Analyse_Österreich Trend_Dezember 2013

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ATV Österreich.Trend
ATV Österreich.Trend
20. Welle, Dezember 2013
Dr. Peter Hajek
Mag. Alexandra Siegl, MSc.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung der Studie ........................................................................................................ 2
Politische Stimmung............................................................................................................... 2
Sonntagsfrage und Kanzlerfrage ............................................................................................ 4
Lage am Arbeitsmarkt ............................................................................................................ 5
EU-Wahlen ............................................................................................................................. 6
ATV Österreich.Trend
Beschreibung der Studie
Seit Anfang 2009 publizieren ATV und Peter Hajek gemeinsam den ATV Österreich.Trend, eine quartalsmäßige
Umfrage unter wahlberechtigten Österreicher/innen. Diese an den ARD-DeutschlandTrend angelehnte
Erhebung gibt ein Abbild der politischen Großwetterlage sowie aktueller Themen im Land.
Im Rahmen der 20. Welle des ATV Österreich.Trend wurden von 4. bis 10. Dezember 2013 500
Österreicherinnen und Österreicher repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren zu ihren politischen
Einstellungen befragt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse beträgt maximal +/- 4,4 Prozent.
Politische Stimmung
Leistungsbilanz der Regierung fällt bescheiden aus
Auf einer Schulnotenskala steht die österreichische Politik mit ihrer Leistungsbilanz der vergangenen 5 Jahre
aus Sicht der Bevölkerung zwischen 3 und 4. Lediglich 18% sehen eine positive Performance der Politiker.
Besonders kritisch sind Wähler der Oppositionsparteien, allen voran der FPÖ, sowie tendenziell Männer und
mittlere Altersgruppen.
Keine ausgeprägte Wechselstimmung in der Bevölkerung
Dementsprechend würde sich auch eine Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher für einen politischen
Wechsel aussprechen. 55% der Befragten stimmen der Aussage „Es ist Zeit für einen Wechsel. Es sollte einmal
eine andere Partei als bisher regieren und den Bundeskanzler stellen.“ zu. Im Vergleich zur letzten Welle knapp
vor der Nationalratswahl ist der Wechselwunsch relativ konstant geblieben. Ein Wert von 55% weist jedoch
noch auf keine echte Wechselstimmung in der Bevölkerung hin, eine solche ist erst ab Werten zwischen 60 und
70% festzustellen.
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ATV Österreich.Trend
Stärker für einen Wechsel sprechen sich erwartungsgemäß Wähler der Oppositionsparteien, wiederum allen
voran Wähler der FPÖ, sowie Männer und mittlere Altersgruppen aus. Interessant ist zudem, dass Personen,
die aktuell Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, sich in geringerem Ausmaß für einen Wechsel aussprechen, also
der SPÖ bzw. der (ehemals) großen Koalition noch am ehesten zutrauen, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren.
Mehrheit will arbeitende Regierung statt Neuwahlen
Für den Fall, dass die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP platzen, wünscht sich eine Mehrheit von
49%, dass dann eine andere Partei mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Lediglich ein starkes Drittel
wünscht sich in diesem Fall Neuwahlen. Die Österreicherinnen und Österreicher möchten also eine arbeitende
Bundesregierung statt erneuten Wahlen.
Für Neuwahlen im Fall eines Scheiterns der Koalitionsgespräche sprechen sich vor allem Wähler von SPÖ und
ÖVP aus. Hintergrund dessen dürfte wohl einerseits die Ablehnung gegenüber einer von der FPÖ
ausverhandelten Regierung sein, andererseits der Wunsch, dass dann die jeweils eigene Partei deutlich
gestärkt würde. Unter den Wählern der Oppositionsparteien würden sich einzig die Wähler der NEOS ebenfalls
stark für Neuwahlen aussprechen – schließlich hat ihre Partei den Höhenflug auch nach der Nationalratswahl
fortgesetzt und könnte nun mit einem deutlich besseren Ergebnis als im September rechnen.
Für eine Regierungsbildung durch eine andere Partei im Fall des Platzens der schwarz-roten
Koalitionsverhandlungen können sich vor allem Wähler der FPÖ begeistern.
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Sonntagsfrage und Kanzlerfrage
Ernüchterung nach der Wahl: FPÖ auf Platz 1
Schlechtes Timing für die FPÖ: Wären am Sonntag Nationalratswahlen, würde die Partei auf Platz 1 liegen.
Einerseits konnte die FPÖ zuletzt Stimmen von Team Stronach (3% der FPÖ-Wähler von heute haben im
September TS gewählt) und dem BZÖ (4%) gewinnen, andererseits insgesamt 5% von jenen Parteien, die
gerade eine Koalition ausverhandeln (3% von der SPÖ und 2% von der ÖVP).
Die Gründe für den Wechsel der Stronach- und BZÖ-Wähler zur FPÖ liegen durch das Zerbröseln der beiden
Parteien auf der Hand. Hintergrund der Wählerwanderungen von SPÖ und ÖVP zur FPÖ dürfte die Diskussionen
um die Koalitionsverhandlungen sein, im Zuge derer SPÖ und ÖVP nicht den Eindruck vermitteln, ein
ambitioniertes Regierungsprogramm vorzulegen.
Stark dazugewonnen haben die NEOS. Diese konnten ihre Wähler seit dem September vor allem von ÖVP (12%
der NEOS-Wähler haben im September ÖVP gewählt) und SPÖ (11%) abwerben. Die Wählerschaft der NEOS ist
tendenziell jünger, hoch gebildet und urban.
Auch die Grünen konnten durch die schlechte Stimmung rund um die Regierungsverhandlungen wieder
Stimmen gewinnen – in erster Linie von der SPÖ. Das Team Stronach setzt unterdessen seine
Zerfallserscheinungen fort und liegt mittlerweile unter der 4%-Marke.
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Strache profiliert sich auch in Kanzlerfrage
Einen Zugewinn von 7 Prozentpunkten in der Kanzlerfrage konnte Heinz-Christian Strache seit dem September
erreichen. Er liegt damit auf Platz 2 im Beliebtheitsranking der Parteivorsitzenden. An Profil gewinnen konnte
seit September auch VP-Parteichef Spindelegger. Ein Hintergrund könnte dessen Rolle in den
Koalitionsverhandlungen sein, in denen er öffentlichkeitswirksam auf Reformen pocht. Unverändert auf Platz 1
liegt jedoch weiterhin Bundeskanzler Faymann.
Einen Achtungserfolg erreicht mit einem Wert von 8% der bis vor der Wahl weithin unbekannte NEOS-Chef
Matthias Strolz. Frank Stronach liegt dahingegen auch in der Kanzlerfrage unter der Wahrnehmungsschwelle.
Lage am Arbeitsmarkt
Mehrheit sorgt sich nicht um Arbeitsplatz
Lediglich jeder Zehnte sorgt sich in Österreich um seinen Arbeitsplatz. Trotz – für österreichische Verhältnisse –
hoher Arbeitslosenzahlen sieht sich die Mehrheit also weiterhin auf der vielzitierten „Insel der Seligen“ – und
diese Sichtweise wird ja auch durch den europäischen Vergleich bestätigt.
Größere Sorge um den eigenen Job haben Männer, mittlere Altersgruppen und niedrigere Bildungskohorten.
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Einfluss der Politik auf Arbeitslosenzahlen wird als gering eingeschätzt
Österreich hat im europäischen Vergleich die geringsten Arbeitslosenzahlen. Lediglich 23% der Bevölkerung
sind jedoch der Meinung, das wäre auf die gute Arbeit der Politiker zurückzuführen. Zu sehr spielen
europäische und internationale Entwicklungen, sowie das Agieren der österreichischen Unternehmen hier eine
Rolle.
Einen größeren Einfluss auf die Arbeitsmarktzahlen sprechen der Politik Wähler der SPÖ (56% „gute Arbeit der
Politiker“!), ältere Menschen und höhere Bildungsgruppen zu. Interessant ist auch, dass Menschen, die sich
Sorgen um ihren Job machen, das Engagement der Politik im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit tendenziell
höher einschätzen. In stark unterdurchschnittlichem Ausmaß sehen Wähler der FPÖ eine „gute Arbeit der
Politiker“ beim Thema Arbeitsmarkt.
EU-Wahlen
Wahlbeteiligung weiter im Sinken
Die EU-Wahl ist erst Ende Mai 2014, Prognosen über die Wahlbeteiligung sind also nur mit Vorsicht zu
erstellen. Die Wahlbeteiligung dürfte aus heutiger Sicht mit 40% etwas unter dem Wahlniveau von 2009 liegen.
Interessant wird jedoch sein, inwieweit es den Parteien im Zuge des Wahlkampfs gelingt, ihre Anhänger zu
mobilisieren. Verläuft der Wahlkampf ohne große Konfliktthemen, würde das eher jenen Parteien helfen, die
pro EU positioniert sind. Kommt es jedoch zu einer emotionalen öffentlichen Diskussion, können auch EUkritische Parteien, ihre Wähler verstärkt zu den Urnen bringen.
Bis auf weiteres wollen eher Wähler von Pro-EU-Parteien wie Grüne und ÖVP, sowie höhere Bildungsgruppen
und ältere Menschen an den EU-Wahlen teilnehmen.
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ÖVP wieder auf Platz 1, FPÖ kann stark zulegen
Bis zur EU-Wahl vergehen noch fünf Monate, aus heutiger Sicht wäre jedoch wiederum die ÖVP auf Platz 1. Die
SPÖ würde derzeit leicht verlieren, auf Platz 2 würde aktuell die FPÖ kommen.
Während ÖVP und Grüne klar pro EU positioniert sind, und die FPÖ klar gegen die EU, war die Linie der SPÖ in
den letzten Jahren nicht immer ganz klar. Hatte die Partei zu Beginn der Faymann-Ära noch eine relativ EUkritische Handschrift – nicht zuletzt im „Leserbrief“ an die Kronen Zeitung – positioniert sie sich in den letzten
Jahren zunehmend EU-freundlich. Dieses Profil muss im Wahlkampf wohl noch weiter geschärft werden, um
die eigene Wählerschaft von der Stimmabgabe für die SPÖ zu überzeugen.
Verbessern können sich im Vergleich zu 2009 die Grünen, und auch die erstmals antretenden NEOS würden
derzeit mit 10% einen Achtungserfolg einfahren. Was Hans-Peter Martin betrifft, bleibt abzuwarten, ob er an
frühere Kampagnenerfolge anschließen kann. Derzeit liegt der EU-Rebell weit von 18% aus 2009 entfernt. Seine
derzeit 5% deuten aber ein größeres Wählerpotential an. Nahezu unter der Wahrnehmungsgrenze liegt
hingegen das Team Stronach.
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