D03 1. Beugung D03 ZIELE Licht breitet sich gradlinig aus, meistens. Es geht aber auch um die Ecke. Lässt man z. B. ein Lichtbündel durch eine kleine Blende fallen, so beobachtet man auf dem Schirm abwechselnd helle und dunkle Kreisringe (Abb.1): Licht wird gebeugt. Diese Beugungsringe sind bei normaler Beleuchtung zu schwach, als dass man sie sehen könnte. Aber bei allen optischen Instrumenten bestimmen gerade sie das Auflösungsvermögen: Wie eng dürfen zwei Punkte P1 , P2 zusammenliegen, damit man sie auf dem Schirm noch getrennt wahrnehmen kann? Die Beugung des Lichts tritt tatsächlich nicht nur bei kleinen Blenden auf, sondern stets, wenn man Lichtbündel begrenzt. Um einige Beispiele zu nennen: Pupille im Auge, Objektiv im Mikroskop, Blende im Fotoapparat, Rand eines Spiegelteleskops. Abb. 1 An einer kleinen Lochblende werden die Lichtstrahlen gebeugt. 2. ZUR VORBEREITUNG Um diese Beugungserscheinungen zu verstehen, lesen Sie am besten zunächst alles über Huygens Elementarwellen in einem Schul- oder Physikbuch nach. 1. Eine ebene Wasserwelle trifft auf eine Barriere mit einer Öffnung, die klein gegen die Wellenlänge λ ist. Hinter der Öffnung bilden sich Kreiswellen aus. Jeder Punkt einer Wellenfront ist Ausgangspunkt .... 2. Die Barriere habe zwei solcher kleinen Löcher. Die Elementarwellen überlagern sich hinter der Barriere, in bestimmten Bereichen löschen sie sich gegenseitig aus und in anderen verstärken sie sich. Wie kann man das verstehen? Betrachten Sie einen Punkt P in diesem Feld. Die Welle von S2 hat einen längeren Weg als die von S1 zurückgelegt. Wenn die Wegdifferenz ( = Gangunterschied Δs) Abb. 2 In P treffen hier Wellenberg und Wellental zusammen, der Gangunterschied beträgt Δs = λ/2. 11.05.2006 Δs = 0, λ, 2λ beträgt, fällt Wellenberg auf ... und man beobachtet ... , Δs = λ/2, 3λ/2 beträgt, fällt Wellenberg auf ... und man beobachtet ... . 1 Physikalisches Anfängerpraktikum Universität Hannover D03 D03 1. Eine ebene Wasserwelle trifft auf eine Barriere mit einer Öffnung, die groß gegen die Wellenlänge ist. Was ändert sich? Was bewirken die Elementarwellen an den Rändern der Öffnung? Abb. 3 Elementarwellen hinter einem breiten Spalt. 2. Für Lichtwellen ist selbst ein kleiner mm-Spalt noch groß gegenüber der Wellenlänge. In dem Spalt entsteht daher nicht nur eine einzige Elementarwelle. Es bilden sich sehr viele, beliebig viele, die sich alle hinter dem Spalt überlagern. Auf dem Beobachtungsschirm in größerer Entfernung sieht man ähnlich wie in Abb. 3 abwechselnd helle und dunkle Steifen. 3. In der Spaltebene (Abb. 4A) schwingen alle Erreger mit gleicher Phase. Die Elementarwellen, die sich nach rechts ausbreiten, schwingen in der Spaltebene daher auch alle phasengleich. Stellt man eine Linse in den Strahlengang, so werden alle Wellenzüge mit der gleichen Richtung α in einem Punkt P auf der Brennebene überlagert. Genau in diese Ebene stellt man im Experiment den Beobachtungsschirm; die Bestimmung der Interferenzstruktur wird damit wesentlich einfacher. 4. In der Richtung α = 0 (Abb. 4B) weisen die Wellenzüge keinen Gangunterschied auf, im Punkt P (Brennpunkt), überlagern sich alle Wellenzüge konstruktiv: Hauptmaximum 5. Was beobachtet man in der Richtung α, in der die beiden Randstrahlen einen Gangunterschied Δs = λ besitzen (Abb. 4C)? Denken Sie sich dazu das ganze Strahlenbündel (willkürlich z.B. 120 Erreger) in zwei gleich breite Teilbündel zerlegt: Teilbündel I: Erreger 1 – 60, Teilbündel II: Erreger 61 – 120. Wellenzug 1 und 61 haben dann einen Gangunterschied Δs = λ/2 und löschen sich in P gegenseitig aus, Wellenzug 2 und 62 haben ... , Wellenzug 3 und 63 haben ... , usw. Alle Wellen löschen sich in P gegenseitig aus, man beobachtet auf dem Schirm dort das erste Minimum. Abb. 4 Hinter einem Spalt entstehen Maxima und Minima. In Abb. B, C, D ist die Linse zur Vereinfachung nicht eingezeichnet. 6. Argumentieren Sie analog für die Richtung α, in der die beiden Randstrahlen einen Gangunterschied Δs = 3λ/2 besitzen (Abb. 4D). Was beobachtet man diesmal in P? 2 D03 3. 3.1. D03 BEOBACHTUNG VON BEUGUNG Versuchsanordnung Abb. 5 Der Laserstrahl wird mit zwei Linsen aufgeweitet und mit einem Spiegel auf den Schirm umgelenkt. Achtung: Nie in den direkten Laserstrahl sehen! Er verbrennt Ihre Netzhaut. Der Verlust der Sehzellen ist irreparabel und endgültig. Die Beugungseffekte lassen sich am besten beobachten, wenn das gesamte Objekt von der gleichen Wellenfront angestrahlt wird. Alle Punkte in der Objektebene schwingen dann mit der gleichen Phase wie bei den Wasserwellen. Die Versuche werden hier deshalb mit einem He-Ne-Laser durchgeführt, bei ihm formen sich stets solche fast ebenen Wellenfronten – Physiker sagen: Laserlicht ist kohärent. 3.2. Versuch - nichts messen Die folgenden Objekte werden einfach in den aufgeweiteten Strahl gestellt und die Beugungseffekte auf dem Schirm beobachtet. 1. Rasierklinge (Kante), Kamm, Schraube, Strumpf, Schieblehre, ... 2. Veränderlicher Spalt Halten Sie als Ergebnis fest: Bei einem breiten Spalt beobachtet man ... Je enger der Spalt, desto ... Bei einem schmalen Spalt beobachtet man ... 3. Veränderlichen Kreisblende Halten Sie als Ergebnis fest: Bei einem großen Durchmesser beobachtet man ... Je kleiner der Durchmesser, desto ... Bei einem 4. Vergleichen Sie ihre Beobachtung für Drähte mit verschiedenen Durchmessern: 1 mm 2 mm 3 mm 5. Vergleichen Sie ihre Beobachtung für Spalt (0,5 mm) Draht (0,5 mm) 3 D03 D03 4. WELCHE WELLENLÄNGE HAT DAS LICHT? Dies ist ein Klassiker unter den Physikexperimenten. Bereits 1802 hat Thomas Young mit einem Doppelspaltversuch die Wellenlänge des Lichts bestimmt, damals natürlich noch ohne Laser. Um das Experiment auswerten zu können, müssen wir wissen, in welcher Richtung Maxima und Minima x , und in dem rechtwinkligen Dreieck S1 S2 A beim Doppelspalt liegen. Aus Abb. 6 entnimmt man tan α = f Δs x Δs gilt. gilt sin α = . Für kleine Winkel, wie hier, ist sin α ≈ tan α , so dass näherungsweise ≈ g g f Abb. 6 Der Mittelpunktsstrahl in Richtung α trifft den Schirm in P. Abb. 7 Mit einer Fotodiode wird die Intensitätsverteilung gemessen. Man beobachtet auf dem Schirm in P Maxima, wenn der Gangunterschied Δs = n λ mit n = 0, 1, 2, ... beträgt. Für den Abstand xn des n-ten Maximums von der optischen Achse ergibt sich damit fλ fλ xn = n und für den Abstand zweier benachbarter Maxima stets Δx = . g Minima, g wenn der Gangunterschied Δs = 4.1. Versuch Auf dem Schlitten eines X-Y Schreibers (Abb. 7) ist eine Fotodiode montiert. Der Fotostrom ist proportional zur Beleuchtungsstärke und wird mit dem Y-Eingang aufgezeichnet. Stellen Sie bitte den Doppelspalt (mit g am Arbeitsplatz) und die Linse f = 5 m in den Strahlengang und schieben Sie langsam den Schlitten durch die Beugungsstruktur. 4.2. Auswertung Bestimmen Sie den Abstand Δx von sechs Minima aus Ihrer gemessenen Intensitätsverteilung. Wie groß ist danach die Wellenlänge λ des Laserlichts? 4 D03 D03 5. BEUGUNG AN EINEM SPALT Nicht nur beim Doppelspalt entstehen Beugungsstrukturen, auch bei einem einzelnen Spalt haben Sie schon in Versuch 3.2 den Beugungseffekt beobachtet. Er soll jetzt genauer untersucht werden. Seine Intensitätsverteilung ähnelt der des Doppelspalts, doch gibt es auch gravierende Unterschiede: 1. Diesmal beobachtet man auf dem Schirm in P (s. Abb. 4 und 6) Minima, wenn der Gangunterschied Δs = n λ mit n = 1, 2, ... beträgt. Für den Abstand xn des n-ten Minimums von der optischen Achse ergibt sich damit fλ xn , min = n , Spaltbreite b. Maxima, wenn der Gangunterschied Δs = ... b Abb. 8 Intensitätsverteilung eines Doppelspalts Abb. 9 Intensitätsverteilung eines einzelnen Spalts 2. Das Hauptmaximum ist beim Einzelspalt doppelt so breit wie die Nebenmaxima; beim Doppelspalt sind alle Maxima gleich breit. 3. Die Nebenmaxima werden nach außen hin schnell schwächer. Beim Doppelspalt sind die ersten Maxima fast gleich hell – aber auch nur dann, wenn sein Spaltabstand groß gegen die Spaltbreite ist. Im Doppelspaltversuch 4 haben wir nur zwei Elementarwellen überlagert. Das ist nur näherungsweise richtig, denn auch beim Doppelspalt besitzt ja jeder der einzelnen Spalte für sich schon eine endliche Breite. 5.1. Versuch: Messung der Intensitätsverteilung Versuchsdurchführung wie in 4.1 mit Spalt am Arbeitsplatz. 5.2. Auswertung 1. Wie breit ist das Hauptmaximum (= 2 x1,min )? Wie breit ist danach der Spalt in Ihrer Messung? 2. Welches Verhältnis erhalten Sie aus Ihrer Aufzeichnung für die Intensitäten des ersten Nebenmaximums relativ zum Hauptmaximum? 5 D03 6. D03 BEUGUNG AN EINEM LOCH Mit den gleichen Argumenten wie für einen Spalt entsteht bei Lochblenden mit dem Durchmesser D Δs der erste dunkle Ring in dem Winkel sin α ≈ D für Δs = λ . Beobachtet man die Beugungsstruktur in der Brennebene f einer Linse, so beträgt sein Radius (Abb. 11, Rmin = f tan α) mit der Näherung sin α ≈ tan α ≈ α : fλ Rmin ≈ Erster dunkle Ring. Abb. 10 In welchem Winkel liegt der erste dunkle Ring bei einer Lochblende?. D 6.1. Versuch Messen Sie den Durchmesser 2⋅Rmin des erster dunklen Ringes einer Lochblende mit einer Schieblehre; mit der Fotodiode gelingt diese Messung leider nicht so leicht. 6.2. Auswertung Welchen Durchmesser D hat die Lochblende nach ihrer Messung? 7. AUFLÖSUNGSVERMÖGEN In optischen Instrumenten sind allen Linsenfassungen zugleich auch Kreisblenden für das einfallende Licht. Von jedem Punkt eines Objekts entsteht daher bei einer Abbildung ein Beugungsscheibchen. Zwei solche Beugungsscheibchen lassen sich nur dann unterscheiden, wenn ihre Maxima mindestens um Rmin (s. oben) auseinanderliegen. Das Maximum des zweiten Objekts fällt dann gerade auf das Minimum des ersten Objekts und der Winkel ε (Abb. 1) zwischen zwei unterscheidbaren Objekten muss daher mindestens ε ≥ α min ≈ λ D betragen. Das ist der Grund, weshalb man Teleskope mit großen Spiegeln oder Linsen baut: Mit einem großen Durchmesser D erhält man ein besseres Auflösungsvermögen. Warum macht man das nicht auch bei Mikroskopen so? Abb. 11 Der Abstand Δx der beiden Hauptmaxima muss größer sein als der Radius Rmin des ersten dunklen Ringes. 6 D03 D03 7.1. Versuch: Messung des auflösbaren Winkels Zwei dicht nebeneinander liegende Leuchtdioden werden aus etwa 2 m Entfernung durch eine Lochblende betrachtet. Stellen Sie dazu die beiden Leuchtdioden an das Ende des Gangs im Praktikum auf. Entfernen Sie sich - mit der Lochblende vor ihrem Auge - weiter von den beiden Leuchtdioden: In welcher Entfernung L fließen die beiden Beugungsscheibchen ineinander und können nicht mehr unterschieden werden? Messen Sie die Abstände l mit der Schieblehre und L mit Meterschritten. Abb. 12 Wie groß ist der Winkel ε , in dem Sie beide Leuchtdioden gerade noch getrennt beobachten können? 7.2. Auswertung Bestätigen Ihre Messungen des Winkels ε und des Durchmessers D die Beziehung ε ≈ λ ? D 7.3. Versuch: Wie groß ist Ihr Auflösungsvermögen? Wiederholen Sie bitte den Versuch mit den beiden Leuchtdioden, diesmal jedoch ohne Lochblende. In welcher Entfernung können sie beide nicht mehr unterscheiden? Wie groß ist Ihr auflösbarer Sehwinkel? 7.4. Auge Unser Auge kann mit etwa 130 Millionen Stäbchen in der Dämmerung hell - dunkel unterscheiden und mit etwa 7 Millionen Zäpfchen im Hellen Farben erkennen. Wir fixieren einen Gegenstand durch Bewegung des Auges bis sein Bild auf den gelben Fleck fällt. Im Zentrum des gelben Flecks (2 mm Ø) liegt die Fovea (0,3 mm Ø), in der nur Zäpfchen mit einem Abstand von 5 μm vorhanden sind. Von den Zäpfchen hat jedes seine eigene Nervenleitung, während außerhalb des gelben Flecks, wo im Wesentlichen nur Stäbchen vorhanden sind, rund 100 Stäbchen eine gemeinsame Nervenleitung besitzen. Zwei helle Punkte kann man nur dann getrennt wahrnehmen, wenn sie auf zwei verschiedene Sehzellen abgebildet werden. In der Fovea beträgt deren Abstand 5 μm. Mit einer Augapfelweite von ca. 17 mm ergibt sich damit ein auflösbarer Sehwinkel ε ≈ 5 ·10-3 mm / 17 mm = 2,9 ·10-4 rad ≈ 1´ (Minute) Das einfallende Licht wird durch die Pupille begrenzt. Es entstehen Beugungsscheibchen. Wie groß muss der Winkel α mindestens sein, damit wir zwei Punkte unterscheiden können? Bei Tageslicht hat unsere Pupille etwa 2 mm Durchmesser. Mit einer Lichtwellenlänge von 600 nm ergibt sich α≈ λ D ≈ 600 ⋅10 2 ⋅10 −9 −3 m m = 3 10 −4 rad ≈ 1′ (Minute) . Unsere Netzhaut ist demnach gerade so fein gerastert, dass es die von der Beugung des Lichts gesetzten Grenzen voll ausnutzt. Eine feinere Struktur unserer Netzhaut wäre ein völlig unnötiger Aufwand, wir könnten trotzdem nicht schärfer sehen. Sie lesen eine Zeitung. Welchen Abstand müssen zwei Punkte in der deutlichen Sehweite 25 cm haben, damit man sie unterscheiden kann? (0,07 mm) Welchen in 100 m? Tintenstrahldrucker arbeiten mit 300 dpi (dots per inch ; 1 inch = 2,54 cm). Kann man die Punkte auflösen? 7