Gut Hülsenberg Mit hoher Lebenstagsleistung zur nachhaltigen Milchproduktion Die Landwirtschaft ist auf die Nutzung natürlicher Ressourcen angewiesen. Um diese langfristig zu erhalten, ist ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen zwingend erforderlich. Etwa 8 % der nationalen Treibhausgasemissionen gehen in Deutschland auf den Landwirtschaftssektor zurück. Fast die Hälfte (46 %) davon entsteht in der Milchviehhaltung. Allerdings konnte die Effizienz der Milcherzeugung in den letzten 25 Jahren durch eine Leistungssteigerung der Tiere bereits deutlich verbessert werden. Dies bringt sowohl aus Sicht des Ressourceneinsatzes als auch im Hinblick auf die Treibhausgasemissionen je kg Milch deutliche Vorteile mit sich. In einer aktuellen Ökobilanz in Zusammenarbeit mit der BASF SE wurden die Umweltwirkungen der Milcherzeugung auf Gut Hülsenberg mit denen des schleswigholsteinischen Durchschnittsbetriebes verglichen. In die Bilanz gingen nicht nur das Treibhausgaspotenzial sondern auch Versauerung, Landnutzung, Energiebedarf, Wasseremissionen und der Ressourcenverbrauch ein. Dabei wurden folgende Parameter berücksichtigt: die Aufzucht der Kälber und Färsen, die Fütterung, das Güllemanagement (inklusive teilweiser anaerober Vergärung in der Biogasanlage) sowie die Haltung der Tiere für die Erzeugung von Milch und Fleisch. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Herstellung von 1.000 kg ECM (Energiekorrigierte Milch; Standard: 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß). Die für die Ökobilanz herangezogenen Daten zur Beschreibung eines durchschnittlichen Milchviehbetriebes in Schleswig-Holstein stammen überwiegend von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein aus dem Jahr 2012. Analog wurden die Daten der Milchproduktion auf Gut Hülsenberg erhoben und spiegeln ebenfalls die Produktion im Jahr 2012 wider. Zusätzlich kamen Literaturdaten zum Einsatz, um z. B. entsprechende Werte der enterischen Fermentation der Tiere zu nutzen. Die wesentlichen Unterschiede der untersuchten Milcherzeugungssysteme liegen vor allem in den Milchviehrationen, der Milchleistung, der Silierung des Grundfutters sowie der Verwertung der anfallenden Rindergülle (s. Darst. 1). 19 kg Milch pro Lebenstag In jüngster Vergangenheit steht zunehmend die Lebenstagsleistung der Milchkühe im Mittelpunkt. Diese stellt die gesamte erbrachte Milchleistung je Kuh in Bezug auf ihr Alter dar (Lebensleistung/Lebenstage). Aufzuchtphase und Erstkalbealter werden mit einbezogen. Die Kennzahl ist ein wichtiger Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und somit primär von ökonomischem Interesse. Berechnungen aus dem Jahr 2008 zeigen, dass die Gewinnschwelle der Betriebe mit eigener Nachzucht bei 14 kg Lebenstagsleistung erreicht wurde (Harms, 2008). Gut Hülsenberg erreichte im Jahr 2012 eine Lebenstagsleistung von 19 kg. In SchleswigHolstein lag dieser Wert durchschnittlich bei 12 kg. Zusätzlich kann dieser Wert auch als Indikator für die Tiergesundheit gelten, da nur gesunde Tiere lange im Bestand gehalten werden und entsprechende Milchmengen produzieren. Neben diesen Auswirkungen hat die Lebenstagsleistung der Kuh auch einen ökologischen Effekt. Nutzung der Produktionsmittel Die Betrachtung der Milcherzeugung je Stallplatz in einem 10-Jahres-Zeitraum verdeutlicht den wesentlich effizienteren Einsatz der vorhandenen Produktionsmittel auf Gut Hülsenberg als im schleswig-holsteinischen Durchschnitt (s. Darst. 2). Grund dafür ist die außerordentlich hohe Lebenstagsleistung der Hülsenberger Herde. Ein hohes Milchleistungsniveau bei gleichzeitig langer Nutzungsdauer der Tiere, verbunden mit guter Fruchtbarkeit und einem hohen Gesundheitsstatus sind entscheidende Schlüsselfaktoren. Mit einer hohen Lebenstagsleistung fällt die jährliche Remontierung des Bestandes geringer aus, womit durchschnittlich weniger Ressourcen (vor allem Futter) für die Nachzucht vorgehalten und eingesetzt werden müssen. Dies belegt eindrücklich, dass die Milch nicht nur ökologisch, sondern selbstverständlich auch ökonomisch vorteilhaft erzeugt wird. Darüber hinaus sichern höhere Milchleistungen einerseits und eine längere Nutzungsdauer andererseits eine effizientere Verwertung der Futternährstoffe Resultat ist eine umweltfreundlichere Milchproduktion durch eine verminderte Ausscheidung an Stickstoff, Phosphor, Methan und anderen Substanzen je kg Milch. Diese Effekte sind nachvollziehbar, da sich die für den Erhaltungsbedarf notwendigen Nährstoffmengen auf eine größere Produktmenge verteilen. Untersuchungen haben ergeben, dass pro kg gesteigerter Lebenstagsleistung durchschnittlich 1 g Methan bzw. 20 g Kohlendioxid pro kg erzeugter Milch eingespart werden (Ellis et al., 2007). Ökologisch vorn Die Ergebnisse der Ökobilanz überzeugen: Wie Darstellung 3 zeigt, hat die Milchproduktion auf Gut Hülsenberg deutlich weniger Auswirkungen auf die Umwelt als der durchschnittliche Betrieb in Schleswig-Holstein. In allen untersuchten Kategorien sind die Werte für Gut Hülsenberg 10 bis 60 % günstiger. Zum Beispiel liegt das Treibhausgaspotenzial der Milchproduktion 33 % niedriger als in SchleswigHolstein. Verantwortlich für das Treibhausgaspotenzial sind vor allem die enterische Fermentation der Tiere (bis zu 2/3 des Gesamtbeitrags) sowie in geringerem Maße auch das Güllemanagement (ca. ¼ des Gesamtbeitrags). Insgesamt wird deutlich, dass vor allem die Futterproduktion gefolgt von den enterischen Emissionen (Methanausstoß der Tiere) und dem Güllemanagement (Lagerung und Ausbringung) die Haupttreiber der Umweltwirkungen bilden. Diese lassen sich durch folgende Maßnahmen minimieren: Fütterung: Gezielte Nährstoffversorgung der Tiere sowie gesenkte Grundfutterverluste sparen wertvolle Ressourcen ein. Milchleistung: Höhere Milchleistung und eine höhere Lebenstagsleistung der Kühe führt zu reduzierten Methanemissionen je kg Milch. Güllemanagement: Gasdichte Lagerung sowie angepasste Ausbringung der Gülle als Wirtschaftsdünger auf den landwirtschaftlichen Flächen tragen zu gesenkten Emissionen bei. Biogasanlage: Anaerobe Verwertung der Gülle in der Biogasanlage führt zu reduzierten Emissionsfreisetzungen sowie zur Einsparung fossiler Energieträger. Das Ziel in der Milcherzeugung muss folglich lauten: Aufzucht einer gesunden, gut entwickelten und leistungsstarken Milchkuh sowie deren Nutzung über viele Jahre. Eine solch nachhaltige Milchproduktion ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern garantiert auch den wirtschaftlichen Erfolg. Dr. Karoline Reckmann (Union Agricole Holding AG) Dr. Christoph Günther (BASF SE) 6.383 Zeichen Juli 2015