Inhaltsregulierung im Netz: Vergleichende Analyse in 21 liberalen Demokratien Dr. Yana Breindl Prof. Dr. Andreas Busch Institut für Politikwissenschaft Göttingen Centre for Digital Humanities 1.6.2015 Zensur im Internet (ONI, 2012) Übersicht 1. Netzsperren in liberalen Demokratien? Stand der Forschung und Forschungsfragen 2. Vergleichende Analyse 3. Ergebnisse a. Netzsperren in 21 liberalen Demokratien b. Politische und institutionnelle Variablen NETZSPERREN IN LIBERALEN DEMOKRATIEN Inhaltsregulierung im Netz Gerichtliche Beschlüsse Notice-and-takedown Verfahren US CDA (1996) & DMCA (1998) ; EU e-commerce (2000) Provider nicht haftbar für Inhaltstransfer, wenn entfernt/unereichbar gemacht wird nach Benachrichtung. Netzsperren, automatisch und selbstvollstreckend Netzsperren Netzsperren >< Demokratie? • Vereinbarkeit mit Meinungsfreiheit und Schutz der Privatsphäre? • Faires Gerichtsverfahren? • Privatisierung der Inhaltsregulierung? • Technische Probleme: – under/overblocking – Zweifel an Effektivität – leicht zu umgehen • Mission creep • Schlechtes Beispiel für autoritäre Staaten VERGLEICHENDE ANALYSE Fragestellungen 1. Wie regulieren liberale Demokratien Inhalte im Netz, im besonderen durch Netzsperren? 2. Welche politischen und institutionellen Faktoren können das Ausmaß an Sperrregulierungen in liberalen Demokratien erklären? Methodische Schritte 1. Datenbank zu Inhaltsregulierung im Internet in 23 liberalen Demokratien 2. 33 Regulierungen, die Netzsperren in 5 Inhaltsbereichen einführen – 3 Regulierungstypen – Zeitraum: 2004-2012 – 21 Länder 3. Deskriptive Analyse 4. Regressionsanalyse Regulierungstypen • Selbstregulierung – z.B. Facebook/Google/Twitter content policies • Co-Regulierung – z.B. “Regulierte Selbstregulierung” • Staatliche Regulierung – z.B. Hadopi DESKRIPTIVE ANALYSE Art der Regulierungen (2004-2012) Regulierungsarten per Jahr Regulierungsarten per Land Art der Inhalte (2004-2012) Art der Inhalte Art der Inhalte Inhalts- vs. Regulierungsart Fazit • Starker Anstieg von Netzsperrenregulierungen – von insgesamt 4 in 2004 auf 33 in 2012 • Unterschiede je nach Art der Inhalte • Glücksspiele immer durch gesetzliche Regulierung • Diversifikation der Inhaltssperren • Länderunterschiede – Präferenz für Selbstregulierung in Nordamerika, Irland, UK – Präferenz für Co- und gesetzliche Regulierung in Europa und Ozeanien MULTIVARIATE REGRESSIONSANALYSE Fragestellung + Welche politischen und institutionellen Faktoren können das Ausmaß an Sperrregulierungen in liberalen Demokratien erklären? Hypothesen 1. 2. 3. 4. Variablen des Regierungssystems Interessengruppenstruktur Föderalismus Verfassungsgerichtliche Normenkontrolle (judicial review) 5. Andere institutionelle Variablen? Deskriptive Statistik Variable Min Max Mean Median SD Regulation Type 0 3 1.52 2 1.24 Legislation 0 1 0.31 0 0.46 Co-Regulation 0 1 0.24 0 0.43 Self-regulation 0 1 0.12 0 0.33 First dimension -1.48 1.67 0.31 0.63 0.94 Second dimension -1.65 2.33 0.16 0.02 1.12 Party system 2.14 6.89 3.71 3.38 1.29 Government type 1 7 2.76 2 1.34 Executive-legislative relations 1 9.83 4.60 3.69 2.32 Index of disproportionality 0.72 22.99 6.19 3.60 5.24 Index of pluralism 0.38 3.12 1.80 2 0.96 Index of federalism 1 5 2.69 2 1.58 Constitutional rigidity 1 4 2.63 3 0.98 Index of bicameralism 1 4 2.44 2.50 1.07 Judicial review 1 5 2.39 2 1.14 Lijpharts 2 Dimensionen Fazit Nur geringer Einfluss von Regierungsvariablen (z.B. Parteien an Regierung) auf Gesetzgebung. Weniger Co-Regulierung unter Linksregierungen Pluralismus verstärkt Selbstregulierung, Korporatismus hingegen befördert Co-Regulierung. Aber: kein Einfluss der Interessengruppenstruktur auf Ausmaß der gesetzlichen Regulierung Föderalismus und verfassungsgerichtliche Normenkontrolle mindern Sperrregulierungen durch Gesetze. Mehr auf unserer Website: http://internet-content-regulation.uni-goettingen.de/