als Saisonarbeiter das Geld in der Fremde und waren nur in den Wintermonaten zuhause. In dieser Zeit arbeiteten sie auf den Höfen oder in der Zuckerfabrik Lage. Viele von ihnen waren hierdurch in der Lage, Geld für Grundbesitz sowie ein eigenes Haus mit kleiner Landwirtschaft zu sparen. Die Zieglerkotten wurden nicht im Ortskern errichtet, sondern in den Bereichen „Hagischer Berg, Wellenheide, Sprickernheide und Hagischer Maßbruch“, so dass es durch die Siedlungserweiterung nicht zu einer Verdichtung der Bebauung im „Alten Dorf“ kam. Die wachsende Bevölkerungszahl (1901: 832 Einwohner, 2012: 2.048 Einwohner) führte zu einer Vergrößerung des Ortsteils Hagen vornehmlich durch Neubausiedlungen in südöstliche Richtung angrenzend an den Ortskern („Afrikasiedlung“). Noch heute wird der Ortskern bzw. das alte Dorf durch die hier nach wie vor vorhandenen sieben landwirtschaftlichen Betriebe geprägt. Vor allem im südlichen Bereich finden sich noch Fachwerkgebäude aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die ältesten lt. Torbogeninschriften aus dem Jahr 1800. Bei den Höfen im nördlichen Teil wurden die Fachwerkgebäude ab 1880 durch Bruchsteingebäude ersetzt. Das Fachwerkhaus Hagensche Str. 187 aus dem Jahr 1838 sowie das aus hammerrechtem Bruchstein errichtete ehemalige Feuerwehrgerätehaus Hagensche Str. 174 aus dem Jahr 1879 sind eingetragene Baudenkmäler (Nr. 16 + 64 der Denkmalliste der Stadt Lage). Baudenkmal Nr. 16 : Hagensche Str.187 Baudenkmal Nr. 64 : Hagensche Str. 174 3 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Neben den eingetragenen Baudenkmälern gibt es in der Ortslage noch weitere Ensembles, Gebäude und Gebäudeteile von kulturhistorischer Bedeutung, die im Kulturgutverzeichnis der Stadt Lage1 aufgeführt sind. Hierbei handelt es sich um • Fröbelstr.4, Fachwerkgiebel eines Vierständerfachwerkhauses (Nr. 52) • Fröbelstr.7, Hofanlage bestehend aus Vierständerfachwerkhaus, kleinem Fachwerkhaus, Bruchsteinmauer (Nr.53) • Hagensche Str. 193, Großes Vierständerfachwerkhaus mit rückwärtiger Giebelfront massiv aus Backstein, Bruchsteinmauer mit Mauerkrone aus Backstein (Nr.69) • Liemer Str.15, Fachwerkgiebel eines Vierständerfachwerkhauses (Nr.182) • Liemer Str. 24, Vierständerfachwerkhaus (Nr.183) • Liemer Str./ Katzenstr.6 , Vierständerfachwerkhaus (Nr. 184) • Liemer Str. 39, Hofanlage bestehend aus Bruchsteinwohnhaus, langgezogener Fachwerkremise, Stall-u. Scheunengebäude (Nr.185) Übersichtsplan Baudenkmäler und Kulturgüter im Satzungsbereich Die Belange des Denkmalschutzes werden durch diese Satzung unterstützt, jedoch nicht ersetzt. Es gilt das Denkmalschutzgesetz (DSchG NRW). 1 Erstellt auf Grundlage einer 1995 erfolgten Schnellinventarisierung aller erhaltenswerten Gebäude durch das Amt für Denkmalpflege, die nach und nach – insbesondere im Rahmen baulicher Veränderungen- auf ihre Denkmaleigenschaft zu prüfen sind. 4 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Ziel und Anlass Ziel der Gestaltungs- und Erhaltungssatzung für das Alte Dorf Hagen ist, dorfbildprägende Gebäude und bauliche Anlagen zu erhalten und die charakteristischen Merkmale des traditionellen Dorfkerns zu bewahren. Des Weiteren sollen die historischen unregelmäßigen Gebäudestellungen mit den hieraus resultierenden typischen Hofräumen und die dörflichen ortsbildbestimmenden Grünelemente (Hofbäume, Grünland, Obst- und Nutzgärten) erhalten, die dörflichen Freiräume gestärkt sowie die Einbindung in den Landschaftsraum verbessert werden. „Erhalten“ im Sinne dieser Satzung bedeutet kein totales Bau- oder Abrissverbot, sondern ein behutsames Vorgehen mit der Substanz. Neubauten, notwendige bauliche Veränderungen und Umbauten (z.B. bei Umnutzung von landwirtschaftlichen Gebäuden) aller Art sollen so gesteuert werden, dass die gestalterische Qualität erhalten, Verunstaltungen abgewehrt und Bestehendes im Sinne einer bauästhetischen Verbesserung geändert werden kann. Bauliche Maßnahmen sollen sich harmonisch in das dörfliche Baugefüge einpassen. Hagen ist allerdings kein „Museumsdorf“. Es soll keine „Historisierung“, Nachahmung bzw. Kopie der vorhandenen Bebauung betrieben werden. Auch mit modernen Gestaltungselementen und Materialien ist es möglich, eine regionaltypische, traditionelle Bauweise zu bewahren, sinnvoll zu ergänzen und in eine moderne Architektursprache zu übersetzen. Eine regional homogene Architektursprache basiert auf gestalterischen Merkmalen. „Gestaltung“ bildet aber auch immer den individuellen Geschmack, den aktuellen Zeitgeist und auch die Architekturentwicklung ab. Betrachtet man nur den historischen Kontext, so zeigt sich hier der Einfluss der stark begrenzten Auswahl an Baumaterialien, u.a. bedingt durch eingeschränkte Beschaffungsmöglichkeiten, Produktionsbedingungen und Transportwege. Es konnte also überwiegend nur mit Materialien gebaut werden, die vor Ort verfügbar waren. Allein dieses führte zu eindeutigen regionalen Abgrenzungen, welche heute durch Globalisierung bzw. den weltweit nahezu unbegrenzten Einsatz von Baumaterialien aufgeweicht sind. Daneben lassen sich auch grundlegende gestalterische Grundprinzipien aus der Historie ableiten, die seit Jahrhunderten gelten und auch heute noch unser Verständnis von gut proportionierter, harmonischer Architektur prägen. Gerade bei Neubauten und Umbauten ist es wichtig zu erkennen, wie stark jedes einzelne Gebäude die Gesamterscheinung eines Dorfes bzw. einer Siedlung beeinflusst und welche Wirkung es auf das Landschaftsbild hat. Wichtig sind die grundlegenden Gestaltungselemente wie z.B. Dachform, Dachaufbauten, Fassadengliederungen, Proportionen, Farbwahl etc., denn hier kann ein Fehlgriff den Gesamteindruck nachhaltig zerstören. Der Mangel an gestalterischen Vorgaben hat in der Vergangenheit zu baulichen Fehlentwicklungen im Dorf Hagen geführt, die sich negativ auf das Ortsbild auswirken. Diesem soll künftig mit Hilfe der Festsetzungen der Satzung entgegengewirkt werden. Diese Begründung soll dem besseren Verständnis der Gestaltungsvorgaben aus der Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des alten Dorfes Hagen dienen. Durch diese Satzung bleiben Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Vorschriften unberührt, die sich insbesondere aus den Bestimmungen des Denkmalschutzes, aus der Bauordnung für das Land Nordrhein- Westfalen (BauO NRW) und dem Baugesetzbuch (BauGB) ergeben. 5 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Räumlicher Geltungsbereich Der räumliche Geltungsbereich der Satzung ist zurückzuführen auf den historischen Siedlungsgrundriss, wie er in der Flurkarte aus dem Jahr 1730 (s.o.) abzulesen ist. Er orientiert sich überwiegend an den heutigen Grundstücksgrenzen, aber auch an bestehenden baulichen Anlagen in diesem Bereich. Die direkt an den Ortskern angrenzenden „Neubaubereiche“ sind nicht Gegenstand dieser Satzung, da hier die charakteristischen dörflichen Merkmale weitestgehend verloren gegangen sind. Aus der Abgrenzung der Gestaltungs- und Erhaltungssatzung lassen sich keine Baurechte herleiten. Mögliche Bauvorhaben sind unabhängig von der Satzung gem. §§ 34 und 35 BauGB als Einzelfälle zu beurteilen. Dächer Dachform und Dachneigung Dachlandschaft im Dorf Hagen Im Ortsbild überwiegt als Dachform das Satteldach. Daneben findet man einige Gebäude mit Krüppelwalm- und Vollwalmdach. Hierdurch ergibt sich eine homogene Dachlandschaft. Entsprechend wird die künftige Zulässigkeit von Dachformen auch auf diese beschränkt, bei einer auf den prägenden Bestand abgestimmten Dachneigung von mindestens 45°. 6 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Das ebenfalls vorhandene, einzelne Mansarddach ist als untypisch für das Ortsbild zu beurteilen und gilt nicht als Maßstab für künftige Befreiungen entsprechend der festgesetzten Ausnahme. Satteldach Krüppelwalmdach Vollwalmdach Bei landwirtschaftlichen Nutz- und Nebengebäuden findet man auch flacher geneigte Satteldächer. Für diese Gebäude sind, ebenso wie für Übergänge zwischen verschiedenen Firstrichtungen und Dachneigungen und untergeordneten Gebäudeteilen, weiterhin geringere Dachneigungen möglich, um eine gestalterisch gute Lösung zu ermöglichen und ausreichend Spielraum für den individuellen Entwurf zu geben. Für sonstige Nebengebäude bis 30 m3 sowie Einzel- und Doppelgaragen / - carports ist zudem das Flachdach zulässig. Die Größenbeschränkung erfolgt, da ansonsten ein Einfügen in die Umgebung nicht mehr gewährleistet ist. Dachaufbauten, Dacheinschnitte und Dachflächenfenster Gestalterische Vorgaben bezüglich der Dachaufbauten, Dacheinschnitte und Dachflächenfenster sind für die Wahrnehmung der räumlichen Wirkung der Bebauung auf den öffentlichen Raum geboten. Im Dorfgebiet findet man nur wenige, eher kleinteilige Dachaufbauten als Einzelgauben oder Quer- bzw. Zwerchhäuser (s.u.). Dacheinschnitte sind nicht vorhanden, Dachflächenfenster spielen eine eher untergeordnete Rolle. Da Dacheinschnitte und Dachflächenfenster sich optisch negativ auf die Gestaltung des Ortsbildes auswirken können, sind sie nur soweit zulässig, wie sie vom öffentlichen Verkehrsraum nicht wahrzunehmen sind. Eine ruhige, wenig gegliederte Dachfläche lässt ein Gebäude harmonisch erscheinen. Dachaufbauten stellen einen Eingriff in die Dachfläche dar und sollen sich deshalb deutlich unterordnen. Wie stark dieser Eingriff optisch wahrgenommen wird, ist neben der gewählten Gaubenform und Ausbildung abhängig von ihrer Größe und Anordnung auf der Dachfläche. Deshalb wird eine maximale Gesamtbreite (1/3 der Traufe einer Gebäudeseite) ebenso vorgegeben wie ausreichende Abstände von Giebel, First und Traufe. Bei der Anordnung von Dachaufbauten ist die Art und Gliederung der darunterliegenden Fassade (Fensterachsen) zu berücksichtigen. Die Abmessungen der Dachaufbauten sollten aus der Breite der darunterliegenden Fensteröffnungen entwickelt werden. Ist die Errichtung mehrerer Dachaufbauten beabsichtigt, so sollten diese gleichartig ausgebildet werden. 7 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Zu viele, zu große und zu eng aneinander stehende Gauben drängen das eigentliche Dach in den Hintergrund und schaffen einen unruhigen Eindruck. Aus diesem Grund sind zu den vorgenannten Vorgaben auch mehrere Dachaufbauten bzw. Dacheinschnitte in der Vertikalen, also übereinander, unzulässig. Um dennoch künftig die -angesichts des Strukturwandels in der Landwirtschaft zu erwartende- Nachnutzung der z.T. vorhandenen hohen Dachräume auch in einer 2. Nutzungsebene zu ermöglichen, sind Firstverglasungen zur Belichtung zulässig. Schematische Darstellung verschiedener Dachgauben Schleppgaube Walmgaube (mit First) Satteldachgaube Rundgaube Walmgaube (ohne First) Spitzgaube 8 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ Fledermausgaube (Stand 10.06.15) Trapezgaube Fledermausgauben stammen ursprünglich aus dem Stroh- oder Reetdachbau und sind somit ebenso wie die aus der Schleppgaube weiterentwickelte Trapezgaube unzulässig. Sie sind nicht ortstypisch und auch aufgrund ihrer großen, über die Belichtungsfunktion hinausgehenden Breite nicht zulässig. Als Querhaus (Zwerchhaus) bezeichnet man einen „Giebel“, der quer (= "zwerch") zum Hauptdach verläuft. Es gliedert vorrangig die Dachflächen großer Dächer. Als sog. „große Dachgauben“ darf ihre Breite maximal die Hälfte der Traufbreite des Hauptgebäudes betragen. Dacheindeckung: Luftbild (2011): Geobasisdaten Liegenschaftskataster Kreis Lippe 9 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Im Bereich des Dorfkerns überwiegen für die Hauptgebäude rote bis braune Dacheindeckungen, überwiegend als Tonziegel. Vereinzelt findet man auch Betondachsteineindeckungen. Für landwirtschaftliche Nutz- und Nebengebäude, sonstige Nebengebäude sowie untergeordnete Bauteile wurden zudem andere Materialien, wie z.B. Metalleindeckungen und Faserzementwellplatten verwendet. Dieses soll weiterhin zulässig sein, wenn hierdurch das Ortsbild nicht negativ beeinträchtigt wird. Dachfarben und Materialien haben sich dem Bestand anzupassen. Glänzende und glasierte Dacheindeckungen sind (mit einer Ausnahme) nicht vorhanden und auch künftig, ebenso wie andere Dachfarben, nicht zulässig. Somit werden gestalterisch unbefriedigende, verunstaltende bzw. ortsuntypische Farben und Materialien ausgeschlossen. Auf eine weitergehende Reglementierung wird zugunsten individueller und auch innovativer Gestaltungswege verzichtet. Baugestalterisch lässt diese sich aus der vorhandenen Situation in der Ortslage nicht begründen. Fassaden Die Fassade eines Hauses bestimmt seine Wirkung in den öffentlichen Raum hinein und ist damit als dessen Bestandteil zu sehen. Sie bestimmt den ersten Eindruck, den ein Mensch von einem Gebäude hat. Jede Fassade bildet für sich eine abgeschlossene Einheit. Sie soll individuell gestaltet werden, ohne jedoch den Bezug zu den Nachbargebäuden zu verlieren. Dieses wiederum bedeutet, dass die Gestaltung einer Fassade sich gemeinsamen Rahmenbedingungen zu unterwerfen bzw. diese einzuhalten hat. Im Geltungsbereich der Satzung finden wir neben den historisch wertvollen Fachwerkhäusern, Bruchsteinbauten und roten Ziegelfassaden vornehmlich Putzfassaden in hellen Farbtönen sowie vereinzelt Verblendmauerwerk (rot, Einzelfall beige). Da jede Zeitepoche neben der eigenen Architektursprache auch eine eigene Farbigkeit hatte, was nicht zuletzt in den verfügbaren Materialien bzw. Rohstoffen begründet war, ist es bei der Altbausanierung wichtig, sich mit dem Gebäudealter auseinander zu setzen. Die 10 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) bauzeitliche Farbgebung sollte nicht nur bei denkmalgeschützten Gebäuden sondern generell berücksichtigt werden, da der gegenwärtig moderne Farbgeschmack i. A. nicht zu den Altbauten passt. Generell sind die Farbtöne auf die gesamte Fassade und die Nachbarbebauung abzustimmen, denn das Einfügen des Gebäudes ist wichtig, um das Ortsbild harmonisch zu gestalten. Diese Farbharmonie wird erreicht, wenn Farbton, Farbsättigung („Buntheit") und Helligkeit untereinander abgestimmt verwendet werden. Fassadengliederung Bei Neu- bzw. Umbaumaßnahmen ist es wichtig, dass eine Zergliederung der Fassade vermieden wird. Die Anordnung der einzelnen Fassadenelemente soll „regelmäßig“ sein, so dass der Gesamteindruck der Fassade eine bestimmte Ordnung und Symmetrie und somit auch ein ausgewogenes Verhältnis von Wandfläche und Öffnungen aufweist. Die historischen Fassaden sind in der Regel symmetrisch aufgeteilt, sie können i. A. über eine mittige Symmetrieachse gespiegelt werden. Dieses ist jedoch nicht zwingend notwendig. Kleine Abweichungen von der Symmetrie können dazu beitragen, eine Fassade interessanter zu machen. Ein Gebäude sollte daher eine Grundsymmetrie aufweisen, die dann variiert werden kann. Dieses ist beispielsweise zu erreichen, wenn die Symmetrieachse außermittig angeordnet wird, oder aber auch dadurch, dass mit in sich symmetrischen Vorbauten bzw. Erkern gearbeitet wird. An Fassaden findet man Vertikal- und Horizontalgliederungen, die sich überlagern und gemeinsam ihre Gestalt bestimmen, wobei bei einer gut gestalteten Fassade eine Gliederung, und zwar historisch gesehen die Vertikalgliederung, überwiegt. Die horizontalen und vertikalen Gliederungselemente sind untereinander zu kombinieren, um ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen. Die Vertikalgliederung entsteht durch eine regelmäßige Anordnung senkrechter Bauteile (z.B. Fensteröffnungen, Umrahmungen der Öffnungen etc.) übereinander, so dass diese Achsen bilden oder solchen zugeordnet (liegen neben den Achsen) sind. Die Achsen sollten möglichst ohne Versatz durch alle Geschosse durchgängig angeordnet werden. Hierauf sollten auch Dachaufbauten, Erker etc.(s.o.) bezogen werden, um ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen. Die Gliederung der Fassade in der Horizontalen hilft dem Betrachter bei der höhenmäßigen Erfassung eines Gebäudes. Man erreicht sie bereits, in dem sich die Oberkanten und Unterkanten von Fensteröffnungen jeweils auf gleicher Höhe befinden. Diese Wirkung kann durch Gesimse, Überdachungen und andere, leicht aus der Fassade vorkragende, schmale Bauteile verstärkt werden. Weit vorstehende, breite Bauteile, durchlaufende Vordächer o.ä. führen jedoch zu einer Zergliederung der Fassade. Fachwerkfassaden werden durch ihre senkrechten Ständer und waagerechten Riegel fast von selbst gegliedert, da hier die Holzkonstruktion den Rhythmus vorgibt, während sich die Öffnungen unterordnen. Bei Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten sollte die Wiederherstellung und (Wieder-) Sichtbarmachung des ursprünglichen Gefüges das vorrangige Ziel sein. Deshalb sollen beispielsweise durch den Einbau größerer Fenster entfernte sowie sonstige zerstörte oder schadhafte Fachwerkteile fachgerecht wieder hergestellt bzw. ersetzt werden. 11 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Fassadenöffnungen Fenster und Türen sollen zum Haus passen und nicht wie ein nachträglich eingebrachter Fremdkörper wirken. Das Verhältnis der Fassadenöffnungen zur geschlossenen Wand sollte immer zugunsten der geschlossenen Wand ausfallen, denn zu große Öffnungen „reißen“ optisch die Wand auf. Eine Fassade wirkt umso angenehmer und ruhiger, je weniger Formate verwendet werden. Deshalb sollte Fassadenöffnungen möglichst immer aus einem Grundformat (ergibt sich aus dem Verhältnis seiner Breite und Höhe) entwickelt werden. Bei historischen Gebäuden sind die ursprünglichen Fensteröffnungen in Größe, Proportion und Anordnung möglichst zu erhalten. Historische Fenster sind zu erhalten bzw. entsprechend des historischen Vorbildes zu erneuern. Für Fensteröffnungen oder Fensterunterteilungen sind im Regelfall hochrechteckige bis quadratische Formate vorzusehen. Im Übrigen sind diese in Größe und Proportion auf das einzelne Gebäude und seinen Maßstab abzustimmen. Bei Wirtschaftsgebäuden sind ausnahmsweise auch liegende Formate bzw. Fensterbänder möglich, wenn hieraus keine negativen Auswirkungen auf das Ortsbild resultieren. Fenster, Türen und Tore sind möglichst in Anpassung an das historische Ortsbild auszuführen. Die Sprossenteilung der Fenster, die Untergliederung von Türen sowie die traditionelle Wirkung von Deelentoren sind bei Fachwerkgebäuden und den historischen Bruchstein- und Sichtmauerwerksfassaden beizubehalten bzw. wiederherzustellen. Fenster, Türen und Tore an historischen Gebäuden sind handwerksgerecht aus heimischen Hölzern zu fertigen. Sie sind farblich dem historischen Vorbild anzupassen um den historischen Charakter dieser Gebäude zu wahren bzw. wieder herzustellen. 12 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Auch heute noch ist der Eingang die „Visitenkarte“ des Hauses. Früher wurde jedoch auf dessen Gestaltung wesentlich mehr Wert gelegt als heute. Jede Tür war individuell und wurde passend zum Haus gefertigt, was heute -nicht zuletzt aus Kostengründen und aufgrund der Auswahlmöglichkeiten (z.B. im Baumarkt)- nicht mehr der Fall ist. Die alten Türen und Tore haben aufgrund ihrer „Einzigartigkeit“ einen hohen Wert und sollten entsprechend erhalten und gepflegt werden. Dort, wo diese Türen und Tore ersetzt werden müssen, ist darauf zu achten, dass dieses unter Berücksichtigung von vorhandenem Maßstab, Konstruktion und Material erfolgt. Hierbei kann ruhig eine farbige Gestaltung erfolgen, wenn diese nicht zu grell ist und hierdurch das Gesamtgefüge der Fassade nicht gestört wird. Dieses gilt im Übrigen auch für Neubauten, für die bezüglich der Türgestaltung ansonsten keine Vorgaben getroffen werden. 13 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Antennen-, Satellitenanlagen und sonstige technische Aufbauten Technische Einrichtungen wie Antennen, Satellitenanlagen, Be- und Entlüftungen etc. wirken sich - insbesondere bei Häufung- negativ sowohl auf das Ortsbild als auch auf die Dachlandschaft und die Fassaden insgesamt aus. Sie sind deshalb möglichst so zu installieren, dass sie vom öffentlichen Raum aus nicht sichtbar sind. Satellitenanlagen dürfen, wenn ein uneingeschränkter Empfang nicht gewährleistet werden kann, ausnahmsweise im Bereich der Dachfläche angebracht werden. Voraussetzung hierfür ist, dass sie farblich an die Dachziegel angepasst sind und das Erscheinungsbild des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird. Solaranlagen und Photovoltaik Solar- und Photovoltaikanlagen können das Erscheinungsbild von Dachlandschaft, Fassade und Ortsbild erheblich verändern. Dieses resultiert aus ihrem Material, der Farbigkeit und der Oberflächenstruktur. Durch die meist großen, glatten und dunklen Paneele wird i.d.R. ein Großteil der Dacheindeckung verdeckt. Um die städtebauliche Qualität zu wahren, sollten Solar- und Photovoltaikanlagen wenn möglich nur an den straßenabgewandten Dachflächen und nicht einsehbaren Gebäudeteilen angebracht werden. Zur Wahrnehmung der ursprünglichen Dachfläche ( und Farbe) sind Mindestabstände von 1m zu allen Dachrändern vorgegeben. Bei geneigten Dächern sind Solar- und Photovoltaikanlagen in die Dachfläche zu integrieren oder in einem möglichst geringen Abstand flach bzw. parallel auf diese aufzusetzen. Eine andere Lösung würde, ähnlich wie bei den Dachaufbauten, im Widerspruch zur Gestaltung einer ungestörten Dachlandschaft stehen. Es sind klare, rechteckige Formen zu wählen, eine Abtreppung zur Anpassung an Dachaufbauten, Dachflächenfenster, Walmdächer etc. ist aus vorgenanntem Grund ebenfalls unzulässig. Durch die getroffenen Regelungen soll gewährleistet werden, dass diese sich harmonisch in die vorhandenen Strukturen einfügen und lediglich als untergeordnete technische Anlagen wahrgenommen werden. 14 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Umfeld Einfriedungen Typische Einfriedungen im Dorf Hagen sind Mauern aus Bruchstein oder Ziegel, Zäune und Hecken. Gerade der Erhalt und die Wiederherstellung der vorhandenen alten Bruchsteinmauern ist wünschenswert, da diese die dörfliche Struktur bereichern. Bei Hecken sind heimische Gehölze, wie z.B. Hainbuche, Liguster etc. zu wählen. Zäune sind in erster Linie als Lattenoder Staketenzaun ortsbildtypisch. Bei der Verwendung moderner Baustoffe ist darauf zu achten, dass die dörflichen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Eine Kombination der einzelnen Einfriedungen untereinander ist ebenfalls zulässig. 15 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Dörfliche Grünelemente/ Ortsränder Das Ortsbild wird auch durch vorhandene dörfliche Grünelemente bestimmt, die zu erhalten und zu pflegen und im Bedarfsfall zu ersetzen sind. Hierbei sind insbesondere die großen markanten Hofbäume zu nennen, die z.T. Hofeinfahrten markieren, aber auch als freistehende Einzelbäume das Ortsbild prägen. Aber auch die bestehenden Obstwiesen und Nutzgärten und Grünland sind wichtige Bestandteile des dörflichen Siedlungsbildes und der Dorfökologie. Sie sollen aus diesem Grund erhalten, gepflegt, gleichwertig ersetzt und ggf. ergänzt werden. Bestehende, nicht ortsbildgerechte Bepflanzung ist aus demselben Grund zu entfernen und durch heimische standortgerechte Begrünung zu ersetzen. Dieses gilt auch für die Dorfrandbereiche. Hier sind als Einfriedungen stärker wachsende Arten wie z.B. Schlehe, Feldahorn, Hundsrose geeignet. Befestigte Flächen Im Interesse von Ortsbild und Ökologie ist die Flächenversiegelung auf den Privatgrundstücken möglichst gering zu halten. Deshalb sollen vor allem kleinteilige, fugenreiche Oberflächen verwendet werden. Als Materialien sind hierbei vorzugsweise Naturstein und wassergebundene Decken (Schotterflächen, Schotterrasen) einzusetzen. Allerdings sind gerade bei den landwirtschaftlichen Betrieben die Hofflächen, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, mit unterschiedlichen Materialien befestigt, wozu auch betonierte und asphaltierte Flächen zählen. Auch hier sollte das Bestreben dahin gehen, diese Flächen auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren. 16 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Werbeanlagen und Warenautomaten Werbeanlagen sind auch hier für vorhandene Betriebe und Dienstleistungen eine wichtige Möglichkeit, auf sich und eigene Angebote aufmerksam zu machen und somit wahrgenommen zu werden. Derzeit findet man im Dorf Hagen aufgrund der nach wie vor landwirtschaftlich geprägten Strukturen nur sehr wenige Werbeanlagen, welche hauptsächlich auf Namen und Art des ansässigen Betriebes hinweisen (Eigenwerbung). Fremdwerbung (Produktwerbung) ist fast nicht vorhanden. Sie ist deshalb künftig nur in untergeordneter Form zulässig. Das Ziel der Außenwerbung, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und im vorhandenen Ortsbild „aufzufallen“ führt dazu, dass die Werbeanlagen eine gestalterische und städtebauliche Relevanz für das Ortsbild haben. Die in dieser Satzung getroffenen Bestimmungen dienen dem Zweck, Werbung positiv mit Rücksichtnahme auf das Gesamtbild einer Fassade zu gestalten. Eine Werbeanlage ist immer als Teil des Gebäudes zu betrachten. Ist die Integration in die Fassade gelungen, so wirbt nicht nur die Anlage allein. Die Gesamtqualität des Gebäudes trägt zur Werbung bei, da dieses durch seine Attraktivität ebenfalls die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Großwerbeanlagen (auch für Fremdwerbung) ab 5 m2 sowie die Verwendung von grellen Farbtönen, Leucht-, Reflex- und Signalfarben sind unzulässig, da sie einen erheblichen Störfaktor im Ortsbild darstellen und dem dörflichen Charakter entgegenstehen. 17 Begründung zur „Satzung über die Gestaltung und Erhaltung des Alten Dorfes Hagen der Stadt Lage“ (Stand 10.06.15) Quellenverzeichnis: Literatur: Festschrift „Aus Hagens vergangenen Tagen 1070-1986“, Arbeitskreis Dorffest 1986 „Pflug im Wappen“, A.W. Peter „Untersuchung der Dorferneuerungsbedürftigkeit von zwölf Ortslagen der Stadt Lage“, Dipl.Ing. Halke Lorenzen, Büro für Orts- und Landespflege, Blomberg- Istrup 1991 18