Es geht dabei um viel Geld

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Sofortmassnahmen im Gesundheitswesen
L iechtensteiner Vaterland | Mittwoch, 12. März 2014
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«Es geht dabei um viel Geld»
Für Gesundheitsminister Mauro Pedrazzini ist es angesichts der zweiten Sparrunde beim Staatsbeitrag an die Kosten der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung (OKP) klar, «dass es nicht sein kann, dass dieses Mal ausschliesslich der Prämienzahler zur Kasse gebeten wird».
GÜNTHER FRITZ
Herr Gesundheitsminister, sind Sie
über die heftige Reaktion der Ärztekammer überrascht, welche den
Landtag aufruft, auf die von Ihnen
vorgelegte KVG-Revision mit dem
geplanten Interventionsrecht der
Regierung bei der Tarifgestaltung
nicht einzutreten?
Mauro Pedrazzini: Nein, diese Reaktion überrascht mich nicht,
auch nicht der polemische Unterton. Es geht um den Mechanismus, wie die Preise im Gesundheitswesen bestimmt werden, und damit um viel Geld. Da
wird mit harten Bandagen gekämpft.
Die Ärztekammer bezeichnet Sie als
Julius Cäsar, der gemeinsam mit
zwei seiner Regierungskollegen den
Daumen in diejenige Richtung halten wird, in welche die ambulanten
Tarife gehen sollen. Inwieweit können Sie die Befürchtung der Ärzte,
dass die Regierung sie willkürlich
bluten lassen wolle, nachvollziehen?
Mauro Pedrazzini: Der Vergleich
mit Julius Cäsar ist für jemanden
mit italienischen Wurzeln eigentlich schmeichelhaft, wäre da
nicht die Tatsache, dass er einem
Gewaltverbrechen zum Opfer
fiel. Aber ich denke, so weit wird
die Ärztekammer nicht gehen!
Im Gesetzesentwurf ist vorgesehen, dass die Regierung den Tarif
per Verordnung festlegen kann,
wenn die Tarifpartner sich innerhalb einer festgelegten Frist
nicht einigen können. Verordnungen der Regierung können
auf rechtsstaatlichem Weg angefochten werden und sie muss
dann gegenüber dem Gericht
beweisen, dass ihre Entscheidung nicht willkürlich war.
Wenn, wie beabsichtigt, die Preise für ärztliche Leistungen mit
denen in der Schweiz verglichen
und entsprechend angepasst
werden, wird es schwer sein, von
Willkür zu sprechen.
Der heutige Tarif
kann teilweise als
willkürlich
bezeichnet werden.
Der heutige Tarif, welcher unter
der geltenden Tarifautonomie in
einer Zeit von mehr als fünf Jahren erarbeitet wurde, kann dagegen meines Erachtens teilweise
durchaus als willkürlich bezeichnet werden. Während beispielsweise der Preis für eine Konsultation 60 Prozent über demjenigen der Schweiz liegt, muss eine
aufwendige Ultraschall-Untersuchung des Herzens zu fast der
Hälfte des Schweizer Preises angeboten werden, wahrscheinlich
sogar unter den Gestehungskosten. Es wäre also unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von
Willkür geradezu ein Fortschritt,
wenn die Regierung den Tarif
festlegt.
Weshalb haben Sie die Ärztekammer in die vorliegende KVG-Teilrevision nicht eingebunden und
auch keine Vernehmlassung durchgeführt? Inwieweit stimmt hier der
Vorwurf einer Schnellschussaktion,
welcher der Beigeschmack von Notverordnungsrecht anhafte?
Mauro Pedrazzini: Über die Absicht, der Regierung mehr Kompetenz in Tariffragen zu übertragen, habe ich bereits mehrfach
öffentlich, im Landtag und in
Gesprächen mit dem Vorstand
der Ärztekammer gesprochen.
Das Kostenniveau im Gesundheitswesen deutet darauf hin,
dass zusammen mit der weiteren
kann ich mir durchaus Preiserhöhungen vorstellen.
Reduktion der staatlichen Zuschüsse nochmals eine deutliche
Prämiensteigerung droht, konkret schätzt der Krankenkassenverband 50 Franken pro Monat.
Zusammen mit den 30 Franken
letztes Jahr wären das dann fast
1000 Franken pro Kopf und Jahr.
Es war daher an der Zeit, zu handeln und Massnahmen zu setzen. Die ersten 10 Millionen der
Sparmassnahmen hat der Prämienzahler praktisch ohne zu mur-
Wäre es nicht einfacher, den
Schweizer Tarif Tarmed
einzuführen?
Mauro Pedrazzini: Der Tarmed ist
ein komplizierter Tarif; unser
Tarif ist einfacher strukturiert
und es sind auch indikative Zeiten hinterlegt. Es ist meines Erachtens für Liechtenstein vorteilhaft, einen eigenen Tarif zu
haben, um eine gewisse Autonomie bei der Gestaltung des Gesundheitswesens zu behalten.
Die ersten
10 Millionen hat
der Prämienzahler
geschluckt.
ren geschluckt, während gleichzeitig ein Tarif eingeführt wurde,
der meines Erachtens teilweise
zu deutlichen Einkommensverbesserungen bei den Ärzten
führte. Die Kostensteigerung
wurde durch Reservenabbau bei
den Krankenkassen kompensiert. Nun kommt die zweite
Sparrunde und es kann nicht
sein, dass dieses Mal ausschliesslich der Prämienzahler
zur Kasse gebeten wird.
Die Ärztekammer sagt, dass die Vorlage auf undifferenzierten, aggregierten Zahlen beruhe, deren Analyse von Ihnen partout abgeblockt
werde. Inwieweit glauben Sie, den
Landtag davon überzeugen zu können, dass sich die Regierung hier
nicht auf einem «Blindflug» befindet?
Mauro Pedrazzini: Wer mich
kennt, weiss, dass ich keiner
Analyse von Zahlen aus dem Weg
gehe. Nun ist es so, dass die Zahlen des letzten Jahres langsam
hereintröpfeln und auch ich keineswegs zufrieden bin mit dem
Tempo, dem Umfang und der
Präzision der Datenlieferungen.
Hier muss sich noch einiges ändern. Bisher hatten wir nur provisorische Zahlen für das Jahr
2013 zur Verfügung, welche tatsächlich fehlerbehaftet waren.
Aktuell laufen die korrigierten
Zahlen für 2013 ein. Es wurde ein
Fehler verbessert, der wegen
einer Software-Umstellung bei
einer Krankenkasse aufgetreten
war. Die neuen Zahlen sehen
aber noch schlimmer aus als die
provisorischen: Gesamthaft stiegen die Kosten gegenüber dem
Vorjahr um 14,2 Prozent, die
Kosten für Behandlungen beim
Arzt um 15,4 Prozent und wir liegen bei Jahresausgaben von 164
Millionen. Vielleicht sind diese
Zahlen immer noch nicht auf
den letzten Rappen genau, aber
die Wahrscheinlichkeit grosser
Die Menge wird nur
über die
Selbstbeteiligung
zu steuern sein.
Korrekturen hin zu geringeren
Kosten wird kleiner. Die Ärztekammer hätte die Möglichkeit,
Umsatzzahlen ihrer Mitglieder
anzufordern, um sich selbst ein
detailliertes und differenziertes
Bild der Lage zu machen und gegebenenfalls auffällige Leistungserbringer zu untersuchen.
Sie hat datenschutzrechtliche
Bedenken vorgebracht, welche
jedoch in der Zwischenzeit ausgeräumt werden konnten. Die
Zahlen wurden aber von der Ärztekammer immer noch nicht angefordert. Ich erwarte, dass die
Ärztekammer zur Saktionierung
von fehlbaren Leistungserbringern einen wesentlichen Beitrag
leistet. Sie verfügt über das nötige Fachwissen und auch über
Wie geht es nach Ihren Vorstellungen nun in der GesundheitskostenArena weiter?
Mauro Pedrazzini: Der Ball liegt
nun beim Landtag. Ich hoffe,
dass eine Mehrheit der Abgeordneten überzeugt werden kann,
der Gesetzesänderung zuzustimmen. Damit wären aber bei Wei-
Es ist für Liechtenstein vorteilhaft,
einen eigenen Tarif
zu haben.
Bild: Daniel Ospelt
Gesundheitsminister Mauro Pedrazzini ist über die heftige Reaktion der Ärztekammer auf die geplanten
Sofortmassnahmen nicht überrascht: «Es geht um viel Geld. Da wird mit harten Bandagen gekämpft.»
Sanktionsmöglichkeiten.
muss aber auch wollen.
Sie
Die Regierung, die Koalitionsparteien FBP und VU sowie der LKV verfolgen das Ziel, dass die liechtensteinischen Ärzte künftig auf
Schweizer Niveau abrechnen. Viele
Tarifpositionen liegen jedoch in der
Schweiz höher. Was sagen Sie zum
Argument der Ärzte, dass es dann
nur folgerichtig wäre, wenn sie
auch dann auf Schweizer Niveau
abrechnen dürften, wenn die Tarife
in der Schweiz höher sind?
Mauro Pedrazzini: Der Vergleich
mit der Schweiz ist eine aufwendige Arbeit, welche mit Sorgfalt
und dem nötigen Fachwissen
ausgeführt werden muss. Es geht
darum, die Preise für die Leistungen so anzupassen, dass sie
einzeln betrachtet möglichst
nahe an die Schweizer Preise
kommen und insgesamt zu Kosten führen, welche vergleichbar
mit der Schweiz sind. Gewisse
Preise wurden bei der letzten Tarifrevision derart stark gesenkt,
dass die Leistungen vielleicht in
Zukunft nicht mehr angeboten
werden. Wenn es sich um wichtige Leistungen handelt, dann
tem nicht alle Probleme gelöst.
Die Kosten ergeben sich aus
Menge mal Preis. Mit den Instrumenten, welche diese Vorlage der
Regierung gibt, soll der Preis auf
Schweizer Niveau angepasst werden. Die Menge wird meines Erachtens nur über die Selbstbeteiligung der Patienten zu steuern
sein. Dazu wird es noch vor den
Sommerferien einen Gesetzesentwurf geben, diesmal aber mit
Vernehmlassung.
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