Fact Sheet für Lehrkräfte: REIS Reis – Eine Waffe im Kampf gegen den Hunger? Inhalt: Grundlegende Informationen über den Globalen Reishandel und Fairen Handel mit Reis Ziel: Wissen über den Handel mit Reis Zielgruppe: Lehrende und Referatsgruppen Ausarbeitung: Niko Reinberg und Melanie Berner, Welthaus Diözese Graz-Seckau 2008 Reis – Nahrung für Alle „Haben Sie heute schon Reis gegessen?“ In China, Thailand und Bangladesch ist es teilweise üblich, sich mit diesen Worten zu begrüßen. In manchen Ländern Asiens besteht 80 % der gesamten Nahrung aus Reis. Reis bedeutet in mehreren asiatischen Sprachen gleichzeitig auch Essen oder Mahlzeit. Auch auf Madagaskar spielt das Korn eine sehr große Rolle. Das Wort für „Freundschaft“ heißt dort wörtlich übersetzt „Reis und Wasser“. In Brasilien sind Reis und Bohnen Grundzutaten für die meisten Speisen. Auch in Europa gehört Reis zum Küchenalltag. Reis ist anpassungsfähig, wächst auf allen Kontinenten und ist Grundnahrungsmittel für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Es sind vor allem Kleinbauern/-bäuerinnen, die Reis anbauen. Obwohl jährlich etwa 620 Millionen Tonnen Reis weltweit geerntet werden, haben viele Personen nicht genug zu essen. Die Hälfte aller Personen, die an Hunger leiden, leben in Gebieten, die von der Reisproduktion abhängig sind. Tausende Kinder sterben täglich an Hunger oder Krankheiten die mit Armut in Zusammenhang stehen. Lange Zeit wurde der moderne agroindustrielle Reisanbau als Allheilmittel zur Bekämpfung von Hunger angesehen. Neue Sorten und Anbaumethoden brachten im Rahmen der Grünen Revolution tatsächlich höhere Erträge. Leider brachten sie auch neue Abhängigkeiten der Bauern/Bäuerinnen von saatgut-, düngemittel- und pestizidproduzierenden Firmen. Von Entwickl-ungs- und WirtschaftsexpertInnen beworbene Monokulturen neuer ertragreicher Sorten hatten nicht nur positive Auswirkungen. Traditionelle landwirtschaftliche Systeme wurden zerstört und die lokale Artenvielfalt stark reduziert. Viele der neuen Reissorten wurden nur zur einmaligen Aussaat gezüchtet und konnten nicht wieder als Saatgut verwendet werden. Das brachte viele Bauern/Bäuerinnen in eine langfristige Abhängigkeit von den saatgutproduzierenden Firmen. Darüber hinaus sind Monokulturen anfälliger für Schädlinge und Pilze. Die zum Anbau benötigten Pestizide und Düngemittel verursachen eine Reihe unangenehmer Krankheiten und schädigen die Umwelt dauerhaft. Im 19. Jahrhundert pflanzten philippinische Reisbauern/-bäuerinnen an die 3.000 verschiedene Reissorten. Heute wachsen auf 90 % der philipinischen Anbaufläche nur mehr fünf verschiedenen Arten. Die Hälfte der 840 Millionen Menschen, die heute von Hunger betroffen sind leben in Gebieten, die von der Reisproduktion abhängig sind. Viele dieser Gebiete sind vom Klimawandel und damit verbundenen Ernteausfällen durch Trockenperioden betroffen. Die FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations), die UN-Welternährungsorganisation, hat sich zum Ziel gesetzt, robustere Sorten zu verbreiten, die auch in trockenen Regionen wachsen. Andere Vorschläge, wie zum Beispiel in die Produktion genmanipulierter Reissorten, wie den „Golden Reis“ (der Vitamin A enthält) zu investieren, treffen nicht überall auf Zustimmung. Der Goldene Reis könne Mangelerkrankungen verhindern, sagen die einen. SkeptikerInnen kritisieren das mit der Tatsache, dass eine Person täglich 1,5 Kilo (Trockengewicht) des Produktes verzehren müsste, um den Tagesbedarf an Vitamin A zu decken. Die Versorgung mit lokalem vitaminreichem Obst und Gemüse sei daher sinnvoller. Eine Mango, zum Beispiel, deckt bereits den täglichen Bedarf an Vitamin A. Somit können Mangelerkrankungen besser durch polykulturellen Anbau zur Selbstversorgung der lokalen Bevölkerung entgegengewirkt werden. Der Verzehr ungesunder Fertigprodukte wird jedoch von großen Firmen weltweit stark beworben. Vitaminreiche lokale Kost wird oft abgelehnt und kaum wertgeschätzt bzw. gerät im Zuge der kulturellen Globalisierung in Vergessenheit. Deshalb ist es ein wichtiges Ziel der Armutsbekämpfung, „traditionelle“ lokale Anbauweisen zu erhalten und zu fördern. Steigende Bevölkerungszahlen und Ernteausfälle durch den Klimawandel sind eine große Herausforderung für die Menschheit. Das Welternährungsproblem ist allerdings weniger ein Problem der Reisproduktion, sondern vor allem ein Problem der Verteilung von Nahrungsmitteln und des Umgangs mit den natürlichen Ressourcen des Planeten. Gründe für Unterernährung sind meist Kriege, Armut, Unwissenheit über die richtige Ernährung und/oder die ungerechteAusgangssituation am liberalisierten Agrarweltmarkt. Handel mit Reis Thailand ist mit rund 39 % der auf dem Weltmarkt gehandelten Menge (25,8 Millionen Tonnen) weltgrößter Reisexporteur. Danach kommt Vietnam mit einer Ausfuhrmenge von ca. 4,2 Millionen Tonnen; dicht gefolgt von den USA mit etwa 3 Millionen Tonnen. Massive staatliche Förderungen für Reisbauern/-bäuerinnen in den USA oder Südeuropa haben dafür gesorgt, dass in den letzten Jahren Reis aus diesen Ländern zu Niedrigstpreisen den Weltmarkt erobert und die Preise gedrückt hat. Für viele Reisbauern/-bäuerinnen in Asien und Nordafrika bedeutete das den Ruin. Einige der betroffenen ProduzentInnen fanden eine Alternative. Sie sind heute HandelspartnerInnen von FairTrade-Initiativen. Fairer Handel mit Reis! Für den Fairen Reishandel gelten Mindestpreise, die von der Fairtrade Labelling Organization (FLO) und ihren nationalen Mitgliedsorganisationen in Abstimmung mit den Produzenten festgesetzt werden. Diese Mindestpreise sind unabhängig vom Weltmarktpreis und ermöglichen den ProduzentInnen ein Leben in Würde. Der Mindestpreis deckt alle Produktionskosten ab, die unter menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen entstehen. Liegt der aktuelle Marktpreis höher als der Mindestpreis, wird der Marktpreis bezahlt. Zusätzlich erhalten die Genossenschaften der Kleinbauern/-bäuerinnen eine Fair-Trade-Prämie von 30 Euro pro Tonne Reis für Investitionen in die lokale Infrastruktur, in Bildung, Gesundheit und ökologische Projekte. Für biologischen Anbau wird ein Aufschlag bezahlt, die so genannte Bio-Prämie. Die HändlerInnen sind zudem verpflichtet, langfristige Verträge mit den Bauern/Bäuerinnen abzuschließen, so dass die Gemeinschaften für die Zukunft planen können und eine nachhaltige Entwicklung möglich wird. Quellen: FLO/IFAT/NEWS!/EFAT (2007): Handeln – anders als andere. Erfolge und Herausforderungen für den Fairen Handel. Brüssel: Fair Trade Advocacy Office. http://faostat.fao.org/ [30.10.2008] www.irri.org www.iatp.org