Zweikampf im weltweiten Reisegeschäft

Werbung
Datum: 05.01.2016
Zweikampf
im weltweiten Reisegeschäft
Buchungsplattformen und Hotelketten wetteifern um die globale Reichweite
DANIEL IMWINKELRIED
Marken Raffles und Swissötel gehören.
Früher, als die Hotels einen grossen Teil
Grosse Hotelgruppen haben
der Liegenschaften selber besassen,
jüngst Fusionen angekündigt.
waren solche Transaktionen viel komplexer, teurer und aufwendiger. Wenn
Damit wollen sie mächtigen
Internetfirmen Paroli bieten. Die die Unternehmen die Hotels jedoch vornehmlich nur noch betreiben, lassen sich
«Asset-light-Strategie» soll ihnen Skaleneffekte viel leichter erzielen.
dabei helfen.
Mehr noch als in anderen Branchen hat
sich im internationalen Hotelgeschäft
eine betriebswirtschaftliche Zauberformel verbreitet. Die Manager der grossen
dem Experten der Immobilienbesitzer
ebenfalls. Wenn ein Hotel effizient bewirtschaftet werde, stiegen die Attraktivität und der Wert der Liegenschaft.
Mächtige Geschäftspartner
Die Konzentration auf den Betrieb von
Das für die Akquisitionen notwen- Hotels hilft den Ketten aber auch, einem
dige Kapital besitzen die Unternehmen, mächtigen Geschäftspartner Paroli zu
denn jüngst liefen die Geschäfte sehr bieten. Die Branche hat in den vergangegut. Global gesehen sind rund 80% der nen Jahren nicht durch Innovationen geGäste Geschäftsleute, deren Reisever- glänzt; dieses Feld überliess man ande-
Ketten haben sich einer «Asset-light- halten vor allem davon abhängt, wie gut ren, vor allem Online-Reisebüros (OTA,
Strategie» verschrieben. Sie achten also es ihren Firmen geht. Die Zimmer- Online Travel Agencies) wie Booking
darauf, dass in ihrem Geschäft möglichst preise, gemessen am sogenannten Rev- oder Expedia, die im Buchungsgeschäft
wenig fixes Kapital gebunden ist. Im Fall par (vgl. Box), entwickeln sich daher einen steilen Aufstieg erlebten. Dieser
von Hotelketten wie Intercontinental, auffallend parallel zum wirtschaftlichen Markt weist mittlerweile eine hohe KonMarriott oder Wyndham bedeutet dies, Umfeld. In den USA beispielsweise fie- zentration auf, hat also eine Entwickdass sie die Gebäude meist nicht mehr len sie im Krisenjahr 2009, seither haben lung, die im Hotelbereich erst langsam
voranschreitet, bereits durchgemacht.
sie sich jedoch wieder stark erholt (vgl.
Grafik). Inzwischen liegt der Revpar bei
den Hotels in den USA über den zyklischen Hochs von 2000 und 2007
Einen neuerlichen Rückschlag müsStaatsfonds, die auf sicher scheinende sen die Anbieter allerdings aufgrund der
Anlagen Wert legen.
fragilen Wirtschaftslage einkalkulieren,
und die Hotelmanager setzen darauf, die
imr.
In der Hotellerie ist der sogeteilweise heftigen Zyklen mit einer gloStarke Zyklen
nannte Erlös pro verfügbares Zimmer
baleren Ausrichtung besser zu verkrafDiese Konstellation hat eine Entwick- ten. Immerhin befinden sich zum Bei- (Revenue per available Room, Revpar)
lung gefördert, die sich gegen Ende des spiel 80% der Zimmer von Marriott in eine wichtige Steuerungsgrösse. Der
besitzen, sondern im Rahmen von
Management-Verträgen bloss für deren
Betrieb zuständig sind. Eigentümer der
Liegenschaften sind institutionelle Anleger, Investmentgesellschaften oder
vergangenen Jahres beschleunigt hat.
Hotelketten versuchen, ihre globale
Reichweite zu vergrössern, indem sie
Konkurrenten übernehmen. So beabsichtigt die Führung von Marriott bei-
Der Revpar als
wichtige Kennzahl
Umsatz wird hier durch die Zahl aller
Nord- und Südamerika, während der Zimmer geteilt. Verwendung findet in
Fusionspartner Starwood in Asien verder Branche häufig auch der Ertrag pro
gleichsweise besser verankert ist.
vermietetes Zimmer (Average Room
Darüber hinaus verhelfen den Firmen
auch die mittels Fusionen realisierten
Rate, ARR). Der Revpar ergibt jedoch
spielsweise, den Anbieter Starwood Skaleneffekte zu mehr Stabilität. Ketten ein realistischeres Bild der Geschäftslage eine Hotels, denn schliesslich lasten
(u. a. Sheraton, St. Regis, Le Wridien)
erzielten diese unter anderem in der
für 12,2 Mrd. $ zu akquirieren. Und die Ausbildung, beim Vertrieb, im Einkauf die Fixkosten, etwa für die Hypothek,
französische Gruppe Accor strebt den und bei den Standards, sagt Nicolas auf dem ganzen Haus und nicht nur auf
Kauf des Konkurrenten Fairmont Ho- Mayer, Leiter Tourismus und Hotellerie den gebuchten Räumen.
tels & Resorts (FRHI) an, zu dem die bei PwC in Zürich. Davon profitiert laut
Themen-Nr.: 660.003
Abo-Nr.: 660003
Auflage: 114'209
Argus Ref.: 60207345
Datum: 05.01.2016
Zwei Anbieter beherrschen das Ge- triebe eine Kette führt und je grösser die den mächtigen Internetfirmen finanziell
schäft, nämlich Priceline mit den Platt- Skaleneffekte dadurch ausfallen, desto Schritt zu halten, und mit zunehmender
formen Booking und Kayak sowie Expe- höher sind auch die Summen, die ein Reichweite schaffen sie es vielleicht sodia (u. a. Trivago, Orbitz).
solches Unternehmen in das Marketing gar, dass mehr Gäste bei ihnen direkt
Gerade Einzelbetriebe haben zu die- stecken kann. OTA wie Booking und buchen, anstatt den Umweg über eine
sen Plattformen beziehungsweise deren Expedia, die für ihre Geschäfte natur- der Online-Plattformen zu gehen. Diese
Besitzern ein zwiespältiges Verhältnis. gemäss ebenfalls nur wenig fixes Kapital können die wachsenden Hotelketten
Sie halfen den Hotels durch ihre welt- benötigen, also «asset light» sind, haben ohnehin nicht ans Gängelband nehmen,
weit bekannten Marken zwar, Touristen riesige Mittel zur Verfügung, um ihren wie sie das bei kleineren Betrieben anin fernen Ländern wie China oder Radius auszuweiten. Expedia etwa gab geblich gemacht haben. In Metropolen
Indien zu erreichen. Gleichzeitig be- 2014 für das Marketing 2,8 Mrd. $ aus, wie Paris, London oder New York müssen Booking oder Expedia die verschiegaben sich gewisse Häuser in eine grosse was 49% der Einnahmen entsprach.
Abhängigkeit der OTA, was diese ausDer grösste Profiteur davon ist Goo- denen Betriebe der globaler werdenden
nutzten, indem sie die Kommission pro gle. Expedia, andere OTA und Hotels Ketten im Angebot haben. Würden sie
vermitteltes Zimmer erhöhten.
ersteigern beim Unternehmen in Auk- ihren Nutzern keine Auswahl offerieren,
tionen Suchbegriffe (Adwords), welche liefen sie Gefahr, Marktanteile zu verdie anvisierten Kunden auf die eigene lieren. Mittels Fusion stärken die HotelHohe Marketingkosten
Website lotsen sollen. Tourismusvertre- ketten mit anderen Worten ihre VerGegenüber den Ketten können die OTA ter sagen, gewisse Wortkombinationen handlungsmacht gegenüber wichtigen
ihre Macht nicht im selben Mass aus- seien heute bei Google zwei- bis dreimal Zulieferern, die nie etwas anderes waren
als «asset light».
spielen. Trotzdem sind sie ein Faktor, so teuer wie vor 24 Monaten.
den es zu beachten gilt. Je mehr Be-
Grösse soll den Ketten helfen, mit
Das Rennen um einen höheren Marktanteil in der globalen Hotellerie
Einige ähnlich grosse Anbieter
Anstieg des Fusionsfiebers
Die grössten Hotelketten nach Zimmerzahl in Tausend
Anzahl
Transaktionen,
Anzahl
Transaktionen,rechte
rechte Skala
Skala
Wert, in Mrd. $
Marktanteil in % in Klammer
80
800
800
60
600
600
Marriott (4,7)
40
400
400
Intercontinental Hotels Group (4,7)
20 _
200
200
Hilton Worldwide (4,7)
0
0
Wyndham (4,3)
199798 99
99 00
00 01
01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11
11
12 13
13 14
14 15
15
12
199798
Starke Zyklizität der Übernachtungspreise
Choice Hotels (3,3)
Realer Zimmerpreis (Revpar) in den USA, Dezember 1999 = 100
110
Accor (3,2)
(3,2)
Accor
105
Starwood (2,3)
100
95
Home Inns (1,9)
90
85
Jin Jiang (1,5)
80
0
200
400
600
600
800
1999 00
01
02
02
03
04
QUELLEN: MORGAN STANLEY, DATALOGIC, CREDIT SUISSE
Themen-Nr.: 660.003
Abo-Nr.: 660003
05
06
07
07
08
08
09
09
10
10
11
11
12
12
13
13
14
NZZ-Infografik/lea
Auflage: 114'209
Argus Ref.: 60207345
Herunterladen