Zukünftige Bedrohungen durch (anthropogene) Naturkatastrophen

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Deutsches Komitee
für Katastrophenvorsorge e.V. (DKKV)
German Committee for Disaster Reduction
within the International Strategy for Disaster Reduction (ISDR)
Zukünftige Bedrohungen durch
(anthropogene) Naturkatastrophen
Volker Linneweber (Hrsg.)
Inhaltsverzeichnis
1
NATURKATASTROPHEN AN DER WENDE ZUM 21. JAHRHUNDERT:
WELTWEITE TRENDS UND SCHADENPOTENTIALE
Gerhard Berz
4
1.1
Zusammenfassung
4
1.2
Vorwort
4
1.3
Katastrophentrends
5
1.4
Klimaänderung
7
1.5
Naturkatastrophen in Deutschland
11
1.6
Versicherungsaspekte
13
1.7
Resümee
14
2
AUSMAß UND URSACHEN VON FLUCHT UND MIGRATION
Dagmar Fuhr
16
2.1
Erläuterung verschiedener Migrationsformen
16
2.2
Ursachen von Migration
21
2.3
Merkmale der MigrantInnen
25
2.4
Zukünftige Tendenzen u nd daraus resultierende Anforderungen an Forschung und
Politik
27
3
ZUKÜNFTIGE NATURRISIKEN IN IHREM SOZIALEN UMFELD
Robert Geipel
31
3.1
Einleitung
31
3.2
Bevölkerungswachstum und Verstädterung
32
3.3
Das Problem der Megacities
33
3.4
Die Interdependenz von Risiken
34
3.5
Verteilungsprobleme
35
3.6
Dynamik der Schadensvolumina
35
3.7
Ökologische Trends
37
3.8
Demographische und soziale Aspekte
39
3.9
4
Schlußbemerkungen
KATASTROPHENFORSCHUNG IN NETZWERKEN
Fritz Reusswig, Klaus-Dieter Kühn
40
42
4.1
Einleitung
42
4.2
Bedarf für Katastrophenforschung und -vorsorge
42
4.3
Nachhaltigkeit als Leitbild
46
4.4
Netzwerke der Katastrophenforschung und -vorsorge
47
4.5
Zusammenfassung
58
5
ZUR VERÄNDERTEN SOZIALPSYCHOLOGIE DER KATASTROPHENPRÄVENTION
Volker Linneweber
60
5.1
Katastrophenprävention: Globaler Wandel als Veränderungsbedingung
60
5.2
Sozialpsychologie der Umweltrisiken: jenseits der Grenzen akteurbasierter
Modelle
61
5.3
Katastrophenprävention aus Sicht der Copingforschung: Entwicklungspotentiale
oder erlernte Hilflosigkeit?
63
5.4
Katastrophenprävention aus Sicht der Altruismusforschung
5.5
Katastrophenforschung aus Sicht der Intergruppentheorien oder: zur Varianz der
Zahlungsbereitschaften
66
5.6
Globale Dimensionen lokaler Katastrophen
67
5.7
Anthropogene Umwelteinflüsse mit - möglicherweise - katastrophalen Folgen
68
5.8
Anthropogene Umwelteinflüsse mit -möglicherweise - katastrophalen Folgen:
motivierte Strategien zu selbstdienlichen Perspektiven
70
Katastrophenprävention in vernetzten Systemen: wer schützt wen vor welchen
Gefahren?
71
Fazit: Überlegungen zur Katastrophenprävention vor dem Hintergrund sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse zum Globalen Wandel
72
5.9
5.10
6
64
MUSTERMODELLIERUNG ANTHROPOGENER LANDNUTZUNG: VON
LOKALEN ZU GLOBALEN SKALEN UND ZURÜCK
Gerhard Petschel-Held, Mathias K. B. Lüdeke, Fritz Reusswig
78
6.1
Einleitung
78
6.2
Wer und Wo: Akteure und Regionen
80
6.3
Strukturen und qualitative Modellierung
6.3.1
Qualitative Modellierung
6.3.2
Das spezifische Kleinba uernmodell
6.3.3
Modellverhalten
83
83
83
83
6.4
Einfluß des Klimawandels
87
6.5
Zusammenfassung
91
7
DIE BEWÄLTIGUNG ZUKÜNFTIGER NATURKATASTROPHEN
Erich Plate
AUTORENVERZEICHNIS
95
106
5. Zur veränderten Sozialpsychologie der
Katastrophenprävention
Volker Linneweber
Bereichen Ökonomie, Umweltnutzung, als schutz und -veränderung, Kommunikation)
erscheint es angebracht, dezidiert den Blick
Wenn im folgenden Beitrag Überlegungen nach vorn zu richten und zu fragen, in
Richtung
sich
zur „veränderten“ Sozialpsychologie der welche
Katastrophenprävention angestellt werden Katastrophenprävention entwickeln wird
sollen, dann stellen sich bezogen auf den und was eine Sozialwissenschaft zur
gewählten Titel zumindest zwei unmittelbare Optimierung möglicher Entwicklungspfade
beitragen kann. Im vorliegenden Rahmen
Fragen. Erstens: welche Aspekte der
wird dies nur skizzenhaft möglich sein.
Katastrophenprävention
sind
Dennoch erscheint es möglich, zwei Ziele
sozialpsychologisch relevant oder inwieweit
mit dem Beitrag zu verbinden: Fachkollegen
kann die Sozialpsychologie herangezogen
sollen
Forschungsund
werden,
um
den
gesellschaftlich
Entwicklungsmöglichkeiten
aufgezeigt
bedeutsamen
Gegenstand
werden
und
Externen
sowohl
Katastrophenprävention zu beschreiben, zu
Wissenschaftlern aus anderen Disziplinen als
erklären und - möglicherweise - zu
auch Experten, die im „operativen Bereich“
optimieren? Zweitens: inwieweit stellen
tätig sind - soll gezeigt werden, daß sich aus
Globaler Wandel oder Globalisierung (wie
der psychologischen Grundlagenforschung
unscharf
auch
definiert)
eine
und aus anwendungsbezogenen Arbeiten
Veränderungsbedingung dar; d.h. läßt sich
Möglichkeiten für die theorie- und
in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten
konzeptgeleitete Ableitung von Maßnahmen
hinsichtlich
der
sozialpsychologischen
zur
Verbesserung
von
Aspekte der Katastrophenprävention eine
Katastrophenprävention ergeben.
Dynamik ausmachen, die in einem
erkennbaren Zusammenhang mit globalem
Wir werden nachfolgend zunächst skizzieren
Wandel steht?
(5.2-5.5),
welche
Bereiche
der
sozialpsychologischen Grundlagen - wie
Nach Ende der „international decade for
Anwendungsforschung relevant sind für ein
natural desaster reduction“ (IDNDR) und
Verständnis
katastrophenpräventiver
angesichts der in dieser Dekade immer
Maßnahmen durch soziale Systeme. Darauf
bedeutsamer gewordenen Entwicklung zur
aufbauend soll Globaler Wandel als
Globalisierung (insbesondere in den
5.1.
Katastrophenprävention:
Globaler
Wandel
Veränderungsbedingung
61
Veränderungsbedingung beleuchtet (5.65.9)
und
diejenigen
Aspekte
herausgearbeitet werden, die es auch
sozialpsychologischer für eine zukünftige
Katastrophenvorsorge zu implementieren
gilt.
Der Blick wird dabei sowohl auf intra- als
auch auf internationale Gegenstände
gerichtet, und es wird sich zeigen, daß aus
Relationen
von
Prozessen
auf
unterschiedlichen
Aggregationsebenen
besonders
relevante
Überlegungen
resultieren. Bereits hinreichend bekannt ist
dies dem Teil der sozialwissenschaftlichen
Klimawirkungsforschung, welche sich mit
den regionalen/lokalen Effekten globaler
Klimaänderungen beschäftigt. Nun gilt es,
auch die Lücke zwischen der Global Change
Forschung und der - definitionsgemäß lokal
bzw.
regional
ausgerichteten
sozialwissenschaftlichen
Katastrophenforschung zu überwinden.
5.2.
Sozialpsychologie
der
Umweltrisiken: jenseits der
Grenzen
akteurbasierter
Modelle
Wenn man sich als Psychologe mit Themen
wie dem hier gewählten befaßt, reagieren
sowohl
Fachkollegen
als
auch
Wissenschaftler aus anderen Disziplinen und
Akteure in Anwendungszusammenhängen
mit einem gewissen Erstaunen. Ohne
weitere
Hilfestellung
mutmaßen
Fachfremde, der Zuständigkeitsbereich der
Psychologie
beschränke
sich
auf
individuumbezogene
Prozesse
wie
Streßbewältigung,
Traumaverarbeitung,
Optimierung
individueller
Entscheidungsprozesse
und
Handlungsabläufe im und nach einem
Katastrophenfall (siehe 5.3). Diese Bereiche
sind zweifellos eminent wichtig, sie werden
auch innerhalb des Faches bearbeitet und zu
Recht als Beitrag der Psychologie erwartet.
Wir wollen im Folgenden allerdings darüber
hinausgehend einen zusätzlichen Bereich
jenseits akteurbasierter Aspekte diskutieren.
Dazu ziehen wir zwei Disziplinen mit ihren
Konzepten und Modellen heran, die den
Blick auf Aggregate von Individuen oder
soziale
Systeme
richten:
die
Sozialpsychologie als Teildisziplin zur
Analyse interpersonaler und intergruppaler
Prozesse und die Umweltpsychologie als
Teildisziplin zur Analyse von MenschUmwelt Beziehungen.
Den konzeptuellen Hintergrund unserer
Überlegungen dazu bilden Überlegungen zu
zwei Merkmalen sozialer Systeme, ohne
deren systematische Einbeziehung ihr
umweltbezogenes Funktionieren - und als
solches
betrachten
wir
Katastrophenprävention - nicht hinreichend
zu verstehen ist: Interdependenz und
Kommunikation. Ferner werden wir die
Implikationen diskutieren, die sich aus dem
„commons-Merkmal“ katastrophenpräventiv
relevanter Umwelten ergeben.
Interdependenz
Wechselseitig voneinander abhängig sind
Akteure (und Gruppen oder Kategorien von
Akteuren) in komplexen Systemen in
mehrfacher Hinsicht. Insbesondere durch die
ökonomischen Aktivitäten innerhalb und
zwischen sozialen Systemen bedingen sich
verbundene
Entwicklungen
und
Veränderungen
wechselseitig.
Diese
Grunderkenntnis der modernen Ökonomie
62
läßt sich unschwer auf das umweltrelevante
Funktionieren sozialer Systeme übertragen
(Linneweber, 1999b). Umweltrelevante
Aktivitäten
eines
Akteurs
(z.B.
Flußbegradigungen) bedingen durch kausale
Wirkmechanismen die Nutzung von
Umweltentitäten durch andere Akteure
(Landnutzung am Unterlauf)1. Derartige
Zusammenhänge sind in physikalisch leicht
nachvollziehbaren
Zusammenhängen
besonders
evident
(Wasser,
Massenbewegungen). Allerdings zeigen
beispielsweise
Küstenund
Hochwasserschutzmaßnahmen,
daß
derartige Interdependenzrelationen auch in
komplexeren Zusammenhängen gegeben
sein können. Nicht selten bedingen bauliche
Maßnahmen (z.B. Dämme), welche die
Katastrophenexponiertheit einer Region
(und damit einer geographisch definierbaren
Gruppe von Akteuren) verringern, eine
erhöhte Vulnerabilität einer anderen Region
(und damit Gruppe von Akteuren). Wir
werden
weiter
unten
(5.5)
noch
Argumentationsfiguren vom Typ „Ihr
schützt Euch und gefährdet damit uns“ vor
dem Hintergrund sozialpsychologischer
Erkenntnisse der Intergruppentheorien näher
beleuchten. Hier ist zunächst wesentlich,
daß das eingeführte InterdependenzKonzept in der Lage ist, Wechselwirkungen
zwischen Akteuren zu fassen.
Kommunikation
Allerdings sollte deutlich sein, daß
wechselseitige Abhängigkeit nicht schlicht
1Nachfolgend sind mit dem Singular auch immer
Aggregate von Akteuren gemeint, beispielsweise
regional, national oder politisch definierte Entitäten
oder wirtschaftliche Akteure.
entweder gegeben ist oder nicht. Vielmehr
muß sie als solche identifiziert und bewertet
werden. Wir haben an anderer Stelle
(Linneweber, 1994) ausgeführt, daß
Umweltnutzungsinterdependenz von den
involvierten Akteuren in erheblichem Maße
„konstruiert“ wird. Dabei kann mehr oder
weniger Passung zwischen faktischen (z.B.
mit
wissenschaftlichen
Methoden
nachweisbaren)
und
„konstruierten“
Kausalrelationen bestehen. Verzerrungen
(biases) bei der Konstruktion sind nicht
beliebig, sondern in der Regel selbstdienlich.
Akteure in der Geschädigten- Opferposition
haben ein Interesse daran (z.B. zur
Durchsetzung
von
Hilfeoder
Kompensationsansprüchen) anderen die
Verursachung oder Verantwortlichkeit
zuzuschreiben.
In
der
potentiellen
Verursacherposition haben sie ein Interesse
daran,
dies
zurückzuweisen.
Umweltnutzungsinterdependenzen werden
allerdings nicht nur privat konstruiert,
sondern
kommuniziert.
Umweltökonomische Bilanzen werden
aufgestellt, Alternativen diskutiert, Kriterien
und Indikatoren erörtert, Kausalketten
diskutiert etc. (Linneweber, 1995b). Die
Basis
für
diese
„ökologische
Kommunikation“ (Luhmann, 1986) ist das
Wissen
über
Mensch-Umwelt
Wechselwirkungen - generiert durch
unterschiedliche
Akteure
(Medien,
Verwaltung, Politik, Wissenschaft). Hinzu
gesellen sich individuelle Heuristiken:
Vereinfachungen,
Selektionen,
Verwechslungen (z.B. „Ozonloch“ vs.
„Treibhauseffekt“ vs. „Sommersmog“)
(Bell, 1994). Die Kommunikation über
Umweltrisiken,
Umweltveränderungen,
Anpassungsund
63
Wenn wir adaptive, präventive und
restaurative Reaktionen auf Katastrophen
verstehen wollen, dann muß dies
implizieren,
Interdependenzen,
Kommunikation und Commons-bezogene
Bewertungen
einzubeziehen.
Eine
Sozialpsychologie
der
Katastrophenprävention muß daher über
akteurzentrierte Modelle hinaus einarbeiten,
daß umweltmediierte Wechselwirkungen die
Relationen der Akteure ausmachen. Bevor
wir dies unten detaillierter ausführen, sollen
allerdings dennoch zunächst solche Ansätze
vorgestellt werden, welche individuelle
Reaktionen von Akteuren zu erklären
Wesentliche
der
für
die versuchen.
Katastrophenprävention
relevanten
Umweltentitäten (geographisch definierte
5.3. Katastrophenprävention aus
Räume, Ressourcen) können darüber hinaus
Sicht der Copingforschung:
- zumindest in Grundzügen - als
Entwicklungspotentiale oder
erlernte Hilflosigkeit?
„commons“ (Hardin, 1968) verstanden
werden:
Katastrophenprävention kann als Anlaß zur
Verhinderungsnotwendigkeiten sowie möglichkeiten ist von zahlreichen Faktoren
beeinflußt. Wichtig erscheint uns an dieser
Stelle
darauf
zu
verweisen,
daß
umweltrelevante
Entscheidungen
und
Verhaltensweisen
(wie
beispielsweise
katastrophenpräventive
Maßnahmen)
sowohl durch Entscheidungsträger bzw.
„Bedingungsverantwortliche“ (Gessner &
Bruppacher, 1999) sowie Einzelindividuen
nur zu verstehen (und zu optimieren) sind,
wenn einbezogen wird, daß auf der Basis
„naiver“ Wechselwirkungsmodelle über
Umweltnutzung kommuniziert wird.
• sie sind einer definierten Anzahl von
Nutzern verfügbar,
• jeder individuelle Nutzer hätte
Vorteile von einer maximalen
Utilisierung,
• dies würde die Funktion der
Ressource jedoch bedrohen bzw.
aufheben.
Es wurde bereits ausgeführt, daß präventive
Maßnahmen (Dämme, Überflutungsgebiete)
nicht selten bedeuten, daß ihre Etablierung
bzw. Nutzung mit Nachteilen für räumlich
benachbarte Akteure verbunden ist.
„Nachteile“ kann sowohl eine schlichte
Nicht-Nutzbarkeit als auch eine Verstärkung
von Betroffenheit bedeuten.
Entwicklung von Bewältigungsmaßnahmen
oder -strategien verstanden werden. Die
psychologische
Erforschung
von
„Copingprozessen“
analysiert
die
Reaktionen von Individuen und Gruppen auf
solche Stressoren, welche die Möglichkeit
ihrer
Bewältigung
einschließen.
Grundsätzlich können extern verursachte
Ereignisse
individuelle
Reaktionen
bewirken, welche auf einem Kontinuum von
„Förderung von Entwicklungspotentialen“
bis „Resignation“ variieren. Im Hinblick
darauf,
wie
künftige
Katastrophenprävention angesichts neuer
Gefahrenpotentiale optimiert werden kann,
müssen,
gewissermaßen
prototypisch
diametral, beide Implikationen bedacht
werden.
64
Entwicklungspotentiale für Individuen und
soziale Systeme bieten Katastrophen bzw.
Bedrohungen insofern, als (mögliche)
externe Ereignisse einen Anlaß für
Aktivitäten darstellen können, die positiv
verlaufen bzw. so bewertet werden.
Individuen wie soziale Systeme können
„lernen“, wirksam zu sein (Bandura &
Cervone, 1983), was eine „aufbauende“
Wirkung haben kann und zukünftige bzw.
Folgeaktivitäten wahrscheinlicher macht. Im
Falle
betroffener
Individuen
sind
vorwiegend
intraindividuelle
Prozesse
(selbstdienliche Attributionen von Erfolg),
im Falle sozialer System sind zusätzlich
interindividuelle Prozesse (Erhöhung von
Gruppenkohärenz,
Verbesserung
von
Kommunikationsund
Kooperationsstrukturen) als Konsequenz zu
erwarten.
Erlernte Hilflosigkeit (Klein, Fencil-Morse
& Seligman, 1976; Seligman, 1975; Weiner
& Litman-Adizes, 1980) kann resultieren,
wenn Maßnahmen trotz Anstrengung nicht
greifen. Während mit dem Konzept „erlernte
Hilflosigkeit“ eher individuelle Reaktionen
gemeint sind bzw. verbunden werden, liegen
kaum Kenntnisse darüber vor, wie sich
dieses Phänomen in sozialen Systemen
äußern könnte. Es ist allerdings zu erwarten,
daß
die
Investitionsbzw.
Zahlungsbereitschaft
nach
erfolglosen
Bemühungen um Katastrophenprävention
ebenso sinken kann wie nach eingetretenen
Katastrophen,
deren
Verhinderung,
Milderung oder Bewältigung erfolglos
verlief.
Bedrohungspotentiale zu erwarten sind,
dann lassen die von Pawlik genannten
Merkmale globaler Umweltveränderungen
(Pawlik, 1991) zunächst erwarten, daß
Individuen wie soziale Systeme zunehmend
ihre Hilflosigkeit erlernen. Andererseits
bedeuten neue antizipative wie präventive
Technologien die Möglichkeit, daß Erfolge
der Katastrophenprävention als abhängig
von eigenen Potenzen oder Anstrengungen
wahrgenommen
werden.
In
welche
Richtungen sich Änderungen ergeben
werden, hängt mit Sicherheit wesentlich
davon ab, wie Erfahrungen verarbeitet, d.h.
auch kommuniziert werden, ob realistische
Teilziele definiert werden, deren Erreichen
möglich ist, ob Erfolge als solche
klassifiziert werden etc. In sozialen
Systemen sind ferner diejenigen Prozesse zu
reflektieren, welche als „selbstdienliche
Erklärungen“ von Erfolg oder Mißerfolg
bekannt sind. So wird systematisch
unterschiedlich
wahrgenommen
und
bewertet, wenn die eigene Person (oder
Gruppe) involviert ist. Wir haben diese
Prozesse an anderen Stellen (Linneweber,
1999b) systematisch aufgearbeitet und
werden weiter unten (5.5) noch weitere
Erläuterungen dazu geben.
Erfolgreiche
Katastrophenprävention,
welche Bereitschaften unterschiedlicher Art
bei den betroffenen Akteuren einschließt,
sollte Prozesse wie die ausgeführten kennen
und darauf aufbauend Maßnahmen so
konzipieren, daß erwünschte Effekte
eintreten und unerwünschte ausbleiben.
5.4.
Wenn wir danach fragen, welche
Entwicklungen
angesichts
veränderter Obwohl
Katastrophenprävention aus
Sicht der Altruismusforschung
sich
die
sozialpsychologische
65
Altruismusforschung
vorwiegend
auf
interpersonale Prozesse bezieht, gibt es
Bestrebungen, auch die Dynamik sozialer
Systeme vor dem Hintergrund der
Altruismusforschung zu erklären. So fand
Kaniasty (1997) heraus, daß unter anderem
offenkundige Bedürfnislage, die Größe von
Beziehungsnetzen und ökonomischer Status
sowie die Art der benötigten Hilfe einen
Effekt auf altruistische Aktivitäten innerhalb
einer Kommune nach einer Katastrophe
haben. In ihrer Studie über die Folgen von
Hurricane Hugo zeigen Kaniasty & Norris
(1995), daß die Betroffenheit von der
Katastrophe zwar ein gewichtiger Prädiktor
für empfangene, hingegen weniger für
gegebene Hilfe war und daß erhebliche
Unterschiede zwischen unterschiedlichen
Gruppen resultieren.
Verantwortungsdiffusion (Latané & Darley,
1970) kann dann resultieren, wenn in
Notsituationen mehrere potentielle Helfer
präsent sind. Jeder einzelne Akteur ist in der
Position, anderen die Verantwortlichkeit
zuschreiben zu können, indem er bzw. sie so
bilanziert,
daß
diese(r)
mehr
Verantwortlichkeit hat. Mit pluralistischer
Ignoranz
ist
gemeint,
daß
unter
Bedingungen
hoher
situativer
Mehrdeutigkeit Gefühle der Unsicherheit bei
den Zuschauern verursacht werden, jeder
zögert und wird damit Vorbild für andere,
nicht einzugreifen.
Es ist anzunehmen, daß die erwähnten
Tendenzen sich mit zunehmender Größe
oder Vielfalt sozialer Systeme (unter
anderem als Folge weltweiter Vernetzung
und
der
Entwicklung
von
Kommunikationsstrukturen)
verstärken.
Während in überschaubaren Netzen mit
ausgeprägter sozialer Nähe die eigene
„Zuständigkeit“ für Hilfeleistung plausibel
ist, dürfte dies sowohl mit zunehmender
Distanz als auch zunehmender Häufung
fraglicher Ereignisse weniger ausgeprägt
sein.
Während altruistische Interaktionen in
sozialen Systemen nach Katastrophen
erforscht wurden, liegen keine Arbeiten vor,
die hilfreiches Verhalten im Zusammenhang
mit Katastrophenvorbeugung analysieren.
Hier ergibt sich insbesondere für solche
Zusammenhänge ein Forschungsbedarf, in
denen die Potentiale für Maßnahmen zur
Katastrophenprävention ungleich ausgeprägt
sind („Asymmetrische Kontingenz“ im Sinne Weitaus komplizierter als die Erklärung von
der Altruismusforschung).
Hilfe in akuten Notsituationen - einem
klassischen
Gebiet
der
AltruismusDie
sozialpsychologische Forschung - muß die Interpretation von
Altruismusforschung ist recht umfangreich Hilfe
im
Rahmen
von
(Clark, 1991; Spacapan & Oskamp, 1992), Katastrophenprävention sein. Während
weshalb wir uns auf zwei Phänomene nämlich
Hilfsbedürftigkeit
nach
konzentrieren wollen, die im vorliegenden Katastrophen noch ein relativ hohes Maß an
Zusammenhang bedeutsam erscheinen: Eindeutigkeit haben kann, ist dies
„Verantwortungsdiffusion“
und hinsichtlich
der
Notwendigkeit,
„pluralistische Ignoranz“.
Katastrophenprävention zu unterstützen,
nicht der Fall. Hier kann nämlich jeder
66
Akteur zusätzlich die Notwendigkeit einer
Hilfeleistung in Frage stellen bzw. durch
Verweis auf Hilfsbedürftigere relativieren.
Das,
was
wir
als
„Benachteiligungssyndrom“
bezeichnet
haben (Linneweber, 1999b), wird hier durch
Ambiguität der Situation gefördert. So
zeigen unsere Analysen zum Diskurs um den
Küstenschutz der Insel Sylt (Hartmuth,
Deising, Fritsche & Linneweber, 2000), daß
die
Akteure
selbstverständlich
die
Protektion selbst genutzter Küstenabschnitte
reklamieren und dies nicht etwa durch
möglicherweise
höhere
Bedürftigkeit
anderer Akteure relativieren.
5.5.
Katastrophenforschung
aus
Sicht
der
Intergruppentheorien
oder:
zur
Varianz
der
Zahlungsbereitschaften
Von Katastrophen betroffene oder der
Gefahr ihres Eintretens ausgesetzte Akteure
lassen sich in der Regel als (räumlich)
definierte Gruppen oder Kategorien
identifizieren.
Damit
besteht
die
Möglichkeit, den Umgang mit Katastrophen
vor dem Hintergrund sozialpsychologischer
Arbeiten zur sozialen Kategorisierung
(Billig & Tajfel, 1973; Tajfel, Billig, Bundy
& Flament, 1971; Tajfel & Forgas, 1981;
Turner, Hoog, Oakes, Reicher & Wetherall,
1987) und zu Intergruppenrelationen
(Deschamps, 1982; Hendrick, 1987;
Hewstone & Jaspars, 1982; Kelly, 1990;
Messick & Messick, 1989; Tajfel, 1978) zu
sehen.
Hier
sind
einige
grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse
relevant, welche sowohl das aktuelle
katastrophenbezogene
Funktionieren
sozialer Systeme erklären als auch
Annahmen zu zukünftigen Veränderungen
zulassen.
Zunächst belegen die vorliegenden Studien,
daß die Verwendung sozialer Kategorien
unserem
Bestreben
nach
Komplexitätsreduktion entspricht. Dabei
vermeiden die Akteure die Etablierung
neuer Kategorien und verwenden statt
dessen nach Möglichkeit vorhandene. Neu
ins Zentrum der Aufmerksamkeit tretende
Elemente
(z.B.
Ereignisse,
Katastrophenopfer oder zu schützende
Gruppen)
werden
vorzugsweise
bestehenden Kategorien zugeordnet, bevor
neue gebildet werden. Die soziale Realität
wird somit voreingenommen und stereotyp
wahrgenommen und beurteilt. Diese
Tendenz ist für den vorliegenden
Zusammenhang insofern relevant, als dabei
Fehler und Verzerrungen passieren: Durch
eine Kategorisierung können Akteuren
Merkmale (z.B. Potentiale zum Umgang mit
Umweltgefahren) zugeschrieben werden, die
zwar die Kategorie besitzt, möglicherweise
hingegen die (fehlerhaft!) kategorisierten
Element nicht.
Basierend
auf
den
grundsätzlichen
Überlegungen zur sozialen Kategorisierung
entwickelten sich insbesondere in der
europäischen Sozialpsychologie Arbeiten zu
Beziehungen zwischen sozialen Gruppen
bzw. Kategorien (Tajfel, 1978). Immer
wieder wurde dabei ein Effekt gefunden, der
als Tendenz zur Ingroup-Favorisierung und
Outgroup-Diskriminierung bezeichnet wird:
Es besteht eine Tendenz, Mitglieder der
eigenen Gruppe/Kategorie besser zu
behandeln
als
Mitglieder
anderer
67
Gruppen/Kategorien. Obgleich zahlreiche
differenzierende Aspekte erarbeitet wurden,
wollen
wir
für
den
vorliegenden
Zusammenhang diesen einen Aspekt
herausgreifen, da er Varianz in der
Zahlungsbereitschaft erklärt: Grundsätzlich
ist die Bereitschaft, Mitgliedern der eigenen
Gruppe/Kategorie zu helfen, größer als
bezogen auf andere. Der Gegenstand von
Studien, welche dies belegen, reicht von der
Bereitschaft zu Organspenden bis hin zu
laborexperimentellen Befunden. Letztere
belegen, daß die bloße Möglichkeit zur
Kategorisierung hinreichend ist, ohne daß
spezifische Merkmale von Gruppen (z.B.
Konkurrenz
um
Ressourcen)
dazu
erforderlich
wären
(„minimal-groupParadigm“).
Selbst
wenn
die
Gruppeneinteilung erkennbar willkürlich ist,
läßt sich eine Ingroup-Favorisierung
beobachten.
Soziale Gruppen oder Kategorien sind
allerdings keineswegs statisch. Vielmehr
werden sie oftmals in Abhängigkeit von
kontextualen Gegebenheiten gebildet und sie
verändern sich über die Zeit. Für unser
Bemühen
um
Verständnis
des
katastrophenbezogenen
Funktionierens
sozialer System ist dies wichtig: es ist
anzunehmen, daß die Hilfsbereitschaft
steigt, wenn die Betroffenen als Mitglieder
einer solchen Kategorie/Gruppe betrachtet
werden, welcher auch die potentiellen Helfer
angehören oder welcher diese ähnlich sind.
Da die soziale Kategorisierung beeinflußbar
ist, läßt sich für zukünftige Maßnahmen zur
Katastrophenprävention
daraus
die
Notwendigkeit
ableiten,
„IngroupKategorisierungsmöglichkeiten“ zu schaffen
bzw. die Ähnlichkeit des Kontextes oder
seiner Elemente zur Umgebung/den
Merkmalen potentieller Helfer zu betonen.
5.6.
Globale Dimensionen lokaler
Katastrophen
Es liegt nahe, die im vorigen Abschnitt
thematisierte Ähnlichkeit bzw. Nähe auf
verschiedenen
Dimensionen
zu
operationalisieren: geographisch, politisch,
kulturell, sozioökonomisch etc. Dies ist
sicherlich
angemessen
und
kann
Ansatzpunkte
für
Maßnahmen
zur
Optimierung von Unterstützungsprozessen
für
Katastrophenprävention
oder
bewältigung liefern. Wenn wir allerdings
fragen, in welcher Weise sich vor dem
Hintergrund gegenwärtiger Entwicklungen
Überlegungen
zu
einer
veränderten
Sozialpsychologie
der
Katastrophenprävention ergeben, dann muß
trotz seiner unscharfen und heterogenen
Verwendung der Begriff „Globalisierung“
reflektiert werden. Bezogen auf Prozesse
der
Wahrnehmung
und
Bewertung
individueller Akteure hat bereits Pawlik
(1991) umfangreiche Überlegungen dazu
angestellt, was das Merkmal „global“ aus
psychologischer Sicht bedeutet. In unseren
eigenen Arbeiten haben wir diese Sicht um
die sozialpsychologische Dimension, also
um Überlegungen zu Prozessen zwischen
Akteuren erweitert (Linneweber, 1995a,
1995c, 1995d, 1995e, 1997, 1999a, 1999b).
Zusammengefaßt bedeutet die zunehmende
Bedeutung
der
globalen
Dimension
unterschiedlicher
Prozesse
(auch
katastrophaler lokaler Ereignisse) zunächst
eine Zunahme an Komplexität und damit der
Notwendigkeit zu deren psychologischer
Reduktion (s.o.): Wir lernen zunehmend,
daß lokale Ereignisse globale Dimensionen
68
haben und umgekehrt. Allerdings beschränkt
sich dies Wissen - zumindest gegenwärtig zunächst
eher
auf
grundsätzliche
Zusammenhänge oder logische Relationen.
Konkrete lokale Veränderungen - so
belegen erste Studien dazu (Hartmuth, et
al., 2000) - werden zumindest spontan nicht
vor dem Hintergrund globaler Vorgänge
gesehen bzw. umgekehrt werden globale
Entwicklungen
nicht
in
kausalem
Zusammenhang mit regionalen/lokalen
Prozessen perzipiert.
Es wäre allerdings unangemessen, das
Ergebnis aktueller Studien so zu
interpretieren, daß grundsätzlich keine
Zusammenhänge zwischen lokalen und
globalen Prozessen gesehen werden. Es gibt
bereits gegenwärtig zahlreiche Impulse zur
Erweiterung des Horizontes, nämlich
„global zu denken und lokal zu handeln“
(z.B. Agenda 21). Das Profil von
„Umweltproblemen“ hat sich in den
vergangenen Jahrzehnten zunehmend vom
lokalen Geschehen zum globalen bewegt,
und es ist anzunehmen, daß dieser Trend
anhält.
Obwohl noch nicht in individuellen
Reaktionen beobachtbar, wird allerdings im
Zusammenhang mit Extremereignissen wie
Hochwassern und Stürmen im (medial
vermittelten) gesellschaftlichen Diskurs
zunehmend die Frage aufgeworfen, ob
lokale Ereignisse globale Ursachen haben.
Zu beobachten war dies in den vergangenen
Jahren im Zusammenhang mit El-NiñoEreignissen, „Jahrhundertfluten“ (z.B. an
Rhein und Mosel) und einer anscheinenden
Häufung von Orkanen in Mitteleuropa
(1999/2000). Für unsere Überlegungen zu
einer veränderten Sozialpsychologie der
Katastrophenprävention bedeutet dies, daß
zunehmend „distante“ Ursachen thematisiert
werden. „Distant“ bedeutet psychologisch:
nicht im eigenen Verursachungsraum,
allerdings möglicherweise anthropogen (im
Gegensatz beispielsweise zu Erdbeben) und
damit
im
Rahmen
von
Umweltnutzungsbilanzen thematisierbar. Ein
Beispiel hierfür ist die Position der
„Organisation der kleinen Inselstaaten“,
welche in internationalen Verhandlungen auf
die Verursachung des Meeresspiegels durch
die CO2-Emissionen der industrialisierten
Welt verweisen. Dabei handelt es sich nicht
lediglich um eine Bilanzierung zur Erklärung
eigener (potentieller) Gefährdung, sondern
um eine Position, welche die Formulierung
von
Ansprüchen
rechtfertigt.
„Globalisierung“ bedeutet also hier, daß sich
neue Vergleiche anbieten. Aus Arbeiten zu
sozialen Vergleichsprozessen (Festinger,
1954; Haisch & Frey, 1984) ist bekannt, daß
mit
Vorliebe
solche
Vergleiche
vorgenommen werden, die „selbstdienlich“
sind, also der Formulierung eigener
Ansprüche oder Zurückweisung von
Verpflichtungen
dienen.
Wir
haben
ausführlich
mögliche
Taktiken
und
Strategien dazu aufgezeigt (Linneweber,
1999b) und können daher zusammenfassend
konstatieren, daß die Einbettung lokaler
Ereignisse (einschließlich Bedrohungen
durch mögliche Katastrophen) in globale
Entwicklungen Möglichkeiten eröffnet,
weitere Ursache-Wirkungsbeziehungen zu
thematisieren. Akteure nutzen diese
Freiheitsgrade systematisch in einer Weise,
die sich aus ihrer Position in einem (ggf.
hochaggregierten) sozialen System ergibt.
69
5.7.
Anthropogene
Umwelteinflüsse mit möglicherweise katastrophalen Folgen
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
erweiterte sich die Aufmerksamkeit
gegenüber - zunächst vorwiegend im lokalen
Bereich (z.B. Verschmutzungen von
Gewässern)
thematisierten
Umweltproblemen um die überregionale,
dann internationale und schließlich globale
Dimension.
Für
unsere
sozialpsychologischen Überlegungen ist die
damit zunehmende Diversität bedeutend. Sie
erlaubt es betroffenen Akteuren, immer
mehr
und
immer
heterogeneren
Verursachern
Verantwortung
zuzuschreiben, wie wir bereits am Beispiel
der „Organisation der kleinen Inselstaaten“
erwähnten.
Der Begriff „Naturkatastrophen“ oder
„Naturgefahren“ erweckt zunächst den
Eindruck, als seien ausschließlich solche
Ereignisse interessant, die unbeeinflußt von
menschlichen
Aktivitäten
eintreten.
Sozialpsychologische
Beiträge
zur
Katastrophenprävention hätten demnach
vorwiegend das Ziel, durch Optimierung
von
Vorsorgeoder
Katastrophenbewältigungsmaßnahmen die
Vulnerabilität
sozialer
Systeme
zu
verringern. Der Fokus läge damit auf der
Wirkungsseite
(potentieller)
Mit
zunehmender
„Mächtigkeit“
Umweltkatastrophen.
menschlicher Eingriffe in die Natur werden
Mit
wachsender
Einsicht
in auch Interaktionen folgenreicher. So steigt
Wechselwirkungszusammenhänge
wird das Schadenpotential erdbebenbedingter
allerdings
deutlich,
daß
die
hier Dammbrüche, auch wenn durch technische
thematisierten
Ereignisse
bzw. Innovationen das Schadensrisiko sinken
Gefährdungen auch anthropogene Ursachen mag. Berichte von Rückversicherungen über
haben können. Wir müssen daher auch die stetig steigende Schadenssummen belegen,
Verursachungsseite beleuchten und danach daß die Anzahl schadenauslösender
fragen, was seitens der Sozialpsychologie an Ereignisse zwar nicht steigt, jedoch die
Schadenshöhe zunimmt.
Erklärungen verfügbar ist.
Dies betrifft zunächst relativ eindeutig durch
menschliche Einwirkungen verursachte - in
der Regel lokal eingrenzbare - Reaktionen
wie etwa Berg- oder Tagebaufolgen,
Desertifizierung, Bodenerosion, Effekte der
Kontamination von Luft, Wasser und
Boden. Die während des 20. Jahrhunderts
erweiterten Möglichkeiten der Einflußnahme
bzw. bereits erfolgten Maßnahmen können
zunehmend gravierende Folgen haben.
Aus
der
kognitionsund
sozialpsychologischen
Literatur
liegen
zahlreiche Erkenntnisse darüber vor, welche
Taktiken und Strategien Individuen und
Gruppen zur Komplexitätsreduktion im
Umgang mit Unschärfe und Unsicherheit
anwenden (Tversky & Kahneman, 1978).
Damit läßt sich ein wesentlicher Teil des
gegenstandsbezogenen
Funktionierens
sozialer
Systeme
erklären:
Unsere
Heuristiken im sozialen Urteil sind
fehlerhaft, aber erklärlich und regelmäßig,
70
anzunehmen,
ein
möglicherweise
eintretendes Ereignis weise vollständig neue,
bislang unbekannte Merkmale auf. Eine
solche,
am
Prinzip
der
Verfügbarkeitsheuristik
orientierte
Orientierung kann effektiv sein, kann
• revidieren wir trotz eindeutiger allerdings auch zu gravierenden Problemen
Evidenzen nur ungern einmal gefaßte führen.
Urteile (einschließlich Annahmen zu
Sozialpsychologische Überlegungen zur
Kausalrelationen),
müssen
die
• bevorzugen
wir
monokausale Katastrophenprävention
Erkenntnisse
über
unsere
(systematischen!)
Annahmen
und
überführen
Interaktionseffekte
in
mehrere Fehler einbeziehen und darauf aufbauend
ebenso Maßnahmen, Programme, Pläne etc.
Haupteffekte,
• verwechseln wir unabhängige und optimieren wie darauf im gesellschaftlichen
Diskurs verweisen.
abhängige Wahrscheinlichkeiten
• verschätzen wir uns systematisch bei
5.8. Anthropogene
der
Kombination
von
Umwelteinflüsse
mit
Wahrscheinlichkeiten.
möglicherweise
katastrophalen
Folgen:
Wenn hier von „uns“ oder „wir“ die Rede
motivierte
Strategien
zu
ist, dann meint dies Individuen, Gruppen
selbstdienlichen
Perspektiven
sowie alle Akteure, die sich in den
gesellschaftlichen,
insbesondere
den Während kognitionspsychologische Arbeiten
medialen Diskurs über relevante Probleme, (vorheriger Abschnitt) belegen, daß das
ihre Entstehung und Möglichkeiten ihrer Mißlingen „korrekter“ Operationen zur
Begegnung einbringen.
Komplexitätsreduktion
einer
Logik
unterworfen - und damit erklärbar – ist
Insbesondere „unscharfe“ Gegenstände oder (Dörner, 1989, 1995; Dörner, Kreuzig,
unscharfe funktionale Beziehungen, wie Reither & Stäudel, 1983), belegen
unsicher eintretende oder ausbleibende sozialpsychologische Arbeiten, in welcher
Ereignisse, sind prädestiniert, in ihren - die Weise Positionen in sozialen Systemen
involvierten humanen Akteure betreffenden systematische
Fehler,
Irrtümer
und
Anteilen
systematisch
verzerrt Verzerrungen bedingen (Linneweber, 1993).
wahrgenommen und bewertet zu werden Sobald von anthropogenen Einflüssen die
(Linneweber, 1999b).
Rede ist, sind humane Akteure nicht mehr in
der
Beobachterposition
oder
der
Auch Katastrophenszenarien können als Betroffenenposition, sondern (potentielle)
Heuristiken fungieren. Selbstverständlich Verursacher. „Verursachung“ ist allerdings
fällt es leichter, bekannte, bereits nicht schlicht gegeben oder fehlend, sondern
eingetretene Ereignisse zu antizipieren als vielmehr sozial konstruiert. „Dabei handelt
wie Arbeiten zur Repräsentativitätsheuristik,
zur Verfügbarkeitsheuristik und anderen
„Fallen“ zeigen (Kahnemann & Tversky,
1973; Tversky & Kahnemann, 1974, 1978).
Beispielsweise
71
es sich um Ideen und Wissensbestände zu
bestimmten Themen, die von formellen oder
informellen Gruppen in der Gesellschaft
miteinander ‘geteilt’ werden und denen
daher gewissermaßen eine überindividuelle
Existenz zukommt. In Abhängigkeit von
Zielen und Interessen lassen sich gruppenund positionsspezifische Unterschiede in
solchen Wissensbeständen ausmachen,
insbesondere bei gesellschaftlich kontrovers
diskutierten Themen“ (Hartmuth et al.,
2000)
Soziale Konstruktionen im Zusammenhang
mit Ereignissen (einschließlich deren
Ursachen und Auswirkungen), in deren
Entstehung soziale Akteure involviert sind,
lassen sich wesentlich danach differenzieren,
in
welcher
Weise
auf
Verursachungszusammenhänge
und
Betroffenheiten Bezug genommen wird. Wir
unterscheiden daher
• soziale Konstruktionen (potentieller)
Betroffenheit
• soziale Konstruktionen (potentieller)
Verursachung
• soziale Konstruktionen (potentieller)
Verantwortlichkeit
Es lassen sich jeweils „motivierte
Strategien“ in den sozialen Konstruktionen
identifizieren. Damit sind Tendenzen
gemeint, die jeweils eigene Position in
Wahrnehmungs- und Bewertungsprozessen
„strategisch“ oder „taktisch“ auszubauen.
(Potentiell) Betroffene tendieren zu einer
Dramatisierung
des
ihnen
entstandenen/möglicherweise entstehenden
Schadens, (potentielle) Verursacher bzw.
Verantwortliche
hingegen
zu
einer
Verharmlosung. Im Hinblick auf präventive
Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge sind
Akteure mithin bemüht, ihre Aufwendungen
zur Verhinderung solcher Schäden zu
akzentuieren, die von anderen Akteuren
verursacht werden. Hingegen werden
potentielle
Verursacher
solche
Aufwendungen eher gering bewerten und
ihre eigenen Aufwendungen zur Minderung
des Schadensrisikos betonen.
Auch an dieser Stelle kann im gegebenen
Rahmen nur die Empfehlung ausgesprochen
werden, die vorliegenden Erkenntnisse aus
der Grundlagen- und anwendungsbezogenen
Forschung
in
die
Planung
von
Präventionsmaßnahmen zu inkorporieren,
um damit beispielsweise Verhandlungen
über die Verteilung von Lasten bzw. die
Aufteilung materieller Hilfe effektiver zu
gestalten.
Im
Zusammenhang
mit
Klimaänderungen
wird
dies
bereits
angestrebt (Tóth, 1999), Anwendungen im
Zusammenhang mit Katastrophenprävention
sollten folgen.
5.9.
Katastrophenprävention
in
vernetzten Systemen: wer
schützt wen vor welchen
Gefahren?
Die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts
waren durch eine zunehmende Vernetzung
sozioökonomischer Systeme (Globalisierung
von Wirtschaft und Kommunikation) sowie
durch zunehmende Einsicht in komplexe
Wechselwirkungszusammenhänge
des
Erdsystems (Schellnhuber & Wenzel, 1998)
gekennzeichnet. Bemerkenswerterweise sind
letztgenannte Analysen mittlerweile nicht
mehr naturwissenschaftsimmanent orientiert,
sondern beziehen sich zunehmend auf
72
Beziehungen
zwischen
Anthroposphäre.
Natur-
und debattiert wird, besteht die Möglichkeit,
unterschiedlichste
Akteure
und
Akteursgruppen zu definieren, welche in
Auch Pawlik (1991) verweist in diesem umweltmediierten
Wechselwirkungen
Zusammenhang auf Merkmale globaler miteinander
stehen.
Bezogen
auf
Umweltveränderungen, die im vorliegenden Katastrophenprävention
bedeutet
dies
Zusammenhang insofern wesentlich sind, als insbesondere
die
Möglichkeit,
daß
wir den Blick auf zunehmend globale (potentielle) Opfer auf der Grundlage
Zusammenhänge richten müssen. Er konstatierter
Ursache-Wirkungsdiskutiert - zunächst individuumzentriert Beziehungen Ansprüche auf Schutz bzw.
und auf Wahrnehmungen der Akteure Kompensation formulieren. Andererseits
bezogen - Implikationen einer zeitlichen und bedeutet die zunehmende Vernetzung, daß
räumlichen Mittelbarkeit von Effekten. Dies Akteure, die sich mit Ansprüchen
bedingt (a) eine räumliche Distanz konfrontiert sehen, diese unter anderer
involvierter Akteure und (b) eine zeitliche Nutzung der Interpretationsfreiheitsgrade
Distanz involvierter Akteure.
zurückweisen können.
Bezogen auf Ursachen und Wirkungen
(zumindest
anteilig)
anthropogener
Katastrophen sowie Maßnahmen der
Katastrophenprävention
bedeuten
die
erweiterten Erkenntnisse eine Zunahme an
Freiheitsgraden zu der Frage, welche
Akteure als (a) Verursacher, (b) Betroffene
(c) „Schützende“ und (d) „Geschützte“ bzw.
„zu Schützende“ gelten. Die einleitend
gestellte Frage, wer wen vor welchen
Gefahren schützt, ist allerdings weder
deskriptiv
(welche
faktischen
Kausalrelationen sind gegeben) noch
normativ („wer muß/soll wen vor welchen
Gefahren schützen?“) gemeint, sondern soll
Interpretationsspielräume
im
gesellschaftlichen
Diskurs
über
Katastrophenprävention kennzeichnen.
Spätestens seitdem wir Einsicht in Ursachen
und
Wirkungen
überregionaler
Umweltprobleme haben, insbesondere aber
seitdem
über
„Globalisierung“
in
unterschiedlichsten
Zusammenhängen
5.10. Fazit:
Überlegungen
zur
Katastrophenprävention vor
dem
Hintergrund
sozialwissenschaftlicher
Erkenntnisse zum Globalen
Wandel
Wenn wir nun resümierend fragen, welche
Erwartungen
sich
aus
unseren
sozialpsychologischen Überlegungen zu
einer
zukünftigen
Entwicklung
des
Anwendungszusammenhanges
Katastrophenprävention formulieren lassen,
dann betrifft dies zunächst Implikationen der
veränderten
Skalierung
von
Umweltproblemen.
a) In den letzten Jahren läßt sich im
gesellschaftlichen
Diskurs
eine
Veränderung
von
lokalen
zu
regionalen zu überregionalen zu
globalen Problemen beobachten. Es ist
zu erwarten, daß auch das „Framing“
von Katastrophen (auch wenn sie sich
nach wie vor in lokaler bzw. regionaler
73
Begrenztheit ereignen) dieser Tendenz
folgt. Wie bereits ausgeführt, werden im
Zusammenhang mit Naturkatastrophen
deren
erhöht
sich
die
unmittelbare
Vulnerabilität jedes einzelnen sowie die
mittelbare
Vulnerabilität
nicht
unmittelbar betroffener (z.B. durch
Wegfall/Zusammenbruch von Märkten).
•Phänomene
•Ursachen
•Auswirkungen
•Interventionen
d) Mit der zunehmenden Vernetztheit
sozialer Systeme erhöht sich die
Heterogenität potentiell Betroffener. Bei
der Bewertung möglicher Katastrophen
sowie ihrer Prävention erweitern sich die
zunehmend weiträumlich betrachtet.
Vergleichmöglichkeiten und werden
zunehmend multikriteriell. Je nach
b) Auch die zeitliche Erstreckung
Position des Akteurs im sozialen System
wahrgenommener
Ursachekann er/sie
Wirkungszusammenhänge hat sich durch
die zunehmende Einsicht in das
• auf weniger stark betroffene
Funktionieren des „Erdmetabolismus“
andere oder
erweitert. Es ist zu erwarten, daß auch
•
auf stärker betroffene andere bzw.
bei
der
Suche
nach
• auf anteilig weniger verursachende
Katastrophenursachen und Bewertung
oder
von Katastrophenfolgen zunehmend
• stärker verursachende andere
zeitlich distante Aspekte einbezogen
Akteure
werden.
verweisen. Welche der erweiterten
c) Die
sozialwissenschaftlichen
Freiheitsgrade dabei genutzt werden,
Überlegungen
zum
hängt - wie oben erwähnt - von der
„Gemeingutdilemma“
(AllmendePosition, insbesondere der eigenen
Klemme) lassen sich insofern für die
Betroffenheit ab.
Katastrophenforschung
nutzen,
als
Katastrophenprävention
gewissermaßen ein inverses commons e) Die zunehmende Interdependenz
potentiell Betroffener kann einerseits
dilemma darstellen kann: Ein einzelner
eine erhöhte Vulnerabilität insbesondere
Akteur
verringert
mit
seinen
ökonomischer Art durch mögliche
Präventionsmaßnahmen
seine
eine
Domino-Effekte bewirken. Andererseits
Vulnerabilität, aber auch die anderer
kann auch eine erhöhte Präventions(räumlich und zeitlich benachbarter)
bzw.
Hilfsbereitschaft
dadurch
Akteure. Je mehr Akteure dies tun,
resultieren, daß in stärkerem Maße
desto mehr sinkt die Notwendigkeit für
„eigene“ Interessen betroffen sind.
den Einzelnen, sich zu engagieren.
Welche der Tendenzen allerdings
Streben allerdings alle Akteure eine
überwiegt, hängt von Konstellationen im
Minimierung ihres Aufwandes an, dann
74
einzelnen Fall ab. In welchem Umfang
sich beispielsweise ein „global Player“
(ein international tätiges Unternehmen)
katastrophenpräventiv engagiert, wird
von Szenarien abhängen, die sich aus
dem Eintreten von Katastrophen am
betroffenen Standort ableiten. Ist etwa
ein Produktionsausfall zu kompensieren
(oder, aufgrund von Überkapazitäten
sogar
willkommen),
wird
das
Engagement sich anders gestalten als
dann, wenn an dem Standort
unverzichtbare Komponenten hergestellt
werden, und die Produktion auch an
anderen Orten stark betroffen ist.
geschehen. Die Katastrophen-(präventions)forschung ist für den interdisziplinären
Dialog
ein
prädestinierter
Anwendungszusammenhang.
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f) Die
erweiterte
Einsicht
in and media discourse on the global
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bedingt
zunehmende 64.
Verantwortungsdiffusion sowohl für
die Verursachung als auch für Billig, M. & Tajfel, H. (1973). Social
unterbliebene
oder
suboptimale categorization and similarity in intergroup
präventive Maßnahmen als auch für behaviour. European Journal of Social
Defizite der Katastrophenbewältigung. Psychology, 3, 27-52.
Es ist zu erwarten, daß dies sowohl im
Hinblick auf die Formulierung von Clark, M. S. (Hrsg.) (1991). Prosocial
Ansprüchen (auf Schadenersatz und behavior. Beverly Hills, CA: Sage.
Kompensation, auf die Erhöhung von
Präventionsaufwendungen) als auch auf Deschamps, J. C. (1982). Social identity and
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wird.
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Insgesamt dürfte deutlich geworden sein,
daß bereits gegenwärtige, insbesondere aber Dörner, D. (1989). Die Logik des
zukünftige
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erheblichem Maße von der Einbeziehung
sozialpsychologischer
Überlegungen Dörner, D. (1995). Logik des Mißlingens.
profitieren kann. Selbstverständlich muß In K. H. Erdmann & H. G. Kastenholz
dies
im
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M. A. Hogg, P. J. Oakes, S. D. Reicher &
M. Wetherall (Hrsg.), Rediscovering the
social group: A self-categorization theory.
Oxford: Basil Blackwell.
Autorenverzeichnis
Autoren
Dr. Gerhard Berz
Forschungsgruppe Geowissenschaften
Münchener Rückversicherungsgesellschaft
Königinnenstr. 7
80791 München
[email protected]
Dipl.-Ing. Dagmar Fuhr
Universität-Gesamthochschule Kassel
Wissenschaftliches Zentrum für Umweltsystemforschung
Kurt-Wolters-Str. 3
34109 Kassel
[email protected]
Prof. Dr. Robert Geipel
Technische Universität München
Geographisches Institut
Arcisstraße 21
80290 München
[email protected]
Dipl.-Ing. Klaus-Dieter Kühn
Verband d. Arbeitsgemeinschaften d. Helfer
in den Regieeinheiten/-einrichtungen d.
Katastrophenschutzes in Dt. (ARKAT)
Ferdinand-Spehr-Str. 1
38104 Braunschweig
[email protected]
Prof. Dr. Volker Linneweber
Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
Institut für Psychologie
Postfach 4120
39016 Magdeburg
[email protected]
www.uni-magdeburg.de/ipsy/vl/vli.htm
106
Matthias K.B. Lüdeke
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Postfach 601203
14412 Potsdam
[email protected]
Dr. Gerhard Petschel-Held
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Postfach 601203
14412 Potsdam
[email protected]
Prof. Dr. Erich J. Plate
WB IDNDR
Universität Karlsruhe (TH)
Am Kirchberg 49
76229 Karlsruhe
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Dr. Fritz Reusswig
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Abt. Globaler Wandel und Soziale Systeme
Postfach 601203
14412 Potsdam
[email protected]
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