5/6 2012 / Deutsche Zeitschrift für klinische - Martini

Werbung
Individualisiertes OP-Verfahren
– verbesserte Kontinenz bei
Prostataentfernung
Inkontinenz ist die gefürchtetste Nebenwirkung,
die nach der operativen Entfernung eines
Prostatakarzinoms auftreten kann. Chirurgen der
Martini-Klinik in Hamburg haben nun eine
Operationstechnik entwickelt, mit der die Funktionstüchtigkeit des Harnröhrenschließmuskels
komplett erhalten bleiben kann.
An der Martini-Klinik am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
wurde eine Operationsmethode entwickelt, mit deren Hilfe es gelingt,
die komplette funktionelle Länge
des Harnröhrenschließmuskels sowie die komplette anatomische Einbettung des Schließmuskels in die
Beckenbodenanatomie zu erhalten.
Mit Einführung der neuen Operationstechnik konnte eine signifikante
Verbesserung der sog. Frühkontinenz
beobachtet werden. Die operativen
Modifikationen sind das Resultat von
anatomischen Studien, die gezeigt
haben, dass ein signifikanter Anteil
des Harnröhrenschließmuskels in der
Prostata lokalisiert ist. Dieser Anteil
kann individuell zwischen 10 und
40 % der funktionellen Muskellänge
variieren. Operiert man nun die Harnröhre immer nach gleichem Schema,
verliert man bei einer signifikanten
Anzahl von Patienten relevante Anteile des muskulären funktionellen
Harnröhrenmuskels. Weiterhin kann
der Harnröhrenschließmuskel seine
komplette Funktion nur dann entfalten, wenn seine anatomische Fixierung im Beckenboden erhalten bleibt.
Bei der neuen Operationsmethode wird die Harnröhre so präpariert,
dass der Muskel vollständig erhalten
bleibt und seine anatomisch einwandfreie Lage wieder bei der Operation
rekonstruiert wird. Ein Großteil der
Patienten erlangt schon kurz nach
der Operation die Kontrolle über ihre
Blase vollständig zurück.
Die operative Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) ist die
häufigste Therapieform bei einem neu
entdeckten Prostatakarzinom. Eine
vollständige Heilung des Tumors ist
dadurch bei früh entdeckten Tumoren fast immer möglich – fünf Jahre
nach der chirurgischen Behandlung
sind 80 - 95 % der operierten Patienten rezidivfrei, d.h. ohne weiteren Tumornachweis. Eine Besonderheit der
Prostatakarzinomchirurgie ist jedoch,
70
DZKF 5/6-2012
dass die ca. kastaniengroße Prostata
unmittelbar von wichtigem funktionellem Gewebe umgeben wird. So ist
die Prostata z.B. direkt mit der Blase
und dem Harnröhrenschließmuskel
verbunden und wird weiterhin von einem feinen Nervengeflecht eingehüllt,
welches die Erektion steuert. Diese
Strukturen müssen bei einer operativen Entfernung der Prostata unbedingt
geschont werden, um gravierende Nebenwirkungen zu verhindern.
In einer aktuell publizierten Studie operierten drei Chirurgen aus der
Hamburger Klinik über einen Zeitraum von einem Jahr insgesamt 691
Männer im Alter von 42 bis 77 Jahren, die an einem Prostatakarzinom
erkrankt waren (Schlomm et al. European Urology 2011, Aug;60(2):3209). Davon wurden 285 Patienten mit
der konventionellen Operationstechnik und 406 mit der modifizierten
Operationstechnik operiert. Die Kontinenzraten wurden eine Woche und
zwölf Monate nach Entfernung der
Prostata mittels validierter Fragebögen erhoben. Die Kontinenzraten
eine Woche nach Katheterentfernung
betrugen 50,1 % für die Gruppe der
Patienten, die mittels der modifizierten Operationstechnik operiert wurden sowie 30,9 % für die Patienten,
die mit der konventionellen Operationstechnik behandelt wurden. Die
Jahreskontinenzraten stiegen auf
96,9 % für die individualisierte Technik sowie 94,7 % für die konventionelle Operationstechnik an.
Motiviert durch diese guten Ergebnisse hat sich die individualisierte
Präparation des Harnröhrenschließmuskels bei der Prostatakrebsoperation mittlerweile als Standard in der
Martini-Klinik durchgesetzt. Insgesamt wurden bisher über 4.000 Patienten mit Hilfe der neuen Technik
operiert. Mittlerweile berichten über
80 % der Hamburger Patienten bereits
eine Woche nach Katheterentfernung
über keine nennenswerte Beeinträchtigung der Harnkontinenz.
Die Ergebnisse der Studie demonstrieren, dass die Technik der
radikalen Prostatektomie auch heutzutage noch signifikant durch Modifikation verbessert werden kann. Ein
wichtiger Punkt zur Verbesserung
der funktionellen Ergebnisse nach radikaler Prostatektomie stellt hier die
ständige Qualitätskontrolle dar. Bei
allen in der Martini-Klinik operierten
Patienten wird vor der Operation mit
Hilfe von validierten Fragebögen der
Lebensqualitätsstatus erhoben. Eine
Woche nach Entlassung, drei Monate nach OP und dann jährlich werden diese Daten erneut evaluiert. Nur
so kann unmittelbar der Einfluss der
Operation auf wichtige Parameter der
Lebensqualität, wie etwa die Kontinenz, untersucht werden.
Mittlerweile enthält die Prostatakarzinomdatenbank der Martini-Klinik vollständige Langzeit-Datensätze
von über 15.000 in dem Zentrum
operierten Patienten. Diese Daten ermöglichen es, eine Vielzahl von wissenschaftlichen Fragestellungen zu
untersuchen, wie etwa die Korrelation
von genetischen Faktoren des Prostatakarzinoms zur Langzeitprognose.
Filmmaterial zur Publikation im Journal European
Urology können Sie unter http://www.martiniklinik.de/prostatakarzinom-behandlung/prostatakarzinom-operation/patientenfilm.html und
http://www.martini- klinik.de/prostatakarzinombehandlung/prostata- karzinom-operation/opfilm.html sehen.
Kontakt:
Prof. Dr. med. Thorsten Schlomm
Leitender Arzt
Martini-Klinik, Prostatakarzinomzentrum
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistrasse 52, D-20246 Hamburg
Tel.: +49 40 7410 51300
Fax: +49 40 7410 51323
E-Mail: [email protected]
www.martini-klinik.de
Diesen Artikel finden Sie auch unter dem
DZ0007.
DZKF 5/6-2012
71
Herunterladen