min aktionspotential

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Grundlagen der
Elektrokardiografie,
Grundsätze und Systematik
der EKG-Auswertung
Jürgen Häbe
Villingen-Schwenningen
Elektrokardiographie (EKG)
Definition
• Durch ein spezielles Gerät und mittels Elektroden werden die an der
Körperoberfläche ableitbaren Aktionsströme des Herzens registriert.
• Dieser Registriervorgang wird als Elektrokardiographie (EKG)
bezeichnet.
• Diese Potenziale, die registriert werden, entstehen an der Grenzfläche
zwischen erregtem und unerregtem Teil des Myokards.
Der Elektrokardiograph
Auto
I
II
HF: 78
I,II,III aVR, aVL, aVF V1-V6
1cm/mV 50 mm/s
NF MF ADS
III
© by Thomas Peter
Der Elektrokardiograph
Galvanometer
25 mm/s oder 50 mm/s
© by Thomas Peter
Der Elektrokardiograph
0,02 s
0,1 s
0,5 s
1 mV
1 cm
Papiergeschwindigkeit: 50 mm/s
© by Thomas Peter
Der Elektrokardiograph
0,04 s
0,2 s
1s
1 mV
1 cm
Papiergeschwindigkeit: 25 mm/s
© by Thomas Peter
Grundlagen des EKG
HF: 0
Ableitungsrichtung
-
+
Erregungsrückbildung
Haupterregungsrichtung
d. Muskels
© by Thomas Peter
Entstehung der EKG-Kurve
• Die Geschwindigkeit der Erregungsausbreitung bestimmt die
Breite des EKG-Ausschlages:
– schnelle Erregungsausbreitung erzeugt einen schmalen
Ausschlag
– langsame Erregungsausbreitung erzeugt einen breiten
Ausschlag
• Je mehr Myokard erregt wird, um so höher ist der EKG-Ausschlag
Breiter und schmaler EKG-Ausschlag
Breiter und schmaler EKG-Ausschlag
Ursprung der Erregung
© by Thomas Peter
Größe der EKG-Amplitude
Myokard
Myokard
Myokard
Beziehung Erregungsrichtung
zur Elektrode
Erregungsrichtung
Indikationen für die Durchführung
eines EKGs in der Klinik
• primäre und sekundäre Störungen der Reizbildung und der Erregungsleitung des
Herzens
• primäre Anomalien der Erregungsleitung (Präexzitationssyndrome) und der
Erregungsrückbildung (QT-Syndrome)
• angeborene und erworbene Herzfehler
• primäre und sekundäre Kardiomyopathien
• entzündliche Erkrankungen des Perikards und Perikarderkrankungen nicht
entzündlicher Genese
• degenerative Erkrankungen des Myokards (KHK), akuter Myokardinfarkt und
Postinfarkt-Zustände
• Stoffwechselstörungen und -krankheiten (Elektrolytstoffwechsel, Hyperthyreose)
• Steuerung und Kontrolle der Pharmakotherapie und Elektrotherapie
• Screening-Untersuchungen allgemeiner Art oder vor speziellen Risikopopulationen
Das Erregungsbildungs- und
Erregungsleitungssystem besteht aus
• Sinusknoten,
• Atrioventrikularknoten,
• His`sche Bündel,
• Rechter Tawara-Schenkel,
• Linker Tawara-Schenkel mit anterior-superiorem Faszikel und
posterior-inferiorem Faszikel,
• Purkinje`sches Fasernetz.
Reizbildungs- und
Erregungsleitungssystem
Sinusknoten
anteriores (oder James)
mittleres (oder Wenckebach)
posteriores (oder Thorel)
Internodalbündel
rechter Tawara-Schenkel
Purkinje-Fasern
interatriales
Bachmannbündel
Atrioventrikulärknoten
His-Bündel
linker Tawara-Schenkel
(posteriorer Faszikel)
Linker Tawara-Schenkel
(anteriorer Faszikel)
Purkinje-Fasern
© by BIOTRONIK
Der Sinusknoten
© Firma Osypka/Basel
Sinusknoten
• Autonome und primäre Schrittmacher des Herzens
• Spontan-Frequenz beträgt 60-90 Schläge/min.
• Der Sympathikus wirkt positiv chronotrop.
• Der Parasympathikus wirkt negativ chronotrop.
Atrioventrikular (AV)-Knoten
• Physiologische Schranke zwischen Vorhof und His-Bündel
• Die Schrankenfunktion ist bei rascher Folge von atrialen Impulsen bedeutsam:
– Vorhofflimmern,
– Vorhofflattern,
– Vorhoftachykardien.
• Die Erregungsfront wird vom AV-Knoten in das His-Bündel
weitergeleitet.
• Die Leitungseigenschaft des AV-Knotens werden durch die
autonome Innervation gesteuert.
Die vegetative Innervation
des Herzens:
• Die vegetative Innervation des Herzens erfolgt durch parasympathische als auch durch sympathische Nervenfasern.
• Die parasympathische Innervation des Herzens wird gewährleistet
durch rechte Fasern des N. vagus im Bereich des Sinusknotens und
durch linke Fasern des N. vagus im Bereich des AV-Knotens.
• Die sympathische Innervation des Herzens wird durch Fasern in den
beiden Vorhöfen und beiden Kammern ermöglicht.
Efferente Innervation des Herzens
Parasympathikus
Sympathikus
Physiologische
Grundlagen
Parasympathikus
Sympathikus
Sinusknoten
AV-Knoten
HIS-Bündel
Linker Schenkel
Rechter Schenkel
Durch die unterschiedliche Verteilung der sympathischen und parasympathischen
Efferenzen differieren die nervalen Wirkungen in den einzelnen Herzabschnitten.
© by BIOTRONIK
Effekte von Sympathikus und
Parasympathikus
Sympathikus
Parasympathikus
– Steigerung der Herzfrequenz
(positiv chronotroper Effekt)
– Senkung der Herzfrequenz
(negativ chronotroper Effekt)
– Verkürzung der AV-Überleitungszeit
(positiv dromotroper Effekt)
– Verlängerung der AV-Überleitungszeit
(negativ dromotroper Effekt)
– Beschleunigung der
Kammerdepolarisation
– Minderung der Kontraktilität des
Vorhofes
(negativ inotroper Effekt)
– Steigerung der Kontraktilität
(positiv inotroper Effekt)
– Abschwächung der stimulierenden
Wirkungen der Katecholamine
(antiadrenerger Effekt)
Folgende Grundeigenschaften der Myokardzelle
sind für die Herztätigkeit Voraussetzung:
• Die Automatizität
• Die Erregbarkeit
• Die Erregungsleitungsfähigkeit
• Automatizität, Erregbarkeit und Erregungsleitungsfähigkeit sind
wichtige Grundvoraussetzungen für das Aktionspotential.
• Das Aktionspotential führt bei einer Muskelfaser des Arbeitsmyokards zu einer Kontraktion und trägt somit insgesamt aufgrund der Anordnung des Arbeitsmyokardes zur Pumpleistung des
Herzens bei.
Bei einer Nervenfaser und bei einer Faser des Erregungsleitungssystems zu einer Fortleitung des Erregungsimpulses.
Physiologische
Grundlagen
Zellspannung
V
(- 90 mV)
Na+
K+
K+
++++++
--------
Na+
Zelle
extrazellulär
intrazellulär
Zellmembran
Ruhepotential
© by BIOTRONIK
Aktionspotential und Ionenaustausch
Systole
Diastole
EKG
Aktionspotential
Ionenaustausch
+ 30
0
- 30
- 60
- 90
Intrazellularraum
Zellmembran
Extrazellularraum
© by BIOTRONIK
1
mV
2
3
0
4
4
K+
Na+
----
Na+
K+ Ca.+ Einstrom Ausstrom
Na+
Na+
-
++
-++++
K+ Na+-Einstrom
Na+
K+
K+
+
K+
Na+
ATP
K+
--+++
K+
Na+
Physiologische
Grundlagen
Aktionspotenzial
und Körperoberflächen-EKG
Depolarisation
Repolarisation
Phase 0
Phase 2
Phase 3
Abschnitte des Aktionspotentials
• Phase 0:
Schnelle Depolarisation
• Phase 1:
Frühe schnelle Repolarisation
• Phase 2:
Plateauphase
• Phase 3:
Späte schnelle Repolarisation
• Phase 4:
Ruhemembranpotential und diastolische Depolarisation
Aktionspotential
(mV)
1
+ 20
2
0
- 20
0
- 40
- 60
- 80
3
Na
4
K
4
0 schnelle Depolarisation
1 frühe Repolarisation
2 Plateauphase
3 Repolarisation
4 Ruhepotential
Leitungsfähigkeit
extrazellulär
++++++++++++ - - - - - - - - - - - - - - +++
++++++++++++++++++++++
- - -- -- - -- -- - -- -- - -- - -
intrazellulär
Myocardzelle
Na+
Schneller
Einstrom
© by BIOTRONIK
Ca++
Langsamer
Einstrom
K+
Na+
ATP
K+
Ausstrom
Na/K
Pumpe
Refraktärperioden
• Absolute Refraktärperiode
Keine Erregung des Myokards möglich
• Effektive Refraktärperiode
Stimuli werden mit kleinen und flachen Aktionspotentiale
beantwortet.
• Relative Refraktärperiode
Stimuli können mit effektiven Aktionspotentiale
beantwortet werden.
Refraktärphasen
+ 30
mV
1
2
0
- 30
Absolute
Refraktärphase
0
3
Effektive R.
- 60
Relative
Refraktärphase
SNP
- 90
0
100
200
4
300 ms
ARP: Extrareiz ohne Reizbeantwortung
ERP: Extrareiz ohne signifikante Reizbeantwortung
RRP: Extrareiz mit schwacher Reizbeantwortung
SNP: Supernormale Phase, gesteigerte Erregbarkeit
© by BIOTRONIK
Elektrophysiologische Grundlagen
120 ml
EDV
Enddiastolisches
Volumen
1. Isovolumetrische 50 ml
ESV
Anspannung
Endsystolisches
2. Auxotonische
1
2
3
4
5
6
1 Volumen
0
Auswurfphase
3. Isovolumetrische
Diastole
Systole
Entspannungsphase
4. Schnelle Kammerfüllung
EDV - ESV x 100
5. Langsame Kammerfüllung
Ejection Fraction = EF =
EDV
6. Vorhofkontraktion
Hämodynamik
© by BIOTRONIK
Automatizitätszentren des Herzens
• Primäres Erregungsbildungszentrum:
Der Sinusknoten mit einer Eigenfrequenz von ca. 60-100 /min.
Der vom Sinusknoten ausgehende Rhythmus wird als Sinusrhythmus
bezeichnet.
• Sekundäres Erregungsbildungszentrum:
Bereich des AV-Knotens und des His-Bündels mit einer Eigenfrequenz
von ca. 45 /min.
Der vom AV-Knotenbereich ausgehende Rhythmus wird als Knotenersatzrhythmus bezeichnet.
• Tertiäre Erregungsbildungszentren:
Ventrikuläres Erregungsleitungssystem und das Purkinje-Fasersystem
mit einer Eigenfrequenz von 30-40 /min.
Der von den Kammern ausgehende Rhythmus wird als Kammerersatzrhythmus bezeichnet.
Physiologische
Grundlagen
Automatiezentren
Sinusknoten
70 bpm
LDD
AV Knoten
40-60 bpm
LDD
PURKINJE
Fasern
20-40 bpm
LDD
Myokardzellen
Ruhepotential
Aktionspotential
LDD = Langsame Diastolische Depolarisation
© by BIOTRONIK
Herzregionen
anterior
posterior
inferior
EKG-Ableitungsformen
• Bei bipolaren Ableitungen wird die Spannungsdifferenz zwischen
zwei Elektroden gemessen (Plus- und Minus-Elektrode).
• Bei unipolaren Ableitungen wird die Spannung an einer Elektrode (Plus-Elektrode) gegen eine Referenzelektrode (MinusElektrode) mit konstantem Potential gemessen.
Ableitungen für die klinische
Elektrokardiographie
• Bipolare Extremitäten-Ableitung nach Einthoven:
I, II, III.
• Semiunipolare Extremitäten-Ableitung nach Goldberger:
aVR, aVL, aVF. (a = augmented = verstärkte V = Voltage)
• Unipolare Brustwand-Ableitungen nach Wilson:
V1 - V6
• Bipolare Brustwand-Ableitungen nach Nehb:
D, A, I.
• Korrigierte orthogonale Ableitung nach Frank
• Spezielle EKG-Ableitungen:
Überwachungs-Ableitung im Rettungswesen, auf der Intensivstation,
während diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen,
Langzeit-EKG-Ableitungen,
Belastungs-EKG-Ableitungen,
Ösophagus-EKG-Ableitungen,
Intrakardiale Ableitungen (EPU)
Standard-Ruhe-EKG-Ableitungen
1. Frontalebene
Standard-Ableitungen nach Einthoven I, II, III,
Standard-Ableitungen nach Goldberger aVR, aVL, aVF,
(a = augmented = verstärkt, V = Voltage)
Bei den Einthoven-Ableitungen handelt es sich um bipolare Extremitäten-Ableitungen
zwischen
rechtem Arm (roter Stecker) und linkem Arm (gelber Stecker) = Ableitung I
rechtem Arm (roter Stecker) und linkem Bein (grüner Stecker) = Ableitung II
linkem Arm (gelber Stecker) und linkem Bein (grüner Stecker) = Ableitung III
Bei den Goldberger-Ableitungen handelt es sich um semiunipolare ExtremitätenAbleitungen
rechter Arm (roter Stecker), (aVR)
linker Arm (gelber Stecker), (aVL)
linkes Bein (grüner Stecker), (aVF)
RA
- -
Ableitung I
Ableitung II
LA
+ -
Ableitung III
LB
+ +
RA
RA
+
+
LA
Ableitung aVR
LA
LB
LA
LA
+
+
RA
Ableitung aVL
LB
RA
LA
LB
LB
+
Ableitung aVF
Standard-Ruhe-EKG-Ableitungen
• 2. Sagittalebene:
Standard-Ableitungen nach Wilson V1 bis V6
(semiunipolare Brustwandableitungen)
V1 rechter Sternalrand 4. ICR
V2 linker Sternalrand 4. ICR
V3 zwischen V2 und V4
V4 5.ICR Schnittpunkt mit der linken MCL-Linie
V5 in Höhe von V4 in der vorderen Axillarlinie
V6 in Höhe von V4 in der mittleren Axillarlinie
• Wird das EKG zwischen zwei Punkten abgeleitet, z.B. zwischen rechtem
und linkem Arm, dann spricht man von einer bipolaren Ableitung.
• Von einer semiunipolaren Ableitung spricht man, wenn der eine Pol aus der
elektrischen Zusammenschaltung mehrerer Ableitungspunkte besteht und
die Lokalisation des anderen Ableitungspunktes fest definiert ist, wie z.B.
bei den EKG-Ableitungen V1 bis V6.
V1
V2
V3
V4
RA
LB
V5
V6
LA
© by Thomas Peter
© by Thomas Peter
© by Thomas Peter
Informationsgebiete
der EKG-Brustwandableitungen
• V1 und V2 informieren über den rechten Ventrikel
• V2 und V3 über das Septum und das anteroseptale
Wandsegment
• V4 über den Apex und
• V5 und V6 über den anterolateralen und lateralen Abschnitt
des linken Ventrikels.
Merke: Jede EKG-Ableitung
repräsentiert typische Abschnitte des Herzens
• Inferiore Ableitungen:
II, III, aVF.
• Anteriore Ableitungen:
V1-V4
• Laterale Ableitungen:
I, aVL (hohe Seitenwand),
V5, V6 (tiefe Seitenwand)
• Die dorsale (strikt posteriore) und rv. Region
ist in den Routineableitungen nicht direkt
repräsentiert
© by Prof. M. Kaltenbach
Wichtige Informationen für die
Durchführung eines EKG
• Personalien des Patienten
• anamnestische Angaben
• klinischer Befund
• Zusatzbefunde (Röntgen- und Laborbefunde)
• Angaben zur bisherigen Therapie
• klinische Diagnose bzw. Differentialdiagnose
• konkrete Fragestellung
Ruhe-EKG-Registrierung
• Vorbereitung des Patienten
• Anlegen der EKG-Elektroden
• Einstellung des EKG-Gerätes
• EKG-Registrierung
• Bei Bedarf Beseitigung von Störungen und Artefakten
• Danach erneute EKG-Registrierung
Vorbereitung des Patienten für eine
Ruhe-EKG-Registrierung
• Der Patient muss bequem und völlig entspannt mit freiem Oberkörper und freien
Unterschenkeln auf einer ausreichend breiten (80 cm) Untersuchungsliege liegen.
• Der Patient muss über den Untersuchungsvorgang informiert und evtl. seine Angst
vor der EKG-Registrierung genommen werden.
• Der Patient muss unbedingt psychisch entspannt sein und darf keinesfalls frieren.
• Ruhe im EKG-Untersuchungsraum ist zwingend erforderlich.
• Keine technischen, personellen, medizinischen und privaten Diskussionen
• Unbedingt zu vermeiden ist der Kontakt des Patienten mit leitfähigen Gegenständen
(Metall, Bettgestell usw.). Dadurch sind galvanische Wechselströme und evtl. elektrische Gefahren zu vermeiden.
• Die EKG-Ableitungspunkte müssen absolut schmutz-, haar- und fettfrei sein.
• Eine absolut topographisch korrekte EKG-Ableitung ist Voraussetzung für die
fehlerfreie Elektrokardiografie.
Verschiedene Elektroden und
Zubehör für die EKG-Registrierung
• Silberbeschichtete Plattenelektroden, die mit einem Gummiband an
Unterarmen und Unterschenkeln befestigt werden können.
• Klemmelektroden, die nach dem Prinzip der Wäscheklammer an
Arme und Beine geklemmt werden können.
• Saugelektroden für die Brustwandableitungen
• Klebeelektroden für die Extremitäten- und Brustwandableitungen
• Kontaktpaste zur Senkung des Hautübertragungswiderstandes
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