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10 I DIE WIRTSCHAFT I NR. 06
DOSSIER
SEPTEMBER 2014
Schöner geht immer
D
as Geheimnis eines vollen
Busens bewahrt Dr. Thomas
Wermter in einem braunen
Köfferchen auf. „Es ist wichtig, dass wir die Implantate den Frauen
vorher zeigen und an ihren Körper halten können“, erklärt der Schönheitschirurg und nimmt eines der transparenten Silikonkissen aus der Box. „Das
Entscheidende ist, herauszufinden,
was die Frauen wirklich wollen.“
Wermter bildet gemeinsam mit seinen Ärztekollegen Reimer Hoffmann,
Mike Rüttermann, Andreas Settje und
Michael Wrobel das Aesthetik Team
Oldenburg. Die Spezialität der fünf
Chirurgen: Schönheitsoperationen.
Seit 2012 ist die Zahl der kosmetischen Eingriffe in Deutschland nach
Angaben der Chirurgenverbände von
22 000 auf 27 000 gestiegen – ein Plus
von 22 Prozent. Regionale Zahlen gibt
es nicht, aber Wermter geht davon aus,
dass die Entwicklung im Nordwesten
ähnlich rasant verläuft. Das Marktvolumen bundesweit liegt Schätzungen
zufolge zwischen 600 und 800 Millionen Euro – Tendenz steigend.
Normalerweise praktizieren Wermter und seine Mitstreiter in der Praxis
für Hand- und Plastische Chirurgie
(HPC Oldenburg) am evangelischen
Krankenhaus oder arbeiten als Honorarchirurgen in den Krankenhäusern
von Westerstede, Varel oder Wilhelmshaven. Dort flicken und rekonstruieren sie verletzte Körperteile, etwa nach
schweren Unfällen. Alltagsgeschäft,
bezahlt von den Krankenkassen.
Doch anders als die meisten Chirurgen in der Oldenburger Region, die
auf rein medizinische Eingriffe spezialisiert sind, bot die HPC-Praxis schon
immer kleinere ästhetische Eingriffe
an – und baute das lukrative Geschäft
mit den Privatpatienten in den vergangenen Jahren konsequent aus. Schon
seit langem mieten die Chirurgen für
größere plastische Eingriffe die OP-Säle und Anästhesisten im Gesundheitszentrum Donnerschwee an. Neben
Brustvergrößerungen,
Faceliftings
oder Nasenkorrekturen führen sie seit
kurzem hier auch die Beratungsgespräche mit den Klienten durch. Die
stilvollen Räume, die Betriebsamkeit
und die Größe der Einrichtung passen
zu ihrer Idee von einer Praxis für
Schönheitsklienten. „Dann sieht der
Patient gleich, dass wir seriös sind“,
sagt Wermter. Zudem bekam der neue
Schönheitsbereich einen schicken
Internetauftritt und einen klangvolleren Namen: Aesthetik Team Oldenburg.
Die Nachfrage nach SchönheitsOPs im Nordwesten ist groß, die Konkurrenz überschaubar. Nur in Bad
Zwischenahn und Hannover gibt es
reine Schönheitskliniken. Entsprechend groß ist das Einzugsgebiet: Vom
Emsland bis nach Wilhelmshaven
kommen die Kunden nach Oldenburg.
Bei Frauen ist die Brustvergrößerung der am häufigsten gewünschte
Eingriff, gefolgt vom Fettabsaugen.
Die sogenannte Liposuktion steht bei
Männern deutschlandweit sogar auf
Platz eins, erst danach kommen Oberlidstraffung und Nasenkorrekturen.
Längst sind ästhetische Eingriffe keine
Domäne der Frauen mehr. „Männer
machen inzwischen 20 Prozent unserer Kunden aus“, sagt Wermter.
Insgesamt etwa 50 Operationen
zählt das Aesthetik Team im Monat.
Neben operativen Gesichtsstraffungen, dem sogenannten Facelifting,
bieten die Oldenburger Chirurgen
auch Behandlungen mit Botox und andere Fülltechniken an, um Falten zu
glätten. Darüber hinaus entfernen sie
regelmäßig Fettschürzen am Bauch,
die oft nach radikalen Diäten zurückbleiben.
Trotz der steigenden Nachfrage ist
es Thomas Wermter und seinen Kollegen wichtig, auch weiter medizinisch tätig zu sein. „Ich wollte nie
nur im Schönheitsbereich arbeiten“,
sagt er. Denn der Markt kann stark
schwanken: Für Schönheitsoperationen zahlt ein Kunde selbst. Sollte
der Trend zu Facelifting oder Fettabsaugen abflauen, hätten die Ärzte
immer noch die stetigen Einnahmen aus dem medizinischen Tagesgeschäft. Wer als Arzt zu 100 Prozent davon abhängig ist, dass Menschen ihr Erspartes für Antlitz und
Körperbau ausgeben, muss ihnen
eventuell auch mal eine Behandlung aufschwatzen, wenn es wirtschaftlich nicht so gut läuft. „In so
eine Situation wollen wir nicht
kommen“, versichert Wermter.
Anders als in Metropolen wie
Hamburg oder München sind
Kundinnen, die sich eine Oberweite à la Daniela Katzenberger
wünschen, beim Aesthetik Team
die Ausnahme. „Zu uns kommen
ganz normale Menschen, die realistische Vorstellungen haben
und in der Regel Eingriffe wünschen, die hinterher natürlich
wirken“, sagt Wermter.
Die meisten Eingriffe sind
mittlerweile erschwinglich. Eine
Brustvergrößerung kostet in
Deutschland zwischen 4000 und
8000 Euro – je nach Implantatgröße, Narkosemitteln und
Nachbehandlungsdauer.
Die
Kosten fürs Fettabsaugen hängen von der Körperfläche ab
und gehen in der Regel bei 2000
Euro los. Eine Botox-Spritze
gibt es oft ab 100 Euro – je
nachdem, wie tief die Falten
sind. Dieser Bereich ist besonders wachstumsstark: Der Botox-Hersteller Allergan verzeichnet seit Jahren Wachstumsraten für das Produkt von
jährlich bis zu 15 Prozent.
2013 machte der US-Konzern
mit Botox zwei Milliarden
Dollar Umsatz.
Den Boom in diesem sogenannten minimal-invasiven Bereich spüren auch die
Dermatologen Inka und
Thomas Fechner. Vor vier
Jahren übernahm das Ehepaar gemeinsam mit Birgit
Meinke das Laserzentrum
und die dazu gehörende
Hautarztpraxis von Dr.
Manfred un Anna-Kathrin
Schmoll in der Oldenburger
Fußgängerzone. „Seitdem
hat sich unser Verbrauch
an Botox und Hyaluronsäure etwa verdoppelt“, sagt Thomas Fechner. Neben dem Wegspritzen von Falten gehören auch das Entfernen von Haaren,
Tattoos und Äderchen zum Angebot.
Dass aus der Hautarztpraxis vor
rund 22 Jahren eine Schönheitsklinik
wurde, war zunächst eine reine Notlösung. Von der Lasertechnik aus den
USA fasziniert, kaufte der Oldenburger
Dermatologe eines der damals mehrere Hunderttausend Dollar teuren Geräte. Zunächst wurden die Laser für
das Entfernen von Hornwarzen oder
Blutschwämmchen genutzt. Weil die
Krankenkassen die Geräte aber nicht
finanzieren wollten, bot der Dermatologe bald auch Haarentfernung oder
Faltenglättung auf private Rechnung
an. „Die Nachfrage war da“, sagt Manfred Schmoll.
Trends wie das sogenannte Resurfacing schwappten aus den USA herüber. Bei dieser „Verjüngung des Gesichts“ trugen die Laser damals die
oberste Hautschicht ab. „Das konnten
nur Frauen machen lassen, die es sich
leisten konnten, drei Wochen zu Hause zu bleiben, weil man sich erst mal
dpa; Montage: Annika
VON KATHINKA BURKHARDT
Liebsch
Das Geschäft mit Botox, Implantaten und
Fettabsaugen boomt auch im Nordwesten. In
Oldenburg haben sich zwei Ärzteteams auf
solche Schönheitseingriffe spezialisiert.
Alles lässt sich optimieren: Selbst für ästhetische Vorbilder wie Leonardo da Vincis Mona
Lisa hätten Schönheitschirurgen vermutlich
kosmetische Verbesserungsvorschläge.
nicht in der Öffentlichkeit zeigen
konnte“, erzählt Schmoll.
Nach und nach kamen sanftere
Laser auf den Markt, dank derer sich
die Patienten inzwischen schon am
nach einer Behandlung wieder unter
Menschen begeben könnten, sagt Inka
Fechner. Schmoll baute eine beachtliche Sammlung auf. „Wir haben mittlerweile 14 Laser, das findet man selten“, sagt Fechner. Allein für die Entfernung von Haaren stehen vier Geräte
zur Verfügung. Über ein ähnlich großes Repertoire verfügen erst wieder
Anbieter in Hamburg oder Hannover.
Zum Team des Laserzentrums gehören neben den Inhabern vier weitere Ärzte, die gleichzeitig in der Hautpraxis arbeiten. Der Terminkalender
der Schönheitsklinik ist voll. Die Kunden reisen aus dem gesamten Nordwesten an. Oft kommen Frauen schon
ab 30, um Zornesfalten auf der Stirn
glätten zu lassen. „Sie wollen nicht erst
mit 60 Jahren anfangen, wenn die Behandlung sehr offensichtlich für Familie und Freunde wäre“, sagt Inka Fech-
ner. Die Menschen im Nordwesten
wollten natürlich aussehen. „Am besten soll keiner merken, dass man etwas hat machen lassen“, sagt sie.
Da Botox nur ein paar Monate
wirkt, kommen die Kunden regelmäßig wieder. In Anbetracht einer alternden Gesellschaft und ihrem Wunsch
nach anhaltender Jugend ein Markt
mit Perspektive. „Wir haben eine festen Kundenstamm“, sagt Thomas
Fechner. Auch die Zahl der Tattoo-Entfernungen steigt. „Oft entfernen wir
die Kunstwerke auch, weil die Patienten ein neues Tattoo an der Stelle haben möchten.“ Das kann allerdings
dauern: Je nach Farbe und Tiefe des
Tattoos können 20 Sitzungen anfallen.
„Darüber klären wir vorher auf, damit
die Patienten hinterher nicht enttäuscht sind“, sagt Thomas Fechner.
Das hält auch Thomas Wermter
vom Aesthetik Team für essenziell:
„Wenn ich meine Klienten gut berate,
ihnen realistische Vorschläge mache
und das dann auch abliefere, habe ich
sehr zufriedene Patienten.“
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