Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7

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Feldgrillen (Insecta: Saltatoria)
Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope - Teil 7
Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld, Vol. 8 (2007)
ISSN 1865-9365
12 - Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7 - 2007
Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7 - 2007 - 1
Bionomie* der Insekten niederrheinischer Sandbiotope - Teil 7
Feldgrillen (Insecta: Saltatoria)
Martin Sorg & Heinz Schwan
Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld, Vol. 8 (2007)
Zitiervorschlag:
Sorg, M. & H. Schwan (2007): Bionomie* der Insekten niederrheinischer Sandbiotope,
teil 7 - Feldgrillen (Insecta: Saltatoria).- Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein
Krefeld, 2007(8): 1-12.
Herausgeber:
Entomologischer Verein Krefeld e.V., gegründet 1905
c/o Entomologische Sammlungen Krefeld; Marktstraße 159; 47798 Krefeld
URL: http://www.entomologica.de
eMail: [email protected]
© 2007 UWM, Verlag für Unterrichts- und Wissenschaftsmedien, Krefeld.
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ISSN 1865-9365
Abbildungsnachweis:
Alle Fotografien Entomologischer Verein Krefeld, sofern nicht anders vermerkt.
sang der Feldgrille durch Luftschall-, Vibrations- und Lichtreize. Verh. Dtsch. Zool. Ges.
1978, 155.
Dambach, M. & L. Lichtenstein 1978. Zur Ethologie der afrikanischen Grille Phaeophilacris spectrum Saussure. Zeitschr Tierpsychol 46: 14-29.
Desutter-Grandcolas L. 1995. Functional forewing morphology and stridulation in
crickets (Orthoptera, Grylloidea). J Zool Lond 236: 243-252.
Desutter-Grandcolas L. 1997. A phylogenetic analysis of the evolution of the stridulatory apparatus in True Crickets (Orthoptera, Grylloidea). Cladistics 13: 101-108.
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Nocke H. 1971. Biophysik der Schallerzeugung durch dieVorderflügel der Grillen.- Zeitschr.Vergleich. Physiol. 74: 272-314.
Kontaktadresse
Fragen zum Thema, Besuch und Ausleihe der Ausstellung, Durchführung von Seminaren,
Exkursionen, Unterricht und Unterrichtsbegleitung.
Entomologischer Verein Krefeld e.V.
c/o Entomologische Sammlungen
Marktstraße 159; 47798 Krefeld
eMail: [email protected]
Tel.: 02845 1694; 0172 8013056
Titelbild:
Sandbiotop am Niederrhein, Feldgrille.
Rückseite: Sand-Segge (Carex arenaria) nach Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé: Flora von
Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany.
Die Herausgabe dieser Broschüre wurde gefördert durch die Nordrhein-Westfalen-Stiftung
Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege.
*1 Bionomie: Wissenschaft von den
Gesetzen des Lebens, von griechisch
bios „Leben“ und nomos „Gesetz“.
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4. Fortbildung
Im Rahmen unseres Fortbildungsangebotes können die Deteils zum Verhalten, dem Körperbau, der besonderen Anpassungen der Feldgrillen und anderer Heuschrecken an Sandbiotope sowohl im Freiland, als auch im Seminarraum „erlebt“ werden.
Aktionen in den angebotenen Kursen beinhalten:
• Beobachtungen im Freiland und Arbeitsraum.
•
Einsatz von Lupen, Stereomikroskopen und Mikroskopen.
•
Formen und Funktionen nachvollziehen.
•
Fähigkeiten und Leistungen der Arten durch Experimente verstehen.
•
Hilfsmittel zur Erstellung von Zeichnungen.
•
Projektion von Filmmaterial oder „live“ - Projektionen aus Beobachtungsgefäßen.
•
Bioakustik und Entwicklungsstadien.
•
Anpassungen an das Mikroklima der „heißen“ Sandbiotope.
•
Sinnesleistungen und speziell angepasste Sinnesorgane.
•
Funktionen im Lebensraum, Stellung in Nahrungsnetzen und Wechselbeziehungen
mit anderen Arten.
Die Bildungsangebote für Schulen erfolgen in Anpassung an die jeweiligen Lehrpläne der
Jahrgänge für die Sekundarstufen I und II.
5. Literatur
Alexander R.D. 1962. Evolutionary change in cricket acoustical communication. Evolution 16: 443-467.
Alexander R.D. 1987. The evolution of cricket chirps. In: Eldredge N. (Ed), The natural
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Ander K. 1939. Vergleichend anatomische und phylogenetische Studien über die Ensifera (Saltatoria). Lund: Berlingska Boktryckeriet.
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Bennet-Clark HC. 1999. Resonators in insect sound production: how insects produce
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Dambach, M. (1984): Verhaltensbeobachtungen und -experimente mit Grillen, Gryllus
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W. Nachtigall. Verlag Chemie, Weinheim - Deerfield Beach, Florida - Basel.
Dambach, M. u. P. von Dohlen (1978): Modifizierung des Versrhythmus im Lockge10 - Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7 - 2007
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Sandbiotope am Niederrhein
3. Biologie der Feldgrillen
4. Fortbildung
5. Literatur
3
4
6
10
11
1. Einleitung
Der Entomologische Verein Krefeld möchte mit
einer kleinen Serie von Broschüren auf die interessanten Insektenarten der niederrheinischen Silikatmagerrasen, Sandheiden und ähnlicher Biotoptypen aufmerksam machen. Die hierzu vermittelten
Informationen sollen in allgemein verständlicher
Form ausgewählte Gruppen der Insekten auch als
Thema für Fortbildungsveranstaltungen
darstellen. Zu den Einzelthemen bietet der Entomologische Verein Krefeld
Lehrveranstaltungen, Exkursionen und
weiteres Schulungsmaterial, insbesondere für Bildungsträger in der Region
Niederrhein an.
Eine Anzahl von Arten der Sandbiotope sind in besonderem Maße geeignet,
spezielle Anpassungen und Verhaltensweisen der Arten auch selbst zu beobachten. Dies kann bei einer Exkursion
schon am Wegrand entsprechend geeigneter Gebiete erfolgen.
Abb. 1 - Oben: Silbergras (Corynephorus
canescens) als Charakterart der Silikatmagerrasen mit tiefer Verwurzelung im trockenen
Sandboden.
Unten: Sandweg am Waldrand zwischen
angrenzenden Flugsanddünen, Heidekraut
(Calluna vulgaris), Offensandflecken und
einer von vielen Insektenarten der Sandbiotope besiedelten Wegsohle.
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Die lückige Vegetation entlang solcher „Sandwege“ erleichtert das Erkennen der Insekten
und gestattet bei den Teilen der für die Öffentlichkeit zugänglichen Wege auch einen Besuch in Naturschutzgebieten. Über unser Angebot zu Exkursionsführungen, Begleitung
oder Durchführung von Unterrichtsveranstaltungen für Schulen und andere Bildungsträger erhalten sie Auskunft über die genannten Kontaktadressen.
Für die Unterstützung der Herstellung der ersten Serie dieser Broschüren und auch der
Anschaffung mancher Untersuchungsgeräte bedanken wir uns bei der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege. Die Broschüren können zum Herstellungspreis von Bildungsträgern angefordert werden. Darüber hinaus sind sie online als
druckfähige PDF-Dateien verfügbar. Die Serie wird auf ehrenamtlicher Basis von Mitgliedern des Vereins fortlaufend aktualisiert und ergänzt. Sie wird künftig als „Print-on-Demand“ sowie in angepasstem Layout als E-Book mit den ergänzend möglichen, medientypischen Eigenschaften der PDF-Dateien (Portable Document Format) verfügbar sein.
2. Sandbiotope am Niederrhein
Lebensräume auf Sandböden gehören zu den faszinierendsten Biotopen. Viele Tiere und Pflanzen die
sich an diesen Biotoptyp angepasst
haben, können Hungerperioden
und Wasserarmut mit besonderen
Techniken überdauern. Viele zeigen
auch raffinierte Methoden im Beutefang, der Tarnung, Energieersparnis
und dem Umgang mit dem Sand als
Medium für das Überleben. Es sind
die kargen Bedingungen auf und im
nährstoffarmen, im Sommer heißen
Sand, die diese Anpassungen im
Laufe der Evolution hervorgebracht
haben. Die Beschäftigung mit den
Arten der Sandbiotope eröffnet uns
einen Einblick in eine Welt mit besonders interessanten Arten.
Offene Sandbiotope mit ihren ureigenen Artenspektren werden immer
seltener. In den letzten Jahrhunderten sind sie um mehr als 90%
ihrer ursprünglichen Ausdehnung
geschrumpft. Dieser Rückgang hat
schon sehr viele der typischen Arten
der Sandbiotope, der Silikatmagerrasen und Sandheiden auf die Roten
Listen der bestandsgefährdeten Arten gedrängt.
Abb. 2 - Übergänge zu lichten Waldbiotopen, offene
Sandflächen und Silikatmagerrasen, Sandheide und
nährstoffarme Heideweiher. In dieser Konstellation artenreiche Lebensgemeinschaften der hier lebenden, speziell angepaßten Arten.
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Abb. 9 - Graphische Übertragung des Rivalengesanges der Feldgrille.
Das Männchen hält sich meist
bei einer Erdröhre auf, die gegen Rivalen auch zirpend und
raufend verteidigt wird. Die
meisten
Grillenmännchen
wechseln beinahe täglich ihre
Höhle und damit ihr Revier.
Die Larven der Feldgrillen
schlüpfen nach zwei bis drei
Wochen. Sie bleiben erst noch
einige Zeit beisammen und leben zunächst oberirdisch unter
Steinen und anderen Verstekken und in Erdröhren, bis sie
sich im Herbst zum Überwintern trennen und einzeln eingraben. Im darauf folgenden
April, wenn der Boden wieder
wärmer wird, häuten sich die
Larven der Feldgrille ein zehntes oder elftes Mal zur Imago
und werden geschlechtsreif. Sie
wachsen sehr schnell.
Zunehmender Verlust des Lebensraumes zumeist durch
intensivere Landnutzung hat
dazu geführt, daß die Grillen- Abb. 10 - Feldgrille (Gryllus campestris) mit dem Kopf in der
populationen in vielen Regio- Wohnröhre.
nen, auch in NRW zurückgehen. In manchen Gebieten sind
sie bereits ausgestorben.
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Abb. 7 - Graphische Übertragung der Lockgesänge von Feldgrillen.
Von Mai bis Juli versuchen die
Männchen die Weibchen mit Stridulation („Gesang“) anzulocken,
bis zu 10m kann das paarungsbereite Weibchen dem Männchen
zielsicher zulaufen. Zunächst
begrüßen sie sich mit einem Antennenspiel. Dann beginnt das
Männchen mit einem zarten, für
den Menschen kaum hörbaren
Werbegesang, den er mit rückwärtigen Stößen begleitet. Ist
das Weibchen bereit, nähert es
sich weiter und das Männchen
schiebt sich rückwärts unter das
Weibchen und kopuliert. Nach
der Paarung legen die Weibchen
mit ihrer Legeröhre mehrmals
Eipakete von jeweils 20 bis 40
Eiern in ihre Wohnröhren ab, im
Laufe ihres Lebens legen sie einige hundert Eier, eine Brutpflege
wird nicht betrieben.
Abb. 8 - Larve der Feldgrille (Gryllus campestris). Foto: Lilly, M.
8 - Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7 - 2007
Abb. 3 - Ohne die „Störungen“ durch Beweidung, Viehtritt oder Brand überdecken oft Becherflechten und Moospolster den Sandboden und verhindern eine Besiedlung der auf offene Sandflächen
angewiesenen Insekten.
Heute gibt es viele Bemühungen, diesen negativen Trend aufzuhalten. Um aber einen effektiven Schutz zu gewährleisten, ist es notwendig zu wissen:
•
Welche Arten in welchen Teillebensräumen überhaupt vorkommen.
•
Wie ihre Anspruchsprofile aussehen.
•
In welcher Abhängigkeit sie untereinander
stehen (Nahrungsnetze, Wechselbeziehungen etc.).
•
Welche Schlüsselarten die Grundlage für
die Existenz anderer Arten oder Artengruppen gewährleisten.
•
Welche natürlichen wie künstlichen, dynamischen Vorgänge in den Ökosystemen
von Bedeutung sind.
Abb. 4 - Heute sind unsere „Flugsanddünen“ nicht
mehr in Bewegung. Ein Auftreten von Offensandflächen durch „Störungen“ ist daher ein wichtiger
Aspekt für die seltenen Spezialisten der Flugsanddünen.
Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7 - 2007 - 5
3. Biologie der Feldgrillen
Die Feldgrille gehört zu den Heuschrecken. Im Gegensatz zu vielen
der 80 heimischen Heuschreckenarten kann sie nicht fliegen.
Bei Laubheuschrecken und Grillen sind meist nur die Männchen
zur Lauterzeugung befähigt. Die
Laute werden mit Hilfe der Vorderflügel erzeugt. Der rechte Vorderflügel weist an der Unterseite
eine gezahnte, sogenannte Schrillleiste auf, die über die Hinterkante
des linken Vorderflügels gezogen
wird. Diese Art der Lauterzeugung
nennt man auch „Stridulation“. Der
Ton wird durch große membranöse Flächen im Flügel verstärkt.
Die Feldgrillen sind wärmeliebende Insekten und von Europa bis
Nordwestafrika beheimatet. Wir
können sie in wärmeexponierten
Sandtrockenrasen erleben.
Das stumme Weibchen ist an seiner Legeröhre zu erkennen. Es legt
einige hundert Eier in Haufen zu
jeweils 20 bis 40 und hinterlässt sie
ohne jegliche Brutpflege. Die nach
zwei bis drei Wochen schlüpfenden Larven sind nicht wählerisch.
Sie fressen eigentlich alles, auch
kleinere Bodentiere, bevorzugen
jedoch Blätter und Wurzeln von
Gräsern und Kräutern. Sie häuten
sich bis zu zehnmal, bevor sie sich
für den Winter in selbstgegrabene
Erdgänge zurückziehen.
An den Gesängen der Grillen kann
vielfach die Art bestimmt werden.
Als Hörorgane dienen bei Grillen sogenannte Tympanalorgane, Abb. 5 - Feldgrille (Gryllus campestris). Foto: Silppuri.
die sich in den Schienen der Vorderbeine der Tiere befinden. Die
Lauterzeugung spielt eine wichtige
Rolle in der innerartlichen Kom6 - Bionomie der Insekten niederrheinischer Sandbiotope, № 7 - 2007
munikation bei Grillen.
Viele Arten haben für bestimmte Verhaltensweisen
auch verschiedene Gesangsformen entwickelt.
So stellen in der Fortpflanzungsperiode Lockgesang,
Werbegesang und Rivalengesang Schlüsselreize dar,
die entweder bei dem umworbenen Weibchen oder
dem potentiellen Rivalen
bestimmte Verhaltensweisen auslösen (Huber et al.
1998).
Die Männchen zirpen, indem sie die Flügel rasch
gegeneinander bewegen,
wobei eine glatte Schrillkante über eine Sägeblatt
ähnliche Schrillader streift.
Die Feldgrillen zirpen zur
Paarungszeit und locken
dadurch Weibchen an,
bzw. markieren auch ihr
Territorium. Die einzelnen Zirplaute (Verse) der
Grillen, die wir als Ganzes
hören, bestehen aus mehreren Kurzlauten (Silben).
Durch Aneinanderreihung
von Versen (Blöcke der
Kurzlaute) entstehen Strophen. Nur die Männchen
zirpen von Mai bis September. Dieser recht laute,
engsilbige Lock-„Gesang“
wird meist am Eingang der
selbstgegrabenen Erdhöhle vom späten Vormittag an
bis in die warmen Nachtstunden hinein mit Pausen
vorgetragen und ist etwa
50 Meter weit zu hören.
Abb. 6 - Feldgrillen in ihrem Lebensraum. Nach einer „Ortung“ der
Wohnröhren ist es möglich sie mit einem Grashalm „herauszulokken“. Von Mai bis Juli versuchen die Männchen die Weibchen mit
Stridulation („Gesang“) anzulocken.
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