140 3. Thermodynamik 3. Thermodynamik 3.1. Grundlagen 3.1.1. Einführung Die Thermody namik beschreibt die Zustände und deren Änderung infolge der Wechselwirkung mit der Umgebung von kompliziert zusammengesetzten makroskopischen Systemen durch eine geringe Anzahl makrosk op ischer Variablen, wi e z. B. Druck oder Temperatur, sowie durch thermodynam ische Potentiale. Das System kann makroskop isch betrachtet werden. Hierbei wird das gesamte System durch makroskopisch meßbare Systemeigenschaften und deren Zusammenhänge beschrieben. Dies wird als phänomenologische Thermodynamik bezeichnet, die der älteste Zweig der Thermodynamik ist. Das System kann auch mikroskopisch betrachtet werden. Hierbei werden die makroskopischen Systemeigenschaften auf die Wechselwirkungen der Systembestandteile (Atome, Moleküle) zurückgeführt. Die Beschreibung erfolgt mit den statistischen Methoden der klassischen Mechanik bzw. der Quantenmechanik. Beispielsweise erklärt die kinetische Gastheorie das Zustandekommen des Gasdrucks und ermöglicht ein tieferes Verständnis des Temperaturbegriffs. Oder es können mit Hilfe der Statistik thermodynamische Potentiale hergeleitet werden, aus denen sich alle Zustandsgrößen und Materialeigenschaften (z. B. die spezifische Wärmekapazität) ergeben. In Bild 3- 1 sind diese Betrachtungsweisen gegenübergestellt. Ein thermodynamisches System kann mit seiner Umgebung in Wechselwirkung stehen. Fi ndet kein Austausch von Energie und Masse über die Systemgrenzen statt, so ist das System abgeschlossen. Wird nur die Arbeit W (z. B. mechanische, elektrische, magnetische Arbeit) ausgetauscht, liegt ein adiabates System vor. Bei geschlossenen Systemen findet ein Austausch von Arbeit Wund Wärme Q und bei offenen Systemen noch zusätzlich ein Masseaustausch statt. Die wichtigsten Erkenntnisse in der Thermodynamik sind in vier Hauptsätzen formuliert. Der erste Hauptsatz ist der Energieerhaltungssatz. Er besagt, daß die Änderung der inneren Energie !1U durch Wärmezufuhr Q und (oder) Arbeitsverrichtung W erfolgen kann. Der zweite Hauptsatz sagt mit Hilfe des Entropiebegriffs etwas über die Richtung von Zustandsänderungen aus. Bei reversiblen Prozessen ist die Entropieänderung null ; bei irreversiblen Prozessen ist sie positiv, d. h., die Wärme ist nicht vollständig in andere Energieformen umwandelbar. Von der Thermodynamik irreversibler Prozesse sind die Transport- und Ausgleichsvorgänge von besonderer praktischer Bedeutung. Die E ntropie S läßt sich auch mikroskopisch als Wahrscheinlichkeitsfunktion deuten (Logarithmus der Zustandswahrscheinlichkeit In P multipl iziert mit der BoltzmannKonstanten k) . Zustandsänderungen werden in Richtung maximaler Wahrscheinlichkeit (maximale Entropie) ablaufen. Der dritte Hauptsatz (Satz von Nernst) zeigt, daß bei Annäherung der Temperatur an den absoluten Nullpunkt (T -+ 0) die Entropie konstant wird. Diese Konstante wird gleich null gesetzt. Aus dem dritten Hauptsatz folgt auch, daß der absolute Nullpunkt (T= 0) nicht erreicht werden kann. Ein thermodynamisches System - sei es gasförmig (ideale oder reale Gase), flüssig oder fest - kann durch Zustandsgleichungen und Zustandsfunktionen, die nur vom Anfangsund Endzustand abhängen, beschrieben werden. Zu den Zustandsfunktionen {thermodynamischen Potentialen) gehören die innere Energie U, die Enthal pie H , die freie Energie F, die freie Enthalpi e G und die Entropie S. Mit den Zustandsgleichungen und Zustandsfunktionen ist die Beschreibung von Gleichgewichtszuständen und Gleichgewichtsbedingungen möglich. 3.1.2. Thermodynamische Grundbegriffe Systeme Ein räumlich abgrenzbarer Bereich, der herausgelöst von seiner Umgebung betrachtet werden soll, wird als System bezeichnet. Nach Art der Systemgrenzen werden verschiedenartige Systeme unterschieden, wie aus Tabelle 3-1 hervorgeht. 3.1.Grundlagen I I THERMODYN A MIK Umgebung abgesch Iossen adiabat Systems des lw 1~1~1~1~1m 1 I geschlossen offen LW = O+ W Energiesatz (erster Hauptsatz) makroskopische Betrachtung ~/deale Gase Beschreibung pV = VRmT des .&: .,0 gesamten Systems durch makroskopische Variable (z. B. p, V, T, p, C) r- "51 0 0 ~ c:: Ql reale Gase (van der Waals) 1 E 0 c:: .&: a. I Festkörper V = f(p ,T) "' und Endzustand abhängig (Zustandsfunktion) Zustandsbeschreibung des Systems <z. B. p, mikroskopische Betrachtung 0 ::T nurvom Anfangs- (fJ Ia ~ " Beschreibung L...__ v. n Gleichgewichtszustand Gleichgewichtsbedingungen ~ des innere Systems Energie U iä ~ Enthalpie H ;;;· H= U+p V 0 ::T ~ Satz von Nernst (111. Hauptsatz) ~ basierend aufden I-- statistischen Methoden ~reieEnergieF der F=U-TS V = f(p ,T) ~ "öl "'"'c;;· sehe Potentiale. ~ Rüssigkeiten '111 ,..-- thermodynami- ZustandsGleichungen 141 ,-- freie Enthalpie G G=H-TS 0 ., c :J '" Entropie klassischen bzw. Quantenmechanik :J s ~ !!l. ~ lim S(p, T, V) = T- 0 = konst=O ;<' L...__ Richtung der Zustandsänderung (zweiter Hauptsatz) -I 0, •• = l!.S T Entropie S reversible Vorgänge I ~S system + l1Sumgebu ng = S = k · lnP - irreversible Vorgänge 0 I ö.Ssystem + ll.Sumgebung > 0 S=f(Zeit) Bild 3-1. Strukturbild der Thermodynamik. Zustand, Zustandsgrößen, Prozeßgrößen In der Mechanik wird die Lage eines Punktes im Raum durch drei Koordinaten festgelegt ; in der Thermodynamik benutzt man Zustandsgrößen, um den Zustand eines Systems zu beschreiben. Historisch bedingt wird zwischen den direkt meßbaren thermischen Zustandsgrößen - Druckp, Thermodynamik irreversibler Prozeß Transport- und Ausgleichsvorgänge (z. B. Wärmeleitung, Diffusion) -Volumen V, - Temperatur T und den davon abgeleiteten kalorischen Zustandsgrößen, wie z. B. - innere Energie U, - EnthalpieHund - Entropie S unterschieden. 142 3. Thermodynamik Tabelle 3.1. Thermodynamische Systeme. Bezeichnung des Systems Kennzeichen der Systemgrenzen Beispiele offen durchlässig für Materie und Energie Wärmeübertrager, Gasturbine geschlossen durchlässig für Energie, undurchlässig für Materie geschlossener Kühlschrank, Warmwasserheizung, Heißluftmotor abgeschlossen undurchlässig für Energie und Materie verschlossenes Thermosgefäß adiabat undurchlässig für Materie und Wärme, durchlässig für mechanische Arbeit rasche Kompression in einem Gasmotor Bleiben die Zustandsgrößen zeitlich konstant, dann befindet sich das System in einem Gleichgewichtszustand Der Zustand eines Systems kann auf verschiedene Weise verändert werden (z. B. durch Wärmezufuhr von außen). Hat sich, ausgehend von dem Gleichgewichtszustand I, ein neuer Gleichgewichtszustand 2 eingestellt, dann haben alle Zustandsgrößen wieder wohldefinierte Werte angenommen. innere Energie U, Enthalpie H). Intensive Größen sind davon unabhängig (zo B. Druck p, Temperatur T). Wird eine extensive Größe durch die Substanzmenge dividiert, ergibt sich eine intensive Größe. Eine spezifische Größe x ergibt sich nach DIN 5490 aus einer gemessenen extensiven Größe X, indem durch die Masse m des Systems dividiert wird: I Die Ände-r-un_g_ !!..Z - -e-in_e_r_Z _u_s_t-an_d_s_g_ro_··ß- e- 2---, hängt nicht von der Art der Prozeßführung ab, sondern nur vom Anfangs- und Endzustand. Es gilt !!..Z = z2- z,. (3-1) Im Gegensatz zu den wegunabhängigen Zustandsgrößen sind Wärme und mechanische Arbeit wegabhängige Prozeßgrößen. Die mit dem System bei einer Zustandsänderung ausgetauschten Energiebeträge sind von dem Verlauf des Prozesses abhängig. Für jeden Gleichgewichtszustand sind die Zustandsgrößen durch eine Zustandsgleichung miteinander verknüpft. So gilt z. B. für ideale Gase ein einfacher Zusammenhang zwischen Druck, Volumen und Temperatur (Abschn. 3.1.5). Bei realen Gasen ist der Zusammenhang komplizierter und muß empirisch und mit Hilfe von Modellrechnungen ermittelt werden (Abschn. 3.4). Spezifische und molare Größen Viele thermodynamische Größen sind extensiv, d.h., sie hängen von der Substanzmenge (Masse m, Stoffmenge v) des Systems ab (z. B. (3-2) In der Maßeinheit einer spezifischen Größe steht immer x = . kg - 1 Spezifische Größen werden nach DIN 1345 mit kleinen Formelbuchstaben geschrieben. 0 • 0 Der Quotient aus einer gemessenen Größe X und der Stoffmenge v ist die molare Größe X m, die durch den Index m gekennzeichnet wird: X Xm= - 0 V (3-3) 1 Die Maßeinheit einer molaren Größe enthält stets xm = .. mol - 1 . Jede spezifische Größe kann leicht in die entsprechende molare Größe umgerechnet werden. Aus GI. (3-2) und (3-3) folgt sofort X= X m = X m V' oder 0 (H) I 3.1. Grundlagen Darin ist M die Molmasse der betreffenden Substanz (Einheit kg/mol). 143 p Beispiel 3.1-1: Um m = 2 kg Wasser zu verdampfen, ist die Verdampfungswärme Qd = 4,512 MJ erforderlich. Wie groß sind die spezifische und die molare Verdampfungswärme von Wasser? A Lösung: Für die spezifische Verdampfungswärme erhält man qd = Qdlm = 2,256 MJ/kg. Die Molmasse von Wasser ist M = 18 g/mol. Somit beträgt die molare Verdampfungswärme Qmd = 2,256 MJ/kg · 18 g/mol = 40,6 kJ/mol. 3.1.3. Temperatur Die Temperatur ist der menschlichen Empfindung direkt zugänglich und wird mit Begriffen wie "warm" und "kalt" umschrieben. Körper, die sich auf verschiedener Temperatur befinden, können durch Befühlen unterschieden und entsprechend ihrer Temperatur klassifiziert werden. Bringt man zwei Körper verschiedener Temperatur in Kontakt, so stellt man fest, daß der warme Körper kälter und der kalte wärmer wird. Es findet ein Temperaturausgleich statt, der dann beendet ist, wenn das System einen Gleichgewichtszustand erreicht hat. Dieser Sachverhalt wird durch den nullten Hauptsatz der Thermodynamik ausgedrückt: Im thermodynamischen Gleichgewicht haben alle Bestandteile eines Systems dieselbe Temperatur. Der vorgenannte subjektive Temperaturbegriff muß natürlich durch eine Temperaturdefinition mit entsprechenden Meßvorschriften ersetzt werden. Die exakte Definition der sog. thermodynamischen Temperatur geschieht über den Wirkungsgrad einer idealen Wärmekraftmaschine und wird in Abschn. 3.3.5 behandelt. Bereits im Jahr 1704 stellte G. AMONTONS (I 663 bis 1705) fest, daß der Druck eines Gases, dessen Volumen konstant gehalten wird, von der Temperatur abhängt. Er schlug vor, die Temperatur proportional zum Druck des Gases zu setzen (T,....., p) und damit die Bild 3-2. Prinzip eines Gasthermometers mit konstantem Gasvolumen. Durch Heben oder Senken des Ausgleichsgefäßes A wird der Quecksilberspiegel im linken Schenkel des U-Rohrs auf der Nullmarke gehalten. p Druck T absolute Temperatur. Temperaturmessung auf eine Druckmessung zurückzuführen. Man erreicht dies mit Hilfe des in Bild 3-2 dargestellten Gasthermometers. Es läßt sich zeigen, daß die Temperatur des Gasthermometers für ideale Gase (Abschn. 3.1.4 und 3.1.5) identisch ist mit der oben erwähnten thermodynamischen Temperatur. Die Abweichungen, die reale Gase zeigen, kann man rechnerisch berücksichtigen. Der im Gasthermometer bestimmte Gasdruck p kann erst dann in eine Temperatur T umgerechnet werden, wenn die Proportionalitätskonstante zwischen Druck und Temperatur festgelegt ist. Alle Experimente, besonders die in Abschn. 3.1.4 geschilderten von Gay-Lussac, zeigen, daß es einen absoluten Nullpunkt der Temperatur gibt. Um eine Temperaturskala festzulegen, ist daher nur noch die Temperatur eines weiteren Punktes zu definieren. Dazu wurde der Tripelpunkt des Wassers zu Tn = 273,16 K (Kelvin) festgelegt. Der Tripelpunkt ist der Zustand, bei dem in einem Gefaß der feste, flüssige und gasförmige Aggregatzustand miteinander im Gleichgewicht sind. Der Tripelpunkt des Wassers ist leicht herzustellen und mit einer Toleranz von einigen Millikelvin reproduzierbar. Die 13. Gene- 144 3. Thermodynamik ralkonferenz für Maße und Gewichte (GKMG) legte 1967 als Einheit für die Temperatur fest: Durch diese Definition wird erreicht, daß Temperaturdifferenzen in beiden Einheiten dieselbe Maßzahl haben. I Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser. Für den praktischen Gebrauch wurde die Internationale Temperaturskala von 1990 (ITS-90) erarbeitet. Sie stützt sich auf 17 gut reproduzierbare thermodynamische Gleichgewichtszustände als definierende Fixpunkte (Tabelle 3-2) und gilt als derzeit beste Darstellung thermodynamischer Temperaturen. Die Einheit Kelvin (K) für die absolute Temperatur wurde zu Ehren von W. THOMSON (1824 bis 1907), dem späteren Lord Kelvin gewählt, auf den die Temperaturskala zurückgeht. Die so definierte Kelvin-Skala hat dieselbe Skalenteilung wie die bereits 1742 von A. CELSIUS ( 1701 bis 1744) vorgeschlagene Skala, bei der Schmelz- und Siedepunkte des Wassers unter Normdruck (0 oc bzw. 100 oq als Fixpunkte dienen. Der Zusammenhang zwischen der absoluten Temperatur T in Kelvin und der Temperatur 9 in Grad Celsius ergibt sich aus 9 T - = - - 27315. oc K ' (3-5) Zur Interpolation zwischen den Fixpunkten wird zwischen 0,65 K und 5 K die Temperatur aus dem Dampfdruck von 3 He bzw. 4 He bestimmt; zwischen 3 K und 24,5561 K mit einem Gasthermometer. Oberhalb 13,8033 K bis 1234,93 K werden Pt-Widerstandsthermometer und für noch höhere Temperaturen Spektralpyrometer eingesetzt. Temperaturmessung Jede physikalische Größe, die sich mit der Temperatur ändert, kann zur Temperaturmessung herangezogen werden. Für die verschiedensten Meßaufgaben, Meßobjekte und Temperaturbereiche wurden unterschiedliche Meßverfahren entwickelt. Eine Zusammenstellung gängiger Methoden enthält Tabelle 3-3. Die Tabelle 3-2. Definierende Fixpunkte der ITS-90. Wenn nicht anders angegeben, beträgt der Druck Pn = 101,325 kPa. Gleichgewichtszustand Siedepunkt von Helium bei verschiedenen Dampfdrücken Tripelpunkt des Gleichgewichtswasserstoffs Siedepunkt von Wasserstoff beim Dampfdruck 32,9 kPa und 102,2 kPa Tripelpunkt des Neons Tripelpunkt des Sauerstoffs Tripelpunkt des Argons Tripelpunkt des Quecksilbers Tripelpunkt des Wassers Schmelzpunkt der Galliums Erstarrungspunkt des Indiums Erstarrungspunkt des Zinns Erstarrungspunkt des Zinks Erstarrungspunkt des Aluminiums Erstarrungspunkt des Silbers Erstarrungspunkt des Goldes Erstarrungspunkt des Kupfers 79 0 in K 3 bis 5 13,8033 17 20,3 24,5561 54,3584 83,8058 234,31 56 273,16 302,9146 429,7485 505,078 692,677 933,473 1234,93 1337,33 1357,77 {}90 in oc - 270,15 bis - 268 ,15 - 259,3467 -256,15 -252,85 -248 ,5939 -218,791 6 -189,3442 -38,8344 0,01 29,7646 156,5985 231,928 419,527 660,323 961 ,78 1064,18 1084,62 3.1. Grundlagen 145 Tabelle 3-3. Temperaturmeßverfahren. Thermometertyp Meßbereich in oc Fehl ergrenzen physikalisches Meßprinzip - 200 bis - 110 bis - 90 bis - 58 bis - 38 bis bis Näherungsweise in Größenordnung der Skalenteilung. Details in VDEIVDI 3511 Thermische Ausdehnung einer Flüssigkeit wird zur Temperaturmessung verwendet. Die Temperatur wird aus dem Stand der Flüssigkeit in einer Glaskapillare ermittelt. FlüssigkeitsGlasthermometer .... 0 ..... 0 8 0 8.... 0 ..<:: ..... "'Oll s:: Füllung: Pentangemisch Alkohol Toluol Hg-Tl Quecksilber Galliumlegierung 30 210 100 30 800 1000 FlüssigkeitsFederthermometer - 35 bis 500 1 bis 2% des Anzeigebereichs Thermische Ausdehnung einer Flüssigkeit (z. B. Hg unter 100 bis 150 bar) wird auf eine Rohr- oder Schneckenfeder übertragen. DampfdruckFederthermometer -50 bis 350 1 bis 2% des Anzeigebereichs Dampfdruck einer Flüssigkeit (Ethylether, Hexan, Toluol, Xylol) wird auf eine Rohr- oder Schneckenfeder übertragen . 0 bis 1000 1 bis 2% des AnZeigebereichs Thermische Ausdehnung eines Metallstabs bewegt ein Meßwerk. -50 bis 400 l bis 3% des Anzeigebereichs Thermobimetall besteht aus zwei fest miteinander verbundenen Schichten aus Werkstoffen mit unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten und krümmt sich bei Temperaturänderung. ;:I .... .... 0 ..<:: :;:I il:l 0 ..<:: u "' ·a ol ..<:: u 0 8 Stabausdehnungsthermometer Bimetall thermometer .... ~ 0 8 0 .5 -5 "'Oll § Thermoelemente AuFe-NiCr Cu-Konstantan Fe-Konstantan Ni Cr-Konstantan Pt - PtRh W-WMo 270 bis 200 bis 200 bis 200 bis 0 bis 0 bis 0 400 700 900 1600 3300 0,75% des Temperatur-Sollwerts, mindestens 3 K Zwischen zwei Verbindungsstell en verschiedener Metalle entsteht eine Thermospannung, wenn di e Verbindungsstellen auf verschiedenen Temperaturen sind (Seebeck-Effekt). - 250 bis - 60 bis - 273 bis 40 bis 1000 180 400 270 0,3 bis 5 K 0,2 bis 2, 1 K 0,5 bis 1,5 K Temperaturabhängigkeit des elektrisehen Widerstandes von Metallen und Halbleitern dient zur Temperaturbestimmung. - .... ..<:: 'e 0 il:l 0 ..<:: u ·s"' ~ 0 0 Widerstandsthermometer Platin Nickel Heißleiter Kaltleiter 146 3. Thermodynamik Tabelle 3-3. (Fortsetzung) Thermometertyp .... 0) .... 0) s0 8 Strahlungspyrometer Spektralpyrom . Bandstrahlungsp. GesamtstrahIungspyrometer Fehlergrenzen physikalisches Meßprinzip 650 bis 5000 50 bis 2000 - 40 bis 3000 I bis 35 K I bis 1,5% des Bereichs Temperatur eines Körpers wird aus der Wärmestromdichte seiner elektromagnetischen Strahlung bestimmt. Messung erfolgt entweder in engem Spektralbereich, breitem Spektralband oder im gesamten Spektrum. 1150 bis 2000 200 bis 2200 10 bis 25 K 1 bis 1,5% des Bereichs Rote und grüne Strahlungsanteile von Meßstelle und Referenzlampe werden verglichen. Vergleich erfolgt subjektiv durch Farbvergleich oder objektiv durch Photoempfänger. Meßbereich in °C 0) ..<:: f-< 0) "' 0 '<;] bl) 1:1 ::s .... ..<:: ,;:s .... 0) .0 1:1 .... 0) Verteilungspyrometer Farbangleichpyr. Verhältnispyrometer Photothermometrie 250 bis 1000 ±lK Die Oberfläche eines heißen Körpers wird mit infrarotempfindlichen Platten photographisch aufgenommen. Zur Untersuchung von Temperaturfeldern geeignet. Temperaturmeßfarben 40 bis 1350 ±5K Auf Meßkörper wird Farbe aufgebracht, die bei Erreichen einer bestimmten Temperatur den Farbton ändert. Temperaturkennkörper 100 bis 1600 ±7K Zylindrische Körper aus Metallegierungenzeigen durch Schmelzen eine bestimmte Temperatur an. Segerkegel 600 bis 2000 ..<:: ~ .... 0) > C!:l 0) ::E 0) .... 0) "' 1:1 Mischung aus Ton und Feldspat wird bei Erreichen einer bestimmten Temperatur weich, der Kegel neigt sich zur Seite. 0 ~ .0 akustisches Thermometer -271 bis- 253 Temperaturabhängigkeit der Schallgeschwindigkeit in Gasen ist ein Maß für die Temperatur. magnetisches Thermometer - 273 bis - 200 Magnetische Suszeptibilität paramagnetischer Salze hängt reziprok von der absoluten Temperatur ab. Glasfaserthermometer 50 bis 250 Auflösung 0,1 K Die Fähigkeit einer Glasfaser, Lichtwellen zu führen, hängt vom temperaturempfindlichen Brechungsindex ab. 3.1. Grundlagen VDEIVDI-Richtlinien 3511 geben eine ausführlichere Darstellung sowie eine Zusammenstellung der relevanten DIN-Normen. Temperatur .9z gilt nach GI. (3-7) , wenn V1 das Volumen bei .9 1 ist Vz = I~ = 11 [I + r:x ( .9z - .91) ]3 = =VI [I + 3 r:x (.9z- .91) + 3 r:x Z(.9z- .91f + r:x3 (.9 z - .91)3]. 3.1.4. Thermische Ausdehnung Festkörper Die meisten Festkörper dehnen sich bei Erwärmung aus. Die relative Verlängerung MI I eines Stabes kann innerhalb bestimmter Grenzen proportional zur Temperaturänderung !!.T gesetzt werden: M -=r:x!!.T I . (3-6) • (3-7) Die beiden letzten Glieder der Klammer sind gegenüber dem linearen Glied vemachlässigbar. Daher erhält man in guter Näherung (3-8) oder für die relative Volumenänderung !!.V - = y !!.T Ist die Länge 11 bei der Temperatur .9 1 bekannt, so folgt für die Länge lz bei der Temperatur .9z 147 (3-9) V mit !!.T = Tz- T 1 = .9z - .91 und dem Raumausdehnungskoeffizienten 1 y = 3 r:x . mit !!.T= Tz - T 1 = .9z - .9 1• Die Proportionalitätskonstante r:x ist der Längenausdehnungskoeffizient. Sie ist ein Materialparameter und kann näherungsweise konstant gesetzt werden. In der Wirklichkeit steigt der Längenausdehnungskoeffizient r:x mit der Temperatur leicht an; Tabelle 3-4 enthält einige mit I06 multiplizierte Mittelwerte für die Temperaturbereiche 0 °C ~ .9 ~ 100 °C und 0 °C ~ .9 ~ 500 °C. Mit der Längenausdehnung der Körper ist zwangsläufig eine Volumenänderung verknüpft. Für das Volumen Vz eines Würfels bei der (3-10) Beispiel 3.1-2: Eine Messingkugel (cx = 19 · 10- 6 K- 1) hat bei der Temperatur 9 1 = 20 °C den Durchmesser d 1 = 20,00 mm. Auf welche Temperatur ih muß sie erwärmt werden, damit sie in einem Ring mit dem Innendurchmesser d 2 = 20,03 mm stecken bleibt? Wie hat sich das Kugelvolumen verändert? Lösung: Nach GI. (3-6) ist die Temperaturänderung 0,03 mm 79 K 20mm · 19 · 10- 6 K- 1 • Also ist die erforderliche Temperatur 9 2 = 99 °C. Die relative Volumenvergrößerung beträgt nach GI. (3-9) und (3-10) t:J.V - = y!:J.T = 3 a !:J.T= 4,5 · 10- 3• !:J.T = M da Tabelle 3-4. Mittlerer linearer Längenausdehnungskoeffizient r:x einiger Festkörper in verschiedenen Temperaturbereichen. I 06 a inK- 1 Temperaturbereich Aluminium Kupfer Stahl C 60 rostfreier Stahl Invarstahl Quarzglas gewöhnliches Glas ooc ~ 9 ~ 100 oc 23,8 16,4 11 ,1 16,4 0,9 0,51 9 106 (X inK- 1 ooc~ ~ V e 9 500 °C 27,4 17,9 13,9 18,2 0,61 10,2 Die Dichte eines Körpers ist umgekehrt proportional zum Volumen. Für die Temperaturabhängigkeit gilt e(.9) m Vo(l + y .9) Ist eo= ml Vo die Dichte bei .9 0 = 0 o C, dann ist die Dichte bei der Temperatur .9 Q ( .9) Qo = + Y .9 1 ~ eo (I - y .9) . (3-11 ) 148 3. Thermodynamik I Flüssigkeiten Weil Flüssigkeiten keine Eigengestalt haben, ist nur die Volumenänderung von Interesse. Es gelten GI. (3-8) , (3-9) und (3-11); allerdings ist der Raumausdehnungskoeffizient y größer als bei Festkörpern. Einige Zahlenwerte enthält Tabelle 3-5. Tabelle 3-5. Raumausdehnungskoeffizient y einiger Flüssigkeiten bei der Temperatur .9= 20°C. Stoff 10 3 yi nK- Wasser Quecksilber Pentan Ethylalkohol Heizöl 0,208 0, 182 1,58 1,10 0,9 bis 1,0 1 y =0003661 K- 1 = - - ' 273,15K Ein Gas in diesem Grenzzustand wird als ideales Gas bezeichnet. Wie die graphische Darstellung des GayLussacschen Gesetzes in Bild 3-3 zeigt, wird das Volumen bei .9 =- 273,15 oc gleich null. Dies ist der absolute Nullpunkt der Temperatur. Natürlich gilt das Gay-Lussacsche Gesetz bei sehr tiefen Temperaturen nicht mehr. Reale Gase kondensieren beim Abkühlen ; selbst am absoluten Nullpunkt muß noch ein bestimmtes Restvolumen, nämlich das Eigenvolumen der Atome, übrig bleiben. Die absolute Temperatur T erlaubt eine einfache Formulierung des Gay-Lussacschen Gesetzes: V( T ) = V0 - T To Bemerkenswert ist die Anomalie des Wassers. Bei der Temperatur .9 = 4 °C hat die Dichte ihr Maximum mit l2max = 0,999973 kg/dm 3. Wenn im Winter ein See zufriert, sammelt sich das Wasser von .9 = 4 °C und größter Dichteam Grund; darüber liegen die kälteren und leichteren Schichten. Weil die kalten Schichten nicht absinken, erfolgt keine Wärmeübertragung durch Konvektion. Der Wärmetransport durch Wärmeleitung ist nicht sehr effektiv (Abschn. 3.5), so daß tiefe Seen nicht bis zum Grund durchgefrieren. V bzw. -T = konst. (3-12) Hierbei ist T0 = 273, 15 K -273,15 °C Gase Temperatur {} Bei Gasen hängt das Volumen vom Druck und der Temperatur ab. Messungen von J. A. C. CHARLES (1746 bis 1823), die von J. L. GAY-LUSSAC (1778 bis 1823) vertieft wurden, ergaben, daß bei einem Gas unter konstantem Druck das Volumen linear mit der Temperatur gemäß GI. (3-9) variiert: V(.9) = V0 (1 Bild 3-3. Zusammenhang zwischen dem Volumen V und der Temperatur T eines idealen Gases bei konstantem Druck. Wird das Volumen eines Gases konstant gehalten und die Tem peratur verändert, dann variiert der Druck p gemäß wenn V0 das Volumen bei .9 0 = 0 oc ist. Experimente liefern für den Raumausdehnungskoeffizienten y im Gay-L ussacschen G esetz für fast alle Gase den gleichen Wert. Die Unterschiede zwischen den einzelnen G asen werden um so geringer, je ni edriger der Druck p ist. Im Grenzfall p -+ 0 ergi bt sich für all e Gase + Y .9) (3-13) p (T)= p0 I.._ bzw. PT = konst. To (3-14) p(.9) = Po( l + y .9), oder Diese Gl eichung ist die Grundlage der Temperaturbestimmung nach Amontons mit Hilfe des Gasthermometers. 3.1. Grundlagen m V.=n 3.1.5. Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase Qo Das Volumen V und der Druck p einer abgeschlossenen Menge eines idealen Gases sind bei konstanter Temperatur durch das Gesetz von Boyle-Mariotte verknüpft: p V= konst. (3-15) 1 Der Zusammenhang wurde 1662 von R. BOYLE (1627 bis 1691) und unabhängig von ihm 1679 von E. MARIOTTE (1620 bis 1684) experimentell gefunden. Die Gesetze von Boyle-Mariotte, Gay-Lussac und Charles, formuliert in GI. (3-15), (3-12) sowie (3-14), lassen sich in einer Gleichung, der Zustandsgleichung idealer Gase kombinieren: pV r= konst. (3-16) T Tn (3-17) zusammen. Somit wird aus GI. (3-17) pV Pn -=--m. T ToQn Die Werte für p 0 , Tn und Qo werden zusammengefaßt zu der individuellen (speziellen) Gaskonstanten (3-18) 1 Die Zustandsgleichung idealer Gase erhält demnach die Form (3-19) 1 Da die Gaskonstante R; von der Dichte Q0 des Gases abhängt, ergibt sich für jede Gasart eine eigene, individuelle Konstante. 1 Reale Gase befolgen GI. (3-16) um so besser, je geringer der Druck und je höher die Temperatur ist. Die physikalischen Gründe hierfür sind in Abschn. 3.2.1 erläutert. Die Zustandsgrößen Druck p, Volumen V und Temperatur T einer konstanten Stoffmenge eines idealen Gases gehorchen stets GI. (316). Durch Auflösung nach dem Druck ergibt sich p = konst. · TI V Werden das Gefäßvolumen und die Temperatur vorgegeben, dann hängt der Gasdruck und damit die Konstante von der Gasmenge ab, die sich im Gefäß befindet. Zur Bestimmung der Konstante wird GI. (3-16) in die Form p V Po Vn -- 149 1 gebracht. Die Größen mit dem Index n beziehen sich auf den in DIN 1343 festgelegten Normzustand mit der Normtemperatur Tn = 273,15 K (.9 0 = 0 °C) und dem Normdruck Pn = 101 325 Pa. Das Volumen Vn des Gases hängt mit der Dichte Qn beim Normzustand und der Masse ·m gemäß Beispiel 3.1-3: Wie groß ist die individuelle Gaskonstante von Luft? Lösung: Die Dichte beim Normzustand beträgt Qn = I ,293 kg/m 3. Damit errechnet man für die Gaskonstante R; 2 101 325 N m 273,15 K · 1,293 kg m- 3 = 286 •9 _J_. kg K Der Nachteil, für jedes Gas eine besondere Gaskonstante in GI. (3-19) einsetzen zu müssen, entfallt, wenn in GI. (3-17) das Volumen Vn durch die Stoffmenge v ausgedrückt wird. Nach dem Satz von A. AvOGADRO (1776 bis 1856) benötigt eine bestimmte Teilchenmenge eines idealen Gases bei bestimmten Werten des Drucks und der Temperatur stets das gleiche Volumen, und zwar unabhängig von der Gasart. Für die Stoffmenge v = 1 mol beträgt beim Normzustand nach DIN 1443 das Molvolumen Vmn = 22,414 drn3/mol. Somit ist das Volumen V" der Teilchenmenge v und GI. (3-17) erhält die Form p- V T Pn Vmn T" = - - V. !50 3. Thermodynamik Die Konstanten der rechten Seite faßt man zur universellen (molaren) Gaskonstante Rm zusammen: = Pn Vmn = 8 3145 R T;. m ' Lösung: J molK· Damit erhält man die Zustandsgleichung der idealen Gase: (3-2i ] Diese Form hat den Vorteil, daß für alle Gase dieselbe Gaskonstante verwendet werden kann. Die individuelle Gaskonstante R; kann bei Kenntnis der Molmasse M des Gases aus der molaren Gaskonstante Rm berechnet werden. Nach GI. (3-4), die den allgemeinen Zusammenhang zwischen spezifischen und molaren Größen beschreibt, gilt Rm M R; = - . (3-21) 1 Die Anzahl der Teilchen in der Teilchenmenge v = 1 mol wird durch die Avogadrosche Konstante angegeben: NA = 6,0221 · 10 23 mol - 1 bar eingestellt hat. Wie groß sind die Teilchenanzahl N, die Teilchenmenge v und die Masse m des Gases? . Mit der Avogadro-Konstante kann die rechte Sei te von GI. (3-20) umgeformt werden: Der Druck des Gases beträgt p = PL + Pü = 3,016 · 10 5 Pa. Die absolute Temperatur ist T= 295,15 K. Nach GI. (3-22) folgt für die Teilchenanzahl pV 3,016·10 5 Nm- 2 ·2·10- 3 m 3 N=-= kT 1,381 · 10- 23 Nm K - 1 · 295,15 K = 1,48. 10 23 . Die Teilchenmenge ist pV N v= - - = = 0,246mol. TRm NA Helium hat die Molmasse M = 4,003 g/mol. Damit ist die Masse des Gases m = v M = 0,985 g. Der funktionale Zusammenhang der drei Zustandsgrößen Druck, Volumen und Temperatur in der Zustandsgleichung der idealen Gase kann in einem dreidimensionalen Raum nach Bild 3-4 anschaulich dargestellt werden. Alle Gleichgewichtszustände liegen auf der gekrümmten Fläche. Schnitte durch die Fläche bei konstanter Temperatur liefern die Hyperbeln des Boyle-Mariotteschen Gesetzes im p, V-Diagramm. Schnitte bei konstantem Druck erzeugen die Geraden des Gay-LussacT Rm pV=vNAN T. A HICnn ist V= v NA die Teilchenanzahl des Systems. Der Quotient k Rm - UH065 · 10 .\~ 23 J K wtrd al' Bolt:.mann-Konstante (L. BOLTZMANN, 1844 bis 1906) bezeichnet. Hiermit ergibt sich eme wc1tere Form der Zustandsgleichung 1dcaler Gase pJ=NkT. (3-22) Bei piel 0 3./-4: Ein Gefaß mit V= 2 I Inhalt wird bei der Temperatur 9 = 22 oc evakuiert und anschließend mit Helium gefüllt, bis sich gegenüber dem äußeren Luftdruck PL = 1016 h Pa der Überdruck Po= 2,0 Bild 3-4. Zustandsfläche der Zustandsgleichung idealer Gase. p Druck, Vm molares Volumen, T absolute Temperatur 3.2. Kinetische Gastheorie sehen Gesetzes im V, T-Diagramm, und schließlich ergeben Schnitte bei konstantem Volumen die Geraden des Charlesschen Gesetzes im p, T-Diagramm. ZurÜbung Ü 3.1-1: Ein Glasstab aus Pyrex-Glas und ein Maßstab aus Messing Ms 58 sind bei .9 1 = 20 oc genau / 1 = 1000 mm lang. Welche Länge liest man für den Glasstab ab, wenn beide Körper auf .9 2 = 100 °C erwärmt werden? (etalas ~ 3,2 . w- 6 K- 1; C<Ms = 19 · w-6 K - 1) Ü 3.1-2: Eine kreisf6rmige Stahlplatte hat bei .9 1 = 20 °C den Durchmesser d 1 = 1200 mm. Um welchen Betrag nimmt ihre Fläche zu, wenn sie auf .9 2 = 96 °C erwärmt wird? Ü 3.1-3: Wie groß ist die Zugspannung in Eisenbahnschienen bei .9 1 = - 20 °C, wenn sie bei .9 2 = + 20 °C spannungsfrei verschweißt wurden? Der Elastizitätsmodul des Stahls beträgt E = 2 · 10 5 N/mm 2 (Abschn. 2.11). Ü 3.1-4: Bei .9 1 = 20 oc beträgt die Dichte von Quecksilber Q1 = 13,546 kg/dm 3• Bei welcher Temperatur .9 2 ist die Dichte (h = 13,5 kg/dm 3 ? Ü 3.1-5: Wie groß ist die individuelle Gaskonstante von Wasserdampf, wenn bei der Temperatur .9 = 800 oc und dem Druck p = 9,807 bar das spezifische Volumen v = 0,5 m 3/kg beträgt? Ü 3.1-6: In ein Gefaß mit dem Volumen V= 201 wird bei der Temperatur .9 = 22 °C Luft gepumpt, bis sich der Überdruck Pü = 100 bar einstellt. Welche Masse hat das Gas, wenn der äußere Luftdruck PL = I bar beträgt? 151 Ein ideales Gas zeichnet sich dadurch aus, daß es die Zustandsgleichung idealer Gase (GI. (3-15) und folgende in Abschn. 3.1-5)) befolgt. Ein reales Gas verhält sich dann ideal, wenn die Teilchendichte gering und die Temperatur wesentlich über der Siedetemperatur der Substanz liegt. In diesem Zustand ist das Eigenvolumen der Moleküle sehr viel kleiner als das Gefäßvolumen; außerdem sind die zwischenmolekularen Kräfte vernachlässigbar, da diese eine sehr kurze Reichweite haben. Die Modellsubstanz des idealen Gases hat folgende Eigenschaften: - Das Gas besteht aus einer großen Anzahl gleichartiger Teilchen, den Molekülen. - Die räumliche Ausdehnung der Teilchen ist so klein, daß ihr Eigenvolumen gegenüber dem Gefäßvolumen vernachlässigbar ist (Konzept des Massenpunktes). - Zwischen den Teilchen existieren keine Wechselwirkungskräfte, ausgenommen bei einem Zusammenstoß. - Die Zusammenstöße der Teilchen untereinander und mit den Gefäßwänden verlaufen völlig elastisch innerhalb einer vernachlässigbaren Zeitspanne. Der Druck, den ein Gas auf die Gefäßwand ausübt, wurde bereits 1738 von Bernoulli so erklärt, daß die Teilchen bei ihren Zusammenstößen mit der Wand an diese einen beY Ü 3.1-7: In einem Gefaß mit V= I m 3 Inhalt befindet sich bei der Temperatur T = 250 K und dem Druck p = 2,5 bar ein ideales Gas. Wie groß ist dessen Teilchenmenge? 3.2. Kinetische Gastheorie 3.2.1. Gasdruck Die bisher phänomenologisch eingeführten Zustandsgrößen erhalten eine mechanische Interpretation durch die kinetische Gastheorie. Hierbei legt man die atomare Struktur der Materie zugrunde und leitet die thermodynamischen Eigenschaften der Gase aus der Bewegung der Gasmoleküle unter Anwendung der Gesetze der Mechanik ab. X 8 z Bild 3-5. Zur kinetischen Gastheorie: Wü1je/ mit einem Molekül der Geschwindigkeit v,. x, y, z Koordinaten a Kantenlänge 152 3.Thennodynanllk stimmten Impuls übertragen und dadurch eine Kraft ausüben. Zur Bestimmung des_ Drucks sei zunächst nach Bild 3-5 ein Würfel der Kantenlänge a als Gefäß betrachtet, in dem sich lediglich ein Molekül der Masse mM befinden soll. Das Molekül bewege sich mit der Geschwindigkeit vi und treffe auf die rechte Wand des Würfels. Gemäß den Stoßgesetzen von Abschn. 2.7 wird das Teilchen wie beim optischen Reflexionsgesetz reflektiert und gibt dabei den Impuls t'lpi = 2 mM vxi an die Wand ab. Nach einer bestimmten Laufzeit !lt wiederholt sich der Vorgang, so daß in regelmäßigen Abständen nach Bild 3-6 ein Kraftstoß auf die rechte Wand ausgeübt wird. Die mittlere Kraft Fi auf die rechte Wand beträgt !lpj F = ' !lt 2mM Vx i = _m_M_v _i_i mittleren Geschwindigkeitsquadrat } N v2 = v2· X N i=l XI L: vereinfachen zu mM a 2a lvxi Bei den üblichen Teilchenanzahlen verschwindet das in Bild 3-6 angedeutete diskrete Auftreten der Stöße vollkommen. Tatsächlich treffen beispielsweise bei einem mit Luft gefüllten Gefäß im Normzustand auf jeden Quadratzentimeter der Wand je Sekunde etwa 3 · 1023 Teilchen. Die Geschwindigkeiten der einzelnen Moleküle messen zu wollen, ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Sinnvoll sind nur statistische Aussagen, z. B. eine Berechnung des Mittelwerts. Der obige Ausdruck läßt sich mit dem -2 P =-Nv V X. Nun gilt für jedes Teilchen v2 = vi + v; + vi. Da bei vielen Teilchen alle Raumrichtungen gleichmäßig vorkommen, gilt für die Mittelwerte der Geschwindigkeitsquadrate Demnach erhält man für den Druck (3-23) Bild 3-6. Zur kinetischen Gastheorie: Kraftstöße auf die Wand. F; Kraft, t Zeit, a Kantenlänge, Vx; Geschwindigkeit Damit ist der "Druck", von einem Molekül herrührend, _ Pi= Fi mMvii mMvii A =-a-3- =--V- . N un sollen sich N Teilchen mit verschiedenen Geschwindigkeiten im Würfel befinden. Falls sie untereinander nicht zusammenstoßen, ergibt sich der Druck auf die Wand durch Summation über alleN Einzelbei träge: ( 2 2 2 2 ) p =mM - Vx I + Vx 2 + Vx 3 + · · · + Vx N Diese Grundgleichung der kinetischen Gastheorie ist auch gültig, wenn Zusammenstöße zwischen den Teilchen stattfinden, sowie bei beliebiger Gefäßform. GI. (3 -23) läßt sich mit Hilfe der Dichte e = m / V = N mM I V umschreiben: (3-24) Diese Beziehung kann benutzt werden, um die mittleren Molekülgeschwindigkeiten in Gasen zu berechnen. Als mittlere Geschwindigkeit vm wird die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat v 2 definiert: V N mM '\' =-v LJ i= l 2 vxi· 1 (3-25) 3.2. Kinetische Gastheorie Beispiel j-mMv 2 = 3.2-1: Beim Normznstand beträgt die Dichte von Stickstoff l?n = 1,2505 kg/m 3• Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit? Lösung: V m =v 3·101325Nm- 2 1,2505 kg m- 3 = 3.2-2: Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit und die Schallgeschwindigkeit c von Luft bei 9 = 20°C? Tabelle 3-6. Mittlere Geschwindigkeit vm und Schallgeschwindigkeit c einiger Gase beim Normzustand 9- 0 = 0 ac und Pn = 1,013 bar (Q Dichte, x Isentropenexponent). X in kg/m 3 0,1785 1,784 0,0899 1,4289 1,2505 1,2928 Beispiel vm x ist der in Abschn. 3.3.4 definierte Isentropenexponent, der im Bereich 1 < x ~ 5/3 liegt. Tabelle 3-6 enthält Werte der mittleren Geschwindigkeit vm und der Schallgeschwindigkeit c für einige Gase. Helium Argon Wasserstoff Sauerstoff Stickstoff Luft die zeigt, daß das mittlere Geschwindigkeitsquadrat proportional zur Temperatur ist. Daraus folgt sofort für die Temperaturabhängigkeit der mittleren Geschwindigkeit: (3-26) c=ff. Q kT, 493 m/s. Die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle ist in der Größenordnung der Schallgeschwindigkeit. Nach Gl. (5-186) gilt für die Schallgeschwindigkeit Gas 153 1,67 1,67 1,41 1,40 1,40 1,40 Vm c in m mls m/s 1305 413 1840 461 493 485 974 308 1260 315 337 331 Lösung: Aus GI. (3-26) folgt Vm20 ~93 -- und Vm20 = I ,036 Vmo. 273 Mit vmo = 485 m/s (Tabelle 3-6) ergibt sich vm 2o = 502 m/s. Im gleichen Verhältnis nimmt die Schallgeschwindigkeit von c0 = 331 m/s auf c20 = 343 m/s --= Vmo zu. Eine sehr plastische Deutung des Temperaturbegriffs wird möglich durch Einführung der mittleren kinetischen Energie Ekin eines Teilchens der Masse mM: - Eldn I 2 = 2mMv Wird die Grundgleichung (3-23) der kinetischen Gastheorie in der Form (3-27) Aus Gl. (3-26) und (3-27) folgt 3 Ekin =2kT. 3.2.2. Thermische Energie und Temperatur . (3-28) Dieser Ausdruck erlaubt eine anschauliche Interpretation der phänomenologisch eingeführten Zustandsgrößen "Temperatur": p V -IN -3 mMv2 geschrieben, so ist eine Verwandtschaft mit der allgemeinen Zustandsgleichung (3-22) idealer Gase p V=NkT offensichtlich. Durch Gleichsetzen der rechten Seiten entsteht die Beziehung Die Temperatur ist ein Maß für die mittlere kinetische Energie der Moleküle. Durch die Verknüpfung von Temperatur und kinetischer Energie wird auch wieder auf die Existenz eines absoluten Temperatur-Nullpunkts hingewiesen, bei dem jede Teilchenbe- 154 3. Thermodynamik wegung aufhört. (Die Quantentheorie lehrt, daß bei T = 0 K noch eine Nullpunktsenergie vorhanden ist.) Der Exponent läßt sich leicht umformen: Gleichverteilungssatz Da die Teilchenanzahldichte n = N / V proportional zum Druck ist, gilt für das Verhältnis der Teilchenanzahldichten in der Höhe h und am Erdboden bei h = 0: Die Modellsubstanz - die Grundlage der vorgenannten abgeleiteten Gleichungen - besteht aus punktförmigen Teilchen mit jeweils f = 3 Freiheitsgraden. Da sich im zeitlichen Mittel die Bewegung der Moleküle gleichmäßig auf alle drei Raumrichtungen verteilt, kann man die kinetische Energie eines Moleküls in drei gleiche Teile aufspalten. Auf jeden F reiheitsgrad entfällt somit die mittlere thermische Energie pro Molekül (3-29) 1 _ mMgh Ph =Po e kT Der Zähler im Exponenten entspricht der Differenz der potentiellen Energie Mpo1 im Schwerefeld zwischen den beiden betrachteten Zuständen, so daß auch gilt nh = !J.Epo, e - kT no D ieses Ergebnis kann verallgemeinert werden auf Gase, deren Teilchen nicht punktförmig sind (z. B. das hantelförmige N r Molekül) und daher mehr als drei Freiheitsgrade haben: Die thermische Energie eines Moleküls verteilt sich gleichmäßig auf all e seine Freiheitsgrade. Jeder Freiheitsgrad hat die Energie Er= k T. ± Dieser Gleichverteilungssatz (Äquipartionsprinzi p) liefert für die mittlere kinetische Energie eines Moleküls mit f Freiheitsgraden - f Ekjn = - 2 k T. (3-30) D er Gleichverteilungssatz verliert seine Gültigkeit bei tiefen Temperaturen, wo Quanteneffekte wirksam werden (Abschn. 3.3.3). 3.2.3. Geschwindigkeitsverteilung der Gasmoleküle Boltzmann-Faktor Die barometrische Höhenformel gemäß G l. (2-184) beschreibt die Druckabna hme in der Atmosphäre mit zunehmender Höhe h: _ eoTog h PoT Dieses Ergebnis lä ßt sich verallgemeinem auf zwei beliebige Energiezustände E 1 und E 2 • Werden auf diese beiden Energieniveaus N Teilchen verteilt, dann gilt für die Besetzungszahlen bzw. Teilchenanzahldichten (3-31) Diese Exponentialfunktion ist als BoltzmannFaktor bekannt und spielt in den Gleichungen der Gleichgewichtsstatistik eine große Rolle. Der Boltzmann-Faktor gibt an, welcher Bruchteil der Teilchen aufgrund ihrer thermischen Bewegung die Energieschwelle E 2 - E 1 überschritten hat. Er tritt auf in den G leichungen der Leitfähigkeit von Halbleitern, in der Diodenkennlinie, beim Verdampfen von Flüssigkeiten und beim Elektronena ustritt aus Glühkathoden, um einige Beispiele zu nennen. Haben mehrere Zustände dieselbe Energie (entartete Zustände) , dann kann dies durch ein statistisches Gewicht g berücksichtigt werden. Aus Gl. (3-31 ) wird dann (3-32) 3.2. Kinetische Gastheorie Wenn ein System verschiedene Zustände mit den Energien E 1 , E2 , ••• einnimmt, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Zustand mit der Energie Ei besetzt ist, gegeben durch 155 dann ergibt sich die Normierungskonstante C aus der Forderung 00 Jf(v) dv =I. 0 (3-33) Maxwellsehe Verteilungsfunktion Bei einem Gas ändern sich infolge der Zusammenstöße zwischen den Gasmolekülen ständig deren Geschwindigkeiten. Trotzdem ist eine statistische Aussage darüber möglich, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Geschwindigkeit vorkommt. Nach GI. (3-33) ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Geschwindigkeit zwischen v und v + dv gegeben durch die Verteilungsfunktion f( v)dv= Cg (v )e 2kTdv. Darin berücksichtigt g (v) dv das statistische Gewicht des Geschwindigkeitsintervalls. Im dreidimensionalen Geschwindigkeitsraum nach Bild 3-7 liegen die Spitzen aller Geschwindigkeitsvektoren mit den Beträgen zwischen v und v + dv in einer Kugelschale mit dem Radius v und der Dicke dv. Die Anzahl der möglichen Geschwindigkeitsvektoren ist proportional zum Volumen dieser Kugelschale 4n v 2 dv. Setzt man Dies ist der mathematische Ausdruck dafür, daß ein Teilchen mit Sicherheit irgend eine Geschwindigkeit zwischen null und unendlich haben muß. Durch Bestimmung des Integrals folgt C=(~)312 2n kT Die Maxwellsehe Geschwindigkeitsverteilung lautet demnach Sie wurde von J. C. MAXWELL im Jahr 1859 gefunden und 1876 von L. BOLTZMANN theoretisch begründet. Bild 3-8 zeigt die Verteilungsfunktion für Stickstoff-Moleküle bei den Temperaturen T = 300 Kund T = 900 K. 1,5 ·10- 3 g(v)=4nv 2, ' ' , T = 900K '' 0,5·10- 3 500 0 '' '' ' ........ ... __ 1500 ~ 1000 2000 Geschwindigkeit v Bild 3-8. Maxwellsehe }ur S tickstoffmolekü/e. Geschwindigk eitsverteilung Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit Vw , also diejenige, die am häufigsten auftritt, kann aus GI. (3-34) durch Bestimmung des Maximums ermittelt werden: Bild 3-7. Zur Maxwellsehen Geschwindigkeitsverteilung: Geschwindigkeiten zwischen v und v+ dv. = V w lV~ fTkT = lf2 V3m· V (3-35) 156 3. Thermodynamik Die durchschnittliche Geschwindigkeit v, also der arithmetische Mittelwert der Geschwindigkeitsbeträge aller Teilchen, liegt zwischen vw und vm: Ist die Mindestgeschwindigkeit v0 sehr viel größer als die mittlere Geschwindigkeit Vm, dann gilt in guter Näherung für den Bruchteil x der reaktionsfähigen Teilchen 2 1 [E; (3-36) An vielen Prozessen sind nur jene Teilchen beteiligt, deren Energie eine bestimmte Schwelle überschreitet. Beispiele sind chemische Reaktionen, Glühemission von Elektronen aus Metallen, Stoßionisation in Gasen. Mit Hilfe von GI. (3-34) läßt sich berechnen, welcher Bruchteil der Teilchen die erforderliche Mindestenergie bzw. Mindestgeschwindigkeit besitzt. Beispiel 3.2-3: Eine chemische Reaktion wird eingeleitet, wenn die Gasatome eine Aktivierungsenergie von EA = I eV = 1,6 . w- 19 J aufbringen. Welcher Bruchteil der Moleküle ist dazu in der Lage, wenn die Masse der Moleküle mM = 4,65 · 10- 26 kg beträgt? Die Temperatur sei T1 = 300 K bzw. T2 = 900 K. Wie groß ist jeweils die mittlere Geschwindigkeit Vm? Lösung: Die Aktivierungsenergie e~ntspricht geschwindigkeit von v0 = einer Mindest= 2625 m/s. Im M Vergleich hierzu sind die mittleren Geschwindigkeiten klein: L'm 1 , = lD kTI - = 517 m/s und mM vm 2 , = 895 m/s. - EA I I IL..__x_=_v'i:._1t_V_ kTk_T_e_ k r_.- - - -(3--3-7)--' · ZurÜbung Ü 3.2-1: Ein Gefäß mit V= II Inhalt ist mit Helium gefüllt. Das Gas befindet sich im Normzustand. a) Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit vm der Atome? b) Wie groß ist die gesamte kinetische Energie aller He-Atome, die sich in dem Gefäß befinden? Ü 3.2-2: Eine Orgelpfeife einer Kirchenorgel schwingt bei .9 1 = 20 °C mit der Frequenz / 1 =440Hz. Die Frequenz einer Pfeife ist proportional zur Schallgeschwindigkeit in der Luft. Welche Frequenz gibt die Pfeife im Winter ab, wenn die Temperatur der angesaugten Luft .9 2 = 5 °C beträgt? (Zur Temperaturabhängigkeit der Schallgeschwindigkeit siehe Beispiel 3.2-2.Die Längenänderung der Pfeife ist ein vernachlässigbarer Effekt.) Ü 3.2-3: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit da- für, daß Stickstoff-Moleküle bei Raumtemperatur (T = 300 K) Geschwindigkeiten im Intervall 1000 m/s ~ v ~ II 00 m/s haben? Wieviel Moleküle erfüllen diese Bedingung, wenn das Gas beim Normdruck das Volumen V= I I ausfüllt? Ü 3.2-4: Bei der Glühemission von Wolfram müssen die Elektronen die Austrittsarbeit WA = 4,5 eV überwinden. Welcher Bruchteil der Elektronen ist dazu bei Raumtemperatur bzw. bei T= 1500 Kin der Lage? (Elektronengas wird näherungsweise wie ein ideales Gas angesehen.) Der Bruchteil x der Moleküle mit v ~ v0 beträgt 00 Jf(v) dv x = :; = Jf(v) dv 00 Jf(v) d v. ''o 0 Eine numerische Integration mit einem programmierbaren Rechner liefert für T 1 = 300 K: x 1 = 1,14 · I0- 16 und für T2 = 900 K: x 2 = 1,06 · I0- 5 . Obwohl die Temperatur nur um den Faktor drei variiert, verändert sich die Anzahl der reaktionsfähigen Teilchen um viele Größenordnungen. 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 3.3.1. Wärme Aus dem letzten Abschnitt geht hervor, daß die Temperatur Iein Maß ist für die Energie, die in der ungeordneten thermischen Bewe- · gung der Teilchen steckt. 1Bei Gasen und Flüssigkeiten ist dies die kinetische Energie der Translation und Rotation der Moleküle sowie die Schwingungsenergie der Molekülschwingungen. In Festkörpern schwingen die Atome um ihre Ruhetagen; hierbei werden mit zu- 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik nehmender Temperatur die Schwingungsamplituden immer größer. Bringt man zwei Körper, die sich auf verschiedenen Temperaturen befinden, in Kontakt, dann findet ein Temperaturausgleich statt: Die Temperatur des kälteren Körpers nimmt zu und die des wärmeren nimmt ab. Dies bedeutet nach den vorgenannten Erläuterungen, daß vom warmen System an das kalte System Energie übertragen wird. Diese Energieübertragung belegt man mit dem Begriff Wärme: ärme ist Energie, die aufgrund eines Temperaturunterschieds zwischen zwei Systemen übertragen wird. Diese Energieübertragung hat eine eindeutige Richtung. Die Wärme fließt stets in Richtung der niedrigeren Temperatur. Der Wärmeübergang ist also ein irreversibler Prozeß. Die SI-Maßeinheit der Wärme ist wie für jede Energieform I J (Joule). Somit erhalten die Wärmekapazitäten die Maßeinheiten C: I J/(K) , c: I J/(kg K) , Cm: I J/(mol K). Im älteren Schrifttum und im praktischen Gebrauch findet man häufig noch die früher übliche Maßeinheit für die Wärme, die Kilokalorie. Für die Internationale Tafelkalorie gilt der Umrechnungsfaktor I kcalrr=4,I868kJ. (Molare Wärmekapazitäten einiger Gase enthält Tabelle 3-8, spezifische Wärmekapazitäten von einigen Festkörpern und Flüssigkeiten Tabelle 3-12.) Die Wärmekapazität kann nur in bestimmten Grenzen als Konstante angesehen werden. Tatsächlich hängt sie von der Temperatur ab. Bei einer endlichen Temperaturänderung von T 1 auf T2 beträgt die übertragene Wärme T2 Q12=m Wird einem Festkörper oder einer Flüssigkeit Wärme zugeführt, dann ist dies immer mit einer Temperaturerhöhung verknüpft, falls kein Phasenübergang stattfindet (Abschn. 3.4.3). Um die Temperatur T eines Systems um d T zu erhöhen, ist eine Wärmezufuhr c5Q erforderlich, die proportional zu d T ist: c5Q = CdT. (3-38) c C-c.vn (3-39) T2 J c(T)dT= v J Cm(J)dT. T, T, (3-41) Ist das Temperaturintervall klein, kann die Wärmekapazität näherungsweise als konstant angenommen werden, und GI. (3-41) vereinfacht sich zu QI 2 = m c(T2- TI) = v Cm(T2- TI). (3-42) 1 Die Proportionalitätskonstante C ist die Wärmekapazität des Systems. Sie hängt von der Art des Stoffs und von der Menge ab, sie ist äiSo eine extensive Größe. Je nachdem, ob die Wärmekapazität C auf die Massemoder die Teilchenmenge v bezogen wird, ergibt sich die spezifische Wärmekapazität c=m 157 Diese Gleichung gilt auch für einen größeren Temperaturbereich, wenn anstatt der wahren eine mittlere Wärmekapazität eingesetzt wird. Beispiel 3.3-1: Wie groß ist die Wärme, die einem Bauteil aus Eisen von der Masse m = 0,8 kg zugeführt werden muß, um es von .9 1 = 20 °C auf .9 2 = 400 °C zu erwärmen? Lösung: oder die molare Wärmekapazität c (3-40) Cm =-. V Nach GI. (3-4) Cm =C M. gilt der Zusammenhang In diesem Temperaturintervall ist die spezifische Wärmekapazität linear von der Temperatur abhängig c 1 = 465 J/(kg K) , c2 = 615 J/(kg K). Die mittlere spezifische Wärmekapazität beträgt c = 540 J/(kg K). Damit ist die erforderliche Wärme Q l2 = = m c (.92- .91) 0,8 kg · 540 J/(kg K) · 380 K = 164 kJ. 158 3. Thermodynamik Zur Veranschaulichung: Mit der gleichen Energie könnte man das Bauteil von v 1 = 0 auf v2 = 640 m/s beschleunigen. Die spezifische bzw. molare Wärmekapazität von Gasen hängt außer von der Gasart auch ab von - der Temperatur, - dem Druck (nicht bei idealen Gasen) und von - der Prozeßführung. Die umgesetzte Wärme kann deshalb i. a. nicht nach GI. (3-4 1) berechnet werden, da je nach Versuchsbedingungen eine ganz bestimmte Wärmekapazi tät einzusetzen wäre. Für die Praxis sind besonders zwei Versuchsbedingungen von Bedeutung, für die die Wärmekapazitäten vieler Gase gemessen sind: a) Temperaturänderung bei konstantem Volumen; die isochore Wärmekapazität wird mit dem Index "v" gekennzeichnet: Cv, Cy, Cmv~ b) Temperaturänderung bei konstantem Druck; Die isobare Wärmekapazität erhält den Index "p": CP, cP, Cmp· Kalorimetrie Wärmekapazitäten werden in Kalorimetern gemessen. Bild 3-9 zeigt das Prinzip eines Mischungskalorimeters, das geeignet ist, die Wärmekapazität von Festkörpern und Flüssigkeiten zu messen. Im Ionern des gut isolierten Dewar-Gejäßes befindet sich eine Flüs- sigkeit (meist Wasser) der Masse m 1 bei der Temperatur T1 • Wird ein Körper der Masse m 2 mit der Temperatur T2 in die Flüssigkeit eingetaucht, so stellt sich nach einiger Zeit die Mischungstemperatur Tm ein. Es muß folgende _nergiebilanzgleichuni);rfüllt sein: mi C1 (Tm- TI)+ CK(Tm- TI)= = mz Cz(Tz- Tm). CK ist die Wärmekapazität des Kalorimeters. Daraus bestimmt sich die zu messende spezifische Wärmekapazität des Körpers 2: (3-43) Es ist einleuchtend, daß mit dieser Methode die spezifische Wärmekapazität nur relativ zu der des Wassers c 1 gemessen werden kann. Aus diesem Grund hat man früher die spezifische Wärmekapazität des Wassers mit c 1 = I kcal/ (kg K) festgelegt und darauf alle anderen Wärmekapazitäten bezogen. Die Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität cv von Gasen bei konstantem Volumen ist verhältnismäßig schwierig. Das Gas wird in ein Kalorimetergefaß eingeschlossen und z. B. mit einer elektrischen Heizung - aufgeheizt Da die Wärmekapazität des Gefäßes sehr viel größer ist als die des Gases, ist das Meßergebnis nicht sonderlich genau. Einfacher ist die Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität cP unter konstantem Druck: = r u-: : :: m2 = c2 ----- Bild 3-9. Mischungska/orimeter. m Masse, c spezifische Wärmekapazität 1 Flüssigkeit, 2 Festkörper Bild 3-10. Kalorimeter zur Bestimmung der isobaren spezifischen Wärmekapazität cP von Gasen. T Temperatur 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik Gemäß Bild 3-1 0 leitet man eine bestimmte Menge erhitztes Gas in einer Rohrschlange durch ein Wasserkalorimeter. Aus der Temperaturdifferenz T 1 - T2 , dem Massenstrom und der Temperaturzunahme der Flüssigkeit läßt sich die Wärmekapazität cp bestimmen. c, kann aus cP berechnet werden (Abschn. 3.3.3). Zur Übung Ü 3.3-1: Die Wärmekapazität CK eines Kalorimeters soll bestimmt werden. Dazu wird ein Kupferblock der Masse m2 = 150 g und der Temperatur 3 2 = 35 °C in das Wasserbad der Masse m 1 = 250 g und der Temperatur .9 1 = 15 °C getaucht Die Mischungstemperatur beträgt .9m = 15,9 °C. Ü 3.3-2: In ein Kalorimeter, das mit Methylalkohol der Masse m 1 = 0,3 kg gefüllt ist, wird eine Heizwicklung getaucht und mit elektrischem Strom geheizt. Die Heizleistung beträgt P = 100 W. Die Temperaturzunahme der Flüssigkeit ist dT/dt = 0,119 Kls. Wie groß ist die spezifische Wärmekapazität von Methylalkohol, wenn die Wärmekapazität des Kalorimeters CK = 95 J/K beträgt? 0 3.3-3: Um die isobare spezifische Wärmekapazität von Stickstoffmonoxid (NO) zu bestimmen, wird das Gas gemäß Bild 3-10 durch ein Kalorimeter geleitet. Dieses ist mit m 1 = I kg Wasser gefüllt. Die Wärmekapazität des Gefäßes ist vernachlässigbar. Die Temperaturdifferenz zwischen ein- und ausströmendem Gas ist T1 - T2 = 5 K. Der Volumenstrom beträgt V= I 1/s. Die Dichte von NO ist Q = 1,34 kg/m 3• Die Temperaturzunahme der Flüssigkeit ist d T 3 /dt = I ,6 · 10- 3 K/s. Wie groß ist die isobare pezifische Wärmekapazität cP und die isobare molare Wärmekapazität C m, p? Ü 3.3-4: Die spezifische Wärmekapazität der Festkörper entspricht bei tiefen Temperaturen dem Debyesehen T3-Gesetz c = konst. T 3. Für Zink gilt Cm = 1,76 J/mol K (T= 20 K). Welche Wärme muß einem Bauteil der Masse m = 200 g entzogen werden, wenn es von T 2 = 20 K auf T1 = 4,2 K abgekühlt werden soll? 3.3.2. Erster Hauptsatz der Thermodynamik Aus der kinetischen Gastheorie folgt sehr einleuchtend, daß Wärme eine Energieform ist. Diese Theorie wurde erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Meinung vorherrschend, daß beim Wärmeübergang von einem 159 heißen auf eine kalten Körper ein Wärmestoff, das "Phlogiston", überwechselt. Von den zahlreichen Experimenten, die im Lauf der Zeit die Theorie des Wärmestoffs zu Fall brachten, seien kurz zwei erwähnt: Im Jahr 1797 beaufsichtigte Graf Rumford (B. THOMPSON, 1753 bis 1814) das Kanonenbohren im Münchener Zeughaus. Mit Hilfe eines von Pferden angetriebenen Bohrers wurde eine Kanone aufgebohrt Die dabei entwikkelte Wärme wurde an Kühlwasser abgegeben. In 2,5 Stunden wurden 8,5 kg Wasser zum Kochen gebracht. Rumford zog aus seinen Beobachtungen den Schluß, daß die Temperaturerhöhung durch die mechanische Arbeit der Pferde verrichtet wurde: "Mehr Energie läßt sich erzeugen, indem man mehr Pferdefutter verwendet." - 1799 brachte H. DAVY ( 1778 bis 1829) zwei Eisstücke von .9 = 0 °C durch Reiben zum Schmelzen. Auch hierbei wurde die erforderliche Schmelzwärme durch mechanische Arbeit zugeführt. Im Jahr 1842 erkannte der Arzt R. MAYER ( 1814 bis 1878) als erster die Existenz eines allgemeinen Energieerhaltungssatzes, der außer den bisher bekannten mechanischen Energieformen die Wärme mit einschließt. Er stellte fest, daß der Energiesatz der Mechanik uneingeschränkt gilt, wenn die Wärme als weitere Energieform berücksichtigt wird. Aus vorliegenden Daten der spezifischen Wärmekapazitäten cP und c. von Luft berechnete er als erster da mechanische Wärmeäquivalent, also den Umrechnungsfaktor der (damals) in Kalorien gemessenen Wärme in mechanische Energieeinheiten. Aufgrund ungenauer Meßdaten erhielt Mayer einen Zahlenwert, der um 14% vom korrekten Wert abwich. Von 1843 bis 1850 bemühte sich J. P. JouLE ( 1818 bi 1889) in vielen verschiedenartigen Experimenten um eine genaue Bestimmung des mechani ·chen Wärmeäquivalents. Er erhielt einen Zahlenwert für das mechanische Wärmeäquivalent, der lediglich um 1% von dem heute anerkannten Wert 4,1868 kJ (= I kcal) abweicht. Unabhängig von Mayer entwickelte 1847 H. V. HELMHOLTZ (1821 bis 1894) den allgememen Energie atz, der außer mechanischer und Wärmeenergie auch alle anderen Energieformen, wie z. B. elektrische, magnetische 160 3. Thermodynamik und chemi ehe Energie, einschließt. Dieser er. te Hauptsatz der Thermodynamik lautet: In einem abgeschlos enen -Syst;~bleibt der Gesamtbetrag der Energie konstant. Innerhalb des Systems können die verschiedenen Energieformen ineinander umgewandelt werden. l Heimholt= kam zu seiner Schlußfolgerung aufgeund der Tatsache, daß es nicht gelingt, ein Perpetuum mobile zu bauen, also eine Maschine, die tändig Arbeit abgibt, ohne gleichzeitig entsprechende Energie aufzunehmen. Eine solche Maschine, die dem ersten Hauptsatz widersprechen würde, wäre ein Perpetuum mobile erster Art. halten ein positives Vorzeichen. Wenn das System Energie nach außen abgibt, ist diese negativ. Die innere Energie ist eine Zustandsgröße (Abschn. 3.1.2), d. h., sie hängt nur vom augenblicklichen Zustand des Systems ab, nicht aber davon, wie das System in diesen Zustand gelangt ist. Wäre dies nicht so, dann ließe sich ein perpetuum mobile konstruieren. Speziell bei den idealen Gasen gilt nach GI. (3-30) für die innere Energie U= N - Etin = f N2 k T = f v 2 Rm T. (3-45) Die innere Energie der idealen Gase hängt außer von der Stoffmenge nur von der Temperatur ab. Es gibt kein Perpetuum mobile erster Art. Dieser Erfahrungssatz ist schon recht alt. Bereits 1775 beschloß die französische Akademie der Wissenschaften, Vorschläge von Erfindern für ein Perpetuum mobile nicht mehr zu prüfen. Innere Energie Die gesamte thermische Energie eines Systems, die in der ungeordneten Bewegung der Teilchen steckt, wird nach Kelvin als innere Energie U des Systems bezeichnet. Diese kann nach den obigen Erläuterungen nur geändert werden, wenn über die Systemgrenzen Energie mit der Umgebung ausgetauscht wird. Die Energieübertragung umfaßt in d en folgenden Betrachtungen led iglich Wärme und mechanische Arbeit, kann aber jederzeit auf alle vorhandenen Energieformen ausgedehnt werden. Für die Änderung dU der inneren Energie gilt somit r Wird bei einer Zustandsänderung das Volumen konstant gehalten, dann kann am System keine Volumenänderungsarbeit verrichtet werden. Nach GI. (3-44) gilt für eine solche isochore Zustandsänderung dU=bQ v-konst= vCmvdT=mcvdT. Da d1e innere Energie eine Zustandsgröße ist, kann für eine beliebige Zustandsänderung, d ie nicht isochor zu sein braucht, die Änderung d er inneren Energie nach der vorgenannten Beziehung berechnet werden: dU= v CmvdT=mcv dT. (3-46) Für beliebige Zustandsänderungen idealer G ase hängt die Änderung der inneren Energie nur von der isochoren Wärmekapazität und der Temperaturänderung ab. Bei einer endlichen Temperaturänderung ist die gesamte Änderung der inneren Energie T• dU=bQ+bW. Die Änderung der inneren Energie eines geschlossenen Systems entspricht der Summe von übertragener Wärme und Arbeit. !lU= U2- ul =V T• =m J Cmv(T)dT T, JCv(T)dT oder nach GI. (3-44) !lU = U2- U1 = Ql2 + Das Vorzeichen der umgesetzten Energiebeträge wird wie folgt festgelegt: Wärme und Arbeit, die dem System zugeführt werden, er- (3-47) T, w12. (3-48) Die umgesetzte Wärme Q 12 und die mechanische Arbeit W 12 sind Prozeßgrößen (Abschn. 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 3.1.2). Sie hängen von der Art der Prozeßführung ab, lassen sich also nicht nach der Art der inneren Energie als Differenzzweier fester Werte bechreiben. Zur Berechnung der Volumenänderungsarbeit bei einemgeschlossenen System sei die Kompression eines Gases gemäß Bild 3-11 betrachtet. In einem Zylinder mit verschiebbarem Kolben befindet sich ein Gas unter dem Druck p. Zur Verschiebung des Kolbens mit der Fläche A um die Strecke ds ist die Arbeit ö W = F ds = pA ds erforderlich. Das Produkt A ds = d V entspricht der Änderung des Gasvolumens. Das Differential der Arbeit ist also - mit dem Minuszeichen nach der Vorzeichenvereinbarung ÖW=-pdV. (3-49) J 161 2 -------....... b ~ ....... ....... v, Volumen V Bild 3-12. Volumenänderungsarbeit im p,V-Diagramm. 1, 2 Grenzpunkte, W12 Volumenänderungsarbeit, a, b Wege Enthalpie Außer der inneren Energie U ist eine weitere Zustandsgröße, die Enthalpie H, sehr nützlich: l Bild 3-11. Zur Bestimmung der Volumenänderungsarbeit. A Kolbenfläche, F Kraft, p Druck, ds Wegelement Wird das Volumen von V1 nach V2 geändert, so ist die Gesamtarbeit v. W12=- Jp(V)dV. (3-50) Vt Bild 3-12 erlaubt eine anschauliche Interpretation: H=U+pV. (3-51) 1 Das totale Differential der Enthalpie ist dH =dU+ p d V+ V dp. Für Zustandsänderungen, die unter konstantem Druck ablaufen, vereinfacht es sich zu dH = dU+ p d V. Mit der Volumenänderungsarbeit in geschlossenen Systemen ö W =- p d V ergibt sich dH = dU - W. Diese Beziehung läßt sich mit dem ersten Hauptsatz (GI. (3-44)) so chreiben: o dH = ÖQ p - konst =V Cmp dT= m CpdT. (3-52) Die Volumenänderungsarbeit entspricht der Fläche unter der Kurve der Zustandsänderung im p, V-Diagramm. Bei einer isobaren Zustandsänderung ist umgesetzte Wärmemenge gleich der Änderung der Enthalpie. Es wird noch einmal deutlich, daß die Arbeit als Prozeßgröße vom Weg im p, V-Diagramm abhängt. Für dieselben Endpunkte 1 und 2 erfordert der Weg a eine geringere Arbeit als derWeg b. Die Einführung der Enthalpie vereinfacht thermodynamische Berechnungen bei Zustandsänderungen, die bei konstantem Druck ablaufen. 162 3. Thermodynamik 3.3.3. Berechnung der Wärmekapazitäten In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, daß die isochore spezifische bzw. molare Wärmekapazität einfach gebauter Moleküle mit Hilfe der Ergebnisse der kinetischen Gastheorie berechnet werden kann. Die isobaren Wärmekapazitäten cP und Cmp hängen mit den isochoren Wärmekapazitäten Cv und Cmv wie folgt zusammen: Die Temperatur eines idealen Gases der Teilchenmenge v soll isobar um d T erhöht werden. Die erforderliche Wärme ist Die Temperaturabhängigkeit der inneren Energie wird durch GI. (3-45) beschrieben: f U(T)=2 v RmT . Die Basis dieser Beziehung ist der Gleichverteilungssatz (Abschn. 3.2.2), nach dem die thermische Energie eines Moleküls gleichmäßig auf seine verschiedenen Freiheitsgrade f verteilt ist. Somit gilt für die isochore molare Wärmekapazität (3-56) 1 bQ ip=konst =V Cmp dT. Die innere Energie ändert sich dabei nach GI. (3-44) und (3-49) um dU=bQ+ DW= vCmpdT-pdV. Da die innere Energie eine Zustandsgröße ist, läßt sich ihre Änderung für beliebige ZuStandsänderungen nach GI. (3-46) berechnen: dU= V Cmv dT. Durch Gleichsetzen dieser beiden Ausdrücke erhält man Die isobare molare Wärmekapazität folgt aus GI. (3-53) l I Cmp = (; + 1) R m. (3-57) und (3-58) . _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ ____J Entsprechend sind die spezifischen Wärmekapazitäten cV =1._ 2 R-I vCmvdT= vCmpdT - pdV (3-59) Aus der Zustandsgleichung idealer Gase ergibt sich d VldT= vRmiP und schließlich (3-53) Ebenso gilt mit der individuellen Gaskonstante Ri für die spezifischen Wärmekapazitäten (3-54) Die isochore molare Wärmekapazität kann nun aus der inneren Energie des Systems berechnet werden. Nach GI. (3-46) gilt [ c•• ~ +~ (3-55) Das Verhältnis von isobarer und isochorer Wärmekapazi tä~ ist der Jsentropenexponent x, der bei isentropen Zustandsänderungen eine wichtige Rolle spielt (Abschn. 3.3.4). Mit GI. (3-56) bis (3-59) folgt Cmp Cp 2 x=--=-= 1 +-. Cmv Cv f (3-60) 1 Zur Berechnung der Wärmekapazitäten von Gasen nach GI. (3-56) bis (3-59) ist die Kenntnis der Molekülform erforderlich, um die möglichen Freiheitsgrade f des Moleküls angeben zu können. Für verschiedene Molekültypen sind in Tabelle 3-7 die Freiheitsgrade und die daraus berechneten molaren Wärmekapazitäten sowie der Isentropenexponent angegeben. Jedes Teilchen hat drei Translationsfreiheitsgrade. Dazu kommen bei 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 163 Tabelle 3-7. Freiheitsgrade, molare Wärmekapazitäten Cm und Isentropenexponent x für verschiedene Molekülformen. Molekülform Symbol Freiheitsgrade Cmv Translation Rotation Oszillation gesamt 3 - - • punktförmig ~mp X m In J J -molK -molK 3 12,47 20,79 1,67 5 20,79 29, 10 1,40 starre Hantel • • 3 2 schwingende Hantel ~ 3 2 2 7 29,10 37,41 1,29 ~ 3 3 - 6 24,94 33,26 1,33 mehratomig, starr mehratomigen Molekülen noch drei Freiheitsgrade der Rotation. Bei zweiatomigen Molekülen in Form einer gestreckten starren Hantel werden nur zwei Freiheitsgrade für die Rotation angesetzt. Diese entfallen auf die Rotation um Achsen, die senkrecht zur Hantelachse stehen. Die Rotation um die Hantelachse tritt nicht auf, da infolge des geringen Massenträgheitsmoments dafür extrem hohe Temperaturen nötig wären (Begründung a uf S. 164). Für die Schwingung einer Hantel werden zwei Freiheitsgrade angesetzt, da bei eiTabelle 3-8. Gemessene molare Wärmekapazitäten Cm einiger Gase beim Normdruck Pn = 1,013 bar und der Temperatur 9 = 20 oc. Gas Cmv ~mp in m J molK -- X J mol K Helium Argon He Ar 12,47 12,47 20,80 20,80 1,67 1,67 Wasserstoff Sauerstoff Stickstoff Luft Chlor H2 02 Nz Cl 2 20,43 21 ,06 20,76 20,77 25,74 28,76 29,43 29,09 29, 10 34,70 1,41 1,40 1,40 1,40 1,35 Kohlendioxid Schwefeldioxid Methan Ethan Ammoniak co2 S0 2 CH4 C2H6 NH3 28,46 31 ,40 26,19 43,12 27,84 36,96 40,39 34,59 51,70 36,84 1,30 1,29 1,32 1,20 1,31 nem schwingenden System im Mittel derselbe Energiebetrag als kinetische und als potentielle Energie vorliegt (Abschn. 5.1 ). Die theoretisch berechneten molaren Wärmekapazitäten in Tabelle 3-7 können nun mit den gemessenen Werten in Tabelle 3-8 verglichen werden. Bei den Edelgasen stimmen die Messungen hervorragend mit den theoretichen Berechnungen für punktförmige Teilchen überein. D1e zweiatomigen Gase zeigen mit Ausnahme von Chlor eine gute Übereinstimmung mit den theoretischen Werten der starren Hantel. Dies bedeuet: Die Moleküle von H2 • 0 2 und N 2 verhalten sich bei Raumtemperatur wie starre Hanteln. Die Zahlenwerte \On Cl 2 hegen zwischen den erwarteten für die starre und die schwingende Hantel. Tatsächlich chwingt bei Raumtemperatur etwa die Hälfte der ClrMoleküle, während die andere Hälfte starr ist. Dieses auf den ersten Blick merkwürdige Verhalten wird verständlich, wenn die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität betrachtet wird. Bild 3-13 zeigt den Verlauf der molaren Wärmekapazität Cmv von Wasserstoff in Abhängigkeit von der Temperatur. Offenbar verhält ich H2 bei t1efen femperaturen wie ein einatomige Gas mit drei Freiheitsgraden. Mit teigender Temperatur beginnen die Moleküle ab etwa T = 0 K zu rotieren, dies bewirkt emen Anstieg der Wärmekapazität. Bei Raumtemperatur rotieren prakti eh alle Moleküle. Die Wärmekapazität mmmt erneut zu, wenn ab etwa T = 800 K die Moleküle zu schwingen beginnen. Die Schwelle, bei der 164 3.Thennodynanllk ....:; "'0.Ci; 30 E G) -LIllol t< 'E a: "' ~ o "5Cl ·~ 20 :I 50 100 200 500 1000 2000 K 5000 10000 Temperatur T Bild 3-J 3. Temperaturabhängigkeit der isochoren molaren Wärmekapazität Cmv von Wasserstoff. Wasserstoff dissoziiert bei etwa T= 3200 K. Die fortgesetzte gestrichelte Linie gilt for ein stabiles zweiatomiges M o/ekül. die Oszillation einsetzt, liegt für CI 2 tiefer als für H 2 , so daß bei CI 2 unterhalb der Raumtemperatur bereits ein Großteil der Moleküle schwingt. Vom klassischen Gleichverteilungssatz her ist das Ausfrieren von Freiheitsgraden mit abnehmender Temperatur nicht verständlich. Nach den Gesetzen der Quantenmechanik aber ist der Drehimpuls eines Moleküls gequantelt. Der minimale Drehimpuls Lmin beträgt f1 = h/2 1t mit der Planckschen Konstanten h. Damit ist die minimale Rotationsenergie eines Moleküls mit dem MassenträgheitsmomentJ Ist die mittlere thermische Energie -} k T je Freiheitsgrad kleiner als diese minimale Rotationsenergie, so wird das Molekül bei einem Stoß i. a. nicht in Rotation versetzt werden können. Nach den Regeln der Quantenmechanik ist auch die Schwingungsenergie gequantelt mit der Mindestenergie h f, f ist hierbei die Schwingungsfrequenz. Diese Energie liegt üblicherweise höher als die Schwellenenergie fi.ir die Rotation. Beispiel 3.3-2: Bei welcher Temperatur beginnen die Wasserstoff-Moleküle zu rotieren? Lösung: Die Grenze ist näherungsweise gegeben durch -} k T ~-} f1 2/ J. Für das Massenträgheitsmoment gilt J = 2mr 2. Mit m = 1,67. J0- 27 kg und r ~ 5. w-ll m ergibt sich J ~ 8,35 · 10- 48 kg m 2. Die Temperaturschwelle ist dann etwa T~ f1 2!k J = 95 K. Die letzte Gruppe der Gase in Tabelle 3-7 besteht aus mehratomigen Molekülen, die jeweils mehrere Schwingungsformen haben können. Bei Raumtemperatur sind die meisten Schwingungen noch nicht angeregt, so daß keine Systematik in die gemessenen Wärmekapazitäten gebracht werden kann. Bei kristallinen Festkörpern sitzen die einzelnen Atome bzw. Moleküle an festen Plätzen eines Raumgitters. Punktförmige Atome können dabei Schwingungen in den drei Raumrichtungen ausführen. Da jede Schwingungsrichtung formal mit zwei F rei heitsgraden in die Rechnung eingeht, haben die Atome jeweils sechs Freiheitsgrade für die Berechnung der Wärmekapazität. Nach GI. (3-56) ist dann die molare Wärmekapazität eines F estkörpers 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik J Cmv = 3 Rm = 24,9 - - molK Dieses Ergebnis ist als Dulong-Petitsches Gesetz (P. L. DULONG, 1785 bis 1838, und A. T. PETIT, 1791 bis 1820) bekannt. Wie Bild 3-14 zeigt, wird das Dulong-Petitsche Gesetz bei hohen Temperaturen gut befolgt, während mit abnehmender Temperatur durch Ausfrieren der Freiheitsgrade die Wärmekapazität gegen null geht. kJ kmol K 20 165 mit verschiebbarem Kolben eingeschlossen. Die Prozeßführung sei so kontrolliert, daß zu jeder Zeit Druck und Temperatur des Gases mit Umgebungsdruck und -temperatur im Gleichgewicht sind. Ferner erfolge die Bewegung des Kolbens reibungsfrei. Unter diesen Voraussetzungen sind die beschriebenen Prozesse jederzeit umkehrbar (reversibel). Für alle Prozesse wird anband einer Darstellung im p, V-Diagramm die umgesetzte Energie (mechanische Arbeit bzw. Wärme) berechnet. Alle Gleichungen werden mit molaren Größen geschrieben. Für Berechnungen mit spezifischen Größen müssen lediglich folgende Vertauschungen durchgeführt werden: vRm -+mRi, vCmp-+ m Cp, vCmv-+mcv. cJ ~ 15 ·;::;; "'c. "' 10 (Die wichtigsten Ergebnisse der folgenden Betrachtungen sind in Bild 3-22 am Ende von Abschn. 3.3.4 tabellarisch zusammengefaßt.) -" Q) § :;:'"' ~ 5 3.3.4.1. Isotherme Zustandsänderung 0 E 0 100 200 300 400 500 K Temperatur T Bild 3-14. Temperaturabhängigkeit Wärmekapazität einiger Festkörper. der molaren Bei komplizierten Molekülkristallen (beispielsweise Eis) kommen außer den Schwingungen auch Rotationen ganzer Molekülgruppen vor, so daß die molare Wärmekapazität oberhalb des Wertes liegt, den die Dulong-Petitsche Regel angibt. Die isotherme Zustandsänderung (T = konst) kann nach Bild 3-15 so realisiert werden, daß ein Zylinder mit guter Wärmeleitfähigkeit an ein Wärmebad großer Wärmekapazität angekoppelt wird. Die Zustandsänderung soll sehr langsam (quasistatisch) erfolgen. Die allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase (GI. (3-20)) nimmt im Fall konstanter Temperatur die Form des Boyle-Mariotteschen Gesetzes (GI. (3-15)) an: p V= v Rm T= konst. 3.3.4. Spezielle Zustandsänderungen idealer Gase Zustandsänderungen, die in realen Systemen ablaufen, sind meist recht komplex, lassen sich aber durch verhältnismäßig einfach zu behandelnde spezielle Zustandsänderungen annähern. Die Zustandsänderungen sollen mit einem idealen Gas konstanter Teilchenmenge in einem geschlossenen System durchgeführt werden. Das Gas sei in einem dichten Zylinder Bild 3-15. derung. Im p, V-Diagramm von Bild 3-16 ist die Isotherme eine Hyperbel. Das Gas wird vom Anfangszustand I auf den Endzustand 2 kompri- 166 3. Thermodynamik dU= bQ+ öW=O \ \ \ \ \ \ '\ ''' \T' \ '' ' T" ......... ......... ........ ' ........ oder W12 = - Ql2 an. Dies bedeutet, daß die gesamte bei einer Kompression zugeführte Arbeit quantitativ als Wärme an die Umgebung abgegeben werden muß. (Dieser Wärmeübergang findet nur dann statt, wenn die Systemtemperatur höher ist als die Umgebungstemperatur; damit der Temperaturanstieg vernachlässigbar klein bleibt, muß der Prozeß unendlich langsam geführt werden.) Umgekehrt muß bei einer isothermen Expansion die vom System nach außen abgegebene Arbeit zunächst als Wärme aus dem umgebenden Wärmebad dem System zufließen. Für die umgesetzte Wärme gilt v, Volumen V (3-62) ; B ild 3-16. Isotherme Kompression vom Zustand I zum Zustand 2. Temperaturen der Isothermen: T < T' < T". W12 Volumenänderungsarbeit miert. Hierbei muß dem System eine Volumenänderungsarbeit zugeführt werden. Nach GI. (3-50) ist diese Arbeit v. W 1z=- p(V)dV. v, J Mit dem Boyle-Mariotteschen Gesetz p = vRm Tl Vergibt sich hieraus 3.3.4.2. Isochore Zustandsänderung Bei der isochoren Zustandsänderung wird durch ein genügend steifes Gefäß das Volumen der eingeschlossenen Gasmenge konstant gehalten. Die Zustandsgleichung idealer Gase entspricht im Fall V= konst dem Gesetz von Char/es und Gay-Lussac, GI. (3 -14) : p T v Rm V - = - - = konst. Im p, V-Diagramm nach Bild 3- 17· kann die Isochore als vertikale Gerade dargestellt wer- (3-61) In Übereinstimmung mit der Vorzeichenkonvention von Abschn. 3.3.2 wird die zugeführte Kompressionsarbeit positiv. Bei einer Expansion wi rd die abgegebene Arbeit negativ. Gemä ß der Bedeutung des Integrals kann die Arbeit im p, V-Diagramm anschaulich sichtbar gemacht werden: Die Volumenänderungsarb eit entspricht der Fläche unter der Kurve im p, V-Di agramm. Da bei einer isothermen Zustandsänderung die innere Energie konstant bleibt (sie hängt nur von Tab), nimmt der erste Hauptsatz die Form p, +-------~k v, = Vz Volumen v Bild 3-17. Isochore Erwärmung vom Zustand 1 zum Zustand 2. 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 167 den. Bei der skizzierten isochoren Erwärmung muß man dem System Wärme zuführen. Es gilt 15Q = v Cmv d T und hieraus (3-63) 1 Cmv ist in diesem Fall die mittlere molare Wärmekapazität zwischen den Temperaturen T 1 und T2 • P1=P2 +----+----__...;:!..: Da bei konstantem Volumen keine Volumenänderungsarbeit vorkommt, nimmt der erste Hauptsatz die Form dU=bQ und U2 -U 1 = Q 12 an. Dies bedeutet, daß die zugeführte Wärme ausschließlich der Erhöhung der inneren Energie dient. v, 3.3.4.3. Isobare Zustandsänderung Volumen V Bild 3-19. Isobare Expansion vom Zustand 1 zum Zustand 2. W, 2 Volumenänderungsarbeit Die isobare Zustandsänderung (p = konst) kann nach Bild 3-18 verwirklicht werden. Durch statische Belastung des Kolbens ist der Druck im Innenraum konstant, unabhängig von der Höhe des Kolbens. Die Zustandsgleichung idealer Gase nimmt die Form des Gay-Lussacschen Gesetzes nach GI. (3-12) an: (3-65) Diese Arbeit ist bei einer Expansion negativ, d. h., sie wird vom System nach außen abgegeben. Bei einer Kompression ist die Arbeit positiv, da sie dem System zugeführt werden muß. Nach dem ersten Hauptsatz ist V V Rm -=--=konst. T p b Q = dU- b W oder Q,2= U2- U, +p(V2- V,). Bild 3-18. Realisierung der isobaren Zustandsänderung. Im p, V-Diagramm von Bild 3-19 ist die Isobare eine waagrechte Gerade. Die gezeigte Expansion verläuft so, daß dem System von Bild 3-18 durch eine geeignete Heizung die Wärme Q 12 zugeführt wird, worauf sich der Kolben nach oben schiebt. Für die erforderliche Wärme gilt bQ = v Cmp d T oder (3-64) 1 Die Volumenänderungsarbeit entspricht der Fläche unter der Isobare. Sie beträ_gt Dies bedeutet, daß bei einer Erwärmung sowohl die Erhöhung der inneren Energie als auch die abgegebene mechanische Arbeit durch die zugeführte Wärme gedeckt werden müssen. Zur Erinnerung: Bei der isochoren Erwärmung wurde durch die zugeführte Wärme lediglich die innere Energie vergrößert. Dies ist der anschauliche Grund, weshalb die isobare Wärmekapazität stets größer ist als die isochore: Cmp > Cmv· 3.3.4.4. Isentrope Zustandsänderung Die isentrope Zustandsänderung kann in einem adiabaten System realisiert werden, bei dem jeglicher Wärmeübergang zur Umgebung unterbunden wird. Im Gegensatz zur isothermen Zustandsänderung, bei der gemäß 168 3. Thermodynamik Bild 3-15 ein guter Wärmekontakt zur Umgebung notwendig ist, muß der Zylinder jetzt mit einer geeigneten Wärmeisolation versehen werden. Die adiabate Zustandsänderung läßt sich leicht verwirklichen, wenn der Prozeß sehr schnell abläuft, so daß für eine Wärmeübertragung keine Zeit bleibt. Der Name Isentrope rührt daher, daß die Zustandsgröße Entropie, die in Abschn. 3.3.6 definiert ist, bei einer reibungsfrei und quasistatisch verlaufenden Zustandsänderung konstant bleibt. Die reversibel durchlaufende Adiabate ist mit der Isentrope identisch (Einzelheiten hierzu in Abschn. 3.3.6). Bei einem adiabaten System ( l> Q = 0) nimmt der erste Hauptsatz die Form d V= (> W oder (!) dU+pdV=O an. Mit GI. (3-46) gilt (2) vCm v dT+pdV=O. Die Änderung der Enthalpie ist nach GI. (3-51) und (3-52) vr' T 1 Vt'- 1 = T2 T V"- 1 = konst. oder (3-67) Schließlich läßt sich noch eine Beziehung zwischen Druck und Temperatur herstellen: PI-" Tl'= Pi->< n oder p ,_" T" = konst. (3-68) GI. (3-66) bis (3-68) werden als Poissonsche Gleichungen bezeichnet. Sie wurden von D. POISSON (1781 bis 1840) im Jahr 1822 gefunden. Im p, V-Diagramm von Bild 3-20 ist eine isentrope Kompression dargestellt. Der Kurvenverlauf I nach 2 entspricht p = konst/V" (GI. (3-66)) und ist stei ler als bei einer isothermen Zustandsänderung. Dies bedeutet, daß die Temperatur des Systems während der Kompression zunimmt. Umgekehrt kühlt sich das Gas bei einer isentropen Entspannung ab. d H = d U+pdV+ V dp= vCmp dT. Mit GI. (I) ergibt sich hieraus vCmpdT= Vdp. (3) Durch Elimination von d Taus GI. (2) und (3) folgt dp p Diese Gleichung läßt sich direkt integrieren. Führt man noch zur Abkürzung den bereits in GI. (3-60) definierten Jsentropenexponenten (Adiabatenexponenten) x = Cmp/Cmv ein, so ergibt sich v2 p, xln- = ln v, P2 v, Aus di eser Beziehung folgt sofort die lsentropengleichung (Adiabatengleichung) l p , Vl' = p 2 V2_' oder p V "= konst. (3-66) J Eine Verknüpfung zwischen Temperatur und Volumen ergibt sich, wenn mit Hilfe der Zustandsgleichung idealer Gase der Druck eliminiert wird: Volumen V Bild 3-20. Jsentrope Kompression vom Zustand 1 zum Zustand 2. Die Volumenänderungsarbeit läßt sich auch hierbei als Fläche unter der Kurve ermitteln bzw. durch Integration von GI. (3-66) berechnen: v. W,2=- Jp(V)dV, v, mitp(V)=p 1 V1"/V"ergibtsich 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik w,2 = ~[(~)"-'-1]. x-1 v2 (3-69) Diese Beziehung ist mit Hilfe der Poissonschen Gleichungen und der Zustandsgleichung idealer Gase auf vielfältige Art und Weise umformbar. Eine wesentlich einfachere Berechnung der Arbeit hingegen ist durch den ersten Hauptsatz möglich. Für ein adiabates System (bQ = 0) nimmt dieser die Form dU= «:5 W an. Dies besagt, daß die bei einer isentropen Kompression zugeführte Volumenänderungsarbeit ausschließlich der Erhöhung der inneren Energie dient. Diese beträgt aber nach GI. (3-46) bW =dU= v Cmv dT bzw. nach Integration 169 rung p V" = konst sind Extreme, die sich in der Praxis kaum verwirklichen lassen. Bei der Kompression bzw. Expansion eines Gases in einem Verdichter oder Motor wird eher eine · poly trope Zustandsänderung der Form p V"= konst. (3-71) 1 ablaufen, wobei der Poly tropenexponent n im allgemeinen zwischen I und x liegt : I < n < x Im p, V-Diagramm von Bild 3-21 verläuft eine solche pol ytrope Zustandsänderung innerhalb des gekennzeichneten Gebiets. Für einen realen Verdichtungsprozeß, wie er beispielswei se in einem ungekühlten Turboverdichter stattfindet, ist n < x. (3-70) Beispiel 3.3-3: Eine Luftfeder besteht aus einem Zylinder mit 250 mm Durchmesser und 500 mm Länge, der durch einen verschiebbaren Kolben abgeschlossen ist. Die Luft im Zylinder habe zunächst ebenso wie die Umgebungsluft die Temperatur .9 1 = 20 °C und den Druck p 1 = I bar. Welche kinetische Energie hat ein auffahrendes Fahrzeug, wenn beim Aufprall der Kolben 400 mm weit eindringt? Welche Temperatur und welcher Druck wird erreicht? Lösung: n =x Der Enddruck ist nach GI. (3-66) v, )"= I bar · (I5 ) --v; P2 = p 1 ( 1,4 = 9,52 bar. Die Temperatur beträgt nach GI. (3-67) T2 = T, ( ~~ r-l (+r = 293 K · = 558 K ; .92 = 285 oc. Die Teilchenmenge ist v = p 1 V1 I Rm T 1 = I ,01 mol. Mit der molaren-Wärmekapazität Cm v=20,8J/mo!K errechnet man die Kompressionsarbeit nach GI. (3-70) zu W12 = 5567 J. Ein Teil dieser Arbeit, nämlich WL = ( V1 - V2) p 1 = 1963 J, wird von der Umgebungsluft geleistet, und nur die Differenz stammt vom auffahrenden Fahrzeug. Demnach ist Ekin = 3604 J. 3.3.4.5. Polytrope Zustandsänderung Sowohl die isotherme Zustandsänderung p V 1 = konst als auch die isentrope Zustandsände- Volumen V Bild 3-21. Poly tropen. n Polyrropenexponenr, x l sentropenexponent; hervorgehoben: Bereich 1 < n < x der Polytrope im engeren Sinn Die Polytropengleichung (3-71) beschreibt aber a uch all e bisher beschriebenen Zustandsänd erungen. Da bei nimmt der Polytropenexponent fol gende Werte an: - Isotherme: Isentrope: Isobare: Isochore: n = I, n = x, n = 0, n = oo . Die Poissonschen Gleichungen (3-66) bis (3 -68) gelten auch für polytrope Zustandsänderungen, wenn der Isentropenexponent x durch den Polytropenexponenten n ersetzt Zustandsänderung Bedingung p, V-Diagramm thermische Zustandsgrößen erster Hauptsatz Wärme Volumenänderungsarbeit isotherm dT=O p p V = konstant c:SO + oW= 0 oo oW = -p dV T= konstant = - ow Boyle-Mariotte V isochor dV=O p ~ = konstant V= konstant ow = O dU=c:SO 0 12 =v Cmv(T2 - T,) Charles = mc. (T2 - W12 = 0 T1 ) V i~bar dp=O V p p= konstant T = konstant dU= c:SO + oW oO = v CmpdT oW =pdV Gay-Lussac U2 - U 1 = 0 12 + W12 0 12 = vCmp(T2 - T,) = mcp(T2 - T,) W12 = p(V1 p VK dU=oW c:SO = 0 oW = vcm.dT U2-U, = W,2 0,2 = 0 W1 2 = vCm.(T2 - V2 ) V isentrop dS =0 00=0 S =konstant p \ \ \ = konstant T vK - 1 = konstant p 1 - K TK = konstant ' - P2 v2- p, ............... T,) v1 X-1 V vn rvn -l polytrop p p1 V Bild 3-22. Spezielle Zustandsänderungen idealer Gase. = konstant =konstant nrn = konstant dU= c:SO+ oW c:SO =dU- oW oW = - pdV 0 12 =vRm(T2 -T1 ) W12 = - - (T2 - T1 ) n-1 (x~1- n~1) vRm 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik wird. Ebenso gilt GI. (3-69) für die Berechnung der Volumenänderungsarbeit, wenn anstelle des Isentropenexponenten der Polytropenexponent eingesetzt wird. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse von Abschn. 3.3.4 zeigt Bild 3-22. Zur Übung Ü 3.3-5: Beim Dieselmotor wird im Kompressionstakt Luft so rasch verdichtet, daß keine Wärmeabgabe an die Umgebung erfolgt und die hohe Temperatur zur Entzündung des eingespritzten Kraftstoffs ausreicht. Gegeben sei ein Motor mit dem Verdichtungsverhältnis V1I V2 = 20. Zu Beginn der Kompression ist das Volumen V1 = 0,61 mit Luft der Temperatur .9 1 = 27 °C und dem Druck p 1 = 950 mbar gefüllt. - a) Wie hoch ist die Endtemperatur .9 2 nach der Kompression? b) Welcher Druck p 2 stellt sich ein? c) Welche Arbeit W12 muß während der Kompression von außen am Kolben verrichtet werden? Ü 3.3-6: Ein Wetterballon hätte prall gefüllt das Volumen Vmax =50m 3. Am Erdboden ist er nur teilweise gefüllt worden: Beim Druck p 1 = I bar und der Temperatur .9 1 = 7 °C nimmt das eingefüllte Wasserstoffgas nur das Volumen V1 = Vmax ein. t a) Welche Gasmenge v und welche Masse m enthält der Ballon? b) Der Aufstieg geschieht so rasch, daß durch die Ballonhülle praktisch keine Wärme übertragen wird. In einer bestimmten Höhe ist der Innendruck gleich dem Außendruck p 2 = 0,2 bar. Welches Gasvolumen V2 enthält dann der Ballon? c) Wie groß ist in diesem Fall die Temperatur T2 der Gasfüllung? d) Sonneneinstrahlung heizt danach den Ballon auf. Das Füllgas dehnt sich solange aus, bis der Ballon prall gefüllt ist. Dabei bleibt der Druck konstant (p 3 = p 2 ). Auf welchen Wert T 3 steigt dabei die Gastemperatur? e) Welche Wärme Q23 hat das Gas aufgenommen? Ü 3.3-7: Eine abgeschlossene Menge eines idealen Gases wird vom Ausgangszustand p 1 = I bar, V1 = 1 I und .9 1 = 22 oc auf die Hälfte seines Volumens verdichtet. Während der Kompression wird Wärme zugeführt, so daß rine Zustandsänderung gemäß der Beziehung p V2 = konst durchlaufen wird. a) Wie groß ist der erreichte Enddruck p 2 ? b) Welche Endtemperatur .9 2 stellt sich ein? c) Welche Arbeit W12 wurde dem System bei der Kompression zugeführt? d) Wie groß ist die zugeführte Wärme Q 12 , wenn das Gas aus Molekülen in Form einer starren Hantel besteht, bei denen die Freiheitsgrade der Translation und Rotation angeregt sind? 171 Ü 3.3-8: Wasserstoff mit der Teilchenmenge v wird in einem Zylinder mit verschiebbarem Kolben einer Zustandsänderung unterworfen. Der Ausgangszustand ist gekennzeichnet durch p 1 = I bar, V1 = 2 I und .9 1 = 20 °C. Die Zustandsänderung erfolgt im p, V-Diagramm längs einer Geraden vom Anfangszum Endzustand, der bestimmt ist durch den Druck P2 = 2 bar und das Volumen V2 = 3 I. - a) Wie groß ist die Teilchenmengetv des Gases? b) Wie groß ist die Endtemperatur .9 2 ? c) Welche Arbeit W12 gibt das Gas nach außen ab? d) Um welchen Betrag !lU steigt die innere Energie des Gases? e) Welche Wärmemenge Q12 wird bei der Zustandsänderung zugeführt? 3.3.5. Kreisprozesse Durchläuft ein System eine Folge von Zustandsänderungen, so daß der Endzustand wieder mit dem Anfangszustand übereinstimmt, so handelt es sich um einen Kreisprozeß. Ein rechtsläufiger Kreisprozeß liegt vor, wenn die Zustandsänderungen im p, V-Diagramm im Uhrzeigersinn durchlaufen werden. Beim Kreisprozeß in Bild 3-23 wird während der Expansion von I nach 2 Volumenänderungsarbeit nach außen abgegeben, die der Fläche unter der oberen Kurve entspricht. Bei der anschließenden Kompression von 2 nach I wird Arbeit zugeführt, die der Fläche unter der · unteren kurve entspricht. Insgesamt> wird also bei einem· rechtsläufigen Kreisprozeß mehr Arbeit abgegeben als zugeführt. 2 Volumen V Bild 3-23. Rechtsläufiger Kreisprozeß. 1, 2 Zustandspunkte, helle Graujläche: zugeführte Volumenänderungsarbeit, gesamte Graujläche: abgegebene Volumenänderungsarbeit, umfahrene Fläche: Nutzarb,eit 172 3. Thermodynamik Die je Umlauf nach außen abgegebene Nutzarbeit entspricht dem Flächeninhalt der vom Kreisprozeß eingeschlossenen Figur im p, V-Diagramm. Sie kann als Kreisintegral geschrieben werden: W= f ö W = - f p d V. (3-72) Der erste Hauptsatz nimmt bei einem kompletten Umlauf die Form fdU=O=f öQ+f bW (3-73) an. Das Kreisintegral über alle Änderungen der inneren Energie ist null, da die innere Energie als Zustandsgröße nach einem vollen Umlauf wieder den Anfangswert annimmt. Dies bedeutet, daß sich die je Zyklus abgegebene Nutzarbeit aus der Differenz der zuund abgeführten Wärmen ergibt. Bei einem linksläufigen Kreisprozeß wird die Figur im p, V-Diagramm im Gegenuhrzeigersinn durchlaufen. Da hierbei die abgegebene Expansionsarbeit stets kleiner ist als die zugeführte Kompressionsarbeit, läuft der Prozeß nur, wenn mit Hilfe eines Motors periTabelle 3-9. Eigenschaften von Kreisprozessen. Umlauf- rechtsläufig sinn linksläufig Bezeich- Kraftmaschinennung prozeß Arbeitsmaschinenprozeß Wärmefluß Wärme wird bei hoher Temperatur aufgenommen und bei tiefer Temperatur abgegeben. Wärme wird bei tiefer Temperatur aufgenommen und bei hoher Temperatur abgegeben. mechanische Arbeit Differenz von zu- und abgeführter Wärme wird als mechanische Nutzarbeit abgegeben. Differenz von abund zugeführter Wärme wird als mechanische Arbeit zugeführt. Beispiele Verbrennungsmotor, Wärmekraftmaschine Kältemaschine, Wärmepumpe -- odisch mechanische Arbei t zugeführt wird . Tabelle 3-9 zeigt ei ne G egenüberstellung der Eigenschaften von rechts- und linksläufigen Kreisprozessen. Die Kreisp rozesse, die im folgenden beschrieben werden, soll en reibungsfrei durchlaufen werden. Ferner soll si ch das Gas stets im thermodynamischen G leichgewicht mit der Umgebung befinden. Unter diesen Voraussetzungen sind alle Kreis p rozesse reversibel führbar, d. h., sie können sowohl rechts- als auch linksläufig sein. 3.3.5.1. Carnotscher Kreisprozeß Rechtsläufiger Prozeß Von S. CARNOT ( 1796 bis 1832) wurde ein Kreisprozeß vorgeschlagen, mit dem Wärme in einer periodisch arbeitenden Maschine in mechanische Arbeit umgeform t werd en kann. Nach Bild 3-24 verläuft der P rozeß im p, VDiagramm zwischen zwei Isothermen und zwei Isentropen. Als Arbeitsmedium dient ein ideales Gas der Teilchenmenge v. Folgend e Einzelprozesse werden aneinandergerei ht: -> 2: Isotherme Kompression von VI auf v2 bei der tiefen Temperatur T 1: zugeführte Arbeit VI In-' v2 abgegebene Wärme VI Q 12 = - vRmT1 In-. v2 2-> 3: Isentrope Kompression von V2 auf V3 ; die Temperatur steigt von T 1 auf T 3 : wl2 = V Rm Tl zugeführte Arbeit W23 = vCmv(T3-TI)· 3 -> 4: Isotherme Expansion von V3 auf V4 bei der hohen Temperatur T 3 : zugeführte Wärme abgegebene Arbeit 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 173 3 1-+2 2-+3 3-+4 isotherme Kompression isentrope Kompression isotherme Expansion B li=~ ~t9~ ---- - - - - - -Wärmebad r, - ----- Wärmeisolation Wärmebad T3 4 ...... , isentrope Expansion '7:1 """ I:J Wärmeisolation PT+---+------+-----+--V, Volumen V Bild 3-24. Garnotscher Kraftmaschinenprozeß. Q Wärme, W Arbeit, rot umgrenzte Fläche: Nutzarbeit 4-> 1: Isentrope Expansion von V4 auf V1 ; die Temperatur fällt von T3 auf T 1: abgegebene Arbeit w4I = - V Cmv (T3- T,). Die Nutzarbeit je Zyklus entspricht dem Inhalt der rot begrenzten Fläche im p, V-Diagramm von Bild 3-24. Sie beträgt w = f {> w = w,2 + W23 + W34 + w4, . Mit W 23 = - W 41 ergibt sich W= w,2 + W34 =- v Rm ( T3 1n..!::i- T1 ln....!:i) . v3 V2 Für die beiden Isentropen gilt nach GI. (3-67) VJ'- I = T, v2x-l und T3 vr' = T, V,"-'· T3 Daraus folgt für die Volumina V4 /V3 = V1/V2 und schließlich für die Nutzarbeit v4 v3 W=- vRm In--- (T3- T,). Sie ist negativ, weil sie vom System nach außen abgegeben wird. Die Energieströme, die bei der Camot-Kraftmaschine (und im Prinzip bei jeder Wärmekraftmaschine) umgesetzt werden, sind in Bild 3-25 anschaulich dargestellt. Von der zugeführten Wärme kann nur ein Teil (meist der kleinere) als mechanische Arbeit abgegeben werden. Den anderen Teil muß das System als Abwärme an eine Wärmesenke tiefer Temperatur abführen. Aus dem ersten Hauptsatz folgt die Bilanzgleichung I Wl = Qzu- IQab I 174 3. Thermodynamik hohen Wirkungsgrades die Temperatur der Wärmequelle so hoch wie möglich sein. Warmequelle Temperatur T3 Qzu r------!------;1-~--, Wärmemenge, die von der Wärmequelle dem System zugeführt wird 'G:,\ \,_ _ _ I I I -. .. I I --1 Wärmekraftmaschine abgegebene mechanische Nutzarbeit W = - j pdV I I o I .-----''---..L----, Wärmesenke Temperatur T, < T3 Wärmemenge, die vom System an die Wärmesenke abegegeben wird Bild 3-25. Energiejlußdtagramm eines rechtsläufigen Carnot-Pro::esses. oder, mit den Bezetchnungen des Carnot-Prozesses und richtigen Vorzeichen, [- Ql2 + Q34 + w= 0 . (3-74) Verschiedene Kreisprozesse lassen sich miteinander vergleichen durch Berechnung des thermischen Wirkung5grades 'lth, der den Nutzen (abgegebene Arbeit) zum Aufwand (;ugeführte Wärme) ins Verhältnis setzt: (3-75) 1/ ll Bctm Carnot-Prozeß ist dte zugeführte Wärme Qzu = Q34 v4 3.3-4: Welcher thermische Wirkungsgrad ist mit einem Camot-Prozeß erreichbar, der zwischen den Temperaturen 93 = 500 °C und 9 1 =50 °C abläuft? Lösung: Nach GI. (3-76) ist 450K 1 C = - - = 0 58 = 58%. "h • 773 K ' Der Carnot-Prozeß läßt sich praktisch nicht realisieren, da zu viele widersprüchliche Eigenschaften in einem System vereinigt sein müßten. Seine große Bedeutung liegt in der Abschätzung des maximalen Nutzeffekts einer Wärmekraftmaschine, die zwischen zwei Temperaturgrenzen Wärme in Arbeit umwandeln soll. Ein Vergleich verschiedener rechtsläufiger Kreisprozesse, die zwischen der Maximaltemperatur T 3 und der Minimaltemperatur T 1 ablaufen, zeigt, daß der höchstmögliche thermische Wirkungsgrad durch den Carnot-Prozeß erreicht wird. Thermodynamische Temperatur Da der thermische Wirkungsgrad des CarnotProzesses n ur von den Temperaturen der beteiligten Wärmebäder, aber nicht vom Arbeitsstoff ab hängt, ist eine TemperaturdefinitiOn möglich, die von speziellen Thermometereigenscha ften unabhängig ist. Nach GI. (3-74) bis (3-76) gilt = V Rrn T3 In-. VJ Damit ist d er thermische Wirkungsgrad 'lth,C Beispiel ~-T--:: T, = I T3 Tl . T3 ~ (J-'/ö) I Der thermische Wirkungsgrad des CarnotProzesses ist nur von den Temperaturen der beiden Wärmebäder abhängig. Der thermische Wirkungsgrad des CarnotProzesses könnte dann 100% werden, wenn die Temperatur der Wärmesenke T 1 = 0 K wäre. Da in der Praxis die Wärmesenke z. B. das Kühlwasser eines Flusses oder die Umgebungsluft ist, muß für die Erzielung eines 'lth = Qzu- Qabl =I_ IQab l = I _ Tl. Qzu Qzu T3 Hieraus folgt die Beziehung zwischen den umgesetzten Wärmemengen und den Temperaturen der Wärmebäder: I I ' Qab Qzu = T, T3 oder Q,2+ Q34=0. Tl T3 (3-77) GI. (3-77) erlaubt nach W. Thomson (Lord Kelvin) die Definition der thermodynamischen Temperatur. Die Temperaturen zweier Wärmebäder lassen sich dadurch vergleichen, daß man zwischen ihnen einen idealen CarnotProzeß ablaufen läßt und die übertragenen Wärmen mißt. Wird die Temperatur eines 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik Wärmebads festgelegt, z. B. die Temperatur von Wasser am Tripelpunkt mit TT,=273,16K, dann kann die ganze Temperaturskala ausgemessen werden. Die so definierte thermodynamische Temperatur ist identisch mit der Gastemperatur des Gasthermometers (Abschn. 3.1.3). Linksläufiger Prozeß 175 temperatur T 3 , die Wärme Qzu entzogen und dem System zugeführt. Als Wärmesenke dient i.a. die Umgebung. Das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand wird bei linksläufigen Kreisprozessen als Leistungszahl bezeichnet. Bei einer Kältemaschine ist der Nutzen die Wärme Qzu, der Aufwand ist die Arbeit W des Antriebsmotors. Die Leistungszahl einer Kältemaschine wird deshalb definiert als Beim linksläufigen Camot-Prozeß wird das p, V-Diagramm von Bild 3-24 im Gegenuhr- zeigersinn durchlaufen. Dabei wird bei der tiefen Temperatur T 1 Wärme aus der Umgebung aufgenommen und bei der hohen Temperatur T 3 wieder abgegeben. Das Energieflußdiagramm des linksläufigen Prozesses ist in Bild 3-26 dargestellt. Die Energiebilanz sagt aus, daß die abgegebene Wärme betragsmäßig gleich ist der Summe aus zugeführter Wärme und mechanischer Arbeit: (3-78) 1 Wärmemenge, die vom Oab System an die Wärme.---L-__.:..._-L.._ _, senke abgegeben wird I :G:, \. __ 1 Für den Carnot-Prozeß ergibt sich mit den bereits berechneten Energiebeträgen (3-80) I Die Leistungszahl ist um so günstiger, je näher die Temperaturen von Wärmequelle und Wärmesenke beeinander liegen. Beispiel Wärmesenke Temperatur T3 t (3-79) 3.3-5: Eine Kältemaschine nach Carnot soll eine Kühlraumtemperatur von .9 1 = 5 °C bei einer Außentemperatur von .9 3 = 35 °C erreichen. Wie groß ist die Leistungszahl eKc? I II II ' , .... __ I Arbeitsmaschine I I I zugeführte mechanische Arbeit W=-fpdV I .---L---L---..., Wärmemenge, die von der Wärmequelle dem System zugeführt wird Wärmequelle Temperatur r, < T3 Bild 3-26. Energieflußdiagramm eines linksläufigen Carnot-Prozesses. Der linksläufige K.reisprozeß kann auf zweierlei Arten genutzt werden: a) Kältemaschine Eine Kältemaschine hat die Aufgabe, einen Raum zu kühlen, in dem z. B. Lebensmittel gelagert werden. Der zu kühlende Raum dient als Wärmequelle. Ihm wird bei der Temperatur T 1 , die niedriger ist als die Umgebungs- Lösung: Nach GI. (3-80) ist eK,c = 278 K/30 K = 9,27. Dies bedeutet, daß die Leistung des Antriebsmotors nur rund ein neuntel der Wärmeleistung sein muß, die dem Kühlraum entzogen werden soll. b) Wärmepumpe Bei der Wärmepumpe ist die Wärmequelle die Umgebung (z. B. Luft, Erdreich, Grundwasser), der die Wärme bei tiefer Temperatur entzogen und dem System zugeführt wird. Wärmesenke ist z. B. die Warmwasserheizung eines Hauses. Der Nutzen bei der Wärmepumpe liegt also in der bei hoher Temperatur abgegebenen Wärme Qab; der Aufwand ist auch in diesem Fall die Arbeit des Antriebsmotors. Die Leistungszahl der Wärmepumpe wird deshalb definiert als (3-81) 176 3. Thermodynamik Für den Carnot-Prozeß ergi bt sich (3-82) '7th,C Die Leistungszahl der Wärm epumpe nach Carnot ist immer größ er als eins, und zwar um so größer, je kleiner der thermi sche Wirkungsgrad eines rechtslä ufigen CarnotProzesses zwischen denselben Tempera turgrenzen ist, d. h. , je kleiner d ie Temperaturdifferenz T 3 - T 1 ist. Beispiel 3. 3-6: Eine Wärmepumpe nimmt Wärme aus der Umgebungsluft bei .9 1 = - 10 °C auf und gi bt Wärme an eine Warmwasserheizung mit der Vorlauftemperatur 9 3 = 40 oc ab. Wie groß ist die Leistungszahl nach Carnot ? Lös ung: Nach GI. (3-82) gilt ew.c = 313 K /50 K = 6,26. In der Praxis werden Kältemasch inen und Wärmepumpen meist mit Kältemitteln, wie z. B. Frigen und Ammoniak, betrieben, die während des Kreisprozesses Phasenänderungen (Abschn. 3.4.3) durchlaufen. Das Prinzip des Kreislaufs zeigt Bild 3-27. In einem Verdampfer wtrd dem Oüssigen Kältemittel, das gennl!cn Druck und niednge Temperatur hat, die Wärme Q,u zugeführt, so daß es verdampft. Der Dampf wird in einem Kompressor verdichtet und somit erwärmt. Im Kondensator wird dem heißen Dampf die Wärmemenge Q.b entzogen, so daß das Kältemittel kondensiert. Die unter hohem Druck stehende Flüssigkeit wird durch ein DrosselKompressor DrosselventiI Biid j -27. Kreislauf einer Kompressor-Kältemaschine bzw. -Wärmepumpe. venti l entspannt. Dabei kühlt sie sich ab und wird dem Verdampfer für den nächsten Kreisla uf zugeleitet. Di e Leistungszahlen realer Wärmepumpen si nd niedriger a ls die Leistungszahl eines Carnot-Prozesses. Für elektrisch betriebene Luft/Wasser-Wä rmepumpen ist beispielsweise cw ~ 3. Bei großen Anlagen, die mit einem Di eselmotor angetrieben werden, sind die erreichbaren Leistungszahlen größer. 3.3.5.2. Technische Kreisprozesse D ie Kreisprozesse, die in realen Maschinen abl aufen, können durch idealisierte Vergleichspro::esse angenä hert werden. Bild 3-28 zeigt ei ne Z usa mmenstellung von Vergleichsprozessen, d ie in techni schen Wärmekraftmaschinen idealisiert a bl a ufen . Die Pfeile im p, V-Diagramm zeigen die Prozesse, bei denen Wärme zu- bzw. abgeführt wird . Obwohl Verbrennungsmo toren offene Systeme sind, können sie näherungsweise als geschlossene Systeme angesehen werden. Beim Seiliger-Pro::eß (nach einem Vorschlag von M. SEILIGER, 1922) wird Frischluft isentrop verdichtet. Nach Zündung des Luft-KraftstoffGemisches läuft eine Verbrennung ab, die näherungsweise d urch eine isochore und isobare Wärmezufuhr beschrieben wird. Die Expansion des verbrannten Gemisches erfolgt isentrop. Der nachfolgende Austa usch von verbrannten Gasen d urch Frischluft wird als isochore Wärmeabgabe angenähert. D er thermische Wirkungsgra d ist abhängig von den Temperaturen der fünf Eckpunkte. Ein Spezialfall des Seiliger-Prozesses mit V2 = V3 = V4 ist der Otto-Prozeß (N. ÜTTO, 1832 bis 1892). Hierbei verbrennt das LuftKraftstoff-Gemisch nach der Zündung so schnell, daß die Wärmezufuhr idealisierend wie eine isochore Z ustandsänderung erfolgt. Der thermische W irkungsgrad hängt ab vom Kompressionsverhältnis G = VI I v2. Ein weiterer Spezia lfall des Seiliger-Prozesses mit P2 = PJ = P4 ist der Diesel-Prozeß (R. D IESEL, 1858 bis 191 3). Der Kraftstoff wird so in die komprimierte Luft eingespritzt, daß di e Verbrennung näherungsweise isobar erfolgt. Bild 3-29 zeigt ein Original-p, V-Diagramm ein es Dieselmotors. Der thermische 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik Bezeichnung SeiligerProzeß Einzelprozesse p, V-Diagramm 'I~ ~ a.? 4 2 lwl 177 thermischer Wirkungsgrad 2 lsentropen , 2 Isochoren, T]th = 1 - 1 Isobare T5- Tl T3- T2 +x(T4- T3) :a.. c V Q) 0 0 E cn p OttoProzeß Cl c c c ~ ::l c Q) .!: ~ E c 2 Isochoren T]th = 1- ( V DieselProzeß Q) '\. 3 2 Wl 2 lsentropen, 1'lth= 1 Isochore, 1 Isobare =1- 4 ~ 1 a.b V .... 0 E ~~~ a" ::l 2 Wl JouleProzeß V ID::l <ll Q) cn Cl c ::l E 'E 2 Isobaren ''Ii : • (!) .!: E 2 lsentropen, 2 Wl :t:: .... ocn Q) T1 Tlth = 1 --=11th c T3 ' ' 1 p Ca> a>c <n·cn.C 21sochoren EricssonProzeß o'- = 1- ( 4 21sobaren T1 TJth = 1 - T3 =1)th,C O.u ~a.b a.bl Cl 4 V Ci5 p I '1ilc '-Ql .:S:OJ ..... <ll c._ Ec (lj<ll 0 ClausiusRankine-Prozeß ~ IWI 1 2 lsentropen, 2 Isobaren 4 Koexistenzgebiet Technische Kreisprozesse. h3- h4 11th= h3- h , h4 ""1-h3 Ia•• V Bild 3-28. ~:) - " 2 Isothermen, r, Q)(!) x- 1 V r, IWI -::l .s= .... ucn cn<ll T1 T]th = 1 - T2 1 GJ"-1 4a,. r, ra,. .s= u cn <ll "C ~:-1) r, a:i c ~: )" - 2 Isothermen, 3 ·a; ::r: Q) ( p StirlingProzeß ~ c a> ·c-2 )"- 1 1 •• .c 0 0 ~: 1 4 .c .... .s= u cn <ll Q 2 lsentropen, 178 3. Thermodynamik Druck - Kolbenweg -Diagramm Indiz. Arbeitsmitteldruck effektiver Arbeitsmitteldruck mech. Wirkungsgrad L • ..0 pml- 5.09 bar pme• 3 bar ETA- 59.5 Y. 60 'u .>/. :J L c 10 HATZ E79 Bild 3-29. 20 30 n- 2773 l/mln M- 10.1 Nm V-Nr. 5 15.11.85 k 40 50 P- 2.9 kW 70 60 Kolbenweg /mm 80 rachhochachule fOr Technik Essllngen, Maschinenlabor 1 p, V-Diagramm eines Dieselmotors (Rechnerausdruck). Wirkungsgrad des Diesel-Prozesses übertrifft den des Otto-Prozesses, allerdings ist der mittlere Kolbendruck im Dieselmotor wesentlich höher als im Ottomotor. Das Arbeitsmedium beim Stir/ing-Prozeß ( R. STJRLING, 1790 bis 1878) ist ein Gas (meistens Luft). Die Wärmezufuhr erfolgt bei der isochoren Erwärmung und der isothermen Expansion. Die während der isochoren Abkühlung abgegebene Wärme ist betragsmäßig so groß wie die bei der isochoren Erwärmung zugeführte: Q23 = - Q41 • Gelingt es, die abgegebene Wärme Q41 zwischenzuspeichern und bei der isochoren Erwärmung wieder dem System zuzuführen, dann muß von außen her nur noch die Wärme Q34 zugeführt werden, und der thermische Wirkungsgrad erreicht den Wert des Carnot-Prozesses. Der Stirling-Prozeß kann nach Bild 3-30 näherungsweise so realisiert werden, daß ein Arbeitskolben und ein Verdrängerkolben, um 90 ° phasenverschoben, auf eine Kurbelwelle arbeiten. Der Verdrängerkolben schiebt ·die Luft im Zylinder hin und her und bringt sie abwechselnd in Kontakt mit dem heißen bzw. kalten Teil der Maschine. Der Regenerator besteht aus Metallspänen, die beim Durch- strömen der heißen Luft Wärme aufnehmen und diese nachher wieder an die durchströmende kalte Luft abgeben. Bild 3-31 zeigt ein Demonstrationsmodell eines Heißluftmotors. Im Deckel ist eine Glühwendel eingebaut, die als elektrische Wärmequelle dient. Die Wärmesenke ist Kühlwasser, das den unteren Teil des doppelwandigen Zylinders durchfließt. Der Heißluftmotor kann bezüglich des thermischen Wirkungsgrades bislang nicht mit den Verbrennungsmotoren konkurrieren, weil die interne Wärmeübertragung (Q 41 --+ Q23 ) nur unvollkommen gelingt. Der linksläufige Stirling-Prozeß wurde z. B. bei der Philips-Gaskältemaschine verwirklicht, die mit dem Arbeitsmedium Wasserstoff oder Helium bei der Luftverflüssigung eingesetzt wird. In der offenen Gasturbine, die hauptsächlich bei Flugzeugen verwendet wird, läuft ein Prozeß ab, den man näherungsweise durch den Joule-Prozeß beschreiben kann. Luft wird im Verdichter isentrop komprimiert. In der Brennkammer wird eingespritzter Treibstoff (Kerosin) mit der heißen Luft verbrannt (isobare Erwärmung) und anschließend in der Turbine isentrop entspannt. Die verbrannten Gase 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 1-+2 2-+3 3-+4 4 -+1 Wärmebad der tiefen Temperatur isotherme Kompression Bild 3-30. isochore Erwärmung 179 isotherme Expansion r, isochore Abkühlung Realisierung eines Stirlingschen Kreisprozesses. werden beim realen Prozeß ausgestoßen. Der idealisierte Kreisprozeß wird durch eine isobare Abkühlung geschlossen. Ortsfeste Gasturbinen arbeiten nach dem geschlossenen Ericsson-Prozeß (J. ErucssoN, 1803 bis 1899), der von J. ACKERET und C. KELLER näherungsweise verwirklicht wurde. Unter der Voraussetzung, daß die bei den isobaren Zustandsänderungen umgesetzten Wärmemengen intern übertragen werden können, erreicht der Ericsson-Prozeß den thermischen Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses. In Dampfkraftanlagen läuft i. a. der ClausiusRankine-Prozeß (R. J. E. CLAUSIUS, 1822 bis 1885 ; W. J. M. RANKI E, 1802 bis 1872) ab. Die Speisewasserpumpe erhöht von I nach 2 isentrop den Druck des Wassers. Durch isobare Wärmezufuhr wird das Wasser verdampft und der Heißdampf von 3 nach 4 in der Turbine isentrop entspannt. Im Kondensator verflüssigt sich der entspannte Dampf durch Wärmeabfuhr an das Kühlwasser, und Kondensat wird wieder der Speisewasserpumpe zugeleitet. Der thermische Wirkungsgrad ist im wesentlichen von der Enthalpie des Dampfes vor und nach der Entspannung abhängig. Zur Übung Bild 3-31. Demonstrationsmodell eines Heißluftmotors. Ü 3.3-9: Mit einem idealen Gas wird der rechtsläufige Kreisprozeß gemäß Bild 3-32 durchgeführt, der sich aus Isobaren und Isochoren zusammensetzt. Die Zustandsgrößen der Eckpunkte im p, V-Dia- I 0 3. Thermodynamik 1400 min - 1 Zyklen durchlaufen werden? c) Wie groß ist die erforderliche Leistung P des Antriebsmotors ? d) Welche Wärmeleistung IQ.b I wird an die Umgebung abgegeben ? 33.6. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik Q. .X u 2 0 33.6;). Reversible und irreversible Prozesse ~ = v2 Volumen V Bild 3-32. Zu Aufgabe Ü 3.3-9: Kreisprozeß aus 2 isobaren und 21 ochoren. gramm sind p 1 = 7,5 bar, P2 = 10 bar, V2 = I I, V3 = 1,51. Das Gas besteht aus zweiatomigen Molekülen, die im betrachteten Temperaturbereich rotieren, ohne zu schwingen. Die Teilchenmenge beträgt v = 0,3 mol. - a) Wie groß sind die Temperaturen T 1 , T2 und T3 ? b) Welche Nutzarbeit W wird je Umlauf abgegeben? c) Welche Wärme Q," muß je Zyklus zugeführt werden? d) Wie groß ist der thermische Wirkungsgrad '7th des Kreisprozesses? e) Welchen Wirkungsgrad hätte eme Camot-Maschine. die zwischen denselben Maximal- und Minimaltemperaturen T1 und T 1 arbeitet? L' 3.3-10: Eine = 3 soll ein Wärmepumpe mit der Leistungszahl Haus heizen. Die erforderliche Heizleistung ist Q.b = 15 kW be1 fh = 45 °C. Die Außentemperatur beträgt 9 1 = - 5 °C. - a) Welche elektrische Leistung P nimmt der Motor auf? b) Wie groß wäre d1e Leistung Pc des Antriebsmotors, wenn ein Camot-Prozeß ablaufen würde? cw Ü 3.3-11: In einer mit Wasserstoff betriebenen Gaskältemaschine läuft ein linksläufiger Stirling-Prozeß mit folgenden Einzelprozessen ab: I -+ 2 -+ 3 4 -+ -+ 2: Isochore Erwärmung vom Anfangszustand p 1 = 9 bar, V1 = 0,28 I und T 1 = 77 K auf T2= 300 K; 3: Isotherme Kompression von V1 = V2 a uf V3 = V4 = 0,14 I; 4: Isochore Abkühlung von T2 auf T 1; 1: Isotherme Expansion von V4 auf V1• a) Wie groß ist die Leistungszahl cK des Prozesses unter der Voraussetzung, daß die interne Wärmeübertragung - Q 34 = Q 12 ideal gelingt? b) Welche Kältelei~tung liefert die Maschine, wenn n = Ozu Wird vom elastischen Stoß zweier Billardkugeln eine Filmaufnahme gemacht und der Film anschließend vorwärts- und rückwärtslaufend betrachtet, so kann ein Zuschauer, der bei der Aufnahme nicht dabei war, nicht sagen, welche Laufrichtung des Film das Experiment richtig wiedergibt. In beiden Richtungen könnte der Vorgang abgelaufen sein; keine der beiden Varianten verletzt die Stoßgesetze. Solche umkehrbaren oder reversiblen Vorgänge werden in der Mechanik beobachtet, wenn keine Wärmeentwicklung infolge von Rei bung auftritt. Ein Prozeß ist reversi bel, wenn bei seiner Umkehr der Ausgangszustand wieder erreicht wird, ohne daß Änderungen in der Umgebung zurückbleiben. Reversible Zustandsänderungen von Gasen si nd als idealisierte Grenzfälle denkbar, wenn die Prozesse reibungsfrei und quasistatisch verlaufen, so daß der Druck und die Temperatur des Gases zu jeder Zeit mit der Umgebung im Gleichgewicht sind. Wird der Fall eines Apfels von einem Baum gefilmt und der Film später rückwärtslaufend betrachtet, so löst die Szene allgemeine Heiterkeit aus. Jedermann weiß aus Erfahrung, daß dieser Vorgang irreversibel ist, also nicht von all ein in umgekehrter Richtung abläuft. Ein Vorgang ist irreversibel, wenn seine Umkehr zum Ausgangszustand nur unter äußerer Einwirkung möglich ist, wobei eine Veränderung in der Umgebung zurückbleibt. Beim unelasti schen Aufprall des Apfels auf dem Boden wird seine kinetische Energie in thermische Energie umgesetzt; die Temperatur des Apfels und der unmittelbaren Umge- 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik bung erhöht sich demnach geringfügig. Der umgekehrte Vorgang, daß der Apfel sich abkühlt und dann nach oben hüpft, ist noch nie beobachtet worden, obwohl er den ersten Hauptsatz nicht verletzen würde. Weitere Beispiele für irreversible Vorgänge sind - Diffusion: Stoffe breiten sich aufgrund eines Konzentrationsgefälles so lange aus, bis die Konzentration räumlich konstant ist. Konzentrationsunterschiede dagegen bauen sich nicht von selbst auf; - Wärmeübergang: Wärme geht von einem warmen auf einen kalten Körper über, bis die Temperatur ausgeglichen ist. Temperaturunterschiede jedoch entstehen nicht von selbst; - Chemische Reaktionen, die von selbst ablaufen: Wasserstoff verbindet sich mit Sauerstoff zu Wasser. Für die Zersetzung des Wassers in seine Bestandteile hingegen muß Energie aufgewendet werden. heuerer Betrag an innerer Energie steckt, könnten durch geringfügiges Abkühlen des Meerwassers nahezu unbegrenzte Energiereserven freigesetzt werden. Eine solche Maschine, die zwar den zweiten, nicht aber den ersten Hauptsatz verletzt, wird als Perpetuum mobile zweiter Art bezeichnet. Eine weitere Formulierung des zweiten Hauptsatzes lautet also: I Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die Wärme aus einer Wärmequelle entnimmt und vollständig in mechanische Arbeit umwandelt. Es gibt kein Perpetuum mobile zweiter Art. Die linksläufigen Kreisprozesse zeigen, daß Wärme unter Arbeitsaufwand einem kalten Körper entzogen und einem warmen ' Körper zugeführt werden kann (Bild 3-26). Clausius formulierte 1850 den zweiten Hauptsatz so: Wärme geht nicht von selbst von einem kalten auf einen warmen Körper über. Bei genauer Betrachtung sind alle natürlich ablaufenden und technischen Prozesse irreversibel. Reversible Vorgänge sind lediglich idealisierte Grenzfälle. 3.3.6.2. Formulierungen des zweiten Hauptsatzes Die Irreversibilität natürlicher und technischer Prozesse ist der Inhalt des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. Dieser legt die Richtung der von selbst ablaufenden Vorgänge fest, die stets einem Gleichgewichtszustand zustreben. Eine klassische Formulierung des zweiten Hauptsatzes stammt von Thomson (Lord Kelvin) aus dem Jahr 1851: J o.b O.u ~· I I I I _..., /I I I I I w I - -~ I' '~ I' I I I 'l th,C = ~ o.b 0,5 Ew.c = f 2 O.u b) t O.u ' IT0''~ I I II I I I ' w - -· I o.b I I J I I I I '$' " _...,. ./1 I 'l lh,s = Die Erfahrung zeigt, daß eine Wärmekraftmaschine stets auch Wärme an eine Wärmesenke tiefer Temperaturen abgeben muß (Bild 3-25). Ließe sich eine Maschine konstruieren, die ohne Wärmeabgabe bei tiefer Temperatur auskäme, so wären die Energieprobleme der Menschheit für alle Zeiten gelöst. Da z. B. in den Weltmeeren ein unge- 181 0,75 Ew.c = 2 I t O.u Bild 3-33. Es existiert keine Maschine, die einen höheren Nutzeffekt als die Carnot-Maschine lwt: a) Kopplung von rechts- und linkslaufender CarnotMaschine, b) Kopplung einer rechtsläufigen " Super"Maschine mit einer linksläufigen Carnot-Maschine. . Thermodynam • band \On Bild -33 erkennt man, daß der thermi he Wirkung grad de· amot-Proze e ni ht üb rtroffen werden kann. Zwi eben den Temperaturgrenzen T3 = 600 K und T 1 = K wirkt je ein rechts- und ein link läufiger Krei prozeß. Bild 3-33 a zeigt eine Carnot- \ 'ärmekraftma hine. die nach GI. (3-76) den thermi. chen Wirkungsgrad 'llh.C = 0.5 hat Ihre mechani he 'utzarbeit wird eingesetzt, um eine Wärmepumpe zu betreiben, die nach GI. ( - 2) die Lei tungszahl tw.c = 2 aufwei t. Au den Daten geht klar hervor. daß im Endeffekt jedem Wärmebad die Wärmemenge, die ihm eine M~ chine entnimmt, von der anderen wieder zugeführt wird. Bild 3-33 b zeigt eine hypotheti ehe .,Super"Wärmekraftma chine mit einem thermt chen \Virkung grad, der den Camot:;chen übertrifft (z. B. fJih, = 0,75). 'immt die e Ma chine bei piel wei e die Wärmelei tung 4 kW vom oberen Wärmebad auf. dann gibt ie Q = I kW an da kalte Reservoir und P = 3 kW an die Warmepumpe ab. Die amot- Wärmepumpe mm mt a u dem unteren Wärmebad Q = 3 kW an Wärmelei tung auf und gibt an da obere Q = 6 kW ab. Die bedeutet hluß endl ich, daß Wärme ohne äußere Arbeit zufuhr von emem kalten auf emen warmen Körper übergeht, was gegen den zweiten Hauptsatz vertößt. Daraus folgt bn höherer thermt eher Wirkung:;grad ab der de Camot-Proze. e 1st mcht möglich. 33.6.3. Entropie Die b1 herigen Formulierungen des zweiten Hauptsatze können mathematisch ausgedrückt werd en mit Htlfe der Zu tand größe Entropie, d ie ge tattet, den Grad der Irreversibilität ei ne Vorganges zu berechnen. Ausgangspunkt der folgenden Betrachtungen i t der ideale reversibel geftihrte Carnot-Prozeß (Bild 3-24). Für die umgesetzten Wärmen und die Temperaturen der Wärmebäder gilt nach GI. (3-77) Ql2+ Q34 = 0 . T1 T3 Der Quotient von übertragener Wärme und der ab oluten Temperatur, bei der sie übertragen wurde, wird als reduzierte Wärme be- Volumen V Bild 1·34. Er: atz eines beliebigen Kreisprozesses durch ein System ~·on Carnot-Prozessen. zeichnet. Offensichtlich i t die Summe der reduzierten Wärmen bei einem kompletten Umlauf eine reversiblen Carnot-Proze ses null. Wird ein belieb1ger Krei prozeß reveribel durchlaufen, dann kann er nach Bild 3-34 durch unendlich viele differentiell chmale Camot-Prozes e er etzt werden. Auch hierbei ist die umme aller reduzierten Wärmen null: f c)~re• = 0. (3-83) I Der Index rev soll daran erinnern, daß die Prozeßführung revenbel ein muß. Wenn d'te G ro" ße -c"> Qrev · komp Ietten T- be1· emem Umla uf keine Änderung erfahrt, erfüllt sie d1 e Voraussetzungen, die an eine Zustandsgröße gestellt werden. Diese Zustandsgröße bezeichnet man nach Clausius als Entropie S. Ihr Differential ist definiert als dS = f>Qrev (3-84) T . Die Maßeinheit der Entropie ist J/K Der Nullpunkt kann willkürlich gewählt werden. Die Entropiedifferenz zwischen einem Ausgangszustand 1 und einem Endzustand 2 ist ---!lS = s2- SI= J bQrev l T 0 (3-85) I 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 183 Die Entropieänderung i t al Differenz zweier Zustand größen ' egunabhängig. Zu ihrer Berechnung muß aber ein - wenig ten in Gedanken - reali ierbarer reversibler Weg bechritten werden. Bei reversibel geführten adiabaten Zu land änderungen ist <>Qrev = 0. omil gibt e keine Änderung der Entropie (S 1 = S2); die Zustand änderungverläuft isenrrop. Die Entropieänderung bei einer Zustandsänderung eine idealen Gases läßt sich aus GI. (3-84) mit Hilfe de ersten Hauptsatzes berechnen: dS= bQrev = dU+pdV. T T Mit GI. (3-46) für die Änderung der inneren Energie ergibt sich daraus dS= vC mv dT +Ldv. T T Nach der Zu tandsgleichung idealer Gase ist p / T= v Rm/Vund somit dT dV dS= vCmvT+ vRmv · Wird die molare Wärmekapazität Cmv als konstant vorausgesetzt, kann integriert werden: Bild 3-35. such. Zu Beispiel 3.3-7: Gay-Lussacscher Ver- hälter in einen zunächst evakuierten Rezipienten trömen. Die Anordnung war nach außen wärmeisoliert (adiabates System). Gay-Lussac fand, daß nach Erreichen des Gleichgewichtszustands die Temperatur des Gases nicht verändert war und schloß daraus, daß die innere Energie idealer Gase nicht vom Volumen abhängt Wie groß ist die Entropieänderung bei dem geschilderten Vorgang? Lösung: Obwohl die Ausströmung ins Vakuum ein hochgradig irreversibler Prozeß ist, läßt sich die Entropieänderung mit Hilfe eines reversiblen Ersatzprozesses berechnen. Ein denkbarer Ersatzprozeß ist die isotherme Expansion mit jeweils dem gleichen Anfangs- und Endzustand wie der tatsächliche Prozeß. Nach GI. (3-86) gilt dann mit T1 = T2 v2 AS = S2- S ,= vRmln-. v, Die Entropieänderung ist größer als null, weil v2 > v, ist Ist z. B. V = 1 mol und V21V, = 2, dann beträgt die Entropieänderung 1 (3-86) Nach GI. (3-51) kann die innere Energie durch die Enthalpie ausgedrückt ':\'erden: dU= dH- p dV- Vdp. Damit gilt ds dH- V dp = T V c mp Hat der Carnotsche Kreisprozeß irreversible Anteile (z. B. Reibungsarbeit oder Wärmeübertragung mit Temperaturgefälle zwischen Wärmebad und Gas), so ist der thermische Wirkungsgrad geringer als bei vollkommen rever ibler Prozeßführung: n dT T R h m dp p und nach der Integration 1 AS = I mol · 8 314-- · ln 2= 5 76-. ' molK ' K • 1th,irr -- Q, 2 + Q34 Q < n rev•tth, 34 T3- T, TJ Anstelle von GI. (3-77) gilt dann Q, 2+ Q34 0 T T < . 1 3 Für beliebige irreversible Kreisprozesse gilt entsprechend (im Gegensatz zu Gl. (3-83), die nur bei reversibler Prozeßführung gi"tig ist) Beispiel 3.3-7: In einem berühmt gewordenen Versuch ließ Gay-Lussac nach Bild 3-35 ein Gas aus einem Be- (3-88) 184 3. Thermodynamik I\ In einem adiabaten geschlossenen System können von selbst nur Vorgänge ablaufen, bei denen die Entropie ansteigt. 2 ~#'..,....,.. - >~e \((e / ; Ein Beispiel für den Entropieanstieg ist die Ausströmung eines Gases ins Vakuum (Beispiel 3.3-1 1). Ist ein System abgeschlossen, dann ist die innere Energie des Systems konstant, und die Entropie des Systems strebt einem Maximalwert zu, den sie im Gleichgewichtszustand erreicht hat. / / / / / I I Volumen V Bild 3-36. Kreisprozeß mit reversiblem und irreversiblem Anteil. Aus der Definitionsgleichung der Entropie dS = bQreviT folgt, daß in einem T, S-Diagramm die reversibel umgesetzte Wärmemenge als Fläche unter der Kurve einer Zustandsänderung abgelesen werden kann: liQrev = T dS Nach Bild 3-36 sei jetzt ein Kreisprozeß betrachtet, der aus einem irreversiblen (I -+ 2) und einem reversiblen (2-+ 1) Weg besteht. Der Gesamtprozeß ist damit irreversibel, und nach GI. (3-88) gilt ~ J J bQ = c'i Qirr + bQrev < O. T I T 2 T M1t GI. (3-85) kann man schreiben 2 . bQirr J-T- + S 1 -·~ 2< O. C' I Betrachtet man msbesondere adiabate Systeme, bet denen keine Wärmeübertragung stattfindet ( liQirr = 0), dann gilt S2 - sl > o 2 Ql2,rev = f T dS · (3-91) I Bild 3-37 zeigt das Wärmeschaubild des Carnot-Prozesses. Die zugeführte Wärme entspricht der F läche unterhalb der Geraden 3-4, die abgegebene Wärme ist sichtbar als Fläche unterhalb der Geraden 1-2. Die Nutzarbeit entspricht wie beim p, V-Diagramm dem Flächeninhalt der umfahrenen Figur. (3-89) 1-.. ... In einem adiabaten geschlossenen System sind irreversibl e Prozesse stets mit einem Anstieg der Entropie verknüpft. Bei reversi bler Prozeßführung bleibt die Entropie konstant. oder 3 4 T3 ~ E Q) IWI 0. E ~ e ::J 0 Ti 2 "' m .J:l Mathematisch kann diese Aussage auch so formuliert werden : dS !1; 0. (3-90) J s2 = s3 Das Gleichheitszeichen gilt für reversible, das Größer-als-Zeichen für irreversible Prozesse. Da in der Natur von selbst nur irreversible Prozesse ablaufen, gilt: Entropie S Bild 3-37. T,S-Diagramm des Carnot-Prozesses. W Arbeit 1 bis 4 Zustandspunkte 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 185 3.3.6.4. Statistische Deutung der Entropie Mit Hilfe statistisrher Betrachtungen soll gezeigt werden, daß die Entropie in engem Zusammenhang steht zu der Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmter Zustand realisiert werden kann. Es sei zunächst ein Gefäß mit dem Volumen V betrachtet, in dem sich nur ein Gasmolekül befindet. Die Wahrscheinlichkeit, das Molekül bei einer Kontrolle im Volumen V anzutreffen, ist PI = I, d. h., es ist - gemäß der Voraussetzung - mit Sicherheit darin. Denkt man sich jetzt das Gefäß halbiert, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, das Molekül bei einer Stichprobe im Teilvolumen V2 = ~ V1 zu finden, Pl 12 = ~- Wird das Volumen in drei gleiche Teile geteilt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, daß das Volumen V3 = V besetzt ist, pjl3 = t· Dieses Gedankenspiel kann fortgesetzt werden bis zu einer n-fachen Unterteilung des Raumes. Die Wahrscheinlichkeit, das Molekül in einer Zelle vom Volumen V0 =*V anzutreffen, ist dann Pl 1n = Befinden sich zwei Moleküle im Volumen V, dann ist die Wahrscheinlichkeit, beide gleichzeitig in derselben Zelle vom Volumen V"=* V anzutreffen, gleich dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten (Satz vom "sowohl als auch"): t *· Plln = pjln pjln = ( +) 2 Sind N Moleküle vorhanden, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich alle im Volumen Vn = V aufhalten, gegeben durch * Nach Bild 3-38 werden nun zwei an sich sehr unwahrscheinliche Zustände miteinander verglichen: N Moleküle sollen sich bei einer Stichprobe im Teilvolumen V3 = V bzw. V2 =~V aufhalten. Das thermodynamische Wahrscheinlichkeitsverhältnis für die beiden Zustände ist ~~~1~~~~ I Zustand ll: Pu = ( Jf v2 Bild 3-38. Vergleich zwischen zwei thermodynamischen Zuständen. w = 10 1•76 · 1022 • Um zu Zahlen vernünftiger Größenordnungen zu gelangen, bestimmt man den natürlichen Logarithmus des Wahrscheinlichkeitsverhältnisses : I lnw ~ Nln(~_)·_______<3--92)~i Für das genannte Beispiel ergibt sich In w = 4,05 · 10 21• Diese Größe steht in einem direkten Zusammenhang mit der Entropiedifferenz zwi chen den Zuständen I und Il. Die Änderung der Entropie vom Zustand I zum Zustand li kann mit Hilfe eines reversiblen Ersatzprozesses berechnet werden. Zu diesem Zweck wird das Gas in einem Zylinder mit verschiebbarem Kolben vom Ausgangsvolumen V3 isotherm auf das Endvolumen V2 entspannt. Die Entropieänderung ist nach GI. (3-86) ~S =S 1 - S1=v Rm in ( ~:) =N k in ( ~:) . Ein Vergleich mit GI. (3-92) zeigt den von Bolt:::mann gefundenen Zusammenhang zwischen Entropieänderung und thermodynamischem Wahrscheinlichkeitsverhältnis: ~s = k In w. (3-93) t W=~=(~)N P, v3 Für ein Gas mit der Teilchenanzahl N = 10 22 ergibt sich die außerordentlich große Zahl Für die Entropie selbst gilt S = kln P. (3-94) Die Entropie eines Systems ist um so höher, je größer die Wahrscheinlichkeit ist, mit welcher der Zustand des Systems realisiert werden kann. 186 3. Thermodynamik Beispiel 3.3-8: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich ein Stein mit der Masse m = I kg und der Temperatur T = 300 K spontan abkühlt und dafür um h = 10 cm in die Höhe springt? Lösung: Die Energiebilanz des Vorganges ist 6Epo1 = - !J.U oder m g h = - m c !J.T. Daraus folgt für die Temperaturabnahme !J.T = - g h/ c. Mit der spezifischen Wärmekapazität c ~ 0,8 kJ/kg K ergibt sich !J.T= - 1,2 · I0- 3 K. Die Temperaturänderung ist so minimal, daß der Vorgang näherungweise als isotherm betrachtet werden kann. Die Entropieänderung kann durch folgenden Ersatzprozeß berechnet werden: Dem Stein wird reversibel die Wärme Q, •• = - mgh bei der Temperatur T entzogen. Dann ist die Entropieänderung !J.S = Q, •• =- mgh =- 3,27 · 10 - 3 1/K . T T Die negative Entropieänderung besagt nach der klassischen Thermodynamik, daß der Vorgang nicht beobachtet wird. Statistisch besteht jedoch eine wenn auch verschwi nd end kleine - Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Vorgang eintritt. Das Wahrscheinlichkeitsverhältnis der beiden Zustände des Steins ist W = .!..3._ = e11Si k = e - 2,37 10 20 = J0 - 10 20 • Pt Füllt man in einen Behälter weißen Sand und schichtet darüber vorsichtig dunklen Sand, dann werden sich die beiden Sandsorten beim Schütteln des Gefäßes mischen. Dieser typisch irreversible Mischungsvorgang kann vom Standpunkt der Wahrscheinlichkeitsrechnung so interpretiert werden, daß das System vom unwahrscheinlichen Zustand hoher Ordnung in den wahrscheinlicheren Zustand großer Unordnung übergeht. Von selbst ablaufende Vorgänge gehen stets von geordneten Zuständen in Richtung größerer Unordnung. Da sie gleichzeitig mit einem Entropieanstieg verknüpft sind, folgt : Entropie ist ein Maß für Unordnung eines Systems. ---- d~ Grad l --Das Prinzip des Entropieanstiegs gilt nur für abgeschlossene Systeme, nicht aber für offene. Ist ein offenes System weit entfernt vom thermischen Gleichgewicht, so bewirken einerseits die Energiezufuhr oder auch der Zu- strom neuer Stoffe und andererseits die Umwandlung im System in andere Energie- und Stofforrnen, daß sich im System ständig neue Lagen der Systemteile zueinander, neuartige Bewegungsabläufe oder neuartige Reaktionsabläufe bilden, an denen größere Bereiche des Systems beteiligt sind. Unter den sich kurzzeitig bildenden, miteinander konkurrierenden Strukturen (Moden) kommt es ab einem charakteristischen Schwellwert der Energieoder Stoffzufuhr plötzlich zu makroskopisch wahrnehmbaren Ordnungszuständen. Durch Selbstorganisation setzen sich jene neuartigen Moden (Ordner) durch, die den anderen Systemteilen ihre Ordnung am erfolgreichsten aufprägen (Versklavung) und die höchsten Wachstumsraten haben. Aus der Unordnung (Chaos) entstehen also in offenen Systemen geordnete Strukturen. Welche Ordnungszustände sich unter gegebenen Randbedingungen bilden, ist Untersuchungsgegenstand der von H. HAKEN (* 1927) begründeten Lehre vom Zusammenwirken der Einzelteile offener Systeme, der Synergetik. Zur Übung ü 3.3-12: Wie groß ist die Energie, die man mit einem Perpetuum mobile zweiter Art aus dem Meerwasser gewinnen könnte, wenn dieses um 63 = I oc abgekühlt würde? Die Masse des Meerwassers ist m ~ 1,4 · 10 21 kg. Wie lange würde dieser Energievorrat reichen bei einem mittleren Leistungsbedarf der Menschheit von ungefähr P = 13TW? Ü 3.3-13: Stickstoff wird vom Normzustand Pn, Tn und Vn = 1 1 a) isobar, b) isochor auf die Temperatur T 1 = 500 K erwärmt. Wie groß ist in beiden Fällen die Entropieänderung ? ü 3.3-14: Welche Kurvenform hat eine Isochore im T, S-Diagramm? Wie sieht demnach das T, S-Dia- gramm des Stirling-Prozesses aus? Wie kann man zeigen, daß der thermische Wirkungsgrad des idealen Stirling-Prozesses mit funktionierender interner Wärmeübertragung mit dem des Carnot-Prozesses identisch ist? Ü 3.3-15: Ein Teil aus Kupfer mit der Masse m = I kg und der Temperatur 3 1 = 10 °C wird in Kontakt gebracht mit einem gleich schweren Kupferteil mit 3 2 = 30 °C. - a) Um welchen Betrag ändert sich die Entropie der beiden Körper beim Temperaturausgleich, wenn kein Wärmetransport zur Umgebung erfolgt? b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß der umgekehrte Vorgang von selbst abläuft? 3.3. Hauptsätze der Thermodynamik 3.3.7. Thermodynamische Potentiale Der zweite Ha ur- .satz erlaubt Aussagen über die Richtung von selbst ablaufender Prozesse in adiabaten bzw. abgeschlossenen Systemen. Viele Prozesse, besonders chemische Reaktionen, laufen bei konstanter Temperatur ab. Hierbei kann die Richtung von selbst ablaufender Vorgänge mit der von Helmho/tz eingeführtenfreien Energie F bestimmt werden: F= U- TS. (3-95) 1 Das totale Differential dieser Zustandsgröße ist dF =dU- T dS- S d T. Für isotherme Systeme gilt dT= 0 und dF= dU- TdS. Mit dem ersten Hauptsatz dU= f> Qrev + f> Wrev und der Definitionsgleichung (3-84) für die Entropie T dS = f> Qrev folgt für reversible Prozesse dF = f> Wrev oder- f> Wrev =- dF. Die Arbeit, die ein isothermes System bei reversiblen Prozessen abgeben kann, entspricht der Abnahme der freien Energie. Bei irreversibler Prozeßführung ist die abgegebene Arbeit stets kleiner als bei reversibler Führung, also- f> Wirr< - (j Wrev· Damit gilt - ()W~- dF. (3-96) Das Gleichheitszeichen gilt im Fall reversibler, das Kleiner-als-Zeichen bei irreversibler Prozeßführung. Der maximale Arbeitsbetrag, den ein isothermes System nach außen abgeben kann, ist gleich der Abnahme der freien Energie. Nimmt beispielsweise bei einer isothermen chemischen Reaktion die innere Energie von u! auf u2 ab, dann kann nicht die ganze Differenz t:.U als Arbeit nach außen abgegeben werden, sondern nur der Anteil der freien Energie M = t:.U- T t:.S. Der Teilbetrag T t:.S, die gebundene Energie, wird in Wärme umgesetzt. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß unter "Arbeit" in diesem Fall nicht nur die Volumenänderungsarbeit f> Wv = - p d V, sondern auch jede andere Form von Arbeit f> W' (z. B. elektrische Arbeit bei elektrochemischen Reaktionen und Oberflächenarbeit) verstanden wird: [> W = [> Wv + [> W'. 187 Wird das Volumen eines Systems konstant gehalten, dann ist f> Wv = 0, und aus GI. (3-96) folgt- f>W' ~- dFoder dF- ()W' ~ 0. Bei spontan ablaufenden Reaktionen wird Nutzarbeit abgegeben, d. h. - [> W' ~ 0. Für die freie Energie folgt daraus dF~O. (3-97) In einem isotherm-isochoren System verlaufen reversible Vorgänge bei konstanter freier Energie, irreversible Prozesse unter Abnahme der freien Energie. Im Gleichgewicht hat die freie Energie ein Minimum. Somit ist auch die Richtung chemischer Reaktionen aufgezeigt: In isotherm-isochoren Systemen verlaufen chemische Reaktionen spontan, wenn die freie Energie der Reaktionspartner nach der Reaktion geringer ist als vorher. Die freie Energie gehört zu den thermodynamischen Potentialen. Wie in der Mechanik die Komponenten einer Kraft durch Differentiation des Potentials nach den Koordinaten ermittelt werden können, besteht in der Thermodynamik die Möglichkeit, alle Zustandsgrößen durch Differentiation aus thermodynamischen Potentialen zu gewinnen. Für die freie Energie gilt dF= dU- TdS- SdT. Mit dem ersten und zweiten Hauptsatz dU=bQ-pdV=TdS-pdV folgt dF=-pdV-SdT. (1) Das totale Differential der Funktion F (V, T) kann geschrieben werden dF=(oF) dV+(oF) dT . 0V T oT v (2) Aus dem Vergleich der Beziehungen (l) und (2) folgt p= -(oF) oV und (3-98) T S= -(oF) . oT v (3-99) 188 3. Thermodynamik Ist ein thermodynamisches Potential als Funktion seiner natürlichen Variablen bekannt, so kann man durch reine Differentiationsprozesse andere thermodynamische Potentiale oder Zustandsgrößen gewinnen. Auf diese Weise werden beispielsweise Dampftafeln berechnet. Ein weiteres thermodynamisches Potential ist die freie Enthalpie G oder Gibbssches Potential (J. W. GIBBS, 1839 bis 1903): G=H- TS= U+p V- TS. (3-1 ~ weißes und gra ues Zinn bei T = 0 dieselbe Entropie: Sweiß (0) = Sgrau (0). Bei Annäherung eines homogenen Systems an den absoluten Nullpunkt ist im Gleichgewicht die molare Entropie unabhängig von thermodynamischen Parametern (z. B. Druck, Volumen, Kristallstruktur, Magnetfeld) und nimmt einen konstanten Wert Smo an. Dieser Nernstsche Wärmesatz wurde von P/anck erweitert, der die Entropie am absoluten Nullpunkt null setzte: S0 = 0 Für das totale Differential der Zustandsgröße G(p, T) gilt für T = 0. (3-104) Die Entropie reiner Stoffe ist am absoluten Temperaturnullpunkt null. d G = dU+ p d V+ V dp - T d S- S d T. Mit dU+pdV= DQ= TdS folgt dG= Vdp - S dT. Durch Vergleich mit dG=(oG) dp+(oG) dT op oT T p ergeben sich V=(oG) op und (3-101) T S=-(oG) . or (3-102) p Dte freie Enthalpte hat eine ähnhche Bedeutung wie die freie Energie. In einem isothermisobaren System gilt dG~O. (3-103) Das Gleichheitszeichen gilt für reversible, das Kleiner-als-Zeichen für irreversible Vorgänge. In isotherm-isobaren Systemen strebt die freie Enthalpie ein Minimum an, das sie im Gleichgewichtszustand erreicht hat. 3.3.8. Dritter Hauptsatz der Thermodynamik Durch experimentelle Untersuchungen fand Nernst (W. NERNST, 1864 bis 1941) im Jahr 1906, daß die Entropie fester Körper am absoluten Temperaturnullpunkt nicht von der Kristallmodifikation abhängt. So hat z. B. Diese Festlegung der Entropie durch den dritten Hauptsatz ist im Einklang mit der statistischen Deutung der Entropie. Der Gleichgewichtszustand am absoluten Nullpunkt zeichnet sich durch maximale Ordnung aus. Die Unordnung und damit die Entropie sind null. Der dritte Hauptsatz ist nur gültig für reine Stoffe. Mischkristalle haben bei T = 0 eine endliche Entropie. Außerdem müssen die Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht sein. Dies ist z. B. bei Gläsern nicht der Fall. Gläser haben auch bei T = 0 noch eine Unordnung, demnach ist S 0 > 0. Der Ü bergang in eine geordnete kristalline Phase findet nicht statt, weil bei tiefen Temperaturen die Reaktionsgeschwindigkeiten vernachlässigbar klein werden. Die Entropie eines Systems kann nach dem dritten Hauptsatz absolut berechnet werden S (T) = Jo DQrev T T c(T) =mJ--dT o T . (3-105) Die Entropie blei bt nur dann endlich, wenn die spezifische Wärmekapazität c (T) mit abnehmender Temperatur hinreichend schnell gegen null geht. D ies ist in der Tat der Fall : Bei vielen Festkörpern gilt bei tiefen Temperaturen das Debyesehe T 3 -Gesetz c(T) = konst · T 3 (Abschn. 9.3.1.2). 3.4. Zustandsänderungen realer Gase Aus dem dritten Hauptsatz folgt auch, daß der thermische Ausdehnungskoeffizient (o VloT)p und der Druckkoeffizient (oploT)v bei Annäherung an den absoluten Nullpunkt null werden. In Abschn. 3.3.5 ist erwähnt, daß ein CamotProzeß, bei dem die tiefe Temperatur T 1 = 0 ist, einen thermischen Wirkungsgrad von "Yfth = 1 hat. Bei einem reversiblen CamotProzeß (Bild 3-24) gilt nach dem zweiten Hauptsatz für das Kreisintegral der Entropie f ds = s,2 + S23 + S34 + s4, = o. 189 mit Ri als der spezifischen Gaskonstante. Für reale Gase mit molekularen Wechselwirkungen wird die Zustandsgleichung mit dem Realgasfaktor Z korrigiert: (3-1 07) Bild 3-39 zeigt den Verlauf der Realgasfaktoren Z von Luft in Abhängigkeit vom Druck p (von 0 bis 300 bar). Nun ist S 23 = S 41 = 0 wegen isentroper Prozeßführung. Nach dem dritten Hauptsatz ist S 12 = 0 für T 1 = 0. Also gilt t S = S 34 = 0. Die Entropieänderung während der isothermen Expansion von 3 nach 4 ist aber nach GI. (3-85) s34 = > o. T3 Der Widerspruch löst sich nur, wenn die tiefe Temperatur T 1 > 0 gesetzt wird. Daraus folgt: Q34 Der absolute Temperaturnullpunkt läßt sich nicht erreichen. Der dritte Hauptsatz wird deshalb gelegentlich auch als Satz von der Unerreichbarkeil des absoluten Nullpunkts bezeichnet. 3.4. Zustandsänderungen realer Gase Sind die Wechselwirkungen zwischen den Gasmolekülen - beispielsweise in der Nähe von Phasenumwandlungen - nicht mehr zu vernachlässigen, so handelt es sich um reale Gase. Mit der allgemeinen Zustandsgleichung idealer Gase (Abschn. 3.1.5) läßt sich die Dichte e aus der absoluten Temperatur T und dem Druck p ableiten: p V= m Ri T ergibt wegene= m/V 0 100 bar 300 Bild 3-39. Realgasfaktor Z von Luft. Die Dichte von Gasgemischen ea errechnet sich aus den jeweiligen Dichten e1 , Q2, ... en und deren prozentualen Volumenanteilen: ~Qi Vi (3-1 06) 200 Druckp I I,__e_a_=__v_______c_3_-I_os_)__, 190 3. Thennodynarrllk 3.4.1. Van-der-Waalssche Zustandsgleichung 80 bar Die für Ideale Gase abgeleiteten Gesetze vernachlässigen zwei Einflußgrößen, die bei hohen Drücken und tiefen Temperaturen besonders deutlich in Erscheinung treten, nämlich 73 - die zwischen den Gasmolekülen stattfindenden Allziehungskräfte (Kohäsion) und -das Eigenvolumen der Gase (Kovo/umen). 60 J. D. VAN DER WAALS (1837 bis 1923) hat den Druck und das Volumen in der allgemeinen Gasgleichung dementsprechend korrigiert. Die van-der-Waalssche Zustandsgleichung lautet mit molaren Größen (3-~ Darin sind Vm das Molvolumen und asowie b gasspezifische Materialkonstanten. Den Korrekturterm a/ V~ nennt man Binnendruck. Er berücksichtigt die Wirkung der zwischenmolekularen Anziehungskräfte ( Van-derWaa/s-Kräfie, Abschn. 9.1.1.1), die Kohäsionskräfte zwischen den Flüssigkeitsmolekülen, die auch für die Oberflächenspannung verantwortlich sind (Abschn. 2.3.2.3. 1, Bild 2-98). Im Ionern der Gasphase heben sich die zwi-,chenmolekularen Kräfte zwar auf, an den Grenzflächen (z. 8. einer Gasoberfläche) aber weisen sie eine resultierende Kraft in Richtung des Gasinneren auf. Drdurch erhöht sich der Innendruck im Gas (Binnendruck); das Korrekturglied ist deshalb positiv. Der Binnendruck Pbi ist proportional zur Dichte der anziehenden Teilchen und zur Dichte der stoßenden Umgebungsteilchen. Insgesamt ist also der Binnendruck proportional zum Quadrat der Dichte : Pbi "'Q 2, oder wegen Q"' 11 Vm ist Pb;"' I/V~ . Der Faktor b berücksichtigt das Wechselwirkungsvolumen der Molekülkräfte, das van-derWaa/ssche Ko1•olumen; es entspricht etwa dem vierfachen Eigenvolumen des Moleküls. Die van-der-Waalssche Zustandsgleichung stellt für konstante Temperaturen (Isothermen) im p, V-Diagramm eine Funktion dritten Grades dar. Bild 3-40 zeigt den Verlauf der Isothermen für Kohlendioxid (C0 2 ). Unterhalb der Isothermen für die kritische Temperatur Tk Gebiet des idealen Gases 70 Q. -"" g 50 47 Ci 40 313 K 304 (( 293 K 30 273 K 0,1 0,2 0,3 0.4 Molvolumen Vm 0,5 0,6 m' 0,7 kmol Bild 3-40. Verlauf der Isothermen for Kohlendioxid im p, V-Diagramm. (für C0 2 ist Tk = 304,2 K) weisen die Isothermen mit abnehmendem Molvolumen ein Druckmaximum und ein Druckmimimum auf. Dies widerspricht jedoch der experimentellen Erfahrung: Mit fallendem Volumen durchläuft der Druck nicht die Kurve EDCBA (Isotherme 273 K), sondern verläuft horizontal längs der Geraden ECA. Dies liegt daran, daß bei realen Gasen ab dem Punkt E eine Veiflüssigung eintritt, die am Punkt A abgeschlossen ist. Der bei weiterer Komprimierung erfolgende steile Druckanstieg rührt von der im Vergleich zu Gasen sehr kleinen Kompressibilität von Flüssigkeiten her. Der Druck PE in Bild 3-40, bei dem eine Verflüssigung einsetzt, ist der Dampfdruck. Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik (Abschn. 3.3.6) müssen die Flächeninhalte über der Linie CDE und unter der Linie ABC gleich sein. Werden für jede Isotherme jeweils die Punkte E der beginnenden Verflüssigung des Gases und jeweils die Punkte A des Endes der Verflüssigung miteinander verbunden, so ergibt sich ein Bereich, innerhalb dessen eine Umwandlung von der gasförmigen Phase in die flüssige stattfindet (rot um- 3.4. Zustandsänderungen realer Gase grenzte Zone in Bild 3-40). Links von diesem Gebiet liegt nur die flüssige und rechts nur die gasförmige Phase vor. Im Koexistenzgebiet sind beide Phasen vorhanden. Bei Wasser heißen diese Gebiete: überhitzter Dampf (rein gasförmiger Zustand), trocken gesättigter Dampf (Grenzkurve) und Naßdampf (innerhalb des Verflüssigungsgebiets). Der höchste Dampfdruckpunkt ist der kritische Punkt K. Die zugehörige Temperatur ist die kritische Temperatur Tk. Sie ist der Wendepunkt der entsprechenden Isotherme. Die zugehörigen Werte sind der kritische Druck Pk (für C0 2 ist Pk = 7,38 MPa) und das kritische Volumen Vk (für C02 ist Vmk = 0,1275 m 3/kmol). Oberhalb des Punktes K ist eine Verflüssigung durch alleinige Komprimierung (kleineres Volumen und höherer Druck) nicht möglich. Tabelle 3-10 enthält die kritischen Werte für Temperatur und Druck sowie die van-der-Waalsschen Konstanten a und b für einige ausgewählte Stoffe. Da der kritische Punkt K einen Wendepunkt mit waagrechter Tangente darstellt, können die drei kritischen Werte von Gasen (Tb Pk 191 und Vk) durch folgende drei Bestimmungsgleichungen errechnet werden: p = f(V) (vander-Waalssche Zustandsgleichung für die Isotherme T= Tk), (oplo V)r = 0 (waag(o 1p/o V 2 )r. = 0 rechte Tangente) und (Wendepunkt). Aus (op/o V)r. = 0 und (o 2p I oV 2 )r. = 0 folgen Vmk = 3 b und 8a T, = - - k 27 b Rm. (3-11 0) (3-111) Werden diese beiden Gleichungen in die van der Waalssche Zustandsgleichung (3-109) eingesetzt, ergibt sich a (3-112) Pk = 27 b2 . 1 Aus der Kombination aller drei Gleichungen erhält man ~pkV._m_k_ =___ R____________(3--l13-)~ L_- 3 Tk 8 m· Tabelle 3-10. Kritische Temperatur Tk, kritischer Druck Pk sowie van-der-Waalssche Konstanten a und b verschiedener Stoffe. Stoff Tk in K Pt m MPa a N 4 in10 5 ~2 kmol b. m 10 2 Elemente Wasserstoff (H 2 ) Helium (He) Stickstoff (N 2 ) Sauerstoff (0 2 ) 33,240 5,2010 126,20 154,576 1,296 0,2275 3,400 5,043 0,2486 0,0347 1,366 1,382 2,666 2,376 3,858 3,186 Luft 132,507 3,766 1,360 3,657 417 647,30 405,6 304,2 7,70 22,120 11,30 7,3825 6,59 5,5242 4,246 3,656 5,63 3,041 3,730 4,282 190,56 370 425,18 4,5950 4,26 3,796 2,3047 9,37 13,89 4,310 9,03 11,64 anorganische Verbindungen Chlor (CI 2 ) Wasser (H 2 0) Ammoniak (NH 3 ) Kohlendioxid (C0 2 ) organische Verbindungen Methan (CH 4 ) Propan (C 3 H 8 ) Butan (C 4 H 10 ) m3 kmol 192 3. Thermodynamik Bei dem Vergleich mit dem Wert des Realgasfaktors Z (GI. (3-107)) ergibt sich für den kritischen Punkt (3-114) 1 Wenn die allgemeine Gasgleichung für ideale Gase am kritischen Punkt gültig wäre, müßte Zk = I sein. Der Realgasfaktor Z gibt also den Grad der Abweichung von der allgemeinen Gasgleichung an (Bild 3-39). Sind zwei der kritischen Werte Pk, Vmk und ~ bekannt, dann können die van-der- Waalsschen Konstanten a und b errechnet werden: b = Vmk = Rm ~ 3 (3-115) 8 Pk ' 2 a = 3Pk v;k = 27 b Pk . (3-116) men wird. Dieser Effekt wird Joule-ThomsonEffekt genannt (J. P. JouLE, 1818 bis 18.89, und W. THOMSON, 1824 bis 1907). Die druckbezogenen Temperaturdifferenzen betragen beispielsweise für Luft 11T/ 11p = 2,5 K/MPa und für Kohlendioxid 11Tfl1p = 7,5 K/MPa. Die Luftverflüssigung gelang erstmalig Linde (C. V. LINDE, 1842 bis 1934) im Jahr 1876. Genaue Rechnungen ergeben, daß der JouleThomson-Effekt auch zu einer Erwärmung führen kann. Oberhalb der Inversionstemperatur Ti erwärmt sich ein Gas, und unterhalb dieser kühlt es sich ab. Näherungsweise ist 2a T~--. ' Rmb (3-117) 1 Da für die kritische Temperatur eines realen Gases nach GI. (3 -111) Tk = 8 a/(27 bRm) gilt, ist die Inversionstemperatur (3-118) 1 Beispiel 3.4-1: Für Kohlendioxid (C0 2 ) gilt am kritischen Punkt Tk = 304,2 K und Pk = 7,38 MPa. Es sollen hieraus die van-der-Waalsschen Konstanten a und b berechnet werden. Lösung: Nach GI. (3-115) gilt b Rm Tk 3 = - - = 0,0428 m /kmol, 8pk nach GI. (3-116) gilt a = 27 b 2 p k Nm 4 kmol = 3 66 ·10 5 - - 2. ' 3.4.2. Gasverflüssigung (Joule-Thomson-Effekt) Bei einem realen Gas ist wegen der zwischenmolekularen Wechselwirkungen und des Eigenvolumens der Moleküle die innere Energie U volumen- und druckabhängig. Wird ein reales Gas adiabat (ohne Wärmeübertragung) und ohne Arbeitsverrichtung (Drosselung) entspannt, so kühlt es sich im Gegensatz zum idealen Gas ab. Zur Überwindung der zwischenmolekularen Anziehungskräfte muß nämlich Energie aufgewendet werden, die aus dem Vorrat der inneren Energie U entnom- Weil für Luft, Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid die Inversionstemperatur Ti weit oberhalb der Raumtemperatur liegt, kühlen sich diese Gase nach dem Joule-ThomsonEffekt ab, während sich Wasserstoff bei Raumtemperatur (Tk = 33,3 K) erwärmt. Deshalb wird Wasserstoff zwecks Verflüssigung erst mit flüssigem Stickstoff vorgekühlt In Bild 3-41 sind einige technisch bedeutsame Temperaturen und die entsprechenden physikalischen Effekte zusammengestellt. Zwecks Untersuchung von Werkstoffen bei tiefen Temperaturen kühlt man die Proben mit flüssiger Luft (T=79 K) oder flüssigem Stickstoff (T = 77 K) ab. Zur Untersuchung des supraleitenden Zustandes (Abschn. 9.2.3) kühlt man meist mit flüssigem Helium (T=4,2K bis 0,83 K). Um tiefere Temperaturen, die durch den Joule-Thomson-Effekt nicht mehr erreicht werden, zu erhalten, müssen paramagnetische Salze adiabat entmagnetisiert werden. Infolge der während der Entmagnetisierung zunehmenden Unordnung der magnetischen Struktur wird - analog zum Verdampfungsprozeß - dem Stoff Wärme entzogen, so daß eine Abkühlung eintritt (z. B. Cäsium-Titan-Alaun, T= 0,0034 K). Nach diesem magnetokalorischen Effekt werden Temperaturen bis T = 10- 2 K erzeugt. Noch tie- 3.4. Zustandsänderungen realer Gase Adiabate Entmagnetisierung der Molekular- bzw. Atomarmagnete Adiabate Entmagnetisierung der Kernmagnete Joule-Thomson-Effekt KaliumChrom- CenumAiaun tluorid I 0,05 1Q-6 1Q-3 10- 2 I 0,13 4,2 1Q- 1 Schmelzpunkte Wasser Gold H2 N 2 Luft Eis sieden schmelzen I \I I/ / He 0,84 193 20 77 79 273 373 1336 10 3 10 K 104 Temperatur T Bild 3-41. Physikalische Effekte und einige technisch bedeutsame Temperaturen. fere Temperaturen (bis T = 10- 6 K) kann man durch Entmagnetisierung von Atomkernen erreichen. 3.4.3. Phasenumwandlungen Eine Phase ist ein räumlich abgegrenztes Gebiet eines Stoffes mit gleichen physikalischen Eigenschaften. Der Begriff Phase kann sowohl auf die drei Aggregatzustände der Materie (fest, flüssig, gasförmig), als auch auf die verschiedenen Modifikationen desselben Stoffs (z. B. r:t.- und y-Eisen) angewandt werden. Die unterschiedlichen chemischen Bestandteile werden Komponenten genannt und zweckmäßigerweise durch eine chemische Strukturformel angegeben. ~ Bild 3-42 zeigt die möglichen Phasenübergänge für die drei Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig unter Berücksichtigung von Modifikationsänderungen innerhalb des festen Zustands. Allen Phasenübergängen ist gemeinsam, daß Wärme zu- bzw. abgeführt werden muß, ohne daß eine Temperaturänderung eintritt. Diese Wärme wird deshalb als latente Wärme bezeichnet. Wird beispielsweise der Phasenübergang von fest nach flüssig betrachtet, dann dient die zugeführte Wärme der Aufbrechung des Festkörpergitters. Die bei konstantem Druck und konstanter Temperatur zugeführte Wärme erhöht die Enthalpie der Substanz: Hnüssig = Hrest + L'lHs . L'lHs wird als Schmelz- fest flüssig gasförmig Modifikationsänderung {Modifikationsenthalpie f:J.HM) Schmelzen Sublimieren {Sch melzenthalpie l:J.Hs) {Sublimationsenthalpie l:J.Hsub = l:J.Hs + f:J.Hv) n fest flüssig gasförmig Bild 3-42. Erstarren Sieden {Erstarrungsenthalpie - Mfs) {Verdampfungsenthalpie f:J.Hv) Desublimieren {Desublimationsenthalpie - flHsub = - l:J.Hs- flHv) Kondensieren {Kondensationsenthalpie - f:J.Hv) Phasenübergänge und zugehörige Entha/pien (Einstoffsystem). --- 194 3. Thermodynamik spezifische Verdampfungsenthalpie l:J.h Siedepunkt 373 V Druck p = 1013 h Pa 380 = 2257 kJ kg K ..... .... ....::I 340 Q. 320 E Q) E ,! spezifische Schmelzenthalpie 300 l:J.h = 334 kJ s kg Schmelzpunkt 280 273 260 240 220 / / / latente Wärme / 200 10 100 1000 837 419 85 kJ kg 3094 spezifische Enthalpie h Bild 3-43. Temperaturverlauf der spezifischen Enthalpie von Wasser. Tabelle 3-11. Schmelz- bzw. Verdampfungstemperatur 9 sowie spezifische Schmelzenthalpie llhs und spezifische Verdampfungsenthalpie llhv verschiedener Stoffe beim Druck Pn = 1013 hPa. Stoff Verdampfen Schmelzen f) in oc - 259,15 270,7 209,85 218,75 213 !!hs in kJ/k:g f) !!hv in °C in kJ/ kg Elemente Wasserstoff (H 2) Helium (He) Stickstoff (N 2) Sauerstoff (0 2) Luft 58,6 3,52 25,75 13,82 - 252,75 268 ,94 195,75 182,95 192,3 461 20,9 201 214 197 anorganische Verbindungen Chlor (CI 2) Wasser (H 20) Ammoniak (NH 3) Kohlendioxid (C0 2) - 100,95 0,00 -80 - 56,55 90,4 335 339 184 -34,45 100,00 -33,45 - 78,45 289 2257 1369 574 - 182,45 - 187,65 - 138,35 58,6 80,0 77,5 -161,45 -42,05 -0,65 510 426 386 organische Verbindungen Methan (CH 4 ) Propan (C 3H 8 ) Butan (C4H 10 ) 3.4. Zustandsänderungen realer Gase enthalpie bezeichnet. Sie wird bei der Erstarrung wieder frei (- 11Hs) . Beim Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand muß die Summe aus Schmelzenthalpie 11Hs und Verdampfungsenthalpie 11Hv als Sublimationsenthalpie 11Hsub = 11Hs + !1Hv zugeführt werden. Bild 3-43 zeigt den Temperaturverlauf als Funktion der zugeführten spezifischen Enthalpie für Wasser vom Aggregatzustand fest (Eis) bis gasförmig (Wasserd ampf). In Tabelle 3-11 sind die Schmelz- bzw. Siedepunkte sowie die spezifischen Sch melz- bzw. Verdampfungsenthalpien zusammengestellt (die Siedepunkte und Verd ampfungsenthalpien beziehen sich auf den Normdruck Pn "= 1,013 · 10 5 Pa). gewichtszustand zurücktreibt, forttreibt oder keinen Einfluß zeigt. In der Mechanik (Abschn. 2.9.3) liegt bei einem stabilen Gleichgewicht ein Minimum der potentiellen Energie vor. Unterschiede in der potentiellen Energie (Gradient des mechanischen Potentials) sind die treibenden Kräfte, die im Minimum verschwinden. In der Wärmelehre können je nach Systemzustand fünf Gleichgewichtsforderungen auftreten (Abschn. 3.3.7). Sie sind in Bild 3-44 zusammengestellt: - Maximum der Entropie S für ein abgeschlossenes System ohne Materie- und Energieaustausch ; - Minimum der jre1en Enthalpie G für ein isobar-isothermes System ; - Minirnum der freien Energie F für ein i ochor-isothermes System ; 3.4.3.1. Thermodynamisches Gleichgewicht Ein physikalisches System befind et sich im Gleichgewicht, wenn sein physikalischer Zustand gleich bleibt. Es gibt stabile, labile und indifferente Gleichgewichte, je nachdem, ob eine äußere Störung das System zum Gleichisobar dp=O - AJinimum der Enthalpie H für ein isobar-adiabates System owie - Minimum der inneren Energie U für ein isochor-adiabates System. isochor dV =O isotherm dT=O dU=O Maximum der Entropie dS ;;;;; 0 Minimum der freien Enthalpie dG ~ 0 Minimum der freien Energie dF ~ 0 Minimum der Enthalpie dH ~ 0 Minimum der inneren Energie dU ~ 0 r Enthalpie H I freie Enthalpie ~G I = u I I Bild 3-44. + I pV 195 I - freie Energ ie TS I Fl Gleichgewichtsbedingungenfor die verschiedenen thermodynamischen Zustände. adiabat 00 = 0 196 3. Thermodynamik Chemische Reaktionen, die isobar und isotherm spontan ablaufen, haben alle eine negative molare freie Enthalpie t...Gm. Dabei kann entweder Wärme frei werden (t....H < 0), oder der Endzustand der Reaktion weist eine sehr viel höhere Entropie auf (t...S = (t....H-t...G)I T< 0). 3.4.3.2. Gleichgewicht zwischen flüssiger und gasförmiger Phase Analog zur Maxwellsehen Geschwindigkeitsverteilung in Gasen (Abschn. 3.2.3) gibt es auch in Flüssigkeiten eine temperaturabhängige Verteilungsfunktion. Es ist immer eine bestimmte Anzahl von Teilchen vorhanden, deren Geschwindigkeit und somit deren kinetische Energie groß genug ist, um gegen die Kohäsionskräfte der Nachbarteilchen die Flüssigkeitsoberfläche zu durchstoßen. Betrachtet sei ein Gefäß, in dem sich eine Flüssigkeit befindet. Wird der Gasraum evakuiert, so steigt der Dampfdruck so lange, bis 120 sich ein Gleichgewicht zwischen der Verdampfungs- und der Kondensationsrate einstellt. Dann liegt ein gesättigter Dampf vor, und der zugehörige Dampfdruck heißt Sättigungsdampfdruck Ps. Er ist unabhängig vom Volumen, da sich bei Vergrößerung bzw. bei Verkleinerung des Volumens entsprechend mehr Dampf bildet bzw. kondensiert. Auch das Einbringen von Körpern oder anderen Gasmolekülen beeinflußt also den Sättigungsdampfdruck nicht. Für die Dampfdrücke eines Gasgemischs (Partialdrücke) gilt deshalb das Daltonsche Gesetz (J. DALTON, 1766 bis 1844): Der gesamte Druck eines Gasgemisches ist gleich der Summe der Partialdrücke: n Pges= L Pi· i=l (3-119) Der Sättigungsdampfdruck steigt mit zunehmender Temperatur, da zusätzlich Flüssigkeit verdampft, und nimmt ab mit fallender Tem- ~---.----.---.---.----.---.---.--~----.---.---.----r---r-.----~ {} -20 -10 0 5 10 15 20 25 30 35 40 50 102Pa 10-2p, 0,96 2,59 6,09 8,7 12,25 17,01 23,33 31,60 42,32 56,1 73,57 123 100 90 r::J: 80 -"' tJ - 70 1J 60 flüssiger Bereich :::J -o c. E "' VI Cl c :::J Cl B· 50 '"' (/) 40 gasförmiger Bereich 30 20 10 0 10 20 30 40 oc Temperatur {) Bild 3-45. Verlauf des Sättigungsdampfdrucks Ps von Wasser in Abhängigkeit von der Temperatur. 50 3.4. Zustandsänderungen realer Gase peratur, weil Dampf kondensiert. Bild 3-45 zeigt den Verlauf des Sättigungsdampfdruckes p, von Wasser in Abhängigkeit von der Temperatur. Diese Dampfdruckkurve beschreibt die für das Gleichgewicht zwischen flüssiger und gasförmiger Phase maßgebenden Wertepaare von Sättigungsdampfdruck p, und Temperatur. Die Dampfdruckkurve wird durch den Boltzmann-Faktor (GI. (3-31)) beschrieben: 6.E Ps- e (3-120) kT ~ AE ist die Energie, die benötigt wird, um vom flüssigen in den gasförmigen Zustand zu gelangen. Der Verlauf der Dampfdruckkurve kann genauer berechnet werden. Hierbei geht man davon aus, daß mit einem Mol verdampfender Flüssigkeit ein Carnotscher Kreisprozeß (Abschn. 3.3.5) durchlaufen wird. Wie Bild 3-46 zeigt, wird die Flüssigkeit auf dem Weg 3-4 bei der Temperatur T+ dT und dem Sättigungsdruck p, + dp, durch Zufuhr der molaren Verdampfungsenthalpie .iRmv verdampft. Auf dem Weg 1-2 erfolgt bei der Temperatur T und dem Dampfdruck p, eine Kondensation. Zunächst liegt das Volumen vg in gasf6rmigem Zustand vor, am Ende ist das Volumen V~ 1 flüssig. (Die adiabaten Teilstücke 4- 1 und 2-3 sind infinitesimal klein und daher bedeutungslos.) Die in diesem Diagramm verrichtete Arbeit ist - d W =(Vg- V~ 1 )dp,. Nach GI. (3-75) und (3-76) läßt sich der thermische Wirkungsgrad des Carnotschen Kreisprozesses ermitteln aus dT 17th= -T = ( vg - V~ 1 ) dp, AH mv Ll Ps er ..C "'c:Ol 4 dp, -"' 0 ::J T+ dT 3 + dp, Ps 2 T 1 ::J Ol i: '"' U) VJL V,R Molvolumen Vm Bild 3-46. Carnotscher Kreisprozeß für eine verdampfende und kondensierende Flüssigkeit. 197 D araus ergibt sich als Steigung der Dampfdruckkurve die C/ausius-Clapeyronsche-G/eichung (R. E. CLAUSIUS, 1822 bis 1888, und B. P. E. CLAPEYRON, 1799 bis 1864): dp 5 dT AHmv ( vJ?- v~1 ) T · (3-121) Da das Molvolumen des Dampfes vg stets größer ist als das der Flüssigkeit V~1 , ist die Steigung positiv, d. h., der Sättigungsdampfdruck steigt - wie erwartet - mit zunehmender Temperatur. Wird das Molvolumen der Flüssigkeit V~ 1 vernachlässigt und der gesättigte Dampf als ideale Gas betrachtet ( vg = Rm TI p,), dann gilt dp, dT .iHmvPs Rm T2 dp5 .iHmv dT P. = ----;:;;-Ti oder 0 Nach Integration erhält man (3-122) Dies entspricht dem Boltzmann-Faktor (GI. (3-120)) . Die Dampfdruckkurve läßt sich unter Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie für viele Substanzen in folgender Form darstellen: a In ( - Ps) =---b in T/T0 +c . (3-123) Pso T a, b und c sind materialabhängige Konstanten. Die Dampfdruckkurve endet bei hohen Temperaturen am kritischen Punkt. Ist der Dampfdruck einer Flüssigkeit gleich dem auf der Flüssigkeit wirkenden Druck eines anderen Gases (z. B. Luft auf Wasser) , so bilden sich auch im lnnem der Flüssigkeit Dampfblasen ; die Flüssigkeit siedet. Wird der auf der Flüssigkeitsoberfläche liegende Druck erhöht, dann steigt der Siedepunkt. Dieser Effekt wird bei einem Dampfkochtopf ausgenützt. Wird der Druck erniedrigt, so fällt der Siedepunkt, so daß beispielsweise Wasser in großen Höhen deutlich unterhalb 8 = 100 oc kocht. Die Temperaturabhängigkeit des Siedepunkts wird aus der Dampfdruckkurve (Bild 3-45) erkennbar. 198 3. Thermodynamik Eine Verdampfung in offener Umgebung ist eine Verdunstung. Da der Dampf ständig wegtransportiert wird, kann sich kein Phasengleichgewicht bilden, so daß große Mengen Flüssigkeit verdunsten können. Die aufzuwendende Verdampfungswärme wird zum Teil der Flüssigkeit entzogen, die sich deshalb abkühlt ( Verdunstungskälte). sprechend niedrigen Drücken und Temperaturen statt. Diesen Vorgang kann man bei Normaldruck bei Kohlensäureschnee (Trockeneis) beobachten. 3.4.3.4. Koexistenz dreier Phasen Der Verlauf der Phasengrenzen zwischen den drei Aggregatzuständen fest, flüssig und gasförmig in Abhängigkeit von Druck, Temperatur und Volumen wird durch ein Zustands3.4.3.3. Gleichgewicht zwischen fester diagramm beschrieben. Bild 3-47 a zeigt dieund flüssiger Phase ses dreidimensionale "Gebirge': Bild 3-47 b das Auch zwischen flüssiger und fester Phase be- p, T-Zustandsdiagramm und Bild 3-47 c das steht ein Gleichgewicht. Die Schmelztempe- p, T-Zustandsdiagramm für Kohlendioxid. Beratur ist wie bei der Phasenumwandlung flüssonders wichtig sind die Gleichgewichtsgesig- gasförmig nach der Clausius-Clapeyronbiete (Koexistenzgebiete). Die grauen Fläschen Gleichung vom Druck abhängig. Diese chen in Bild 3-47 a zeigen die GleichgewichtsSchmelzdruckkurve beschreibt die für das gebiete zwischen Festkörper und Flüssigkeit Gleichgewicht zwischen fester und flüssiger (I) , Flüssigkeit und Gas (2) sowie Festkörper Phase maßgebenden Wertepaare von Schmelzund Gas (3). Außerdem ist der kritische druckpr und Temperatur T: Punkt K ersichtlich. Das Flüssigkeitsgebiet wird oberhalb des kritischen Drucks Pk durch dpr die kritische Isotherme Tk gegen das Gasgebiet (3- 124) abgegrenzt (gestrichelte rote Linie in Bild dT 3-47). Die Begrenzungshyperbel am rechten Hierbei ist D.H ms die molare Schmelzenthal- Bildrand gibt den Übergang zum idealen Gas an. Am kritischen Punkt K für Kohlendioxid pie, V~ 1 bzw. v~est das Molvolumen der flüssigen bzw. festen Substanz und T die Schmelz- betragen die Werte für die Zustandsgrößen temper::;ttur. Die Volumenänderung V~ 1 - v~est Pk = 75 bar und Tk = 304,2 K. An der Sublimationsdruckkurve von Kohlendioxid beim Ubergang vom festen in den flüssigen läßt sich der Vorgang der Subiimation bei Zustand ist wesentlich geringer als vom gasförmigen in den flüssigen Zustand. Deshalb Normaldruck zeigen. für den Normdruck zeigen die Schmelzdruckkurven einen steile- Pn = 1,0 13 bar ergibt sich im Gleichgewicht aus der Sublimationsdruckkurve die Temperen Anstieg als die Dampfdruckkurven (Bild 3-47). In den meisten Fäll en ist das Volumen ratur T = l95K (.9=- 78°C). Bei dieser .des festen Körpers v~est kleiner als das Flüs- Temperatur findet ein direkter Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand statt (Subsigkeitsvolumen V~ 1 , so daß die Schmelzlimation). Im p, T-Zustandsdiagramm gibt es druckkurve mit zunehmender Temperatur einen einzigen Punkt Tr, in dem die feste, flüssteigt. Bei Wasser dagegen ist das Eisvolumen Phase im Gleichgewicht sige und gasförmige größer als das Flüssigkeitsvolumen (Anomalie stehen. Er wird Tripelpunkt genannt. Die Kodes Wassers). Dann wird nach GI. (3-124) die existenz von drei Phasen tritt nur bei einer Steigung der Schmelzdruckkurve dprld T newohldefinierten Temperatur auf, weshalb der gativ. Dies hat zur Folge, daß die Schmelztemperatur mit zunehmendem Druck sinkt, so' Tripelpunkt zur Temperaturdefinition geeignet daß Eis bei gleichbleibender Temperatur ist. Der Tripelpunkt des Wassers ist der Fundurch Druckerhöhung schmilzt. Dieser Effekt damentalpunkt für die Temperaturskala nach Kelvin. Er liegt bei der Temperatur TT, = macht Eissportarten, z. B. Schlittschuhlaufen, 273,16 K, der Druck beträgt PTr = 612 Pa. Für möglich: Infolge des Drucks schmilzt das Eis; Kohlendioxid betragen die Werte TTr = 216,6 K wird der Druck weggenommen, dann geund PTr = 0,52 MPa (Bild 3-47 c). friert der Wasserfilm wieder. Der Übergang vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand (Sublimieren) . findet bei ent- Befinden sich in einem Gefaß mehrere Phasen, dann sind die Zustandsvariablen Druck 3.4. Zustandsänderungen realer Gase 199 p Bild 3-47. Zustandsdiagramm. a) Dreidimensionales p, V,T-Diagramm (schematisch), b) zweidimensionales p,T-Diagramm (schematisch). p Druck, V Volumen, T absolute Temperatur, Tr Tripelpunkt, K kritischer Punkt, 1, 2, 3 Gleichgewichtsgebiete und Temperatur nicht voneinander unabhängig. Die Anzahl der Freiheitsgrade f, d. h. die Anzahl der physikalischen Zustandsgrößen, die frei variiert werden können, sind durch die Gibbssche Phasenregel gegeben: f=k+2-P. (3-125) 1 Es bedeuten hierbei k die Anzahl der unabhängigen chemischen Komponenten und P die Anzahl der Phasen. Für reines Wasser ist k = I. Liegt nur eine Phase vor (z. B. die Gasphase), dann ist P = 1, und es gibt!= 2 Freiheitsgrade. Dies bedeutet, daß die Temperatur und der Druck unabhängig vonein..: ander variieren können. Liegen aber zwei Phasen gleichzeitig vor (z. B. entlang der Dampfdruckkurve), so gibt es nur noch einen Freiheitsgrad (f = I) ; beispielsweise ist dann nur die Temperatur unabhängig variierbar. Im Tripelpunkt liegen alle drei Phasen nebeneinander vor (P = 3). In diesem Fall gibt es keinen Freiheitsgrad mehr (f = 0), d. h., · die physikalischen Zustandsgrößen Druck p und Temperatur T sind festgelegt. 3.4.4. Dämpfe und Luftfeuchtigkeit Die Berechnung und Auslegung von Luftzuständen (Konditionierung) ist ein wichtiges Arbeitsfeld der Klimatechnik und Luft das technisch wichtigste Dampf-Gas-Gemisch. Wenn in der Luft Wasserdampf enthalten ist, 200 3. Thermodynamik MPa 10 2 .§' ~ ~ (j Pk 2 l:j flüssig ~ -l 10 l?k Erstarren & fest Tk = 7,38 MPa = 304,2 K = 466,1 k~ m K Cl. ~ (..) :J 0 Kondensieren PT,= 0,52 MPa TT,= 216,6 K ..);0 ..:§ ---#' s-" 10-1 gasförmig >:-<:; ~0 '1> ---0.;;if~ 170 Bild 3-47c. Desublimieren 200 230 260 absolute Temperatur T 290 K 320 p, T-Diagrammfor Kohlendioxid. liegt feuchte Luft vor. Die Aufgabe der Klimatechnik besteht darin, Luftmassen zu befeuchten oder zu trocknen. Nach Bild 3-48 gibt es hierfür drei Möglichkeiten: - Mischung von Lufimassen, - Wärmezu- bzw. -abfuhr und - Wasserzu- bzw. -abfuhr. Diese Konditionierungskonzepte für Luft werden beispielsweise zur Lösung folgender Aufgaben eingesetzt: - Auslegung von stationären Klimaanlagen, - Auslegung der Klimatisierung von Verkehrsmitteln (air condition in Bussen und Flugzeugen) sowie - Auslegung von Produktionshallen zur Kunststoffverarbeitung. (Einige Kunststoffe geben nach zu feuchter Verarbeitung Wasser ab. Dann schrumpft das Kunststoffteil, es ist nicht mehr maßhaltig.) Die zahlenmäßigen Angaben in den folgenden Gleichungen sind auf den Normdruck (Pn = l ,013 · l 0 5 Pa) bezogen und für den in der Klimatechnik üblichen Temperaturbereich zwischen 9 = - 10 °C und 9 = + 40 oc näherungsweise gültig. Druck der feuchten Luft Der Druck PFL der feuchten Luft wird unmittelbar an einem Barometer abgelesen (Abschn. 2.11.2.1) und setzt sich nach dem Daltonschen Gesetz aus der Summe der Partialdrücke (Druck der trockenen Luft PTL und Druck des Wasserdampfes p 0 ) zusammen: PFL = PTL +PD· 3.4. Zustandsänderungen realer Gase ~ Befeuchten Trocknen Mischung von Luftmassen Zufuhr feuchter Luft Zufuhr trockener Luft Wärme zubzw. -abfuhr Temperaturabsenkung Temperaturerhöhung Wasserzubzw. -abfuhr Wasserzufuhr (durch Einsprühen) Wasserentzug (durch Abkühlen unter Taupunkt) 201 g Bild 3-48. Aufgaben der Klimatechnik und ihre technische Realisierung. Absolute Luftfeuchtigkeit Die absolute Luftfeuchtigkeit rp. ist der Quotient aus der Masse des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes m 0 und dem Volumen der feuchten Luft VFL: mo 'Pa=--. (3-126) VFL das Beschlagen abgekühlter Spiegel (Taupunktsspiegel) zur Feuchtemessung. Die fortlaufende Messung der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit ist für die Überwachung von technischen und baulichen Anlagen von Bedeutung (z. B. Telefonzentralen oder Kunstausstellungen). Sie kann mit Thermo-Hygrographen gemäß Bild 3-49 erfolgen. Relative Luftfeuchtigkeit Die relative Luftfeuchtigkeit rp ist der Quotient aus dem Partialdruck des Wasserdampfes Po und dem Sättigungsdampfdruck des Wasserdampfes Ps (bei der jeweiligen Temperatur): Po rp=-. Ps (3-127) 1 (Der Wert wird manchmal noch mit 100 multipliziert, und die relative Luftfeuchtigkeit rp in Prozent angegeben.) Je nachdem, ob die relative Luftfeuchtigkeit rp < I, rp = I oder rp > I ist, ist die Luft ungesättigt, gesättigt oder übersättigt. Physikalische Effekte, die stark abhängig von der Feuchtigkeit sind, dienen zur Messung und Regelung der relativen Luftfeuchtigkeit. Früher wurde vorwiegend die Längenänderung hygroskopischer Stoffe zur Messung herangezogen. In Feuchtesensoren modernerer Art nutzt man die Änderung von elektrischen Eigenschaften (z. B. Widerstands- oder Kapazitätshygrometer), die vom Sättigungsgrad der Luft abhängige Abkühlung befeuchteter Thermometer (Aspirationspsychrometer) oder Bild 3-49. Thermo-Hydrograph. Werkphoto: Lufft Feuchtegrad Unter dem Feuchtegrad x versteht man den Quotienten aus der Masse des Wasserdampfes m 0 und der Masse der trockenen Luft mTL: mo x=--. mTL (3-128) 202 3. Thermodynamik Der Feuchtegrad kann mit der all gemeinen Gasgleichung p V= m Ri T in Druckverhältnisse umgerechnet werden; dabei ist für trockene Luft RiTL = 287 J/kg Kund für Wasserdampf Rio= 462 J/kg K zu setzen. Dichte der feuchten Luft Die Dichte der feuchten Luft f>FL setzt sich aus der Dichte der trockenen Luft f>TL und des Dampfes Qo 1usammen: f>FL = f>TL + Qo. Wird das allgemc1ne Gasgesetz verwendet, so ist f>TL = PTLIRiTL T und Qo = PDIRm T. Nach dem Da/tonschen Gesetz (GI. (3-119)) ist PTL = PFL- Po, so daß sich für die Dichte der feuchten Luft ergibt - I (PFL -PD f>FL-T RiTL + -PD-) Rm (3-129) · Da R i o größer als R iTL ist, ergibt sich nach GI. (3-129) , daß feuchte Luft leichter ist als trockene. Spezifische Enthalpie feuchter Luft Die spezifische Enthalpie (h = H Im [kJ/kg]) der feuchten Luft hFL ist die Summe aus der spezifischen Enthalpie der trockenen Luft hTL und der mit dem Feuchtegrad x multiplizierter spezifischen Enthalpie des Wasserdampfes ho, also (3-130) Setzt man für T0 = 273, 15 K die Enthalpie willkürlich gleich null, dann gilt nach GI. (3-52) für die spezifische Enthalpie der trockenen Luft hTL = CpTL (T- T 0 ) und für die des Wasserdampfes unter Berücksichtigung der spezifischen Verdampfungsenthalpie 11hv des Wassers h 0 = Cpo (T- T0 ) + 11hv. Für klimatechnische Berechnungen geeigneter ist das Mo//ier-Diagramm (R. MoL LIER, 1863 bis 1935), eine graphische Darstellung der Zusammenhänge von GI. (3~Ü8) bis (3-1 30) zwischen der Temperatur 9 der spezifischen En- Feuchtegrad x 2 4 6 8 10 12 14 16 18 oc 35 30 25 <!::> .....,:; 15 Q) 0. E Q) 1- 5 0 - 5 -10 -15 1 Bild 3-50. h,x-Diagramm nach M ollier fo r feuchte Luft beim Druckp = 1013 hPa (VDJ~R ich tlinie 2067, Blatt 3) . q> relative Feuchte Die roten Linien beziehen sich auf Beispiel 3.4-2. 3.5. Wärmeübertragung thalpie h der fe uchten Luft, der relativen Luftfeuchtigkeit rp und dem Feuchtegrad x. Üblicherweise erstellt man das Mollier-D iagram m für Normald ruck gemäß Bild 3-50. Beispiel 3.4-2: Gegeben sind m = 50 kg feuc hte Luft vom Umgebungsdruck p = 1,013 · 10 5 Pa mit einer Temperatur 9 = 35 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit cp 1 = 0,5 (50%). Berechnet werden soll die Wärmemenge, die dieser Luftmasse zu entziehen ist, um als neuen Luftzustand eine Temperatur 9 2 = 20 °C bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von cp = I (100%) zu erzielen. Ferner soll bestimmt werden, welche Kondenswassermenge hierbei anfällt. Lösung: In Bild 3-50 ist dieser Vorgang rot eingezeichnet. Der Luftzustand I hat einen Feuchtegrad von x 1 = 17,5 g/kg und eine spezifische Enthalpie von h 1 = 80 kJ/kg. Da der Feuchtegrad sich bis zur rela~ tiven Luftfeuchtigkeit von cp = 100% nicht ändert, wird im h, x-Diagramm eine senkrechte Wegstrecke zurückgelegt. Entlang der Sättigungslinie verläuft der Prozeß weiter bis zum Zustand 2. Dieser hat einen Feuchtegrad x 2 = 14,6 g/kg und eine spezifische Enthalpie h2 =57 kJ/kg. Daraus läßt sich die Kondenswassermenge ~mH,O = ~x m berechnen, wobei ~x = x 1 - x 2 = 2,9 g/kg ist. Somit errechnet sich ~mH ,o = 2,9 ·50 g = 145 g Kondenswasser. Für die abgeführte Wärmem enge gilt ~H = (h 2 - h 1) m = - kJ 23 - · 50 kg kg = - !550 kJ. 3.5. Wärmeübertragung Durch die Trennwand zwischen thermodynamischen Systemen mit unterschiedlichen Temperaturen und damit unters'chiedlichen ki netischen Energien wird vom System höherer Temperatur Wärme an das System mit niedri gerer Temperatur abgegeben. Der Wärmedurchgang läßt sich gemäß Bild 3-51 in die drei Übertragungsmechanismen Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung einteilen. In F estkö:pern tritt nur Wärmeleitung in Form einer Ubertragung der Schwingungsenergien benachbarter Moleküle und der kinetischen Energien der Leitungselektronen in Stoßprozessen auf (Abschn. 9.3. 1). In Flüssigkeiten kommt es auch ohne von außen aufgeprägter Zwangsströmung zu Strömungen erwärmter Teilmengen, zur freien Konvektion. Wird die Flüssigkeit durch äußere Druckkräfte in Bewegung versetzt, so wird dieser Wärmetransportmechanismus als er::wungene Konvektion bezeichnet. In stehenden Flüssigkeiten bestimmt die Wärmeleitung den Wärmetransport. Mit Ausnahme dünner ruhender Gasschichten, in denen die Wärmeleitung nicht vernachlässigbar ist, dominieren in Gasen die Konvektion und die Wärmestrahlung zwischen den Wänden des Gasvolumens. Im Vakuum ist der Wärmetransport durch Wärmestrahlung der einzige Wärmeübertragungsmechanismus. Konvektion Wärmeleitung 203 Wärmestrahlung m V e- ß1 62 61 e- Energieübertragung gekoppelter Gitterschwingungen (Phononentransport) und durch bewegliche Ladungsträger (freie Elektronenbewegung) Bild 3-51. c('·, m W ärm eübertragung durch die f reie oder erzw ungene Strömung von Materi e (Massent ransport) Wärmeü bertragungsmechanismen ··H·, W ärmeübertragung durch elektromagnetische Strahlung (Photonentransport)