Technologie & Politik Ein Meer von Müll Aussichtloser Kampf oder Licht am Horizont? Plastikabfall ist eine ernste Gefahr für die Meere. Riesige Müllstrudel treiben durch die Ozeane, Meerestiere verfangen sich in alten Netzen, fressen Plastik, ersticken daran oder verhungern mit vollem Magen. Mikroskopisch kleine Plastikpartikel fluten das endlose marine Nahrungsnetz und längst sind auch Muscheln und Fische belastet. Ertrinkt unser blauer Planet in einem Meer von Müll? Kim Cornelius Detloff ist promovierter Meeresbiologe und Referent für Meeresschutz beim NABU, dem Naturschutzbund Deutschland e.V. Nach dem Studium an der Universität Hamburg wissenschaftlicher Mitarbeiter und Privatdozent am Institut für Marine Biologie in Italien. Von 2006 bis 2008 beim Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW) beschäftigt. Nach einem Jahr als politisch-wissenschaftlicher Berater bei der Bonner Konvention (CMS) arbeitet er heute in der Bundesgeschäftsstelle des NABU in Berlin. E-Mail: [email protected] Abfälle im Meer und ihre ökologischen Auswirkungen auf die sensiblen marinen Lebensgemeinschaften wurden lange Zeit vernachlässigt. Zu groß ist die Zahl der in der Regel menschgemachten Bedrohungen für das Leben im Meer. Lange Zeit standen die Ozeanerwärmung, die Überfischung oder auch Schad- und Nährstoffeinträge mehr im Fokus von Wissenschaft und Politik, als es die Gefahr durch den Mülleintrag war. Seit ein paar Jahren aber scheint sich diese Wahrnehmung zu ändern. Und im Jahr 2010 konstatierten WissenschaftlerInnen im renommierten Magazin Science, dass Plastikabfälle heute vermutlich zu einer der größten Bedrohungen für unsere Meere geworden sind. Nach Schätzungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) landen weltweit jedes Jahr mehr als 6,4 Millionen Tonnen Abfälle im Meer, bis zu 80 Prozent davon stammen von Land (UNEP 2009). Durchschnittlich 18.000 Plastikteile treiben inzwischen auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche. Und selbst in den entlegensten Meeresregionen finden wir die Überreste unserer Zivilisation. Ganz oben auf der Liste der häufigsten Fundstücke stehen dabei Zigarettenfilter, Plastiktüten und Plastikflaschen. Hydrografische Wirbel in den Ozeanen konzentrieren die Abfälle in riesigen Müllstrudeln. Deren bekanntester Vertreter, der „Global Pacific Garbage Patch“ im Nordpazifik, hat inzwischen die Größe Mitteleuropas erreicht. Dabei ist das, was wir sehen, nur die Spitze des Eisbergs. 70 Prozent der Abfälle sinken je nach Dichte und Gewicht mehr oder weniger schnell ab und sammeln sich am Meeresboden, nur 15 Prozent treiben an der Wasseroberfläche und 15 Prozent werden irgendwann an die Küsten gespült. Die Herkunft des Mülls variiert dabei zwischen den unterschiedlichen Meeresregionen. Während vor Australien oder im Roten Meer bis zu 80 Prozent der Abfälle von Land kommen, sind in der südlichen Nordsee die Seeschifffahrt und die Fischerei Hauptverursacher (UBA 2010). Hinzu kommen eine Vielzahl diffuser Quellen, Müll von Ölplattformen und Aquakulturanlagen oder auch illegale Einleitungen. Tödliche Folgen Die Auswirkungen von Plastik auf die Meeresumwelt sind ebenso vielfältig wie dramatisch. Über 260 marine Arten sind betroffen. Delfine und Fische verfangen sich in alten Netzen und ersticken jämmerlich. Seevögel und Schildkröten verwechseln Plastik mit ihrer natürlichen Nahrung. Sie können Plastik weder verdauen noch vollständig ausscheiden, sie verhungern mit vollem Magen oder sterben an inneren Verletzungen. In einer der weltgrößten Brutkolonien der LaysanAlbatrosse auf den pazifischen MidwayInseln sterben heute zwei von fünf Küken an den Folgen von Plastikabfällen. Kunststoff hat im Meer eine Haltbarkeit von bis zu 450 Jahren, nur langsam wird es durch Sonne, Salzwasser und Reibung zersetzt. Fische und Filtrierer wie Muscheln oder Korallen reichern die mikroskopisch kleinen Plastikpartikel im Verdauungssystem oder Körpergewebe an: Partikel mit der gefährlichen Eigenschaft, im Wasser gelöste Umweltgifte wie DDT oder auch PCBs (Polychlorierte Biphenyle) oberflächlich anzureichern. Noch viel zu wenig wissen wir über die Wege des Mikroplastiks in dem endlos verzweigten marinen Nahrungsnetz. Und nur vermuten lässt sich, ob auch der Fisch auf unserem Teller längst ein Fisch aus Plastik ist. Müll über Bord Die internationale Seeschifffahrt ist trotz eines strengen Regelwerks regional noch immer einer der Haupteintragswege für schädliche Abfälle ins Meer. Zwar verbietet das sogenannte MARPOL-Abkommen der Soziale Technik 3/2011 3 Technologie & Politik Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) den Eintrag von Kunststoffabfällen ins Meer, aber viele andere Stofffraktionen, zum Beispiel Lebensmittelabfälle, Holz, Papier, Glas und Metall können mit Abstand zur Küste ganz legal ins Meer entsorgt werden. Das hat in der Vergangenheit immer wieder zu Missbrauch geführt. Viel zu oft sind Plastikabfälle zusammen mit anderem Müll in den schiffseigenen Schreddern gelandet und illegal im Meer verklappt worden. Damit soll jedoch in der Zukunft Schluss sein. Die IMO überarbeitet aktuell den relevanten Anhang V des MARPOL-Abkommens. So soll bald jeglicher Eintrag von Abfällen mit Ausnahme von Essensresten, nicht-schädlichem Putzwasser und bestimmten Ladungsrückständen verboten sein. Wichtig dabei ist jedoch auch, die entsprechenden Kapazitäten für die Umsetzung und die dringend notwendigen Kontrollen auf See aufzubauen, damit die überfällige und von vielen Umweltverbänden seit langer Zeit geforderte Novellierung des Anhangs V nicht in den Weiten der Ozeane verloren geht. Mit der aktuellen Reform in der IMO muss die Überarbeitung der europäischen Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände (2000/59/EG) einher gehen. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass ausreichend Kapazitäten zur Müllentsorgung in den Häfen zur Verfügung stehen und die Abgabe und Soziale Technik 3/2011 Entsorgung reibungslos funktioniert. In der Praxis aber haben vage Formulierungen und eine unzureichende Ordnung der Kompetenzen zu einer sehr uneinheitlichen Abfallentsorgung in den europäischen Häfen geführt. Ein Grund dafür ist, dass die Umsetzung in der Hand der Hafenbetreiber liegt, also bei den Kommunen oder auch privaten Hafenbetreibern. Kernpunkte der Kritik sind fehlende Auflagen für die Abfallbewirtschaftungspläne, eine zwischen den Häfen unterschiedliche Gebührenordnung und ein bisweilen kompliziertes Meldeverfahren. Zwar gibt es auch Ausnahmen und positive Ansätze, wie die Häfen von Rotterdam oder MalmöKopenhagen zeigen und das sogenannte „no-special-fee“-System der HelsinkiKonvention, das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt der Ostsee, welches die Müllgebühren über die regulären Hafengebühren abdeckt. Aber insgesamt ist Europa weit von einem einheitlichen und effektiven Abfallsystem in den Seehäfen entfernt. Dies offenbarte bereits 2005 die Carl-Bro-Studie nach der Analyse von 50 ausgewählten europäischen Seehäfen. Eine noch unveröffentlichte NABU-Studie bestätigt das für Deutschland. Auch Europas Meere sind betroffen Wer denkt, dass Müll im Meer ein weit entferntes Problem ist, der irrt. Auch in Europa, in der Nord- und Ostsee, aber 4 insbesondere im Mittelmeer schreitet die Vermüllung unaufhaltsam voran. Geschätzte 20.000 Tonnen Abfälle landen so jedes Jahr allein in der Nordsee. Und würden Kommunen und Gemeinden nicht Millionen Euro in die regelmäßige Reinigung der Urlaubsstrände stecken, wäre ein Badeurlaub auf Sylt, Amrum oder Fehmarn ein wahrhaft schmutziges Vergnügen. Allein die Kommunen an der ostholsteinischen Ostseeküste Deutschlands wenden jedes Jahr mehr als 1,2 Millionen Euro für die Strandreinigung auf. Das regionale Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks einschließlich der Nordsee (OSPAR) zählte durchschnittlich 712 Müllteile pro 100 Meter Küstenlinie, gut dreiviertel davon waren aus Plastik (Fleet 2009). Trauriger Spitzenreiter unter den europäischen Meeren ist das Mittelmeer. Erst im Januar schätzten französische WissenschaftlerInnen des renommierten Instituts Ifremer, dass im Mittelmeer mehr als 250 Milliarden Plastikteile allein in den oberen 10-15 Zentimetern der Wassersäule treiben, mit möglicherweise fatalen Folgen für das ökologische Gleichgewicht des „Mare Nostrum“. Hauptverursacher sind vor allem der Tourismus und Freizeitaktivitäten am Meer, aber auch schlecht gereinigte Abwässer, die Schifffahrt und illegale Einleitungen. In der Ostsee gilt Müll nicht als das größte Umweltproblem. Zudem Technologie & Politik scheinen nicht alle Regionen gleichermaßen betroffen zu sein. Dennoch sind die wenigen verlässlichen Daten beunruhigend. Zwischen 6 und 1.200 Müllteile wurden auf 100 Metern Küstenlinie gefunden, 60 Prozent waren dem Tourismus und Freizeitaktivitäten zuzuordnen (UNEP/HELCOM 2007). Ein Funken Hoffnung Im Jahr 2008 hat Europa die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verabschiedet, die Umweltsäule der zukünftigen Meerespolitik. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, damit Abfälle im Meer bis 2020 „keine schädlichen Auswirkungen auf die Küsten- und Meeresumwelt“ haben und Europas Meere einen „guten Umweltzustand“ aufweisen. Priorität hat jetzt erst einmal die Entwicklung eines standardisierten Monitorings und die Definition des 2020-Ziels für den Faktor Müll. Noch bis Mitte 2012 läuft die Anfangsbewertung für die nationalen Gewässer. Aber auch erste Maßnahmen wie ein EU-weites Verbot von Plastiktüten werden offen diskutiert. Bereits seit einiger Zeit befassen sich die Vereinten Nationen mit der Problematik. Im Frühjahr 2011 trafen sich auf ihre Einladung über 400 TeilnehmerInnen zur „5th International Marine Debris Conference“ auf Hawaii. In Vorträgen und Workshops wurden neueste, wissenschaftliche Erkenntnisse und regionale Initiativen diskutiert. Und auch aus der Kunststoffindustrie kam das überfällige Signal, sich der Produzentenverantwortung stärker zu stellen. Mit der „Honolulu-Strategie“ forderten die TeilnehmerInnen der einwöchigen Konferenz eine verstärkte internationale Zusammenarbeit und präsentierten den Entwurf einer globalen Strategie, um die Vermüllung der Ozeane bis 2030 zu stoppen. Der Kampf gegen die Müllkippe Meer erfordert ein breites gesellschaftliches Engagement, von Politik, Wissenschaft und Industrie, aber auch von gesellschaftlichen Verbänden und jedem/jeder Einzelnen. Kampf gegen die „Müllkippe Meer“ Seit Jahren organisieren Umweltverbände Reinigungsaktionen an den Stränden und Küsten der Welt. Die wohl bekannteste Initiative ist der „International Coastal Cleanup Day“ der US-Organisation Ocean Conservancy. Im Jahr 2010 jährte sich dieser zum 25. Mal, mehr als 500.000 Menschen in über 100 Ländern sammelten mehr als 3.300 Tonnen Müll. Der NABU beteiligte sich im Jahr 2010 erstmalig und befreite drei Naturschutzgebiete auf der Ostseeinsel Fehmarn von angeschwemmten Abfällen. Gesammelt wurden 500 Kilogramm Müll, fast die Hälfte davon waren Kunststoffe. Im Sommer 2010 hat der NABU das Projekt „Meere ohne Plastik“ gestartet. Mit Informationsveranstaltungen, Reinigungsund Monitoring-Aktionen kämpft er gegen die Müllflut in den Meeren. Im Zentrum steht die erstmalige Umsetzung einer „Fishing for Litter“-Initiative in Deutschland. Fischer aus den deutschen Ostseehäfen Burgstaaken (Fehmarn) und Heiligenhafen bringen Abfälle, die sich in ihren Netzen verfangen, mit in den Hafen, wo eine umweltgerechte und kostenlose Abfallentsorgung bereit steht. Zudem sollen die „gefischten Abfälle“ wichtige Daten zur Belastung der Ostsee durch den Müll liefern. Eine Studie des NABU, zusammen mit dem Grünen Punkt – Duales System Deutschland, untersucht dabei auch, wie groß der Anteil von Kunststoffabfällen ist und ob diese noch wiederverwertbar sind. Dahinter steht die Frage, ob Müll aus dem Meer zukünftig in den Stoffkreislauf rückgeführt werden kann. Doch auch jede/r Einzelne kann helfen, die Meere vor den gefährlichen Folgen von Plastikabfällen zu bewahren. Denn beim Soziale Technik 3/2011 5 Technologie & Politik Thema Müll im Meer fängt Meeresschutz zu Hause an, beim eigenen Konsum- und Wegwerfverhalten. Das heißt für uns: Werfen Sie Müll nie achtlos weg, sondern stets in den Mülleimer. Jede verwehte Tüte oder jede Plastikflasche kann über Kanalisation und Flüsse auch im Meer landen und Tiere töten. Bevorzugen Sie langlebige Produkte und Mehrwegsysteme wie zum Beispiel Pfandflaschen aus Glas. Trennen Sie Glas, Papier, Kunststoffe und andere Wertstoffe vom Restmüll, und ermöglichen Sie so deren Wiederverwertung. Verzichten Sie auf Plastiktüten und nutzen Sie Stofftaschen oder den Rucksack für die eigenen Einkäufe. Und beteiligen Sie sich an Reinigungsaktionen und unterstützen Sie die Initiativen von Umweltverbänden. Müll als Wertstoff und das Produktdesign der Zukunft Soziale Technik 3/2011 diesem Thema gibt, dann doch die Tatsache, dass es unendlich viele Hebel und Ebenen gibt, um aktiv zu werden. Die Politik muss den Rahmen setzen, Umwelt- und Abfallwirtschaftsgesetze müssen angepasst und verbessert werden. Behörden müssen für eine effektive Überwachung sorgen und Missbrauch und illegale Entsorgung effektiv verhindern. Die Industrie muss Ressourcen schonen, auf Mehrwegsysteme setzen und innovative, langlebige Produkten anbieten. Das Recycling muss ausgeweitet, Erfassungssysteme verbessert und Verwertungsquoten gesteigert werden. Und letztendlich kann jede/r Einzelne seinen/ihren Beitrag leisten, über seine/ihre eigene Konsumentenverantwortung und gesellschaftliches Engagement. Noch ist es vielleicht nicht zu spät. Nutzen wir die uns verbleibende Zeit, um die Meere auch für spätere Generationen zu bewahren. Literatur • Bro, C. (2005): A Study on the Availability and Use of Port Reception Facilities for ShipGenerated Waste. Executive Summary. http://www.seas-at-risk.org/1mages/Carl%20 Bro%20study.pdf. • Fleet, D., J. van Franeker, J. Dagevos, M. Hougee (2009): Marine Litter. Thematic Report No. 3.8. In: H. Marencic, J. de Vlase (eds.) (2009): Quality Status Report 2009. WaddenSea Ecosystem No. 25. Common Wadden Sea Secretariat, Trilateral Monitoring and Assessment Fazit Group, Wilhelmshaven, Germany. Müll im Meer ist ein globales Problem, die Ursachen, Zusammenhänge und Folgen sind vielfältig, komplex und häufig noch unzureichend untersucht. Es betrifft unseren gesamten Planeten. Meere bedecken über 71 Prozent der Erdoberfläche und stellen über 95 Prozent der belebten Biosphäre. Gleichzeitig spielen auch die Prozesse an Land eine herausragende Bedeutung bei der Eindämmung der Problematik. Aber muss dieser Facettenreichtum nicht auch als eine Chance im Kampf für saubere Ozeane betrachtet werden? Denn wenn es etwas Positives bei • Law, K. L., S. M. Fergusen, N.A. Maximenko, Bezahlte Anzeige Längst wissen wir, dass es nahezu unmöglich ist, die Meere von allen Abfällen zu befreien. „Fishing for Litter“ und „Coastal Cleanups“ sind wichtige Initiativen, können regional den Zustand der Meere verbessern und dienen auch der Sensibilisierung der Bevölkerung. Aber das Kernproblem der „Müllkippe Meer“ lösen sie vermutlich nicht. Deshalb muss bei allen Bemühungen und Initiativen die Abfallvermeidung im Mittelpunkt stehen. Hinter dem Wort Abfallvermeidung verbirgt sich dabei mehr als die nicht gekaufte Plastiktüte. Abfallvermeidung beginnt beim Produktdesign, hier werden die wesentlichen Weichen für die Umweltverträglichkeit eines Produktes gestellt. Produkte müssen langlebig, schadstofffrei, reparierbar und gut recycelbar sein. Idealerweise sollten zudem recycelte Materialien als Rohstoff eingesetzt werden. Abfälle sind so Ausgangsstoffe für neue Produkte und zu wertvoll, um im Meer zu enden. Die Etablierung von Recyclingsystemen und Rohstoffkreisläufen kann so einen Beitrag leisten, das Müllproblem der Meere zu reduzieren. Gleichzeitig werden natürliche, auch endliche Ressourcen geschont und gesichert. Der stete Zustrom von Abfällen in die Ozeane kann nur gestoppt werden, wenn alle Marktebenen und Akteure tätig werden. Die Politik muss mit effektiven Abfallvermeidungsstrategien die geeigneten Rahmenbedingungen setzen. Die Wirtschaft muss verstärkt Recyclate einsetzen und umweltfreundliche, innovative Produkte entwickeln. Und schlussendlich müssen die VerbraucherInnen ihre Verantwortung wahrnehmen und Wegwerfprodukte und unnötige Verpackungen meiden sowie ihren Abfall trennen und dem richtigen Entsorgungssystem zuführen. Grundvoraussetzung für dieses Zusammenspiel ist die Erkenntnis der Menschen, dass Müll ein Roh- bzw. Wertstoff ist. Wir werfen zu schnell und zu viel weg, und noch immer sind die Erfassungssysteme für Kunststoffe, Glas, Metalle oder Elektroschrott in vielen Regionen der Welt, und auch in Teilen Europas, zu wenig etabliert und verbesserungsfähig. Und produzieren wir nicht auch viel zu oft direkt für „die Tonne“? Einwegprodukte haben Hochkonjunktur: Einwegrasierer, die mehr verletzen als rasieren, eine Invasion von Einwegverpackungen, wobei jedes Bonbon oder jeder Apfel noch einmal extra eingewickelt oder eingeschweißt ist, der inflationäre Umgang mit Plastiktüten. Hier gilt es anzusetzen, um die notwendigen nachhaltigen Veränderungen herbeizuführen. 6 G. Proskurowski, E. E. Peacock, J. Haffner, Ch. M. Reddy (2010): Plastic Accumulation in the North Atlantic Subtropical Gyre. In: Science 3, Vol. 329, No. 5996, pp. 1185-1188. • Umweltbundesamt (2010): Abfälle im Meer – Ein gravierendes ökologisches, ökonomisches und ästhetisches Problem. 16 S. • UNEP/HELCOM (2007): Marine litter in the Baltic Sea region. Assessment of the marine litter problem in the Baltic region and priority for response. Helsinki Commission. 21 pp. • UNEP (2009): Marine Litter: A Global Challenge. Nairobi: UNEP. 232 pp. I