PassivhausObjektdokumentation Neubau eines Passivhauswohnheims als Pilotprojekt, Changxing, China Foto: Jan Siefke Verantwortlicher Planer Peter Ruge Architekten, Peter Ruge www.peter-ruge.de Das fünfgeschossige, nicht unterkellerte Passivhaus BRUCK verfügt über 36 Ein-RaumMitarbeiterapartments, sechs Zwei-Raum-Executive-Suites sowie vier Drei-Zimmer-Musterwohnungen. Das Gebäude ist als Pilotprojekt geplant. In den Musterwohnungen werden interessierte chinesische Familien zur Probe wohnen und sich somit unmittelbar von der hohen Qualität des Wohnens im Passivhaus auch unter subtropischen Klimabedingungen überzeugen zu können. Siehe auch: www.passivhausprojekte.de, Projekt-ID: 4153 Besonderheiten: Erstes Passivhaus-Wohngebäude in feuchtwarmen Klima Südchinas U-Wert Außenwand 0,162 W/(m²K) PHPP Jahres-Heizwärmebedarf 15 kWh/(m²a) U-Wert Garagendecke 0,155 W/(m²K) PHPP Jahres-Kühlbedarf 33 kWh/(m²a) U-Wert Dach 0,138 W/(m²K) PHPP Primärenergie 109 kWh/(m²a) U-Wert Fenster 0,84 W/(m²K) Wärmerückgewinnung 65 % Drucktest n50 0,4 h-1 1 1 Kurzbeschreibung der Bauaufgabe Passivhaus BRUCK Peter Ruge Architekten setzen neue Maßstäbe im Bereich der Nachhaltigkeit in Südchina: Passivhaus Bruck ist das erste Wohngebäude, das in der feuchtwarmen, südchinesischen Klimazone mit einer ca. 95%igen Energieeinsparung in Betrieb gegangen ist und durch das deutsche Passivhaus Institut in Darmstadt zertifiziert wurde. Das Gebäude wurde im Sommer 2014 fertig gestellt und feierlich eröffnet. Passivhaus Bruck ist ein Pilotprojekt und zeigt die Potentiale des PassivhausStandards für China auf. Es wurde durch Peter Ruge Architekten in Deutschland ausführungsreif geplant und hat hierdurch innovative, energiesparende und nachhaltige Baumethoden in China eingeführt. Die Planung erfolgte in Abstimmung mit den Ingenieuren des Passivhausinstituts. Passivhaus Bruck ist das Vorzeigeprojekt der Firma Landsea, einem etablierten Immobilienentwickler in China und deren Kernstück des Forschungs- und Entwicklungszentrum in Changxing, westlich von Shanghai. Das fünfgeschossige Gebäude beherbergt auf ca. 2.200 m2 insgesamt 36 Ein-RaumApartments, 6 Zwei-Raum-Executive-Suites sowie 4 Drei-Zimmer-Musterwohnungen. Die Wohnungen sind so angelegt, dass interessierte chinesische Familien zur Probe wohnen können, um ihre eigenen Erfahrungen mit nachhaltigem Wohnen zu sammeln und die Scheu gegenüber Passivhäusern unter extremen Witterungsbedingungen abzubauen. Auch durch das unmittelbare Erleben wird am besten vermittelt, dass Wohnen im Passivhaus maximale Aufenthalts- und Komfortqualität bietet. Das lokale Klima prägt auch das Bild der Fassade: Dreifach verglaste Fensterelemente werden gezielt in den Zimmern und Aufenthaltsbereichen eingesetzt. Feststehende Sonnenschutzelemente verschatten in der heißen Jahreshälfte die Glasfassade. Die geschlossenen Bereiche der insgesamt hoch wärmegedämmten Fassade sind zusätzlich durch vorgehängte Bänder aus farbigen Terracottastäben vor starker Sonneneinstrahlung geschützt. Peter Ruge Architekten haben mit dem Pilotprojekt Passivhaus Bruck einen wichtigen, architektonischen Meilenstein gesetzt und wurden für die Planung mit der Goldmedaille des World Green Design Award 2014 ausgezeichnet. Energieeffizientes Bauen in Südchina ist aufgrund des Klimas eine große Herausforderung, deren Antwort in der Realisierung des nachhaltigen und zukunftsweisenden Passivhausstandards liegt. 2 2 Informationen zu den Projektbeteiligten Bauherr Landsea Europe R&D GmbH Architekt Peter Ruge Architekten Statik Shanghai Landsea Planning & Architecture Design Co.,Ltd. TGA Gesamt Shanghai Landsea Planning & Architecture Design Co.,Ltd. Thermische Bauphysik Passivhaus Institut (PHI) Bauqualitätssicherung Drees & Sommer Sustainable Engineering Consulting (Shanghai) Co.,Ltd. DGNB-Beratung Energydesign(Shanghai) Co.,Ltd. Bauqualitätsworkshop Deutsche Energie-Agentur GmbH (DENA) Bauunternehmen Jiangsu Nantong Erjian Group Co.,Ltd. Blower-Door-Test Ingenieurbüro Meyer-Olbersleben Zertifizierung Passivhaus Institut (PHI) Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) 2.1 Zielvorgaben des Bauherrn Das Passivhaus Bruck ist das erste Wohngebäude, das in der feuchtwarmen südchinesischen Klimazone als Passivhaus zertifiziert werden sollte. 2.2 Wissenschaftliche Begleitung durch das PHI Allen Beteiligten war zu Projektbeginn bewusst, dass mit diesem Projekt Neuland beschritten wird. Im Zuge der Planung mussten daher zunächst einige grundlegende Entscheidungen zum Passivhausstandard in der Region Shanghai getroffen werden. Denn obwohl der Passivhausstandard weltweit einheitliche Kriterien für Energieverbrauch und Ausführungsqualität vorgibt, gab es für die Anforderungen an die Gebäudehülle eines Passivhauses in der feuchtwarmen Klimazone auf Bauteilebene noch keinerlei spezifische Erfahrungswerte oder Vergleichsdaten, oder Aussagen zu einem angestrebten Wärmedurchgangskoeffizienten. Darüber hinaus war die am Projektstandort zwingend erforderliche sommerliche Kühlung bei Projektbeginn noch nicht vollständig im Bilanzierungsmodell des PHPP implementiert. Auch der Grenzwert für die Kühllast eines Passivhauses war noch nicht abschließend festgelegt worden. Ähnlich wie beim ersten Passivhausprojekt mit reiner Luftheizung in Deutschland aus dem Jahre 1999 musste daher zunächst ermittelt werden bei welchem Zuluftvolumenstrom ein Gebäude in Changxing im Sommer gut temperiert werden kann. „Diese Aufgabe ist für Gebäude in feuchtwarmen Regionen, wo geheizt, gekühlt und zusätzlich die Zuluft entfeuchtet werden muss, bei weitem umfangreicher bzw. komplexer.“ (Dokumentation dynamische Gebäudesimulation „Bruck“ 3 Wohngebäude in Changxing, Tuying, PHI, 2012). Um dennoch das Ziel zu erreichen, ein echtes Passivhaus unter diesen neuen Bedingungen zu realisieren, wurde das Projekt von Beginn an durch das Passivhaus Institut (PHI) wissenschaftlich als experimentelles Forschungsprojekt begleitet. Gegenstand der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes durch das PHI war es, auf Grundlage der Vorentwurfsplanung der Architekten dynamische Gebäudesimulationen unterschiedlicher Ausführungsvarianten durchzuführen. Nur so konnten diejenigen Parameter zuverlässig identifiziert werden, die unter den vorherrschenden Klimabedingungen den stärksten Einfluss auf den Gesamtenergiebedarf haben. Die Simulationsberechnungen wurden auch dazu genutzt, die Bilanzberechnung im PHPP zu überprüfen und zu verifizieren. 2.3 Planung durch Peter Ruge Architekten Die Planungsverantwortung lag im gesamten Projektzeitraum vollumfänglich bei Peter Ruge Architekten. Ziel war es, die Passivhauskriterien nach Komfort, Qualität und Sicherheit nachhaltig zu evaluieren und für dieses Bauvorhaben zu bestimmen. In der ersten Phase wurden hierfür ca. 100 Einzelkriterien durch die Architekten aufgestellt, mit dem Bauherrn evaluiert und für die Planung festgeschrieben. Hieraus ergaben sich die Vorgaben für die Nutzung des Gebäudes, die Anzahl der Personen und Art der Nutzung. Die Simulationsergebnisse des PHI wurden durch die Architekten für qualifizierte Kosten-Nutzen-Abwägungen ihrer Planungsentscheidungen verwendet - wobei „Kosten“ sich hier auf den zu minimierenden Gesamtenergieverbrauch des Gebäudes bezieht und „Nutzen“ auf den angestrebten maximalen Komfort des Nutzers. Aufgrund der Klimasituation in Changxing stellt der sommerliche Wärmeschutz die größte Herausforderung dar. Die Architekten entschieden sich daher, den Eintrag von direkten Sonnenlicht in das Gebäude für den Sommer vollständig ausschließen und den Eintrag von Strahlungswärme auch auf der Nordseite durch die Außenwände mithilfe eines geeigneten Verschattungssystems deutlich zu reduzieren. Dazu wurden unterschiedliche Konzepte in Simulationen getestet und schließlich die am besten geeignete Lösung dem Bauherrn vorgestellt. Eine in den Simulationsstudien des PHI geforderte drastische Reduktion des g-Werts der Verglasung konnte durch die vollständige Verschattung der Glasflächen ausgeglichen werden. Im Ergebnis sind die fertiggestellten Zimmer tagsüber hell und freundlich und die Abhängigkeit von künstlicher Beleuchtung wird reduziert. Im Zuge der Optimierung des Sonnenschutzes wurde das Gebäude auf dem Grundstück um ca. 45 ° gedreht und ist nun exakt nach Süden orientiert. Dadurch konnten zusätzlich ca. 16% der Kühlungsenergie eingespart werden. 4 Im Verlauf der Ausführungsplanung wurden durch die Architekten Anforderungsprofile für die wärmegedämmte Gebäudehülle erstellt und die einzelnen Bauteile detailliert. Dabei wurden stets mehrere Varianten getestet und miteinander verglichen. Besonderes Augenmerk wurde einerseits darauf gelegt, lokal verfügbare Materialien zu verwenden, um die Baukosten zu minimieren und den Investitionsbedarf zu begrenzen. Andererseits war es Ziel der Architekten, für die teilweise komplexen Fassadenanschlüsse möglichst einfache Lösungen zu finden. So konnten in der Planungsphase alle Voraussetzungen für die im Passivhausbau erforderliche hohe Ausführungsqualität und eine wärmebrückenfreie und luftdichte Konstruktion sichergestellt werden, was sich im realisierten Messwert der Luftdichtigkeit von 0,36 h-1 bestätigt. Insbesondere die Fenster und Fassade, maßgebend für den Komfort wurden durch die Architekten untersucht und neben weiteren, hunderten von Details passgenau nach Passivhausstandard entworfen. In Zusammenarbeit mit den Fachplanern haben die Architekten die Auswirkungen der unterschiedlichen haustechnischen Anlagen insbesondere für die PassivhausLüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung auf das Gebäude evaluiert. Gewählt wurde ein semi-zentrales Konzept mit einer Feuchterückgewinnung. Nachdem der Auftraggeber festgelegt hatte keine Erdwärmepumpen einzusetzen, wurde eine elektrisch betriebene Luftwärmepumpe als primärer Kälteerzeuger gewählt. Biomasse oder fossile Brennstoffe standen nicht zur Verfügung. Die endgültige Wahl der Lüftungsstrategie erfolgte in Abstimmung mit dem PHI. Für die Trinkwassererwärmung wurden wassergeführte thermische Sonnenkollektoren auf dem Dach geplant. Nach Abschluss der Ausführungsplanung wurde durch die Architekten eine finale PHPP-Berechnung erstellt. Die Geometrie des Gebäudes wurde dazu mithilfe des SketchUp-Plugins „designPH“ ermittelt, um die Verschattungsfunktion der Sonnenschutzfassade und des Baukörpers detailliert berücksichtigen zu können. Somit konnte durch die Architekten der Nachweis geführt werden, dass es sich um ein Passivhaus handelt. Parallel zur Berechnung des Architekten wurde das Gebäude durch das PHI simuliert. Die Ergebnisse der Berechnungen decken sich, so dass das Gebäude zertifiziert werden konnte. 2.4 Örtliche Qualitätssicherung in der Ausführungsphase Die Ausführungsplanung der Architekten war Grundlage der Ausschreibung und Vergabe durch den Bauherrn. Die engmaschige örtliche Qualitätssicherung in der Ausführungsphase wurde auf Grundlage der Ausführungsdetails der Architekten durch lokal ansässige Firmen durchgeführt. Der Blower Door Test erfolgte durch das Ingenieurbüro Meyer-Olbersleben. 5 3 Ansichtsfotos Passivhaus BRUCK Die Südseite mit den charakteristischen Sonnenschutz-Leibungen ist auf dem Deckblatt abgebildet. Blick von Nordost auf das Passivhaus Bruck. Deutlich zu erkennen ist die Sonnenschutzfassade aus vertikalen Terracottastäben, die die Obergeschosse auf allen Seiten umschließt und so die direkt auf das darunterliegende WDVS und die Fenster treffende Wärmestrahlung deutlich reduziert. (Foto: Jan Siefke) Innenaufnahme eines 2-Zimmer-Apartments. (Foto: Drees & Sommer) 6 4 Schnittzeichnung Passivhaus BRUCK Längsschnitt. Im Schnitt ist der Verlauf der thermischen Gebäudehülle hervorgehoben, die insbesondere in den heißen Sommermonaten des subtropischen Klimas den Wärmeeintrag ins Innere reduziert. Der Garagenbereich (links im EG) liegt außerhalb der thermischen Hülle. Hier ist deshalb die darüberliegende Decke auf der Unterseite gedämmt. Eine Dämmung der Bodenplatte unter dem Foyer ist aufgrund des vorherrschenden Klimas mit milden Jahresdurchschnittstemperaturen nicht erforderlich. Hier ist lediglich eine geringe Trittschalldämmung vorhanden. (Schnitt: Peter Ruge Architekten) 7 5 Grundrisse Grundriss Erdgeschoss (genordet). Im östlichen Teil des Erdgeschosses befindet sich das großzügige gläserne Foyer, das von Norden und Süden betreten werden kann. Über einen verglasten Aufzug und die Treppe gelangt man in die Obergeschosse. Um das Foyer vor der intensiven Morgensonne zu schützen ist es von der Ostfassade zurückgesetzt, entlang der Südfassade wird es durch ein durchgehendes Vordach verschattet. In der Gebäudemitte liegen Hintergrundbereiche für das Personal, Haustechnikflächen sowie der zentrale Waschmaschinenraum der Bewohner. Der Westteil des Erdgeschosses befindet sich außerhalb der thermischen Gebäudehülle, er beherbergt eine offene Garage, die mit Ladestationen für Elektroautos und -roller ausgestattet ist. (Grundriss: Peter Ruge Architekten/LANDSEA) Grundriss Regelgeschoss (1.-3.OG). In den Obergeschossen befindet sich gegenüber des Aufzugs in jedem Geschoss ein Gemeinschaftsraum. Westlich schließen daran die 1-Raum-Apartments (1.3.OG) und die 2-Raum-Executive-Suites (4.OG) an, die teilweise barrierefrei ausgeführt wurden. Östlich liegen die 3-Zimmer-Wohnungen. Die Apartments verfügen jeweils über ein eigenes Bad, die 3-Zimmer-Wohnungen über 2 Bäder und eine Küche. (Grundriss: Peter Ruge Architekten/LANDSEA) 8 6 Konstruktionsdetails der Passivhaushülle und -technik Bei der Planung und Ausführung der Gebäudehülle wurde eine weitgehend wärmebrückenfreie Konstruktion angestrebt. Im Folgenden sind die wesentlichen Konstruktionen dargestellt. Bauteile mit geringen Flächenanteilen werden aufgrund des vergleichsweise geringen Einflusses auf die Gesamtqualität der Gebäudehülle nicht beschrieben. 6.1 Konstruktion inkl. Dämmung der Bodenplatte bzw. Kellerdecke mit Anschlusspunkten zu Außen- und Innenwänden Bodenplatte. Aufgrund der Bodenverhältnisse wurde das Gebäude unterhalb der Stahlbetonstützen mit Bohrpfählen gegründet. Die sich daraus ergebenden punktuellen Wärmebrücken in der Bodenplatte sind in der PHPP-Berechnung berücksichtigt worden. Auf eine Dämmung der Bodenplatte unter dem Gebäude über die Trittschalldämmung hinaus wurde jedoch mit Blick auf die vorherrschenden klimatischen Bedingungen verzichtet. (Detail: Peter Ruge Architekten/LANDSEA) 9 Decke über EG gegen Außenluft. Die Garage im Westteil des Erdgeschosses liegt außerhalb der Gebäudehülle. Gleiches gilt für die Decke über EG im Bereich des zurückspringenden Erdgeschosses im Osten, hier muss die Decke gedämmt werden. Das Detail zeigt den Anschluss an die Wände der Obergeschosse. Durch die durchlaufenden Stahlbetonstützen entstehen in der Decke punktuelle Wärmebrücken, die in der PHPP-Berechnung berücksichtigt worden sind. (Detail: Peter Ruge Architekten/LANDSEA) Bodenplatte 20 mm Natursteinplatten; 20 mm Zementestrich; 80 mm Leichtbeton; Abdichtungsbahn; 30 mm Dämmung XPS 035; Bituminöse Abdichtung; 60 mm Beton; verdichtetes Erdreich U-Wert 0,81 W/(m²K) Garagendecke 15 mm Bodenbelag, textil; 40 mm Leichtbeton, 40 mm Dämmung XPS 040; 150 mm Leichtbeton; 15 mm Zementputz; 200 mm WäDä EPS 040; 5 mm Deckenputz U-Wert 0,16 W/(m²K) 6.2 Konstruktion inkl. Dämmung der Außenwände Das Gebäude ist als Stahlbetonskelettbau konstruiert, im Bereich der Außenwände werden die Felder zwischen den Stützen mit Mauerwerk ausgefüllt, auf das außenseitig ein WDVS aufgebracht wird. Innenseitig sind die Wände und Stahlbetonoberflächen verputzt. Um die im Sommer sehr intensive direkte Wärmeeinwirkung auf die Gebäudehülle zu reduzieren wurde als „Fassade vor der Fassade“ ein umlaufener Sonnenschutz aus vertikalen, farbigen Terracottastäben entwickelt. Er umschließt die Obergeschosse des Gebäudes und ist nur im Bereich der Zimmerfenster unterbrochen, um einen ungehinderten Ausblick zu ermöglichen. 10 Die Südfenster und die Balkone sind mit 1,0 m tiefen Sonnenschutz-Leibungen versehen, die so geformt sind, dass sie die Fensterfläche in der warmen Jahreshälfte vollständig verschatten und auch die seitlich auftreffende tiefe Morgen- und Abendsonne abschirmen. Aus Gründen der Erdbebensicherheit konnte zur Befestigung des Sonnenschutzes und der Balkone am Betonkörper nicht auf thermisch entkoppelnde Einbauteile zurückgegriffen werden. Die Befestigung erfolgt daher über eine minimierte Anzahl von würfelförmigen Betonaufkantungen im Stützenraster von ca. 6,0 m, die als punktuelle Wärmebrücken in der PHPPBerechnung berücksichtigt wurden. Der Aufbau der Außenwand im Passivhaus BRUCK. Der Detailschnitt zeigt auch die Betonkaufkantung zur Befestigung der Sonnenschutzfassade. Hier dargestellt ist ein Detail der Südfassade: oben ist der Anschluss der Terracottastäbe gezeigt, unten die Sonnenschutz-Leibung um die Fenster. Geschossweise verhindern umlaufende Riegel aus MW 035 in der Dämmebene den Brandüberschlag. (Detail: Peter Ruge Architekten / LANDSEA) Außenwand 15 mm Innenputz; 200 mm Ziegelmauerwerk; 25 mm Zementputz; 200 mm Wärmedämmung EPS 035, zweischichtig aufgebracht; 5 mm Zementputz 11 U-Wert 0,16 W/(m²K) 6.3 Konstruktion inkl. Dämmung des Daches Der Dachaufbau im Passivhaus BRUCK. Das Dach ist als ebene Stahlbetondecke ausgeführt, auf das eine PUR-Wärmedämmung mit einer Dämmstärke von 230 mm aufgebracht wurde. Darüber liegt eine Porenbetonschicht, die ein 2,0 % Gefälle ausbildet. Die Stahlbetonattika wird vollständig vom Dämmstoff umschlossen. (Zeichnung: Peter Ruge Architekten / LANDSEA) Dach 10 mm Innenputz; 150 mm Leichtbeton; Bituminöse Abdichtung; 20 mm Zementputz; 230 mm PUR-Ortschaum 035; 80 mm Leichtbeton mit Gefälle; Bituminöse Abdichtung; 40 mm Leichtbeton 12 0,14 W/(m²K) 6.4 Fensterschnitte inkl. Einbauzeichnung Fensterschnitt. Trotz vollständiger Verschattung der Fenster im Sommer durch die feststehenden Sonennschutzelemente sind die Fenster als Sonnenschutzfenster ausgelegt um solare Lasten, die sich aus reflektierter Strahlung ergeben im Sommer zu reduzieren. Die stark selektive Verglasung der Fenster lässt dabei zwar von nur 40 % der Strahlungsenergie, aber trotzdem bis zu 60 % des sichtbaren Lichts durch, wodurch die Abhängigkeit von künstlicher Beleuchtung reduziert wird. (Zeichnung: Peter Ruge Architekten/LANDSEA) Fenster Dreifach-Sonnenschutzglas mit Ug = 0,73 W/(m²K), g = 0,40, Glasabstandshalter mit ψGlasrand = 0,036 W/(mK) Holz-Aluminium-Fensterrahmen Passive 120, Fa. Harbin Sayyas mit Uf = 0,80 W/(m²K) 13 0,84 W/(m²K) 7 Beschreibung der luftdichten Hülle; Dokumentation des Drucktestergebnisses Das Gebäude ist in Stahlbetonskelettbauweise mit massiven Außenwänden aus Mauerwerk errichtet worden. Die Stahlbetondecke des Daches und der Geschosse ist genau wie die Stahlbeton-Bodenplatte in sich luftdicht. Das Mauerwerk ist auf der Innenseite vollflächig verputzt, der Putz bildet die luftdichte Ebene. Bei der Ausführung wurde darauf geachtet, dass auch Bereiche, die im Endzustand nicht mehr sichtbar sind, wie z.B. an der Außenwand liegende Schächte und Technikräume vollflächig verputzt wurden. Um die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle sicherzustellen, müssen Fenster, Türen und insbesondere die Durchdringungspunkte für Medienleitungen der auf dem Dach installierten Haustechnik sorgfältig und vor allem dauerhaft abgedichtet werden. Zur Qualitätssicherung wurde ein AusführungsWorkshop durchgeführt, in dem beteiligten Baufirmen das erforderliche Fachwissen vermittelt wurde. Der abschließende Drucktest wurde nach Fertigstellung der luftdichten Hülle durch das Ingenieurbüro Meyer-Olbersleben, Lüneburg durchgeführt. Drucktestmessergebnisse aus dem Passivhaus BRUCK Messung Gesamtgebäude 50 Pa-Drucktestluftwechsel n50 h-1 0,4 14 8 Lüftungsplanung Die Lüftungsanlage im Passivhaus Bruck teilt sich in drei Bereiche: Foyer, Apartments und Musterwohnungen mit Gemeinschaftsräumen. Diese drei Bereiche werden von drei getrennten balancierten Lüftungssystemen versorgt, das Gerät für das Foyer steht im Gebäudeinnern im EG, die beiden anderen Geräte stehen auf dem Dach. Im Folgenden wird exemplarisch die Lüftung der Apartments erläutert. Dachaufsicht mit Lüftungsleitungen. (Zeichnung: LANDSEA) Die Apartments werden über eines der zentralen Lüftungsgeräte auf dem Dach versorgt. Jeweils sechs 1-Raum-Apartments und ein 2-Raum-Apartment teilen sich einen mittig angeordneten Versorgungsschacht, sechs Schächte sind vorhanden. Die Frischluft wird in den einzelnen Zimmern im Bereich der abgehängten Decke entlang der Fassade eingebracht und die verbrauchte Luft in den Bädern abgesaugt. Bei einer Zuluftmenge von 40 m³/h ergibt sich der vorgesehene 0,6-fache Luftwechsel. Um die Feuchtigkeit und Temperatur in den Apartments mit diesem Luftwechsel innerhalb der Komfortparameter halten zu können, wird die im Sommer sehr feuchte und warme Außenluft zunächst zentral gekühlt und entfeuchtet. Für zusätzlichen Kühl- oder Entfeuchtungsbedarf steht innerhalb der Zimmer ein individuell (temporär) zuschaltbarer Umluft-Kühler mit zweifachem stündlichem Luftwechsel zur Verfügung. Die ausgeführten Lüftungsgeräte weisen einen Wärmebereitstellungsgrad von 69 % bis 71 % auf. Unter Berücksichtigung der Leitungsverluste ergibt sich für das Gebäude ein gemittelter effektiver Wärmebereitstellungsgrad von 65 %. Die Elektroeffizienz der Ventilatoren liegt im Bereich um 0,45 Wh/m³. 15 9 Wärmeversorgung (exemplarisch) Der Wärme- und insbesondere der Kältebedarf im Sommer wird über zwei LuftWärmepumpen gedeckt, die auf dem Dach installiert sind. Eine der Pumpen versorgt die zentralen Lüftungsgeräte, die andere die Kälteregister der zuschaltbaren Umluftgeräte in den Zimmern. Um die Leitungsverluste gering zu halten, sind die Kühlmittelleitungen durchgehend mit doppelter Nennweite gedämmt. Die Brauchwassererwärmung erfolgt über eine Solarthermieanlage, die auf dem Dach des Gebäudes aufgeständert ist. Die solare Deckung beträgt auf das Jahr gerechnet 82 %, die übrige erforderliche Wärme wird über ein elektrisches Heizelement bei Bedarf bereitgestellt. Dachaufsicht mit Lüftungs- und Kühl-/Wärmeleitungen. Rechts ist die Solarthermieanlage zu erkennen, links einer der großen Wasserspeicher. In der Mitte befinden sich die beiden Wärmepumpen für den Kühl- und Heizbedarf. (Foto: Drees & Sommer) 16 10 PHPP-Berechnungen Nach Eingabe aller Daten des Projekts Passivhaus BRUCK erhält man die im Folgenden dokumentierten PHPP-Ergebnisse (Klima Shanghai). Passivhaus Nachweis Foto oder Zeichnung Passivhaus Bruck Changxing Chengshan Road 1 31310 Huzhou, Zhejiang Province China Wohnheim [CN] - Shanghai Objekt: Straße: PLZ/Ort: Land: Objekt-Typ: Klima: Höhe Gebäudestandort (m ü. NN): - Landsea Europe R&D GmbH Steinlestraße 6 D-60596 Frankfurt Bauherrschaft: Straße: PLZ/Ort: Peter Ruge Architekten Rheinstraße 5 D-12159 Berlin Architektur: Straße: PLZ/Ort: Shanghai Landsea Architecture Technology CO.Ltd. 11F, International Design Center, 100 Guokang Road, Yangpu District 200092 Shanghai, P.R. China Haustechnik: Straße: PLZ/Ort: Gebäudekennwerte mit Bezug auf Energiebezugsfläche und Jahr Energiebezugsfläche Heizen Heizwärmebedarf Heizlast Kühlen Kühlbedarf gesamt Kühllast 1939.9 Heizen, Kühlen, Entfeuchten, WW, Hilfsstrom, Licht, elektr. Geräte WW, Heizung und Hilfsstrom 15 15 kWh/(m a) W/m2 10 W/m² 33 10 kWh/(m2a) 24 kWh/(m²a) Drucktest-Luftwechsel n50 2 10 W/m² W/m % 109 63 - kWh/(m2a) 2 kWh/(m a) 2 PE-Einsparung durch solar erzeugten Strom Luftdichtheit Anforderungen 2 15 kWh/(m²a) Übertemperaturhäufigkeit (> 25 °C) Primärenergie m² kWh/(m a) 0.4 1/h 120 kWh/(m²a) Erfüllt?* ja Pilotprojekt ja ja - - - - 0.6 1/h ja * leeres Feld: Daten fehlen; '-': keine Anforderung Pilotprojekt Passivhaus? PHPP-Dokument des Passivhaus Bruck 17 11 Weitere Gebäudedaten Baukosten Angabe der Baukosten vom Bauherrn nicht gewünscht Baujahr 2012 – 2014 Projektbeteiligte siehe Abschnitt 2 Veröffentlichungen Kaufmann et. al 2011: Dynamische Simulation des thermischen Verhaltens eines gebäudes in feuchtwarmen Wetterregionen, Dokumentation, Passivhaus Institut, Darmstadt 2012 18