Psychische Störungen bei Jugendlichen und ihre Entstehung – frühzeitiges Erkennen und Möglichkeiten der Prävention Ulrike M.E. Schulze ZfP Calw Inhalte • • • • • • • • • Psychische Störungen bei Jugendlichen Das bio-psycho-soziale Entstehungsmodell Medikamentöse Therapie (Güterabwägung) Mögliche Hinweise Mögliche Bedeutung für einen Lebensweg Anlaufstellen Kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik Therapie und Prävention Schlussfolgerung und Ausblick Psychische Störungen bei Jugendlichen • • • • • • • • • • Angststörungen Zwangsstörungen Depressive Störungen Suizidalität bei Jugendlichen Essstörungen Selbstverletzendes Verhalten ADHS Persönlichkeitsstörungen Störung des Sozialverhaltens Schizophrenie Angststörungen § § § § § Entwicklungsaspekt: physiologische Ängste, internalisieren, Diagnosen Krankhafte Angst: unterscheidet sich von normaler Angst durch Intensität, Dauer und „Unangemessenheit“ zum situativen Kontext, bisweilen auch von der Angstform als solcher (z.B. Panikattacke). Vermeidungsverhalten, „Angst vor der Angst“ Sonderstellung der sozialen Phobie (zweithäufigste Diagnose in der Pubertät) Angst als “Begleiter“: Soziale Phobie (F40.1), Auslöser - z.B. Gedanken, körperliche Veränderungen Körperliche Symptome; Wahrnehmung; Körperliche Veränderungen Gedanken („Gefahr“) Panikstörung (F41.0), Generalisierte Angststörung (F41.1), Angst und depressive Störung gemischt (F41.2) § § Symptomreduktion während früher Adoleszenz anschließender Wiederanstieg erhöhtes Risiko einer psychischen Störung im Erwachsenenalter sowie einer Substanzabhängigkeit Angst Angststörung – medikamentöse Therapie – Güterabwägung • psychopharmakologische Behandlung von Angststörungen als zweitrangig nach psychotherapeutischen und familienbezogenen Interventionen • insbesondere indiziert zur Überwindung besonders problematisch erlebter „Schwellensituationen“ • Güterabwägung zwischen möglicherweise nicht erfolgenden zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben, den Risiken der Erkrankung selbst – und damit auch den Folgen von chronischem Stress im Zusammenhang mit unbehandelter Symptomatik – und jeglichem Behandlungsrisiko • Durchführung von Medikamentenpausen: Langzeitbehandlung • Follow-up-Untersuchung über 40 Jahre: Persistieren oder Wiederkehren internalisierender Störungen mit entsprechend schlechtem Outcome bei mehr als zwei Dritteln der mindestens zweimalig erkrankten Adoleszenten (Homberg et al. 2011; Lee & Lee 2011, Norrholm & Ouimet 2000, Olivier et al. 2011) (Colman et al. 2007) Zwangsstörungen Kurt Schneider 1887 – 1967: Zwang ist, wenn jemand Bewusstseinsinhalte nicht mehr „loswerden“ kann, obwohl er sie gleichzeitig als inhaltlich unsinnig oder wenigstens als ohne Grund beherrschend oder beharrend erlebt. • F 42.0 vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang in Form von zwanghaften Ideen, bildhaften Vorstellungen oder Zwangsimpulsen • F 42.1 vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) meist bezogen auf Reinlichkeit, übertriebene Ordnung, Sauberkeit, wiederholte Kontrollen; Ritual als symbolischer Versuch, Gefahr abzuwenden • • Widerstand, auch da häufig als sinnlos / ineffektiv erlebt bei Unterlassung starke Anspannung und Angst • vor Erkrankungen (Infektionen wie z.B. AIDS, Krebs…) • vor Unglücksfällen (auch Nahestehende betreffend) • vor anderen Katastrophen • hoher Zeitaufwand („Verharren“) • Diagnose: über einen Zeitraum von zwei Wochen bestehend, subjektiver Leidensdruck – Erwachsenenalter: • = • – 80% der Erwachsenen OCD-Patienten erkranken vor dem 18. Lebensjahr – „Heilung“ in weniger als der Hälfte der Fälle nach 40 Jahren (symptomfrei: 20%, subklinische Symptome: 28%; Skoog & Skoog 1999) Zwangsstörungen – Differenzialdiagnosen (Walitza et al. 2011) • subklinisch zwanghafte Verhaltensweisen (im normalen Rahmen) • Rituale, die hilfreich für das Kind sind in der Bewältigung von Erfahrungen und der Erlangung von Sicherheit (eher beruhigend) • Zwanghaftes Verhalten im Zusammenhang mit einer körperlichen Erkrankung (andere funktionale Bedeutung als bei OCD) • Zwanghafte Gedanken im Rahmen anderer Achse-IDiagnosen (der Inhalt dieser Zwangsgedanken bezieht sich ausschließlich auf zentrale Aspekte dieser Achse-I-Störung, z.B. depressives Grübeln) • Zwanghafte Persönlichkeitsstörung: als ich-synton erlebt, typische Zwangsgedanken und Zwangshandlungen wie bei OCD nicht vorhanden Zwangsstörungen – bio-psycho-soziales Entstehungsmodell (nach Nutts & Ballenger 2003) Temperament („behaviorale Inhibition“) Panikstörung + Emotionale Persönlichkeit Generalisierte Störungen genetische Angststörung Angst-assoziierte Persönlichkeitszüge Veranlagung Bindungserfahrungen Zwangsstörung - negative Emotionen - extreme Sorge - Stress-Reaktivität elterliche Kontrolle („Angstfamilie“) Stress: perinatale Komplikationen, Pubertät genetische Faktoren: Panikstörung, Generalisierte Angststörung Multikausalität, protektive Faktoren, Risiken, Feinfühligkeit, Selbstwirksamkeit Depression – Symptome bei älteren Kindern und Jugendlichen • Stimmungsprobleme Traurigkeit Reizbarkeit Freudverlust • Probleme im Denken: kognitive Verzerrungen, Konzentrationsprobleme • Veränderungen im Aktivitätsniveau: verminderter Antrieb, reduzierte Aktivität • sozialer Rückzug und Beziehungsprobleme • • • • – geht nicht mehr in den Verein – trifft sich nicht mehr mit Freunden Leistungsabfall in der Schule selbstverletzendes Verhalten Verschiebung des Tag-Nacht-Rhythmus Substanz- / Alkoholabusus v „weiß nicht“-Antworten: oftmals dissimulierendes Antworten, nihilistischer Denkstil Depressive Störungen – Komorbiditäten und Suizidalität • • • • • • • Angststörungen (Kendall et al. 2010) Anorexia nervosa Bulimia nervosa Einfache Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung beginnende Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline PS) Zwangsstörungen Schizophrenie – deutlich erhöhtes Suizidrisiko (Falcone et al. 2010) • Substanzmissbrauch (Langenbach et al. 2010) 151 Adoleszente (13-22 J), 128 (84.8%) waren von mindestens einer Substanz abhängig, 40.5% der Teilnehmer erfüllten die Kriterien für mindestens eine weitere Achse-I-Diagnose, hohe Prävalenzraten für depressive Störungen (19.2%), somatoforme Störungen (9.3%) und Angststörungen (22.5%) Depression – Risikofaktoren • Gewalterfahrungen (multikontextuell) (Mrug & Windle 2010) • kritische Lebensereignisse (70%) (Essau et al. 2000) • Armut (Najman et al. 2010) • Migration (Potochnick & Perreira 2010 ) • Übergewicht (Boutelle et al. 2010; Xie et al. 2010) • Migräne (Bruijn et al. 2010) • Diabetes mellitus (Fritsch et al. 2010) • Krebserkrankung (Kurtz & Adams 2010; Michel et al. 2010 / Seitz et al. 2010: auch Überlebende) • • • ernsthafte pädiatrische Vor-Erkrankungen (Dawydow et al. 2010) Schlaflosigkeit / -störungen (Moore et al. 2009, Coulombe et al. 2010) … Essstörungen – Allgemeines zur Einführung (BZGA 2014) • Bei Essstörungen ist das Essverhalten gestört. Aber ein auffälliges/gestörtes Essverhalten (allein) muss keine Essstörung sein. • Es kann sich aber verselbstständigen, und man kann dann in die Essstörung hineinrutschen. • Der Übergang von auffällig zu krankhaft ist fließend. • Essstörungen können Lösungsversuche für tiefer liegende seelische Probleme oder Ausweg, Flucht oder Ersatz für verdrängte Gefühle und Bedürfnisse sein. • Aber auch stummer Protest oder Ablehnung können sich in Essstörungen äußern. • Sie signalisieren Verweigerung und stehen doch zugleich für Resignation oder Anpassung. Essstörungen – Formen 1. Anorexia nervosa (typisch oder atypisch) 2. Bulimia nervosa (typisch oder atypisch) - Sonderform: Esssucht (Binge eating Störung) Es gibt aber auch (restriktive) Essstörungen, die sich aus einer Depression heraus entwickeln à Einfluss auf Therapieansatz und oft auch Therapieverlauf Essstörungen – Epidemiologie (Micali et al. 2013) Lebenszeit-Prävalenz (Curran 2005) Anorexia nervosa: 0.5-3.7% Bulimia nervosa: 1.1-4.4%, späterer Beginn Insgesamt sind in den letzten zehn Jahren Essstörungen vor allem in ihrer atypischen Form bei beiden Geschlechtern häufiger aufgetreten: 2 von 1000 Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren sind betroffen. Essstörungen – Komorbidität • Depression: 46-80% (bp AN), 50-65% (BN) – Dysthymia: 19-93% (AN), 6-95% (BN) • Angst: 20-55% resp. 83% (AN), 13-75% (BN) – Soziale Phobie: 55% (AN), 59% (BN) – prämorbide Angststörung: 75-94% • Zwang: serotonerge Anomalien – Persönlichkeitszüge: 11-69% (AN)/ Symmetrie, Exaktheit – 3-43% (BN)/ aggressive Zwangsgedanken, Impulsivität • ADHS (v.a. BN) (Biederman et al., 2007) • Substanzmissbrauch: 2-18% (AN), 30-70% (BN) bzw. über alle Untergruppen (Root et al. 2010) • Selbstverletzendes Verhalten: Essstörungen auch als indirekte Form (St. Germain & Hooley 2012; Claes et al. 2012) • Posttraumatische Belastungsstörung: auch bei AN – sexueller Missbrauch in Kindheit und Erwachsenenalter (Reves-Rodriguez et al. 2011) • Persönlichkeitsstörungen Selbstverletzendes Verhalten – self-injurious behaviors (Hamza et al. 2012) Dieser Begriff umfasst – auch als ein Kontinuum („Gateway-Theorie“)? – • nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten (NSSI; schneiden, Kopf-Anschlagen, aufkratzen von Wunden, sich selbst schlagen,…), * • suizidales Verhalten (Handlungen, die begangen werden mit der ABSICHT zu sterben; NSSI als Prädiktor? „Joiner‘s Theory of Acquired Capability for Suicide“ – Habituation; soziale Isolation; Gefühl der Lästigkeit) • und Suizid (90% psychiatrisch krank: erhöhtes Risiko für beides) Nock 2010, Nock et al. 2006, Cavanagh et al. 2006, Jacobson et al. 2008 * wichtige Variable: psychologischer Stress: stärkere Depression, mehr Suizidgedanken, niedrigeres Selbstwertgefühl, weniger elterliche Unterstützung (Brausch & Guitterez 2010) Selbstverletzendes Verhalten • ein häufig auftretendes und weltumspannendes Phänomen • Höhepunkt im Jugendalter (13 – 15 Jahre; •>•?) – 13 – 29% Jugendliche vs. 4 – 6% Erwachsene (Baetens et al. 2011, Brausch & Gutierrez 2010, Briere & Gil 1998, Klonsky 2011) – •: sich schneiden, kratzen, früherer Beginn – •: sich selbst schlagen, verbrennen (Andover et al. 2010, Whitlock et al. 2008, Somberger et al 2012, Mühlenkamp et al. 2012) • multifaktorielle Genese: – – – – • emotionale Vernachlässigung soziale Konflikte traumatische Erlebnisse Kontakt zu selbstverletzenden Peers („ansteckend“) Auftreten auch ohne weitere psychische Auffälligkeiten möglich DSM 5: NSSV Syndrom Innerhalb des letzten Jahres hat sich das Individuum an 5 oder mehr Tagen absichtlich selbst eine Schädigung an der Körperoberfläche zugefügt, in einer Weise, die Blutungen, Quetschungen oder Schmerzen wahrscheinlich macht (z.B. Schneiden, Verbrennen, Stechen, Schlagen, die Haut aufreiben), aus Gründen die sozial nicht akzeptiert sind (z.B. Piercing, Tätowierungen, etc.), aber mit der Erwartung ausgeführt wurden, dass die Verletzung nur zu einem kleinen bis moderaten körperlichen Schaden führt. Die Abwesenheit einer suizidalen Intention wird entweder vom Patienten berichtet oder kann aus der häufigen Anwendung von Methoden hergeleitet werden, von denen der Patient aus Erfahrung weiß, dass sie kein letales Potential besitzen (bei Unsicherheiten, sollte mit „nicht näher bezeichnet“ codiert werden). Das Verhalten ist nicht von gewöhnlicher oder trivialer Natur wie das Zupfen an einer Wunde oder Nägelbeißen. Shaffer & Jacobson, 2009, Plener et al., 2012 Selbstverletzendes Verhalten – Essstörungen (Muehlenkamp et al. 2012) • gemeinsames Auftreten von Essstörungen und selbstverletzendem Verhalten: 17 - 23% (White et al. 2011, Whitlock et al. 2011) • Prävalenz von NSSI bei Patienten mit ED mehr als doppelt so hoch wie in anderen psychiatrischen Populationen (Solano et al. 2011) – gemeinsame Wurzeln in der Pathogenese? – Depression, Impulsivität, Missbrauch, Emotionsregulationsstörung – Probleme im Ausdruck negativer Gefühle • Verbindung zur Suizidalität (Andover & Gibb 2010, Preti et al. 2011) • Defizite hinsichtlich der Wahrnehmung des Selbst („interoceptive awareness“), der Wahrnehmung des eigenen Körpers / Unzufriedenheit mit diesem („body dissatisfaction“) in beiden Gruppen Anorexia nervosa - •- pubmed: 3361 Treffer • In Pro-Ana-Internet-Foren: zu 25% vertreten (Wooldridge et al. 2013) • AN und Transsexualität, Probleme mit der sexuellen Identität, im Zusammenhang mit Homosexualität (Ewan et al. 2014) • UK: stabile Inzidenz zwischen 2000 und 2009 (Micali et al. 2013) Anorexia nervosa – Körperschemastörung • essstörungsspezifisches Kernsymptom • kann über die akute Erkrankung hinaus anhalten • prognostische Relevanz • zu wenige Studien bezogen auf das Kindesalter (Legenbauer et al. 2014) Anorexia nervosa – ab wann behandlungsbedürftig? • Ausgeprägter Gewichtsverlust – körperlicher Zustand! • Intensität der Symptomatik – Essstörungssymptome – comorbide Symptome (Depression, Suidzialität, Ängste, Zwangssymptome, selbstverletzendes Verhalten…) • Belastung der Eltern / Familie § Gewichtszunahme wird “belohnt“ à Freiheiten und Eigenständigkeit wiedererlangen § ein Zielgewicht wird definiert („gesunder Gewichtsbereich“) § regelmäßiges Wiegen à Auseinandersetzung mit dem Körpergewicht bzw. der therapeutisch gewollten Gewichtszunahme § wichtig: Erreichen des Zielgewichts und Durchhalten der „Haltephase“ vor Entlassung Anorexia nervosa – Heilungsverlauf (nach Goddard et al. 2013) • Vertrauen in Veränderung • soziale Fertigkeiten [Selbstsicherheit] • elterlicher Umgang mit Gefühlen [Authentizität] als wichtige prädiktive Faktoren allgemeiner Ansatz zur Prävention! AD(H)S - Kategoriale Diagnostik eines dimensionalen Problems ADS Aufmerksamkeit gestört wenig impulsiv / hyperaktiv Keine Diagnose ADHS =HKS sehr impulsiv / hyperaktiv Aufmerksamkeit ungestört Impulsiver Subtyp ADHS – Diagnosestellung • Symptome situationsübergreifend Schule, zuhause, Untersuchungssituation – • abnormes Ausmaß für Entwicklungsstand • Beginn vor dem 7. LJ (Alter) – DSM V: 12. LJ: “several inattentive or hyperactive-impulsive symptoms were present prior to age 12” • mindestens seit 6 Monaten (Dauer) ADHS - Diagnostik • Anamnese ! • Anamnese !! • Anamnese !!! Es gibt keinen Test für ADHS, sondern ADHS ist eine klinische Diagnose, die auf • Zusammenschau aus Anamnese (auch Fremdanamnese), • Verhaltensbeobachtung standardisierte objektivierende Fragebögen • testpsychologischen Untersuchungen, • körperlich-pädiatrischer Untersuchung beruht. Multiaxiale Klassifikation in der kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnostik Versuch einer möglichst ganzheitlichen Erfassung der individuellen Situation des Kindes bzw. Jugendlichen – – – – – – Achse I: Klinisch-psychiatrisches Syndrom („Diagnose“) Achse II: Entwicklungsverzögerungen Achse III: Intelligenz Achse IV:Körperlich-neurologische Erkrankung Achse V: Psychosoziale Belastungsfaktoren Achse VI:Psychosoziale Adaptation • „Ungleichgewicht“ bereits auf der Achse V präsent, bevor eine psychiatrische Diagnose gestellt wird • Achse VI: beschreibt letztlich die Teilhabefähigkeit oder Beeinträchtigung derselben in sozialen und Leistungs-Bezügen (Schule, Familie, Peers) ADHS – Suchterkrankungen – Risiko Zusammenhang zwischen ADHS im Kindesalter, Genussmittelbahängigkeit im Jugendalter und Substanzmissbrauch und –Abhängigkeit im Erwachsenenalter (Levy et al. 2014) N = 232 Individuen mit ADHS, 335 Kontrollpersonen (mittleres Alter: 27.0 und 28.6 Jahre) Prospektive Studie/Ergebnisse: • Teilnehmer mit ADHS zeigten deutlich häufiger eine Suchterkrankung sowohl im Jugendalter als auch als Erwachsene • Teilnehmer mit ADHS, welche keine Abhängigkeit im Jugendalter entwickelt hatten, zeigten auch als Erwachsene kein höheres Risiko für eine Alkoholerkrankung, jedoch für die Entwicklung einer Suchtentwicklung im Hinblick auf andere Drogen Entwicklungsverlauf von Störungen des Sozialverhaltens (nach Loeber et al. 2000) Frühe Kindheit Angst Opposition. Trotzverhalten Hyperkinetische Störung Adoleszenz Depression Störung des Sozialverhaltens Erwachsenenalter Substanzmißbrauch Antisoziale Persönlichkeitsstörung erhöhtes Suizidrisiko, v.a. in der Adoleszenz, vermutlich bedingt durch Comorbidität (Depression, Störung des Sozialverhaltens) (Daviss 2008, McCarthy et al. 2009, Sourander et al. 2009, Manor et al. 2010) ADHS in der Kindheit – möglicher Einfluss auf spätere Berufstätigkeit (Frederiksen et al. 2014) • N = 250 Erwachsene • Schulabbruch, Arbeitslosigkeit während des vergangenen Jahres • Erfassung von ADHS-Symptomen während der Kindheit sowie während des Erwachsenenalters, Geschlechtsunterschiede, psychiatrische komorbide Störungen • Ergebnisse: höhere Schulabbruchraten (weiterführende Schulen) bei ausgeprägter ADHS-Symptomatik (Hyperaktivität, Impulsivität) während der Kindheit, erhöhte Rate von Langzeitarbeitslosigkeit bei Frauen, nach Überprüfung für Geschlecht und Alter blieb eine erhöhte Unaufmerksamkeit während des Erwachsenenalters • Langzeitarbeitslosigkeit korrelierte signifikant mit der Anzahl der komorbiden Störungen, insbesondere mit Angststörungen Therapie – Schlussfolgerungen • • • • • • Die Behandlung des AD(H)S sollte im Einverständnis mit allen Beteiligten erfolgen. Sie sollte sowohl die Lebensumstände des Kindes, die jeweilig geforderten Entwicklungsschritte, seine Ausgangsvoraussetzungen als auch subjektive Belastung durch die Symptomatik berücksichtigen. Eine Diagnosestellung sollte leitlinienorientiert möglichst frühzeitig erfolgen und auch komorbide Störungen erfassen. Die Behandlung sollte frühzeitig einsetzen, multimodal und vor allem individuell auf das betreffende Kind / den betreffenden Jugendlichen zugeschnitten sein. Die medikamentöse Therapie sollte einer Güterabwägung folgen. Veränderungen in der (medikamentösen) Therapie sollten möglichst mit allen Beteiligten gut vorbesprochen werden. Therapeuten und Helfer sollten einander in ihren Bemühungen ergänzen. Schizophrenie – Definition • eine grundlegende Störung des Realitätsbezuges • Klarheit des Bewusstseins in der Regel nicht beeinträchtigt • Auftreten von verschiedenen Wahrnehmungsstörungen (vor allem akustisch, optisch) • Verlauf: häufig in Phasen oder Schüben • Early Onset Schizophrenia (EOS): Beginn vor dem 18. Lebensjahr • Very Early Onset Schizophrenia (VEOS): Beginn vor dem 13. Lebensjahr • Symptomcluster: keine einzelnen spezifischen Symptome Schizophrene Psychosen – Unterformen • paranoid: Wahnideen, akustische Halluzinationen, am häufigsten und bekanntesten • hebephren: verflachte bzw. inadäquate Affekte, formale Denkstörungen, kaum Wahn oder Halluzinationen, Jugendalter • kataton: Bewegungsstarre (Stupor) oder motorische Hyperaktivität, Haltungsstereotypien, Manierismen • undifferenziert: fehlende Zuordnungskriterien oder keine eindeutige Zuordnung möglich • Schizophrenia simplex: schleichendes Sich-Einstellen der Negativ-Symptome, ohne dass in der Vorgeschichte produktive schizophrene Symptome nachweisbar sind • Residual: nur noch Residualsymptome nachweisbar Chronizität: Beschäftigungssituation Mögliche Bedeutung für einen Lebensweg • • • • Entwicklungsschritte Komorbide Störungen Erwartungen an mich selbst / durch Dritte Verlaufsformen psychischer Störungen – längere Einnahme von Medikamenten – Angst vor Stigmatisierung – Übergänge • Ist eine Wiedereingliederung nach einer längeren Behandlung sinnvoll? Anlaufstellen • Wie verhalte ich mich als LehrerIn, MitschülerIn / Freundin, Eltern „richtig“? • Wo kann ich mich hinwenden? – Vertrauenslehrer – Beratungsstellen – Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte – Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeuten – Kinder- und jugendpsychiatrische Institutsambulanz – Kinder- und jugendpsychiatrische Klinik Schlussfolgerung und Ausblick • Diagnostik und dann Therapie als mögliche Formen der Prävention • Bedenken vor der Einnahme von Medikamenten • Medikation (Prodromalstadium) • Elterliche Authentizität / Aufklärung / Unterstützung VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!