Beugung an räumlichen Strukturen

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Stundenprotokoll vom 10. und 11. Oktober 2007
Katharina Hutsch
Beugung an räumlichen Strukturen
Wir wollen drei Beispiele näher betrachten:
a) Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen
b) Beugung von Elektronenstrahlen an Kristallen (Graphit)
c) Modellversuch: Beugung von Mikrowellen an einem Kristallmodell
Modellversuch:
Aufbau:
Auf einer quadratischen Platte
befinden sich neun äquidistant
angeordnete Metallstäbe (siehe
Foto rechts). Wir verwenden
einen
Mikrowellensender
mit
konstanter Frequenz und bestrahlen die Metallstäbe mit elektromagnetischer
Strahlung.
Mit
Hilfe eines Empfängers bestimmen wir die Intensität an verschiedenen Stellen. Über einen
Verstärker ist der Empfänger an einen Lautsprecher angeschlossen, so dass wir die
unterschiedlichen Intensitäten der Mikrowellenstrahlung hörbar machen können.
Vorüberlegung:
Durch die elektrische Feldkomponente der elektromagnetischen Strahlung findet in den Metallstäben eine mit der Frequenz der Strahlung periodisch wiederkehrende Ladungstrennung
statt. Zwischen dem Überschuss und dem Mangel an Elektronen baut sich ein elektrisches
Feld auf. Aufgrund der Ladungsunterschiede entsteht ein Strom und dementsprechend bildet
sich auch ein ebenfalls periodisch wiederkehrendes Magnetfeld um die Stäbe herum.
Die Metallstäbe sind also kleine Schwingkreise, so genannte Hertzsche Dipole, und werden
als Zentren Huygensscher Elementarwellen (elektromagnetischer Wellen) eingesetzt.
Da die Länge der Metallstäbe aber deutlich größer ist als die Wellenlänge der einfallenden
Strahlung und damit die Resonanzfrequenz der Metallstäbe deutlich geringer ist als die
Frequenz der einfallenden Strahlung, ist die erzwungene, elektromagnetische Schwingung in
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den Metallstäben annähernd um π phasenverschoben gegenüber der Phase des elektrischen
Feldstärkevektors.
Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen:
Überträgt man diese Deutung nun auf einen natürlichen Kristall, so bilden die regelmäßig angeordneten Atome im Kristallgitter die Reflexions- beziehungsweise Streuzentren für die
einfallende Röntgenstrahlung und damit die Zentren der Huygensschen Elementarwellen. Die
Reflexion kann an verschiedenen Netzebenen erfolgen (bei Graphit gibt es zum Beispiel zwei
verschiedene Netzebenenscharen, wobei d1 = 123 pm ≠ d 2 = 213 pm ist).
Durchführung und Beobachtung:
Es werden nach dem oben beschriebenen Aufbau drei Versuche zur Beugung von Mikrowellen an einem Kristallmodell durchgeführt.
β α
Versuch 1:
Man bildet mit Sender und Empfänger unter Beachtung des Reflexionsgesetzes verschiedene Winkel.
Man stellt maximalen Empfang fest, falls α = β ist. Es gibt verschiedene Winkel α = β , für die maximaler Empfang registriert wird.
Versuch 2:
Dreht man den Kristall um seine Symmetrieachse, so ist ein An- und
Abschwellen der empfangenen Amplitude festzustellen.
Vermutung: Es handelt sich hierbei um Nebenmaxima.
Versuch 3:
Ist der Kristall um 45° gedreht, so stellt man wieder einen
maximalen Empfang fest.
In dieser Stellung spielen andere Ebenenscharen eine Rolle,
so dass sich die Interferenzverhältnisse ändern.
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Herleitung der theoretischen Formeln:
In der folgenden Zeichnung ist ein Kristallgitter vereinfacht dargestellt. Dabei bilden die waagerechten parallelen Striche verschiedene Netzebenen und die blauen Punkte stellen die
1.
E
Atome dar. Der Sender emittiert Strahlung, welche
S
2.
am Gitter gestreut und vom Empfänger registriert
α
β
x
wird: Von Strahl 1 auf Strahl 2 ist in grün senkrecht
das Lot eingezeichnet, in Rot erkennt man den
x
d
Gangunterschied x + x = 2 x zwischen den beiden
Strahlen.
Der Winkel α ist als Winkel zwischen der Grenzfläche und dem einfallenden Strahl definiert.
Dieser Winkel lässt sich aber auch
zwischen
Lot
und
Symmetrieachse
wieder finden.
α
Begründung dieser Winkelbeziehung
(siehe vergrößerte Darstellung rechts):
Die Wellennormale und die Grenzfläche
bilden den Winkel α . Weil das Lot
α
x
δ
d
x
senkrecht auf der Wellennormalen steht,
beträgt der Winkel zwischen Lot und
Wellennormale 90°. Demnach ist der
Winkel zwischen Grenzfläche und Lot δ = 90° − α groß. Auch die Achse und die
Grenzfläche bilden einen Winkel von 90°. Für den Winkel zwischen Symmetrieachse und Lot
gilt also: 90° − δ = 90° − (90° − α ) = α .
Für konstruktive Interferenz muss der Gangunterschied 2 x ein ganzzahliges Vielfaches der
Wellenlänge sein. Es gilt also:
2 x = k ⋅ λ , wobei k ∈ N ist.
Aus der Zeichnung erkennt man nach der Definition des Sinus:
sin (α ) =
x
, wobei d der Abstand der beiden Netzebenen ist.
d
Umgeformt nach x ergibt sich:
x = d ⋅ sin (α ) .
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In die obige Gleichung kann man nun x einsetzen. Es ergibt sich die sogenannte Braggsche
Bedingung:
2 d ⋅ sin (α ) = k ⋅ λ
mit k ∈ N .
Dabei nennt man den Reflexionswinkel α auch Glanzwinkel.
Theoretische Überlegungen zu Winkelbeziehungen:
→ Vergrößert man α = β (unter Beachtung des Reflexionsgesetzes), so vergrößert sich der
Gangunterschied und damit können andere Wellenlängen konstruktiv interferieren.
Verwendet man wie in unserem Versuch monochromatisches Licht (das heißt Licht einer
Wellenlänge), so wächst k . Man beobachtet dann die Strahlung in einer höheren
Ordnung.
→ Lässt man α konstant, vergrößert aber β (siehe
Zeichnung rechts) so wird der Gangunterschied
größer, so dass schließlich mehr Wellenlängen in
β
y
α
d
x
Δs = x + y Platz finden. Dadurch kommt es bei
bestimmten Winkeln β zu destruktiver Interferenz.
Warum verwendet man Kristalle für die Beugung von Röntgenstrahlen?
Um die Eignung einer Beugungsstruktur (in diesem Fall des optischen Gitters) zu überprüfen,
berechnet man die Anzahl der Wellenlängen, die zwischen zwei Spalte passen:
Spaltabstand des optischen Gitters: d =
1 mm
≈ 1,667 ⋅ 10 −6 m
600
Wellenlänge betrachteter Röntgenstrahlung: λ Rö = 150 pm
Dann ist
d
λRö
1 ⋅ 10 −3 m
1 ⋅ 10 −3 m
600
=
=
≈ 11.111 .
150 ⋅ 10 −12 m 600 ⋅ 150 ⋅ 10 −12 m
Es passen also ungefähr 11.111 Wellenlängen der Röntgenstrahlung zwischen zwei Spalte des
verwendeten optischen Gitters.
Diese Beugungsstruktur ist viel zu grob, normalerweise sollten die Spalte einen Abstand von
wenigen Wellenlängen voneinander haben.
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Betrachtet man die Beugungsstruktur von Kristallen wie Graphit mit Netzebenenabständen
von d1 = 123 pm und d 2 = 213 pm , erkennt man, dass diese Struktur für Röntgenstrahlung
geeignet ist, weil in diesem Fall (siehe folgende Rechnung) etwa 0,8 bis 1,4 Wellenlängen
zwischen zwei Spalte passen. [Für eine Beugung an Graphit würde man härtere Rö-Strahlung
verwenden, als Strahlung noch kürzerer Wellenlänge.]
d1
λRö
=
d2
123 ⋅ 10 −12 m
213 ⋅ 10 −12 m
=
0
,
82
;
=
= 1,42 .
λRö 150 ⋅ 10 −12 m
150 ⋅ 10 −12 m
Laue-Diagramm:
Schirm
Zur Bestimmung eines Laue-Diagramms wird ein
Kristall mit polychromatischem Röntgenlicht be- Sender
Kristall
strahlt und das gestreute Licht mit einer Fotoplatte
Spalt
(„Schirm“) nachgewiesen.
Beobachtung: Auf dem Schirm erscheinen einzelne
Punkte, die ein symmetrisches Beugungsbild bilden.
Erklärung: Die Entstehung von Laue-Diagrammen kann man mit Hilfe
der Bragg-Reflexion erklären: In dem bestrahlten Kristall gibt es verschiedene Netzebenen, die vom Röntgenlicht unter einem ganz
bestimmten Winkel getroffen werden. Dabei sind die für die BraggReflexion
benötigten
Wellenlängen
mehrfach
vorhanden,
so
dass
verschiedene
Netzebenenscharen Reflexionen auf dem Diagramm liefern.
Die einzelnen Beugungsbilder gehören also möglicherweise zu unterschiedlichen Netzebenenabständen und/oder verschiedenen Wellenlängen und/oder unterschiedlichen Ordnungen.
Durch Ausmessen der Reflexe erhält man Informationen über den Aufbau eines Kristalls.
Debye-Scherrer-Verfahren:
Beim Debye-Scherrer-Verfahren benutzt man statt des Einkristalls Kristallpulver, welches mit
monochromatischem Röntgenlicht bestrahlt wird.
Beobachtung: Es bilden sich die sogenannten Debye-Scherrer Ringe, konzentrische Kreise
auf dem Schirm.
Erklärung: Ein einzelner Kristallit, der sich zum Röntgenstrahl in
Glanzwinkellage befindet, wirft einen Beugungsreflex unter einem
Winkel von 2 α auf einen Röntgenschirm (siehe auch Zeichnung unten).
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Bei Drehung des Kristalls um den Röntgenstrahl als Achse, würde der Reflex auf einem konzentrischen Kreis um das Zentrum herumwandern. Da man Kristallpulver verwendet, sind all
diese möglichen gedrehten Kristallorientierungen schon vorhanden und die einzelnen Reflexe
liegen dementsprechend auf konzentrischen Kreisen.
Die Ringe können zu einer Wellenlänge und unterschiedlichen Ordnungen gehören oder sie
gehören zur selben Wellenlänge und zur selben Ordnung aber zu unterschiedlichen Netzebenenabständen.
Dies ist bei der noch zu betrachtenden Elektronenbeugung der Fall.
Aus dem Debye-Scherrer-Verfahren lässt sich eine Formel für die Berechnung des
Netzebenenabstandes d aufstellen:
Beugungsbilder rotationssymmetrisch
r
α
einfallender Strahl
α
2α
l
Erstens gilt die Braggsche Bedingung:
2 d ⋅ sin (α ) = k ⋅ λ .
Zweitens gilt nach der Definition des Tangens:
tan (2 α ) =
r
, wobei r der Radius des konzentrischen Kreises und l der Abstand der
l
Probe vom Schirm ist.
Umgeformt nach α erhält man α =
1
⎛r⎞
arctan ⎜ ⎟ .
2
⎝l⎠
Setzt man α nun in die Braggsche Gleichung ein, so ergibt sich:
⎡1
⎛ r ⎞⎤
2 d ⋅ sin ⎢ arctan ⎜ ⎟⎥ = k ⋅ λ .
⎝ l ⎠⎦
⎣2
Umgeformt nach d erhält man:
d=
k ⋅λ
⎡1
⎛ r ⎞⎤
2 ⋅ sin ⎢ arctan ⎜ ⎟⎥
⎝ l ⎠⎦
⎣2
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Drehkristallmethode:
Bei der Drehkristallmethode bestrahlt man einen Einkristall mit einem schmalen Röntgenlichtbündel und dreht ihn dabei. Man registriert mit einem Geiger-Müller-Zählrohr die
Intensität der gebeugten Röntgenstrahlen und
bestimmt
dabei
die
unterschiedlichen
Zählraten.
Beobachtung: Man erhält das Spektrum der
Röntgenquelle, welches zwei Anteile zeigt:
Ein kontinuierliches Spektrum des weißen
Röntgenlichts (als Bremsstrahlung bezeichnet), überlagert von zwei Maxima, die auf
das entsprechende Material der Anodenbeschichtung zurückzuführen sind (die sogenannte charakteristische Strahlung).
Erklärung: Der verwendete Kristall ist
durch feste, bestimmte Netzebenenabstände
charakterisiert. Durch Drehen des Kristalls
verändert sich jedes Mal der Winkel, mit dem
Abbildung: Drehkristallmethode mit einem Lithium-Fluorid Kristall:
Intensitätsverteilung in Abhängigkeit der
Wellenlänge bzw. des dazugehörigen
Drehwinkels
die Röntgenstrahlung den Kristall trifft. Für
jeden Winkel wird daher im Zählrohr nur die
Strahlung registriert, deren Wellenlänge die
Bragg-Reflexion erfüllt.
Abbildung zur Drehkristallmethode:
Leybold-Heraeus, Physik 554 991, Demonstrations- und
Praktikumsversuche, Röntgengerät 42kV, Seite 56
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