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MEDIENINFORMATION
Leibniz-Institut für Nutztierbiologie
Dummerstorf, 17. November 2010
Können Embryonen die eigene Lebensfähigkeit in der Mutter beeinflussen?
Neue Variante eines lebenswichtigen Proteins bei Schweinen
im Dummerstorfer Forschungsinstitut entdeckt
Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN) ist eine wegweisende
Entdeckung bei der Erforschung des Zusammenspiels zwischen Muttertier und frühem Embryo während
der Trächtigkeit gelungen. Dr. Karin Wollenhaupt und Dr. Wolfgang Tomek vom Forschungsbereich
Fortpflanzungsbiologie konnten erstmals bei Schweinen einen neuartigen Regulationsmechanismus
nachweisen, bei dem ein Embryo die mütterliche Gebärmutterschleimhaut beeinflusst, um damit das
Fortbestehen der Trächtigkeit zu sichern. Im Zentrum der Untersuchung steht ein in allen Zellen von
Säugetieren vorkommendes und lebenswichtiges Protein (eIF4E) (siehe HINTERGRUND).
Die Forscher entdeckten in der Gebärmutterschleimhaut eine neue Variante dieses Proteins, das bei
anderen untersuchten Tierarten, zum Beispiel bei der Maus oder beim Rind, und in anderen Organen
des Schweins nicht auftritt. Genaue Kenntnisse dieses Mechanismus könnten künftig dazu beitragen,
embryonale Verluste zu verringern, um langfristig gesunde, lebensfähige Ferkel mit einem
ausgeglichenen Wurfgewicht zu erzeugen.
Das Projekt wurde zwischen 2007 und 2010 am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf
durchgeführt. Finanziell unterstützt wurde es von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Bei
den komplexen Untersuchungen kamen veterinärmedizinischen Methoden (zum Beispiel Endoskopie,
künstliche Besamung,) sowie biochemische und molekularbiologische Methoden (beispielsweise
Massenspektrometrie) zum Einsatz. Die Ergebnisse werden in der Dezemberausgabe der international
beachteten Fachzeitschrift Biochemical Journal veröffentlicht. Der Artikel kann bereits unter
http://www.biochemj.org/bj/imps/pdf/BJ20100801.pdf abgerufen werden.
Die Einnistung (Implantation) der Embryonen in die Gebärmutter (Uterus) eines Muttertiers ist ein
Schlüsselereignis für den Fortbestand einer Trächtigkeit. In diesem Zeitraum signalisiert der Embryo
dem mütterlichen Organismus den Beginn dieses Ereignisses und nimmt Einfluss auf die Struktur und
die Funktion der Uterusschleimhaut, um das eigene Wachstum und die Entwicklung zu ermöglichen. Die
Grundlagenforscher entdeckten die verkürzte Form des Proteins eIF4E gerade zu dem Zeitpunkt in der
Uterussschleimhaut des Schweins, wenn der Embryo mit dieser intensiv in Kontakt tritt. Diese Prozesse
haben wiederum auf molekularer Ebene weit reichende Folgen für die mütterlichen Zellen. So wird
unter anderem die Regulierung des körpereigenen Aufbaus von Proteinen (Proteinbiosynthese)
beeinflusst, wobei entwicklungsbedingt neue Proteine entstehen.
Die Uterussschleimhaut beim Schwein ist in sofern einzigartig, da sie anders als beim Menschen oder
einer Maus als eine Art Barriere wirkt und das Eindringen des Embryos verhindert (nicht-invasiver
Implantationsmechanismus). Die FBN-Wissenschaftler haben herausgefunden, dass dafür vermutlich
die von Ihnen entdeckte verkürzte Form des Proteins eIF4E verantwortlich ist. Wenn ein Schweinembryo
hingegen mit anderen Geweben in Kontakt kommt, die diesen bestimmten Faktor nicht bilden,
beispielsweise bei einer Eileiterschwangerschaft, wird das mütterliche Gewebe zerstört. Die neu
entdeckte Proteinvariante führt demzufolge zur Bildung spezifischer Proteine beim Schwein, die
einerseits das Eindringen des Embryos verhindern, andererseits aber das Fortbestehen der Trächtigkeit
und die embryonale Lebensfähigkeit fördern.
Dies ist Gegenstand weiterer Forschungen. Dabei soll nun genauer untersucht werden, welche Proteine
neu gebildet werden. Es geht unter anderem darum, die Auswirkungen auf die Überlebensfähigkeit der
Embryonen zu analysieren. Die künftigen Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Bedingungen für die
Entwicklung der Embryonen in der Gebärmutterschleimhaut zu verbessern.
HINTERGRUND „Protein eIF4E“ ist lebenswichtig
Proteine (Eiweiße) sind aus Aminosäuren aufgebaute Makromoleküle. Sie bilden einen wesentlichen
Bestandteil der Grundbausteine einer Zelle und steuern fast alle Lebensprozesse. Eiweiße bestimmen
letztlich die Form und Struktur der Zellen.
Das Protein, der Initiationsfaktor eIF4E (eukaryotische Initiationsfaktor 4E), spielt eine zentrale Rolle im
zellulären Stoffwechsel. Es kommt in allen Zellen von Säugetieren vor. Ohne diesen Faktor sind Zellen
nicht lebensfähig, da das Protein an zentraler Stelle die Proteinbiosynthese (Herstellung eines Proteins
in Lebewesen) reguliert. Die herausragende Bedeutung von eIF4E wird auch daran deutlich, dass eine
Entgleisung seiner Regulation mit der Entstehung von verschiedenen Krebsarten in Verbindung
gebracht wird.
Das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie wurde 1993 als eine Stiftung öffentlichen Rechts gegründet
und ist eine Einrichtung der Leibniz-Gemeinschaft. Zur ihr gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und
wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Die
Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die
Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute
arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher
Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die
Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 7.100
Wissenschaftler, davon wiederum 2.800 Nachwuchswissenschaftler. Näheres unter www.leibnizgemeinschaft.de
ANHANG - Fotos (FBN)
Foto (FBN): Mikroskopische Aufnahme von Zellen einer Gebärmutterschleimhaut, wobei die Zellkerne grün und die
Verteilung des Proteins rot eIF4E dargestellt sind. In einem weiteren Abschnitt überlappen sich beide.
Foto (FBN): Dr. Karin Wollenhaupt und Dr. Wolfgang Tomek vom Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in
Dummerstorf entdeckten einen neue Variante eines lebenswichtigen Proteins bei Schweinen.
Ansprechpartner
Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN)
Wilhelm-Stahl-Allee 2, 18196 Dummerstorf
Forschungsbereich Fortpflanzungsbiologie
Dr. Wolfgang Tomek
T +49 38208 68 779
E [email protected]
F +49 38208 68 752
Dr. Karin Wollenhaupt
T +49 38208 68 765
E [email protected]
F +49 38208 68 752
Wissenschaftsmanagement und Dokumentation
Dr. Norbert K. Borowy
T +49 38208 68 605
E [email protected]
www.fbn-dummerstorf.de
www.leibniz-gemeinschaft.de
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