Physikpraktikum für Pharmazeuten Universität Regensburg Fakultät Physik 6. Versuch: Kondensatorladung und e-Funktion In diesem Versuch sollen die Elektronik-Grundkenntnisse aus Versuch 5 (Ohm’sches Gesetz) vertieft werden. In diesem Versuch befassen Sie sich aber mit einem weiteren Grundelement der Elektronik, dem Kondensator. 1 Theorie - Einführung In Versuch 5 haben Sie die Grundlagen der Elektrizitätslehre kennengelernt. Auf diesen Grundlagen baut dieser Versuch auf. Bezüglich der verwendeten Messgrößen wie etwa Strom, Spannung Widerstand und ihrer Definitionen verweisen wir auf den Theorieteil von Versuch 5. Während sich Versuch 5 jedoch auf Gleichstrom (DC) beschränkt hat, geht es heute um Wechselstrom, wie er üblicherweise im Haushaltsnetz zur Verfügung steht. Das Bauteil, mit dem Sie sich während diesem Versuch beschäftigen, heißt Kondensator und ist in nahezu jedem Elektrogerät verbaut. Anhand einfacher Experimente sollen seine grundlegenden Eigenschaften verstanden werden. 1.1 Kapazität - Kondensator Ein Kondensator besteht aus zwei Leiterplatten, die zur Umgebung als auch gegeneinander elektrisch isoliert sind. Legt man an einem elektrischen Kondensator eine Spannung an, fließt ein Gleichstrom, der die Kondensatorplatten gegenpolig auflädt: die beiden Platten betragsmäßig gleich große, aber ungleichnamige elektrische Ladungen +q und −q. Das sich aufbauende elektrische Potential zwischen den Kondensatorplatten lässt ~ entstehen (Feldlinien laufen im Raum zwischen den Elektroden ein elektrisches Feld E von der positiven zur negativen Ladung), dessen Feldstärke der aufgebauten Spannung proportional ist. Die Aufladung folgt einer Exponentialfunktion, solange, bis die Spannung an den Elektroden gleich der anliegenden Spannung ist und der Stromfluss zum Erliegen kommt. Dann sperrt der Kondensator den Gleichstromkreis. Die Kapazität C wird in der Einheit Farad F angegeben und hängt von der Ladung Q und der Spannung U zwischen den Platten ab: Q C= (1.1) U Zur Berechnung wird nur die Ladung einer Polarität verwendet, da die Ladung der entgegengesetzten Platte durch Influenz hervorgerufen wird. Wie aus der obigen Formel ersichtlich, muss eine Spannung zwischen den Platten angelegt werden, damit sich das elektrische Feld zwischen den Platten aufbauen kann. Um die Kapazität eines Kondensators zu erhöhen, wird oft zwischen die beiden Platten ein Dielektrikum eingebracht, das eine bessere Isolation als Luft/Vakuum gewährleistet. 1.1.1 Auf-/Entladung eines Kondensators Die Entladung eines aufgeladenen Kondensator über einen angeschlossenen Widerstand lässt sich mit dem Herausfließen von Wasser aus einem Gefäß vergleichen, das unten ein 2 Loch hat. Der herausfließende Wasserstrom I ist um so größer, je höher der Wasserstand U im Gefäß ist. Das bedeutet, dass der Wasserstrom I (Anzahl der austretenden Wassermoleküle pro Sekunde) mit sinkendem Wasserspiegel (Abnahme von U ) immer kleiner wird. Die insgesamt im Gefäß vorhandene Wassermenge Q erhält man, wenn der Wasserstrom I als Funktion der Zeit aufsummiert (integriert) wird: Z Q= I(t) · dt (1.2) Gleichbedeutend mit dieser Aussage ist, dass der Wasserstrom I aus dem Gefäß die Abnahme dQ der Wassermenge Q während eines Zeitintervalls dt ist: I(t) = + dQ dt (1.3) 1.2 Kirchhoffsche Regeln 1.2.1 Knotenregel Bei der Parallelschaltung von Widerständen ergeben sich Verzweigungspunkte, sogenannte Knotenpunkte, des elektrischen Stroms. Betrachtet man die Ströme i1 , i2 , i3 und i4 , um den Knotenpunkt herum (siehe Grafik oben), stellt man fest, dass die Summe der zufließenden Ströme gleich groß ist, wie die Summe der abfließenden Ströme. 0 = i1 + i2 − i3 − i4 (1.4) Mit Hilfe der Knotenregel können unbekannte Ströme in einem Knotenpunkt berechnet werden. Zusatz: Sofern man von konzentrierten Bauelementen ausgeht, gilt die Knotenregel nicht nur für einzelne Knoten, sondern auch für ganze Schaltungen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass der Knoten elektrisch neutral bleibt. Möchte man z. B. nur eine Kondensatorplatte betrachten (und nicht den ganzen Kondensator), ist diese Forderung nicht mehr erfüllt. Man müsste die Betrachtung in diesem Fall um den sogenannten Verschiebungsstrom, der zwischen den Kondensatorplatten fließt, erweitern. Zur Beschreibung dieser nicht mehr quellenfreien Felder muss das ampèresche Gesetz benutzt werden. 1.2.2 Maschenregel In einem geschlossenem Stromkreis (Masche; siehe Bild 1.1.b) stellt sich eine bestimmte Spannungsverteilung ein. Die Teilspannungen addieren sich dann in ihrer Gesamtwirkung. Betrachtet man die Spannungen in der Schaltung, so teilt sich die Summe der Quellenspannungen UQ1 und UQ2 in die Teilspannungen U1 und U2 an den Widerständen R1 und R2 auf. Der Strom I ist für die Spannungsabfälle an R1 und R2 verantwortlich. In einem geschlossenem Stromkreis ist die Summe der Teilspannungen immer null. (VA − VB ) + (VB − VC ) + (VC − VD ) + (VD − VA ) = 0 Diese Regel gilt nur für statische (magnetische und elektrische) Felder. 3 (1.5) (a) i1 i2 i4 (b) i1+i2-i3-i4= 0 i3 A B D C (VA-VB)+(VB-VC)+(VC-VD)+(VD-VA)= 0 Abbildung 1.1: a) Knotenregel: In jedem Knotenpunkt ist die Summe der zufließenden Ströme gleich der Summe der abfließenden Ströme oder die Summe aller Ströme ist Null. Merke: Der Knoten selbst kann keine Ladung speichern. b) Maschenregel In jedem geschlossenem Stromkreis ist die Summe der Quellenspannungen gleich der Summe aller Spannungsabfälle oder die Summe aller Spannungen ist Null. 1.3 Lösung der Differentialgleichung Zu jedem Zeitpunkt des Kondensatorladung ist (Abb.1.2): UC (t) = −UR (t) und I(t) = (1. Kirchhoff-Regel) UR (t) R (Ohm’sches Gesetz) mit dQ(t) = C · dUC = −C · dUR erhält man die Differentialgleichung: 4 (aus C = (1.6) (1.7) Q ) U (1.8) I(t) UR(t) UC(t) Abbildung 1.2: Entladung des Kondensators über den Widerstand R: UC nimmt als Funktion der Zeit ab. Dem entsprechend wird auch UR immer kleiner bis zum vollständigen Ladungsausgleich. I= dQ C dUC C dUR UR = =− = dt dt dt R dUR UR −C = dt R Z Z 1 1 dUr = − dt UR RC (1.10) 1 t + Konst. RC 1 UR = e−( R C t−Konst.) 1 UR = e−( R C t) e−(Konst.) (1.12) (1.9) (1.11) Die Integration liefert ln(UR ) = − In einem weiteren Schritt benennen wir e−(Konst.) ≡ U0 (1.13) , dann erhalten wir eine vereinfachte Form: 1 UR = U0 · e−( R C t) (1.14) Diese Formel lässt sich noch weiter verkürzen, indem man an dieser Stelle die Zeitkonstante t0 = R · C 5 einführt: UR = U0 · e − t t0 (1.15) Die Anfangsbedingung, dass zum Zeitpunkt t = 0 s die Spannung UR = U0 sein soll, also UR (t = 0s) = U0 liefert 1 UR = U0 · e− R C t (1.16) mit der Integrationskonstanten U0 = e−Konst. (1.17) 1.4 Die Zeitkonstante t0 aus dem Graphen bestimmen U(t)=U0e-t/t0 U (V) U0 U0/2 U0/e 0 t0 t (s) Abbildung 1.3: In diesem Graphen ist der exponentielle Abfall der Kondensatorspannung in Abhängigkeit der Zeit zu sehen. Um die Zeitkonstante t0 zu bestimmen, sind die im Text gelisteten drei Methoden möglich. Zunächst lässt sich folgende Anfangsbedingung finden: Zum Zeitpunkt t = 0 nimmt die Spannung einen Wert von U (t) = U0 an und sinkt dann exponentiell ab. Aus dieser Überlegung heraus, erhält man drei Methoden, die eine Bestimmung der Zeitkonstanten möglich machen. 6 • Methode 1: Indem man aus dem Graphen „herausliest“ welcher Wert von t dem Spannungswert von U = Ue0 entspricht. • Methode 2: Indem man eine Tangente an U0 (bei dem Wert t = 0) zeichnet und darüber bestimmt, an welchem Punkt die Tangente die Zeitachse des Graphen schneidet. • Methode 3: Indem man über QTI-Plot die Kurve des Graphen mit der bestmöglichsten Exponentialfunktion fittet. Im QTI-Programm wird dann die Zeitkonstante t0 und der zugehörige Fehler angegeben. 7 2 Versuchsdurchführung In diesem Versuch soll die Abnahme der Spannung über einem Kondensator als Funktion der Zeit gemessen werden, wenn die Kondensatorladung sich über einen angeschlossenen Widerstand entladen kann. Dafür ist folgender Aufbau nötig. 2.1 Messaufbau - die Schaltung Abbildung 2.1: Diese Schaltung besteht aus dem HP-Netzteil als Netzgerät, dem „Keithley 2000“ Multimeter als Voltmeter, einem Elektrolytkondensator mit C = 2200µF Kapazität und einem Widerstand R. Als Schalter dient das Kabel. ACHTUNG!!! Es wird ein Elektrolytkondensator verwendet. Dieser darf maximal mit einer Spannung von 10V aufgeladen und keinesfalls falsch gepolt werden, da er sonst explodieren und das Elektrolyt auslaufen kann. Achten Sie deshalb auf die Beschriftung „+“ und „-“ des Kondensators und des Netzgeräts. Schließen Sie „+“ des Netzteils an „+“ des Kondensators. Die Messung wird mit einem LabView-Programm durchgeführt. Genauere Anweisungen erhalten Sie von Ihren Betreuern. 2.2 Aufgaben • Nehmen Sie mit dem oben beschriebenen Versuchsaufbau drei Entladungskurven U = f (t) für 8 – R1 = 10 kΩ – R2 = 22 kΩ – R3 = 47 kΩ auf. Die Kapazität des Elektrolytkondensators beträgt C = 2200 µF. • Die Messkurven sollen mit Qti-Plot geöffnet und mit folgendem theoretischen Kurvenverlauf verglichen werden: − tt U (t) = U0 · e 0 wobei U0 = Anfangswert der Spannung zum Zeitpunkt t = 0 s ist und t0 = R · C, die „Zeitkonstante“ des RC-Gliedes ist. Qti-Plot enthält hierfür die Möglichkeit, einen exponentiellen Abfall zu fitten (zuvor beschriebene Methode 3). Hierzu klicken Sie bei der Tabelle mit Rechtsklick auf die Y-Spalte, dort auf „Diagramm“ und weiter auf „Punkte“. Dies sollte Ihnen ein neues Fenster mit einer Darstellung Ihrer Messkurve liefern. Um Ihre Messkurve nun exponentiell zu fitten, muss das Grafikfenster markiert sein. Gehen Sie nun in das Menüband und klicken auf „Analyse“. In diesem Reiter befindet sich ungefähr mittig die Funktion „exponentiellen Abfall anpassen“. Hierzu wählen Sie die Option „1. Ordnung“. Der Fit wird Ihnen farbig in die Grafik eingetragen. Vergessen Sie nicht, nun auch den Graphen noch ordentlich zu beschriften. Vergleichen Sie den erhaltenen Parameter t0 aus dem Fit mit dem theoretisch erwarteten Wert R · C ! • Zu welchem Zeitpunkt ist die Spannung U (t) auf 1e ·U0 abgesunken? Hierzu wenden Sie die vorhin beschriebene Methode 1 an. Vergleichen Sie anschließend das über QTI ermittelte t0 mit dem Wert t0 , der aus den graphischen Methoden (1 und 2) hervorgeht. Welche Aussage können Sie treffen? • Die im Widerstand verbrauchte Leistung ist P (t) = U (t) · I(t). Welchen Verlauf hat P (t)? Und wie groß ist die Zeitkonstante jetzt? Hierzu verwenden Sie das Ohm’sches Gesetz und berechnen das Ergebnis ohne QTI. 9