Energiemessung und Teilchenidentifizierung

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Zusammenfassung des Seminarvortrags
Energiemessung und Teilchenidentifizierung:
Szintillatoren, Kalorimeter, Čerenkov
gehalten von Michael Zamrowski am 30. Mai 2006
1 Energieverlust in Materie
1.1 Energieverlust von geladenen Teilchen
Geladene Teilchen verlieren ihre Energie durch Ionisation beziehungsweise Anregung von Atomen in einem Medium, durch Bremsstrahlung oder Vielfachstreuung aufgrund von Wechselwirkungen mit dem Atomkern, durch
Čerenkov- oder Übergangsstrahlung, die auf Polarisationseffekten beruhen, oder durch Annihilation, wie es von
zum Beispiel Elektronen und Positronen bekannt ist. Die wesentliche Energieabgabe der geladenen Teilchen im
Medium findet aber hauptsächlich durch Ionisation beziehungsweise bei höheren Energien durch Bremsstrahlung
statt.
Beim Energieverlust durch Ionisation muss man zwischen schweren Teilchen, mit einer Masse m ≫ me , und
leichten Teilchen, mit m = me unterscheiden. Bei dem Ionisationseffekt findet eine Streuung des Teilchens mit der
Ladung Z · e und der Masse m an einem Elektron mit der Ladung e und der Masse me des Mediums statt. Für den
Impulsübertrag gilt dann:
+∞
Z
∆p(b) =
−∞
F⊥ dt =
+∞
Z
−∞
F⊥
dt
dx
dx
wobei sich aus Symmetriegründen die longitudinale Komponente der Coulombkraft ~F =
| F~⊥ |
|~F |
Z ·e·e ~r
1
4 π ǫ0 r 2 r
herausmittelt
= br eine Rolle spielt. Hierbei ist b der Stoßparameter und r der Abstand
des Teilchens zum Elektron. Dann gilt weiter:
und nur die senkrechte Komponente
∆p(b) =
+∞
Z
−∞
dx
=
F⊥
v
+∞
Z
−∞
Z · e2 b dx
1
Z · e2
=
·
4 π ε 0 r2
r βc
4 π ε0 · β c
+∞
Z
−∞
√
b · dx
x2 + b
Z · e2
3 =
4 π ε0 · β c b
2
Für den nicht-relativistischen Energieübertrag auf das ruhende Elektron gilt dann:
∆E(b) =
+∞
Z
−∞
|
d
q
1+
{z
=2
x
b
x 2
b
3
}
2 Z 2 e4
∆p2
=
2 me
(4 π ε 0 )2 β2 c2 b2 m e
Die Zahl der Elektronen in einem Ring zwischen b und b + db in einer Schicht dx ist dNe = ne · dV = 2 π b · db · dx · ne ,
′
wobei die Elektronendichte im Medium durch ne = ρ ZA · NA gegeben ist. Integriert man über den gültigen Bereich
der Stoßparameter [bmin , bmax ] so ergibt sich für den Energieverlust:
−dE =
bZmax
bmin
∆E(b) dNe =
bZmax
bmin
dE
4 π Z 2 e4 Z ′ ρ NA
−
=
dx
(4 π ε 0 )2 β2 c2 A m e
2 Z 2 e4
2
(4 π ε 0 ) β2 c2 b2 m e
bZmax
bmin
· 2π b · db · dx · ρ
Z′
· NA
A
Z ′ ρ Z2
db
e4
b
= 4 π NA
ln min
2
2
2
b
A
b
β
max
(4 π ε 0 ) m e c
1
Der mittlere Energieverlust dE von schweren Teilchen pro Wegstrecke dx in einem Medium wird durch die BetheBloch-Formel beschrieben, die sich aus einer vollständigen quantenmechanischen Rechnung ergibt:
Materialkonst.
z}|{
Z′ ρ
A
α2
dE
= 4 π NA
−
dx
m
| {z e}
Naturkonstanten
"
Z2
β2
|{z}
1
ln
2
max
2me β2 γ2 Ee,kin
I2
!
C
δ
−β − −
2 Z
2
#
Teilcheneigenschaft
Obwohl die obige klassische Rechnung die gleichen Vorfaktoren ergibt, muss man bei der quantenmechanischen Betrachtung noch die Korrekturterme, wie die Dichtekorrektur δ, die erst bei hohen Energien von Bedeutung wird, und
die Schalenkorrektur C/Z, die nur kleinen Geschwindigkeiten (Einfangprozesse) von Bedeutung ist, berücksichtigen. Man sieht, die Bethe-Bloch-Gleichung ist nur eine Näherung, da sie besonders für niedrige Energien ( β < 0,05)
keine ausreichende theoretische Beschreibung liefert und für Energien E ≈ 100 GeV nur auf einige Prozent genau
ist.
Schaut man sich den Energieverlust dE
dx gegen βγ aufgetragen an, so erkennt man, dass langsame Teilchen stärker
1
ionisieren als schnellere und man einen schnellen Abfall dE
dx ∝ β2 hat, bis man den Punkt minimaler Ionisation bei
β · γ = 4 erreicht. Danach erfolgt mit zunehmender Energie der Teilchen ein langsamer, logarithmischer Anstieg
(∝ ln γ) aufgrund relativistischer Effekte, bis, da die Ionisation bei hohen Energien durch den Dichteeffekt begrenzt
ist, ein Plateau erreicht wird.
Für Elektronen und Positronen gilt die Bethe-Bloch-Gleichung nicht mehr exakt, da die Voraussetzung m ≫ me
nicht mehr gegeben ist und die Flugbahn nicht mehr als gerade angenährt werden kann. Zudem kann schon bei
kleinen Energien Bremsstrahlung stattfinden.
Durch Messung des Energieverlustes pro Strecke in Abhängigkeit des Impulses können Teilchen voneinander
unterschieden werden. Da der Impuls von der Masse abhängig ist, sind die Kurven unterschiedlicher Teilchen zueinander versetzt, so dass man sie identifizieren kann.
Schnelle, geladene Teilchen verlieren Energie unter Aussendung von Photonen, wenn sie im Coulombfeld der
Kerne abgebremst werden. Dieser Bremsstrahlungs-Effekt tritt vor allem bei schnellen und leichten Teilchen auf, deren Energie über der kritischen Energie Ekrit , bei der der Energieverlust durch Ionisation und durch Bremsstrahlung
gleich groß sind, liegt. Die kritische Energie ist proportional zum Quadrat der Masse des einfallenden Teilchens,
deshalb dominiert die Bremsstrahlung bei schweren Teilchen erst bei sehr hohen Energien.
Mit der Strahlungslänge X0 =
4 π ε 0 A·m2e c4
4 α ρ NA Z ( Z +1) e4 ·ln(
−x
183
Z1/3
)
E
lässt sich der Energieverlust schreiben als − dE
dx = − X0 .
Man sieht sofort, dass die Lösung E = E0 · e X0 einen exponentiellen Abfall der Energie beschreibt.
1.2 Energieverlust von Photonen
Photonen werden nachgewiesen, indem sie über die drei wesentlichen Effekte (Photoeffekt, Comptonstreuung,
Paarbildung) geladene Teilchen erzeugen. Für kleine Energien dominiert der Photoeffekt, wo das Photon von Atomelektronen vollständig absorbiert wird, die dadurch aus der Elektronenhülle herausgeschlagen werden. Für den
Wirkungsquerschnitt gilt: σ ∝ Z5 . Beim Comptoneffekt werden die Photonen elastisch an quasifreien Elektronen
gestreut. Für höhere Energien dominiert die Paarerzeugung, bei der im Feld eines weiteren geladenen Teilchens ein
Photon absorbiert wird und stattdessen ein Elektron und ein Positron erzeugt werden. Hierfür muss das Photon
mindestens die doppelte Ruheenergie der Elektronen besitzen.
1.3 Elektromagnetische Schauer
Hochenergetische Photonen und Elektronen können durch Paarbildung oder Bremsstrahlung elektromagnetische
Schauer erzeugen. Dies wird in elektromagnetischen Kalorimetern ausgenutzt, in denen die Teilchen ihre ganze
−x
Energie abgeben. Bei hohen Energien nimmt die Energie der Elektronen E = E0 · e X0 und die Intensität der Photonen
I = I0 · e
− 97
x
X0
exponentiell ab.
2 Szintillatoren
2.1 Funktionsweise
Ein Szintillator (lat. scintillatio = Das Funkeln) ist ein Material, das beim Durchgang von geladenen Teilchen und
γ-Quanten angeregt wird und Anregungsphotonen aussendet. Über die Messung der Lichtmenge lässt sich auf die
deponierte Energie zurück schließen. Wie in Kapitel 1 beschrieben, lassen sich Teilchen durch Wechselwirkungen
2
mit der Materie nachweisen, in dem sie ihre Energie an das Nachweismedium übertragen. Bei geladenen Teilchen
geschieht dies über die elektromagnetische Wechselwirkung. Ungeladene Teilchen lassen sich indirekt über sekundäre geladene Teilchen nachweisen.
2.2 Anorganische Szintillatoren
Anorganische Szintillatoren sind Kristalle, die mit Aktivator-Zentren dotiert sind. Ionisierende Teilchen erzeugen in
dem Festkörper freie Elektronen, Löcher und Elektron-Loch-Paare, so genannte Exzitonen. Diese Anregungszustände wiederum wandern zum Aktivatorzentrum, wo dieses angeregte Aktivatorzentrum unter Emission sichtbaren
Lichts in den Grundzustand zurückfällt. Der Grund für die Dotierung des Mediums mit den Aktivatorzentren liegt
darin, dass man zum einen sichtbares Licht emittiert haben möchte, da die Photonendetektoren in diesem Bereich
ihre höchste Empfindlichkeit haben. An weiterer Punkt ist, dass man die Reabsorbierung der Anregungsphotonen
im Festkörper reduzieren möchte, da sonst, falls die Emissionsenergie gleich der Absorptionsenergie wäre, der Festkörper undurchsichtig für das Emissionslicht wäre. Am Beispiel von Natrium-Iodid sieht man, dass der Isolator eine
Bandlücke von 7 eV hat und somit im UV-Bereich (177 nm) Licht emittieren würde. Dotiert man den Kristall nun
zu 0,1 % mit Thallium so werden die Exzitonen von den Tl-Zentren eingefangen und es werden beim Zerfall in den
Grundzustand Lumineszenz-Photonen mit einer Energie von 3 eV, was einer Wellenlänge von 400 nm entspricht,
emittiert.
2.3 Organische Szintillatoren
Bei organischen Szintillatoren handelt es sich häufig um Flüssigkeiten oder polymere Festkörper. Hier werden nun
Molekülzustände angeregt, wobei die Anzahl der angeregten Moleküle proportional zur Strahlungsenergie ist. Das
Besondere nun ist, dass das Emissionsspektrum gegenüber dem Absorptionsspektrum zu kleineren Energien verschoben ist, da im Molekül strahlungslose Übergänge zu einem untersten angeregten Zustand in dem oberen Energieband stattfinden. Beim Zerfall von diesem Zustand wird in diesem primären Fluoreszenzstoff UV-Licht emittiert.
Die Absorptionslänge für dieses UV-Licht beträgt in den meisten durchsichtigen organischen Materialien nur wenige Millimeter. Deshalb muss für eine Extraktion des Szintillationssignals ein weiteres fluoreszierendes Material
beigefügt werden, welches das UV-Licht in sichtbares Licht konvertiert. Dabei sollte die Absorption des Lichts an
die Wellenlänge der primären emittierten Photonen und die Empfindlichkeit der Photokathode, sowie die Transparenz des Plastikmaterials, an die sekundäre Emission angepasst sein.
2.4 Anwendungsbereiche
Ein idealer Szintillator sollte die Eigenschaften haben, das Resonanzlicht nicht zu reabsorbieren, er sollte eine möglichst kurze Zerfallszeit besitzen und eine möglichst große Lichtsausbeute liefern. Zudem sollte das Emissionsspektrum im Empfindlichkeitsbereich des Photodetektors liegen. Da reale Szintillatoren alle diese Eigenschaften nicht
besitzen, muss man je nach Anwendungsvorhaben zwischen den einzelnen Szintillatoren wählen. So eignen sich anorganische Szintillatoren aufgrund ihrer hohen Kernladungszahl, der hohen Dichte und der hohen Lichtsausbeute
sehr gut bei Anwendungen zur Energiemessung, haben aber den Nachteil, da es Kristalle sind, dass sie hygroskopisch sind und relativ lange Zerfallszeiten um 200 ns besitzen. Da organische Szintillatoren Flüssigkeiten bzw.
Polymere sind, können sie in jede Form gebracht werden, die beim Detektorbau gewünscht ist. Außerdem eignen
sie sich wegen ihrer sehr kurzen Zerfallszeit von 1–10 ns sehr gut für Zeitmessungsexperimente, besitzen dagegen
eine kleine Kernladungszahl und eine geringe Lichtausbeute.
2.5 Photomultiplier
Der Nachweis des Szintillatorlichts erfolgt über Sekundärelektronenvervielfacher. Diese Photomultiplier wandeln
schwache Lichtsignale in einen nachweisbaren elektrischen Puls um. Als Photokathode verwendet man dünne (Dicke < 1 µm) auf der Glasinnenseite aufgebrachte Oberflächen, meist aus Halbleitern. Diese haben eine kleine Austrittsarbeit, so dass auch sichtbares Licht detektiert werden kann. Man erreicht Quanteneffizienzen (Wahrscheinlichkeit für das Auslösen eines Elektrons durch ein einzelnes Photon) von 30 %; damit ist der Photomultiplier einer der
empfindlichsten Detektoren überhaupt.
Hinter der Kathode sind eine Reihe so genannter Dynoden aus einem Material mit kleiner Austrittsarbeit angebracht, wobei das Potential von Dynode zu Dynode um etwa 100 bis 200 V ansteigt. Das elektrische Feld beschleunigt die erzeugten Elektronen bis zur nächsten Dynode, wo durch Sekundäremission weitere Elektronen erzeugt
werden. Die Zahl der Elektronen wird um einen Faktor von typisch 5 multipliziert. Insgesamt erhält man 108 Elektronen am Ausgang. Das Endsignal ist somit gut messbar. Von Nachteil sind die Größe der Photomultiplier und ihre
Empfindlichkeit für Magnetfelder.
3
3 Čerenkov-Effekt
3.1 Čerenkov-Strahlung
Wenn sich geladene Teilchen durch ein dielektrisches Medium bewegen, werden die Atome längs der Flugbahn
durch dessen Ladung kurzzeitig polarisiert. Durch die Polarisation der Atome senden diese elektromagnetische
Wellen aus (beschleunigte Ladungen senden elektromagnetische Wellen aus). Im Normalfall interferieren die Wellen
benachbarter Atome jedoch destruktiv. Bewegen sich die geladenen Teilchen jedoch schneller als die Lichtgeschwindigkeit in dem umgebenden Medium, so können die Wellen benachbarter Atome sich nicht mehr auslöschen, da sie
schneller erzeugt werden als sie sich auslöschen können. Die Wellenfront beschreibt dann einen Mach-Kegel.
Čerenkov-Strahlung entsteht somit, falls β cvak = vteilchen ≥ cmed = cvak
n gilt. Die Kugelwellen bilden unter dem
Čerenkov-Winkel θC mit cos(θC ) = vcvak /n = β1n eine Wellenfront aus. Über die Messung des Čerenkov-Winkels θC
teilchen
lässt sich β bestimmen, so dass eine Teilchenidentifizierung möglich ist.
3.2 Čerenkov-Detektor
Die Komponenten eines Čerenkovdetektors sind ein Radiator, also ein transparentes Material mit einem Brechungsindex n > 1, ein optisches System, das die Čerenkovphotonen fokussieren und abbilden soll, sowie ein Photodetektor, der zum Nachweis dieser Photonen dient. Ein Detektortyp ist der Schwellendetektor, bei dem nur nachgeschaut
wird, ob ein Ereignis Čerenkovstrahlung emittiert hat oder nicht. Kennt man die Energie der Teilchen, so kann man
durch Anpassung des Radiatormaterials die Brechungszahl derart ändern, dass nur Teilchen bis zu einer gewissen
Masse m Čerenkovstrahlung erzeugen. Somit lassen sich Elektronen von Pionen unterscheiden, falls man den Impuls der Teilchen kennt. Beim RICH-Detektor (Ring Imaging CHerenkov), ist es möglich, anhand des gebildeten
Čerenkovrings die Teilchen über den Čerenkovwinkel zu bestimmen.
4 Kalorimeter
4.1 Funktionsweise
Kalorimeter dienen zur Energiemessung hochenergetischer Teilchen. Sie bestehen aus einem Materieblock, der sich
aus einem Absorber und einem aktiven Material zusammensetzt, in dem die nachzuweisenden Teilchen ihre gesamte Energie deponieren. Obwohl Szintillatoren wie oben beschrieben unter anderem auch zur Energiemessung eingesetzt werden können, so bedeutet dies nicht, dass Szintillatoren mit Kalorimetern gleichgesetzt werden können. Kalorimeter beschreiben als Oberbegriff nur Detektoren, die zur Energiemessung eingesetzt werden, d.h. Kalorimeter
können sowohl aus Szintillatoren als auch aus anderen Materialien bestehen. Das Problem von Szintillationszählern
ist, dass diese auf Ionisations- und Anregungsprozessen beruhen, aber hochenergetische Teilchen elektromagnetische Schauer ausbilden. Deshalb müssen die Schauerzähler so dick sein, dass die primären Teilchen ihre Energie in
Form einer Teilchen-Kaskade auf neu erzeugte, niederenergetische Teilchen abgeben können. Der Nachweis der deponierten Energie erfolgt dann im aktiven Material. Der Vorteil der Kalorimeter ist, dass diese sowohl auf geladene
wie auf neutrale Teilchen sensitiv sind.
4.2 Homogenes Kalorimeter
Homogene Kalorimeter sind total absorbierende Kalorimeter, bei denen das Absorbermaterial gleich dem aktivem
Material ist. Häufig werden dichte Szintillatoren mit einer großen Kernladungszahl, wie z.B. PbWO4 verwendet,
die eine Strahlungslänge von X0 = 0,88 cm besitzen. Die NaI(Tl) Kristalle, wie sie auch beim Crystal Ball verwendet
werden, haben eine Strahlungslänge von X0 = 2,59 cm. Da der Schauer komplett ausgelesen wird, ist die Energieauflösung relativ gut.
4.3 Samplingkalorimeter
Samplingkalorimeter haben abwechselnde Schichten aus einem aktiven Material und einem Absorbermaterial. Als
Absorbermaterial verwendet man häufig Blei, Eisen oder Kupfer, da diese sehr dicht sind und eine relativ hohe
Kernladungszahl besitzen und dadurch, aufgrund der sehr kleinen Schauerlänge X0 eine starke Schauerausbildung
verursachen. Des Weiteren sind sie auch vom Anschaffungspreis her sehr preisgünstig. Die aktive Schichte dient
zum Vermessen des Schauers und besteht aus Szintillatoren oder aber auch aus Halbleiterdetektoren bzw. Ionisationskammern. Da hier nur ein Teil der Energie nachgewiesen werden kann, ist die Energieauflösung dementsprechend schlechter.
4
5 Crystal Ball Detektor
5.1 Motivation zum Bau des Detektors
Die Motivation zum Bau des 4π-Photonenspektrometers Crystal Ball war vor allem die Möglichkeit der Untersuchung von seltenen Mesonen-Zerfällen:

p 3π 0



p π 0 γγ
γp→ pη→
p π0 π0



p 4π 0
(32,51 ± 0,29) %
(7,2 ± 1,4) · 10−4 %
< 4,3 · 10−4 %
< 6,9 · 10−7 %
Das π 0 zerfällt mit einer mittleren Lebensdauer von 8, · 10−17 s gemäß π 0 → γγ. Letztlich beobachtet man eine
Reaktion der Form γ + p → p + 8γ. Die γ-Quanten können nun wiederum in elektromagnetischen Kalorimetern
vermessen werden und aus der Kenntnis, welche der einzelnen Detektoren im 4π-Raumgebiet reagiert haben, kann
man auf die einzelnen Zerfälle zurück schließen.
5.2 Aufbau des Detektors
Für Experimente mit reellen und virtuellen Photonen steht am Institut für Kernphysik der Universität Mainz der
Dauerstrich-Elektronenbeschleuniger MAMI (MAinzer MIkrotron) zur Verfügung. Der MAMI-Beschleuniger ist eine mehrstufige Anlage bestehend aus einem Vorbeschleuniger und drei hintereinander geschalteten Race-TrackMikrotonen. Der Strahl des MAMI zeichnet sich durch seine hohe Qualität aus und liefert eine Maximalenergie von
855 MeV. Dabei kann die Elektronenenergie zwischen 180 und 855 MeV in Schritten von 15 MeV variiert werden.
Der Elektronenstrahl wird nun in die A2-Halle gelenkt und dort wird mit einem dünnen Radiator durch Bremsstrahlungsprozesse ein reeller Photonstrahl erzeugt. Das Elektron kann ein Photon in Vorwärtsrichtung abstrahlen,
wobei die Energie des Photons dem Energieverlust des Elektrons entspricht. Durch einen zeitkorrelierten Nachweis
von Elektronen und Reaktionsprodukten lässt sich die Photonenenergie über die Bestimmung der Elektronenenergie nach dem Bremsstrahlungsprozess ermitteln.
Der Crystal Ball-Detektor hat eine sphärische Form mit einem äußeren Radius von ca. 66 cm und einer inneren
Aushöhlung mit einem Radius von ca. 25,4 cm. Im Inneren des Detektors befindet sich ein Wasserstoff-Target, das
als Protonenquelle dient. Der innerste Detektor im Crystal Ball Aufbau ist der PID (Particle Identification Detector). Er ist ein auf Szintillatoren basierender Detektor, der für Triggerzwecke und zur Teilchenidentifizierung dient.
Der PID ist relativ dünn und besitzt eine geringe Dichte. Dadurch werden in ihm hauptsächlich geladene Teilchen
detektiert, während ungeladene Teilchen ohne Wechselwirkung weiterfliegen. Somit lässt sich später leicht erkennen, ob ein Ereignis von einem geladenen bzw. ungeladenen Teilchen stammt. Dahinter befinden sich als zentrale
Spur-Detektoren für den Crystal Ball Aufbau zwei zylindrische Vieldraht-Proportionalkammern. Diese Detektoren
besitzen eine hohe Ortsauflösung und mit deren Hilfe kann man die Trajektoren von geladenen Teilchen rekonstruieren. Der äußere Teil des Crystal Ball besteht aus 672 NaI(Tl) Kristallen. Jeder Kristall ist von seinen Nachbarn
optisch isoliert und wird durch einen separaten Photomultiplier ausgelesen. Von den theoretisch möglichen 720
Kristallen mussten 24 Kristalle für den Ein- und den Austrittsbereich ausgelassen werden, so dass der Crystal Ball
94 % vom vollen Raumwinkelbereich 4π abdeckt.
Neben dem zentralen Detektor Crystal Ball kommt das Photonenspektrometer TAPS als Vorwärtswand zum Einsatz. Dabei deckt TAPS einen Vorwärtswinkel in Bezug zur Strahlachse von 4° bis zu 20° ab. Zusammen mit dem
Crystal Ball ist damit fast der volle Raumwinkel abgedeckt. Die TAPS-Vorwärtswand besteht aus 510 individuellen BaF2 -Detektoren, deren Länge ungefähr 12 Strahlungslängen entspricht. Jedes Modul hat einen eigenen 5 mm
dicken Plastikszintillator vor dem eigentlichen BaF2 -Kristall, der über einen Lichtleiter und einen separaten Potomultiplier ausgelesen wird. Diese Szintillatoren dienen, ähnlich wie das oben beschriebene PID, zur Unterscheidung
von ungeladenen und geladenen Teilchen.
Literatur
[1] J. Pochodzalla: Messmethoden und Detektoren der Kern- und Teilchenphysik, Vorlesung, WS 2005/06
[2] M. Unverzagt: Energie-Eichung des Crystal Ball-Detektors am MAMI, Diplomarbeit, Mainz, 2004
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