Arch. Geflügelk. 1993, 57 (5), 193 - 198, ISSN 0003-9098. © Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart Salmonella enteritidis: Auftreten, Bedeutung und Kontrollmaßnahmen * Salmonella Enteritidis : Occurrence, relevance and control measurements E. Vielitz Manuskript eingegangen am 5. April 1993 Salmonellen sind Infektionserreger beim Menschen und allen Tierarten. Sie kommen weltweit vor, es sind mehr als 2300 Serovare beschrieben worden . Aus der Sicht der Geflügelpathologie unterscheiden wir 3 Kategorien: 1. wirtsspezifische Serovare, z. B. beim Huhn: ·Salmonella pullorum und gallinarum ; sie besitzen keine Bedeutung für Menschen und andere Tierarten. 2. nicht wirtsspezifische, invasive Serovare, z. B. Salmonella enteritidis (S. e.) und Salmonella typhimurium (S. tm.). 3. nicht wirtsspezifische, nicht-invasive Serovare. Die beiden zuletzt genannten Gruppen werden also vo m Menschen auf das Tier und vom Tier auf den Menschen übertragen. Sie sind sog. Zoonose-Erreger. Salmonellen verursachen Infektionen des Darmes mit oder ohne Allgemeinerkrankung. D ie Schadwirkung erfolgt durch Endotoxine. Für die Epidemiologie bedeutsam ist das Vorhandensein gesund erscheinender, latent infizierter Dauerausscheider. Die wirtsspezifischen Salmonellen des Huhnes, S. pullorum und S. gallinarum, verursachen hohe Verluste: bei der Kükenaufzucht (S. pullorum), in der Legezeit (S. gallinarum), Hühnertyphus. D ie nicht wirtsspezifischen invasiven Serovare verursachen allenfalls Erkrankungen im jungen Kükenalter, sie können jedoch latent in den Herden vorhanden sein und werden mit dem Kot ausgeschieden. Durch Verschleppung gelangen Salmonellen über tierische Lebensmittel in den Darmtrakt des Menschen, wo sie eine Entzündung teilweise mit Allgemeinerkrankung verursachen. Besonders Kinder und alte, gesch wächte Menschen sind gefährdet. Es wäre verkehrt, als Ursache für die allgemein beobachtete Zunahme von Enteritis-Fällen beim Menschen Geflügelprodukte anzusehen, da beispielsweise in Skandinavien bisher keine invasiven Salmonellen in der Hühnerhaltung aufgetreten sind, eine Zunahme dieser Salmonelleninfektion beim Menschen jedoch in den letzten Jahren beobachtet wurde. Zudem zeigen auch die durch andere Erreger hervorgerufenen Enteritiden beim Menschen eine ständige Zunahme, wie dieses eine Übersicht des Bundesgesundheitsamtes ausweist (Schaubild 1). D er Mensch kann sich - ebenso wie Tiere - vielfältig anstecken. . Im Jahre 1988 traten in Großbritannien Erkrankungen des Menschen auf, die auf den Genuß roher Eier zurückgeführt wurden. Es wurde S. enteritidis isoliert, und zwar * Vortrag WPSA-Tagung Cuxhaven, 09. /10. 03. 93 Arch iv für Geflügelkunde 5/ 1993 der Phagentyp 4 (PT 4) . Es wurde dort festgestellt, daß bis zu 0,6% der Eier einer infizierten Herde im Ei-Inneren infiziert sein können. In letzter Zeit durchgeführte Untersuchungen zeigten, daß der Infektionsgrad von Eiern aus deutschen Beständen weniger als 1 Promille ausmacht. Es muß angenommen werden, daß S. e. ursprüng lich durch Futtermittel in Zuchtbetriebe eingeschleppt wurde und von diesen dann mit den Küken in die Legebetriebe gelangte. Bis zum Ende der achtziger J ahre war dieser Erregertyp nur selten beim Geflügel in Deutschland anzutreffen. Dieses hat sich in den letzten J ahren jedoch geändert: Heute wird - wie in den übrigen europäischen Ländern - vorwiegend S. enteritidis, Phagentyp 4, festgestellt. Einen Überblick über das Vorkommen von Salmonellen bieten die Jahreserhebungen des Bundesgesundheitsamtes, die aufgrund der Untersuchungsergebnisse der tierärztlichen Institute zusammengestellt werden. Tabelle 1 zeigt das Zahlenwerk der diagnostischen Untersuchungen 1991 bei Kalb, Rind, Schwein, Küken, Hühnern und sonstigem Geflügel sowie das Auftreten in Lebensmittelproben. S. e.-Isolate wie auch S. tm.-Isolate werden gesondert ausgewiesen. Sie machen einen hohen Prozentsatz der insgesamt isolierten Salmonellen aus (Küken 62,12%; Hühner 10,9 %) . Der S. e.-Anteil bei den anderen Tierarten schwankt zwischen 4,0 % und 6,5%. Bei den Lebensmittelproben aus dem Geflügelfleisch 30,1 % ; eihaltige Speisen 50,8 % - bezogen auf die Gesamtzahl der Salmonella-Isolate. Tabelle 2 zeigt das Vorkommen von Salmonellen in Futtermitteln und in Abwasser- und Bodenproben. 0,99% aller Futtermittelproben waren Salmonella positiv, davon hatte S. e. einen Anteil von 7%. Abwasser- und Bodenproben waren etwa zu einem Fünftel - 19,53% - salmonellabehaftet. 4, 12% der Isolate aus Abwasser- und Bodenproben konnten als S. e. identifiziert werden. Es ist also ganz offensichtlich, daß Salmonellen in der Umwelt, im Futter und somit bei Tieren und bei Menschen recht häufig anz utreffen sind. Die Zunahme von S. e. in den letzten Jahren belegt auch eine Aufstellung aus dem Bereich der ehemaligen DDR (Tabelle 3). Sie zeigt einen starken Anstieg der Enteritiserkrankungen beim Menschen im Lau fe der achtziger Jahre bei gleichzeitiger Verschiebung im E rregerspektrum von S. typhimurium zu S. enteritidis. Im folgenden soll über Eigenschaften der Salmonellen, über Infektionsquellen und -wege sowie Naturreservoire und Bekämpfungsmaßnahmen beim Geflügel berichtet werden. 194 VrELITZ, Salmonella enteritidis INFE'KTI~SE vom Eierstock/Eileiter her infiziert sein (vertikal), oder - viel häufiger - durch Eindringen der Keime durch die Eischale nach Kotkontamination. Schmierinfektionen in der Brüterei führen zu einer schnellen Ausbreitung beim Schlupf. Brütereiinfektionen sind auch deshalb so bedeutsam, weil Eintagsküken die höchste Anfälligkeit aufweisen. Relativ geringe Keimzahlen genügen für das Zustandekommen der Infektion. ENTERITIS Infectious Enteritis in man Fälle in der Bundesrep. Deutaohland Cases Federal Republic of Germany 1980 - 1990 in 1000 140 120 100 80 60 40 20 0 1980 1981 1982 1983 1984 1986 1986 1987 1988 1969 1990 Als Erregerreservoire für Salmonellen sind Säuger einschließlich des Menschen, Vögel und Insekten zu nennen. Besondere Bedeutung haben Mäuse und Käfer, da diese häufig Ketteninfektionen von Aufzucht zu Aufzucht vermitteln. Sie überleben häufig im Stall, in der Wandisolation des Stalles und in der Stallumgebung (Tabelle 4). Die notwendigen Abwehrmaßnahmen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen : RvOstert ao Inst.; FAO/ WHO Cenlre Berlin 1. S almonellajreie Eintagsküken Bei S. enteritidis handelt es sich keinesfalls um einen „modernen" Keim: Er wurde bereits im Jahre 1888 als Erreger von D arminfektionen beim Menschen nachgewiesen. Salmonellen werden nach ihren Antigenanteilen in Gruppen zusammengefaßt. S. e. besitzt die Antigenformel 0: 1,9,12 ;H: gm und gehört zur Gruppe D, in der sich auch S. gallinarum /pullorum befindet. Aufgrund dieser Verwandtschaft kann es zu serologischen Kreuzreaktionen zwischen diesen Salmonellen ko mmen. E ine weitere Unterscheidungsmöglichkeit innerhalb eines Serovars bietet die sog. Lysotypie . Hier werden spezielle Virussuspensionen - Phagen eingesetzt, welche die Salmonellakolonien ze rstören, lysieren. So kann man beim gleichen Serovar S. e.-verschiedene Phagentypen (PT) unterscheiden. Wie schon betont ist in Europa in letzter Zeit PT 4 vorherrschend, während PT 8 und PT 13 in Amerika dominieren. Der Nachweis von speziellen Zytoplasmaeinschlüssen, sog. Plasmiden, ermöglicht weitere Unterscheidungen innerhalb eines Serov ars. Durch diese Feindifferenzierungen werden Möglichkeiten eröffnet, Infektionsketten zu verfolgen und aufzudecken. Die Salmonellen gehören zu den Enterobacteriaceaen, den D armbakterien . Sie vermehren sich im Darm und können von hier aus in den Körper vordringen - mit oder ohne Erkrankung. Aber auch nach Ausscheidung geht die Vermehrung außerhalb des Wirtsorganismus weiter; abhängig von der Umgebungstemperatur verdoppelt sich die Zahl etwa binnen 20 Minuten. Salmonellen überleben bei Raumtemperatur im Futter, im Stall und in der Stallumgebung über Monate. Eine Inak tivierung wird durch Hitzeeinwirkung, wie sie bei Paste urisierungsprozessen auftritt, erreicht. Zur chemischen Desinfektion sind aldehyd- und phenolhaltige Mittel geeignet. Von praktischer Bedeutung ist die Tatsache, daß eine Keimvermehrung bei Temperaturen unter 8° C nicht stattfindet. Dieses hat Bedeutung für die Eiergewinnung und -lagerung sowie für die Lebensmitteltechnologie insgesamt. D ie Salmonella-Infektion beim Geflügel kommt im wesentlichen auf fo lgende Weise zustande: alimentäre Infektion, d. h. Aufnahme der Keime aus der Umgebung und mit dem Futtermittel, sowie connatale Infektion, d. h. die Infektion beim Schlupf durch infizierte Bruteier. Diese können im Ei-Inneren Ausmerzung hühnerspezifischer und invasiver Serovare bei den Zuchttieren. Dieses bedeutet eine ständige bakteriologische Kontrolle der Zuchttiere mit der K onsequenz, daß infizierte Herden von der Bruteiproduktion aus geschlossen werden müssen. Ab 01. 01. 94 gelten gesetzliche Vorschriften, die auf der EG-Zoonosen-Richtlinie 92/117 EWG vom 17. 12. 92 basieren. Alle Geflügelzuchtbetriebe, d. h. E lterntiere, Großelterntiere etc., werden in vierzehntägigem Abstand stichprobenartig untersucht. Im Falle des Nachweises von S. e. und/oder S. tm. erfolgt Maßregelung : Absonderung, Abschlachtung, ggf. Therapie mit nachfolgender Impfung. Tabelle 1. Salmonella-Jahreserhebung in tierärztlichen Institutionen 1991 /BGA Salmonella isolates, diagnostic laboratories, 1991/BGA I. Futtermittel (ohne E infuhruntersuchungen) I. Feedstuff (without import control) Total % n Laboratorien 49 Probenzahl Salmonella pos. 74538 740 0,99 32 696 46 52 94,05 6,22 7,03 n Lab. Sa!. pos. u. id. Salmonella pos. u. id. * S. T yphimurium S. E nteritidis II. Abwasser und Bodenproben II. Sewage and soil samples Total n Laboratorien Probenzahl Salmonella pos. n. Lab. Sa!. pos. u. id. Salmonella pos. u. id. * S. Typhimurium S. E nteritidi s % 15 1244 243 19,53 10 78 16 10 32,10 6,58 4,12 * % bei ,Salmone ll a pos. und identifiziert' = % aller pos. % in den weiteren Zei len = % der ,Sa lmo nella pos. und identifi ziert' Archiv für Geflügelkunde 5/ 1993 VrELrTZ, Salmone lla enteritidis 195 Tabelle 2. Salmonella-) ahreserhebungen in tierärztlichen Institutionen 1991 /BG A Salmonella isolates, diagnostic laboratories, 1991/BGA Diagnost ische Untersuchungen/Diagnos tic examinatio ns K alb/veal n Laboratorien Proben za hl Salmonella pos. n Lab. Salm. pos. u. id. Salmonella pos. u. id. * S. Typhimurium S. E nteritidis 38 22710 1115 30 1054 715 63 Küken chicken n Laboratorien Probenzahl Salmonella pos. n Lab. Sa lm. pos. u. id . Salmonella pos. u. id. * S. T yphimurium S. Enteritidis 38 37498 4366 32 4154 510 2712 % Rind/cattle 4,9 1 30 18242 934 94,53 64,13 5,65 22 932 647 61 % Hühner hens 11,64 26 9566 532 95,14 11,68 62,12 13 525 59 58 % Schwein/pigs % 5,12 44 33964 550 1,62 99,79 69,27 6,53 29 533 194 22 96,91 35,27 4,00 % sonst. Geflügel other pou 1try % 5,56 44 20529 1946 9,48 98,68 11 ,09 10,90 34 1524 721 135 78,31 37,05 6,94 Lebensmittel/foodstuffs Fleisch u. -produkte meat/prod. n Laboratorien Probenzahl Salmonella pos. n Lab. Sal. pos. u. id. Salmonella pos. u. id.* S. T yphimurium S. Enteritidis 49 104919 949 35 947 364 92 % Gefl. fleisch -produkte poultry meat 0,90 43 6332 807 99,79 38,36 9,69 35 712 99 243 % E ier, eihalt. Speisen, -P rod . eggs/eggs dishes % 12,74 46 23294 240 1,03 88,23 12,27 30,11 32 238 27 122 99,17 11,25 50,83 * % bei ,Salmonella pos. und identifiziert' = % aller pos. % in den weiteren Zeilen = % der ,Salmonella pos. und identifiziert' 2. Futterdekontaminationen Wenn auch S. e. ve rgleichsweise selten im Futter anzutreffen ist, so stellt das Futter doch primär eine Infektionsquelle dar. Dekontamination kann erreicht werden durch Hitzeeinwirkung und/oder Zusatz von Säuren (T abelle 5). Besonders wichtig ist eine bakteriologische K ontrolle der Rohkomponenten - pflanzlichen und tierischen Ursprungs - , um stark kontaminierte Partien von vornherein auszuschließen. Als besonders notwendig hat sich nach skandinavischen Erfahrungen die Überwachung der Futtermühlen ergeben . Hier müssen ebenfalls routinemäßig bakteriologische Stufenkontrollen durchgeführt werden, um Kontaminationsquelle n aufzuspüren. Es muß sichergestellt sein, daß die unreine von der reinen Seite (nach Dekontamination) abgetrennt wird. Dieses wird für viele Betriebe eine Reorganisation des Ablaufs und Umbaumaßnahmen bedeu ten. D a hierdurch hohe Kosten auftreten, müssen gesetzliche Vorschriften erlassen werden, um eine gleichartige Behandlung zu gewährleisten. 3. Entseuchung der Tierstiille Es hat sich gezeigt, daß Salmonellen über Jahre in Ställen überleben - von Herde zu Herde. D as kann nur dadurch Archiv für Geflüg elkunde 5/ 1993 erklärt werden, daß die Desinfektionsmaßnahm en un vollständig resp. unwirksam waren. Heißdampf bei gleichzeitiger Formalinvergasung haben sich zur Desinfektion des gereinigten Stalles sehr bewährt. Wesentlich ist auch eine ständige und konsequente Mäuse- und Insektenbekämpfun g sowie strikte Betriebshyg iene zur A bwehr der Einschleppung von Infektionserregern. Voraussetzung ist natürlich, daß die Ställe dicht sind, und so dem Eindringen vo n Wildvögeln and Nagern von vornherein Einhalt gebo ten wird. Die wesen tlichen Ein zelmaßnahmen für die Brüterei sowie Aufzucht- und Zuchttierbestände sind in Tabelle 6 zusammengefaßt. 4. Aktiver Sabnonella- I nfektionsschutz Durch Verabreichung von ges under Normaldarmflora, die im wesentlichen aus anaeroben Keimen besteht, kann ein gewisser Infektionsschutz bei Eintagsküken erreicht werden. Die „ungefä hrlichen" ormalkeime halten die Rezeptoren für die „gefährlichen" Salmonellen im Darmkanal besetzt. Bei der Naturbrut ve rmittelt die Glucke diese Übertrag ung - neben anderen, womöglich gefäh rlichen Keimen. Man spricht deshalb von competitiver Exklu sion (CE). Dieses Verfahren wird von Prof. Nurmi, Finnland, seit Jahren empfohlen und hat sich in Skandinavien bewährt. 196 V1ELITZ, Salmonella enteritidis Tabelle 3. Beim Menschen von 1980-1989 erfolgte Salmonellaisolierung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR (Inst. für Experiment. Epidemio l. , Wernigerode) Salmonella isolates 1980- 1989 in the former GD R Erkrankungen Ausscheider gesamt 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 6584 2434 9018 8397 4025 12422 9546 2829 12375 8509 2873 11382 10717 3141 13858 9218 2749 11967 15064 3316 18380 13935 3791 17726 13394 3456 16850 22990 37,7 9,8 8,3 3,8 1, 1 6,8 1,6 37,7 15,9 2,3 10,6 2,6 3,7 2,7 32,3 16,7 2,0 7,3 2,4 13,5 7,4 30,3 21,5 6,7 5,8 13,5 1,1 4,5 37,1 18,0 8,6 6,9 4,7 17,4 11,7 43,2 4,7 4,0 0,5 2,1 20,0 7,2 35,4 2,8 3,9 7,4 7,6 12,6 10,3 53,5 2,8 2,9 0,3 4,2 Bedeutendste S. Serovare (% Anteil) S. typhimurium S. agona S. enteritidis S. saintpaul S. infantis S. panama S. manhatten 59,9 16,6 3,7 0,9 2,8 Tabelle 4. Naturreserrvoire für Salmonellen Natural reservoirs for salmonella 111amals Mensch (Dauerausscheider!) Hund, Katze, Mäuse* alle landwirtschaftl. Nutznere Vögel Wassergeflügel, Tauben (bes. S. tm .), Wildvögel Säuger birds Insekten Käfer* (bes. Alphitobius diaperinus), Fliegen insects • vermittel n Kerteninfektionen von Aufzucht zu Aufzucht, da sie häufig im Biotop Stall-Stallumgebu ng überleben Die Verabfolgun g der Flora muß so früh wie möglich nach dem Schlupf erfolgen, damit den gefährlichen Keimen keine Chance gegeben wird. Wichtig ist jedoch, daß die Tiere nicht bereits connatal infiziert sind . In diesem Falle versagt das Nurmi-Verfahren. Nach eigenen Erfahrungen bietet die CE keinen verläßlichen Schutz. Wir stellten fest, daß CE-behandelte Herden sich in gleicher Weise wie unbehandelte Herden im späteren Lebensalter mit S. e. infizieren. Aus diesem Grund ergab sich für uns die Notwendigkeit, nach spezifischen Maßnahmen des Infektionsschutzes zu suchen. Es boten sich die bei anderen Krankheiten 4,2 10,0 8,3 57,5 3,8 4,2 3,1 bewährten Impfmaßnahmen an. Zu bedenken ist jedoch, daß Impfungen gegen bakterielle Infektionen prinzipiell niedrigere Schutzraten vermitteln als gegen Virusinfektionen. Zudem soll im Falle der Salmonellen die Impfung die Kontamination verhüten bzw. reduzieren, während das Impfziel im allgemeinen die Verhütung der Erkrankung respektive die Erhaltung der Leistungsfähigkeit ist. Als Impfstoffe können Lebend- und Inaktivatvakzinen angewandt werden (Tabelle 7). Bisher werden als Lebendvakzinen apathogene S. typhimurium-Mutanten angewandt; sie erzeugen eine lokale Darmimmunität und wohl auch eine systemische Immunität. Sie sind leicht - über das Trinkwasser - zu verabreichen. Voraussetzung für die Anwendung lebender Keime als · Impferreger ist ihre Stabilität, d. h. die absolute Sicherheit, daß diese Erreger nicht wieder pathogen werden. Dieses ist bei den bisher angewandten Impfstoffen gewährleistet. Inaktivatvakzinen stellen Präparationen aus inaktivierten Erregern dar. Sie werden mit einem Adjuvans (Öl) emulgiert und müssen injiziert werden. Inaktivatvakzinen erzeugen schützende Antikörper, die im Blut zirkulieren und auch auf die Nachkommenschaft übertragen werden; sie schützen diese in den ersten Lebenswochen. Eine lokale Schleimhautimmunität im Darm, die zur Abwehr der Kontamination besonders wichtig ist, wird durch Inaktivatvakzinen kaum Tabelle 5. Salmonellen - Infektionen des Huhnes Salmonella-i11fections of poultry Proph ylaxe Maßnahmen bei den Futtermitteln Measurements for feedstuffs Dekontamination durch: 1. Hitzeeinwirkung Langzeitkondit.: Salmonex. Pe!Jetierung } 82 °C, 15-16% fochügkcü Expander Problematik: Rekontamination Verwendung von SterilLuft zur Kühlung, Inaktivierung von Wirkstoffen 2. Zusatz von Säuren, z. B. Propi onsäure, Ameisensäure Problematik: Korrosivität Störung der Darmflora ggf. Kombination von 1.) und 2.) Bakt. Kontrolle der Ro hkomponenten (pflanz!. und tierischen Ursprungs) Laufende - 1 x monatl. - Bakt. Kontrolle der Produktionsstätte : Staub- u. Tupferproben (Modell Dänemark) Archiv für Geflüge lkund e 5/1993 VIELITZ, Salmonella enteritidis Tabelle 6. E inzelmaßnahmen zur Erzeugung salmonellenfreier Küken M eas11re1nents for the prod11ction of salmonellajree chickens A. Maßnahmen in der Brüterei/hatchery Verwendung sauberer Bruteier Waschen und Desinfektion der Schmutzeier - separate Brut, ebenso Bruteier verdächtiger/positiver Herden ggf. antibi oti sche Behandlung der Bruteier oder Küken Formalinbegasung: a) nach Sortierung b) während der Vorbrut c) nach der Umlage (18. Bebrütungstag) d) während des Schlupfes Reini gung und Desinfektion der Brutapparate und Bruträume Bakterio logische Untersuchung von Meconium und stecke~ge­ bliebenen Embryonen zur Erkennung infizierter Zuchttiere Personalhygiene, bakterio logische Untersuchung zur Erkennung von Dauerausscheidern B. Maßnahmen in der Aufzucht/breeding all in - all out Haltung Reinigun g, Desinfektion, Entwesung von Ställen und Vorräumen, Umgebung der Stallungen (Insekten, Mäusen) D armfl ora-S ubstituti on und/oder Impfungen Verwendung dekontaminierter Futtermittel C. Maßnahmen in der Zuchttierhaltung all in - all out Haltung, gründliche Reini gung, D esinfektion und Entwesung (Käfer, Mäuse) Darmflora- Substitution und/oder Impfungen Verwendung dekontaminierter Futtermittel Einstreupflege Regel mäßi ge Erneuerung der esteinstreu - Gewinnung sauberer Bruteier H äufiges Sammeln der Bruteier (4 x pro T ag) Formalin-Begasung der Bruteier unmittelbar nach dem Sammeln, Begasu ngsschränke auf der Farm Bakterio logische Untersuchung vo n gesrorbenen Tieren und Kotproben aus der Farm wirksam. Außerdem kommt es bei der Verwendung von S. e. -Keimen aufgrund der Verwandtschaft zu S. gallinarum/pullorum zu Kreuzreaktionen, wodurch die serologische Diagnose gestört wird. Bei der Verwendung von Lebendvakzinen auf der Basis von S. typhimurium-Mutanten ist dieses nicht zu befürchten. Tabelle 7. Impfstoffe gegen Salmonella-Infektionen Vaccines against Salmonella lnjections Lebendvakzinen: apathogene Mutanten Live vaccines: apathogenic m11tants lokale Darm-Immunität systemische Immunität orale Verabreichung (Trinkwasser) z. B. T AD Salmonella vac Inakti vatvakzinen: abgetötete-inaktivierte Erreger lnactivated vacc. : killed inact. agents in einer Adjuvans-Emulsion Erzeugung vo n schützenden Antikörpern im Blut Verabreichung durch Injektion positive Pullorum-Reaktion nach SE-Inaktivat Archiv für Geflügelkunde 5/ 1993 197 Die bisherigen Ergebnisse der Anwendung von Vakzinen sind sehr ermutigend. Sicherlich wird der kompletteste Schutz durch die konsekutive Verabfolgung von Lebendund Inaktivatimpfstoffen erzeug t. Da die Impfstoffe noch im Stadium der Felderprobung sind, muß ein abschließendes Urteil über ihre Wirksamkeit zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden. Sicher ist jedoch, daß Salmonella-Impfungen keinesfalls die vorher genannten H ygienemaßnahmen ersetzen können. Impfungen bieten jedoch eine zusätzliche womög lich entscheidende - Chance zur A bsicherung der Produktion. Durch die „Impfdecke" in der Tierpopulation wird der Ausbreitung von virulenten Salmonellen Einhalt geboten. Es entsteht gewissermaßen ein Deich, der die Infektionsflut eindämmt und abwehrt. Der erlangte Schutz ist jedoch nicht absolut, so ndern im Zusammenhang mit der Infi:ktionsintensität zu sehen. Die Infektionskette Tier - Nahrungsmittel - Mensch wird sicherlich primär entlastet, so daß die Salmonellaverbreitung zurück geht. H ygienemaßnahmen jedoch und die Einhaltung der Kühlkette in der Lebensmittelverarbeitung, bei der Zubereitung und Lagerung von Speisen bis zum Verzehr sind un abding bare Voraussetzungen, um eine Kontrolle, d. h. einen nachhaltigen Rück gang der Häufigkeit infektiöser Darmentzü ndungen des Menschen zu erreichen. Z usammenfassung Nachdem die wirtspezifischen Salmonellen - S. pullorum /gallinarum - aus allen modernen Zuchtbetrieben ausgerottet wurden, ist das nicht wirtspezifische, invasive Salmonella-Serovar S. enteritidis (S. e.), Phagenty p 4, beim Geflügel in den letzten Jahren vermehrt festgestellt worden . Diese Salmonella-Infektion führt zu Erkrankun gen bei kleinen Küken. Wichtiger ist jedoch die Lebensmittelhygienische Bedeutung. Da dieser E rreger bei vielen Tierarten und auch dem Menschen vorkommt, ist eine Ausrottung in den Geflügelbeständen sehr schwierig. Reinfektionen sind auf vielfältige Weise möglich. Gesetzliche Vorschriften zur Kontrolle der S. e.-Infektion sind in Vorbereitung. Alle Zuchtbestände müssen zukünftig regelmäßig untersucht werden, infizierte Bestände werden von der BruteiProduktion ausgeschlossen. Neben strikter Anwendung von Hygienemaßnahmen - Abschirmung der Betriebe und Desinfektion, Einstallung gesunder Eintagsküken, Fütterung dekontaminierten Futters - sind Impfungen geeignet, der Erregerausbreitung in den Beständen Einhalt zu gebieten und eine Unterbrechung der Infektkette Muttertier Eintagsküken zu gewährleisten. Salmonella enteritidis: Occurrence, re/evance and contro/ measurements E. Vielitz Summary After eradication of host-specific salmonella - S. pullorum/gallinarum - out of all modern poultry breedings stocks, an increasing occurrence of the non host-specific, invasive salmonella-serovar S. enteritidis (S. e.), phage type 4, has been o bserved in the last yea rs. This salmonella causes mortality only in young chickens . More important however, is the danger of food poisening. Because this agent is not only seen in most animal species but also in man, the eradication of salmonella in poultry stocks will be ve ry difficult. Also the importance of reinfection must be regarded. Regulations by law for the contro) of S. e. infections will be in force very soon. 198 FRIES, Schlachtkörperbeanstandungen beim Broiler All breeding flocks must be observed by regular monitoring, infected flocks must be excluded from hatching egg production. Besides a careful hygienic program there must be rhe guarantee of isolation and disinfection of farms, setting up only healthy day-old chicks and use of decontaminated feed . Other measurements of great importance are vaccinations, which will stop the spread of the agent and will interrupt the chain of infection: parent day-old chick . 5 tich11Jorte: Geflügel, Alter, Hygiene, Behandlung, Haltung, Brutei, Salmonella Anschrift des Verfassers : Dr. mcd. vet. Egon Viclitz, Fachtierarzt für Gefl ügel und Mik robi ologi e, Lo hmann Tierzuch t GmbH , Vete rin är-Labor, Am Seedeich 9- 11 , 27454 Cuxhaven 1 Arch. Geflügelk . 1993, 57 (5), 198- 202, ISSN 0003-9098. © Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart Schlachtkörperbeanstandungen beim Broiler: Ursachen, Reduzierungsmöglichkeiten und Entwicklungstendenzen* Condemnations of broiler carcasses: Causes, ·possibilities of reduction and further developments. R. Fr ies** Manuskript eingegangen am 13. April 1993 1. Einleitung In der Geflügelwirtschaft hat nach wie vor das Jungmasthuhn eine überragende Bedeutung (Tab. 1). Gerade hier sind steigende Verwerfzahlen zu beobachten (Tab. 2). Es liegt daher nahe, mögliche Ursachen zu benennen, um darauf aufbauend Gegenstrategien zum Aufkommen von verworfenen Tierkörpern zu entwickeln. Hier decken sich das Interesse der Produzenten, möglichst wenig Verluste in Kauf nehmen zu müssen, mit den Vorstellungen der Hygieniker, möglichst wenige veränderte Tierkörper in der Fleischuntersuchung vorzufinden. Mit diesem Beitrag soll eine Übersicht über auftretende Veränderungen gegeben werden und es soll geprüft werden, ob und wo sich möglicherweise Handlungsspielraum zur Verringerung auftretender Veränderungen ergibt. 2. Sachverhalte Hauptsächliche Gründe für Untauglichkeiten: Nach der Statistikverordnung von 1976 sind für Rot- und Geflügelfleisch Meldungen über erfolgte Beurteilungen und die diesbezüglichen Begründungen an das Statistische Bundesamt zu erstatten (Tab. 3). Die in der offiziellen Statistik angegebenen Begründungen für die Untauglichkeiten sind vorformuliert, da sie die Bestimmungen der Geflügelfleischuntersuchungsverordnung (GFIUV) wiedergeben. Für häufig auftretende Merkmale existiert dort jedoch keine eigene Tabelle 1. Schlachtungen und Lebenduntersuchun gen von G eflügel inländischer Herkunft in Mio Stück (Näherungs werte ; Auswahl) Slaughtered and inspected birds of national origin in millions, approx . Jungmasthühner Suppenhühner Enten Puten 1986 1987 1988 1989 1990 220 32 6 5 223 30 7 7 243 249 28 9 8 243 24 10 9 230 30 8 12 27 8 7 Quelle: STAT. BU D ESAMT Tabelle 2. Der Fleischuntersuchung unterworfenes Geflügel in ländischer Herkunft in Mio kg und Untauglichkeitserklärungen in Prozent (Auswahl ) Poultry meat inspected ( of national origin, in million kg) and condemnations in per cent 1985 1986 1987 1988 1989 1990 Jungmasthühner unters. untaugl. 197 0,75 211 0,82 221 1,01 227 1,21 227 1, 17 234 1,24 Suppenhühner unters. untaugl. 33 1,61 31 1,56 33 1,59 28 1,94 25 2,18 32 2,60 Enten unters. untaugl. 10 0,52 13 0,52 14 0,84 13 0,73 16 0,73 13 0,39 Puten unters. 53 0,73 70 0,58 74 0,58 99 0,71 105 0,52 128 0,63 * Aus dem Institut für Anatomie, Physiologie und Hygiene der Haustiere der Universität Bonn ** Aus einem Vortrag vor der Deutschen WPSA-Grppe in Cuxhaven 1985 untaugl. Quelle: STAT. BUN D ESAMT Arch iv für Geflügel kunde 5/ 1993