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Revolution? Alter Wein
in neuen Schläuchen­?
Marketing 50 plus: Babyboomer, Silver Ager - diese Begriffe sind heute in aller Munde. Im Marketing hat man das Gefühl, einem neuen «Hype» zu begegnen. Dabei geht es um die Kernfrage, wie man «richtiges» Marketing für die
Generation 50 Plus macht. Ein Xongress-Highlight der X`06.
Von Benita Brockdorff und Stephan Feige
Bereits seit langem ist klar,
dass die Bevölkerung in vielen
hoch entwickelten Ländern immer älter wird. Geringe Geburtenraten und eine immer bessere
medizinische Versorgung sind
nur zwei Einflussfaktoren für diese Entwicklung. Schon heute ist
bereits die Hälfte der Schweizer
Bevölkerung über 40 Jahre alt,
2040 wird es die Mehrheit sein.
Für Unternehmen ist die Zielgruppe der 50 Plus vor allem interessant, weil sie eine überaus
hohe Kaufkraft besitzt. Im Kanton Zürich beispielsweise liegt
das
Durchschnittsvermögen
eines Rentners bei 660'000 Franken und gar jeder Achte über 65
ist Vermögensmillionär. Aber die
50 Plus verfügen nicht nur über
ausgesprochen viel Geld, sie sind
auch bereit, es auszugeben. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich
die Eltern einschränkten, um ihren Nachkommen ein ansehnliches Erbe zu hinterlassen. Heute heisst die Devise vielmehr «We
are out to spend our kid's inheritance» – und das Timing des
Geldausgebens ist wichtiger als
die Nachlassplanung.
Vielfach begegnet man aber einer
grossen Unsicherheit, wie man
mit den Senioren umgehen soll.
Nicht zuletzt zeugen zahlreiche
Kongresse und Publikationen
zum Thema Marketing 50 Plus
von grossem Nachholbedarf. Und
auch in der Werbung wird ein
Umdenken deutlich. Während
früher jung und hübsch die Idealbesetzung war, sind heute immer
öfter die 50 Plus die Hauptprotagonisten. Eine Ungewissheit darüber, wie genau man diese Zielgruppe ansprechen soll, ist aber
auch hier zu beobachten.
Multiple Segmente statt die
50 Plus
Senioren als Protagonisten in der Werbung
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marketing
Ein Grundproblem für ein effektives Marketing 50 Plus ist sicherlich die Tatsache, dass es die 50
Plus - wie so oft als eine Gruppe zusammengefasst - gar nicht
gibt. Wie auch? Seit Jahrzehnten
perfektionieren Marketingwissenschaft und -praxis die Segmentierungsansätze in der klassischerweise anvisierten Gruppe
der 14- bis 49-Jährigen. Davor gibt
es «Kinder und Jugendliche», danach kommen «die 50 Plus». Bei
einem durchschnittlichen Lebensalter von 83 Jahren für Frauen und 78 Jahren für Männer fasst
man also die rund 30 Lebensjahre
nach dem fünfzigsten Geburtstag
unter einem Begriff zusammen,
während man die 35 Jahre davor
nach allen möglichen ausgefeilten sozio-demographischen und
psychographischen Faktoren differenziert.
Erste Ansätze, die 50 Plus
zu segmentieren, gibt es bereits.
Viele jedoch nehmen lediglich
das Alter als wesentliches Abgrenzungskriterium. Dies ist allerdings nur einer von vier Einflussfaktoren auf die Präferenzen,
Bedürfnisse etc. der 50 Plus-Konsumenten.
Neben dem Alter bestimmt
zweitens die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation, ei-
Mehr zum Thema Marketing
50 Plus finden Sie in der Neuerscheinung «Wachstumsmarkt
Alter» von Gassmann/Reepmeyer
mit dem Fokus Innovationen.
Einen Schwerpunkt auf die Werbung für die 50 Plus legt die
Homepage http://www.goldenagers.de. Pionierarbeit leistete die
Studie «Kauf- und Konsumverhalten der 55plus-Generation»
von Hock/Bader, die bereits
2001 im Thexis-Verlag erschienen ist (zu bestellen auf www.
imh.unisg.ch). Insbesondere für
Finanzdienstleister bietet das
Euroforum am 20./21.09.2006 in
Zürich die Tagung Zukunftsmarkt
50plus an. Websites rund um die
50 Plus: www.seniorennetz.ch
und www.50plusmarkt.com.
ner Kohorte, den Lebensstil. Die
durch den zweiten Weltkrieg geprägte Generation beispielsweise hat eine viel grössere Entbehrermentalität und Sparbereitschaft als die Nachkriegsgeneration. Konventionen spielen eine zentrale Rolle, Grossfamilien
sind Gang und Gäbe. Die nach
1960 Geborenen hingegen sind
viel stärker freizeitorientiert, Genuss, Wohlstand und Verschuldungsbereitschaft prägen diese
Generation.
Drittens sind klassische sozio-demographische Kriterien
erforderlich, um die Zielgruppe
der 50 Plus sinnvoll segmentieren zu können und deren objektive Lebenssituation zu erfassen.
Ein Mick Jagger - wohl einer der
prominentesten 50 Plus -, die zurückgezogen lebende Witwe, der
selbständige Unternehmer etc. alle unterscheiden sich massgeblich von einander, beispielsweise
in Bezug auf Einkommen, Zivilstand, Anzahl und Alter der Kinder, Wohnort und -situation oder
ähnliches.
Prinz Charles und der
Hardrocker Ozzy Osbourne
Und schliesslich haben die Menschen innerhalb der Zielgruppe
50 Plus ganz andere Selbstbil-
Grundproblem für
ein effektives Marketing 50 Plus ist,
dass es die 50 Plus,
als eine Gruppe
zusammengefasst,
gar nicht gibt
Marketing & Kommunikation 8/06
altersverteilung nach Altersgruppen in %
100%
80%
60%
40%
20%
0%
/7.. /7/. /70. /71. /72/ /73. /74. /75. /76. /77. 0... 0./. 0.0. 0.1. 0.2.
■ 0–19 ■ 20–39 ■ 40–64 ■ 65–79 ■ 80+
Quelle: Bundesamt für Statistik 2006
der, die eher aus der subjektiven
Wahrnehmung herrühren und der
ganz eigenen Psyche entspringen.
Rein sozio-demographisch gesehen wären beispielsweise Prinz
Charles und der Hardrocker Ozzy
Osbourne «Zwillinge»: Sie sind
1948 geboren, sind beide britische
Staatsbürger, sehr vermögend und
leben nicht mehr mit der ersten
Frau zusammen, haben erwachsene Kinder und verbringen ihre
Ferien gerne im Alpenraum. Und
dennoch wäre es ein fataler Fehler, beide dem gleichen Segment
zuzuordnen.
Ein tiefer gehendes Verständnis ist notwendig
Neben der richtigen Segmentierung als Basis für eine zielgruppengerechte Ansprache erfordert
ein erfolgreiches Marketing 50 Plus
ein viel tiefer gehendes Verständnis von der Zielgruppe, als oftmals
bisher vorhanden. Erschwerend
kommt hinzu, dass insbesondere
im Marketing und in der Werbung
eine Zielgruppen-Kenntnis aus
erster Hand kaum verfügbar ist.
Sich in die Lebensbedingungen
der 50 Plus hineinzuversetzen,
ist für die jüngere Generation aber
äusserst anspruchsvoll. Die 50
Plus wirklich zu verstehen, wird
eine der grossen Herausforderungen zukünftiger Marketingarbeit sein.
Aus diversen Projekten kommen bereits erste Einblicke in die
gewandelten Grundhaltungen der
50 Plus.
n Ein wesentlicher Consumer
Insight betrifft das zunehmende
Genuss- und Verwöhnbedürfnis.
Die Früchte dessen, was man sich
über eine lange Zeit erarbeitet hat,
will man nun ernten. «Weil ich es
mir wert bin» drückt ein neues
Selbstbewusstsein und einen gewissen Egoismus aus, hinter dem
mitunter auch die Familie zurücksteht. Die Kinder hat man ja nun
Marketing & Kommunikation 8/06
lange genug unterstützt, inklusive
teurer Ausbildung - nun können
sie für sich selber sorgen.
n Weiterhin ein aktiver und respektierter Teil der Gesellschaft
zu sein, ist ein weiteres Bedürfnis
der 50 Plus. Zum alten Eisen gehört man eben noch lange nicht.
Für das Marketing heisst dies,
die Zielgruppe ernst zu nehmen
und auch beispielsweise in der
Werbung auf angemessene Weise
anzusprechen.
n Dazu gehört es auch - ein weiterer Insight - mobil und unabhängig zu bleiben. Möglichst
lange ohne fremde Hilfe seinen
gewohnten Alltag leben zu können, ist ein grosses Bedürfnis der
50 Plus. Auch hier tun sich für
das Marketing, insbesondere für
die Produktentwicklung, enorme
Möglichkeiten auf.
Segmentierung und eine tiefes
Verständnis der «neuen» 50 Plus
sind die Grundvoraussetzungen
für ein erfolgreiches Marketing für
diese Zielgruppe. Damit werden
keine gänzlich neuen Themen
angesprochen. Marketing impliziert schon immer, den Markt genau zu kennen und zu verstehen.
Revolutionär ist Marketings 50
Plus daher nicht. Wer es aber als
alten Wein in neuen Schläuchen
versteht, wird wenig erfolgreich
sein. Es bedarf neuer Ansätze in
der Marktforschung, die Produktentwicklung muss den 50 Plus
mit neuen Strategien begegnen
und die Kommunikation muss es
schaffen, den «Nerv» der jeweils
anvisierten Segmente der 50 Plus
zu treffen. Den Begriff «Senior»
zumindest nicht mehr abfällig
zu verwenden, ist erst ein kleiner
Schritt in die richtige Richtung.
*Dr. Benita Brockdorff
Projektleiterin der htp St. Gallen,
Beratung-Spin-off der Universität St. Gallen
*Dr. Stephan Feige
Geschäftsführer der htp St.
Gallen, Beratung-Spin-off der
Universität St. Gallen
Von der Prothese zum Lifestyle
Phonak Der Hör- und Funksysteme-Hersteller wird am Xongress der X`06
anschaulich zeigen, wie man aufbauend auf der Anlyse der neuen 50 PlusKonsumenten sowie theoretischen Erkennstnissen und praktischen Erfahrungen
erfolgreiches Marketing betreiben kann.
Von Marcel Ubezio
lHörgeräte sind auf dem Weg, den Sprung zum Hightech-Kommunikationsgerät und Modeaccessoire zu schaffen
Hörgeräte – wer denkt da nicht
an die grossen beigefarbenen
Bananen, die hinter den Ohren
unserer Grosseltern gepfiffen haben. Dieses Bild wird der Realität
schon lange nicht mehr gerecht,
denn die heutigen Hörgeräte sind
kleiner und die heutigen Alten
jünger. Lebensqualität und ein
Gesundheitsbewusstsein zeichnen das moderne Altern aus.
Den Produkten das anhaftende Stigma nehmen
Im oder am Ohr getragene technische Geräte sind heute keine
Besonderheit mehr: Überall begegnen wir Menschen jeden Alters mit kleinen iPod-Hörern oder
grossen Bluetooth-Headsets. Hörsysteme sind auf dem besten Weg, den Sprung zum Hightech-Kommunikationsgerät und
Mode-Accessoire zu schaffen.
Phonak ist bemüht, den Hörsystemen das ihnen anhaftende Stigma
zu nehmen. Einen Schritt in Richtung Lifestyle hat Phonak mit der
Lancierung der «VERVE» Linie
im Luxussegment getan. Das exklusive «VERVE» gibt es nur in
zertifizierten Fachgeschäften zu
kaufen und es ist das erste sprechende und selbst lernende Hörsystem mit einem Servicepaket
und Hörgerätekasko.
Phonak setzt sich nicht nur
mittels technischer Fortschritte
für eine bessere Akzeptanz von
Hörsystemen ein, sondern ver-
sucht durch seine innovativen
Marketingmethoden auf das Thema «besseres Hören» aufmerksam zu machen. Das nun seit sieben Jahren dauernde Sponsoring
des Phonak Cycling Teams hat
die Markenbekanntheit massgeblich gesteigert. Auch die Alinghi
verlässt sich wie schon beim Titelgewinn 2003 auf die Technologie von Phonak, um optimale
Kommunikation selbst in den anspruchsvollsten Hörumgebungen
zu gewährleisten.
*Marcel Ubezio
Managing Director der
Phonak AG, zu sehen am Xongress 06
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